Albert Lenz
Förderung sozialer Ressourcen – eine gemeindepsychologische Perspektive Ressourcen sind in der Beratung und in der Psychotherapie in den letzten Jahren zu einem vielfach diskutierten, geradezu einem Zauberwort geworden. Gefordert wird eine der Problemorientierung ebenbürtige Perspektive, die die positiven Seiten der Person, ihre Stärken und Kräfte betont. Die Gemeindepsychologie erweitert diese Sicht beraterischer und therapeutischer Arbeit durch ihren Fokus auf kontextbezogene Ressourcen und deren Balance mit dem individuellen Potential der Person. Eine besondere Bedeutung wird dabei den sozialen Ressourcen zugemessen, die durch das soziale Netzwerk gebildet werden. Es stehen in der Zwischenzeit eine Reihe von erprobten Methoden zur Netzwerkförderung zur Verfügung, die eine sinnvolle Ergänzung klinisch-psychologisch bzw. psychologisch-beraterisch ausgerichteter ressourcenorientierter Ansätze darstellen. The subject of ,resources‘ has become a much discussed topic, even a buzzword, in the fields of counselling and psychotherapy in recent years. A problem-oriented approach is called for with equal perspectives which emphasize the positive sides of a person in terms of strengths and empowerment. Community psychology expands on this view of counselling and therapeutic work by focussing on context-related resources and how they balance with the individual potential of a person. Special attention has been placed on social resources which have been formed through the social network. In recent years, there have been a number of tested methods supporting networking. They indicate a suitable, resource-oriented approach complementing clinical psychological counselling.
Vorbemerkung Das Thema Ressourcen und Ressourcenorientierung hat in den letzten Jahren in der klinisch-psychologischen und in der psychosozialen Praxis zunehmende Verbreitung gefunden. Gefordert wird ein psychotherapeutisches und psychologisch-beraterisches Handeln, das an sich mehr an den Stärken, Kräften und Selbstgestaltungspotentialen als an den Problemen, Störungen, Defiziten und pathologischen Beziehungsmustern der Klientinnen und Klienten ausrichtet. Klaus Grawe (1995) interpretiert Ressourcenaktivierung neben Problemaktualisierung, Problembewältigung und motivationaler Klärung als ein zentrales Wirkprinzip der Psychotherapie. Er kommt in Untersuchungen verschiedenster Therapieformen und -settings zu dem Ergebnis, dass man Klientinnen und Klienten besonders gut und wirksam helfen kann, wenn im therapeutischen Prozess an ihre positiven Möglichkeiten, Eigenarten, Fähigkeiten und Motivationen angeknüpft wird, wenn also die Form der Hilfe so gestaltet wird, dass sie sich auch in ihren Stärken und positiven Seiten erfahren können. Unter Ressourcenaktivierung fällt für Klaus Grawe vieles von dem, was bis vor kurzem in der Psychotherapieforschung mit dem Begriff „unspezifische Wirkfaktoren“ bezeichnet wurde, wie die Herstellung eines plausiblen Erklärungsmodells für die Probleme der Klientin/des Klienten, ihre/seine Motivation und die „gute“ Therapiebeziehung. Es gibt eine große Anzahl an empirischen Befunden, die belegen, dass solche Aspekte als potentielle Ressourcen einen bedeutsamen Einfluss auf das Therapieergebnis haben können, wenn sie durch ein Gruppendynamik, 31 Jahrg., Heft 3, 2000, S. 277-302
278 Albert Lenz spezifisch auf die individuellen Möglichkeiten und Voraussetzungen der Klientinnen und Klienten zugeschnittenes therapeutisches Angebot aktiviert werden (vgl. auch Grawe et al., 1994). Die Klientin/der Klient ist aus dieser Sicht nicht gut oder schlecht motiviert, sie/er lässt sich vielmehr auf Vorgehensweisen, die gut mit ihren/seinen mitgebrachten Zielen, Eigenarten und Gewohnheiten übereinstimmen, bereitwilliger ein als auf solche, die sie/ihn verunsichern oder auf etwas abzielen, was sie/er nicht will. Ressourcenaktivierung setzt allerdings eine Diagnostik voraus, die darauf ausgerichtet ist, die mitgebrachten Stärken, Eigenarten, Gewohnheiten, Fähigkeiten, Einstellungen und Ziele auszumachen, die für den Veränderungsprozess gezielt genutzt werden können. In der Diagnostik sind aber traditionellerweise Probleme der natürliche Bezugspunkt, es wird versucht Defizite und Fehlfunktionen ausfindig zu machen. Ein an den Ressourcen orientiertes diagnostisches Vorgehen ist nicht einseitig auf die Probleme ausgerichtet, sondern zielt auf eine Ressourcenanalyse ab, durch die das „Ressourcenselbst“ (Stierlin, 1994) der Klientin/des Klienten aktiviert wird. In meinem Beitrag gehe ich zunächst auf das Ressourcenkonzept und seinen theoretischen Rahmen ein. In einem zweiten Schritt versuche ich, die wichtigsten Ansätze zur gezielten Ressourcenaktivierung und -förderung in der Klinischen Psychologie und psychologischen Beratung aufzuzeigen. Daraus leite ich schließlich Möglichkeiten der gemeindepsychologischen Perspektive zur Entwicklung der Ressourcenaktivierung als differenziertes, umfassendes Handlungsprinzip in der psychosozialen und psychotherapeutischen Praxis ab. Ressourcen und Bewältigung Als Ressource wird jeder Aspekt des seelischen Geschehens und der sozialen Lebenssituation eines Menschen aufgefasst, also z.b. motivationale Bereitschaften, Ziele, Wünsche, Interessen, Überzeugungen, Werthaltungen, Geschmack, Einstellungen, Wissen, Bildung, Fähigkeiten, Gewohnheiten, Interaktionsstile, physische Merkmale wie Aussehen, Kraft, Ausdauer, finanzielle Möglichkeiten sowie zwischenmenschliche Beziehungen. „Die Gesamtheit all dessen stellt, aus der Ressourcenperspektive betrachtet, den Möglichkeitsspielraum des Patienten dar, in dem er sich gegenwärtig bewegen kann oder, anders ausgedrückt, sein positives Potential, das ihm zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse zur Verfügung steht“ (Grawe & Grawe-Gerber, 1999, S. 67). Das Ressourcenmodell zeichnet also ein Bild vom Individuum als handelndes Subjekt, das die Widersprüche und Belastungen in seiner Alltagswelt deutet, sich aktiv mit den Lebensbedingungen auseinandersetzt, sie bearbeitet und so weit wie möglich verändert. Psychische Störungen können daher nicht als ein Bündel von Reaktionen begriffen werden, das auf bestimmte belastende Reizkonstellationen folgt. In welcher Weise belastende Lebensumstände zu psychischen Auffälligkeiten führen, hängt vielmehr vom Umfang und der Qualität der Ressourcen ab, die eine Person in einer spezifischen Belastungssituation mobilisieren kann. Sie formen die Bewältigungsmuster, die zur Bearbeitung der Belastungen eingesetzt werden und beeinflussen in entscheidender Weise auch den Erfolg oder Misserfolg der Bewältigungsversuche.
Förderung sozialer Ressourcen 279 Eine zentrale Bedeutung besitzt das Ressourcenkonzept in dem BelastungsBewältigungsparadigma, das ursprünglich aus dem Stressmodell stammt wie es von Lazarus und Folkman (1984) entwickelt und empirisch fundiert wurde. Unter Ressourcen werden in den Stressmodellen all diejenigen Faktoren verstanden, deren Verfügbarkeit die Bewältigung von Stress erleichtert. Damit ist zunächst die „objektive“ persönliche, soziale und materielle Ausstattung eines Individuums gemeint. Dies umfasst beispielsweise seine Fähigkeiten und Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmale, Familie und Freunde sowie materielle Güter. Schwache Ressourcen oder ein Ressourcendefizit machen umgekehrt das Individuum vulnerabel für die Auseinandersetzung in einer Stresssituation. Ob und inwieweit Ressourcen in einer Stresssituation tatsächlich Einfluss nehmen, hängt entscheidend davon ab, wie sie subjektiv identifiziert und eingeschätzt werden. Nach Lazarus (1993) spielen hier die kognitiven Bewertungsvorgänge („cognitive appraisals“) eine entscheidende Rolle. Er unterscheidet in seinem kognitiv-transaktionalen Stressmodell zwischen der primären, der sogenannten Ereignis-Einschätzung („primary appraisal“), die auf die Merkmale des Stressors abzielt und der sekundären, der Ressourcen-Einschätzung („secondary appraisal“), in der geprüft wird, welche Handlungsoptionen zur Bewältigung des Ereignisses zur Verfügung stehen. Das Bewältigungsverhalten beruht in erster Linie auf der subjektiven Einschätzung der Ressourcen, also der persönlichen Wahrnehmung von Kompetenzen, Widerstandskräften, Gütern und Zeit, die zur Verfügung stehen und von denen die Person glaubt, sie in der konkreten Situation sinnvoll und wirkungsvoll einsetzen zu können und hängt weniger von objektiven Voraussetzungen, das heißt dem tatsächlichen Vorhandensein von Ressourcen ab. Der Blick konzentriert sich in dem Belastungs-Bewältigungsparadigma auf die personalen und sozialen Ressourcen und deren Einfluss auf das Bewältigungsverhalten. Personale Ressourcen beinhalten die Fertigkeiten und Fähigkeiten, die sich im Verlaufe der Lebensgeschichte zu den persönlichen Handlungskompetenzen und Verarbeitungsstilen eines Menschen zusammenfügen. Als personale Ressourcen werden am häufigsten positive Kontrollhaltungen als Prädiktoren des Bewältigungsverhaltens genannt. Hierzu zählen insbesondere dispositioneller Optimismus (Scheier & Carver, 1992), internale Kontrollüberzeugung (Rotter 1966) und Selbstwirksamkeitserwartungen (Schwarzer, 1996). Während die Befunde über die positiven Effekte von dispositionalem Optimismus nicht unumstritten sind – so wird von verschiedenen Autoren auf die möglichen Kosten überhöhter internaler Kontrollüberzeugungen oder eines überhöhten, unrealistischen Optimismus hingewiesen – belegen eine große Anzahl von Studien die Bedeutung von internalen Kontrollüberzeugungen und Selbstwirksamkeitserwartungen, die auch als optimistische Kompetenzerwartungen oder optimistische Selbstüberzeugungen bezeichnet werden (vgl. Schwarzer, 1996). Sie beinhalten ein grundlegendes Vertrauen in die eigene Kompetenz, Probleme zu lösen und Schwierigkeiten überwinden zu können. Selbstwirksamkeitserwartungen fördern offenbar ein aktives Bewältigungsverhalten und eine aktive Auseinandersetzung mit Stressoren. Soziale Ressourcen sind durch das Vorhandensein eines hilfreichen sozialen Netzwerkes gegeben. Unter einem sozialen Netzwerk versteht man das Geflecht sozialer Beziehungen einer Person zu ihren Familienmitgliedern, Verwandten,
