Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
Hoffnung Alter 1.–1. September 2010, Berlin 2. Gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie und der Schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie 10. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie
Herausgeber
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
Organ der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG)
Organ des Bundesverbands Geriatrie e. V. (BV Geriatrie)
Herausgeber Prof. Dr. Gertrud M. Backes, Universität Vechta, Forschungszentrum Altern und Gesellschaft,
[email protected] Prof. Dr. Dr. R.D. Hirsch, Abteilung für Gerontopsychiatrie und Gerontopsychiatrisches Zentrum, Rheinische Kliniken Bonn,
[email protected] Prof. Dr. G. Igl, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in Europa,
[email protected] Prof. Dr. T. Klie, Ev. Hochschule, Hochschule für Soziale Arbeit, Diakonie und Religionspädagogik,
[email protected] Prof. Dr. A. Kruse, Ruprecht-Karls-Universität, Institut für Gerontologie,
[email protected] Prof. Dr. G. Naegele, Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Institut für Gerontologie,
[email protected] Prof. Dr. Th. Nikolaus, Bethesda Geriatrische Klinik, Universität Ulm,
[email protected] Prof. Dr. W. von Renteln-Kruse, Albertinen-Haus, Zentrum für Geriatrie und Gerontologie, Universität Hamburg,
[email protected] Prof. Dr. C. Sieber, Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg,
[email protected] Prof. Dr. C. Tesch-Römer, Deutsches Zentrum für Altersfragen (DZA),
[email protected]
Beirat C. Becker, Stuttgart • H. Braun, München P. G. Coleman, Southampton • H. Döhner, Hamburg T. Frühwald, Wien • K.-G. Gaßmann, Erlangen S. Görres, Bremen • B. Grubeck-Loebenstein, Innsbruck G. Heuft, Münster • F. Höpflinger, Zürich-Oerlikon W. Hofmann, Neumünster • U. Kalbermattern, Bern T. Klein, Heidelberg • F. Kolland, Wien A. Kuhlmey, Berlin • U. Lehr, Bonn C. Meißner, Lübeck • H.G. Nehen, Essen M.G.M. Olde-Rikkert, Nijmegen • P. Oster, Heidelberg P. Perrig-Chiello, Bern • L. Pientka, Herne • M. Reichert, Dortmund L. Rosenmayr, Wien • H. Rothgang, Bremen D.O. Schachtschabel, Marburg • D. Schaeffer, Bielefeld W. Schmähl, Niebüll • R. Schmidt, Erfurt A. Schramm, Bayreuth • J. Schröder, Heidelberg F. Schulz-Nieswandt, Köln • H.B. Stähelin, Binningen E. Steinhagen-Thiessen, Berlin • A. Stuck, Bern H.P. Tews, Heidelberg • I. Tufan, Antalya H.-W. Wahl, Heidelberg • H. Werner, Oberursel S. Zank, Siegen • T. von Zglinicki, Newcastle upon Tyne
Impressum • Imprint
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
Band 43 · Supplement 1 · September 2010
Editorial Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer | Dr. phil. Marcus Leser
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Abstracts Kongresseröffnung KV1 Keynote-Vortrag I ES01 Exzellenz-Symposium der Sektion I Alterungsmechanismen als Ursache ür Alterserkrankungen
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Verleihung des Margret und Paul Baltes Preises
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Geschichte der Charité
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S01 Symposium der Sektion III Neuere Quantitative Ansätze in der Altersforschung Sat01 Satelliten-Symposium Demographischer Wandel und die Innovationskraft der Kommunen S02 Symposium der Sektion IV Pflege und Teilhabe alter Menschen - Professionalisierung im Wandel PS01 Papersession der Sektion IV Technologien, Dienstleistungen und Design für Ältere S03 Symposium der Sektion IV Bildung und Handlungsfähigkeit im Alter S04 Symposium der Sektion IV Freiheitseinschränkende Maßnahmen: Eine fachliche und menschenrechtliche Herausforderung IV01 Interdisziplinäre Veranstaltung Gesundheit im Alter S05 Symposium der Sektion III Altern im sozialen Wandel: Rückkehr der Altersarmut? S06 Symposium der Sektion III Interdisziplinäres Nachwuchssymposium - Perspectives of Ageing - Individuelle Ressourcen und institutionelle Rahmenbedingungen S07 Symposium der Sektion IV Vernetzt denken und handeln - Perspektiven für die Versorgung von Menschen mit Demenz PS02 Papersession der Sektion IV Wohnformen der Zukunft S08 Symposium der Sektion II/III Pharmakotherapie im Alter und deren Angemessenheit in unterschiedlichen Versorgungssettings PS03 Papersession der Sektion IV Versorgung und Dienstleistungen im Quartier
Titelbild: © Berlin Bilder Service
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Mitgliederversammlung Sektion IV
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Mitgliederversammlung Sektion III
33
Mitgliederversammlung Sektion II
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Mitgliederversammlung Sektion I
33
IV02 S09
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Interdisziplinäre Veranstaltung Generationengerechtigkeit Symposium der Sektion III Die Verlängerung der Erwerbsphase als gesellschaftliche Herausforderung S10 Symposium der Sektion II Multimorbidität in der Bevölkerung und bei Heimbewohnern. Konsequenzen für den Funktionsstatus und die weitere Entwicklung S11 Symposium der Sektion II Die Lebensqualität geriatrischer Patienten in der Zeit nach dem Krankenhaus - Entlassungsvorbereitung und Patientenüberleitung S12 Symposium der Sektion I Elektrophysiologie kognitiver Veränderungen im Alter S13 Symposium der Sektion III Etablierung eines Mentoring-Programms in der DGGG: Voraussetzungen, Beziehungskonstellationen und Umsetzung S14 Symposium der Sektion II Technology-based Therapy for Stroke Rehabilitation ES02 Exzellenz-Symposium der Sektion III Aktiv im Alter - um jeden Preis? Symposium Der Sechste Altenbericht der Bundesregierung: Altersbilder in der Gesellschaft S15 Symposium der Sektion II Berliner Altersstudie II (BASE-II): Eine multidisziplinäre Studie zu physiologischen und pathologischen Veränderungen des Alterungsprozesses S16 Symposium der Sektion III Salutogenese im Alter PS04 Papersession der Sektion IV Personalentwicklung und Kooperation in der Pflege S17 Symposium der Sektion III Hoffung Alter - Perspektiven auf Arbeit im aktiven Alter S18 Symposium der Sektion II/III Gedächtnissprechstunden als Orte gerontologischer und geriatri scher Forschung - eine wichtige Funktion neben der reinen Versorgung von Alterspatienten KV02 Keynote-Vortrag II IV03 Interdisziplinäre Veranstaltung Biomarker des Alterns S19 Symposium der Sektion II Stürze im Alter - Die Bundesinitiative Sturzprävention stellt sich vor S20 Symposium der Sektion II Gesundheit im Alter: Ergebnisse aus Kora-Age S21 Symposium der Sektion IV Mit Behinderung älter werden S22 Symposium der Sektion III und IV Leuchtturmprojekt Demenz: Aktuelle Ergebnisse ausgewählter Forschungsprojekte im Bereich ambulanter und stationärer Versorgung
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
Band 43 · Supplement 1 · September 2010
S23
Symposium der Sektion III/IV Bilder des Alterns - Übergänge und Altersbilder als Gegenstand qualitativer Forschung S24 Symposium der Sektion III Die Bedeutung von Musik im Erwachsenenalter und Alter IV04 Interdisziplinäre Veranstaltung Translational Research - Alternsforschung in der Praxis S25 Symposium der Sektion III/IV Optimierung der Bewältigung chronischer Krankheit im Alter PS05 Papersession der Sektion III und IV Generationenbeziehungen PS06 Papersession der Sektion I, II und III Trends und Einflussfaktoren der Demenz und ihrer Versorgung S26 Symposium der Sektion IV Betreuer, Sachverwalter, Beistand: Konzepte, Praxis und Desiderate im Erwachsenenschutzrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz S27 Symposium der Sektion III „Sun City“ in Deutschland? Motivation für und Auswirkungen von Standortentscheidungen älterer Menschen S28 Symposium der Sektion III Transnationale Altersmigration
