Experimentelle Untersuchungen fiber die Circulationsverhaltnisse des Auges und fiber den Z u s a m m e n h a n g zwischen den Circul a t i o n s , e r h ~ l t n i s s e n des Auges u n d des Gehirns. ~on
M. W. v. Schulten, a~ o. Professor a n d e r Unlvers~t£t zu Ite]singfors.
IIierzu
Tafel I.
Als Einleitung zu einer Arbeit fiber den Einfluss der Gebirnverletzungen auf die Circulationsverhhltnisse des Auges sah ich reich veranIasst, zuerst zu untersuchen, wie sich der Blutumlauf des Auges unter verschiedenen Einflfissen, erh~htem und vermindertem Blutdruck, vasomotorischen StSrungen u. s. w. verh'~lt. 0bgleich viele Arbeiten in dieser Richtung ver5ffentlicht worden stud, erschienen mir doch die Resultate in dieser Hinsicht unvollst~ndig und auch einander widersprechend, was vorzugsweise auf ungeniigende Untersuchungsmethoden zurilckzufiihren ist. Ich babe weiter, theilweise auf eigene ¥ersuehe gestiitzt~ eine Uebersicht tier Circulationsverh~ltnisse des Gehirns zusammengestellt uud endlich die Schlasse gezogen, welche aus den bisher bekannten Thatsacben herv. Graefe's A r c h i v fiir Ophthalmologie~ X . ~ : . 3.
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Prof. ~i. W. v. Schult6n.
vorgehen, betreffend den Zusammenhang zwischen der Circulation des Gehirns and des A u g e s - worfiber dio Meinungen noch sehr auseinandergehen. Die Resultate meiner Untersuchungen theile ich bier in Ktlrze mit; doch bin ich besch~ftigt, dieselben in mehreren Richtungen welter auszuftlhren. Meine Abhandlung wird also umfassen: A. Die C i r c u l a t i o n s v e r h A l t n i s s e des Auges. B. Die C i r c u l a t i o n s v e r h A l t n i s s e des Gehirns. C. Der Z u s a m m e n h a n g zwischen den Circul a t i o n s v e r h M t n i s s e n des A u g e s und des Gehirns.
A. Die Cireulationsverhi~ltnisse des Auges. I. A n a t o m i s c h e V o r b e m e r k u n g e n . Meine Versuche sind zum grSssten Theil an KaninchenAugen ausgefiihrt. Was die Anwendbarkeit der Resultate auch auf das mensohliche ±uge anbetrifft, so muss ich hervorheben, dass die anatomischen VerhMtnisse des Kaninchenauges night wesentlich yon denen des Menschenauges verschieden sind. Namentlich aus eincr Specialarbeit yon Hans Virchow*) geht hervor, dass sich mit Hinsicht auf die Gef~ssvertheilung kaum wesentliche Verschiedenheiten finden. Am bemerkenswerthesten ware, dass das Kaninchen zwei Augenarterien besitzt: die Art. ophthalmica ext. aus der Art. maxillaris int. entspringend und die Art. ophthalmica int. aus der Carotis int. kommend. Beide anastomosiren reichlich unter einander. Die Art. central, retin, hat ihren Ursprung meistens aus *) Ueber die G@gsse der Chorioidea des Kaninchens, in ,,Verhandlungen der phys.-meal.Gesellschaft zu Wiirzburg. ~. :F. XYL Bd. (uncl in Sep~rat-Abdruck 1881).
Untersuehungen fiber Circulationsverh~iltnisse etc.
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der inneren Arterie, und die Art. ciliar, post. (die anfangs in zwei St~mmen gesammelt sind) erhalten ihr Blur haupts~chlich aus der ~usseren Arterie. Doch muss man nicht ausser Acht lassen, dass auch beim Menschen Zweige tier Art. ophthalmica mit der Art. infraorbRal., die aus der Art. maxillaris int. ent.springt., anastomosiren, und ausserdem zahlreiche andere Gef~ssverbindungen mR Zweigen der Carotis ext. sich finden. Anderen kleineren Unterschieden kann yon unserem Gesichtspunkte aus nur wenig Bedeutung zugeschrieben werden, wie dass beim Kaninchen die Art.. cfiiar, post. brev. l~ngs dem horizontalen Meridian aus den zwei oben erw~bnten hinteren Ciliararterien hervortreten; dass die Art. ciliar, ant.. an der Yascularisation der Chorioidea nicht theilnehmen; dass es bloss vier Venae vorticosae giebt; dass ein Ring yon Anastomosen zwischen den vorderen Zweigen der Vcn. vortieosae (Cireulus venosus ttovii) sich finder; dass die Retina nur thefiweise, n~mlich in dem Ausstrahlungsh'eise der markhaltigen Nervenf~den mR Gef~ssen versehen ist, u. s. w. Ebenso wenig sprechen irgend welche That.saehen dafar, dass die Seheiden des Sehnerven beim Kaninehen wesentlich yon denen des Menschen abweichen. Es dfirfte demnach eine berechtigte Schlussfo]gerung sein, dass die anatomischen Verh~ltnisse keinen wesentlichen Unterschied in den Circulationsverh~ltnissen zwischen dem Menschen= und Kaninchenauge bedingen. In Karze zusammengefasst, ist das Auge ein ge= sehlossener mit Fl~ssigkeit gefallter Raum, in dessen W~nden sich auf zwei Syst.eme vertheilte Blutgef~sse verzweigen. Die Blutzufuhr zum Auge ist wohl gesichert; sotlte aueh der Zufiuss des Blutes zur Art. ophthalmica aus der Carotis interna auf irgend welche Weise gehindert sein, so sorgen doeh zahtreiche Anastomosen far f~eien Zustrom aus der Carotis externa. Was wieder den Ab1,
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Prof. ~i. W. v. Schult@n.
fiuss des Blutes betrifft, so ist auch daftir wohl gesorgt. Da die Vena centralis retinae; aueh im Fall sie in den Sinus eavernosus mlindet, dutch starke Anastomosen mit der Vena ophthalmiea sup. verbundeu ist, aus der das Blur leicht zu den Gesichtsvenen abitiesst, so kann eine ven~se Stase im Sinus cavernosus nut geringen Einfluss auf den retinalen Umlauf haben. Far die Venue vorticosae wieder, die sich in die Venue ophthalmica inf. entleeren, kann noeh weniger ein Hinderniss ftlr den Blutabfluss entstehen, besonders da nach Merkel*) die Klappen eine Rgtckstr(~mung des Blutes sowohl aus der Vena frontalis, Vena angularis, dem Plexus I>terygoideus, sowie dem Sinus cavernosus zu hindern seheinen, zu welehen versehiedenen Stelten das Blur aus der Venue ophthalm, inf. abfliesst. Da das Auge also ein in allen Theilen mit Flfissigkeit oder anderen unter den bestehenden Druekverhliltnissen nieh~ zusammenpressbaren Materien geffillter Raum ist, so k(~nnen die im inneren Auge gelegenen Geffisse ihr Kaliber nicht veri~ndern, falls nieht die Augeufifissigkeiten an Menge weehseln, oder die Kapsel selbst elastiseh dehnbar ist. Ob sich nun eine solche Dehnbarkeit bei den Druckgraden, die in Frage kommen ktinnen, finder oder nieht, ist also eine wichtige Frage, fiber welche verschiedene Meinungen geiussert sind, die abet bis jetzt nicht gelS)st worden ist. Donders**) meint, class die Selera ,,kaum elastisch" und ihre Dehnbarkeit i~usserst gering sei. Memorsky***) griindet einen Theil seiner Be~rachtungen fiber die Circulationsverh~ltnisse des Auges auf dieselbe Annahme, dass die Sclera aberhaupt *) v. Graefe-Siimisch, Handbuch d. Augenheilk. I. p. 110. **) Ueber die sichtb~ren Erscheinnngen der Bhttbewegung im Auge. Arch. f. Ot~hthalm. I. 2, S. 99. ***) Arch. f. Ophthalm. XI. 2, S. 8~.
Untersuchungen fiber Circulationsverh~ltnisseetc.
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kaum dehnbar sei. B e r t h o l d * ) ist ~hnlicher Ansicht. L e b e r * * ) dagegen sehreibt der Sclera Elastieit~t zu, ebenso Stellwag v. Carion.***) Ich meinerseits babe nun versucht, dieser Frage dutch experimentelle Untersuchungea n~her zu treten. Die Merhode, welehe ich befolgte, ist folgende. Ein frisch enucleirtes Thierauge (ich babe Kaninehen- und Hundeaugen angewandt) wird mittels eines um den Sehnerven befestigten Fadens aufgeh~tngt. Eine nicht zu feine Canfile (yon ungef~hr 11/3 Mm. Lumen) wird dicht neben dem Sehnerven dutch die Selera eingeft~hrt. Diese Cantlle ist dutch einen kurzen, festen Kaufschuksehlauch mit einem Apparat f[~r Flfissigkeitsinjection unter constantem Druck vereinigt~); zwiseben tier CanOle und dem Injectionsapparat ist ein Rohr yon feinem Kaliber eingef~igt. Sowohl Can~ile, wie Sehlauch, Rohr und Injeetionsflasche enthalten 1/2 pCt. KoehsalzlSsung; in das kalibrirte Rohr lasst man eine Luftblase eintreten. Wird nun der Druck pl~tzlieh yon 1 auf 10 Mm. Quecksilber erh~ht, so wird eine gewisse Menge Flassigkeit, die dutch Beobachtung der verander~en Lage tier Luftblase in der Rshre bestimmt wird, ins Auge getrieben; aber die Volumzunahme des Bulbus ist nicht ebenso gross wie die eingetriebene Flfissigkeitsmenge, denn ein Theil der Fl~lssigkeit ist unmittelbar aus dem Auge filtrirt. Sobald n~mlich der intraocul~re Druek ~lber l~ull steigt, finder eine Fl~lssigkeitsausscheidung aus dem Bulbus start, der sieh bald ganz nass anffihlt. Aber l~sst man nun den Druck pl~tzlich *) Zur Erkl~rung des an tier Yen. centr, ret. bemerkbaren l~ulsph~nomen. Z e h end. ]Kon.-~l. Ausserordentl.l~eil.-Hft. VIII. **) Graefe-S~misch~ Handb. d. Augenheilk. II. S. 368. ***~ Der intraoculare Druck und die Innervationsverh~ltnisse yon Iris. Wien 1868. t) Ich babe gewShnlich bel meinen Untersuchungen :Ludwig's bekannten Injectionsapparat benutzt, der darch Quecksilberdruck wirkt.
Prof. ~ . W. v. Schultfn.
yon 10 aaf 1 Mm. sinken, so trRt wieder eine gewisse Menge Fltlssigkeit aus dem Auge, die mit der Menge der herausfiltrirten Fltlssigkeit die ¥olumverminderung des Auges reprasentirt. Da die Druckerh(~hung und Senkung beinahe momentan ausgeftihrt wird, so kann man ziemlich genau annehmen, dass die wirkliche Volumver~ndemng des Bulbus im ersteren Falle ebenso viel uater dem eingetriebenen Fltlssigkeitsvolum zurtlckbleibt wie sie im letzteren alas ausgetriebene Fiassigkeitsvolum fibersteigt, dass dieselbe also gleich dem Mittel zwischen beiden ist. Auf diesetbe Weise wurden weitere Volumver~tuderungen bestimmt, indem der Druck yon 10 auf 15, yon 15 auf 20, yon 20 auf 30 u. s. f. bis auf 100 Mm. erh(~ht wird. Da der Druck im Auge in keinem Fall den Blutdruck tibersteigea kann, wohl abet in Anbetracht der Elasticitat der Geffisswande bedeutend unter demselben steht, so ist es fib" unsere Zwecke una0thig, die Druckerh0hung auf mehr als 100 Mm. zu bringen. Schliesslich wurde das Volum des Bulbus bei einem gewissen Druck (ich hatte 10 Mm. Hg. gewlthlt) volumetrisch oder durch Wagung in destillirtem Wasser bestimmt. Die auf diese Weise aus 5 Yersuchen an Kaninchenaugen gewonnenen Mitten zahlen sind in folgender Tabelle zusammengestellt; ia dieselbe Tabelle sind ferner gleiohe Messungen an zwei Hundeaugeu an demselben Individuum aufgenommen. (Druckerh0hung bis 150 Mm. I-Ig.) *) *) W e b e r (Die Ursache des GIaucoms, im Arch. f. Ophthalm. Bd. X X I I L S. 23) hat ebenfalls versucht, die Elasticit~t der Augenkapsel zu bestimmen. E r schnitt Stxeifen yon 3--5 )fro. Breite aus der Sclera yon m~iglichst frischen Menschenaugen und suchte durch Belastung deren Elasticit~tsmodulus zu erproben; er erhielt aber so abweichende Resultate, dass er es fiir ,,mathematischen Unsinn" ansieht, eine ~iittelzahl daraus ziehen zu wollen.
Untersuchungen tiber Circulationsverhiiltnisse etc.
Druekerhiihung in ]lim.
~ittelzahl yon 5 Kaninchenaugen a°
1--5 5---10 10.--15 15--20 20--25 25--30 3O--35 35--4O 4O--50 50--60 60--70
70-80
80--90 90--100 100--110 l10q120 120--130 130--140 140--150
}
1
174
19,3
49 29 21 14
5,8 5,2 2,8
18
1,8
25
1,2
is
0,9
16
0,8
} I
~
b°
9,8
Hundeauge 1
a.
7
Hundeauge 2.
b,
b,
17,5 15,6 8,4 5 4 3 3 3,2 2,5 2,3 1,8 1,5 1,5 1,5 1,8 1,5 1,5 1,1 1,3
12~5 6,8 4,6 3,8 3 3 2,4 2,2
2,2 2 2,1 1,8 1,5
1,5 12 15 15 12
1,8 1,5
1,5 1,5 1,2
a. Volumvermehrung des Balbus in Zehntausendsteln des ¥olums bei 10 Mm. Hg. Druck. b. )Iittlere Volumvergriisserung pr. ~Im.
Umstehende Curven*) dienen dazu, die gefundenen Werthe ffir die Dehnbarkeit anschaulich zu machen. Die Abscisse giebt die DruckhShe im Bulbus au und die Ordinate das Mittel der Volumzunahme per Millimeter Drucksteigerung, in 10,000 Theilen des Bulbusvolumen bei 10 Mm. Hg. Druck ausgedr~ickt. Wir sehen, wie die elastische Dehnbarkeit des Bulbus bei niedrigen Druckgraden relativ bedeatend ist, schuel[ *) Ei~fige kleine Ungenauigkeiten bei Auftragung der Curve muss ich erwiihnen; doch wird das allgemeine Bild derselben nicht in nenneuswerther Weise veri~ndert.
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5Iittelzahl yon 5Kaninchenaugen. ................... Bundauge 1. . . . . . . . . . Hundauge 2. Volum des Bulbus zu 3 Cm. *) annimmt, so entsteht die letztgenannte Drucksteigerung, wean der Inhatt des Bulbus nut um 0,0075 Cm. Flfissigkeit oder kaum um 1/lo Tropfen znnimmt. Auf den wichtigen regulirenden Einfluss, der sich hieraus ergiebt, werden wit spt~ter zurilckkommen. *) Das Volum des Kaninchenauges betr~gt 2--3 Cm. -- das des Hundeauges 4 Cm. und mehr.
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Wie aus den Werthen ftlr die beiden Hunde-Augen ersichtlich, kann die Dehnbarkeit ftlr die versehiedenen Augen variiren, folgt aber doeh nahezu demsetben Gesetze. Es wfire natarlich yon grossem Interesse, diese Untersuchungen in verschiedenen Richtungen weiter auszudehnen, z. B. die versehiedene Dehnbarkeit des MenschenAuges in versehiedenem Alter und in pathologisehen Zustanden niiher zu erforschen. An dieser Stelle begnllgen wit uns jedoch mit dem Angefahrten. II. U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n . Wenn es gilt, den Zustand der Blutcirculation im Auge, m(tgliche St6rungen in demselben und daraus entstehende Folgen zu untersuchen, so liegt uns nattlrlich am nachsten die directe Besichtigung der Blutgefasse, sowohl der grSberen wie der feinsten. Die Gefiisse des ~tusseren Auges und der Iris sind ftir eine derartige Besichtigung ohne Weiteres zugangig, aber auch die Gefiisse des inneren Auges, n~mlich der Retina, und bei Albinoaugen auch der Chorioidea, kSnnen, Dank dem Augenspiegel, wahrgenommen werden. Bei meinen Untersuehungen habe ich mich so gut wie ausschliesslieh auf die Beobaehtung tier Gef'~sse des Augenhintergrundes beschri~nkt, da die Gefiisse des iiusseren Auges in Folge der Reizung, die sehon mit L~tung der Lides u. s. w. verbunden ist, sich leicht und schnell veriindern, und weil aueh die Gefiisse tier Iris in Folge des weehselnden Contraetionszustandes der letzteren sich wenig far die Beobachtung eignen. Die gew6hnliehen ophthalmoskopischen Methoden, aueh die Beobaehtung des aufreehten Bildes des Augenhintergrundes, geben jedoch keine so bedeutende Vergr(~sserung, als far die Unterscheidung der feineren Einzelheiten in den Yerzweigungen tier Gefi~sse und deren Blutffillung wilnsehenswerth ist, besonders bei experimentellen Untersuehungen der Art, wie sie hier beabsichtigt
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Prof. ]ti. W. v. Schult~n.
sind. Ich babe reich daher bemliht, eine Methode zu fin_ den zur Untersuchung des Augenhintergrundes unter hoehgradiger YergrOsserung, zunachst bei Thieren. Diese Merhode, zum Theil yon mir gemeinschaftlich mit Dr. L u n d strSm ausgearbeitet, ist in du Bois R e y m o n d ' s Arch. far Physiologie 1882, Bd. XI. 3. und 4. Heft*), verOffentlieht. Ieh werde daher diese Methode, die ein Haupthiilfsmittel far meine Untersuehungen gewesen ist, hier nut in Ktlrze berfihren. Es zeigt sich indessen - - und mehrere Forscher haben es hervorgehoben - - dass die Blutgefi~sse des Augenhintergrundes, auch bei bedeutenden Eingriffen und St0rungen, ihr Kaliber und Aussehen nicht so auffallend ver~ndern, wie einige Sanguiniker erwartet haben. Dagegen kann schon aus tier oben angefiihrten anatomischen Uebersicht und besonders aus den Elasticitatsverhaltnissen der Sclera geschlossen werden, class jede pl0tzlichere Veranderung tier Blutfiillung unmittelbar auf den intraoeularen Druck einwirken muss. Eine genaue Messung desselben und seiner Veri~nderungen bildet daher eine wichtige Ergi~nzung zu den ophthalmoskopischen Beobachtungen und muss Hand in Hand mit demselben gehen. Nach vielen Versuchen ist es mir geglfickt, eine manometrische Methode zu fin. den, die es zult~sst, mit grosser Pri~eision den intraocularen Druck sowie dessen geringste Veri~nderungen bei den Versuehsthieren zu bestimmen. Aus den beiden genannten Methoden ergiebt sich zum Theil eine dritte, die mir bei meinen Untersuehungen you g~Osstem ~Nu~zen gewesen ist und die bier im Zusammenhang beschrieben werden soll, obgleich sie nicht aasschliesslich zu den Circulationsverhaltnissen des Auges in Beziehung steht. Diese Methode besteht darin, schneli und *) Dieselbe ist frtiher in der Gesellschaft der finnischen Aerzte in Helsingfors sowieauf der skandinavischen:Naturforscherversammlung ia Stockholm 1880 demonstrirt worden.