280 Albert Lenz Freundinnen und Freunden, Bekannten, Nachbarn, Arbeitskollegen und anderen Personen. Heiner Keupp (1987) spricht von den spezifischen Webmustern unserer alltäglichen Beziehungen. Soziale Integration und vor allem die verschiedenen Formen von sozialer Unterstützung gelten als die wichtigsten gesundheitsfördernden Potentiale sozialer Netzwerke. Soziale Integration bezieht sich auf das Vorhandensein und das Ausmaß von Sozialkontakten und umfasst Merkmale wie die Struktur, Größe, Dichte und Homogenität des sozialen Netzwerkes (Schwarzer & Leppin 1989). Soziale Unterstützung wird dagegen als sozialer Austauschprozess verstanden, in dem die hilfesuchende und die hilfebereitstellende Person mit dem Ziel zusammenwirken, stresserzeugende Anforderungen und deren emotionale Folgen zu reduzieren und eine aktive, effiziente Bewältigung der erfahrenen Belastungen zu fördern (Diewald, 1991). Es liegt inzwischen eine beträchtliche Anzahl von Studien vor, die für eine zentrale Bedeutung der sozialen Unterstützung im Prozess des Bewältigungshandelns sprechen. So werden chronische Erkrankungen besser ertragen, wenn soziale Unterstützung vorhanden ist, Depressionen treten seltener auf oder werden schneller überwunden, wenn sich die betroffene Person auf ein ressourcenreiches Netzwerk stützen kann. Das gleiche gilt für eine Reihe von Belastungs- und Krisensituationen, wie der Tod einer wichtigen Bezugsperson, Trennung und Scheidung, Übergangssituationen im Lebenslauf. Insgesamt sprechen die Befunde aus der Gesundheitspsychologie, der Präventions- und Lebensqualitätsforschung (vgl. Weber, 1992; Weber & Laux, 1993) für komplexe Beeinflussungsprozesse zwischen personalen und sozialen Ressourcen. Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Ressourcenformen simultan bei der Bewältigung von Krankheit, Belastungen und Krisen eingesetzt werden. Sie bilden gemeinsam das Potential der Lebensbewältigung, über das eine Person verfügt. Erst in ihrer Wechselwirkung erleichtern sie die Adaptation an die chronische Krankheit, verändern den Problemstatus, regulieren Emotionen und den Selbstwert, fördern die Funktionsfähigkeit im Alltag und erhöhen die Bereitschaft zu gesundheitsförderlichem und präventivem Verhalten. Wie, wann und wo die personalen und sozialen Ressourcen im Bewältigungsprozess wirksam werden, darüber bestehen unterschiedliche Annahmen. Hobfoll et al. (1990) vertreten die Auffassung, dass bereits vorhandene Ressourcen die Mobilisierung weiterer Ressourcen erleichtern, Ressourcen haben also offensichtlich die Tendenz, zu kumulieren. So dürfte es Personen mit hohen Selbstwirksamkeitserwartungen, internalen Kontrollüberzeugungen oder einem positiven Selbstkonzept leichter fallen, positive Netzwerkbeziehungen zu gestalten und in Belastungssituationen soziale Unterstützung zu mobilisieren. Umgekehrt stellt ein generell wahrgenommener sozialer Rückhalt, also ein Gefühl anerkannt, geschätzt und geliebt zu werden, einen entscheidenden Faktor in der Entwicklung personaler Ressourcen wie Selbstwertgefühl oder Selbstwirksamkeitserwartungen dar. Gerade Personen mit hohen Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen tendieren aber auch stärker dazu, soziale Unterstützungen weniger zu akzeptieren, weil eine Entgegennahme von Hilfeleistungen mit ihrem Selbst und ihren Autonomiebedürfnissen nicht vereinbar ist. Wo soziale Unterstützung keine Wirkung zeigt, liegt immer der Verdacht nahe, dass Unterstützungsangebote nicht kongruent mit den Bedürfnissen der
Förderung sozialer Ressourcen 281 Hilfesuchenden sind, ihnen zuwiderlaufen oder zumindest ambivalente Reaktionen hervorrufen. Nadler und Fisher (1986) weisen darauf hin, dass Hilfeleistungen in dem Maße als unterstützend erlebt werden, indem sie positive selbstwertsteigernde Informationen übermitteln, nicht mit Unabhängigkeits- und Selbstverantwortlichkeitsnormen kollidieren und erkennbar zur Problemlösung beitragen. Hilfeleistung ist dagegen umso bedrohlicher und wird umso eher abgelehnt, je mehr negative, selbstwertbedrohliche Informationen dem Empfänger übermittelt werden, je mehr ihre Akzeptanz mit Autonomie-Bedürfnissen und Normen des Empfängers in Konflikt treten und je geringer die instrumentelle Qualität der Hilfeleistung eingeschätzt wird. Personale und soziale Ressourcen bedingen einander zumindest teilweise und können sich synergetisch verstärken, wenn beide Typen präsent sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob darüber auch Kompensationseffekte möglich sind. Kann das Vorhandensein einer Ressource die Abwesenheit einer anderen ausgleichen? Es gibt in der Zwischenzeit empirische Hinweise, die auch eine kompensatorische Wirkung nahe legen (vgl. Schwarzer, 1996). Das heißt, ein Mangel an sozialen Ressourcen kann durch wahrgenommene Selbstwirksamkeit und geringe personale Ressourcen können durch soziale Unterstützung substituiert werden. Aaron Antonovsky erweitert in seinem salutogenetischen Modell den Blick auf die Ressourcen. Er geht dabei ebenfalls von einem engen, komplexen Zusammenwirken einzelner spezifischer Ressourcen aus und spricht in diesem Zusammenhang von „generalized resistance ressources“ (GRR) (1981, S. 99) also generalisierten Widerstandsressourcen, die er klassifiziert in: – – – – – –
physikalische und biochemische Widerstandsressourcen wie eine besondere Reagibilität des Immunsystems; materielle Widerstandsressourcen wie Geld oder die Verfügbarkeit über Güter und Dienstleistungen; kognitive und emotionale Widerstandsressourcen wie Intelligenz, Wissen, Bildung und Ich-Stärke; effektive Bewältigungsstile als Widerstandsressourcen, die sich beispielsweise durch Rationalität, Flexibilität und Voraussicht charakterisieren lassen; interpersonale Widerstandsressourcen wie etwa die Verfügbarkeit von sozialer Unterstützung und sozialem Rückhalt; makro-soziokulturelle Widerstandsressourcen wie die Verbundenheit mit stabilen Kulturen, rituell-magischen Kräften oder religiösen Glaubenssystemen.
Sein besonderes Interesse gilt dabei der Frage: Warum und wie bleiben Menschen gesund? Leben bedeutet für ihn nicht im Gleichgewicht zu sein, sondern im Ungleichgewicht, also Heterostase und nicht Homöostase. Leiden und Belastungen gehören zum Grundprinzip menschlicher Existenz. Die entscheidende Frage für Antonovsky ist daher, wie das System erhalten bleibt und welche Faktoren daran beteiligt sind, dass Menschen mit widrigen, belastenden und widersprüchlichen Lebenserfahrungen produktiv umgehen können, also ihre Positionen auf dem multidimensionalen Gesundheits-Krankheits-Kontinuum beibehalten oder sich auf den gesunden Weg hin bewegen können. Mit der Salutogenese
282 Albert Lenz wird eine Orientierung entworfen, die im radikalen Gegensatz zum Paradigma der Pathogenese steht, das die traditionellen Belastungs-Bewältigungs- bzw. Stress-Modelle prägt. Obwohl große Unterschiede im Erleben von belastenden Erfahrungen bestehen, so sind doch, so Antonovsky (1981), „wir alle in unserem Leben, selbst in den günstigsten und geschütztesten Umgebungen, ständig Gefahren ausgesetzt, die wir als Stressoren definieren“ (S. 77). Stressoren sind überall und allgegenwärtig und lassen sich nur beschränkt vermeiden. Einen Stressor definiert er ganz allgemein als ein Merkmal, „das Entropie in das System bringt, das heißt eine Lebenserfahrung, die durch Inkonsistenz, Unter- oder Überforderung und fehlende Teilhabe an Entscheidungsprozessen charakterisiert ist“ (Antonovsky, 1997, S. 44). In Übereinstimmung mit der Bewältigungsforschung unterscheidet er drei Typen von Stressoren: chronische Stressoren, wichtige Lebensereignisse und akute tägliche Widrigkeiten. Diese Stressoren erzeugen im Menschen einen Spannungszustand, der von positiven und negativen Emotionen und physiologischer Erregung begleitet ist. Wie der durch die Stressoren ausgelöste Spannungszustand wieder gelöst wird und wie die Person mit der belastenden Situation und der Anspannung umgeht, hängt von subjektiven Bewertungsprozessen und dem Erfolg der eingesetzten Bewältigungsversuche ab, der wesentlich von den zur Verfügung stehenden Widerstandsressourcen bestimmt wird. Diese generalisierten Widerstandsressourcen schaffen Lebenserfahrungen, „die durch Konsistenz, Partizipation an der Gestaltung des Ergebnisses und eine Balance zwischen Überbelastung und Unterforderung charakterisiert sind....(Antonovsky, 1997, S. 43). Die zentrale Kraft, die alle Widerstandsressourcen integriert und den Weg zu einer erfolgreichen Bewältigung von Spannungen und Stressoren bahnt, bezeichnet Antonovsky als Gefühl der Kohärenz. Unter dem Kohärenzgefühl versteht er eine stabile, dauerhafte und generalisierte Orientierung, die als emotionale und kognitive Bewertungsinstanz wirksam wird und Menschen in die Lage versetzt, die Einzigartigkeit einer Situation genauer und konstruktiver wahrzunehmen und sich flexibel zu verhalten. So weist Antonovsky darauf hin, dass Menschen mit einem starken Kohärenzgefühl beispielsweise dazu tendieren, fordernde Situationen nicht als Stressoren einzuschätzen und daher keinen Spannungszustand zu erfahren oder sie beurteilen die Stressoren eher als positiv bzw. das eigene Wohlbefinden nicht gefährdend. Eine Person mit einem starken Kohärenzgefühl wird auch eher in der Lage sein, aus ihren generalisierten und spezifischen Widerstandsressourcen die geeignete Kombination zu mobilisieren und die für die Situation angemessene Bewältigungsstrategie zu wählen. Sie wird das Problem klarer und differenzierter und als eher verstehbar wahrnehmen und stärker von einer erfolgreichen Bewältigung überzeugt sein. Ressourcenaktivierung als Handlungsprinzip Eine Verlagerung der Aufmerksamkeit von Problemen und Schwächen der Person, Defiziten im Familiensystem zu Ressourcen und Widerstandskräften hat in der Zwischenzeit in allen Bereichen klinisch-psychologischer und psychosozialer Praxis Einzug gehalten. Der Blick konzentriert sich in der Psychotherapie wie in