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Mitgliederversammlung der DGGG
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Gesellschaftsabend der DGGG und SGG
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ES03 Exzellenz-Symposium der Sektion IV Altern im Quartier - Beratung, Planung, Vernetzung S29 Symposium der Sektion III Interdisziplinäre Alternsforschung heute: Versuch einer Standortbestimmung PS07 Papersession der Sektion II, III und IV Altersbilder PS08 Papersession der Sektion I, III und IV Körperliche Aktivität und Sport S30 Symposium der Sektion II Die Pflege in der Geriatrie Stand 2010 S31 Symposium der Sektion III Zwischen Beruf und Pflege: Konflikt oder Chance? PS09 Papersession der Sektion IV Ambulante Pflege und familiäre Versorgungssettings PS10 Papersession der Sektion II Geriatrische Diagnostik und Prävention ES04 Exzellenz-Symposium der Sektion II Geriatrische Versorgung in der Zukunft S32 Symposium der Sektion III/IV Mehrfach erkrankt, dennoch mobil im Alter?! Befunde und mögliche Interventionen S33 Symposium der Sektion III Unterstützung für Angehörige von Menschen mit Demenz: Wirkung und Nutzen aus unterschiedlichen Perspektiven S34 Symposium der Sektion III/IV Hoffnung im Alter leibhaftig erfahren S35 Symposium der Sektion IV Qualitätsentwicklung und -steuerung in der Langzeitpflege durch das Resident Assessment Instrument (RAI) in Deutschland und der Schweiz S36 Symposium der Sektion IV Pflegeoasen in der stationären Langzeitpflege höhere Lebensqualität für Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz? Sat02 Satelliten-Symposium Gesund Altern. Herz im Fokus PS11 Papersession der Sektion II Geriatrische Interventionen KV03 Keynote-Vortrag III PS12 Papersession der Sektion IV Haltung, Einstellungen, Habitus PS13 Papersession der Sektion II, III und IV Compression of Morbidity PS14 Papersession der Sektion III Neue Ansätze in Diagnostik und Therapie von leichter kognitiver Beeinträchtigung, Demenz und Depression PS15 Papersession der Sektion III Psychische Ressourcen und Verarbeitungsprozesse im mittleren und höheren Alter S37 Symposium der Sektion III Erreichbarkeit von Älteren in der Prävention und Gesundheitsförderung S38 Symposium der Sektion IV Demenz und Musik S39 Symposium der Sektion III/IV Die Individualisierung von Diagnostik und Intervention in der pflegerischen Betreuung demenzkranker Menschen eine idiographische Analyse PS16 Papersession der Sektion II Geriatrische Interventionen II PS17 Papersession der Sektion II, III und IV Regionale und quartiersbezogene Aspekte des Alterns PS18 Papersession der Sektion III und IV Lebensqualität im Heim PS19 Papersession der Sektion I, III und IV Prävention und Gesundheitsförderung PS20 Papersession der Sektion III und IV Ältere Belegschaften und Arbeitnehmer PS21 Papersession der Sektion III und IV Ältere Menschen mit Migrationserfahrung PS22 Papersession der Sektion II und III Prädiktoren und Facetten von Wohlbefinden PS23 Papersession der Sektion IV Neue Herausforderungen im Pflegealltag PS24 Papersession der Sektion I Molekulare Medizin Moderatoren und Referenten Autorenverzeichnis der freien Symposien, Poster- und Papersessions
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Editorial
Grußwort der Präsidenten
Hoffnung Alter Das Prinzip Hoffnung ist für Alter und Altern von großer Bedeutung. Der damit verbundene Optimismus ist mit dem Gedanken gepaart, die Erkenntnisse gerontologischer und geriatrischer Forschung für ein gutes und aktives Alter zu nutzen. Zugleich bezieht sich das Motto auf das Potential Älterer, die Gesellschaft produktiv zu beeinflussen und die Beziehungen zwischen den Generationen zu bereichern. In diesem Jahr ist es uns gelungen, viele interessante und engagierte Referentinnen und Referenten zu gewinnen. Wir freuen uns, Ihnen das attraktive Programm für den Kongress „Hoffnung Alter“ in Berlin vorzustellen. Die Keynote-Vorträge von Lenhard Rudolph (Ulm), Manfred Diehl (Fort Collins, Colorado, USA) und Rolf Heinze (Bochum) behandeln hochaktuelle Themen der Alternswissenschaft. Vier interdisziplinäre Veranstaltungen schaffen Foren für die Vermittlung grundlegender Erkenntnisse der Alternsforschung. Die Exzellenz-Symposien der vier Sektionen unserer Gesellschaft stellen den State of the Art jener alternswissenschaftlichen Disziplinen vor, die sich in der DGGG organisieren: Experimentelle Gerontologie (Biologie des Alterns), geriatrische Medizin, sozial- und verhaltenswissenschaftliche Gerontologie sowie soziale Gerontologie und Altenarbeit. Der Kongress bietet Ihnen die Gelegenheit, sich mit Vertretern und Vertreterinnen verschiedener Disziplinen auszutauschen, die an der Alternsforschung beteiligt sind, wie etwa Biologie, Alternsmedizin, Pflegewissenschaft, Demographie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und Erziehungswissenschaft. Wir heißen Sie herzlich willkommen in der Charité Berlin! Wir freuen uns auf anregende Gespräche und Diskussionen mit Ihnen. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich über den neuesten Stand zur Alternsforschung zu informieren und Netzwerke zu knüpfen! Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer Präsident DGGG
Dr. phil. Marcus Leser President past SGG
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Z Gerontol Geriat 2010 [Suppl 1] · 43:1–143 DOI 10.1007/s00391-010-0141-6 © Springer-Verlag 2010
Mittwoch, 15. September 2010 11:00 – 13:00 Hörsaal 1+2 Kongresseröffnung Moderation: C. Tesch-Römer, Berlin; M. Leser, Bern
Begrüßung Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie Ansprache zur Eröffnung des Kongresses Dr. Kristina Schröder Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Grußworte Dr. Markus Leser Schweizerische Gesellschaft für Gerontologie Dr. Werner Vogel Deutsche Gesellschaft für Geriatrie Vergabe des Max-Bürger-Preises der DGGG Laudatio: Prof. Dr. Andreas Simm, Halle Vortrag der Preisträger Dr. Alessandro Cellerino, Jena Prof. Dr. Christoph Englert, Jena PD Dr. Matthias Platzer, Jena
11:30 – 13:00 Hörsaal 1+2 KV1 Keynote-Vortrag I Moderation: A. Simm, Halle (Saale) Warum altern Stammzellen? Prof. Dr. Karl Lenhard Rudolph,Ulm Als Stammzellen werden Körperzellen bezeichnet, die je nach Art und Beeinflussung durch das sie umgebende Milieu das Potential haben, sich in jegliches Gewebe (totipotente „embryonale“ Stammzellen) oder in bestimmte festgelegte Gewebetypen (pluripotente „adulte“ Stammzellen) zu entwickeln. Die Alterung der Stammzellen könnte eine Rolle für das Nachlassen des Organerhalts im Alter spielen. Im Vortrag werden Mechanismen der Stammzellalterung und deren Auswirkung auf die Organfunktion vorgestellt. Professor Dr. med. Karl Lenhard Rudolph ist Leiter des Instituts für Mole kulare Medizin der Universität Ulm und der Max-Planck-Forschungs gruppe für Stammzellalterung.
Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 1 14:00 – 15:30 ����� ES01 Exzellenz-Symposium der Sektion I Alterungsmechanismen als Ursache für Alterserkrankungen Moderation: A. Simm, Halle (Saale)
Kein Tag vergeht, an dem wir nicht ein bisschen älter werden. Das Altern per se ist ein komplexer, stochastischer Prozess, dessen genaue Mechanismen noch viele Rätsel aufgeben. Nach dem weitgehenden Sieg der Medizin über die Infektionskrankheiten im letzten Jahrhundert sind alle großen Volkskrankheiten Alterskrankheiten. Leider haben die Mediziner zumeist nur die Möglichkeit, diese symptomatisch zu behandeln. So lässt sich z.B. der Bluthochdruck relativ gut einstellen, ohne je verstanden zu haben, warum er denn genau erhöht war. Es zeigt sich in diesem Zusammenhang, dass primäre Alterungsmechanismen kausal für degenerative Erkrankungen mitverantwortlich sind. Durch das bessere Verständnis der ursächlichen Mechanismen der Krankheitsentstehung wird die Grundlage für neue Therapieoptionen geschaffen werden. 14:00 – 14:15 ES01-01 Alterungsmechanismen als Grundlage für Biomarkerforschung T. von Zglinicki, New Castle upon Tyne Altern ist der wichtigste Risikofaktor für alle häufigen schweren Erkrankungen in der industrialisierten Welt. Prophylaktische Interventionen in den Alterungsprozess sind möglich, und selbst therapeutische Interventionen erscheinen nicht mehr ausgeschlossen. Sinnvolle Interventionen erfordern eine Erfolgskontrolle: die Rate des Alterns muss schnell und verlässlich messbar sein in jedem Individuum. Die erforderlichen Biomarker existieren noch nicht. Fortschritte in der molekularen und zellulären Alternsforschung haben jedoch eine Vielzahl von Marker-Kandidaten identifiziert. Ergebnisse aktueller Testprogramme für ausgewählte Marker werden diskutiert. 14:15 – 14:30 ES01-02 Zellalterung und Leberzirrhose K. L. Rudolph, Ulm Eine Stammzelle muss sich zeitlebens teilen – das unterscheidet sie von anderen Zellen. Die Gewebeerneuerung ist von funktionierenden Stammzellen abhängig. Stammzellen tragen wesentlich zum Organerhalt und damit zur Aufrechterhaltung der Organfunktion bei. Verkürzte Telomere sind unter anderem die Ursache für die Alterung der Stammzellen können aber auch die Regenerationsfähigkeit von somatischen Organzellen begrenzen. Die so ausgelöste nachlassende Regenerationskapazität könnte der Grund für die Entstehung von zentralen Erkrankungen wie z.B. der Leberzirrhose sein. Leberzirrhose entsteht im Endstadium chronischer Erkrankungen und ist mit einem Verlust von Zellteilungsfähigkeit assoziiert. Dieser Verlust von Regenerationsfähigkeit korreliert mit der Verkürzung der Telomere und der Aktivierung des Seneszenz-Kontrollpunkts. Die Zellalterung erscheint somit als ein ursächlicher Faktor der Entstehung von Leberzirrhose. 14:30 – 14:45 ES01-03 Ein entscheidender Prozess von Embryogenese bei Krebs und Alzheimer: Die Spaltung von Proteinen der Zellmembran P. Herrlich, Jena Alle Zellen des menschlichen Körpers tragen unzählige Proteine, die aus der Zellmembran herausragen. Diese Proteine sind deshalb Angriffen aus der Umgebung ausgesetzt. Beispielsweise wirken Proteasen, Protein-spaltende Enzyme, auf sie ein. Die Proteine werden „ge-shedded“. Da durch ändert sich das Verhalten der Zellen. Besonders interessant sind Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Membranproteine, welche durch die Membran ins Zellinnere reichen. Der Abspaltung durch bestimmte Enzyme (Metalloproteasen, ADAMs) folgt eine zweite Spaltung in der Membranlipidschicht selbst. Dies ist das Werk der Gamma-Sekretase. Solche Protein-Prozessierungen spielen sowohl im normalen Organismus, vom Embryo bis zum Erwachsenen, als auch bei vielen Erkrankungen wichtige, essentielle Rollen. Wenn ein Prozess sehr wichtig ist, muss er reguliert werden. Wie sind die Spal tungen kontrolliert, dies ist die Frage dieses Vortrags. 14:45 – 15:00 ES01-0 4 Morbus Parkinson als Folge mitochondrialer Schädigungen J. Bereiter-Hahn, Frankfurt a. M. Morbus Parkinson ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Der Funktionsverlust dopaminerger Neuronen ist stark altersabhängig und geht mit dem Auftreten von Proteinaggregaten aus α-Synuclein einher. Bereits früh treten Anzeichen mitochondrialer Schädigung auf, wie etwa erhöhte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), Peroxidation von Lipiden und Proteinen. Mitochondrien sind die Hauptproduzenten von ROS und gleichzeitig auch deren erste Angriffsstelle. Daher kommt der Qualitätskontrolle von Mitochondrien ein entscheidender Anteil bei alternsabhängigen Erkrankungen zu. Die Mechanismen hierzu bestehen in der Eliminierung geschädigter Mitochondrien oder der Verteilung und damit Verdünnung geschädigter Bestandteile über das ganze Chondriom. Eine zentrale Rolle kommt hierbei dem Gen für PINK1 (PARK6) zu. 15:00 – 15:15 ES01-05 Mitochondriale DNA-Deletionen und Hauterkrankungen J. Krutmann, Düsseldorf Die der Lichtalterung der Haut zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind bis heute nicht vollständig verstanden. Verschiedene molekulare Signalwege, die Charakteristika der lichtinduzierten Hautalterung erklären sind bisher aufgeklärt worden, was allerdings noch fehlt ist ein Konzept, welches die unterschiedlichen Mechanismen zusammenfasst und das Gesamtphänomen „Lichtalterung“ erklärt. Wir schlagen hierzu das „Modell der defekten Kraftwerke“ („Defective Powerhouse Model of Premature Skin Ageing“) vor. Dieses Modell fasst die meisten bisher erlangten Erkenntnisse in einem Konzept zusammen. Es besagt, dass sowohl die von ultra-violetter Strahlung hervorgerufene Entstehung von Deletionen der mitochdrialen DNS als auch die von Infrarotstrahlung ausgelöste Störung des Elektronenfluss über die mitochondriale Elektronentransportkette zu einer Störung der Energiekonservierung in dermalen Fibroblasten führt. Die Folge dieser „defekten Kraftwerke“ ist die Initiation retrograder mitochondrieller Signalwege die wiederum fuktionelle und strukturelle Veränderungen der Haut bewirken. Dieses Modell wird von einer stetig wachsenden Anzahl aktueller Untersuchungen unterstützt und hat Bedeutung für die Behandlung und Prävention der lichtinduzierten vorzeitigen Hautalterung.
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 2 14:00 – 15:30 Verleihung des Margret und Paul Baltes Preises Laudatio: Prof. Dr. Frank Oswald; Frankfurt a. M. Vortrag des Preisträgers: PD Dr. Daniel Zimprich, Zürich/CH Geschichte der Charité
14:45 – 15:30 300 Jahre Charité: Vom Hospital für Alte und Gebrechliche zum modernen Großkrankenhaus J. Bleker, Berlin Die Charité feiert im Jahr 2010 einen zweifachen Geburtstag: 300 Jahre sind seit der Gründung als Pesthaus vergangen, 200 Jahre seit der Gründung der Humboldt Universität zu Berlin, deren Universitätsklinikum die Charité 1950 wurde. Im Zentrum des Rückblicks werden nicht die berühmten Ärzte oder die baulichen Metamorphosen der Charité stehen sondern ihre Klientel, deren Zusammensetzung die 300jährige Entwicklung der Charité von einem Hospital für Alte und einem Lazarett für Arme zu einem Zentrum der modernen Hochleistungsmedizin widerspiegelt. Professor Dr. med. Johanna Bleker ist Medizinhistorikerin am Institut für Geschichte der Medizin des Charité Centrums für Human- und Gesundheitswissenschaften (ZHGB).
Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 3 14:00 – 15:30 S01 Symposium der Sektion III Neuere Quantitative Ansätze in der Altersforschung Moderation: O. Huxhold, Berlin
Dieses Symposium soll neuere methodische Entwicklungen einem breiteren Publikum vorstellen und setzt damit die 2009 erstmalig begonnene Reihe anwendungsorientierter, quantitativer Methodensymposia im Kontext der Jahrestagung der Sektion für sozial- und verhaltenswissenschaftliche Gerontologie fort. Das Hauptaugenmerk der Beiträge richtete sich dabei auf die Darstellung von Fragestellungen, deren Beantwortung sich aus methodischer Sicht komplex gestaltet. Die in den Beiträgen vorgestellten Methoden werden neue Zugänge zu diesen Problemstellungen liefern. Die Vermittlung wird in einer Weise erfolgen, die auch für Forscher, die nicht ausgewiesene quantitative Methodiker sind, möglichst verständlich ist. Die Beiträge des Symposiums decken eine große Themenbreite ab. Schilling betrachtet Veränderungen im subjektiven Wohlbefinden, die sich am Lebensende vollziehen (terminal decline). Wiest und Kollegen gehen der Frage nach, wie sich Verwitwung auf das Wohlbefinden auswirkt und ob diese Veränderungen die Mortalität vorhersagen können. Schöllgen und Kollegen untersuchen die Zusammenhänge körperlicher Gesundheit und emotionalen Erlebens im Kontext von Unterschieden in der Bildung. Zwei weitere Beiträge betrachten die kognitive Leistungsfähigkeit. Mascherek stellt die Frage nach den Implikationen korrelierter Veränderungen in verschieden kognitiven Fähigkeiten. Bei Schmiedek und Kollegen stehen im Zentrum der Untersuchung kognitive Leistungsschwankungen von jüngeren und älteren Erwachsenen auf verschiedenen Zeitebenen.Zimprich betrachtet interindividuelle Unterschiede in inraindividuelle Veränderungen mit Hilfe einer Mehrebenenfaktoranalyse.