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genau den Blutdruck in der Arteria ophthalmica und ihren Zweigen zu messen. a) Methode, den A u g e n h i n t e r g r u n d u n t e r hochg r a d i g e r V e r g r S s s e r u n g zu b e o b a c h t e n . Diese Methode bezweckt die Darstelhmg eines umgekehrten reellen und stark vergrSsserten Bildes des Augenhintergrundes dutch biconvexe Linsen oder Concavspiegel yon grosser Brennweite, aber relativ kleiner 0effnung. W~hrend bei tier gew~hnliehen ophthalmoskopischen Beobachtung des umgekehrten Bildes Linsen yon 5 q 6 Cm. Brennweite (oder etwas dar~lber) und yon 3 bis 4 Cm. Oeffnung angewandt werden, benutze ich Concavspiegel yon 25--30 Cm. Brennweite und 10--12 Cm. Oeffnung. Die Vergr~sserung, die auf diese Weise gewonnen wird, ist ffir das Kaninehenauge ungef~hr 30 bis 60malig. Das Gesichtsfeld ist ebenfalls recht gross. Mit t]insieht auf die Einzelheiten far die Aawendbarkeit der Methode und die Umstande, die dabei beobachtet werden mtlssen, theile ich bier einen Auszug aus tier oben citirten Abhaadlung im Arch. f. Physiologie mit, indem ieh im Uebrigen auf dieselbe verweise: ,Eine bequeme und genaue Einstellung ist yon gr~sster Wiehtigkeit und m~lssen dazu besondere Einrichtungen getroffen werden. Der Beleuchtungsspiegel (ein Concavspiegel yon 20 Cm. Brennweite und 10 Cm. Durchmesser) ist mit einem Kugelgelenk an einem Stativ befestigt, an welcbem derselbe herauf- und heruntergescboben werden kann. Der Augenspiegel selbst ist eingefasst, auf einem Stativ befestigt und um 2 Achsen beweglich; das Stativ kann auf einer Gleitbahn gen~hert und entfernt werdea; die Neigung des Spiegels kana dutch feine Schraubendrehung yore Platze des Beobachters aus ver~tndert wetden. Das zu untersuchende Auge muss natfirlich ganz bewegungslos gehalten werden. So wird es mSglich, be-
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quem und schnell das Bild der centralen 0effnung des Beleuchtungsspiegels auf die Cornea des zu untersuchenden Auges einzustellen, was nothwendig ist, damit das Bild der Fupille nicht das Gesiehtsfeld einschrank~, und um dureh kleine Veranderungen der Stellung Corneareflexe zu vermeiden. Die Untersuchung, z. B. eines Kaninchenauges, geschieh~ auf folgende Weise: Das Kaninchen wird in Rtickenoder Bauchtage auf einem Brette festgebunden. GewOhnlich ist es nSthig, mittels hindurchgezogener F~den die Augenlider auseinander zu halten. Atropin is~ seltea n0thig and far die SeWirfe des Bildes sogar nieht vortheilhaft. Ist alas Thier curarisirh oder narcotisirt, so erzielt man nattirlich vollkommene Ruhe, aber auch sonst pflegen die Bewegungen des Thieres selten so bedeutend zu sein, dass dadurch Hindernisse entstehen. Versuchsthief und Instrument sind nach folgendem Schema aufgestellt: Fig. 2. C
a Auge des Beobachters. b Reflector yon 20 Cm. Brennweite. e Laml~e. d Stelle des Luftbildes. e Corneaspiegel yon 30 Cm. Brennweite. f Das beobachtete Auge. Die Entfernung yon b zu e ~ 70 Cm., yon d zu e ~ 30 Cm. yon f z u e ~ 5 2 C m . Das Kaninchen befindet sieh also in unmittelbarer N~he des Beobachters, wodurch es sehr bequem ist, neue Stellen des Augenhintergrundes einzustellen, sowie experimentelle Eingriffe vorzunehmen. Die Lampe und der Reflector werden so hoch gestelIt, dass das Licht fiber das Thief hinweg auf den Augenspiegel fallt. Wenn die rich-
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tigen Abstlinde einigermassen eingehalten sind, ist es leicht, nine scharfe Einstellung zu erreiehen dutch Niiherung oder Entfernung des Vergr~sserungsspiegels und durch Veri~nderung seiner Neigung, indem der Beobachter durch das Loch des Reflectors auf denselben blickt. Wttnscht man nine andere Stelle des Augenhintergrundes zu untersuchen, so wird die Stellung des Thieres ein wenig ver~ndert, worauf winder nine seharfe Einstellung vorgenommen wird." Mittels dieser Methode k~nnen die feinsten Verzweigungen der Retinagefasse, zuweilen auch das Kapitlarnetz in der Papille, bei den Albinos die Chorioidalgefiisse and in sehwach pigmentirten Augen die Pigmentzellen sehr deutlich wahrgenommen werden. In giinstigen Fallen, d. h. wenn das untersuchende Auge vollkommen klare Medien hat*), babe ich mehrere Male die Bewegung des Blutes in den Venen gesehen, ja auch in den Arterien, wenn der Blutstrom verlangsamt war. Die Veranderungen des Kalibers der Gef~fsse und ihrer Blutfallung kOnnen sehr gut beurtheilt werden. Ich habe auch versucht, die Geftisse (win auch die Dimensionen tier Papille)dutch Messung zu bestimmen. Dazu ist erforderlich, dass eia Messappamt ungefahr an der Stelle angebracht wird, wo das reelle umgekehrte Bild sich finder, sowie, class die Entfernungen im Laufe der Untersuchung nieht welter verandert werden (beim Kaninchen braucht man keine Aecommodationsbewegungen zu ft~rchten). Man erbalt so freilich kein absolutes Mass, da dies nut bei geuauer Kenntniss der Constanten des Auges gewonuen werden kann, sondern relative Masse, die ja vollst'~ndig hinreichend sind, um die etwaigen Verttnderungen des Gcfasskalibers zu studiren u. s. w. Die Messapparate, die ich *) Nicht so selten ist die Cornea nicht ganz fehlerfrei, in welchem Falle alas Bild natiirlich sehr Ieidet.
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angewendet babe, bestanden thefts aus einer graduirten Glasscheibe, thefts aus einer complicirteren Einrichtung, mit dutch Schraubendrehung fein verstellbaren Metallspitzen, deren Entfernung genau abgelesen werden kann. Die in dieser Arbeit aufgenommenen Abbildungen einzelner Theile des Augenhintergrundes, sind mittels des oben beschriebenen Ophthalmoscops ausgefahrt. - b. Methode, den i n t r a o c u l a r e n Druek zu messen. Schon um 1860 versuchte man die primitive Art, mit dem Finger die Spannung des Auges abzusch'~tzen, dutch Construction yon Instrumenten, Ophthalmotonometern, zu verbessern, die ein genaueres Mass ftir den Grad der Spannung abgeben sollten. Diese Instrumente bezwecken den Druck zu messen, der ftlr das Zustandekommen einer gewissen Volumenverminderung des Bulbus nothwendig ist, oder auch die Volumenverminderung zu messen, die einem gewissen Drucke entspricht. In beiden F~lleu konnte das Instrument dutch vergleichende manometrische Versuehe an Leichenaugen, deren Spannung man kanstlich veranderte, nach einer in Millimeter Quecksilber ausgeddickten Scala graduirt werden. In der ersten Absicht sind die yon A. v. Graefe, H a m e r , Dot, V01kers und Hensen, Monnik, A. Weber angegebenen Tonometer construirt, in der letzteren das yon S n e l l e n und Landolt.*) So sinnreich auch mehrere yon diesen Instrmnenten sind, muss doch zugegeben werden, dass sie ihren Zweck nicht mit hinreiehender Genauigkeit erfallen kSnnen, da gegen das l~rineip selbst, worauf ihre Construction beruht, die begrttndetsten Einwendungen erhoben werden k(~nnen.**) Es ist namlich offenbar, dass die far *) Siehe ferner fiber die verschiedenen Arten yon Tonometern: Graefe-Samisch, ]~andb. tier Augenheilk. III, S. 185. **) Unter Anderen hat Stellwag v. Cation in seiner oben citirten Arbeit ,,Der intraocul~ire Druck etc.'" die Tonometrie einer gerechten und strengen Kritik unterworfen.
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das Zustandekommen eines Eindruckes yon gewisser Gr(isse im Bulbus erforderliche Kraft auch dutch mehrere andere Umstitnde als den intraoculiiren Druck bestimmt werden muss. Wenn das ¥ o h m des Bulbus durch Druck sich auf einer Stelle vermindert, muss der so gut wie unzusammenpressbare Inhalt desselben danach streben, theits die Kapsel (Augenhi~ute und besonders Sclera) auszuweiten, theils dureh die Blutgefasse, Lymph- und Filtratioaswege zu entweiehea, l~un wissen wit aus den oben referirten Untersuchungen, class die Augenkapsel in versehiedenen Augen eine verschiedene Dehnbarkeit besitzt, besonders bei niedrigeren Druckgraden. Es ist ferner klar, dass der auf dem Blutdrueke beruhende Widerstand gegea die Entleerung tier Blutgefasse sowie die Schnelligkeit tier Flilssigkeitsfiltration nicht in jedem Falle bestimmt werden kSnnen. Weiter ist deutlich, dass die ffir die Bewirkung eines Eindruckes yon gewisser Gr~isse erforderliche Kraft je naeh der Gr(isse des Bulbus variiren und zwar ceteris paribus ffir einen gr0sseren Bulbus geringer als ftir einen kleinen sein muss. Alle diese Einwendungen gelten in nieht geringerem Grade, wenn die Kraft constant bleibt und alas Volum des Eindruckes gemessen wird. ]=Iierzu kommt noeh die Sehwierigkeit, immer einen gleieh grossen Eindruek zu erhalten oder genau den erhaltenen Eindruek zu bestimmen. Wir finden auch, class die verschiedenen Experimentatoren mit ihren Tonometera ganz verschiedene Resultate erhalten haben: Ad. W e b e r z. B. erhiel~ filr das Menschenauge eine Mittelh0he yon 30--40 Mm. Hg., P f l a g e r 50 Mm. Hg. Monnik erhielt je nach tier Applicationsstelle grosse Sehwankungen. Zuweilen wurden auch g~nz absurde Resulfate erzielt: Dor hatte z. B. bei Glaueom einen Druck yon 250 Mm. ttg, bei we]ehem Druck das Auge ja vollkommen blutleer sein miisste.
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Prof. ~[. W. v. Sehult6n.
Nichts desto weniger solt gerne zugegeben werden, dass mit vervollkommneteren Tonometern in prac~ischer Hinsicht aufkl~rende Messungen gemaeh~ werden k~nnen, besonders we es sich um relative Masse fiir dasselbe Auge handelt. Diese Methode ist wohl aueh die einzige far das mensehliche Ange anwendbare. Far feinere experimentelle Forschungen ist sie dagegen unzureiehend. Far genaue Messungen des Druckes im Bulbus ist man auf dasselbe Instrument hingewiesen, das man ft~r Messungen des Druekes in gesehlossenen R~umen tlberhaupt anwendet, n~mlieh den Manometer. Man muss nur ein so practisches Verfahren finden, dass Fehlerquellen mSgliehst ausgeschlossen werden. Mehrere Forscher haben auf verschiedene Weise die manomet.risGheMethode angewendet und versucht, die damit verbundenen Sehwierigkeiten zu aberwinden. C. W e b e r *) mass schon 1850 den intraoeul~ren Druck mittels einer ia die vordere Kammer eingefiihrten Cantile, welche mit einem Manometer in Verbindung stand; es scheint aber, dass er erst das Kammerwasser abfliessen liess. Weg= net **) verfuhr auf folgende Weise : Eine konische Metall= caniile mit solider Spitze und einer Oeffnung in der Nithe der Spitze und mi~ einem Hahn versehen steht durch eine aus kulzen Glasr~hren und S~iieken eines Kautschuksehlauches zusammengese~zte Leitung mit einem Queeksflbermanometer in Verbindung, dessen einer Zweig ca= pillar ist; sowohl die Canale als die R~hrenleitung sind mit 1/2 pCt. KoehsalzlSsung gefalR. Der Druek im Mane= meter wird ungefahr auf den im Auge herrschenden gebracht. Darauf wird die Canale mit geschlossenem Hahn *) Nonnullae disquisitiones quae ad facultatem oculumrebus longinquis et propinquis accomodandi spectant. Dissertation. :~[arburg 1850. **1 Experimentelle Beitr~ge zur Lehre veto Glaucom. Arch. f. Ophth. XII. 2, S. 1.
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nahe dem Cornearande in die vordere Kammer gebraeht, tier Hahn wird ge~)ffnet und der intraocul~tre Druek kann abgelesen werden. G r i l n h a g e n * ) benutzte einen feinen Troikart, bestehend aus einer 11 Cm. langen neusilbernen R~hre mit darin laufendem Stilett; 21/2 Mm. vom Ende des Rohres befindet sieh ein Ring, der ein zu tiefes Eindringen verhindern soll. Dicht hinter dem t~inge ist eine vertikale Glasrtthre eingeffigt; dieselbe ist im weiteren Yertaufe U-f~irmig gebogen and bfidet auf diese Weise ein Manometer. Dutch Aufsaugen wird die R0hre theils mit Quecksilber, theils mit Milch, Oel oder Brunnenwasser geffillt. Bei Einfahrung in die Cornea ist das freie Ende der RShre mit einem Kork verschlossen; darauf zieht man alas Stitet zuriick and entfernt den Kork; das Quecksilber wird durch Nachfiillung zur Beibehaltung des Niveaus im absteigenden Zweige des Manometers gebracht. Dieser Apparat wurde yon G r f i n h a g e n und v. Hippel bei zahlreichen Untersuchungen meist an Katzen benutzt. A d a m a k wandte zuerst**) ein U-f(irmiges mit Quecksfiber gefalltes Rohr an, dessen einer Arm horizontal gebogen, ausgezogen and mit einer LOsung yon kohlensaurem Natron oder Wasser gefallt war und in die Cornea dutch eine mittels einer feinen Nadel prltformirte Oeffnung eingeffihrt wurde. Sparer ***) benutzte er einen yon H e r i n g angegebenen Mikromanometer, bestehend aus einer ca.pilli~ren Glasr0hre, in deren einem Ende eine feine Metallcanfile eingeftlgt, und deren anderes Ende zugesehmolzen ist. Im geschlossenen Ende tier ROhre befindet *) Untersuch., den intraocularen Druck bctreffend. Zeitschr. f. rat. Medic. 3. XXVIII, S. 238. **) 5[edic. Centralblatt. 1866. S. 561. ***) 1Neue Yersuche iiber den Einfluss des Sy~J~athicus and Trigeminus uuf Druck and ~iltration im Auge. Sitzungsbericht der Wiener Akademie der Wissensch., mathem.-nuturw. C1. LIX. 2. Abth.~ Febr. v. Graefe~s Archiv fiir Ophthalmologi% XXX, 3,
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sich auf einer Strecke yon 2--3 Cm. Luft; im Uebrigen ist sie mit t~ochsalzl~sung oder Wasser gef~llt. Die Canale wird in die Cornea eingef~ihrt und die ziemlieh kleinen Lagevedinderungen der Flassigkeitss~ule werden mit einem 50fach vergr~ssernden Mikroscope abge]esen. H. S c h o e l e r * ) benutzte einen dem G r a n h a g e n sehen sehr ~hnlichen Apparat, der sich yon jenem nut dadurch unterschied, dass kein Troikart, sondern eine spitzige Can~le (~hnlich der Pravaz'schen Spritze) in die Cornea eingef(~hrt wurde. L e b e r * * ) modificirte die far Einffihrung in die vordere Kammer bestimmte Canale derart, dass die Oeffnung derselben ungef~hr 8 Mm. yon der Spitze verlegt wurde, die durch eine Coatrapunction durehstochen wurde; die Canale, welehe durch ein kurzes Kautsehukrohr mit dem Manometer vereinigt war, blieb auf die Weise am Auge h~ngen uad konnte geringeren Bewegungen desselben folgen. Das Manometerrohr warde eapill'~r gemaeht, beim Einfahrea wurde tier Drack in demselben ungef~hr mit dem im Auge bestehenden auf gleiche HShe gebracht. Prof. Schoeler***), der in neuester Zeit Messungen des intraoeul~ren Druekes gemaeh~ hat, folgte so gut wie vollst~ndig Leber's ¥erfahren. Er gab dem Manometerrohr einen Umfang yon nur 0,5 Mm. Oegen die oben besehriebenen Verfahrungsweisen, den intraoeul~ren Druek zu messen, die im Prineip ziemlich ~ibereinstimmen, ebenso wie gegen Hering's Mikromanometer k0nnen folgende Einwendungen gemacht werden. Die Druekverhaltnisse im Auge m~lssen sich wesent*) Experimentelle Beitr~ge zur Kenntniss tier Irisbewegung. Dissert. Dorpat 1869. S. 23. **) Studien fiber den Fliissigkeitsweehsel im Auge. Arehiv f. Ophth. XIX. 2, S. 115. ***) Experiment. Studien fiber Fliissigkeitsausscheidung a u s dem Auge. Arch. f. Ophth. XXV. 4, S. 63.
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tich ver'~ndern, wenn Flassigkeit aus demselben austreten kann. Dieses geschieht indessen, sobald der Druck in] Auge hOher ist als im Manometer. Wenn auch, wie viele Experimentatoren es gemacht haben, der Druck im Manometer yon dem Einf~ihren der Canale mit dem im Auge herrschenden auf gleieher H6he oder noeh etwas hSher gebracht ist, so kommt doch, wenn w~hrend des ¥ersuches der Druck im Auge zunimmt, Fl~ssigkeit zum Austreten. Ebenso muss, wenn der Druck im Auge sinkt, Flfissigkeit in dasselbe gepresst werden. Der Fehler wird geringer, wenn die ManometerrShre sehr fein gemacht wird; aber wir wissen aus den Untersuchungen aber die Dehnbarkeit der Selera, wie schoa ~usserst geringe Mengen einoder austretender Fl~ssigkeit, besonders bei h~herea Druckgraden, den Druek im Auge schon ansehntich ver~ndern. Dazu kommt noch, dass, wenn das Manometerrohr sehr fein ist, die Capillarkraft das Instrument seiner Empfindliehkeit beraubt und die Resultate ver~ndert. Dass die ins Auge eingefahrte Can~ile Raum einnimmt und so eine Steigerung des Druekes bewirkt, ist unbestreitbar; doch zeigt die Erfahrung, dass eine derartige unbedeutende kansttiche Steigerung schnell durch Filtration ausgeglichen wird. Welt bedenklicher ist, wenn die Canale nieht dicht schliesst und Augenflfissigkeit neben derselben heraussickert. In diesem Falle wird das normale Circulationsverh~ltniss im Auge vollst~ndig gestOrt, und man erhalt kein zuverlfissiges Resultat. Dieses Missgeschick trifft nicht selten bei Einffihrung der Kanale dutch die Cornea ein; das Kammerwasser wird dann zugleich schnell fibrinreioh und die Can~ile verstopft sieh, Eine andere Ungelegenheit bei Einffihrung der Canale dureh die Cornea ist die damit verbundene bedeutende Reizung, die sieh unter anderem in der Zusammenziehung der Pupille ~ussert. Es kann nicht abgeleugnet werden, 2*
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class eine derartige Reizung durch Rfickwirkung auf die Gefiisse den Blutumlauf des Auges vielleicht modificirt. Dagegen entbehrt der Einwand, dass Kautschukr0hren bei Zusammensetzung des Instrumentes nicht angewendet werden dfirften, jedes Grundes. Sobald die Schlauche nur relativ dickwandig genommen werden, erweitern sie sich bei den in Betracht kommenden Druckgraden nicht, wie ich reich dutch mehrere directe Versuche ilberzeugt habe. Was besonders Hering's Micromanometer anbetrifft, so veriiert ftir denselben die erste und wesentlichst~ Einwendung viel yon ihrer Bedeutung; dafter leidet es aber an dem bedenk]ichen Mangel, dass die Einwirkung der Temperatur auf die Luft in dem geschlossenen Manometerrohr nicht mit Sicherheit ausgeschlossen oder con~rolirt werden kann. Ausserdem ist die Schwierigkeit bedeutend, eine genaue Scala zu erhaltea und die feinen Niveauveranderungen tier Flt~ssigkeitssaule abzulesen. Ia den ersten meiner eigenea Versuche wandte ich einen nach Leber's ¥orschrift zusammengesetzten Apparat an, abet ich land bald das wohl Begdlndete in den oben hervorgehobenen Einwendungen. Die Nothwendigkeit des Ein- und Austretens von Flassigkeit bei jeder Druckveranderung, sowie die trage Bewegung des Quecksilbers in der feinen Manometerr6hre (die ich t~brigens gr6ber nahm als Schoeler), ferner die oft eintreffende Verstopfung der Cantile und nicht selten Tr~Jpfelung n e b e n derselben, all dieses bewirkte, dass die Resultate sehr unbefriedigend wurden und dass zahlreiche Versuche ganz missglackten. A]s ich daher strebte, eiu anderes und voUkommen praktisches Verfahren zu finden, steilte ich an dasselbe drei Forderungen. 1. Es darf keine Flilssigkeit aus dem Bulbus austreten, noch in denselben eintreten;
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2. auch die geringsten Druckveranderungen massen sohnell angegeben werden; 3. die Reizung bei Einfahrung der Canale in die Cornea muss ganz wegfallen. Nach vielen Yersuohen blieb ich bei folgendem Verfahren stehen, das mir sehr befriedigende Resultate lieferte (siehe Taf~l II, Fig. 1). Eine leicht gebogene Stichcaniile yon ungel~hhr 3/~ Mm. Oeffnung (a) is~ mit einem feinen, ziemlich diekwandigen Kautschukrohr yon 2--3 Cm. Lange, alas mit einer feinen Klemmpincette geschlossen werden kann, vereinigt. Dutch Aufsaugen wird die Canale und alas Rohr mit 1/3 pCt. Kochsalzl0sung gefaltt. Diese Canale ist bestimmt, in den GlaskSrl)er eingeftlhrt zu werden. Will man den Druck in der vorderen Kammer messen, so k(~nnen Canfilen, ahnlich der yon Leber angegebenen, angewandt w e r d e n - jedoch mit den oben hervorgehobenen Unbequemlichkeit. Das Manometer besteht aus einem yon einem Stativ getragenen U-formigen Rohre mit einer Abzweigung (c) gerade an der Biegungsstelle. An dieser Abzweigung ist ein kleiner Kautschukbeutel odor ein unten geschlossenes Kautsehu~ohr befestigt. Mittels eines Schraubencompressoriums (d) kann das erwiihnte Kautschukreservoir mehr odor weniger zusammengedrackt werden. Der karzere Ast des Manometers ist dutch ein kurzes Kautschukrohr mit einer capilli~ren ROhre yon 8--9 Cm. Li~nge und i~usserst feinem Lumen (e) (einer sog. Thermometen-Ohre) vereinigt. Das andere Ende der Capillarr0hre ist in ein kurzes Stack Kautschukrohr eingeft~g~, welches eine kurze feine Glasr0hre (f) tragt, um das Manometer leicht mit der Canale vereinigen zu konnen. In das Kautschukreservoir wird Quecksilber cingefallt, dutch Schraubendrehung wird dasselbe zum Steigen odor Fallen im Manometer gebracht. Dieses nebst der Capillarr0hre wird im Uebrigen mit 1/2 pCt. Kochsalzl(isung
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Prof. M. W. v. Schult~n.