Förderung sozialer Ressourcen 283 der psychologischen Beratung nicht mehr in erster Linie auf pathologische Persönlichkeitsanteile und Beziehungsmuster, verzerrte Kognitionen oder erlerntes, fehlangepasstes Verhalten, sondern verstärkt auf Fähigkeiten und Stärken der Klientinnen und Klienten. Es geht um die Aktivierung von vorhandenen Kräften und Potentialen, um die Entdeckung bislang unerkannter bzw. verschütteter Ressourcen und um das Finden von Wegen zur Überwindung möglicher einschränkender Barrieren. Dieser Paradigmenwechsel in der Psychotherapie und Beratung ist nicht unwesentlich durch die systemischen Modelle und Handlungsansätze angestoßen worden. Im systemischen Denken entfallen normative Annahmen, die zur Folge haben, Menschen zu pathologisieren. Probleme werden nicht als Ausdruck einer „inhärenten Dysfunktionalität“ (von Schlippe & Schweitzer, 1996; S. 102) verstanden, sondern als Thema einer Kommunikation, „die etwas als unerwünscht (schwierig, hinderlich, falsch, störend, unpassend usw.) und veränderbar wertet – das heißt, für veränderungsbedürftig und -fähig hält“ (Ludewig, 1992, S. 116). Menschen deuten danach eine beunruhigende Situation, bestimmtes Verhalten oder einen ungewöhnlichen Zustand als Problem. Durch die Kommunikation um das Problem bildet sich dann ein spezielles Sozialsystem heraus. In diesem Sinne schafft ein Problem ein System und nicht das System, also etwa die Familie, hat ein Problem, wie es eher der traditionellen Sichtweise entspricht. Dieses Konzept eines „problemdeterminierten Systems“, das von Harry Goolishian und seinen Mitarbeitern in das systemische Denkmodell eingeführt wurde, hat weitreichende Konsequenzen für das Verständnis von „Problemen“. Probleme sind in diesem Sinne Produkt eines Ineinandergreifens von verschiedenen Beschreibungen und Erklärungen von verketteten Umständen und werden nicht, wie in der traditionellen Klinischen Psychologie, als Ausdruck von Defiziten und Inkompetenzen verstanden. Entsprechend geht es auf der Interventionsebene im Wesentlichen darum, die am Zustandekommen des Problemsystems beteiligten Personen zu identifizieren und einen Lösungsprozess einzuleiten, der in erster Linie darauf beruht, die Kommunikation über das Problem zu verändern. Dies kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden: „indem man ganz neue Prozesse initiiert (,neue Zustände‘), aber auch indem man die bisherigen Prozesse anders bewertet (,positive Umdeutung‘) oder indem man deren Unveränderbarkeit akzeptiert und bearbeitet und herausfindet, wie man am besten zurechtkommt mit dem, was man nicht verändern kann (,Akzeptieren des Unveränderbaren‘)“ (von Schlippe & Schweitzer, 1996, S. 104). Solche lösungsorientierten Interventionsformen sind in dem von Steve de Shazer, Insoo Kim Berg und ihrem Team am Brief Familiy Therapy Center entwickelten Handlungsansatz umfassend und differenziert ausgearbeitet worden. Das Fundament des Modells der lösungsorientierten Therapie bildet der Respekt vor der Autonomie der Menschen, vor ihren Lebensentwürfen und -optionen sowie das grundsätzliche Vertrauen in ihre Kräfte und Stärken. Die Vorstellung, Klientinnen und Klienten zu stärken, basiert auf einer Annahme über menschliche Probleme und ihre Lösungen, die davon ausgeht, dass sie in der Lage sind, die Dinge zu wählen, die gut für sie sind. Im systemisch-lösungsorientierten Vorgehen geht es daher in erster Linie darum, die Menschen einzuladen, verschiedene Lösungswege auf ihre Zieldien-
284 Albert Lenz lichkeit hin zu betrachten. Sie sollen in die Lage versetzt werden, gewissermaßen als „Supervisorinnen und Supervisoren“ ihre eigenen Handlungsstrategien zu beleuchten und durchzuspielen und bestimmte Handlungsoptionen in kleinen Schritten zu testen und auf ihre Stimmigkeit in ihrem sozialen Kontext zu überprüfen. Eine Grundvoraussetzung für ein lösungsorientiertes Handeln besteht in der Formulierung klarer Ziele. Es ist leichter, betont Steve de Shazer (1992), sich von Zielen und Visionen anziehen zu lassen, als von einem Problemzustand wegzustreben und nicht zu wissen wohin eigentlich. Ziele weisen für ihn in die Zukunft, auf mögliche Wünsche, Bedürfnisse und Ressourcen hin. Wolfgang Loth (1998) bezeichnet Ziele als Wegweiser, die konkrete Anhaltspunkte für die Richtung, das Timing und die Standortbestimmung darstellen. Sie sind ein wertvolles Hilfsmittel auf dem Weg, der von den Betroffenen selber festgelegt, kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls verändert wird. Der lösungsorientierte Ansatz verzichtet auf eine ausführliche, problemorientierte Diagnostik, in der nach Ursachen und aufrechterhaltenden Bedingungen der Störung gesucht wird. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf den Problembereich würde im Verständnis von Steve de Shazer nur dazu einladen, die Problemwelt wiederzubeleben. Das Sprechen über die Problemwelt erzeuge Bilder von der Problemwelt, etwa Bilder einer aggressiven Auseinandersetzung oder einer bedrückenden Situation, die oft das ganze Problemerleben wieder auftauchen lässt. Dies wird im lösungsorientierten Ansatz als wenig hilfreich, sondern eher problemstabilisierend verstanden (vgl. Schmidt, 1997). Hilfreicher wird dagegen eine ausführliche Diagnostik der Lösungssituation, das heißt der Blick auf Ressourcen und Lösungen statt auf Probleme betrachtet. Lösungsorientierung ist nicht mit Problemlösen gleichzusetzen. Beim Problemlösen konzentriert man sich zunächst auf das Problem, um es in einem zweiten Schritt zu lösen. Bei einem lösungsorientierten Vorgehen werden dagegen die Lösungen von den Zielen und nicht von den Problemen aus entwickelt. Die Lösungen kommen also gewissermaßen vor den Problemen. Das heißt also, man fokussiert den Blick auf vorhandene Lösungsmuster und Ressourcen der Person sowie auf ihre Zielvorstellungen und bezieht erst in zweiter Linie die Ergebnisse der Problemanalyse ein (vgl. de Shazer, 1992). Zur gezielten Aktivierung von Ressourcen und Lösungsprozessen haben Insoo Kim Berg, Steve de Shazer und ihre MitarbeiterInnen eine Reihe von Methoden und Techniken entwickelt (vgl. dazu beispielsweise De Jong & Berg, 1998). Einen großen Raum nehmen hierbei verschiedene Frageformen ein. Fragen zu stellen ist nicht nur eine Methode der Informationsgewinnung, sondern immer gleichzeitig auch eine Möglichkeit, Informationen zu schaffen, zu generieren (von Schlippe & Schweitzer, 1996). Fragen stellen eine indirekte Interventionsstrategie dar, die bei der befragten Person zugleich auch eigene Ideen anstößt und auf diese Weise ihren Blickwinkel erweitern kann. Auch Klaus Grawe geht davon aus, dass der Erfolg psychotherapeutischer Maßnahmen davon abhängt, inwieweit es gelingt, die von der Klientin/dem Klienten „mitgebrachten“ Ressourcen zu aktivieren. Zum Beleg dieser Annahme führt er eine Vielzahl von empirischen Befunden an (vgl. beispielsweise Grawe, 1998; Grawe & Grawe-Gerber, 1999). In seinem Konzept der Psychologischen Therapie umfasst Ressourcenaktivierung nicht ein elaboriertes Methodeninventar
Förderung sozialer Ressourcen 285 wie es im systemisch-lösungsorientierten Modell der Fall ist, sondern ist in erster Linie als eine bestimmte Haltung zu verstehen. „Es wird nicht durch eine bestimmte umschriebene Technik verwirklicht mit einem klaren Anfang und Ende. Ressourcenaktivierung setzt eine ressourcenorientierte Wahrnehmungs- und Denkweise auf Seiten des Therapeuten voraus“ (Grawe & Grawe-Gerber 1999, S. 72). Ressourcenaktivierung setzt für Grawe und seinen Mitarbeiter bereits vor Aufnahme der Therapie bei der Indikationsstellung ein. Befunde aus der differentiellen Indikationsforschung weisen nämlich übereinstimmend darauf hin, dass jene Klientinnen und Klienten bei einer Therapie besser abschneiden, „welche die besseren spezifischen Ressourcen für die Mitarbeit bei dieser spezifischen Therapiemethode mitbringen“ (S. 65). So profitieren Personen, die eine gute Einsichtsfähigkeit besitzen, mehr von einer psychoanalytisch-tiefenpsychologischen Therapie, während Personen mit der Bereitschaft und den Fähigkeiten, sich anleiten und führen zu lassen, gut bei direktiven Therapieformen abschneiden. Bei Personen mit hohem Autonomiestreben werden dagegen non-direktive Methoden besser wirken. Ein differentielles, auf die vorhandenen Ressourcen abgestimmtes Vorgehen stellt danach eine wichtige Voraussetzung für weitere Aktivierung der Ressourcen im Therapieprozess dar, durch die sich therapeutische Veränderungen letztlich erst erzielen lassen. Ressourcenaktivierung durchzieht also auch das ganze Therapiegeschehen. Aus diesem Grund bedarf es nach Grawe über die spezielle Betrachtungsweise