14:00 – 14:15 S01-01 Dynamische Beziehungen zwischen Emotionen und körperlicher Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte I. Schöllgen, O. Huxhold, C. Tesch-Römer; Berlin
14:30 – 14:45 S01-03 Eine Logit-Analyse terminaler Veränderungen in Wohlbefindensvariablen O. Schilling, Heidelberg
Fragestellung: Die vorgestellte Studie untersuchte altersbezogene Entwicklungen in körperlicher Gesundheit, positivem Affekt (PA) und negativem Affekt (NA) sowie dynamische Beziehungen zwischen Emotionen und Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte. Zudem wurden Unterschiede in den Verläufen und ihren Wechselbeziehungen in Abhängigkeit von Bildung betrachtet. Methoden: Es wurden Daten des Deutschen Alterssurveys von bis zu drei Erhebungswellen über den Zeitraum von 12 Jahren verwendet (N = 4,034, Alter T1 = 40-85 Jahre). Zur Analyse wurden Dual Change ScoreModelle herangezogen. Ergebnisse: Es wurden Abnahmen in körperlicher Gesundheit und NA über das Alter gefunden. Abnahmen in PA zeigten sich vorwiegend für die Gruppe mit niedriger Bildung. Zudem gab es nur in dieser Gruppe einen Effekt von NA auf die körperliche Gesundheit. Interpretation: Die Befunde legen nahe, dass die Bildung eine Rolle für emotionales Erleben und Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte spielt. Theoretische Modelle lassen vermuten, dass die unterschiedliche Verfügbarkeit psychosozialer Ressourcen hierbei eine Rolle spielt.
Fragestellung: Diese Studie folgt dem Konzept einer terminalen Lebensphase, in der sich möglicherweise spezifische Abbaudynamiken entfalten, die intraindividuelle Veränderungen assoziiert mit der Überlebenszeit und unabhängig vom Alter hervorrufen. Es wird untersucht, ob sich solche terminalen Veränderungen auch in Wohlbefindensindikatoren zeigen, und eine Sekundärdatenanalyse überlebenszeitassoziierter Veränderung präsentiert, die nicht als kontinuierlicher Abbau bis zum Tod, sondern als schubweiser, dem Tode zeitlich vorangehender „Terminal Drop“ statistisch modelliert wurde. Methoden: Es werden Daten des Projekts ENABLE-AGE (N=450, Alter 80-90) bzw. Follow-Up-Projekts LateLine genutzt. Die Veränderung über 3 Messzeitpunkte (2002, 2003, 2004) in verschiedenen Indikatoren – u.a. depressive Symptome (Geriatric Depression Scale), psychologisches Wohlbefinden (Ryff-Skalen), allgemeine Lebenszufriedenheit etc. – wird in Abhängigkeit von der Überlebenszeit bis 2009 untersucht. Es werden Growth Curve Models logit-transformierter Variablenwerte spezifiziert und mittels der SAS Prozedur nlmixed berechnet Ergebnisse: Der modellierte Effekt terminaler Verschlechterung zeigt sich u.a. in den depressiven Symptomen und der Ryff-Skala „Environmental Mastery“, nicht jedoch in Lebenszufriedenheit und der Ryff-Skala „Purpose in Life“. Keiner dieser Effekte zeigte sich bei einer TerminalDrop-Modellierung eines kontinuierlichen Abbaus zum Lebensende. Interpretation: Die Ergebnisse deuten auf eine terminale Veränderungsdynamik mit dem Charakteristikum eines schubweisen Abbaus, der dem Tod in einiger zeitlicher Distanz vorausgeht. Diese solchermaßen modellierte Dynamik könnte somit für die Analyse terminaler Prozesse hilfreich sein. Inhaltlich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass v.a. solche Aspekte psychologischen Wohlbefindens von diesen terminalen Prozessen betroffen sind, die direkter von physischer Funktionalität und Aktivierung abhängen.
14:15 – 14:30 S01-02 Latent Difference Scores in Panelstudien: Veränderungen im Subjektiven Wohlbefinden nach Verwitwung und die Vorhersage von Mortalität M. Wiest, O. Huxhold, S. Wurm, C. Tesch-Römer, B. Schüz; Berlin Fragestellung: Subjektives Wohlbefinden (SWB) ist relativ stabil über den Lebenslauf. Neuere Forschungsergebnisse legen jedoch nahe, dass kritische Lebensergeinisse sich nicht nur kurz- sondern auch langfristig auf das Niveau von SWB auswirken. Das Ausmaß dieser Auswirkungen variiert zudem interindividuell. Viele Studien konnten zeigen, dass SWB ein Prädiktor von Lebenserwartung ist. Im Anbetracht von Veränderungen in SWB stellt sich aber die Frage, welche Effekte solche interindividuell unterschiedliche Veränderungen auf die Vorhersage von Mortalität haben. Methoden: Die Stichprobe umfasste 942 verwiwetet Personen des Sozioökonomischen Panels. Datengrundlage für die Veränderungen von SWB bildeten jährliche Bewertungen der eigenen Lebenszufriedenheit über einen Zeitraum von maximal zehn Jahren. Mit Hilfe eines Latent Difference Score Ansatzes wurden individuelle Unterschiede in der Veränderung von SWB nach dem Verlust des Partners analysiert. Der Veränderungsparameter aus dem Latent Difference Model wurde dann als Prädiktor in einer Survivalanalyse spezifiziert. Ergebnisse: Der Modell-Fit des Latent Difference Score Models für Veränderungen in SWB war gut (TLI = .95, CFI = .96, RMSEA = .03 (90%CI = .025-.032)). Die Teilnehmer unterschieden sich nicht nur im Niveau von SWB vor der Verwitwung, sondern auch in ihren kurz- und langfristigen Veränderungen von SWB. Individuelle Unterschiede in der Anpassung an Verwitwung waren darüberhinaus mit Mortalität assoziert (HR = .72, 95% CI = .55-.94, p = .017, kontrolliert für Alter, Geschlecht, Bildung und Gesundheit). Personen, die langfristig ein höheres Niveau von SWB erreichten, waren mit geringerer Wahrscheinlichkeit 15 Jahre nach dem Verlust des Partners verstorben. Interpretation: Diese Studie lieferte erste Hinweise auf eine bedeutsame Assoziation zwischen Veränderungen im SWB und Mortalität. Die Fähigkeit, ein hohes SWB nach kritischen Lebensereignissen wiederzuerlangen, stellt demnach eine wichtige personale Ressource dar.
14:45 – 15:00 S01-04 Altersunterschiede in intraindividueller Variabilität kognitiver Leistungen innerhalb und zwischen Tagen: Mehrebenenanalysen von Längsschnittdaten mit geschachtelten Zeitebenen F. Schmiedek, M. Riediger1, G. G. Wagner1, U. Lindenberger1; Frankfurt a. M., 1 Berlin Fragestellung: Tag-tägliche Schwankungen kognitiver Leistungsfähigkeit sind ein ebenso häufig genanntes wie relevantes, jedoch empirisch kaum untersuchtes Phänomen. Während eine Reihe von Befunden darauf hinweisen, dass ältere Erwachsene neben niedrigeren mittleren Leistungen bei kognitiven Aufgaben auch stärkere Leistungsschwankungen von einem Aufgabendurchgang zum nächsten zeigen, wurden Schwankungen auf langsameren Zeitebenen (Stunden und Tage) bisher kaum untersucht. Methoden: Eine Stichprobe von 378 Teilnehmern im Alter von 14 bis 86 Jahren bearbeiteten im Rahmen einer Experience Sample-Studie zu 54 Zeitpunkten (9 Tage à 6 Messzeitpunkte) je 2 Durchgänge einer numerischen Arbeitsgedächtnisaufgabe auf Mobiltelefonen. Zur Schätzung der verschiedenen Varianzkomponenten (innerhalb und zwischen Tagen) werden Mehrebenenmodelle verwendet, welche eine geschachtelte Struktur der Messwiederholungen berücksichtigen. Die Verwendung von zwei Durchgängen pro Messzeitpunkt erlaubt dabei eine Trennung der durchgangs-, zeitpunkt- und tagesspezifischen Varianzkomponenten. Ergebnisse: Es lassen sich im Mittel für alle Altersgruppen (Jugendliche und Erwachsene jungen, mittleren und höheren Alters) signifikante Varianzkomponenten auf den verschiedenen Zeitebenen nachweisen und die Unterschiede zwischen den Altersgruppen mittels Modellvergleichtstests prüfen.