geftillt - - doch so, dass zugleich eine feine Luftblase ia die Capiltarr~hre eintritt. Hierauf wird die Kautschukr6hre (g) mit einer feinen Klemmpincette gescblossen. Das Auge des narkotisirten Thieres wird mit einer Fixirpincette v o r g e z o g e n - die Conjunetiva wird etwas auf der einen oder anderen Seite des Bulbus gel(ist und die Caniile in den Gtask6rper hinter der Linse eingefahrt mit Vermeidung der Venae vot4icosae und der Arteria ciliar. post. long. Der Schlauch der CanUte wird mit dem Manometer vereinigt, dessen Klemmpincette enffernt und die Lage der Luftblase in der Capillarr0hre durch einea herumgebundenen feinen Faden bezeiehnet. Die Klemmpincette der Caniile wird nun fortgenommen, worauf der 'Druck im Auge strebt, die Luftblase yon ihrer Stelle zu verdr~ngen; abet durch Schraubendrehung bringt man das Quecksilber im llingeren Arme des Manometers so welt zum Steigen, dass die Blase im Gleichgewieht bleibt. Der dazu nSthige Druck wird abgelesen. Auf dieselbe Weise wird die Blase bei jeder Druekveri~nderung an ihrem Platz erhalten. In Folge der Feinheit der CapillarrShre ist dieses Instrument ~usserst empfindlich und die geringsten Druckver~inderungen k(mnen mit Leichtigkeit bestimmt werden. Niehts hindert, die Manometerr0hre welter zu machen und mit Schwimmer und den tibrigen Einrichtungen fiir graphische Aufnahmen der Veranderungen des Quecksilberniveaus zu versehen. Ich bin selbst in mehreren Versuchen so verfahren. Man sieht leich~ ein, dass bei diesem Apparate jedem Austritt yon Augenfltissigkeit oder Eintritt von Kochsalzl¢)sung wahrend des Versuches vorgebeugt is& Der einzige Einwand, der gemacht werden kann, ist, dass die Canale im Auge Raum einnimmt. Aber dieses wird compensirt theils dadurch, dass beim Entfernen der Klemmpineette ein wenig Fltissigkeit in der Canfile Platz
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finder, thefts auch durch die schnelle ±usgleichung des erh0hten Druckes dutch Filtration. Die Druckveri~nderungen im Glask,'~rper geben sich unmittelbar durch eine Caniile yon der Weite, wie ich sie benutze, zu erkennen. Aeusserst seiten entsteht beim Einft~hren der Canifle eine leichte Blutung, die den Fortgang des Versuches st(irea kann. Ein bedeutender Vorthefl eiaer Glask~rpercanlile ist, dass diese nicht die gleiehzeitige Beobachtung des Augenhintergrundes mR dem Spiegel hindert. Dieser Apparat hat mir sehr befriedigende Resultate geliefert, und es sind eigentlich nut die mit demselben gemachten Versuche, die Spannung des Auges zu messen~ denen ieh einen Werth beilege.*) c) M e t h o d e , d e n B l u t d r u c k in d e n A r ~ e r i a e o p h t h a l m i e a e u n d d e r e n g r ~ s s e r e n Z w e i g e n zu bestimmen. Wenn in das Auge (am besten in den Glask(~rper) eines curarisirten Albinokaninchens eine Cantile eingeftihrt wird, und diese Can~le in Verbindung gesetzt wird mit einem Injectionsapparat unter constantem und genau bestimmbarem Drucke, der eine 1/2procentige Koehsalzt~sung *) Nachdem ich meine ~[ethode fiir die Messung des in{raocularen Druckes in schwediseher Spracha varSffentlicht (Oct. 1882), ist im Archly f. Ophthalmol. Bd. XXIX~ Abth. 2, 1883, eina Abhandlung yon Dr. H. HSltzke erschienen: ,,Experimantalle Untersuahungen fiber den Drunk in der Augenkammer." Dr. H. hebt (ganz wie ieh es gethan) als erstea Gruadsatz bei ~essung des intraoaularen Druckes hervor, class keine Fliissigkeit aus dem Butbus austreten noch auch eintreten darf. Als Indicator benutzt er die Quecksilbersiiulen in einer U-fiirmigen RShre, welche in gleichem Niveau gahaltcn warden dutch Druckvermehrung oder Yerminderung in dam einen Schenke], d e r m i t dem Manometer verbunden ist. Dieser Apparat ist vielleicht etwas compliairtar als tier mainige und tier indicator kann auah nicht so empfindlich sein, wie die Luftblase in tier CapillarrShre. Abet alas Princip ist ohne Zwaifel vollkommen richtig. Dr. H. hat den Druck in tier vorderan 1~ammer bei Katzen gemassen.
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Prof. ~. W. v. Schult6n.
enthalt., und wenn man hieraus den Dru¢k im Auge erh(fht, wahrend gleiehzeitig der hugenhintergrund mit dem yon mir beschriebenen Augenspiegel be~rachtet wird, so beobaehtet man folgendes Phanomen. Anfangs zeigen die Gefasse nut geringe Verlinderung; nur die ¥enen werden schon bei 50--60 Mm. Hg.-Druek etwas schmi~ler. Bei weiterer Steigerung des Druckes wird die yon der Blutf(illung der Capillaren abhi~ngige, rSthliehe Fiirbung, welehe die Papille und die zwischeu den siehtbaren Gefassen gelegenen Theile des Augenhintergrundes auszeichnet, blasser, die Venen werden i~usserst sehmal, das Lumen der Arteriea aber verandert sich sehr wenig. Wenn der Druck bis 90, 100, 120 Mm. Hg. gesteiger~ wird, beobachte~ man ein schOnes Phi~nomen, namlich intermittirendes EinstrSmen yon Blur in die Arterien sowohl der Retina wie der Chorioidea. Man sieht, wie die Arterien auf der Papille abweehselnd bleich werden und sich wieder fiillen, und man sieht dabei deutlich den Blutstrom selbst. Dasselbe beobaehtet man auch an den Eintrittsstellen der hinteren kurzen Ciliararterien. In den Venen dagegen beobachtet man keinen unterbroehenen Blutstrom, sie werden nur feiner. Wenn der Druck weiter successive um 10, 15, 20 Mm. erhOht wird, so sieht man fortfahrend alas Putsationsphi~nomen, bis bei einem gewissen Druckgrade jeder Zufiuss yon Blur zum Auge aufh~rt. Dieses PhSnomen ist identisch mit dem Arterienpuls, der bei Druck auf das Auge und bei Glaucom beobaehtet wird und die Ophthalmologen so vieI beschaftigt hat. Achten wir nun genau auf die Art und Frequenz der Pulsation selbst, so finden wit, dass diese sich dureh eine gewisse ungleiehe Iatensi~at auszeiehnet; bald zeigt sich der Puls als deutlieh intermittirendes Eintreten von Blur, bald nut als zeitweise erh~hte Geschwindigkeit des Blutstromes, aber auch diese Verfinderlichkeit in der Intensitfi£
Untersuehungen tiber Circulationsverhi~ltnisse etc.
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des Pulses folgt einem gewissen Typus. Wenn sich der Druck dem Punkte ni~hert, wo der Blutstrom vollsti~ndig abbricht, sieht man, dass mehrere Pulsationen ganz fortfallen. Dm'eh Vergleiche mit der Respiration des Thieres und der Frequenz der tterzcontractionen finder man bald, dass die Eigenthilmtiehkeiten dieser PuIsation yon den respiratorisehen und cardialen Verlinderungen des Blutdruckes abhi~ngen; wir sehen gleichsam im Auge die bekannte Curve, die man bet Messung des Blutdruckes mit dem Kymographion erhalt. Ein Blick auf nachstehende Fig. 3 veranschaulicht die Pulsvariationen im Auge ganz nach den physiologischen Fig. 3.
Blutdrucksvariationen. Die Curve ist das Fragment einer Blutdruckseurve yon der Carotis eines Kaninehens. Beim Druckgrade a sieht man nur hier und da den Strom abg e b r o c h e n - bet b bald Stromabbruch, bald fortlaufenden Strom - - bet c ist tier Strom gr0sstentheils ganz abgebrochen. Die kleineren und hliufigeren Pulsvariationen sind isochron mit dem tterzschlage, die grSsseren abet seltenen hiingen mit tier Respiration zusammen, so dass bet tier ktlnstlichen Athmung ein Maximum mit tier Inspiration zusammenf~,llt und ein Minimum mit der Exspiration (bet natt~rlieher Athmung umgekehrt). Die Pulsation "tritt fiberhaupt zwisehen den Druckgraden auf, die den Grenzen der respiratorisehen Blutdrucksvariationen entspreehen, woven ich reich dutch Vergleiehe mit gleiehzeitig auf-
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genommenen Curven des Blutdruekes in der Carotis oder Art. femoralis i~berzeugt habe. Tritt kein Blur mehr ins Auge ein, und ist tier Strom sowohl in Arterien wie Venen abgebrochen, so werden diese doeh nicht blutleer, ~ sondern die Blutk~rperchen sammeln sieh in Klumpen, und die Gef~sse erhalten gleiehsam ein k~rniges Aussehen (siehe Tafel I, Fig. 2); auch wenn der Druck weir tiber den Blutdruek bis auf 200 Mm. Hg. und mehr erhSht wird, ver~indert sich dieses Aussehen nicht wesentlich. Wird der Druck im Auge wieder geringer, so tritt die Pulsation yon Nenem auf und bald ist der Strom in den Venen wieder im Gange; man sieht, wie sich die zusammengeh~uften BlutkOrperchen in Bewegung sef~zen und zwar besonders deuttich in den Venae vorticosae. Bei einem gewissen Druckgrade hSrt dann die Pulsation wieder auf. Man bemerkt jetzt, dass alle Gef~sse welter und mehr mit Blur gef~illt sind als urspriinglich. Dieses beruht auf der dutch Absporrung des Blutes hervorgerufenen Gefasspara]yse, auf die ich sp/iter zurackkommen werde. Wenn der Druck im Auge successive gesteigert wh-d, ist die n~ehste Folge, dass der Blutdruck in den kleinerel~ Arterien, Capillaren und Venen der Retina und Uvea gleichfalls steigt his zu dem in den Hauptst~tmmen herrschenden Drucke und in diesen wieder bis zu demselben Grade, wie in den ausserhalb des Auges gelegenen Arterien, yon denen sie herstammen, d. h. den Art. ophthalmicae und ihren Zweigen. Dass der Druck aueh in diesen letztern sich fiber den unter normalen Verh~tltnissen herrschenden steigern sollte, ist wegen der zahlreichen Anastomosen dieser Gef~sse wenig wahrscheinlich. Es ist ja bekannt, dass wenn der Abfluss des Blutes aus einem KOrpertheil verhindert wird, der Druck in den abffihrenden Gefassen beinahe ebenso hoch steigt wie il~
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den zufahrenden, v. Kries *) land bei den Versuchen, die gleich nnten angefahrt werden sollen, dass der Blutdruck in den Capillaren des letzten Fingergliedes bei Einschnllrung des Fingers um das Drei- bis Vierfache stieg bis 1562---1953 Mm. Wasserdruck, d. h. bis zu dem in den zuft~hrenden grSsseren Arte14en wahrscheinlich herrschenden Drucke. Wenn ein Druck gleiehzeitig aueh auf die zufahrenden Arterien wirkt, so steigt der Druek aueh in diesen wenigstens bis zu dem oberhalb des ni~chsten grOsseren Collateralzweiges herrschenden Drucke. Wenn wir also den Druck beobachten, bei welchem der Blutstrom in den Gefiissen der Retina und Chorioidea abbrieht, was auf oben beschriebene Weise mit gdisster Genauigkeit gescheheu kann, so ist damit tier maximale Blutdruek in der Arteria ophthalmiea (oder beim Kaninchert der Arteriae ophthalmicae) und deren gr(~sseren Zweigen gefunden. Wenn man wieder den Druck beobaehtet, bei welchem sich zuerst die Pulsation zeigt, so ist damit wieder die niedrigste Grenze der respiratorisehen Blutdrueksvariationen gefunden. Dass die elastische Spannung der Geflisse und besonders der Arterienwiinde, insowelt sie strebt das Gefasslumen often zu erhalten, einen nennenswerthen Einfluss auf die Resultate fibt, kann mit grSsstem Recht bezweifelt werden auf Grund der grossen Feinheit der Augengefasse (besonders bei so kleineu Thieren wie das Kaninehen). Ich muss hier an einige Methoden, den Blutdruek zu bestimmen, erinnern, welche iu etwas an die soeben yon mir beschriebene erimmrn, v. K r i e s bestimmte den Blutdruck in den Capillaren des letzten Fingergliedes beim Menschen auf die Weise, dass er eine auf der Haut *) Ueber den Druck in den Blatc~pillareu der measchlichen ]-Iaut. Bet. d. s~chs. Acad., Math.-phys. Cl. 1875, S. 149.
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ruhende Glasplatte beschwerte und beobaohtete, bet welchem Drueke Blasse eintrat; er nimmt an, dass damit der Btutdruck in den oberflachliehsten Capillaren gefunden set. - - R o y und B r o w n *) bestimmten den Btutdruck in den Ar~erien, Capillaren und Venen der Schwimmhaut des Frosches so, dass sie das Verhalten des Blutstroms tinter dem Mikroseope beobachteten, w~hrend die Schwimmhaut mittels ether durchsiehtigen nicht elastischen Merebran, die unter veranderlichem genau messbaren Luftdrucke stand, gegen e i n e Glasplatte gedrackt wurde. Diese Forscher fanden unter Anderem, analog mit dem, was ich far das Auge fand, dass bet steigendem Druck sich das Lumen der Arterien wenig verandert, das der Venen dagegen bis zu einem Drittel abnimmt. - - W a N d e n b u r g ' s * * ) und Basch's***) Versuche, den Blutdruck in der Art. radialis dutch messbare oder wagbare Compression zu bestimmen, haben nur wenig Analogie mit meinem Verfahren. Dasselbe gilt yon M a r e y ' s f ) Versuehen, den Blutdruck im Finger des Menschen zu bestimmen. Den Blutdruck im Auge zu bestimmen, seheint, soviel mir bekannt, Niemandem eingefallen zu sein. S e h o e l e r t'f) hat freilieh Versuehe gemacht, den Druck zu messen, bet welchem der Blutstrom in den GeCassen der Retina und Chorioidea beim Kaninchen aufhSrt; er beobaehiete das Auge auf die gew(ihnliehe ophthalmoskopische ±rt, wahrend er durch Injection ether (1/2--1procentigen) Kochsalz*) The blodpressure and its variations in arterioles, capillaries and smaller veins. Journ. of physiology VI., S. 323. **) Die ]tiessung des I~ulses und des Blutdrucks am ~[enschen. Berlin 1880. ***) Ueber die ~dessung des Blutdruckes am Mensehen. Zeitsctuift f. klin. ]~Iedic. II, S. 79. f) Travaux de Laboratoire 1878--79, S. 175. ff) Experimentelle Studien iiber Fliissigkeitsausseheidung aus dem Auge. Arch. f. Ophthalm. XXV. 4, S. 63.
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15sung in den Glask(~rper den D~uck im Bulbus erhOhte. Er fand als Mittel aus 8 Versuchen, dass der Blutstrom in den Arterien der Retina bei 73 Mm. und in den Venen bei 68 Mm. Hg-Druck aufhOrt, dass abet die Venae vorticosae erst bei 215 Mm. tig-Druck geschlossen werden. S c h o e l e r scheint jedoeh den Zusammenhang zwischen diesem Phtfnomen und dem herrschenden Blutdrucke nich~ klar aufgefasst zu haben, denn er meint, dieser kSnne durchaus nicht dem far Verschluss der Arterien der Retina nOthigen Drueke entsprechen. Seine Angabe, class tier Blutstrom in den Venen der Retina im Mittel bei geringerem Drucke aufhiirt als in den Arterien, ist ausserdem offenbar unrichtig, denn so lange Blur in d~e Arterien eintreten kann, kann d er Strom in den Venen nicht aufht~ren. Das ffir die Venae vorticosae gefundene Resultat ist gewiss unrichtig und kann nur darauf beruht haben, class er nicht den hugenblick gesehen, wo der Strom aufh0rte und die BlutkOrper sich zusammenhiiuften. In Bezug auf die Technik far mein oben beschriebenes Verfahren ist wenig hinzuzuffigen. Der Versuch wird der Hauptsache nach so angeordnet wie bei der einfachen Anwendung des Spiegelophthalmoskops. Das Kaninchen ist am Besten curarisirt; es wird ein Individuum mit gesunden ±ugen ausgewahlt. Als Druekapparat benutze ich gewShnlieh Ludwig's Injeetionsapparat. Man kann den Versuch fiber mehrere Stundeu ansdehnen. Ich werde auf die interessanten Resultate, die mit dieser Methode gewonnen werden kSnnen, zuraekkommen; interessant daher, weil die Beobaehtung einer Arterie yon geringer Gr(isse gilt uud weii die ftir dieselbe gewonnenen Daten mit gd)sster Wahrscheinliehkeit auch far die abrigen Endzweige der CaroL. int.. und Carot. ext. Geltung haben darften.
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Prof. M. W. v. Schult~n.
E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u c h u n g e n der l a t i o n s v e r h ~ l t n i s s e des Auges.
Circu-
Die Eigenth~imlichkeiten, die den Blutumlauf im Auge auszeichnen, and dessen Abh~ngigkeit sowohl yon allgemeinen wie lokalen Einfl~lssen sind Gegenstand zahlreicher Arbeiten gewesen. Die grosse Wichtigkeit des Gegenstandes veto physiologischen wie ophthalmologisehen Gesichtspunkte aus ist zu auffallend, als class er nicht Bearbeiter gefunden h~tte. Ein TheiI derselben hat versucht, das Ziel zu erreiehen durch Beobachtung (mit directer Inspection, mit den ~kugenspiegeln oder mit anderen optischen H~ilfsmitteln) dot Blutfallung des Kalibers tier Gef~sse, sowie mOglieher Ver~nderungen derselben unter versehiedenen Einflassen. In diese Categorie geh~ren W a l l e r *), der die Circulation der Chorioidea in luxirten Augen bei Albinothieren mit dem Microscope untersuchte, S ch neller **), der den Augenhintergrund beim Kaninchen mit dem ±ugenspiegel untersuchte, w~hrend verschiedene Ein~iffe vorgenommen wurden, Memorsky***), der auf ~hnliche Weise verfuhr wie Schneller und als Versuchsthiere sowohl Hunde als Kaninchen benutzte. Andere Forscher wandten ihre Aufmerksamkeit den Ver~nderungen des intraoculfiren Druckes unter verschiedenen Eingriffen zu, in der richtigen Voraussetzung, dass diese Schwankungen Folge der vor sich gehenden Ver~nderungen in der Blutfallung der Augengef~sse, des Tonus u. s. w. seien. Unter diesen letzteren massen genannt werden *) Comptes rendus XXXVI. p. 378, XLIII. S. 659. **) Ein Mikrometer am Augenspiegel und damit ausgefiihrte Untersuchungen fiber den Einfluss bestimmter Eingriffe auf der Circulation in dan Augen lebender Kaninchen. Arch. f. Ophthm. III. 2, S. 121. ***) Ueber dan Einfluss des intraocularen Druekes auf die Blutbewegung im Auge. Arch. f. Ophthalm. XI. 2, S. 8t.