und Haltung bei der Herstellung eines ressourcenorientierten Settings hinaus einer konkreten ressourcenorientierten Gesprächsführung und Beziehungsgestaltung, die gerade an kritischen Stellen im Therapieverlauf wichtig, ja entscheidend werden können. So ist psychisches Leiden immer verbunden mit einer Verletzung von menschlichen Grundbedürfnissen wie beispielsweise nach Orientierung und Kontrolle und nach Selbstwerterhöhung. Alles was den Klientinnen und Klienten in Aussicht stellt, die Kontrolle wieder zu erlangen, ist geeignet, sein Wohlbefinden zu verbessern. Kontrolle ausüben bedeutet, im Sinne seiner Ziele und Fähigkeiten aktiv sein. „Je mehr es dem Therapeuten gelingt, vorhandene Ressourcen des Patienten zu aktivieren, umso mehr wird dieser positive Wahrnehmungen im Sinne seines Kontrollbedürfnisses machen“ (Grawe & Grawe-Gerber, 1999, S. 67). Ressourcenaktivierung führt also zu Kontrollerfahrungen. Ähnliche Überlegungen wie für das Kontrollbedürfnis gelten auch für das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung. Wenn man den Klientinnen und Klienten Möglichkeiten eröffnet, sich in der Psychotherapie auch mit den eigenen Stärken, Fähigkeiten und positiven Seiten zu zeigen und sich in ihnen beachtet zu erleben, verschafft man ihnen damit selbstwerterhöhende Wahrnehmungen. Je mehr Ressourcen prozessual aktiviert werden, umso mehr Mut und Vertrauen werden sie fassen, dass Veränderungen überhaupt möglich sind. Diese Erfahrungen heben zum einen die Stimmung und führen zu positiveren Zukunftserwartungen, die wiederum die Voraussetzungen für weitere Erfolgserlebnisse verbessern. Zum anderen wirken sich diese Erfahrungen positiv auf die Qualität der Therapiebeziehung aus. Die Veränderungen, die Klientinnen bei sich beobachten, interpretieren sie als Anzeichen für die Wirksamkeit der Therapie. Dies fördert wiederum ihre Aufnahmebereitschaft für das, was die Therapeutinnen und Therapeuten an sie heran tragen und erhöht ihre Kooperationsbereitschaft. Diese
286 Albert Lenz Erfahrungen bestärken wiederum die Therapeutinnen und Therapeuten in ihrem Bewusstsein auf dem richtigen Weg zu sein, was mit Sicherheit ihr Engagement erhöhen wird. Klaus Grawe versteht also Ressourcenaktivierung im Grunde als einen positiven Rückkopplungsprozess zwischen Interventionen, Therapiebeziehung und Prozessen auf Seiten der Klientinnen und Klienten, durch den ein wirksamer Raum für therapeutische Veränderungen geschaffen wird. Betrachtet man die beiden ressourcenorientierten Handlungsmodelle so fällt auf, dass die Interventionen im Wesentlichen auf der Ebene personaler Ressourcen bzw. emotional-kognitiver Widerstandskräfte ansetzen. Die primären Ziele bestehen in der Förderung individueller Prozesse, also in der Aktivierung von individuellen Stärken und Selbstgestaltungskräften, von Selbstwertgefühl, Kontrollbewusstsein und Selbstwirksamkeit. Soziale Ressourcen werden nur auf der interpersonalen Ebene im familiären Bereich Gegenstand von Interventionsbemühungen. Insbesondere in den systemisch-lösungsorientierten Ansätzen zielt der Blick auch auf die Qualitäten der ehelichen und familiären Beziehungen wie emotionale Nähe und Unterstützung, Rückhalt, Intimität und Zusammenhalt. Das Augenmerk richtet sich also auch in den ressourcenaktivierenden Therapiekonzepten wie in den traditionellen defizit- und störungszentrierten Schulen, im Wesentlichen auf die individuelle Ebene der Kompetenzen und Fähigkeiten und macht an den Grenzen des familiären Systems nach außen zum sozialen Umfeld halt. Ressourcen, die durch den sozialökologischen Kontext und speziell durch das extrafamiliäre Netzwerk gebildet werden, gelten lediglich als Rahmenbedingungen, die sowohl die Aufnahme, den Verlauf und den Erfolg einer Therapie positiv beeinflussen oder auch hemmen können. So fand Charles Kadushin (1966) in seiner klassischen Studie heraus, dass der Zugang zu einer psychotherapeutischen Behandlung für Personen leichter ist, die in soziale Netzwerke eingebettet sind, in denen einzelne Mitglieder eigene Erfahrungen mit Psychotherapie aufweisen und/oder eine positive Einstellung zu psychologischen Formen der Hilfen besitzen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Studien (vgl. Greenley & Mechanic, 1976). Es zeigte sich dabei, dass insbesondere dem Freundschafts- und das Bekanntennetzwerk – und weniger dem Verwandtennetzwerk – eine besondere Bedeutung als Informationslieferant, Pfadfinder und Begleitschutz im Dickicht des psychosozialen und psychotherapeutischen Versorgungssystems zukommt. Genauso wie die Inanspruchnahme beeinflussen soziale Netzwerke auch den Verlauf der Therapie. Erfahrungen und Einstellungen, die durch Freunde, Verwandte, Arbeitskollegen, Nachbarn vermittelt werden, machen nicht vor der Praxistür halt. Ob eine Therapie vorzeitig abgebrochen oder eine Beratung nur sporadisch genutzt wird, dürfte beispielsweise nicht unwesentlich davon abhängen, wie wichtige Personen zu dieser Entscheidung stehen und inwieweit Veränderungsschritte mit Werten, Normen und Einstellungen der Mitglieder des sozialen Netzwerkes kompatibel sind (vgl. Garfield, 1994). Auch der Therapieerfolg scheint durch die Verfügbarkeit sozialer Ressourcen gefördert zu werden (vgl. Moos, 1990). So ließ sich generell ein günstigeres Therapieergebnis durch das Vorhandensein enger Vertrauensbeziehungen, Zufriedenheit mit Freundschaftskontakten und eine gute soziale Unterstützung vorhersagen.
Förderung sozialer Ressourcen 287 Kontextbezogenen Ressourcen werden aber in den ressourcen- und lösungsorientierten psychotherapeutischen Ansätzen nicht unmittelbar in Hinblick auf das konkrete Bewältigungshandeln einer Person exploriert und aktiviert. So werden beispielsweise außerfamiliäre Netzwerkressourcen allenfalls als implizite Ziele therapeutischer Maßnahmen indirekt in den Blick genommen. Vieles spricht allerdings dafür, dass bei einer Reihe von Problemlagen eine gezielte und systematische Aktivierung kontextbezogener Ressourcen den Erfolg und die Stabilität psychotherapeutischer bzw. psychologisch-beraterischer Vorgehensweise erhöhen können. Im einzelnen sind hier Probleme und Krisen zu nennen, die im Zusammenhang mit Beziehungsabbrüchen nach Trennung und Scheidung, mit tiefgreifenden Veränderungen in der alltäglichen Lebenswelt wie beispielsweise Arbeitsplatzverlust, Geburt eines Kindes, Ruhestand, Tod einer Bezugsperson oder mit reduzierten bzw. stark kontrollierenden und sanktionierenden sozialen Beziehungsfeldern stehen (vgl. Lenz, 1998, 1999; Pearson, 1997). Weiter ist anzunehmen, dass über eine gemeinsame Förderung und Aktivierung von personalen und sozialen Ressourcen ein wirksamerer Transfer von Denkanstössen und Lösungswegen in andere Lebens- und Rollenkontexte möglich wird (vgl. Lenz, 1998). Empirische Befunde wonach psychotherapeutische Interventionen bei depressiven Klientinnen und Klienten kaum Veränderungen auf der Ebene ihres sozialen Netzwerkes auslösten, liefern eine erste Bestätigung für diese Annnahme (Kühner et al., 1994). Gemeindepsychologische Handlungsperspektiven rücken gerade den sozialökologischen Lebenskontext und die gezielte Aktivierung der in diesen Strukturen steckenden Ressourcen in den Mittelpunkt. Sie bieten daher eine sinnvolle Ausweitung und Ergänzung klinisch-psychologisch ausgerichteter ressourcenorientierter Ansätze. Gemeindepsychologische Perspektiven der Ressourcenaktivierung Es ist zentrales Anliegen der Gemeindepsychologie, das traditionelle biographisch-beziehungsdynamische Denken der Klinischen Psychologie, den sogenannten „klinischen Blick“, durch eine systematische Wahrnehmung und Analyse der unmittelbaren, alltäglichen und der für die betroffenen Menschen bedeutsamen sozialen und materiellen Umwelt zu ergänzen (vgl. Keupp, 1994). Die Suchrichtung in der gemeindepsychologischen Praxis konzentriert sich also nicht nur auf biographische Verletzungen, individuelle Lern-und Entwicklungsdefizite, innerfamiliäre Beziehungsdynamiken und Kommunikationsmuster, sondern auf die Schnittstelle zwischen sozialen Strukturen und subjektiven Verständnisund Bewältigungsmustern. Die Gemeindepsychologie befasst sich also mit den Lebenskontexten von Menschen und deren Einflüssen auf ihr Denken, Fühlen und Handeln. Ihre Blickrichtung zielt dabei auf die Mesosysteme ab, die Brücken zwischen Mikro-, Exo- und Makrosystemen (Bronfenbrenner, 1981) darstellen und in denen sich der Alltag der Menschen mit seinen Chancen und Risiken, mit seinen Herausforderungen und Belastungen unmittelbar erfahrbar abspielt. Der Mensch wird in der Gemeindepsychologie als handelndes Subjekt, als aktiver Bearbeiter seines Alltags verstanden, der in der Lage ist, seinerseits auf seine