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Abstracts Interpretation: Schwankungen der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alltag lassen sich mittels auf Mobilfunktelefonen implementierten Aufgaben bei Jugendlichen und Erwachsenen bis ins hohe Lebensalter empirsch erfassen. Die Verwendung von mehreren Aufgabendurchgängen pro Messzeitpunkt und der Einsatz von Mehrebenenmodellen zur Datenanalyse erlauben die Erfassung von systematischen Schwankungen über Zeitpunkte und Tage. 15:00 – 15:15 S01-05 Korrelierte Veränderungen, Dedifferenzierung und Kausalität A. Mascherek, Zürich/CH In der entwicklungspsychologischen Forschung gilt der Veränderung oder Stabilität von Konstrukten auf der Zeitdimension des Lebensalters sowohl zwischen als auch innerhalb von Personen das Hauptinteresse. Trotzdem werden zur Erforschung dieser Frage zumeist Querschnittsdaten und Mittelwertsdifferenzen anstelle von Längsschnittsdaten herangezogen. Die Frage, inwieweit Zeit einen Einfluss als Variable an sich hat, bleibt so ungeklärt, da beispielsweise Kohorteneffekte oder eine altersheterogene Gruppenzusammensetzung die Analyse systematisch beeinflussen können. Auch die Frage nach der parallelen Veränderung zweier Konstrukte kann so nicht zufriedenstellend betrachtet werden. Möglicherweise stellt die Modellierung korrelierter Veränderung latenter Konstrukte mit längsschnittlichen Daten eine Alternative dar. Diese Idee soll am Beispiel korrelierter Veränderungen zwischen objektiver Gedächtnisleistung und subjektiven Gedächtnisbeschwerden illustriert werden. Daten für die vorliegende Präsentation stammen aus der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters über Bedingungen gesunden und zufriedenen Älterwerdens (ILSE). In einer Stichprobe älterer Erwachsener (N = 297, Durchschnittsalter zu T1: 62 Jahre) wurden objektive Gedächtnismasse und subjektive Gedächtnisbeschwerden zu drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von 12 Jahren erhoben. Die Veränderungen korrelieren um das Fünffache stärker miteinander als die Ausgangswerte. Der Zusammenhang zwischen subjektiven Gedächtnisbeschwerden und tatsächlicher Gedächtnisleistung manifestiert sich also vor allem im Ausmaß der gemeinsamen Veränderung. 15:15 – 15:30 S01-06 Mehrebenen-Faktoranalyse von interindividuellen Unterschieden in intraindividuellen Veränderungen D. Zimprich, Zürich/CH Bisherige Analysen deuten darauf hin, dass sich Affekte entlang zweier Dimensionen anordnen lassen, positiver Affekt und negativer Affekt. Diese Ergebnisse hinsichtlicher der Struktur von Affekt beruhen jedoch auf Daten, die Unterschiede zwischen Personen beschreiben. Von Interesse ist demgegenüber auch, welche Struktur Affekt innerhalb der Person aufweisen. Datengrundlage bilden die Selbsteinschätzungen von 10 Affekten an 20 aufeinanderfolgenden Tagen in einer Stichprobe von 70 älteren Personen. Als Auswertungsverfahren wurde die Mehrebenenfaktoranalyse verwendet, die es erlaubt, simultan sowohl inter- als auch intraindividuelle Unterschiede zu modellieren. Die Ergebnisse zeigen, dass auf beiden Analyseebenen ein zweifaktorielles Modell aus positivem und negativem Affekt die Daten gut beschreibt. Darüber hinaus konnte über die Ebenen hinweg schwache Messinvarianz, d.h., Gleichheit der Faktorladungen, hergestellt werden. Ein anschliessender Vergleich zeigte, dass die Varianzen der Faktoren auf beiden Ebenen nicht signifikant verschieden waren, dass aber die negative Korrelation zwischen positivem und negativem Affekt stärker ausgeprägt war innerhalb der Person (-.82) als zwischen Personen (-.42). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass innerhalb der Person eher eine bipolare Affektstruktur mit den Polen positiv und negativ vorherrscht.
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Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 6 14:00 – 17:00 ����� Sat01 Satelliten-Symposium Demographischer Wandel und die Innovationskraft der Kommunen 14:00 – 14:15 Sat01-01 Begrüßung Sibylle Laurischk, MdB, Vorsitzende im Familienausschuss 14:15 – 14:35 Sat01-02 Für(s) Alter(n) planen die Herausforderungen des demographischen Wandels annehmen Prof. Dr. Gertrud M. Backes/ Dr. Ludwig Amrhein, Zentrum Altern und Gesellschaft an der Hochschule Vechta 14:35 – 14:55 Sat01-03 Der demografische Wandel und die Innovationskraft der Kommunen Michael Stein, Schwarzenbach an der Saale 14:55 – 15:15 Sat01-04 Zivilgesellschaftliches Engagement im Kontext von Bildung und lebensbegleitendem Lernen Prof. Dr. Rudolf Tippelt, Ludwig-Maximilians-Universität München 15:15 – 15:35 Diskussion Pause 15:45 – 16:00 Sat01-05 Selbstbestimmung und Lebensqualität im Alter: Aus der Innovationswerkstatt der Stiftung „Pro Alter“ R. Schmidt, Prälat i. R., Hofgeismar 16:00 – 16:15 Sat01-06 Gemeinschaftliches Wohnen informelle Pflege und Gesundheits fürsorge jenseits formaler Institutionen und Familien Dr. Albrecht Göschel, Forum gemeinschaftliches Wohnen e.V., Hannover 16:15 – 16:30 Sat01-07 Das Programm Aktiv im Alter Was stimuliert die Partizipations bereitschaft älterer Bürgerinnen und Bürger? Prof. Dr. Thomas Klie/ Silke Marzluff, Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung, Freiburg 16:30 – 17:00 Diskussion DiskutantInnen Dr. Irene Vorholz, Berlin (Deutscher Landkreistag) Dr. Peter Zeman, Berlin (Deutsches Zentrum für Altersfragen)
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 1 14:00 – 15:30 S02 Symposium der Sektion IV Pflege und Teilhabe alter Menschen – Professionalisierung im Wandel Moderation: U. M. Fichtmüller, Dresden; A. Buhl, Kiel
Ausgehend von den Lebenskontexten älterer Menschen, der Angebotsdiversifizierung und einer sich entfaltenden Marktdynamik werden sowohl unser Verständnis von Professionalisierung als auch die neuen Qualifizierungsherausforderungen in Altenhilfe und -pflege thematisiert. Angestrebt wird eine Kommentierung der – aus Sicht der in der DGGG vertretenen Fachfrauen und Fachmänner aus Wissenschaft und Praxis – bestehenden und zukünftigen Handlungserfordernisse und damit die Diskussion um die Weiterentwicklung der Pflege voranzutreiben Der Arbeitskreis Pflege und Teilhabe älterer Menschen in der Sektion IV der DGGG stellt im Rahmen des Symposiums den ersten Entwurf für eine Positionierung unter dem Titel „Pflege und Teilhabe alter Menschen – Professionalisierung im Wandel“zur Diskussion. Das aus dem Diskussionspapier hervorgehende Positionspapier wendet sich an alle, die im Feld von Pflege und Betreuung alter Menschen tätig sind. Es möchte die sich abzeichnenden Entwicklungstendenzen, Chancen und Probleme bei der Bereitstellung bedürfnisbezogener Unterstützungsangebote aufzeigen und dadurch Impulse für die Lösung der sich daraus ergebenden Herausforderungen geben.Vier kapitel- bzw. themenbezogene Impulsreferate folgen einer Einführung in die Hintergründe des Diskussionspapiers und der zugrundeliegenden Motivation des Arbeitskreises. 14:00 – 14:15 S02-01 Lebenskontexte älterer Menschen als Ausgangspunkt für professionelle Hilfe und Unterstützung S. Kühnert, Bochum Angesichts der weiter steigenden Lebenserwartung sind aus Sicht der Gerontologie für den Blick auf die alternde Gesellschaft folgende Aspekte von besonderer Relevanz. – Professionelles Handeln zur Sicherstellung von Pflege und sozialer Teilhabe hat sich an den Bedürfnissen und Bedarfslagen der älteren Menschen zu orientieren. Dies ist bei der Entwicklung berufsethischer Wertvorstellungen und fachlicher Qualitätsmaßstäbe zu berücksichtigen. Die Ermöglichung und die Verpflichtung zur Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung älterer Menschen sind Leitprinzipien sämtlicher Ansätze einer professionellen Betreuung und Pflege und entsprechend zu berücksichtigen. – Das kalendarische Alter ist nicht brauchbar zur Entwicklung handlungs leitender Konzepte. Es sind vielmehr vielfältige Binnendifferenzierungen vorzunehmen. Das Konzept der Lebenslage bietet hierfür einen guten theoretischen Rahmen. 14:15 – 14:30 S02-02 Der Markt institutionalisierter Hilfen als Bezugspunkt für Professionalisierung U. M. Fichtmüller, Dresden