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W e g n e r * ) , A d a m t l k * * ) , sowie v. H i p p e l uud G r i i n h a g e n * * * ) , welche besonders die Abhangigkeit der Augeneireulation vom Nerveneinfluss bei Katzen, Kaninchen und Hunden studirten. L e b e r schloss sich diesen beiden Gruppen an und hat in G r a e f e - S a e m i s c h ' s bekanntem ,Handbueh der Augenheilkunde" II, pag. 343--392 eine Zusammenstellung aller frtiher gemachten Untersuehungen ver(~ffentlicht. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit besonders auf die Secretions- und Filtrationsverhaltnisse im Auge gerichtet gewesen; ausser L e b e r haben unter Anderen K n i e s , D e u t s c h m a n n , W a h l f o r s , S c h o e l e r versueht, zur Kenntniss derselben beizutragen. Ungeachtet der vielen verSffentlichten Arbeiten sind doeh recht wenige Punkte des Capitels, das uns beseh~ftigt, mit Sicherheit festgestellt, in vielen Hinsichten herrschen noeh streitige oder hOehst problematisehe Ansichten. Der Grund hiervon ist wohl zum gr¢issten Theile in den mangelhaften Untersuchungsmethoden zu suchen. Die bislang gebr~uchlichen Ophthalmoscope geben keine hinreichende VergrCisserung, um die Beobachtung feinerer Ver~nderungen im Kaliber der Blutgef~sse zuzulassen, *) Experimentelle Beitr~ge zur Lehre yore Glaucom. Arch. f. Ophthalm. XII. 2, S. 1. **) A damfik hat mehrere Arbeiten verSffentlieht, worunter die wichtigsten sind: Zur I~ehre vom Einfluss des Sympathieus auf Eden inneren Augendruek. Centrbl. f. d. medicin. Wiss. 1867, No. 28, S. 433. - - De lk~tiologie du glaueome. Annal. d'oeuliste LVIII. Juillet, Aofit. w Neue Versuche fiber den Einfluss des Sympmhicus und Trigeminus auf Druck und Filtration im Auge. Sitzb. d. k. Aead. d. Wissenseh. zu Wien. Math.-naturw. Classe. LIX. '2, Febr. ***) Grfinhagen, Untersuehungen, den intraocularen Druck betreffend. Zeitschr. f. rat. Yied. 3. XXVIII, S. 238. - - v. tIippel und Griinhagen, Ueber den Einfluss der Nerven auf die HShe des intraoeularen Druckes. Arch. f. Ophthalmoh XIV. 3, S. 219; XV. 1, S. 265; X¥I. 1 S. 27.
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Prof. )I. W. v. Schult6n.
and wit hubert gesehen, welche berechtigte Kritik gegen die angewandten Methoden, den intraocularen Druck zu bestimmen, gerichtet werden kann. Bei der Reihe yon Versuchen, die ich vorgenommen babe, um zur Ltisung tier schwebenden Fragen beizutragen, habe ich versucht, mir befriedigendere Resultate zu verschaffen, theils durch Anwendung von besseren Untersuchungsmethoden, theils dutch planm~ssigere Verfahrungsweise. Ich babe also bei meinea Versuchen die oben beschriebene ophthalmoscopisehe Methode angewendet, die eia grosses Gesichtsfeld giebt, hochgradige Vergr0sserung und doch scharfe Bilder. Das gleichfalls oben er0rterte Verfahren, den intraocularen Druck zu bestimmen, ist nicht bei allen Versuchen zur Anwendung gekommen, da es mir erst im Laufe der Arbeit glt~ekte, es vollkommen zweckentsprechend auszubilden. Als Hauptprincip hatte ieh aufgestellt, so viel als mSglich gleichzeitig die Blutgefasse zu beobachten and den intraoeularen Druck zu messen, wahreud die Eingriffe vorgenommen wurden; dieses konnte geschehen theils an demselben Auge, theils an beiden Augen des Yersuchsthieres, so dass alas eine beobachtet wurde, w~rend in dem anderen der Druck gemessen wurde. Wo Beobachtung der Blutgefasse wfihrend etwas liingerer Zeit vorgenommen werden sollte, babe ich durch genaue Aufzeichnung des ursprfingliehen Aussebens Vergleiche m0glich gemacht. So oft dutch den Versuch bedeutungsvolle Veranderungen des Blutdruckes hervorgerufen warden, babe ich denselben mittels Ludwig's Kymographion theils in der Carotis oder Art. femoralis gemessen, theils auch in der Art. ophthalm, mittels der yon mir angegebenen Methode. Die Anordnung der Yersuche war also folgende: Das Versuchsthier (fast immer ein Albinokaninehen, selten ein dunkles Kaninchen oder ein ]tund) wurde auf das Czermak'sche Brett gebunden und curarisirt, worauf kanst-
Untersuchungen fiber Circulationsverh~ltnisse etc.
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liche Athmung eingeleitet wurde; oder es wurde auch durch Chloral (intraven~s oder subeutan) fief narcotisirt; darauf wurden die ffir den Versuch n~)thigen Operationen, wie (]as Einbinden der Canale far die Blutdruckbestimmungen, das Herauspr~pariren der Nerven, Blutgef~sse etc. bewerkstelligt. Das Thief wurde darauf vor dem Augenspiegel aufgestellt, so dass das eine oder andere Auge beobachtet werden konnte, h~tufig wurde der Augenhintergrund abgezeichnet. Hierauf wurde die Manometercanale in das zu beobaehtende oder in das andere Auge eingefahr~. Wenn hierauf der Versuch begann, so wurden mit Hfilfe eines Assistenten gleichzeitig die Augengef~sse, tier intraoculare Druck und, wenn n~thig, der Blutdruck beobachtet. Der in der Carotis oder Art. femoralis gemessene Druck wurde natarlich immer registrirt. Bisweilen wurde aueh der intraoeulare Druck graphisch dargestellt. Meine Versuche sind durchaus nicht hinreichend zahlreich im Verh~ltniss zur verwickelten Natur und den vielen Schwierigkeiten der Frage; gleichwohl glaube ich vieie vollkommen sichere Resultate gewonnen zu haben. Der Raum und Plan dieser Abhandlung gestattet jedoch nur eine summarische Uebersieht meiner Resultate, mit denen anderer Forscher zusammengestellt. Vorerst einige Worte fiber n o r m a l e n D r u c k u n d Blutumlaufsverh~£1tnisse im Auge. Der intraoculare Druck, theils in tier vorderen Kammet gemessen, thefts im GlaskSrper, ohne andere Eingriffe als Narcotisirung des Thieres und bisweilen Einleitung yon kfinstlicher Athmung, schwankt nach meinen Erfahmmgen beim Kaninehen zwischen 15--30 Mm. Hg, beim Hunde betrug er 24 Mm. Hg in einem Versuehe. Dieses stimmt mit den yon anderen Forschern far Kaninchen und Katze gefundenen Zahlen aberein. Dass tier Druck in der vorderen Kammer und im GlaskOrper, gleichzeitig v. Oraefe's Archly f~ir Ophthalrnologie~ XXX, 3.
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Prof. M. W. v. Schult~n
gemessen, verschieden sein k(innen, wird yon mehreren Forschern bestritten, yon anderen wieder angenommen. Ich habe nut sehr kleine Differenzen gefunden. Druekveranderungen durch Fltlssigkeitsinjection in die vordere Kammer oder den GlaskOrper bewirken eine parallele Steigerung in beiden Augenabtheilungen. Mit Hinsicht unter Anderem auf die Accommodation des Auges massten jedoeh neue Versuche vorgenommen werden. Mein Manometer zeigt eine deutliche und constante D r u c k v e r a n d e r u n g , isochron m i t dem Herzschlage. Dass eine wirkliche Pulsation im Auge besteht, ist demnach unzweifelhaft; nur wenn tier intraoculare Druek tief sinkt, fallt die Pulsation fort; bei starker Steigerung des Druckes hingegen wird die Pulsation sehr intensiv. Die Elasticitatscurve tier Sclera giebt hierfar eine Erklarung. Mit dem Augenspiegel kann auch bei hochgradiger ¥ergrSsserung (60fach) keine Spur yon pulsatorischer Gefasserweiterung weder in der Retina noch in der Chorioidea wahrgenommen werden, in der That ist die Blutmeuge, die wahrend tier Systole eintritt und eine Druckerh0hung bewirkt, so gering, class keine merkbare Gefasserweiterung erwartet werden kann. Beim Kaninchen habe ich hie Venenpuls auf der Papille bemerkt, tier bekanntlich beim Menschen bisweilen vorkommt (auch beim Schafe nach v. Graefe).*) In normalen Ffillen ist der Blutstrom zu schnell, um wahrgenommen zu werden; wenn derselbe jedoch verlangsaint ist, kann er deutlich gesehen werden, besonders in den Ven. vorticosae; in einigen Fallen habe ich dann eine rythmische Beschleunigung beobachtet. Obgleich der Blutdruck, der in den hrterien des Auges selbst herrscht, nicht gemessen werden kann, so ist es doch yon grossem Interesse, den Druck in den Arterien zu kennen, aus denen *) Arch. f. Ophthalm. I. 1, S. 38i.
Untersuehungen tiber. Circulationsverh~ltnisse etc.
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die des Auges herstammen, n~mlich in der Art. ophthalm. und ihren Zweigen. Die Messung desselben naeh meiner Methode, wobei gleichzeitig der Blutdruck in der Carotis auf der anderen Seite *) oder in tier Art. femoralis gemessen wird, geben das Resultat, dass der Blutdruck in tier Art. ophthalm, fast ebenso hoch ist, wie in den g r o s s e n Gef~issen des K 0 r p e r s ; ich erhielt nur Unterschiede yon 2--5--10--15 Mm. Auch die respiratorische Druckvariation ist in beiden Getassen ungefahr gleich gross. Man erhi~lt keine nennenswerthen Unterschiede, wenn man den Abbruch des Blutstroms in der Art. central, retin, oder der Ark ciliar, post. brev. beobachtet. Schon Donders**) hat klar nachgewiesen, class der Druek im Auge in directer Abhfingigkeit yore Seitendruck in den Arterien steht. Er sagt, dass tier Seitendruck zum Theil durch die Elasticiti~t der Gefasswandungen aufgehoben werde und zum anderen Theil sich auf den GlaskSrper fortpflanzt, u n d e r nimmt an, dass dieser letztere betrachtlich ist. Der Druek in den Capillaren und Venen ist geringer als in den Arterien, abet doch natiirlieh h01~er als der intraoeulare Druck. Offenbar muss jedoch ausser din" Eiasticiti~t der Gefasse auch deren Tonus in Betracht gezogen werden, und der intraoeulare Druck ist g]eich dem Blutdruck in den Gef~ssen mit Abzug des Theiles, der dutch den Tonus und die Elastieiti~t der Gefltsse aufgehoben wird. Jede Vermehrung tier Blutmenge oder Verminderung des Tonus dez Gefasse des Auges muss eine grSssere Blutftille in denselben bewirken und damit eine ErhOhung des intraoeularen Druckes, wogegen wieder eine Verminderung *) Die Kymographioncaniiledarf nicht auf derselben Seite in die Carotis eingebunden werden. -- Siehe unten. **) Ueber die sichtbaren Erscheinungen tier Blutbewegung im Auge. Arch. f. Ophth. I. 2, S. 74. 3*
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des Blutdruckes oder eine Erh0hung des Gef~sstonus eine entgegengesetzte Wirkung haben muss. Aber auch andere Umst~nde haben auf die Blutfallung und Spannung des Auges Einfluss, ni~mlich die Menge yon Augenflt~ssigkeiten: Glask(~rper und Humor aqueus, sowie der i~ussere Druck, der auf den Bulbus oder dessen Inhalt start hat. D o n d e r s hat angenommen, dass wenn der Blutdruck 0 wird, wie z. B. bei eingetretenem Tode, auch der intraoculare Druck auf 0 sinkt. Inzwischen hat schon Griinhagen*) gefunden, dass beim Tode der Druck nut 9--12 Mm. Hg sinkt (bei Katzen und Kaninchen). Auch L e b e r hat seibst beim Verblutungstode nut ein rasches Sinken des Druckes bis 9 Mm. beobachtet, worauf noch ein langsames weiteres Sinken folgte; ,,doch", f~gt er hinzu**), ,,dauert es gewOhnlich mehrere Stunden ehe tier Druck his 0 sinkt." Ich meinerseits babe bestandig in mehreren Dutzend Versuchen gefunden, dass nach e i n g e t r e t e n e m Tode, was auch dessen Ursache gewesen sein mag, im B u l b u s eine S p a n n u n g yon 8--12 Mm. Hg z u r a c k b l e i b t , welche keine Neigung zu weiterem Sinken zeigt. Wenn einige Stunden sparer doch eine Verminderung beobachtet wird, so steht diese natfirlich in keinem Zusammenhange mit dem aufgehobenen Blutdrucke, sondern beruht auf Filtration und Verdunstung aus dem Auge. Kein ausserer Druck bildet die Ursache far diese Spannung, denn wenn das Auge gleich nach dem Tode enucleir~ wird, so bleib~ doch die Spannung unver~ndert bestehen. Die eigenen Flt~ssigkeiten des Auges unterhalten also eine Spannung bis ungei~hr 10 Mm. Hg, und der Theil des arteriellen Seitendruckes, der sich auf den GlaskOrper fortpfianzt, ist somit sehr gering. Eine StOrung des Gleichgewichtes *) Untersuchungen, den intraocularen Druck betr. Zeitschr. fiir rat. )Iedic., 3. Reihe. 28. Bd., S. '288. **) Graefe-S~misch, Handb. d. Augenheilk. II, S. 371.
Untersuehungen fiber Circulationsverh~tltnisse etc.
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zwischen der Secretion der Augenflfissigkeiten und deren Filtration oder Abfuhr aus dem Auge muss sogleich zur~ickwirken, zunachst auf die Spannung des Bulbus, darauf auf seine Blutftlllung. Selbstverst'~ndlieh muss der aussere Druck, haupts~tchlich der der Augenmuskeln*), danach streben, die Spannung des Bulbus zu erhShen und dessert Blut- und Plfissigkeitsmenge zu vermindern. M(~glich, obgleich yon G r a n h a g e n bestritten, ist, dass auch die Contraction des Ciliarmuskels einigen Einfluss ausfibt. Die Paetoren, yon denen die Blutfallung des Auges und tier intraoculare Druck bestimmt werden, sind also: Der S e i t e n d r u e k in den Augengefi~ssen, deren Tonus und E l a s t i c i tat, die Menge tier A u g e n f l a s s i g k e i t e n und der a u s s e r e (meist auf Muskeleontraetion beruhende) Druck. Wir wollen nun die St(irung in den normalen Verh'~Itnissen des Auges untersuchen, die dutch Veriinderung yon diesen Factoren entsteht. 1. Verlinderung des B l u t d r u c k e s (ohne Veri~nderung des Geftisstonus). a) Erh(Ihter Blutdruek. Ein solcher entsteht sowohi durch relativ griisseren Blutzufluss innerhalb der Artericnbahnen, die zum Auge f~lhren, als dutch verhinderten oder erschwerten venSsen hbfluss, denn wenn der ven~se Abfluss f~ir ein Gefi~ssgebiet gesperrt wird, steigt, wie wir wissen, der Blutdruck in den kleineren Arterien, Capiliaren und Veneu beinahe bis auf den in den zuft~hreudeu Arterien herrsehenden Druck. *) Eine Ver~nderung der Elasticit~t der Augenkapseln, d.h. der Selera, ziehen wir hier nicht in Betraeht, denn deren Folge ist haupts~chlich St~rung des regullrenden ~echanismus des Auges, worauf wir sp~ter zurfickkommen werden.
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Eine erh0hte Blutmenge in den zufahrenden Gef~ssen des Auges kann z. B. gewonnen werden dutch Compression der A o r t a descendens, wo alles yore Herzen kommende Blur in den oberon Theft des K~rpers getrieben wird. v. H i p p e l und Grttnhagen*) fanden dabei eine bedeutende Steigerung des intraooularen Druekes um resp. 31 und 50 Mm. Hg. Ich habe 4 derartige Versuehe angestellt. Ein grober Faden wurde yore Raeken aus gew~hnlieh zwisehen tier 5. und 6. Rippe in die PleurahOhle eingeftthrt and in derselben H0he auf der anderen Seite der Wirbelsi~ule wieder herausgeffihrt, worauf dutch Spannung des Fadens die Aorta thoracica comprimirt werden konnte. Das Resultat war folgendes: wahrend der Blutdruok constant um 20--30 Mm. stieg, stieg parallel damit aueh der intraoculare Druck, aber in verschiedenem Grade; nur ein einziges Mal yon 20 anf 34 Mm., sonst weniger; irgend welche auffallende Veri~nderungen im Gef~sskaliber der Retina und Chorioidea wurden nicht bemerkt, wohl abet etwas sti~rkere Blutftillung. Wenn die Ligatur gelSst wird, fi~llt der Blutdruck bis unter den ursprtlngliehen, ebenso der Augendrnck, jedoch langsamer; die Gefasse erscheinen nut etwas blasser. Erschwerter venoser Abfluss wird durch Compress i o n der H a l s v e n e n bewirkt (beim Kaninehen der Vv. jugular, extern, und intern, und einiger kleineren Yenen). Adamiik sah dabei nut selten eine Steigerung des intraocularen Druekes, der dana nach einigen Minuten eintrat. M e m o r s k y beobachtete nieht die geringste Gefassveranderung im Augenhintergrunde- nieht einmal, wenn er auch die Venae eava super, beim Hunde unterband. *) Wo in diesem Kapitel welter v. H i p p e l und Griinh a g e n , A d a m i i k , ~ l e m o r s k y , L e b e r citirt werden, so siehe die oben So 30--31 aufgez~htten Abhandlungen.
Untersuchungen fiber Circulationsverl~ltnisse etc.
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Ieh babe folgende Resultate verzeichnet (die kleinen Vv. jugut, int. waren immer abgebunden): Compression yon beiden Ven. juguI, ext.: Der intraoculare Druck steigt yon 25 Mm. *) auf 35 Mm., yon 30 anf 39, yon 32 auf 45, yon 28 auf 33, yon 26 auf 31. Compression der Ven. jugul, ext. a u f d e r s e l b e a Seite: Der intraoculare Druck steigt yon 28 auf 30, yon 32 auf 35. In den F~llen, wo der Druck um 10--13 Mm. stieg, konnte eine deutlich grSssere Blutftillung der Retinalvenen beobachtet werden. In welt hSherem Grade wird der ven0se Abfluss erschwert dutch L i g a t u r der V e n a e v o r t i e o s a e . Adam~lk fund dabei bei tier Katze eine Steigerung des intraocularen Druekes um 90 Mm., L e b e r beim Kaninehen bis 51 Mm., wobei eine starke Hyperi~mie in der Chorioidea und Iris beobachtet wurde, sowie Austreten yon Blutk(/rpern aus den Gefassen. Ieh constatirte bei Ligatur zweier Venae vortieosae eine Steigerung yon 27 auf 52 Mm., yon allen vieren auf 65 - - in einem auderen Fatle auf 6 0 - - 8 0 (wahrend der Druck im anderen Auge bloss 22 Mm. betrug). Zugleich sehr starke Pulsation und Hyperlimie des Auges. S c h o e l e r ' s **) Angabe, dass die Ligatur der Venae vortieosae eine Drucksteigerung yon im Mittel nur 2 Mm. bedinge, ist also offenbar unrichtig. b) V e r m i n d e r t e r
Blutdruck.