288 Albert Lenz Lebenskontexte einzuwirken und seine Lebenszusammenhänge aktiv zu gestalten und zu entwickeln. Dieses zirkuläre Wechselspiel zwischen individuellen Voraussetzungen, Kompetenzen, Motiven und Bedürfnissen sowie kontextspezifischen sozialen und materiellen Bedingungen mit seinen vielfältig vernetzten Rückkopplungsschleifen bildet den konzeptionellen Rahmen für Theorie und Praxis der Gemeindepsychologie. Gesundheit und Wohlbefinden wie auch Beeinträchtigungen und Krankheit sind aus gemeindepsychologischer Perspektive Produkte fortlaufender Interaktionen in dynamischen selbstreferentiellen Systemen. Der Mensch als handelndes Subjekt benötigt zur Bearbeitung und Gestaltung seines Lebens wie seiner sozialen und materiellen Umwelt sowohl individuelle als auch kontextbezogene Ressourcen. Die Gemeindepsychologie setzt dabei ihren Fokus stärker auf kontextbezogene Ressourcen, die den Rahmen für persönliche Entfaltung und individuelle Realisierung von Lebensentwürfen bilden sowie auf eine Abstimmung und Balance von individuellen und kontextbezogenen Ressourcen. Eine besondere Bedeutung unter den kontextbezogenen Ressourcen misst die Gemeindepsychologie den sozialen Ressourcen zu, die durch die sozialen Netzwerke gebildet werden. Soziales Netzwerk ein Schlüsselbegriff der Gemeindepsychologie Das Netzwerkmodell schließt also die Kluft zwischen Mikro- und den Exo- und Makrosystemen. Es „ermöglicht uns Einflüsse engerer und weiterer sozialer Bezüge auf persönliche Entwicklungen und individuelles Erleben und Verhalten zu begreifen, wie andererseits die persönlichen Einflüsse auf die engeren und weiten Bezüge zu identifizieren“ (Nestmann, 1997, S. 213). Es eröffnet dadurch eine analytisch vielversprechende Möglichkeit einen Wirklichkeitsraum transparent zu machen, in dem sich der Alltag strukturiert und vollzieht. Heiner Keupp (1987) spricht von einem Scharnierkonzept zwischen individuellen Motiven und Handlungen sowie sozialstrukturellen Prozessen und Gegebenheiten. „In ihm lassen sich psychische und soziale Spuren und Einflüsse aufzeigen“ (S. 159). Das Konzept sozialer Netzwerke stammt ursprünglich aus der Sozialanthropologie und dient dort zur Erforschung der in Alltagssituationen beobachteten und erfragten sozialen Beziehungen einzelner Personen innerhalb relativ abgegrenzter, überschaubarer sozialer Zusammenhänge wie kleiner Landgemeinden, Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen sowie städtischer Sozialmilieus (vgl. Boissevain, 1974). Nach Mitchell (1969) lassen sich soziale Netze durch eine Anzahl von Verknüpfungen innerhalb eines definierten Kreises von Personen beschreiben. Alf Trojan und seine Mitarbeiter (1987) haben eine anschauliche und für die psychosoziale Praxis relevante begriffliche Differenzierung sozialer Netzwerke vorgenommen. Sie unterscheiden nach dem jeweiligen Grad ihrer Organisiertheit zwischen persönlichen, gemeindebezogenen und institutionellen Netzwerken. Die persönlichen oder auch primären Netze sind nicht organisiert, sie bestehen aus der Familie, den Verwandten, Freundinnen und Freunden, Bekannten, Nachbarn und Arbeitskolleginnen; die geringgradig organisierten gemeindebezogenen
Förderung sozialer Ressourcen 289 oder sekundären Netzwerke umfassen beispielsweise Nachbarschaftshilfen, Selbsthilfe- und Angehörigengruppen, Telefonketten und Freizeitgruppen. Als institutionelle oder tertiäre Netzwerke bezeichnet Alf Trojan die hochgradig organisierten professionellen Hilfesysteme wie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeut(inn)en sowie stationäre und teilstationäre Einrichtungen. Die häufigste Form der Analyse sozialer Netzwerke ist die Untersuchung egozentrischer Netzwerke. Diese sind Beziehungskonstellationen aus der Sicht eines „Ego“, einer Person (oder auch einer Primärgruppe wie etwa einer Familie). Sie umfassen alle Beziehungen, die diese Person oder Gruppe mit anderen Personen hat. Ein egozentrisches Beziehungsgefüge hat die Form eines Strahlenbündels oder eines Sterns. Betrachtet man darüber hinaus die egozentrischen Beziehungen der Partner des ersten Ego, dann zeigen sich Vernetzungen und Verdichtungen, Cliquen, Brücken, periphere und isolierte Akteure. Einige der Bekannten von einer oder mehr Personen sind identisch. Innerhalb dieses Netzwerkes lassen sich starke und schwache Bindungen, indirekte und direkte Verbindungen oder Überlappungen ausmachen. Das Netzwerkkonzept bietet also gewissermaßen einen Gesamtrahmen aller Sozialbeziehungen und geht damit über das Konzept der sozialen Gruppe hinaus, das auf dem Kriterium der tatsächlichen Interaktionen aller Mitglieder beruht. Zur Beschreibung und dimensionalen Erfassung sozialer Netzwerke sind eine Vielzahl von Kategorien entwickelt worden, die mehr oder weniger präzise operationalisiert werden können und die sich folgendermaßen klassifizieren lassen (vgl. Diewald, 1991). – – – –
Interaktionskriterien wie Häufigkeit der Kontakte, Wechselseitigkeit der Wahlen, direkte und indirekte Verbindungen; Qualität der Interaktionen wie subjektive Wahrnehmung der Erreichbarkeit, Verlässlichkeit, Dauer, Belastbarkeit, Hilfsbereitschaft, empfundene Kontrolle und Abhängigkeit; Rolle der Beteiligten wie Zentralität, Gatekeeper, Brücke, Isolierter und Strukturmerkmalen wie Größe des Netzwerks, Dichte, Clusterbildung, Uniplexität oder Multiplexität.
Anhand dieser Beschreibungsmerkmale kann das soziale Netzwerk als ein System von Transaktionen analysiert werden, in dem Informationen übertragen, Einfluss und Autorität ausgeübt, Aktivitäten koordiniert, Vertrauen aufgebaut und vor allem Ressourcen ausgetauscht und Unterstützung mobilisiert werden. Die Bedeutsamkeit von Netzwerkressourcen Das spezifische Potential sozialer Netzwerke liegt in der Vermittlung umfassender kontextbezogener Ressourcen. Wie zahlreiche Untersuchungen zeigen, kann ein soziales Geflecht von Familie, Verwandtschaft, Freundschaft, Nachbarschaft und Arbeitskolleginnen und –kollegen dazu beitragen, körperliche und seelische Gesundheit zu erhalten und zu fördern sowie bei der Vermeidung und Bewältigung unterschiedlicher Belastungen und Problemen zu unterstützen (vgl. bei-
290 Albert Lenz spielsweise Röhrle, 1994). Soziale Ressourcen wirken als Puffer in Krisensituationen, mildern belastende Lebensereignisse und bilden einen Schutzschild gegenüber Herausforderungen, Spannungszuständen und Stressoren. Nach Peggy Thoits (1994) fördern sie das individuelle Bewältigungshandeln im Sinne von „coping-assistance“, das heißt sie verstärken die Bewältigungsstrategien einer Person oder sie gleichen bestimmte Defizite oder „blinde Flecken“ im individuellen Copingverhalten kompensatorisch aus. Soziale Ressourcen wirken darüber hinaus ganz generell förderlich auf das Wohlbefinden, in dem sie elementare, nicht situationsgebundene soziale Bedürfnisse erfüllen (Badura, 1981). Die Integration einer Person in ein System sozialer Beziehungen wirkt sich danach direkt förderlich auf ihr Wohlbefinden aus, da es die grundsätzlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Geborgenheit und sozialer Verortung befriedigt, die es ihr überhaupt erst ermöglichen, sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden und ihrem Leben einen Sinn zu geben. Die unterstützende und sinnstiftende Bedeutung der sozialen Einbindung ist dem Individuum in ihrer weitreichenden Dimension oftmals gar nicht bewusst. Sie wird erst bei einem Verlust solcher sozialen Bezüge plötzlich spürbar, beispielsweise nach der Scheidung oder nach dem Ausstieg aus einem vorher in erster Linie als Belastung wahrgenommenen Berufsleben. Es handelt sich eher um scheinbar beiläufige Nebenprodukte und Begleiterscheinungen des alltäglichen Zusammenlebens. Martin Diewald (1991) hat nach der Durchsicht der einschlägigen Literatur eine Typologie sozialer Ressourcen vorgelegt, deren inhaltliche Elemente er entweder dem Verhaltensaspekt, also prinzipiell konkreten, beobachtbaren Interaktionen, oder dem kognitiven bzw. dem emotionalen Beziehungsaspekt zuordnet: 1. Konkrete Interaktionen: – – – – – – – –
Unter Arbeitshilfen versteht er alle personenbezogenen Dienstleistungen (Betreuungen, Kinderhüten etc.) und güterbezogene Leistungen (Reparaturen, Hausarbeit). Mit Pflege meint er speziell Hilfen an einem Interaktionspartner, wenn er selbst partiell handlungsunfähig istDie materielle Unterstützung unterteilt Martin Diewald in Geld und Sachleistungen. Intervention bezeichnet Aktivitäten für das Ego bei anderen Personen oder Institutionen, beispielsweise in Form des Schlichtens eines Konflikts oder allgemein des Eintretens für seine Belange bzw. Rechte. Unter Information werden sachbezogene Informationen im Sinne von praktischem Wissen oder von Auskünften verstanden. Im Unterschied dazu geht es bei der Beratung um persönliche Ratschläge, die sowohl Sachprobleme als auch Lebensprobleme betreffen können. Mit Geselligkeit sind alle Aktivitäten mit anderen Menschen gemeint, die mit Spaß und Entspannung verbunden sind und zu einer positiven Gemütslage beitragen. Über gemeinsame Unternehmungen hinaus wirken ritualisierte alltägliche Interaktionen sinnstiftend und verhaltenstabilisierend.
Förderung sozialer Ressourcen 291 2. Vermittlung von Kognitionen –
– – – –
Mit Vermittlung von Anerkennung meint Diewald zum einen die Vermittlung persönlicher Wertschätzung und zum andern die Status-Vermittlung, die auf die Bestätigung der Position des Egos und der damit verbundenen Rollenerwartungen abzielt. Unter Orientierung wird die Vermittlung umfassender Verhaltensmodelle und sozialer Normen verstanden, die von grundlegender Bedeutung für die Lebensführung sind. Die Vermittlung eines Zugehörigkeitsbewusstseins erfolgt über gemeinsame Angelegenheiten und Betroffenheiten, gegenseitige Verpflichtungen oder auch über wahrgenommene Ähnlichkeiten. Dem Zugehörigkeitsbewusstsein verwandt, aber konzeptionell davon unterscheidbar ist die Erwartbarkeit von Hilfe und Rückhalt, dem Bewusstsein einer generellen Unterstützungsbereitschaft durch das soziale Netzwerk. Soziale Netzwerke bilden auch einen Ort für den Erwerb sozialer Kompetenzen.
3. Vermittlung von Emotionen – – –
Die Vermittlung eines Geborgenheitsgefühls beinhaltet das Empfinden von Stabilität, des Aufgehobenseins und Nicht-handeln-müssens. Vermittlung von Liebe und Zuneigung. Motivationale Unterstützung besteht darin, eine Person zu ermutigen, sie gegen Ängste und Hilflosigkeit zu schützen und so zur Wiedergewinnung des seelischen Gleichgewichts beizutragen.