munalen Sozialraumplanung und -gestaltung. Der Beitrag nimmt die Marktveränderungen und die damit einhergehenden Veränderungen in der professionellen Pflege und Betreuung alter Menschen in den Blick. 14:30 – 14:45 S02-03 Personal und Qualifizierung I. Hastedt, H. P. Engelhard ; Stuttgart, Frankfurt a. M. Pflegehandeln erfährt eine quantitative Ausweitung. Die zunehmende Anzahl alterspflegebedürftiger Menschen führt zu einer wachsenden Nachfrage nach Pflegeleistungen. Gleichzeitig steigt der ökonomische Druck, der sich in Rationalisierungs- und Konzentrationsprozessen wie Fusionierungen und Outsourcing zeigt. Hinzu kommen demografische Veränderungen, die zu einer unzureichenden pflegerisch-medizinischen Versorgung in der Fläche führen und eine qualitative Veränderung von Aufgabenprofilen und die Herausbildung neuer Berufsbilder in der Pflege zur Folge haben. Die Übernahme von Koordinations- und Steuerungsfunktionen, Anleitung und Beratung, qualifizierte pflegefachliche Tätigkeiten wie auch Tätigkeiten im Bereich der Medizin-Technik nehmen zu verbunden mit Anforderungen an eine sektorenübergreifende und interprofessionelle Zusammenarbeit in der Pflege. Gleichzeitig werden bislang als genuin der Pflege zugeschriebene Tätigkeiten wie die Übernahme von „Grundpflege“ und Hilfestellungen bei der Alltagsbewältigung an andere vielfach geringer qualifizierte Berufsgruppen abgegeben, was zu Verunsicherungen im herkömmlichen Berufsverständnis führt. Die dadurch entstehenden neuen Tätigkeitsfelder und Berufsgruppen verlangen eine Neubestimmung (alten)pflegerischer Tätigkeitsprofile, wobei allerdings die bislang bestehenden Unschärfen in der Bestimmung des originären Tätigkeitsprofils ebenfalls noch nicht beseitigt sind. Mit der Akademisierung der Pflegeberufe ist seit den 90-er Jahren die Professionalisierung der Pflege weiter vorangeschritten. Die fachliche Fundierung pflegerischen Handelns wurde vertieft und führte zur Einführung neuer Arbeitsweisen. Dadurch wurde die Randständigkeit der Pflegeprofession zwar gemildert, allerdings sicher noch nicht beseitigt. Dies zeigt sich in bestehenden Bildungsstrukturen, beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten oder der im Vergleich zur Medizin immer noch geringeren Beteiligung der Pflege im Prozess pflegepolitischer Entscheidungsfindung. 14:45 – 15:00 S02-04 Perspektiven und Diskussionslinien H. Hartmann, Köln An dieser Stelle sollen aus den vorhergehenden Beiträgen Perspektiven und Diskussionslinien entwickelt und dargestellt werden. Als unabhängige Fachgesellschaft möchte die DGGG zu diesen Entwicklungen Stellung beziehen. Sie möchte eine Kommentierung der – aus Sicht der in der DGGG vertretenen Fachleute aus Wissenschaft und Praxis – bestehenden Handlungserfordernisse vornehmen und damit die Diskussion um den derzeitigen Stand und zukünftige Handlungserfordernisse zu Weiterentwicklung der Pflege vorantreiben. Das Positionspapier wendet sich an alle, die im Feld von Pflege und Betreuung alter Menschen tätig sind. Es möchte die sich abzeichnenden Entwicklungstendenzen, Chancen und Probleme bei der Bereitstellung bedürfnisbezogener Unterstützungsangebote aufzeigen und dadurch Impulse für die Lösung der sich daraus ergebenden Herausforderungen geben.
Die Themen Teilhabe und Pflege alter Menschen werden in Deutschland seit 15 Jahren weitestgehend von der Pflegeversicherung dominiert. Die infrastrukturellen Gegebenheiten, die sich bisweilen regional sehr unterschiedlich darstellen, und der ständig wachsende Pflegemarkt, sind Ergebnis eines ständigen Wechselspiels von demographischen Verän derungen, sozialrechtlicher Regulierung, einer sich entfaltenden Marktdynamik und einer altenpolitisch oft noch wenig ambitionierten komZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 2 14:00 – 15:30 PS01 Papersession der Sektion IV Technologien, Dienstleistungen und Design für Ältere Moderation: U. Otto, St. Gallen/CH
14:00 – 14:15 PS01-01 Demografischer Wandel (Schwerpunkt 55 plus) Chancen und Herausforderungen für Museen A. Thiemann, Petershagen Fragestellung: Auch in den kulturellen Einrichtungen bzw. in Museen wird die Debatte um eine ältere Zielgruppe immer brisanter. Im Rahmen dieser Untersuchung sollten die Problematiken des demografischen Wandels für die Museen näher beleuchtet werden. Dazu sollte ein Überblick über die Programme der Zielgruppe 55 plus gegeben werden, die bereits in den deutschen Museen angeboten werden. Außerdem sollte ein Eindruck darüber gewonnen werden, wie sich die Museen darauf einstellen, dass ihr Publikum in absehbarer Zeit im Schnitt recht alt sein könnte, ob sie darin auch Potentiale sehen, zum Bespiel durch potentielle ehrenamtliche Mitarbeiter, ob Museen über diese Zielgruppe mehr Informationen und Fortbildungsangebote wünschen und ob es bereits Projekte von Museen und dieser Zielgruppe gibt, die man als „best practice” ansehen könnte. Methoden: Im Rahmen einer explorativen Analyse wurde das Museum und dessen Ausrichtung auf die „Best Ager” überprüft. Aus den Ergebnissen dieser Analyse wurde ein individuell zugeschnittender Fragebogen entwickelt und an 550 Museen versandt. Die museumsspezifische Untersuchung über die „Best Ager”-Ausrichtung der Museen stellt insgesamt eine Neuerung dar. Aus den erhaltenen Auswertungen der Umfrage erfolgte eine Interpretation. Auf Basis der Situationsanalyse in der Best Ager-Ausrichtung des Museumswesens werden sowohl konzeptionelle als auch konkrete Handlungsempfehlungen für die zukünftigen Bemühungen in der Ausrichtung auf die „Best Ager” gegeben. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Umfrage offenbarten, dass die Museen den Best Agern sehr offen gegenüberstehen. (Themenwahl für das museumspädagogische Programm, Programmzeiten, vielfältiges Veranstaltungsspektrum für eine ältere Zielgruppe, Generationsprojekte) In erster Linie sollten Museen spezielle Angebote einfach in das Programm der Museen einfügen (ohne Sonderstatus). Die Thematik des bürgerschaftlichen Engagements gewinnt dazu zunehmend an Bedeutung. (Museen offenbarten vielfältige Ideen, Anregungen und Einsatzbereiche) 14:15 – 14:30 PS01-02 Senior Design: Mit Alt und Jung mach Neu oder die Hoffnung auf Versöhnung L. Ryser, Zürich/CH Fragestellung: Lassen sich Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Altersheim auf eine Auseinandersetzung mit jungen Designerinnen und Designern ein und entsteht dabei Neues? Was bringt diese Zusammenarbeit den Beteiligten? Wie kann vorhandenes Know-how für Junge nutzbar gemacht werden? Methoden: Als geeignetste Methode bot sich der Ansatz der Gruppenarbeit an. Diese wurde in einem Pilotprojekt getestet und beschränkte sich zunächst auf ein Altersheim der Stadt Zürich. Aufgrund positiver Resultate stand ab dem zweiten Projekt die Teilnahme prinzipiell allen Bewohnenden der 27 städtischen Altersheime zur Verfügung. Gearbeitet wurde in wöchentlich stattfindenden Gruppensitzungen mit Aufgabenstellungen, die zwischen den Treffen zu bearbeiten waren. Ergebnisse: Das Projekt startete 2008 mit einer Diplomarbeit von zwei Jungdesignern und zeigte, dass bisher ungenutzte Verbindungen Bedürfnisse mehrerer Interessensgruppen deckten. Verschiedene Produkte ent-