Dieser wird auf vielfache Art erreicht: durch Verminderung des Blutzuflusses zum Auge, oder Verminderung der ganzen Blutmenge oder Schwiichung der Herzthi~tigkeit u. s.w. Der Blutdruck wird vermindert dutch: *) Der Kiirze wegen erw~hne ich nieht weiter jedes ~al, dass bei den bier mitgetheflten Druckmessungen Queeksflber (Hg) gemeint ist. **) Arch. ~: Ophth. XXV. 4, S. 89.
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Prof. ~I. W. v. Schalt~n.
L i g a t u r der Carotis auf einer oder beideu Seiten. Es war M e m o r s k y aufgefallen, dass die Ligafur einer oder beider Carotiden bei dem Hunde nur eine augenblickliche Bl~sse des Augenhintergrundes gab und beim Kaninchen gar keine Ver~nderung. Nut wena s~mmtliche zuft~hrende Arteriea zugebunden waren, wurde deutliche Bl~tsse beobachtet. Andere, wie W e b e r und Leber, haben Memorsky's Beobaehtung auch bei Compression der Carotiden am Menschen best~ttigt. Michel *) giebt an, als Folge einer Carotisligatur beim Hunde eine momentane Bl~sse der Papitle gesehen zu hubert, worauf die Arterien sich wieder, nur etwas schw~cher als normal, fallten, die Venen dagegen breit und stark gefQllt wurden. Beim Mensehen soll ungef~hr dasselbe beobachtet werden: nach einer momentanea An~mie soll eher st~trkere R~the als v0rher und vor allem ven~se Stase entstehen. Diese Beobachtungen stimmen nicht mit denen der iihrigen For= seher und ebenso wenig mit meinen aberein. Auch ich wunderte reich im Beginn meiner ¥ersuche fiber die getinge Wirkung einer Ligatur der Halsarterien auf die Augengef~tsse. Ligatur der Carotis bedingt auf derselbeu Seite eine leichte, abet bei genauer Beobachtung doch deutlich verminderte Blutfallung der Retinalarterien, deren Caliber sich gleichwohl nicht merkbar ver~ndert; die Ligatur beider Carotiden ver~ndert dieses Bild nut wenig. Erst wenn die Art. vertebralis auf einer und besonders auf beiden Seiten unterbunden ist, wird die Bl~sse auffallender, aber alle Gef~sse sind doch gefallt und man kann nieht finden, dass (]as Lumen, wenigstens der Arterien, besonders verringert w~re. Ungeachtet also die Besichtigung nut geringe Ver~nderungen im Aussehen tier Gef~sse aufdeckt, so geht doch schon (lurch Ligatur der gleichseitigen Carotis eine wesentliche St~rung in den *) Beitr~ge zur Ophthalmologie. Wiesbaden 1881. S. 4 ft.
Untersuchungen fiber Circulationsverhiiltnisse etc.
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Circulationsverhliltnissen des Auges vor sign. Dieses ganze Capitel bfldet in der That eine grelle Illustration far die fehlerhaften Resultate, die man frtiher dutch unzureichende Untersuehungsmethoden erlangt. M e m o r s k y baute auf seine mangelhaften ophthalmologisehen Beobaehtungen eine gauze Theorie tiber den wenig vefitnderlichen Bhtgehalt des Auges; S t e l l w a g v. C a t i o n acceptirte diese und theoretisirte weiter in seiner oben dtirten Arbeit. Diese Theorien sehweben indessen vollkommen in der Luft. Da aueh das stark vergr0ssernde Ophthalmoskop nur wenig ausgepr~tgte Ver~inderungen constatiren l~sst, wenden wir uns zu unseren anderen Hilfsmitteln, vorerst dem intraoeularen Druek. A d a m t t k butte bei Ligatur der Carotis bei Katzen und Hunden auf dersetben Seite ein Sinken des Druekes um 6---8 Mm. gefunden, v. H i p p e l und G r t l n h a g e n fanden bei tier Katze ein Sinken yon 25 auf 14, yon 54 auf 24 Mm. Die Ligatur beider Carotiden hatte welter keine besondere Wirkung. Mit meinem empfindliehen Manometer fund ich beim Kaninehen folgende Wirkung der Carotis-Compression: Ursprfinglicher Druck 20 3Im. 22
,,
22
,,
2.1
,,
26
,,
28
,,
30 ~, 38 ,,*) 45 ,,*)
Ligatur der Carotis auf derselben Seite 12 12 12 15 14 13 12 18 36
1Kin. ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,
Ligatur beider Carotiden 11 10 11 11 10 -ll ---
Mm. ,, ,, , ,, ,, ,, ,, ,,
*) In diesen Fiillen war der Druck durch andere Eingriffe gesteigert.
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Bei dem Hunde wurde ein Sinken yon 24 auf resp. 20 und 15 Mm. erbalten. Die Drucksenkung tritt immer augenblieklieh ein und gleicht sich ebenso schnell aus, wenn die Compression aufh~rt. Wenn die Compression auoh nur wenige Minuten anhalt, tritt nach ihrem Aufh0ren oft ein h~herer intraoeularer Druck ein als der ursprtlngliche; dieses beruht auf Gef~ssparalyse, woven s p ~ e r mehr. Eine hfiehst bedeutende Verminderung des intraocularen Druckes ist also eine eonstante Folge yon Ligatur der Carotis a.uf derselben Seite; Ligatur der Carotis aueh auf tier anderen Seite setzt den Druek nur um ein paar Mm. welter herab. Ebenso gering ist die Wirkung, wenn die entgegengesetzte Carotis zuerst comprimirt wird. Wenn man sieh erinnert, dass die Spannung des Bulbus bei vollkommen aufgehobenem Blutzuflusse noeh etwa 10 Mm. H g ausmaeht, so sieht man ein, wie wesentlich die Carotisligatur die Blutftlllung des Auges modificirt. Mit diesen Resultaten der intraoeularen Blutmessung stimmt gleiehfalls die B e s t i m m u n g des B l u t d r u e k e s in d e r A r t . o p h t h a l m , b e i C a r o t i s l i g a t u r . Hier das Resultat einiger Versuehe: 1. Blutdruck, gemessen in der Carotis auf derselben Seite: I6--86 l~m. Hg 74--76 ,, , 70--80 ,, ,, 2. Blutdru@, gemessen in der Carotis auf der andern Seite: 66-- 82 Mm. Hg. 85-- 99 ,, ,,
Blutdruck in der Art. ophthalm.: --55 Mm. ttg*) --50 ,, ,, --58 ,. ,,
-- 80 Mm. Hg - - 90 ,, ,,
106--114
,,
,,
--103
,,
,,
133--144
,,
,,
--133
.
,,
*) We nut eine Zahl angegeben ist, ist der maximale Blutdruck gemeint.
Untersuehungen fiber Cireulationsverh~Itnisse etc. 3.
76--85 Mm. H g 76--82 , ,, 78--82 ,, ,, 76--97 ,, ,, 85--95 ,, ,, 4. Blutaruek in tier Art. ophthalm. dextr . . . . . . . . . . . Blutdruck in der Art. ophthalm, dextr. : bei Lig. der Carotis s i n . . bei Lig. tier Carotis d e x t r . . bei Lig. tier Carotis arab. Blutdruck in der Art. ophthalm. dextr.: bei Schluss des Versuches
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79--8& Mm. Hg --82 ,, ,, 85--87 ,, ,, 85--93 ,, ,, 85--91 ,, ,, 91--107 Mm. H g
94--108 66--74 66--81
, ,, ,,
,, ,, ,,
--104
,,
,,
W i t sehen hieraus, dass L i g a t u r der Carotis auf der entgegengesetzten Seite fast gar nicht oder in geringem Grade den B l u t d r u c k in der Art. ophthalm, herabsetzt, class dieses dagegen b e i L i g a t u r d e r C a r o t i s a u f d e r selben Seite in bedeutendem Grade gesehieht. Hieraus ergiebt sieh auch das wiehtige F a e t u m , dass das Verzweigungsgebiet jeder Carotis, ungeachtet aller A n a stomosen*) in gewissem Grade selbstst~ndig ist, so dass StSrungen in dem einen durchaus nieht u n m i t t e l b a r m i t Halfe tier anderen ausgegliohen werden. **) *) ttier muss bemerkt werden, dass nach K r a u s e (Die Anatomie des Kaninchens S. 86) bei dem Kaninchen die Art. communieans anter, fehlt, die auch beim ~[enschen schwgcher ist als die Art. communie, post. Diese letztere ist beim Kaninchen ziemlich stark. Beim Kaninchen mi~ssen andererseits die zahlreichen Anastomosen zwischen den ~usseren Carotiden bei Ligatur tier Carotis commun, grossen Einfluss auf die Blutfiillung in den inneren und ~usseren Augenarterien habeu (erstere ist ein Zweig der Carot. int., letztere der Carot. ext.). **) Ein Versueh zeigte, dass naeh 4 Tagen noch keine Ausgleichung stattgefunden hatte. Der Blutdruek betrug auf der Seite der Carotisligatur 47--62 him., auf der anderen Seite 76--90 ~m., bei Compression der Carotis auf dieser Seite sank der Druck auf 47--59.
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Prof. ~I. W. v. Schult6n.
Die beiden Gehirnh~lften sind also, was ihre Circulation betrifft, in bedeutendem Grade yon einander unabh~ngig*) - - ein Punkt yon grosser Bedeutung far die Gehirnpathologie im Allgemeiaeu und auch ffir unsere weiteren Untersuchungen. Eine Menge pathologischer Facta gewinaen hierdurch BeleuGhtung und man sieht unter anderem den Grund zu den oft so fatalen Resultaten der Carotisligatur e i n . * * ) Ich gewann auch die far meine Versuche wichtige Lehre, dass bei Benutzung des Kymographion die Canale nicht in die Caro~is auf der Seite des zu beobachtendea Auges eingebunden werden di]rfe, weil dessen Circulationsverh~ltnisse dadurch vollst~ndig gest~rt werden. Geleitet yon der gel~ufigen Auffassung, dass Ligatur der Carotis den Blutumlauf des Kopfes nicht nenaenswerth modificire, batte ich es oft gethan, fund aber nun, dass mehrere Versuche dadurch unbrauchbar geworden waren. Ich habe mich etwas l~nger bei der Frage fiber die Wirkung der Carotisligatur auf das Auge aufgehalten, weil deren Er~rterung so wichtige Schl~lsse zul~sst. Nun noch wenige Worte fiber die Wirkung anderer Eingriffe, die den Blutdruck herabsetzen. A r t e r i e l l e B l u t u n g vermindert den BlutdruGk beim Hunde nicht, sofern nicht der Blutverlust wenigstens 2 - - 3 pCt. des K~rpergewichtes***) ausmacht. Drei Vet*) Cramer (Experiment. Untersueh. fiber den Blutdruck im Gehirn. Dissert. Dorpat 1873) hielt sich auch ffir berechtigt, auf dieses Verh~ltniss zu sehliessen auf Grund dessert, class er bei seinen ~ie~sungen des Blutdrucks in tier Ven. jugul, beim Hunde fund, dass IAgatur der Carotis auf derselben Seite den Blutdruck in dieser ¥ene in hSherem Grade herabsetzt als Ligatur tier entgegengesetzten Carotis. **) P i l z : Zur Ligatur der Art. carot, commun, nebst einer Statistik dieser Operation (Arch. f. kl. Chir. Bd. IX, S. 257) fund. dass in 32 pCt. der F~lle GehirnstSrungen auftraten. ***) Worm-~Iiiller, Arbeiten aus der physiologisehen Anstalt in Leipzig. 1873, p. 159.
Untersuchungen tiber Circulationsverhiiltnisse etc.
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suche gaben mir wenig ausgepri~gte Resultate, wahrscheinlich weft die Circulation in beiden Carotiden abgeschnitten war; in der einen zur Messung des Blutdrucks - - in der andern zwecks Abzapfung yon Blur. Jedoeh zeigte sich, dass bei Blutung yon 1--2 pCt. (dieses gen~gt beim Kaninchen, um den Blutdruck um ein Drittel bis um die H~lfte herabzusetzen) die Venen in tier Retina und Chorioidea sehmaler wurden und der sehon vorher niedrige intraoculare Druck noch weiter sank. E l e c t r i s c h e R e i z u n g des p e r i p h e r e n V a g u s s t u m p f e s , welche Herzstillstaud mit sich fahrt, setzte die Spannung des Auges augenblicklich auf 10---12 Mm. herab. Noch unter fortgesetzter Reizung steigt sie wieder etwas. Eine allgemeine Erfahrung ist, dass unter li~nger wiihrenden Versuchen, besonders in Chloralnarkose, wenn tier Blutdruck sinkt, auch der intraoculare Druck allmltlig abnimmt und nut ungeflihr 15--16 Mm. betr~tgt. Wenn bei eingetretenem Tode der Blutdruck ganz und gar aufh~irt, bleibt die Augenspannung, wie schon erwlihnt, 8--12 Mm. Wenn man den Augenhintergrund gerade im Moment des Todes beobaehtet, sieht man, wie das Blur einen ven(isen Charakter annimmt und die Gefasse bluti~rmer werden, aber erst mit der letzten Herzcontraction entleeren die Gefasse den grSssten Theft ihres Inhalts, ohne dass jedoch jemals weder Arterien noch Venen ganz blutleer werden. Es ist im Gegentheil eigenthamlich, class, obgleich im Auge eine Spannung you 8 , 1 2 Mm. herrscht, oft recht viel Blut in den Geflfssen der Retina und Chorioidea zu~ckbleibt, was aueh die Todesursache gewesen sein mag. Gew~hnlich ist die Blutsi~ule jedoch auf mehreren Stellen unterbroehen. Besonders in den Versuchen, wo das Auge durch Druck oder AbsI~errung des Blutes an'~misch gemacht ist, enthalten diese nach dem Tode recht viel Blur. Die Capillaren
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scheinen sich, naeh der Blasse tier Papillen zu urtheilen, vollstandig zu entleeren. Man muss wohl annehmen, dass der Durchgang der Gei~asse durch den Sehnerven und die Sclera ein ttinderniss ffir die Entleerung derselben durch den nach dem Tode naehbleibenden Druck bildet, da die Gef~sse, auch wean der Druek im Auge dutch Flfissigkeitsinjeetion fiber den Blutdruek erh0ht wird, doeh nicht blutteer w e r d e n . - Nur einmal babe ieh im Augenblicke des Todes ein periodisehes Einstr0men yon Blnt in die Retinalarterien gesehen; tier Blutdruck fibertraf in diesem Falle den intraoeularea Druck nur wahrend der I~Ierzsystole.*) 2. V e r a n d e r t e r Gefasstonus. Die sparer anzuffihrenden Versuche beweisen mit vollkommener Sicherheit, dass die Gefasse sowohl der Retina als der Chorioidea vo~ Gefasse verengernden ~ervenimpulsen beherrseht werden, welehe den Halssympathici und wahrseheinlieh aueh anderen Nervenbahnea folgen. Die Frage, ob aueh gefasserweiternde Nerven zum Auge gehen, muss bis auf Weiteres often gelassen werden, obgleich ich die Wahrscheinlichkeit, dass dem so ist, darzuthun hoffe. a) Erh(ihter Tonus. Bekanntlich hat eine fiber ein etwas gr(~sseres Gebiet ausgedehnte Gefasscontraction zur Folge, (lass der allgemeine Blutdruek, auf Grund der Verengerung der Blutbahn, steigt. Es ist daher schwer, die Wirkang eines *) Man hat viel dartiber discutirt, inwieweit man dutch eiae ophthalmoscopische Beobachtung den Eintritt des Todes sicher constatiren kiinne. Auch beim ]~ienschen entleeren sich die @ef~sse im Augenblick des Todes nicht vollstiindig. Jedoch ist ihr geringer Blutgehalt uad vor allem die unterbrochene Bluts~ule ein recht charakteristisches Zeichen dafiir, dass die Circulation nicht weiter fo~dauert.
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erh~hten Tonus im Auge zu studiren, ohne dass sich zugleich der Einfiuss des erhShten Blutdruckes geltend macht. R e i z u n g des einen H a l s s y m p a t h i e u s scheint beim Kaninchen keine so ausgedehut~ Gefasscontraction mitzubringen, dass dadurch tier Blutdruck nennenswerth erh(iht wird (so bat sich wenigstens in einigen yon mir angestellten Messungen gezeigt). Die Angaben aber die Einwirkung einer eleetrischen Reizung des Halssympathicus auf die Augenge~sse variiren etwas bei den verschiedenen Verfassern. Schoeler fand bei der Katze, L e b e r beim Kaninehen, dass dieselbe eine deutliche Contraction der Retina-Arterien mit sich ftihrte, ohne dass die Venen sich veranderten; Adamllk fand gleichfalls Arterienverengerung, abet Erweiterung der Venen. In neuester Zeit haben auch R i e g e r und v. F ( i r s t e r * ) beim Kaninchen eine deutliche Verengerung der Retina-Arterien gefunden. W e g n e r und L e b e r fanden, dass auch die hinteren Ciliararterien beim Kaninchen sieh bei Reizung des Halssympathicus verengern und mehrere Forscher**) sind einig darin, dass auch die h'isarterien einer ahnlichen Yerengerung unterliegen. Im Gegensatz zu diesen Forschern geben Klein und Svetlin***) mit grOsster Bestimmtheit an, class beim Kaninchen wie der Katze eine derartige Reizung keine Wirkung auf die Retinagefasse habe. Mit Htllfe meines Augenspiegels babe ich in 20--30 Fallen mit gr0sster Sicherheit beobachtet, dass e l e c t r i s c h e R e i z u n g des H a l s s y m p a t h i c u s cons t a n t eine d e u t l i c h e C o n t r a c t i o n der R e t i n a - , sowie C h o r i o i d e a - A r t e r i e n bedingt. Dieselbe tritt *) Auge und Rtickenmark. Arch. f. Ophthalm. XX¥II. 3, S. 109. **) Leber, loe. cir. p. 363. ***) Untersuchungen fiber den Einfluss des Sympathicus auf die Circulation des Augengrundcs in Leidesdorfs Psychiatrische Studien. 1876, S. 89.
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nicht unmittelbar ein, sondern kurz nach Erweiterung der Pupille nnd hSrt nicht unmittelbar mit Schluss der Reizung auf. Die Intensit~t ist etwas verschieden, bisweilen verschwindet das Lumen der Arterien ganz und gar und auch alas Lumen der Venen, besonders in der Retina, vermindert sich in hohem Grade; bisweilen ist die Contraction weniger ausgepri~gt. Nie vergr~ssert sich das Lumen der Venen, sondern nimmt immer mehr oder Weniger ab, je nach tier Intensiti~t tier Contraction. Die Reizbarkeit des Sympathicus ist gewShnlich schnell erschSpft. Die Einwirkung der Sympathieusreizung auf den intraocularen Druck besti~tigt durchaus die Erscheinung, die man ophthalmoscopisch wahrnehmen kann. Bezaglich dieser Eiuwirkung und deren Deutung ist zwisehen fraheren Beobachtern eine lebhafte Polemik gefahrt worden. A d a m a k hat gefunden, class Reizung des Halssympathieus bei der Katze zuerst eine Steigerung des intraocularen Druckes mit sich ftihrt mit gleichzeitiger Steigerung des Blutdruckes, worauf noch unter fortfahrender Reizung ein Sinken beider stattfinde~; er nimmt an, dass die Steigerung des Blutdruckes auf einer allgemeiuen Gefiisscontraction im Kopfe beruhe und Ursache far die Steigerung des intraocularen Druckes sei; das Sinken des letzteren solle wieder auf einer etwas spi~ter vor sich gehenden Contraction der Augengefasse beruhen. v. H i p p e l und G r a n h a g e n fanden ebenfalls bei der Katze anfangs eine Steigerung und darauf bisweilen Sinken des Druckes; sie schreiben erstere einer Contraction der Orbitalmuskel zu und letzteres tier Gefasscontraction. Sehoeler fund bei der Katze eine Steigerung yon 2--4 Mm. Beim Kaninchen kamen v. H i p p e l und Griinhagen zu versehiedenen Resultaten, sahen aber bei Reizung des Ganglion supremum constant ein Fallen des Druekes im Auge (ebenso bei tier Katze). W e g n e r fand bei dieseu Thieren bisweilen eine leichte ErhShung des Druckes um
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1 - - 2 Mm., worauf er eine extravagante Theorie tiber Abhangigkeit des Glaueoms yon Sympathicusreizung grandet. Ich meinerseits babe beim Kaninchen gefunden, (lass R e i z u n g des S y m p a t h i c u s c o n s t a n t ein S i n k e n des i n t r a o c u l a r e n D r u c k e s b e w i r k t , je starker die Arteriencontraction, desto ausgepragter. Das Sinken des Druckes geschieht wie die Gef~tsscontraction, kurz nach Erweiterung der Pupille und hSrt nach Schluss der Reizung allmalig auf. Hier die yon mir gefundenen Ziffern: Fallen des Druckes yon 28 auf 13; 29 auf 15; 30 auf 20; 30 auf 18; 30 auf 19; 31 auf 14; 40 auf 20. - - Bei niedrigem intraocularen Druck ist die Wirkung geringer, nut 3--5 Mm. Gleichzeitig hOrt auch alle Pulsation im Auge auf und kehrt erst wieder, wenn tier Druck auf die Norm gestiegen ist. Bei einem Yersuch am Hunde fand ich zuerst unmitt~lbar Dr-ucksteigerung, dann, wi~hrend fortfahrender Reizung, Sinken des Druckes oft unter den ursprtingliehen Werth; nach abgeschlossener Reizung ein weiteres Sinken des Druckes und dann Riiekkehr zum normalen Zustande, wie folgencle Zifferserien zeigen: 24 - - 30 - - 22 -- 24 25 - - 35 - - 24 - - 2 2 - - 25 25 - - 35 - - 25 - - 20 - - 25. Es kann wohl kein Zweifel dart~ber bestehen, dasa das Sinken des Druckes beim Kaninchen auf Gefasscontraction beruht; obgleich bisweiien der Bulbus etwas vorgetrieben wird, wahrscheinlich in Fo]ge yon Contraction der Orbitalmuskel, so spielt doch tier Druck derselben bier augenscheinlich keine Rolle. Was wieder die Erscheinungen betrifft, die man beim Hunde und der Katze beobachtet, so ist wohl Adam~lk's Erklarung die wahrseheinliehste. Wie steht es jedoch mit dem Sinken des Druckes, der gleich nach Abschluss der Reizung folgt? Vielleicht hat sich doch eine Wirkung der Orbitalv. Oraefe's Archly fur OphthaImologie, XXX. 3.