Die besondere Stärke sozialer Ressourcen liegt in ihrer Vielfalt und ihrer Alltagsnähe. Sie reichen zum einen von instrumenteller, kognitiver und emotionaler Unterstützung in spezifischen Lebenslagen und Problemsituationen bis hin zu Grundbedürfnissen wie Zugehörigkeit, Geborgenheit und soziale Anerkennung, die Stabilität und Sicherheit vermitteln und Selbstwert und Selbstbewusstsein, also personale Ressourcen, zu sichern helfen. Zum andern sind sie eingebettet in gemeinsame alltägliche soziale Bezüge von Menschen, die eine relativ schnelle Erreichbarkeit und Verfügbarkeit möglicher Unterstützerinnen und Unterstützer ermöglichen. Man begegnet sich häufiger, trifft sich vielleicht sogar bei Anlässen. Dabei ergeben sich immer wieder Gelegenheiten zu Gesprächen, Fragen und sozialem Austausch. Soziale Unterstützung ist also ein zwischenmenschlicher Prozess, der die Sichtweisen der Beteiligten, sowohl diejenigen der Bereitsteller als auch die der Empfänger der Unterstützung, beinhaltet. Sie kann daher in der Wahrnehmung jedes Beteiligten entweder positiv oder negativ aber auch neutral ausfallen. Eine Hilfeleistung stellt beispielsweise für eine Person eine hohe Belastung dar, eine enge Einbindung bedeutet zugleich unter Umständen unerwünschte soziale Kontrolle, die Übernahme familiärer Verpflichtungen kann einer Person das Gefühl gebraucht zu werden vermitteln, sie kann aber auch Belastungen und Frustrationen mit sich bringen. Solche Ambivalenzen sind die Regel in sozialen Beziehungen. Soziale Beziehungen sind also an sich nicht immer und unbedingt eine
292 Albert Lenz Quelle sozialer Unterstützung, sondern sie können auch eine Quelle von Belastungen, Streit und Konflikten sein. „Betrachtet man die Gesamtheit einer sozialen Beziehung, so wird darin eben nicht nur soziale Unterstützung ausgetauscht, sondern es sind auch andere Beziehungsmomente von Bedeutung: Es werden Verpflichtungen und Machtungleichgewichte aufgebaut, Konflikte ausgetragen und Belastungen aufgebürdet“ (Diewald, 1991, S. 81). Angesichts der grundsätzlichen Ambivalenz ist es sinnvoller, wenn das Netzwerk sozialer Beziehungen, als Möglichkeiten für die Bereitstellung sozialer Unterstützung angesehen werden. Die jeweiligen strukturell gegebenen Beziehungsmuster sind darüber hinaus auch an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Belastungs- und Krisensituationen beteiligt. „Ein Netzwerk kann spezifische Wünsche, Hoffnungen, ja ganze Lebensentwürfe ersticken“ (Keupp, 1987b, S. 155). Gerade in der psychosozialen Praxis darf diese Dimension des Alltags nicht aus dem Blick geraten. Aus der Netzwerkforschung wissen wir beispielsweise, dass dichte, homogene Beziehungsgefüge Konformität fordern und fördern und durch ihr eher starres Normengefüge zu stärkerer Kontrolle und Sanktionierung der Abweichungen von vertrauten Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern tendieren. Je kontrollierender und rigider solche Strukturen sind, um so weniger Selbständigkeit und psychosoziale Gestaltungsmöglichkeiten für eigenständige Lebens- und Identitätsentwürfe lassen sie zu. In bestimmten Phasen der Krisen- und Problembewältigung, die in erster Linie Neuorientierung und Umstrukturierung des Alltags erfordern, erweisen sich solche Beziehungsstrukturen oftmals als wenig hilfreich, eher als einschränkend und zusätzlich belastend. So konnten Walker et al. (1977) in einer Studie über Funktionen der sozialen Netzwerke von Frauen nach dem Tod ihrer Lebenspartner zeigen, dass in der Phase der intensiven Trauerarbeit das dichte, familiär-verwandtschaftlich dominierte Netzwerk die wichtigen emotionalen und instrumentellen Unterstützungsleistungen bereitstellt. Das gleiche Beziehungsgefüge kann in späteren Phasen der Krisenbewältigung die Handlungsalternativen der Frauen einengen, insbesondere wenn sie neue Lebenspläne entwerfen und zu realisieren versuchen, die mit den Erwartungen der Netzwerkmitglieder nicht vereinbar sind oder partiell bzw. ganz aus dem Netzwerk herausführen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die Scheidungsforschung. Wilcox (1990) stellte beispielsweise in einer Studie fest, dass getrenntlebende Frauen, die sehr eng in ein stark verwandtschaftlich geprägtes soziales Beziehungsnetz eingebunden waren, beträchtliche Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihrer Trennung hatten. Die Einmischungen und sanktionierenden Reaktionen von Eltern, Geschwistern und nahen Verwandten verschlimmerten in aller Regel die Trennungskrise und hemmten die Bemühungen der Frauen um Neuorientierungen und Umstrukturierungen in ihrem Leben. Frauen, die über ein heterogenes, weitmaschigeres soziales Netz verfügten, zu dem auch außerfamiliäre Personen, also Freundinnen und Freunde und gute Bekannte gehörten, wurden dagegen mit den vielfältigen Anforderungen in der Nachtrennungszeit wesentlich besser fertig. Es liegen zahlreiche empirische Studien vor, die belegen, dass psychisch kranke Menschen häufig in homogen- einengende und kontrollierende soziale Beziehungssysteme eingebettet sind (vgl. beispielsweise Angermeyer & Klusmann, 1989; Hirschberg, 1988). So verfügen psychisch kranke Menschen im Vergleich
Förderung sozialer Ressourcen 293 zu unauffälligen Kontrollgruppen in aller Regel über ein kleineres soziales Netzwerk, das durch einen großen Angehörigenanteil und einer fehlenden Integration in Freundes- und Bekanntenkreise geprägt ist. Die Beziehungen sind von geringer Reziprozität und damit von hoher Abhängigkeit von den Leistungen anderer geprägt. Die Betroffenen sind im Wesentlichen Empfänger denn Geber von sozialer Unterstützung. Die insgesamt asymmetrischen Beziehungen sind aversiver getönt, konflikthafter und weniger unterstützend. Charakteristisch ist des weiteren ein geringes Maß an notwendiger interpersoneller Rückmeldung in den interaktiv-kommunikativen Prozessen. Psychisch Kranke erhalten von ihren Bezugspersonen oftmals geringes, unklares, nicht selten doppelbödiges, verwirrendes Feedback über ihr Verhalten, ihre Reaktionen und Äußerungen bzw. darüber, ob und inwieweit sie deren Erwartungen erfüllt haben. Christopher C. Tolsdorf (1976) fand heraus, dass schizophrene Patientinnen und Patienten eine wesentlich geringere Bereitschaft zeigen, auf soziale Ressourcen aus ihrem Netzwerk zurückzugreifen als beispielsweise organisch Kranke. Sie äußern überwiegend großes Misstrauen gegenüber vielen Netzwerkbeziehungen und empfinden es als unklug, gefährlich und verwirrend, sich an Personen aus ihrem alltäglichen Umfeld zu wenden. Tolsdorf spricht in diesem Zusammenhang von einer negativen Netzwerkorientierung dieser Gruppe von Patientinnen und Patienten. Unter Netzwerkorientierung versteht er einen „Komplex von Überzeugungen, Einstellungen und Erwartungen einer Person, die sich auf die potentielle Nützlichkeit ihrer Netzwerkmitglieder beziehen, ihr bei der Bewältigung von Lebensproblemen zu helfen“ (S. 413). Methoden der Netzwerkförderung In den netzwerkorientierten Methoden werden die sozialen Ressourcen der Menschen, also die natürlichen Hilfepotentiale in ihrer alltäglichen Lebenswelt, gezielt angestoßen. Die Professionellen übernehmen in diesen gemeindepsychologischen Arbeitsformen nicht die Rolle eines primären, direkten Helfers, sondern die eines Förderers, der zu einer bewussteren Auseinandersetzung mit den über die familiären Grenzen hinausreichenden sozialen Beziehungen und deren Dynamik anregt, die Betroffenen ermutigt bestehende Bezüge zu intensivieren und frühere Bindungen zu reaktivieren sowie die Aufnahme neuer Kontakte und Beziehungen anstößt. Die zentralen Ziele dieses Ansatzes bestehen in der Suche und Analyse sozialer Ressourcen, in der Stärkung informeller Unterstützungsprozesse und damit in der Eröffnung bzw. Erweiterung der sozialen Möglichkeitsspielräume einer Person (vgl. dazu Lenz, 1998, 2000). Den Ausgangspunkt für diese Vorgehensweisen stellt eine präzise, möglichst umfassende Rekonstruktion und Analyse des vorhandenen sozialen Beziehungsgefüges der Klientinnen und Klienten in ihren förderlich-unterstützenden wie auch in ihren belastenden, einengend-kontrollierenden Dimensionen dar. Dazu stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Standardisierte, quantitative Verfahren zur Erfassung der primären, sekundären und tertiären Netzwerksysteme, wie sie beispielsweise von Pearson (1997), Laireiter (1993) und Sommer und Fydrich (1989) in Form von Fragebögen und
294 Albert Lenz Checklisten vorgelegt wurden, geben einen effizienten Überblick, liefern aber nur relativ statische Bilder von der sozialen Wirklichkeit. Soziale Netzwerke befinden sich aber in einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sie strukturieren sich also im Verlauf bestimmter Lebensphasen und -ereignisse immer wieder um. Sie dehnen sich aus, ziehen sich auf einzelne Segmente zusammen und gestalten sich in verschiedenen Perioden mehr oder weniger engmaschig. Die Ergebnisse der strukturierten Verfahren sollten daher auf alle Fälle ergänzt werden durch qualitative und gestalterische Instrumente, wie offene Leitfadeninterviews, Netzwerkzeichnungen und Netzwerkkarten. Der dynamische Charakter der sozialen Netzwerke lässt sich insbesondere durch diese offen, gestalterischen Verfahren abbilden. Durch ihre ausgesprochen „dialogisch-reflexive Qualität“ fügen sich diese Instrumente darüber hinaus auch stimmig in das psychologisch-therapeutische Geschehen ein. Sie regen zu Erzählungen über Beziehungsmuster und -erfahrungen, über Wünsche nach Nähe und Distanz, über Ängste und Einstellungen an, die sich zusammen mit den Belastungen, Konflikten und Krisen zu den subjektiven Lebensgeschichten der Personen verknüpfen. Petra Kolip (1991) schlägt zur Rekonstruktion des sozialen Beziehungsgeflechtes ein freigestaltetes Bild vor. Die Patientin/der Patient wird zunächst aufgefordert, an irgendeiner Stelle eines Zeichenblattes mit einem Malstift das ‘Ich’ durch ihren/seinen Namen oder ein Symbol, beispielsweise einen Kreis oder ein Quadrat, zu setzen. Dann sollen alle Netzwerkmitglieder entsprechend ihrer Bedeutung und der Enge der Bindung mehr oder weniger nah um die eigene Person plaziert werden. Durch die Verwendung unterschiedlicher Farben und Symbole lassen sich emotional bedeutsame Menschen oder auch „Konfliktpersonen“ besonders markieren und auf diese Weise visuell hervorheben. Die Netzwerkkarte eröffnet einen strukturierten Zugang zum sozialen Beziehungsgefüge (Lenz 1998, 1999). Dieses einfache Instrument besteht aus einem Blatt Papier, auf dem mehrere konzentrische Kreise um ein in der Mitte gelegenes ‘Ich’ gruppiert sind. Die Klientinnen und Klienten werden gebeten, alle identifizierten Netzwerkglieder auf der Karte zu plazieren, und zwar je enger sie/er sich diesen Personen verbunden fühlt, umso näher am „Ich“. Eine besondere Markierung erhalten diejenigen Personen, die in Verbindung mit den Problemen und Belastungen stehen. Beide Formen der gestalterischen Netzwerkrekonstruktion verstehen sich nicht als neue „projektive Tests“, sondern sind gewissermaßen Hilfsmittel zur Verdeutlichung und Bewusstmachung der sozialen Beziehungen im Umfeld. Die visuelle Darstellung soll Anstöße in der Therapie geben, über das Beziehungsnetz ins Gespräch zu kommen und damit eine vertiefte Analyse seiner Struktur, Qualität und Funktionen einzuleiten. Verluste und Veränderungen wie Abhängigkeiten und kontrollierende Einmischungen werden auf diese Weise sichtbarer. Wünsche nach mehr Nähe oder größerer Distanz, nach Unterstützung und Begleitung oder neuen Kontakten können dadurch klarer wahrgenommen werden. Verfügbare Ressourcen tauchen durch die gezielte Auseinandersetzung auf, zugleich werden aber nicht selten auch diffuse Ängste, enttäuschte Hoffnungen, unerfüllt gebliebene Erwartungen und schmerzliche Erfahrungen mit Personen aus dem sozialen Netzwerk plötzlich wieder deutlich.