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standen wie ein überdimensionierter Strumpf in einer Kunstausstellung und die Trendstudie „Generation Sparsam“, welche neben Fotographie auch Comics beinhaltet. Ende 2009 überzeugte ein Christmas Bazar ein breites Publikum mit seinen vielfältigen Produkten. Es gibt eine Strickgruppe, Scouts und auf Facebook ein Fanclub. Senior Design on Tour besucht regelmässig Design- und Kunstveranstaltungen. Ein DesignWettbewerb „It‘s Time for Flower Power“ richtet sich an SeniorInnen 75+. Als neustes Projekt soll eine Senior Design Factory entstehen. Weitere Informationen sind auf www.senior-design.ch zu finden. Interpretation: Das Projekt hat auf eindrückliche Art gezeigt, dass Senior Design für unkonventionelle Designprojekte zwischen Alt und Jung steht, die einen nachhaltigen Generationsaustausch fördern. Genau dort wo Gegensätze wie Innovation und Tradition, Vergangenheit und Zukunft aufeinander treffen, entsteht das Neue. Mit immer neuen Projekten wird altes Wissen und Handwerk mit jungen Ideen und Umsetzungsformen verbunden. 14:30 – 14:45 PS01-03 Funktionale Integration handwerklicher Leistungen und Produkte und handwerklicher Kompetenzen in ein System aktiver und positiver Lebensgestaltung im Alter N. Teves, Mannheim Fragestellung: Welchen Beitrag leistet das Handwerk, um Menschen in höherem Lebensalter ein selbstbestimmtes und an individuellen Zielen orientiertes Leben zu ermöglichen und welche Relevanz haben bestehende und innovative Produkte, Leistungen und Organisationsformen des Handwerks für soziale Strukturen, gesellschaftliche Kosten, Versorgung, Mobilität, die Beschäftigung Älterer, die Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklungen. Methoden: Identifikation handwerklicher Produkte und Dienstleistungen, die Menschen in höherem Lebensalter ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Identifikation komplementärer Produkte und Dienstleistungen. Befragung von Organisationen des Handwerks. Befragung von Kommunen, Landkreises und Kommunalverbänden (Metropolregion Rhein-Neckar). Befragung Älterer in Seniorenorganisationen. Auswertung von Befragungen, die im Rahmen des Projekts www.mobile-wohnberatung.de erfolgten, das die Handwerkskammer Mannheim RheinNeckar-Odenwald mit Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchführt. Ergebnisse: Dem Handwerk kommt bei der Bewältigung des demografischen Wandels und bei der Schaffung positiver Lebensumstände für ältere Menschen eine spürbare Bedeutung zu. Diese zeigt sich in der barrierfreien Anpassung von Wohn- und Lebensumgebungen, in der Bereitstellung von Dienstleistungen und Produkten für den Gesundheitsbereich, die Mobilität und die Freizeit. Identifiziert wurden Beschäftigungspotenziale für Ältere, Kostensenkungspotenziale für Kommunen und wirtschaftliche Auswirkungen. Mit derzeit 60 Checklisten steht u.a. ein Instrument zur Verfügung, das es Beteiligten aus unterschiedlichen Situationen heraus ermöglicht, ihren individuellen Bedarf an altersgerechter Anpassung zu erkennen und zu realisieren. Interpretation: Aus der Kooperation mit Wissenschaft, Politik, Kommunen, Industrie, Handel, Verbänden und Organisationen können sich für das Handwerk innovative Perspektiven ergeben. 14:45 – 15:00 PS01-04 Eigenschaftsbasierter Modularisierungsansatz für individualisierte Produkte C. Stöber, S. Wartzack; Erlangen Um ein würdevolles Altern zu ermöglichen, ist es wichtig, dass ältere Menschen so lang wie möglich Zuhause wohnen können, auch wenn sie Leistungseinschränkungen besitzen. Damit leistungseingeschränkte Personen gut im alltäglichen Leben zurecht kommen, ist es bei der Entwicklung von Produkten essentiell, die Belange der Nutzer frühzeitig zu beachten. In der Produktentwicklung müssen Lösungsansätze gefunden werden, wie unterschiedliche Leistungseinschränkung zu kompen-
sieren sind, wobei darauf zu achten ist, dass die Entwicklung von individualisierten Produkte für leistungseingeschränkte Personen für Unternehmen wirtschaftlich ist. Dieser Beitrag entsteht im Rahmen des Querschnittprojektes „Fit4Product“ vom bayrischen Forschungsverbund „Fit4Age“, der zum Ziel hat, technische Ansätze zu finden, damit ältere Menschen länger ein selbstbestimmtes Leben zuhause führen können, mobil bleiben und leistungseingeschränkte Personen länger aktiv in das Arbeitsleben integriert sind. Das Ziel von Fit4Product ist es, die Belange von leistungseingeschränkten Personen frühzeitig in der Produktentwicklung zu beachten und zu verankern. Um Produkte individuell auf Leistungseinschränkungen anpassen zu können, muss diese Anpassungsmöglichkeit bereits in der Produktstruktur vorgesehen werden. Dazu wird eine geeignete Modularisierungsstrategie benötigt, die vorgestellt werden soll. Um eine wirtschaftliche Herstellung der Produkte zu ermöglichen, sind Grundmodule vorhanden, die mit Modulen erweiterbar sind, die speziell auf die vorliegende Leistungseinschränkung angepasst werden können. Dazu werden Eigenschaftsprofile von den Nutzern erstellt, die in die Entwicklung fließen. Der entwickelte eigenschaftsbasierte Modularisierungsansatz soll beispielhaft anhand von alltäglichen Produkten aufgezeigt werden. 15:00 – 15:15 PS01-05 Zur Relevanz von AAL-Technologien im Kontext einer quartiersnahen Versorgung älterer Menschen – Ergebnisse aus pflegewissenschaftlichen Erhebungen M. Hülsken-Giesler, H. Remmers; Osnabrück Fragestellung: AAL-Technologien zur Unterstützung älterer Menschen in der häuslichen Umgebung gewinnen an Relevanz. Der niedersächsische Forschungsverbund „Gestaltung altersgerechter Lebenswelten“ verfolgt neben der Technikentwicklung auch Fragen der psychischen, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen und Konsequenzen des Technikeinsatzes sowie Rückwirkungen auf informelle und professionelle Helfer. Dazu wurden u. a. pflegewissenschaftliche Erhebungen zu Bedarfen, Anforderungen und Barrieren vorgenommen. Methoden: 1. Experteninterviews im Bereich der Pflegewissenschaft, inhaltsanalytische Auswertung. 2. Fokusgruppeninterviews mit potentiellen Nutzern, pflegenden Angehö rigen und professionell Pflegenden, inhaltsanalytische Auswertung. Ergebnisse: Die Verbesserung sozialer Interaktion und Teilhabe ist eine zentrale Herausforderung für die AAL-Entwicklung. Es wird vermutet, dass die Kommunikation mit externen Akteuren über diese Technologien unterstützt werden kann. Technikgestützte Informations- und Beratungsangebote über lokale soziale und pflegerische Leistungsangebote werden angemahnt. Befürchtet wird, dass diese zu einer Abnahme direkter face to face-Kontakte führen. Unklar ist, welche Daten in welcher Form welchen Akteuren bereitgestellt werden sollten. Fragen der Allokation technischer Innovationen werden kritisch zur Diskussion gestellt. Interpretation: Bei der Integration Neuer Technologien in Konzepte des quartiersnahen Wohnens ist wesentlich zu berücksichtigen, dass ein zielgruppenspezifischer Informationsfluss (Angehörige, Nachbarn, professionelle Helfer) bei Beachtung der „Privatheit“ erfolgt. Überdies ist ggf. eine zeitnahe, verlässliche und angemessene personale Reaktionen auf technisch gestützte Informationen und Kommunikationen aus der häuslichen Umgebung älterer Menschen sicherzustellen. 15:15 – 15:30 PS01-06 Technik-Gestaltung und Instruktion zum Nutzen älterer Menschen M. Sengpiel, Berlin Fragestellung: Obwohl ältere Menschen stark von moderner Technik profitieren können, nutzen sie diese oft am wenigsten. Diesem Paradox kann durch ein „Universal Design“ entgegen gewirkt werden. Im Rahmen dieses Ansatzes wurde am Beispiel des Fahrkartenautomaten (FKA) der BVG experimentell untersucht, ob sich Altersunterschiede durch eine kurze Videoinstruktion und durch eine Umgestaltung des User-Interface verringern lassen.