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muskeln *) geltend gemacht und fallt nun gleich nach aufgehobener Reizung fort. Reizung der M e d u l l a oblongata, welche das vasom o t o r i sche C e n t r u m enthiilt, giebt natfiriich ausgedehnte Gefasseontraetion und damit bedeutende Steigerung des Blutdruekes, sowie nach v. H i p p e l und G r t i n h a g e n auch Arterieneontraction in der Retina und stark erhOhten intraocularen Druck. Der Versuch ist jedoch werthlos, da zugleich mehrere andere Centren gereizt werden (das respiratorische Centrum, der Ursprung des Vagus und Trigeminus) and das Resuliat also nicht rein ist. Wenn dagegen das Rfickenmark im H a l s t h e i l e a b g e s c h n i t t e n und d a r a u f dessen p e r i p h e r e r Thei! g e r e i z t wird, so tritt nach der Abschneidung starkes Sinken des Blutdruckes ein, well eine Menge Geffisse, besonders die der Bauchh~hle, gelahmt sind und die Blutbahn sehr ausgedehnt wird; bei der Reizung dagegen tritt in Folge yon Contraction der vorher geliihmten Gef'~sse wieder bedeutend gesteigerter Blutdruck ein. Aueh auf die Gefasse und den intraocularen Druck finder eine Einwirkung start, v. Hippel und G r a n h a g e n batten eine Steigerung desselben um 10--15 Mm. gefunden, wahrend der vor der Reizung vorhandene Druck nut 12--15 Mm. betrug. Adamilk hatte bei Reizung des Halsmarkes auf tier H0he der beiden untersten Wirbel eine Contraction der Retinaarterien gefunden und eine Erweiterung yon deren Venen. Ich habe 7 Versuche angestellt, yon denen ich einen beispielsweise bier an~hre, welcher die Frage gut beleuchtet: *) Unter diesen ~uskeln versteht man Bttndel organiseher ~Iuskelfasern~ welche in die )fembr. orbitalis eingelagert sind (Krause: Die Anatomie des Kaninchcns. S. 130). Ohne Zweifel kann durch deren Contraction der Bulbus vorgetrieben werden. (Siehe welter unten bei tier Frage tiber Riickenmarksreizung.)
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Ein Albinokaninchen wird curarisirt -- Kymographioncantile in die Art. femor, d e x t r . - Trepanation dos Atlas, das Rfickenmark blossgelegt. Der rechte Sympathicus wird auf einen Faden gelegt. ~anometercaniile in den Glask0rper des rechten Auges. Bldr.*): 85--95 )Ira. IO.: 22 Mm. D u r e h s c h n e i d u n g des Riickenmarkes, die Electroden werden eingefiihrt. Bldr. steigt schnell auf 136 Mm., fallt nach 1 Min. bis auf 14--18. IO. stieg anfangs auf 27, fiel darauf auf 19.**) Re i z un g des Rfi cke nm arke s (mittelstarker Inductionsstrom). Bldr. steigt auf 138. I O. steigt anfangs auf 30, fallt dann auf 25, steigt wieder auf 30. Nach der Reizung faltt Bldr. auf 96--100 (wahrscheinlich leichter Strom dutch Seitenleitung). IO. halt sieh um 30 herum. Wieder R e i z u n g des R f i c k e n m a r k e s ; Bldr. jetzt 124--128, I 0 . anfangs 40, dann 32, wahrend die Reizung fortfahrt and Bldr. auf der h0chsten Stufe stehen bleibt. Naeh der Reizung: Bldr. 68--70, IO. 30. A b s c h n e i d u n g des Nerv. s y m p a t h i c u s dextr. Reiz u n g des Rlickenmarkes. Bldr. yon 68--70 auf 134. I 0 . yon 30 ~uf 40~ dann 35; 9 ~iin. nach aufgehobener Reizung Bldr. 40--46. I 0 . : 24. Erneuerte R e i z u n g des Riickenmarks. Bldr. auf 134--140. I O. auf 40~ dann 35 unter noch hohem Bldr. Naeh der Reizung: I0. 25, Bldr. 66--72. Jetzt B e o b a c h t u n g des linken A u g e n h i n t e r g r u n d e s : Das Auge sehr blutleer, die Arterien und Yenen sehwach geftillt. R e i z u n g des R f i c k e n m a r k e s : Die Pupille erweitert sich ad maximum - - die Arterien der Retina contrahiren sich fast bis zum Versehwindea des Lumens - - die ¥enen ziemlich blutgefiillt. Dasselbe Verhalt-en bei erneuerter Reizung. Auch die Ciliararterien contrahiren sich stark. *) Der Ktirze wegen bezeichne ich den intraocularen Druck mit IO. -- den Blutdruck mit Bldr. **) Der intraoculare Druck wurde doch nieht im :~oment des minimalsten Blutdrucks beobachtet. 4*
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Dieser Versuch zeigt also, dass eine Steigernng des Blutdrucks bei Reizung des Rackenmarks erst eine Steigerung des intraocularen Druckes bewirkt, worauf die etwas sparer eintretende Contraction der Augenarterien den Druck wieder etwas sinken macht, jedoch nicht bis zur ursprfinglichen ttOhe. - - Meine ilbrigen ¥ersuche bestatigen das Angeffihrte. Aus ihnen geht ferner hervor, dass Arteriencontraction im Auge bei Reizung des Markes auch dann eintritt, wenn der Halssympathicns durchschnitten ist, sobald das Halsmark nicht niedriger als im ~Niveau des 2. I~Ialswirbels durchschnitten ist; wenn es aber niedriger, auf der tI(~he des 3. oder 4. Halswirbels durchschnitten wird, so trill keine Contraction welter nach Abschneidung des Halssympathicus ein. Vasomotorische Nervenfhden gehen also ohne Zweifcl vom oberen Theii des Halsmarks zum Ganglion cervicale supremum; wahrscheinlich folgen solche auch der Bahn des Trigeminus*); wir kOnnen bier nicht welter auf dieses Capitel eingehen. **) D u r c h R e i z u n g yon s e n s i b l e n N e r v e n erh~tl~ man bekanntlich auf reflectorischem Wege eine Steigerung • ) Fr. F r a u e k : Recherchcs sur les nerfs dilatateurs de 1~ pupille. ~[arey (Physiologie experimentale IV, S. 1) hebt hervor, dass auch die pupillenerweiternden F~tden sowohl dem Sympathicus als Trigeminus folgen. • *) Auch bei Reizung des Rfickenmarks wird oft ein Hervortreten des Bulbus beobachtet. R i e g e r und v. F S r s t e r (1. c.),~ die gleichfalls bisweilen beim Kaniuchen einen solchen Exophthalmos bei Reizung des Riickenmarks an verschiedenen Stellen beobaehtet haben (wie aueh einige Male bei Reizung des Ganglion cervicale supremum), griinden hierauf etwas zu schnell Schliisse iiber die El-xeiterung der retrobulbi~ren Gef~sse durch nerv(isen Einfluss. Ich muss bemerken, dass sine Einwirkung dcr Orbitalmuskeln keineswegs (lurch Spaltung des oberen Lides ausgesehlossen ist, wie diese Verfasser zu glauben scheinen. Filehne (Zur Pathogenese der Basedow'schen Krankheit. Sitzungsbericht der Erlanger phys.-meal. Soc. 1874, 14. Juli) hat bei Reizung der Corpora restiformia einen solchen Exophthalmos beobaehtet.
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des Blutdruckes dutch Gef/isscontraction. v. H i p p e l und G r i i n h a g e n fanden bei Reizung des Plexus brachialis und cruralis bei Hunden eine bedeutende Steigerung des intraoeularen Druckes; z. B. yon 22 auf 41. Sie fanden auch, dass Reizung tier Cornea durch Creosot, Iqieotin etc. den intraocularen Druck erh0ht. Wie A d a m t l k hervorhebt hangt auch dieser yon reflectorischer Steigerung des Blutdruekes ab. Ich babe mehrere Versuche gemacht, das centrale Ende des abgeschnittenen 1%rvus ischiadicus zu reizen. Bier das Resultat eines Versuches: Der Blutdruck in der rechten Carotis 82--91 Mm., der intraoculare Druck im linken Auge 20 Mm.; Reizung des ~NLischiudicus dextr. : der Btutdruck steigt im Maximum auf 160 - - d e r intraoculare Druek steigt gleichzeitig auf 29; nach der Reizung: der Blutdruck 72--85 und der intraoculare Druck 24. In einem anderen Falle, wo mein empfindliehes Manometer benutzt wurde, stieg der intraoculare Druck bei Ischiadieusreizung gleich yon 25 ~uf 32, fiel dann wahrend fortdauernder Reizung auf 20, stieg nach tier Reizung auf 25 (ein anderer Versuch ergab resp. 19 -- 25 -- 16 -- 19). Aueh eine deutliche Artel%neontraction komlte mehrere Male im Auge beobaehtet werden. Ohne Zweifel ist der Hergang ganz derselbe, wie bei Rfickenmarksreizung. Mehrere Versuche yon R e i z u n g d e r C o r n e a mit Creosot, Ammoniak und Nicotin gaben gleichfalls eine rasch vorabergehende Steigerung des Blutdruekes (z. B. yon 80--89 auf 114--137, yon 76--80 auf 113--124) nebst schwacher Erh0hung der Spannung im Auge (far Creosot yon 18 auf 20, yon 15 auf 18; ffir l~icotin yon 15 auf 30). Da die Pupille sich stark verengert und die Cornea trfibe wird, konnte das Verhalten der Gefasse nieht beobachtet werden. Asphyxie, z. B. dutch S i s t i r u n g d e r k I l n s t l i c h e n A t h m u n g bewirkt bekanntlich, dutch Anhiiufung yon Kohlensi~ure im Blur, auch Reizung des vasomotorischen Centrums. Sehr sehnell folgt jedoch dem Sinken des
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Blutdruekes das AufhOren des tterzschlages und der Tod. Sowohl Adamfik wie v. Hippel und Griinhagen haben als niichste Folge yon Sistirung der ktlnstlichen Athmung eine Steigerung des intraoeularen Druekes gefunden (nach v. H i p p e l und G r a n h a g e n yon 24,5 auf 31, yon 67,5 auf 89), worauf sp~iter das Sinken eintritt. Schoeler hat immer unmittelbares Sinken des Druckes gesehen; v. H i p p e l und Grtlnhagen sahen dasselbe eintreten, wenn zugleich der Thorax ge~ffnet war. Die beiden letzteren haben eine sehr gekt~nstelte Erkliirung fi~r die angedeutete Erseheinung gesucht; sie nahmen an, (lass bei tier kilnstliehen Respiration das Herz und die grossen Gef'asse einem erh6hten Druck in der BrusthOhle ausgesetzt seien, der Blutdruek und Augendruek daher sinken mlissten, wogegen bei Sistirung der kfinstliehen Athmung der Druek sowohl in den Geffissen wie im Bulbus steige. Sie scheinen ausserdem zu glauben, dass auch ven6se Stase eine Rolle als druckerh(ihendes Moment spielt, sowohl bei fortgehender als bei sistirter Respiration. Offenbar ist jedoeh weder Blutdruck noch intraocularer Druek bei kllnstlieher Respiration niedriger als bei natfirlieher. Ebenso wenig hat Jemand bei kanstlicher Athmung venSse Stase im Auge beobachtet, nicht einmal bei Sistiren derselben. Der ophthalmoscopische Befund bei Sistiren der kt~nstlichen Athmung ist naeh zahlreiehen yon mir gemaehten Beobachtungen folgender: Weder Arterien noch Venen tier Retina noch Chorioidea veriindern anfangs merkbar ihr Lumen, aber (]as Blur in denselben wird dunkel mit violettem Anflug (also eine Cyanose des Augenhintergrundes); wenn die Herzschlage schwaoh und uuregelmassig werden, werden sowohl Arterien als Venen immer feiner und blasser, bis beim Stillstehen des Herzens der Augenhintergrund das beim Tode gewtfhnliche Aussehen annimmt. Dieser Befund stimmt sehr gut mit den
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Beobaehtungen iiberein, die Ackermann*) fiber die Wirkung tier Asphyxie auf die Gefasse in der Pia mater gemacht hat, obgleich die ven0se Stase sich dort mehr geltend macht, wie fiberhaupt ira Gehirn. Was den iutraoeularen Druck aabetrifft, so kann ieh dadlber keine besonderen Versuche anftihren. Aber ieh babe oft andere Versuche mit Sistirung tier ktinsttichen Athmung abgeschlossen; da sowohl Blutdruek wie Herzthi~tigkeit gew0hnlich bedeutend gesunken waren, babe ich nur unbedeutende und sehnell vortlbergehende Steigerungea des Blutdruckes folgen und den intraocularen Druck gleiehmiissig sinken sehen. b) V e r m i n d e r t e r Tonus. Wenn in grSsseren Gefassgebieten die Ge~sswande paretisch werden, so tritt in Folge der Erweiterung der Blutbahn ein herabgesetzter Blutdruck ein. Wenn aber nut die Gefasse des Bulbus paralysirt werden, so erleidet der allgemeine Blutdruck dadureh keine Einwirkung, und man kann erwarten, class die Gefasse im Augenhintergrunde wetter und bluterffillter werden als vorher, wovon die Folge wieder ein gesteigerter intraoeularer Druck sein muss. Es giebt nun in der That zwei ganz einfache Arten die A u g e n g e f a s s e allein mehr oder minder vollstandig zu p a r a l y s i r e n , namlich erstens dureh zeitweiliges Ani~mischmachen des Auges und zweitens dutch pl(~tzliches hochgradiges Herabsetzen des intraocularen Druckes, z. B. auf 0. Es ist bekannt, dass Absperrung des Blutes yon einem Gefi~ssgebiet yon einer bedeutenden auf Gefi~sserweiterung beruhenden Hyperi~mie gefolgt ist, die naeh einiger Zeit wieder versehwindet; ein vortreffliches Beispiel *) Ueber den Einfluss der Erstickung auf die ~[enge des Blutes im Gehirn. Virchow's Arch. f. path. Anat. XV, S. 410.
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hieffilr bietet die starke Hypertimie, die nach Application der Esmarch'schen Binde an einer Extremitt~t folgt. Wenn man durch Injection einer 1/2 procent. Kochsalztt~sung in den Glasktirper oder die vordere Kammer unter einem hSheren Drucke als der Blutdruck den Blutzufluss in den Bulbus far einige ~Iinuten zum Stehen bringt und darauf die Injection abbricht, so finder man, dass tier Druck im Auge anfangs schnell und dann langsamer fallt und auf einem Punkte stehen bleibt, der htiher ist als der ursprtlngliche intraoculare Druck. So habe ich in einem Fal]e den Druck im Bulbus auf 163 Mm. Hg gesteigert, wt~hrend schon bei 100 Mm. ttg jeder Blutstrom aufhtirte; als darauf die Communication zwischen Auge und Injectionsapparat abgesperrt wurde, sank der intraoculare Druck in der ersten Minute auf 115 Mm., in der zweiten und dritten auf 72, in der vierten Minute auf 5.'2, in der ftinften Min. auf 40, in der sechsten Min. auf 38 und blieb auf diesem Punkte stehen. Urspriinglich betrug tier Druck im kuge 30 Mm.; das Auge war wtthrend verschiedener Versuche, den Blutdruck zu messen, mehrere Male antimisch gemacht worden. L e b e r * ) hatte auch gefunden, dass bei Steigerung des Druckes auf 80--100 Mm. derselbe nicht mehr auf den ursprttnglichen Punkt sinkt, was dagegen wohl der Fall ist, wenn der Druck nur auf 40--50 Mm. gesteigert wird (die Beobachtung dauerte so lange bis wt~hrend 2--3 Minuten keine oder i~usserst geringe Senkung stattfand). Er meint, dass bei ht~herem Druck der Resorptionsmechanismus Schaden leiden dt~rfte, und class dadurch fortwt~hrend ein h6herer Druck im Auge entsteht. Beobachtet man ophthalmoskopisch ein Auge, das einer Drucksteigerung fiber den Blutdruck ausgesetzt gewesen ist, so wird man yon tier starken Hypertimie in demselben frappirt: Arterien und Venen der Retina dehnen *) Arch. f. Ophthalm. XIX. 2, S. 116.
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sich bisweilen zur doppelten Gr0sse aueh, auch die Chorioidea ist sehr blutgefallt; dieses ist ein constantes Phanomen. Aueh wenn der Blutzufiuss zum Auge nur filr eine kurze Zeit, z. B. dutch Carotisligatur vermindert wird, so beobachte~ man oft beim Abnehmen der Ligatur einen h(iheren Druck und grossere Blutfalle als vorher. S o w a r bei einem Versuche die Spannung des Auges 24 Mm.; gleich nach einer kurzen Compression beider Carotiden stieg er auf 34 him. Auch duroh i~usseren Druck kann die Spannung im Auge leieht dahin erh~ht werden, dass erst sog. Arterienpuls entsteht und darauf der Eintritt yon Blur ganz verhindert wird. Besonders D on ders *) hat die Phlinomene eingehend studiert, welche mit dem Augenspiegel beobachtet werden k6nnen, wenn man mit dem Finger einen Druck auf den Bulbus ausilbt. Er hebt auch hervor, dass wenn man l~ngere Zeit einen mi~ssigen Druck ausfibe (es komme mehr auf die Dauer des Druckes an als auf dessen Starke), man beim Aufhebea desselben eine starke Ansehwellung der Venen und, wenngleich in geringerem Grade, auch der Arterien sehe, welehe allmahlich wieder abnehme und nach ungef~br 1 Minute nicht mehr bemerkt werden k0nne. Er bezieht diese t]yper~mie auf Absorption yon Flfissigkeiten aus dem Bulbus. Eine solehe dQrfte wohl statthaben, abet Gei~assparalyse spielt auch hier eine bedeutende Rolle, wie aus der consecutiven Steigerung des intraoeularen Druckes hervorgeht. Hier als Beweis ein Versuch: Albinokaninchen, Chloral gr. XV. Der normale intraoculare Druck betri~gt 18 Mm. Reizung des Italssympathicus bringt ihn zum Sinken bis 15 Mm. Reeht starker Druck auf den Bulbus wiihrend 3 ]ilinuten h(irt auf um *) 1. c. Arch. £ Ophthalm. I. 2, S. 97 ft.