Förderung sozialer Ressourcen 295 Der von mir entwickelte Leitfaden kann bei der gemeinsamen Analyse des sozialen Netzwerkes und seiner Unterstützungsressourcen als ein gewisser Orientierungsrahmen dienen. (vgl. dazu ausführlich Lenz, 1998, 2000). Die Praxis zeigt, dass beide Instrumente für die Mehrzahl der Klientinnen und Klienten einen hohen Aufforderungs- und Interventionscharakter beinhalten. Selbst zurückhaltende, gehemmte Menschen, bei denen man in den Gesprächen ansonsten nur schwer oder überhaupt keinen Zugang zu ihren Gefühlen und Empfindungen findet, werden durch dieses einfache Instrument zu Erzählungen ermutigt. Sie beginnen, angeregt durch die Zeichnung oder die strukturierte Karte, Aspekte ihrer Lebensgeschichte wieder in Besitz zu nehmen. ‘Erinnerungslücken’ lassen sich auf diese Weise ausfüllen und Beziehungserfahrungen, die nicht unbedingt den aktuellen Erfahrungen in den gegenwärtigen sozialen Konstellationen entsprechen müssen, werden dem Bewusstsein zugänglich. Formen der Netzwerkförderung Ganz generell werden unter netzwerkorientierten Interventionen diejenigen Vorgehensweisen verstanden, die versuchen, eines oder mehrere Netzwerkmerkmale also beispielsweise Strukturmerkmale, Eigenschaften der Beziehungen oder interne Kommunikationskanäle mit dem Ziel der Ressourcenaktivierung zu modifizieren. Inzwischen liegt ein breitgefächertes Repertoire an netzwerkorientierten Interventionsformen vor (vgl. beispielsweise Röhrle, 1994; Nestmann, 1989; Kliman & Trimble, 1983), die sich im Grunde in zwei große Bereiche einteilen lassen. Der erste Bereich umfasst Strategien zur Förderung der individuellen Netzwerkorientierung, also der Bereitschaft und Kompetenz von Personen, auf soziale Ressourcen in ihrem sozialen Umfeld zurückzugreifen. Soziale Netzwerke sind zunächst lediglich Gelegenheitsstrukturen, „ob diese Gelegenheiten vom Subjekt genutzt werden und wie sie genutzt werden, hängt von den Ansprüchen, Wünschen, Erfahrungen, Ängsten des Subjekts ab“ (Keupp, 1987, S. 160). Ausgehend von der gemeinsamen Netzwerkanalyse geht es um emotionale Barrieren, um konkrete Beziehungserfahrungen und um die Ermutigung zur Intensivierung bestehender Beziehungen und zur Reaktivierung früherer Bindungen. Nicht selten nimmt die Förderung sozialer Kompetenzen eine breiten Raum ein. Gerade außerfamiliäre, kontextbezogene Netzwerkbeziehungen erfordern „hohe Eigenleistungen der Individuen im Sinne permanenter Beziehungsarbeit“ (Keupp, 1987, S. 24). Diese spezifische Beziehungs- und Verknüpfungsarbeit in den freigewählten, in erster Linie auf gemeinsamen Interessen, Werten und Vorstellungen beruhenden Bindungen setzt Aushandlungskompetenzen, Kommunikations- und Diskursfähigkeiten voraus, die längst nicht allen Menschen im gleichen Umfang zur Verfügung stehen. Je weniger der angeführten Kompetenzen und Fähigkeiten eine Person für diese aktive Beziehungsarbeit, für das „Beziehungsmanagement durch Aushandeln“ (de Swaan, 1981) besitzt, desto enger ist der soziale Möglichkeitsrahmen gespannt, aus dem soziale Ressourcen gestaltet und mobilisiert werden können. Methodisch greift hier die Gemeindepsychologie – eingewoben in den Rahmen der Netzwerkperspektive – auf das vielfältige Handwerkszeug der Klinischen Psychologie und Psychotherapie zurück (vgl. dazu auch Pearson, 1997).
296 Albert Lenz Strategien zur unmittelbaren Netzwerkförderung bilden den zweiten Bereich der netzwerkorientierten Interventionen. Diese Verfahren beziehen sich auf die alltäglichen Beziehungsstrukturen der Personen, auf „die Baumuster der sozialen Gefüge“ (Röhrle, 1994, S. 65) und bemühen sich um strukturelle Veränderungen wie um die Verbesserung der unterstützenden Interaktion und der interinstitutionellen Kooperation und Koordination. Kliman und Trimble (1983) unterscheiden fünf verschiedene Formen netzwerkorientierter Interventionen: „Network Coaching“, „Full-Scale Network Assembly“, „Partial Network Assembly“, „Community Network Therapy“ und „Network Construction“. Die Methode des „Network Coaching“ konzentriert sich auf einzelne KlientInnen und deren Familien und ist weitgehend identisch mit familientherapeutischen Vorgehensweisen. Besonders spektakuläre Formen von Netzwerkintervention finden in der Full-Scale Network Assembly statt, in der zum Teil mehrere NetzwerktherapeutInnen mit einer großen Anzahl von engeren und entfernteren Mitgliedern des Netzwerkes einer Person arbeiten. Diese Form von Netzwerkkonferenzen stellt ein relativ hochschwelliges Verfahren dar, das heißt sie setzen eine hohe Bereitschaft und Motivation der Betroffenen ihres Umfeldes voraus. Sie kommen daher allenfalls an bestimmten Schnittpunkten einer Gesamtbetreuung zum Einsatz (Feineis 1998). Im Rahmen der „Partial Network Assembly“ werden einzelne Teile des außerfamiliären sozialen Netzwerkes zu gemeinsamen Sitzungen eingeladen. Diese Sitzungen werden von Fall zu Fall durch die zusätzliche Einbeziehung anderer Fachkräfte und Einrichtungen zu Helfer- bzw. Hilfeplankonferenzen erweitert. Auf die Schaffung neuer sozialer Kontakte und Gelegenheiten konzentrieren sich die Methoden der „Network Construction“. Zu diesen Vorgehensweisen zählen vor allem die Initiierung von sogenannten künstlichen Netzwerken, die Betreuung von sozialen Unterstützungsgruppen sowie die Anbahnung und Herstellung von Kontakten zu Organisationen und Selbsthilfegruppen. Den systematischen Aufbau von LaienhelferSystemen und die Förderung von unterstützenden Bezügen in der Nachbarschaft bzw. Gemeinde fassen Kliman und Trimble unter „Community Network Therapy“ zusammen. Etwas näher eingehen möchte ich im weiteren auf die wohl in der psychosozialen Praxis am häufigsten eingesetzte Methode der „Partial Network Assembly“. Kliman und Trimble (1983) verstehen darunter eine Vorgehensweise, bei der Segmente des extrafamiliären sozialen Netzwerks, wie beispielsweise FreundInnen, ArbeitkollegInnen, aber auch andere Mitglieder von Vereinen und Selbsthilfegruppen oder andere professionelle Helferinnen und Helfer, zu einzelnen oder mehreren Sitzungen eingeladen werden. Vorgabe lautet dabei nicht: es müssen alle kommen, die in irgendeiner Weise mit den Problemen oder Spannungen in Verbindung stehen, also das Problemsystem bilden. Ganz im Sinne der systemisch-lösungsorientierten Ansätze lautet dagegen die Vorgabe: „Es können alle kommen, die zu einer Lösung beitragen können und wollen“ (Loth, 1998). Problemsystem und Lösungssystem müssen also nicht zwangsläufig identisch sein. Vielmehr wird eine Einladung an diejenigen Personen ausgesprochen, die an der Lösung der bestehenden Probleme mitarbeiten wollen. Wichtig ist es dabei, auch die sogenannten Besucher zu würdigen, „also Personen, die kein unmittelbar geäußertes Eigeninteresse an Veränderung formulieren, sowohl einzuladen als auch wertzuschätzen, wenn sie kommen. Auch ihre Beschreibungen kön-
Förderung sozialer Ressourcen 297 nen einen wichtigen Beitrag zur Lösung darstellen“ (von Schlippe & Schweitzer 1996, S. 209f). Die Frage, in welcher Zusammensetzung am ehesten neue Informationen und Impulse eingebracht werden, muss eventuell im Verlauf der Arbeit immer wieder gestellt werden. Entsprechend kann es sich lohnen, von Sitzung zu Sitzung teilweise andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzuladen. Diese Form von Netzwerkintervention zielt darauf ab, netzwerkimmanente Prozesse anzustoßen, zu katalysieren und für das Netzwerk nutzbar gemacht werden. Die Ziele bestehen in der Bereicherung und Stabilisierung von sozialen Netzwerken und in der Entdeckung und Mobilisierung von sozialen Ressourcen. Die Bemühungen richten sich entweder auf eine Verbesserung der unterstützenden Interaktionen zwischen einzelnen Personen bzw. Subsystemen und Gruppen oder auf strukturelle Veränderungen wie beispielsweise die Intensität der Kontakte (Nestmann, 1989). Die Netzwerkprozesse werden häufig mit dem Bild einer Spirale beschrieben (vgl. Kliman & Trimble, 1983). Zunächst gilt es in der Retribualisierungsphase das Netzwerk zusammenzuführen sowie Energie und Aufmerksamkeit auf das Problem zu bündeln. Die darauf folgende Polarisierungsphase ist durch das Aufeinanderprallen der verschiedenen Meinungen und Standpunkte zu den einzelnen Themen gekennzeichnet. Während der Mobilisierungsphase tauchen im Netzwerk in aller Regel Lösungsentwürfe auf, die aber meist nur vordergründig eine gewisse Plausibilität aufweisen, jedoch nicht als wirkliche Problemlösungen dienen. Die Depressionsphase ist durch das Scheitern der in der Mobilisierungsphase vereinbarten Lösungen gekennzeichnet, was bei den Beteiligten eine resignative Haltung auslöst. In der Phase des Durchbruchs tauchen tragfähige und realisierbare Lösungsmuster und Unterstützungsressourcen auf, die schließlich eine Phase der Erleichterung einleiten. In diesen partialen Netzwerkversammlungen, die in der Zwischenzeit in modifizierten Formen und unterschiedlichen Varianten durchgeführt werden (vgl. Feineis, 1998), setzen die professionellen Helferinnen und Helfer wiederum verschiedenartige klinisch-psychologische Methoden ein, die von gruppendynamischen Techniken bis zu systemischen Interventionsformen wie Joining, Refraiming, zirkuläres Fragen und Skulpturarbeit ein. Eine wichtige Rolle spielen auch Moderations- und Mediationsverfahren. Moderieren heißt, das Gespräch anzustoßen, beispielsweise immer wieder Kontakte zwischen den beteiligten Personen aus den verschiedenen sozialen Netzwerksystemen herzustellen und sie zu einem offenen Umgang miteinander zu motivieren. Das Medium dieses Prozesses ist die Kommunikation, die Förderung der Auseinandersetzung und die Begleitung im Alltag und nicht Macht, Kontrolle und Anweisung. Moderieren bedeutet also Äußerungen und Stellungnahmen zu initiieren, Menschen in Bewegung zu setzen und zu beteiligen. Es bedeutet aber auch, zusammenzufassen und das gesamte Potential an Gedanken und Gefühlen zum Ausdruck zu bringen, Sachverhalte nebeneinander zu stellen, Übereinstimmungen und Unterschiede zu markieren und nicht zuletzt Unausgesprochenes, Tabuisiertes zum Thema zu machen. Dazu ist es immer wieder notwendig, insbesondere bei den Schweigenden nachzufragen, ob sie dem Gesagten zustimmen oder widersprechen möchten oder weitere Aspekte benennen können.