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2 Uhr 1 5 ' - - IO 15 Mm. 2 ,~ 1 7 ' - ,, 20 ,, 2 ,, 19'-,, 25 ,, 2 ,, 22'~ ,, 31 ,, 2 ,, 25'--,, 30 ,, Reizung des Halssympathicus. IO 15 Mm. ,, 2 9 ' - ,, 29 ,, ,, 3 0 ' - - 3 5 ' wieder Druck auf den Bulbus. ,, 3 6 ' - - IO 13 Mm. ,, 37 ~ , , 2 3 ,, ,, 39 - - ,, 31 ,, ,, 41 - - ~, 33 ~, ,, 47 - - ,, 28 ,, ,, 55 - - ,, 24 ,, ,, 10 ,, 18 ,, Bei einem anderen Versuche stieg tier Druck auf 38 bis 40 Mm. (ursl)riingIiche H(ihe 22). Zugleieh wird starker Puls beobaehtet. -
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_&us diesem Versuehe scheint mir klar hervorzugehen, dass eine Resorption freilieh stattfindet (daher die sehwaehe S p a n n u n g des Auges gleich nach aufgehobenem Druck), aber i m niiehsten Augenblick erweitern sieh die paretischen Gefasse u n d der intraoculare D r u e k steigt in w e n i g e Minuten hOher als er ursprtinglieh gewesen, u m altmiitig wieder zu fallen in dem Grade, wie die Gefiisse ihren Tonus wiedererhalten. W i r finden zugleich, dass die Gefassparese nicht yon der Intensitiit ist, dass eleetrische Reizung der vasomotorisehen P a d e n im S y m p a t h i c u s ihren Einfluss verlieren warden. Die unzweifelhafte P a r e s e der Gefasswiinde, eine F o l g e yon dem D r u c k auf's Auge, beruh~ also sowohl auf zeitweiliger Ani~mie des Auges wie auf Resorption yon Angenflassigkeiten, wodurch die Gefiisse den i~usseren Gegendruck verlieren, der ihnen n o r m a l zukommt. Die W i r k u n g der A u f h e b u n g dieses Gegendruckes sieht m a n noeh auffallender, wenn der Druck im A u g e a u f 0 oder n u t wenige Mm. herabgesetzt wird: Die Gefi~sse erweitern
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sich colossal und behalten nachher ihre Weite, ja ich habe sogar kleine Blutergfisse in der Chorioidea beobachtet. Der intraoculare Druck, im Glask~rper gemessen, stellt sich recht Iangsam wieder her (bei einem Versuche war er nach 2 Stunden noch nicht auf die urspr~lngliche HShe gestiegen, nachdem er einige Augenblicke auf 2 Mm. Hg gehalten war). 0ffenbar erleidet die Secretion yon Augenflassigkeiten eine tiefe St~rung dutch eine solche plStzliehe Yer~nderung des normalen Verhaltens der Gef~sse.*) Da der Halssympathicus sicher gefassverengernde F~aden f~ir die Augenge~sse enthfilt, sollte man erwarten, dass dessen D u r c h s c h n e i d u n g und besonders E x s t i r p a t i o n des o b e r s t e n H a l s g a n g l i o n Parese und Erweiterung dieser Gefasse zur Folge haben m~lsste. Mehrere Beobaehter wollen auch eine solche constatirt haben; Vulpian**) und Schoeler***) gehSren zur Zahl dieser. Sie wollen Hyper~mie theils tier Retina, theils der Chorioidea gesehen haben, jedoch yon vor~ibergehender Art. R i e g e r und v. F o r s t e r t ) geben an, keine unmittelbare Veranderung gefunden zu haben, woht" abet den folgenden Tag erweiterte Gef~sse, was mehrere Tage andauerte. B e c k e r t t ) hat dagegen beim Kaninchen keinerlei Hyper~mie des Augenhintergrundes bemerken k~nnen. A d a m a k hat bei tier Katze der Durchschneidung des Sympathicus eine Senkung des intraocularen Druckes yon 1--2 Mm. folgen sehen; v. t t i p p e l und G r f i n h a g e n *) Das interessante Kapitel iiber die Verminderung des GefSsstonus im Auge verdient welter studirt zu werden. Aus dem Vorliegenden sieht man schon unter Anderem, class der so (~ft angewandte Druckverband einem zweischneidigen Schwerte gleicht, der Blutzufluss wird ffeilich vermindert ~ es droht aber nach Fortnahme des Verbandes @ef~ssparese. **) Lemons sur le syst~me vasomoteur. Paris 1875. I, S. 98. ***) 1. c. Exper. Beitr. zur Kenntn. d. Irisbeweg. etc. S. 44. t) 1. c. S. 147. "H') Siehe Leber in Graefe- S~misch Handb. II, S. 354.
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haben dagegen weder bei der Katze noeh beim Kaninchen irgend welche Verlinderungen gefunden. Was mich betrifft, so kann ich als Resultat zahlreicher Versuche angeben, class beim Kaninchen die Abschneidung des Halssympathicus oder Exstirpation des obersten Halsganglion keinerlei Wirkung ausilbt, weder auf die Weite der Gef~tsse noch deren Blutft~llung, noch auf den iatraocularen Druck. Ich habe unter starker Vergr0sserung die Gefi~sse des Augenhintergrundes genau abgezeiehnet, darauf die erwiihnten Eingriffe vorgenommen und dann sowohl denselben wie den folgenden Tag den Augenhintergrund beobachtet, ohne die geringste Veriinderung finden zu k0nnen. Dieses ¥erhalten erk]~trt sich leicht dadurch, dass vasomotorische Faden auch auf anderem Wege als durch den Halssympathicus dem Auge zugehea und zahlreich genug sind, um den normalen Tonus der Gef~sse aufrecht zu erhalten. D u r c h s c h n e i d u n g des H a l s t h e i l e s des Riickenmarkes fiihrt eine ilber den gr(isseren Theil des K0rpers ausgedehnte GefI~ssparalyse mit sich und in Folge dessert herabgesetzten Blutdruek. Sehwaehe Blutftlllung des Auges und Herabsetzung des intraocularen Druckes sind die Consequenz davon, was aus dem S. 51 angefiihrten und mehreren ahnlichen Versuchen hervorgeht; der niedrige Blutdruck spielt hier eine Hauptrolle. Reizung des eentralen Endes des N e r v u s depressor, welehe Gefasserweiterung in der Bauehh~)hle und verminderten Blutdruek bewirkt, vermindert auch den intraoeularen Druck. Bei einem Yersuehe fielder Druek im Auge yon 35 Mm. auf 25 Mm. und yon 38 Mm. auf 22 Mm. Wenngleieh die Frage, ob der T r i g e m i n u s einen Einfluss auf die Geffisse und die Ernahrung des Auges ausabt, noch tange nicht entschieden ist, darfte doch am
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passendsten in diesem Zusammenhange die Aufmerksamkeit darauf zu richten sein. Seitdem Magendie gefunden, dass Durchschneidung des Trigeminus im Schitdel eine Ernlihrungsst0rung der Cornea bewirkt, indem diese sich trfibt und eitrig zerfallt, haben sieh zahlreiche Forscher mit diesem Kapitel beschliftigt. Wi~hrend ein Theil derselben dieses Phlinomen als auf Liision yon trophischen Nervenfiifien beruhend ansah, die im Trigeminus verlaufen und nach Meissner und Biittner an dessen medialer Seite gelegen sein sollten, haben andere die aufgehobene Sensibilitiit des Auges, wodurch dessen Schutz dureh refleetoriseh hervorgerufene Augenlid - Bewegungen und Thranensecretion vermindert wird, far die Ursache der Corneaveri~nderung angesehen. Was besonders die Einwirkung auf die A u g e n g e f a s s e anbetrifft, so hat Sehiff*) geglaubt eonstatiren zu kSnnen, dass die Durchschneidung des Trigeminus beim Kaninehen und Meerschweinchen eine Erweiterung der Gefi~sse sowohl der ltetina wie Chorioidea zur Folge babe. Wenn man jedoeh liest, wie i~usserst flfichtig Schiff seine Beobaehtungen anstellte, so finder man, dass man nicht das Geringste darauf geben kann. Mit Hilfe des Tageslichtes, alas yon tier Cornea (!) des Beobachters refiectirt wird, will er ohne weitere Umstande den Augenhintergrund beobaehtet haben und beim Vergleieh mi~ anderen Augen die erwahnte tIyperlimie gefunden haben, seine Beschreibung zeigt, dass er nicht einmal die Retinagefi~sse von denen tier Chorioidea unterscheidet. Mehrere Beobaehter (S ehiff, Wegner, Snellen, Leber u. A.) haben unmittelbar nach Durchschneidung des Trigeminus Erweiterung der Irisgefasse beobachtet; Mehrere auch der Conjunctiva. Ohne Racksicht auf die Verminderung der Spannung des Bulbus, *) Untersuchungen zur Physiologie des Nervensystems. 1855. S. 45.
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die den neuropathologischen ¥eranderungen der Cornea folgt, haben Donders und S n e l l e n geglaubt, durch Palpation eine solche zu fahlen, auch wenn Entzandung ausbleibk v. H i p p e l und Grt~nhagen dagegen, welche manometrische Versuche angestellt haben, konnten auch nach 6 Tagen keine Druckverminderung finden, wenn das Auge geschatzt gehalten wurde. R e i z u n g des T r i g e m i n u s in tier Absicht, dessert Einwirkung auf den Augendruck zu untersuchen, ist yon Adamfik vorgenommen worden, der eine Steigerung desselben parallel mit einer Steigerung des Blutdruckes fund. A. giebt jedoch nicht die Methode an, welche el" befotgt, was doch h(ichst wesentlich wfire, daes genugsam bekannt ist, wie iiusserst schwer es ist, den Trigeminus isolirt zu reizen, v. Hippel und Grtlnhagen haben zahlreiehe Versuche gemacht in tier Absieht zu beweisen, dass Reizung des Trigeminus eine starke Steigerung des intraoeularen Druckes veranlass~, und sie hubert die Behauptung aufgestellt, dass vasodilatatorische oder secretorische Fitden im Trigeminus verlaufen und darauf eine Theorie fiber alas Glaueom basirt. Leider ist jedoch die Methode, die sie angewandt, ganz und gar unzuverliissig. Sie habeu n:~mlich die Medulla oblongata eleetrisch gereizt und glauben, die so gewonnenen Resultate auf Reizung des Ursprungs des Trigeminus abertragen zu kSnnen. Es ist jedoeh offenbar, dass gleichzeitig auch die respiratorisehen und vasomotorischeu Centren, der Ursprung tier Vagi, sowie durch Stromschleifen auch der Ursprung mehrerer cerebraler •erven, u. a. der motorischen Nerven des Auges, gereizt werden. Aus einem so complieirten Versuehe kann offenbar kein sicherer Schluss in Bezug auf die Function des Trigeminus gezogen werden. ¥ergebens bemtthen sich auch die genannten ¥erfasser dutch verschiedene Versuche zu beweisen, class nieht eine auf vasomotorischer Reizung beruhende Blutdrucksteigerung,
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sondern eine auf Trigeminusreizung beruhende Gefasserweiterung oder Hypersecretion Ursache fiir die yon ihnen gefundene Drucksteigerung im Auge sei; ihre Anstrengungen hatten um so schlechteren Erfolg, da es sich grade zeigt, dass wenn das Halsmark abgeschnitten und darauf die Medulla oblongata gereizt wird, keine weitere Drucksteigerung erfolgt. Ausserdem sind die yon ihnen gefundenen Drucksteigerungen im Auge bisweilen so hoch (bis 200 Mm. Hg), dass ihre ausschliesstiche Abhangigkeit yon Veranderungen der Circulationsorgane aller Wahrscheinlichkeit entbehrt (da ja auch der Blutdruck in den grossen Ge~assen nur in Ausnahmsfallen diese Hi,he erreicht). Nicht mehr beweisend sind die Versuche derselben Experimentatoren mit Nicotinapplication auf die Cornea, wobei sie auch eine Steigenmg des intraocularen Druckes fanden, die sie reflectorischer Trigeminusreizung zuschrieben. *) Es ist klar, class nur durch directe und mtfglichst isolirte Reizung des Trigeminus die Frage yon dessen Einwirkung auf das Auge auf zufriedenstellende Weise gel0st werden kann. Diese Frage, ob active Erweiterung der Augengefasse und m(Jglicherweise zugleich gesteigerte Secretion yon Augenfliissigkeiten unter gewissen Nerveneinfltlssen startfinder, ist in der That you sehr grossem interesse: yon physiologischem Gesiehtspunkte aus, denn so gewSnnen wit einen Beitrag zur Kenntniss der gef~sserweiternden Nerven; - - yore ophthalmologischeu Gesichtspunkte aus, denn dann gew0nne die Natur des Glaucoms neue Beleuchtung; - - schliesslieh auch far unser vorliegendes Ziel, denn so k0nnten m(iglicherweise gewisse bei Gehirn*) Ich w~rde weiterhin einen Versueh mittheilen, tier beweist~ class Nieotin bisweilen wirklich Gef~sserweiterungim Auge zu bewirken scheint, daraus folgt abet noch nieht, classTrigeminusreizung Ursaehe der Gefi~sserweiterung ist.
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affectionen vorkommende Augenaffectionen erkl~rt werden. Ich babe daher auch dieser Frage eine Reihe Versuche gewidme~; jedoch habe ich sie noch nicht abgeschlossen und ist hier auch nicht der Platz, sie detaiilirt zu beschreiben. Gleichwohl will ich in Karze die yon mir bis jetzt gewonnenen Resultate mittheilen. Anfangs machte ich mehrere Versuche, nach der gew0hnlichen Methode beim Kaninchen durch eine Perforations(~ffnung des Schade]s dicht vor der Oeffnung des Gehtirganges den Trigeminus an der Gehirnbasis zu durehschneiden und dabei die Wirkung auf die Gef~sse und den Druck im Auge zu beobachten. Die Schwiea'igkeit hierbei vollstandig den Trigeminus abzuschneiden, sowie zu controliren, dass dieses geglaekt sei *), schreckte reich jedoch yon der Fortsetzung dieses Weges ab. Ich schlug daher eine andere Methode ein. Ieh entfernte einen Theit des Sch~delgew(flbes~ (~ffnete die Dura uud suchte darauf vorsiehtig die eine Gehirnhemisphare aufzuheben, so dass es m(~glich wurde, mit einem stumpfen Instrumente**), z. B. einer Sonde, den Trigeminus dicht bei dessert Austritt aus dem Pons Varoli in der Fovea cranii media zu zerreissen, worauf die Electroden im Verlauf des Nerven auf der Gehirnbasis placirt werden konnten. Doch auch mit diesen ¥ersuehen waren zahlreiche Schwierigkeiten vereinigt: Bisweilen trat starke Blutung ein, die das huge blutleer machte, wodureb zuverlassige Resultale unmOglieh wurden; vet hllem aber war es so gut wie unmt~glieh, den Trigeminus isolirt zu reizen, da Stromschleifen immer -
-
*) Dass die Cornea an~isthetiseh wird und die Pupille verengt, ist kein Beweis fiir vollst~ndige Durchsehneidung; man findet oft in solchen F~llen den inneren Theil unbesch~digt. **) Professor C. Ludwig, tier sich fiir diese Yersuche interessirte, rieth mir, zu versuchen, die Gehirnhemisph~re mittelst eines concaven Hornl~ffels aufzuheben, der durch ein am Kaninchenhalter festgeschraubtes Stativ fixirt wurde; auf diese Weise erhietten wit ziemlieh guten Raum ohne zu grosse Blutung.
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zugleich auf die zunachst gelegenen .Nervi oculomotorius und abducens tlbergingen, wodurch Contractionen der Augenmuskeln, Bewegungen des Bulbus, Yerengerung der Pupille und oft eine Undeutlichkeit des ophthalmoskopischen Bildes veranlasst wurde, die ich nur als auf Aecommodationsbewegungen beruhend erkliiren kann. Einige Versuche lieferten nichtsdestoweniger ganz bemerkenswerthe Resultate. Was zuerst die D u r c h s c h n e i d u n g des Trigeminus betrifft, die gew0hnlich central vom Ganglion Gasseri bewerkstelligt wird, so konnte ieh nicht mit Sicherheit eine unmittelbare Einwirkung davon auf die Gefiisse des Augenhintergrundes constatiren, obgleich ich vor der Abschneidung genaue Zeichnungen der Papille und tier nfichstgelegenen Theile tier Chorioidea machte und damit das ophthalmoscopische Bild nach der Durchsehneidung verglich. Mit diesem Befunde stimmte auch tlberein, dass die Wirkung der Durehschneidung auf den intraocularen Druck recht gering war: in einem Falle war der Druek vor der Durchschneidung (die dieses Mal peril)her vom Ganglion Gasseri geschah) 19 Mm., gleich nach derselben 21 Mm., 5 Min. sparer 25 Mm. und 15 Min. spiiter 28 Mm. (spi~ter keine Steigerung mehr) - - also kaum gr(~ssere Va~iationen als oft auch in normalen Fallen vorkommen. Was wieder die Wirl~ung der T r i g e m i n u s r e i z u n g anbetrifft, so schien in einigen Fallen die Gefassftillung im Auge nach derselben zuzunehmen und, was sehr bemerkenswerth ist, erlitt der intraoculare Druck in zwei Fallen folgende Veranderungen: t. 1 Uhr 15'.
IO 27 Mm. Reizung des Trigeminus. I 0 - - 40 ]lim. (Druckwirkung der contrahirten Muskeln.) 1 ,, 16'. Reizung beendet. IO ---~ 30 Mm., steigt aber gleich wieder. 1 ,, 17'. IO 48~Im.
v. Graefe'~ Archly fiir Ophthalmo]ogie, XXX. 3.
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I 0 22Mm. W i e d e r R e i z u n g . IO ~---40 Mm. Als die Reizung aufgehoben wird, fallt er um einig~ Mm., steigt aber gleich wieder. 1 ,, 27'. IO 48Mm. 1 ,, 28'. :, 42 ,, 1 ,, 29'. ,~ 30 , , 1 ,, 33'. ,, 20 ,, Bei einigen erneuerten Reizungen steigt IO ebenso gradweise bis 55 and 60 Mm. und f~llt spater sehr langsam; gleichzeitig mit der Drucksteigerung wird eine immer st~rkere Pulsation beobachtet. Controllversuehe mit Reizung yon naheliegenden Theilen der Sch~delbasis, der Dura mater ergaben keinerlei Wirkung auf den IO. Um 2 Uhr wurde das Kaninohen durch einen Stich in die Medulla oblongata get~dtet. I 0 f~tllt sehnell his auf 8 Mm. 2. Reizung des Trigeminus ergiebt erst keine besondere Wirkung, als aber dis Electroden in Beriihrung mit den im Innern des Nerven gelegenen Fadea gesetzt werden~ wird folgendes Resultat erzielt: 4 Uhr 40'. I 0 15 Mm. : R e i z u n g - - hieraufSteigerung des I 0 . 4 ,, 45'. ,, 45 ,, Starker Puls. 5 2, 5 ' . ,, 20 ,, R e i z u n g . 5 ,, 10'. ,, 45 ,, 5 ,, 12'. ,, 40 , 5 ,, 15'. , 30 ,, 5 ,, 17 '. , , 2 2 ,~ Der Versuch wird mehrere Male mit ahnlieher W i r kung erneuert. Das Kaninchen wurde durch einen Stich in die Medulla oblongata getSdtet. IO sinkt auf 15Mm. A u s diesen ¥ersuchen geht also m i t grosser W a h r seheinlichkeit hervor, class in tier T r i g e m i n u s b a h a (oder in dessen unmittelbarer Nfihe) b ~ e r v e n f ~ d e n v e r l a u f e n , deren Reizung eine active GefSsserweiterung im A u g e m i t s i c h f a h r t ; dass diese Gefasserweiterung e r s t kurz nach Schluss der Reizung nut, rift kann vielleicht d a r a u f beruhen, dass in derselben B a h a auch gefass-
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verengernde bIerven ffir das Auge ihren Verlauf haben, die erst ihre Wirkung geltend mach3n, w~thrend die W i r ~ m g der gef~sserweiternden schw~cher ist, abet langere Zeit w~hrt. *) (Die augenblicklieh eintreffende prim~re Druckerh~hung ist deutlich eine Folge yon Contraction der Augenmusket). Dass nicht vermehrte Secretion allein Ursache dieser Druckerh~hung ist, scheint daraus hervorzugehen, dass der intraoculare Druck beim plUtzliehen Tode des Thieres auf die gew0hnliche HOhe sinkt oder nur wenig dartiber. Eine andere Methode, die Anwesenheit yon gef~sserweiternden F~den zu erforschen, w'~re die Anwendung yon gewissen Giften, yon welchen man annimmt, class sie eine vasodilatatorisehe Wirkung haben, solche sind u. a. Amylnitrit und Nicotin. Die Methode konnte jedoeh nicht direct zur Kenntniss des Verlaufes dieser Nervenf~den fiihren. Ich babe keine Gelegenheit gehabt, diesen Weg welter zu verfolgen, will aber doch das Resultat eines mit Nicotin angestellten Versuches hier anfahren: Chloralisirtes Kaninchen. IO 15 ~Im. 2 Uhr 45 ' ein kleiner Tropfen I~icotin in den linken Conjunctivalsack. Gleieh bei der Application steigt I O auf 30 Mm., f~llt aber ebenso sehnell auf 20 Mm. (sensible Reizung). 2 Uhr 52 '. Steigerung yon IO beginnt. 2 ,, 54'. I O 23Mm. 2 ,, 5 6 ' . ,, 30 ,, 2 ,, 58'. ,, 43 ,, 'o 47 ~ 3 ~ ~ ~ 3 ,, 5'. ,, 43 ,, *) ~I. v. F r e y : Ueber die Wirkungsweise der erschlaffenden Gef'~ssnerven (Arbeiten aus d. physiolog. Anstalt in Leipzig. 1876. S. 89), fand, class gleichzeitige und gleich starke Reizung des Sympathieus und der Chorda tympani mit Hinsicht auf den Blutstrom aus einer submaxillaren Driisenvene erst nur Sympathicuswirkung bedingt, worauf nach abgeschlossener Reizung die Wirkung tier Chorda sich gelten~[ macht~ erst nach ein Paar ~linuten tritt die Rfickkehr zum normalen Verhalten ein. 5*
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3 Uhr 10 '. I 0 38 Mm. I Compressio carot, sin.; der Druck 3 ,, 15'. , 33 " i f~llt auf 18, steigt darauf abet 3 ,, 30'. ,, 2 2 ,, wieder auf 37. Nach Yerlauf einiger Minuten nach tier Nieotinapplication, so dass Resorption eintreten konnte, steigt also der IO stufenweise, um ebenso stufenweise wieder zu fallen (ganz analog der Wirkung einer Trigeminusrcizung). *) 3. V e r ~ n d e r u n g der Menge der A u g e n f l ~ i s s i g k e i t e n . Wir wissen, dass die Menge tier Augenflassigkeiten normal eine derartige ist, dass sie im Auge eine Spannung entsprechend ungef~hr 10 Mm. ttg unterh~lt. Eine Ver~nderung dieser normalen Menge kann keineswegs bedeutungslos sein ftir die Circulation des Auges. a) V e r m e h r t e M e n g e y o n A u g e n f l ~ i s s i g k e i t . Wenn man sich vorstellt, dass dureh vermchrte Secretion oder verminderte Filtration die Menge der Augenfl~issigkeit zunimmt, so ist natfirlich die Folge hiervon erhUhter intraocularer Druck und Ersehwerung des Blutzuflusses. Bis jetzt weiss man jedoch wenig aber die Bedingungen fill" erh~hte Secretion oder erschwerte Filtration. A priori kann man annehmen, dass je gr~sser die Differenz zwischen dem Blutdruck in den Gef~ssen des Auges und dem intraocularen Drucke, desto mehr Fl~issigkeit aus denselben secernirt wird, his das normale *) Rieger u. v. FSrster (1. c. S. 189), welehe mit Amylnitritinhalation an Thieren wie auch ]~Iensehen experimentirt haben, versichern, class darauf constant Hyper~mie des Augenhintergrundes folgt. Deutsehmann (Arch. fiir Ophthalmol. Bd. XXVII~ S. 311) hat dasselbe gesehen an Mensehen und Kaninchen. Pick (Ueber das Amylnitrit. Berlin 1877. S. 34) und Samelsohn (Centrbl. f. Augenheilk. 1881. S. 200) haben dagegen keine Wirkung auf die Retinagef~sse gesehen.
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Gleichgewicht zwischen beiden wiederhergestellt ist.*) Ebenso muss die Filtration aus dem Auge desto leichter vor sich gehen, je gr0sser die Differenz zwischen dem Drucke im Auge und ausserhalb desselben ist, wie sowohl L e b e r ' s oben citirte wie meine (pug. 56) angefiihrten Versuche zeigen; dass hierbei eine Mitwirkung der abft~hrenden Blutgefiisse gar nicht n0thig ist, geht aus meinem Versuche hervor, wo der intraoculare Druck welt fiber den Blutdruck erh(iht war und gleichwohl die Filtration sehnell vor sich ging. - - Dass sich specielle secretorische Nerveneinfltlsse finden sollten, ist nicht bewiesen, v. H i p p e l und G r t ~ n h a g e n geben wohl an, dass die bei Reizung der Medulla oblongata erhaltene DruekerhOhung auch nach dem Tode nicht so vollstandig wie gew(~hnlich zurilckgeht; abet ihre Versuche und Beobachtungsmethoden sind doch zu mangelhaft, um sichere Schliisse zuzulassen. Adamilk, tier besondere Versuche abet die Absonderung yon Humor aqueus angestellt hat, sagt auch, dass bei Trigeminusreizung eine kleine Menge Fltissigkeit abgesondert wird; da er aber nicht seine Methode tier Trigeminusreizung angiebt, so kann nicht entschieden werden, ob die Versuche rein sind. C h a b b a s * * ) suchte dutch Veranderungen des Blutdruckes nachzuweisen, class die Secretion des Humor aqueus damit *) Dass die sehnellen Variationen des intraoeularen Druckes, welehe bei Blutdrneksehwankungen beobachtet we~den, nicht, oder jedenfalls nut theilweise, yon vermehrter oder verminderter Secretion yon Augenflfissigkeiten abh~ngen, scheint mir aus folgenclen @riinden hervorzugehen: I. Die Schwankungen des intraocularen Druekes und des Blutdruckes gehen seitlich ganz parallel. 2. Eine grSssere oder ~eringere Blutffillung der Gef~sse der Retina und Chorioidea wird immer zngleieh mit dem vermehrten oder verminderten intraoeularen und Blutdruek beobachtet. **) Ueber die Secretion des Humor aqueus in Bezug auf die Frage naeh den Ursachen der Lymphbildung. Pflfigers Arch. XVI~ p. 143.
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t)rof, ~. W. v. Schult@n.
parallel geht; seine Methode ist jedoch nicht vorwurfsfrei. Dasselbe gilt in noch h(iherem Grade in Bezug auf Jesner's*) yon Dogiel **) bestrittenen Versuchen. Diese beziehen sich hauptsi~chlich auf die Abhangigkeit des Fibringehalts im Humor aqueus yon Btutdrucksvariationen. Kfinstlich kann die Wirkung einer vermehrten ~enge yon Augenfitissigkeiten dutch die von mir oben besehriebenen Injeetionsversuehe studirt werden. Man erhi~lt ein dem Glaucom ahnliches Bild, sowohl Arterienpuls wie Papillenexcavation treten in Erscheinung, und bisweilen sieht man auch eine rauchige Trfibung der Cornea, welehe verschwindet, wenn der Drack wieder geringer wird. Was die ttindernisse far die Filtration anbetrifft, so hat man, in Uebereinstimmung mit den in der Frage aber die physiologische Ftfissigkeitsabsorption aus dem Auge aufgeworfenen Theorien, dieselben in den Verlinderungen des Limbus corneae und Canalis Schlemmii zu finden gesucht. Besonders mit Hinsicht auf die Lehre yore Glaucorn sind hieraber mehrere Untersuchungen ver0ffentticht worden. Ich brauche hier nur Schoeler's***) Versuch zu berahren, dutch Anbrennung der eben erwlihnten Theile des Bulbus die Filtration aus demselben zu vermindern; in der That sollte die Filtration ungef~hr im Verhi~ltniss yon 1:1,6 abnehmen (Anbrennung yon anderen Theilen des huges sollte keine bedeutend verminderte Filtration bewirken). Inzwisehen ist Anbrennung des Auges ein sehr gewaltsamer Eingriff; die n~tchste Folge ist~ dass tier Druek im Bulbus dutch Schrumpfung dahin erhUht wird, dass oft tier Blutstrom ganz abgebrochen wird, wovon ich reich durch mehrere Versuche fiberzeugt babe. Es sind feinere Versuche n(~thig, um aherzeugend zu sein. *) Der Humor aqueus des Auges in seiner Beziehung zu Blutdruck an4 Nervenreizung. Pfliigers Arch. XXXIII, p. 14. **) Pfliigers Arch. XIX, p. 335 und XXIII, p. 536. ***) 1. c. im Arch. f. Opth. XXV. 4, S. 63.
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b) V e r m i n d e r t e Menge yon A u g e n f l a s s i g k e i t . Verminderte Secretion yon Augenfltlssigkeiten oder erleichterte Filtration muss wieder ein Sinken des intraocularen Druckes zur Folge haben. Auch die Bedingungen f~r diese Ver~nderungen sind wenig bekannt. Pathologisch sind mehrere FMle yon Hypotonie des Bulbus nach leiehten Contusionen desselben vorgekommen. Dass bei Ver~nderungen der Cornea tier Bulbus oft weich wird, ist auch bekannt (z. B. bei der neuroparalytischen Keratitis). Auf kfinst]iche Weise kann die Wirknng einer ¥erminderung der Augenfiassigkeiten studirt werden, z.B. dureh Paracentense der Cornea oder Aussaugung einer gr~sseren oder geringeren Quantit~t Glask~rper- oder Kammerflassigkeit. Nach Paracentese der Cornea sinkt der Druck gleich auf 0, und es tritt in Folge der sich einsteltenden Gef~ssparalyse eine hochgradige tIyper~mie des Augenhintergrundes in Beobachtung; nur allmfilig steigt der intraoculare Druck wider, wenn kein weiterer Abgang yon Fl~lssigkeiten dureh die Paracentese~ffnung stattfindet. Bei einem Versuche war IO vor der Paracentesis corneae 17 Mm., 5 Minuten nach dem Eingriff betrug er 6 Mm., 15 Minuten sparer 10 Mm. und eine Stunde nach demselben 15 Mm. Zugleich ist das neugebildete Kammerwasser stark fibrinhaltig. Auch wenn der intraoculare Druck im Auge durch Injection yon 1/2 procentiger Kochsalzl~sung unmittelbar wiederhergestellt wird, bleiben die einmal erweiterten Gef~sse paralytisch. Das Verhalten ist analog, wenn dutch Flfissigkeitsaussaugung aus dem Glaskorper die Spannung im A.uge auf einige Mm. Hg herabgesetzt wird; hierbei dauert es noch langere Zeit, bevor tier normale Druck wiederhergestellt ist - - in einem oben pag. 59 angefahrten Versuche war derselbe nach 2 Stnnden noeh nicht erreicht; als alas Kaninchen dutch einen Stich ins Herz getOdtet wurde, blieb im Auge noch eine Spannung
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yon 6 Mm. Diese Versuche dfirften, wie schon fdiher angedeutet, zeigen, wie dutch pl(~tzliches Aufheben der Augenspannung tier Secretions- and Filtrationsmeehanismus fief gestiirt wird. 4. V e r a n d e r t e r a u s s e r e r Druck. Contraction tier hugenmuskel und Schtiessung tier Augenlider iiben ohne Zweifel einen Einfluss auf die Spannung im Auge. Wir haben gesehen, dass Reizung des 0culomotorius in der Schadelh(ihle den Druck im Auge momentan um 10--20 Mm. Hg erh0ht, v. Hippel und Griinhagen fanden, dass locale Reizung der Augenmuskel in der Orbita mit dem Inductionsstrom eine fihnliche Wirkung hat, and dass bet jeder Sehliessung der iugenlider der Druck im Auge bet der Katze yon 22 bis 27 Mm. auf 60--90 Mm. steige. Wieweit schon die tonische Spannung der iugenmuskeln in wachem Zustande genilgend ist, den intraocularen Druck zu erhOhen, kann ich nicht entscheiden, da ieh mir zur RegeI gemacht habe, nur mit fief narcotisirten oder curarisirten Thieren zu experimentiren. Man hat auch dem ~'om Sympathicus innervirten Orbitalmuskel einen Einfiuss auf den Druck im i u g e vindiciren wollen - - jedoch, wie wir oben gesehen, kaum mit genfigendem Grunde. - - Die Wirkung der Contraction des Ciliarmuskels muss noch durch feinere Beobachtungen niiher untersucht werden; die Kenntniss davon ware yon Bedeutung far die Accommodationstheorien. Ich komme an dieser Stelle nicht welter auf die oben erwahnten Versuche zudlck, kiinstlichen iiusseren Druck auf den Bulbus einwirken zu lassen; wit kennen schon die Resultate dersetben.
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Z u s a m m e n f a s s u n g der g e w o n n e n e n Resultate. 1. Die Blutftlllung des Auges steht in directer Abhitngigkeit yore Blutdrucke in dessert Gefltssen. 2. Jede Erhtihung des Blutdruckes, sei sie dutch vermehrtea Blutzufluss veranlasst oder dutch erschwerten ven~sen Abfluss, bewirkt unmittelbar eine Vermehrung tier Blutmenge des Auges. 3. Jede Verminderung des Blutdruckes, beruhend auf erschwertem Zufluss (Carotisligatur), verringerter Blutmenge oder geschwitchter Herzthatigkei~, bewirkt unmittelbar Verminderung der Blutitlllung des Auges. 4. Die Augengefltsse stehen in directer Abhangigkei~ yon vasomotorischen Iqerven, die theilweise in tier Bahn des Halssympathicus verlaufen, theilweise wahrscheinlich mit dem Trigeminus. Sie abeu einen wirksamen Einfluss auf den Blutgehalt des Auges. 5. Durch Gefassverengerung wird der Blutgehalt des Auges vermindert; bei der Steigerung des Blutdruckes, die auf ausgebreiteten Gefitsskrampf beruht, sei es dutch directe oder reflectorische Reizung des vasomotorischen Centrums, macht sich zuerst die Wirkung des erh(thten Blutdruckes geltend, wird abet gleich aufgehoben dutch die Ausdehnung des Geffisskrampfes auch auf's Auge. 6. Der Tonus in den Augengeffassen wird vermindert oder aufgehoben dutch alle localen Ursachen, die diese Wirkung auch in anderen Theilen des Organismus austlben, niimlich temporltre Aniimie und Entfernung der iiusseren Stfitze, welche die Gef~&sse im normalen Zustande besitzen. Folge hiervoa ist eine erhOhte Blutmenge im Auge.
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7. Dutch Aufhebung oder EinschrAnkung der vasomotorischen Impulse, die yon dem vasomotorisehen Centrum ausgehen, wird freilich der Gef~sstonus im Auge vermindert, aber die Wirkung davon wird aufgehoben dutch die allgemeine Herabsetzung des Btutdruckes. Das Abbrechen der dutch den Halssympathicus fortgepflanzten vasomotorischen Impulse ist jedoch nich~ hinreichend, um den Gefasstonus des Auges zu vermindern. 8. Das Vorhandensein yon activ gef~sserweiternden Nervenf~den fiirs Auge ist wahrscheinlich. 9. Die Augenfltlssigkeiten (Humor aqueus und Gtas= kt~rper) unterhalten im Bulbus eine Spannung, welche in normalem Zustande ungefahr 8--12 Mm. Hg betr~gt. Der Einfluss, den eine Vera.llderung der Secretions- und FiltrationsverhAltnisse dieser Flt~ssigkeiten auf's Auge ausabt, ist noeh wenig bekannt. 10. Aeusserer Druek flbt einen Einfluss auf den Blutgehalt des Auges; der normal vorkommende yon Muskelwirkung abhlingige Druek ist wahrseheinlich yon nur vort~bergehender Wirkuug. 11. Ungeaehtet der ziemlich bedeutenden Ver~nderungen im Blutgehalt der Augengef~sse unterliegt das Ka= liber derselben und besonders der Arterien, soweit sie in tier Retina und Chorioidea beobachtet werden k~nnen, wenig ausgepr~gte Ver~nderungen. Der ver~nderte Tonus dagegen giebt sieh auf auffallende Weise dutch die Ver'~nderung der WeRe der Arterien und im geringeren Grade der Venen zu erkennen. 12. Nach dem Tode verbleibt in den Gef~sseu des Auges eine gewisse Blutmeuge. Es scheint mir, als k~nnte man aus den oben zusammengefassten Resultaten meiner Versuche einen grossea
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~md principiellen Schlusssatz ziehen, nlimlich den, dass di~ Blutcirculation im Auge denselben Wechseln und Einflassen unterworfen ist, wie tier Blutumlauf in den fibrigen Theilen des KSrpers, und dass ihnen derselbe regulirende Meehanismus, dessen vornehmster Theil das vasomotorische Nervensystem ist, zu Gute kommt, wie den abrigen Gef~ssgebieten des K(frpers. Hierzu kommt aber noah ein wichtiges, regulirendes, auf dem anatomischen Bau des Auges beruhendes Moment: die mit steigendem Druck schnell abnehmende elastische Dehabarkeit tier Scler~ ~vidersetzt sieh jeder pl(itzliehen und bedeutenden Vermehrung des Blutgehaltes des Auges und moderirt gleichsam die sch~dliche Rtickwirkung, welche dieses zart gebitdete Organ dureh die heftige BlutstrSmung haben k(~nnte. Ob auch der Verlauf der Retinagefasse durch den Sehnerven, sowie der schrage Verlauf der Chorioideavenen durch die Sclera eine regulirende Bedeutung haben, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, obgleich es wahrscheinlich ist; vielleieht kSnnte darin ein Hinderniss far dell pl(itzlichen Abfluss des Blutes aus dem Auge gesucht werden, welches fibrigens weniger gegen plUtzliche Ani~mie gesehatzt scheint als gegen plUtzliche Hyperamie. Ich glaubte diese Umstiinde hervorheben zu milssen gegent~ber de~" yon Manehen*) gehegten Ansehauung, als ob tier Bulbus in Folge irgend welchen mystischeu Einflusses immer dieselbe Blutfatlung wie Spannung beibehatte, unabh~ngig vom Wechsel ausserhalb desselben - - eine Anschauung, die nur auf mangelhafte Beobaehtung gegrandet ist. Der Leser sieht genugsam ein, in wie zahlreichen Richtungen die Circulationsverhfiltnisse des Auges welter *) Memorsky in seiner oft citirten Abhandlung im Arch. f. Ophthalm. betont sehr stark diese stabile Blutfiillung des Bulbus and Steliwag v, Cation in seiner gleichfalls oft citirten Arbeit schliesst sich dieser An~ieht an.
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er(~rtert werden k(lnnen, damit dessen merkwilrdige Organisation vollkommen klar wird. Unter anderem muss das Verhalten des Auges bei Cireulationsst(irungen langwierigerer Art studirt werden; in welehem Grade sieh aueh da die regulirenden Einfltisse geltend machen, ist eine Frage yon grosser Wiehtigkeit. Solche Untersuchungen sind nicht schwer zu bewerkstelligen, wenn es einmal genaue Methoden giebt, die weRer ausgebilde~ werden kOnnen. Die in dieser Abhandlung besehriebenen experimentellen Untersuchungen sind grt~sstentheils ausgeftlhrt in der physiologisehen Anstalt in Leipzig; einen kleineu Theil der Versuehe babe ieh im physiologischen Laboratorium in Helsingfors ausgeft~hrt. Ieh spreehe den Herren Vorstehern der beiden Anstalten, Prof. C. L u d w i g und C. H g l l s t 6 n meinen besten Dank aus. (Fortsetzung folgt.)
Erklarung
der A b b i l d u n g e n .
Fig. 1. )ianometer fiir die ~[essung des intraocularen Druckes (~ der natiirhchen GrSsse, doch ist die Weite tier GtasrShren tier DeutIichkeit wegen zu gross gezeichnet~. a Glaskiirpercaniile, ein Bild in natiirlicher @rSsse ist beigefiigt, b Die ManometerrShre, an der der Zweig e angel(ithet ist. d Sehraubencompressorium. e Capillarrtthre, f Kurzes @lasr(ihrchen. g Stiick einer KautsehukrShre mit Klemmpineette. Fig. 2. Pild yon zwei Retinalgefitssen beim Kaninchen, wenn der intraocuIare Druck fiber den Blutdruck gesteigert wird. a Normale Retinalgefiisse. b Dieselben, wenn der Blutstrom durch den gesteigerten intraocularen Druek aufgehoben ist. c Eine Vena vorticosa unter deaselben Verhgltnissen. (Spiegel yon 25 Cm. Brennweite.)
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