298 Albert Lenz In einem engen Zusammenhang mit der Moderation steht die Mediation. Während erstere die Kommunikation und das wechselseitige Verständnis für Sicht- und Handlungsweisen fördert, ist letztere im wesentlichen ein Klärungsund Aushandlungs- bzw. Verhandlungsprozess. Der Mediation kommt insbesondere dann eine besondere Bedeutung zu, wenn ungelöste Interessensgegensätze und interpersonale Konflikte den Zugang zu sozialen Ressourcen versperren oder zumindest wesentlich erschweren. Handlungsleitend im Sinne der verschiedenen Methoden der Netzwerkförderung wie für die Praxis der Gemeindepsychologie insgesamt ist der Empowermentansatz. Empowerment als integratives Handlungskonzept Empowerment lässt sich sinngemäß übersetzen als Selbst-Bemächtigung, als Gewinnung oder Wiedergewinnung von Stärke, Energie und Phantasie zur Gestaltung eigener Lebensverhältnisse. „Empowerment meint einen Prozess, innerhalb dessen Menschen sich ermutigt fühlen, ihre eigenen Angelegenheiten in die Hand zu nehmen, ihre eigenen Kräfte und Kompetenzen zu entdecken und ernst zu nehmen und den Wert selbst erarbeiteter Lösungen schätzen lernen“ (Keupp, 1997, S. 256). In der professionellen Praxis steht Empowerment für eine alternative Grundhaltung, die über das traditionelle Modell professionellen Handelns hinausgeht, das im Wesentlichen auf das Wissen und die Lösungskompetenzen der Expertinnen setzt. Der Empowermentansatz kritisiert die Dominanz der ExpertInnen, ihre mehr oder weniger versteckte Definitions- und Ausführungsmacht in der Hilfebeziehung. Er sieht in dem paternalistischen Handeln der Professionellen eine tendenzielle Verfestigung und Erweiterung der Hilfsbedürftigkeit vieler Klientinnen und Klienten und rückt den Gedanken der Partizipation in das Zentrum professionellen Denkens und Handelns. In den Mittelpunkt gerückt wird ein dialogisch-reflexiver Verständigungsprozess. Dialoge weisen auf eine dialektische Denkbewegung hin, in der „nicht von vorneherein feststeht, was am Ende sich ergeben wird, was am Ende als das Richtige, als die Wahrheit erscheint“ (Horkheimer 1985, S. 300). So verstanden, schließt Dialog Kommunikationsformen wie Überredung, Instruktion oder Weisung aus. Dialog bedeutet eine von Anerkennung und Respekt getragene Begegnung, in der die Partnerinnen und Partner ihre eigenen, möglicherweise voneinander abweichenden Wirklichkeitskonstruktionen, Problemdefinitionen und Lösungsperspektiven entfalten und sich bemühen, ihre Sichtweisen in einem kreativen, aber nicht etwa von Macht oder Manipulation bestimmten Prozess zu vereinbaren. Dialoge sind offen für neue Sinnhorizonte, sie stiften und erschüttern Sinn, konstituieren Realitäten und stellen sich der Kritik. Operational lässt sich Dialog bestimmen als ein Gespräch zwischen gleichberechtigten Partnern über ein gemeinsames, wichtiges Thema, in dem die Beteiligten sich Wahrheit und Offenheit unterstellen und mit ihren Beiträgen aneinander anschließen. Der Professionelle bringt seinen wissenschaftlich fundierten Wissens- und Deutungshorizont, seine Reflexionskompetenzen und sein Erfahrungswissen aus
Förderung sozialer Ressourcen 299 der Praxis in dieses Interaktionsgeschehen ein, aber nicht um damit expertendefinierte, also vertretende Problemlösungen anzustreben bzw. vorzugeben, sondern um Prozesse des Aus- und Verhandelns zu provozieren, die vertiefte Einsichten in Zusammenhänge eröffnen und die Möglichkeitsräume der Betroffenen, das heißt ihre Optionen und Handlungsalternativen, erweitern sollen. Welche Wahlen getroffen werden, welche Wege eingeschlagen werden, verbleibt in der Verantwortung und im Entscheidungsspielraum der Betroffenen als die Expertinnen und Experten für sich und ihren Alltag. Neben dieser Rolle als „stellvertretend Deutender“ übernimmt der Professionelle in Teilhabe-Strategien die Rolle eines Katalysators, der in einem Klima der Ermutigung und des Vertrauens in die Fähigkeiten und Kompetenzen der Klientinnen und Klienten setzt, Verknüpfungen zwischen den Deutungen und Lösungsentwürfen der Beteiligten herstellt und Austauschprozesse anstößt, in deren Verlauf Veränderungspotentiale auf der emotionalen, kognitiven und interaktiven Ebene freigesetzt bzw. gefördert werden. Die Menschen werden dabei zu einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer konkreten Lebenssituation und ihren Problemlagen angeregt und motiviert, eigene Handlungsentwürfe und Bewältigungsformen zu entwickeln, die sie in die Lage versetzen, wieder Kontrolle über die Gestaltung ihrer Lebenswelt zu gewinnen und ein aktives und positives Gefühl des „In-der Welt-seins“ zu empfinden. Ziel ist dabei immer wieder Verknüpfungen herzustellen zwischen der individuellen Ebene und dem sozialen Kontext, das heißt der alltäglichen Lebenswelt, in die die Menschen eingebunden sind. „Das Ziel der Intervention besteht darin, auf den verschiedenen Ebenen versteckte oder nicht genutzte Ressourcen zu entdecken und sie für die Bearbeitung aktueller sozialer Probleme und für die Weiterentwicklung (Stärkung) des sozialen Systems nutzbar zu machen“ (Stark, 1996, S. 161). Die professionelle Haltung des Empowerments beinhaltet daher immer Arbeit mit Menschen in Kontexten und an Kontexten. Literaturverzeichnis Angermeyer, M.C. & Klusmann, D. (Hrsg.) (1989). Soziales Netzwerk – ein neues Konzept für die Psychiatrie. Berlin, Heidelberg, New York: Springer. Antonovsky, A. (1997). Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: DGVT. Antonovsky, A. (1981). Health, stress, and coping. London. Jossey Bass. Badura, B. (1981). Zur sozialepidemiologischen Bedeutung sozialer Bindung und Unterstützung. In: B. Badura (Hrsg.), Soziale Unterstützung und chronische Krankheit (S. 13-39). Frankfurt a.M.: Suhrkamp, Bronfenbrenner, U. (1981). Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Stuttgart: Klett. De Jong, P. & Berg, I.K. (1998). Lösungen (er-)finden. Das Werkstattbuch der lösungsorientierten Kurztherapie. Dortmund: Verlag modernes Lernen. De Shazer, S. (1992). Das Spiel mit Unterschieden. Wie therapeutische Lösungen lösen. Heidelberg: Auer. Diewald, M. (1991). Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken. Berlin: Sigma. Feineis, B. (1998). Soziale Netzwerkarbeit mit Drogenabhängigen. In: B. Röhrle, G. Sommer & F. Nestmann (Hrsg.), Netzwerkinterventionen (S. 119-138). Tübingen: DGVT.
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Zum Autor: Prof. Dr. Albert Lenz, Dipl.-Psychologe. Kath. Fachhochschule Nordrhein-Westfalen, Abt. Paderborn, Leostraße 19, 33098 Paderborn. Lehrgebiete: Sozialpsychologie und Klinische Psychologie. Arbeitsschwerpunkte: Theorie und Praxis der Gemeindepsychologie, Psychosoziale Beratung, Evaluation und Qualitätssicherung von Beratung/Therapie.
302 Albert Lenz Anschrift: Kath. Fachhochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Paderborn, Leostraße 19, 33098 Paderborn.