Methoden: Es wurde ein 2x3 faktorielles Experiment (Alter (jung/alt) x Versuchsbedingung (Original FKA/Video/Wizard) durchgeführt, an dem 62 ältere (M=68,2 Jahre; SD=4,8; 35w/ 27m) und 62 jüngere (M=24,5 Jahre; SD=4,14; 29w/33m) Personen teilnahmen, welche die gleichen elf Aufgaben an einem simulierten FKA bearbeiteten. Die Videogruppe sah zuvor ein kurzes (2:37 min) Instruktionsvideo, welches FKA-spezifisches Interaktionswissen vermittelte, während die Wizardgruppe einen neu gestalteten Automaten benutzte, der weniger Computerkenntnisse erfordert. Ergebnisse: Ältere konnten den FKA nicht so effektiv benutzen wie Jüngere (F(1, 118)=26.92, p<.001, η2=.19). Beide Altersgruppen profitierten von der Videoinstruktion und von der Umgestaltung des FKA zum Wizard, die ältere jedoch in stärkerem Maße; Der Haupteffekt der Versuchsbedingung war ebenfalls signifikant (F(2, 118)=16.93, p<.001, η2=.23), wobei sich Video- und Wizard-Gruppe jeweils signifikant von der Original-FKA-Gruppe (p<.01), nicht aber von einander unterschieden. Der Interaktionseffekt zwischen Alters- und Versuchsgruppen war ebenfalls signifikant (F(2, 118)=12.67, p<.001, η2=.19). Die älteren Nutzer waren den Jüngeren am Original-FKA eindeutig unterlegen, konnten jedoch mit Video (U=165.00, n.s., r=-.19) oder Wizard (U=209.00, n.s., r=-.00) den FKA genau so effektiv benutzen wie die jüngeren. Interpretation: Technik im öffentlichen Raum sollte so gestaltet sein, dass sie auch von Älteren spontan benutzt werden kann. Dieses Ziel konnte beispielhaft durch eine minimale Instruktion und durch eine Umgestaltung des User-Interface erreicht werden.
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 3 14:00 – 15:30 S03 Symposium der Sektion IV Bildung und Handlungsfähigkeit im Alter Moderation: D. Köster, Witten
Mit dem Paradigmenwechsel des Alters erfolgt eine Aufwertung von Lern- und Bildungsprozessen. Die Mobilisierung der Potentiale des Alters und die Ausweitung von Partizipation im Alter bedingen Lernen und Bildung. Auch die SeniorInnen selbst betrachten Lernen im Alter wichtig für ein erfüllendes Leben. Allerdings existiert eine große Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher und individueller Notwendigkeit von Weiterbildung und der faktischen Bildungsbeteiligung älterer Menschen. Zur Überwindung dieser Antinomie zwischen Alter und Gesellschaft bedarf es einer systematisch entwickelten Strategie zum Ausbau der Geragogik in Wissenschaft und Praxis. Dabei betont die Geragogik die Subjektorientierung im Lernprozess und hebt die kritisch widerständige Dimension von Bildung zur Ausweitung von Handlungskompetenzen in gesellschaftlichen Kontexten in den Vordergrund, die auf die Verbesserung der Lebensqualität zielen. Entwickelte Ansätze aus dem Arbeitskreis Geragogik der Sektion IV der DGGG werden im Symposium „Bildung und Handlungsfähigkeit im Alter“ durch folgende vier Beiträge dargelegt: Elisabeth Bubolz-Lutz und Renate Schramek stecken auf der Grundlage des Lehrbuchs Geragogik den Rahmen des Symposiums ab. Dem folgen einzelne Handlungsfelder der Geragogik: Franz Kolland, Myrto Ranga und Dietmar Köster haben in der Europäische Studie „SeniorInnen lernen in Netzwerken“ (SEELERNETZ) informelle Lernorte bildungsungewohnter älterer Menschen untersucht. Verena Leve, Barbara Zimmer, Marina Schmitt und Gerhard Naegele geben Einblicke in die betriebliche Weiterbildung älterer Arbeitnehmer. Julia Steinfort stellt empirische Ergebnisse ihrer Untersuchung über die Zusammenhänge zwischen Bildung, Freiwilligenengagement und Identitätsentwicklung vor.
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Abstracts 14:00 – 14:15 S03-01 Bildung und Handlungsfähigkeit im Alter – Grundlagen E. Bubolz-Lutz, R. Schramek; Witten Fragestellung: Von welchem Leitbegriff der Bildung hat die Altersbildung auszugehen? Welcher Handlungsbegriff ist für die Bildung im Alter – besonders auch in Bezug zum vierten Lebensalter – tauglich? Methoden: Bezugnahme auf Ergebnisse der Lernforschung Literaturarbeit Ergebnisse: In Analogie zu dem o.g. Bildungsverständnis für die Praxis der Altersbildung verfolgt auch die wissenschaftliche Disziplin der Geragogik das Prinzip der Handlungsorientierung: geragogischer Forschung geht es nicht nur um Theorie- und Modellbildung, sondern auch um die Entwicklung von Interventionen und deren Evaluation. Dabei sind – entsprechend ihrem partizipativen Ansatz – die Älteren als Akteure ihrer eigenen Entwicklung in die Gestaltung der Lernprozesse als auch die Forschung wesentlich einbezogen. Interpretation: Aus Sicht der Geragogik als einer neuen, an den Hochschulen noch nicht abschließend etablierten wissenschaftlichen Disziplin, werden Optionen aufgezeigt, welche geragogischen Kernkompetenzen zu entwickeln sind und für welche konkreten neuen Handlungsfelder sie benötigt werden. Im Hinblick auf die Entwicklung einer beruflichen Perspektive für GerontologInnnen, PädagogInnen und Studierende der Sozialen Arbeit wird aufgezeigt, was das Spezifische des geragogischen Ansatzes darstellt – unter Verweis auf das dann erschienene Lehrbuch „Geragogik“ (Kohlhammer Verlag, Stuttgart), das dazu wichtige Orientierungen liefert. 14:15 – 14:30 S03-02 Informelle Lernorte – Ergebnisse der europäischen Studie SEELERNETZ“ (SeniorInnen lernen in Netzwerken) D. Köster, F. Kolland1, M.-M. Ranga2; Witten, 1Wien/A, 2Athen/GR Fragestellung: Wie können bildungsungewohnte und sozial benachteiligte SeniorInnen an Lern- und Bildungsprozesse herangeführt werden? Welche Bedeutung besitzen dabei informelle Lernorte, die in Sozialräume wie z.B. Quartieren angelegt sind? Und welchen Stellenwert besitzen dabei Netzwerke? Welche Unterschiede und Gemeisamkeiten bestehen zwischen den an dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt beteiligten Ländern Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Österreich und Rumänien in einem zu entwickelnden europäischen Modell? Methoden: – schriftliche Befragung – teilnehmende Beobachtung – Experteninterviews und Gruppengespräche Ergebnisse: Das Projekt beruht auf dem theoretischen Modell, über die empirische Identifikation von Handlungsproblemen der Fokusgruppe – überwiegend im Sozialraum – Lernaufgaben abzuleiten, die Handlungskompetenzen verbessern, um die eigene Lebensqualität verbessern zu können. Über die Gründung sozialer Netzwerke (Bridging-Networks) lernen und profitieren die SeniorInnen voneinander. In allen Ländern ist es bislang gelungen, bildungsungewohnte SeniorInnen an informellen Lernorten zusammenzuführen. Dabei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den europäischen Ländern deutlich. Interpretation: Das Projekt befasst sich mit der zentralen Herausforderung, ein interventionsgerontologisches Dilemma zu bewältigen: Demzufolge werden Wege aufgezeigt, wie durch gerontologische und geragogische Praxisinterventionen Ungleichheiten im Alter nicht noch dadurch verstärkt werden, dass von Programmen der SeniorInnenarbeit besonders jene ältere Menschen angesprochen werden, die über höhere Einkommen und bessere Schul- und Bildungskarrieren verfügen, was oft der Fall ist. Das aus dem Projekt entwickelte Europäische Modell zeigt auf, wie die Zielgruppe besonders für informelle Lernprozesse gewonnen werden kann.
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14:30 – 14:45 S03-03 Zur Relevanz der Geragogik für Weiterbildungskontexte älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer V. Leve, M. Schmitt, B. Zimmer, G. Naegele; Dortmund Fragestellung: Wie ist das speziell von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erworbene berufliche Erfahrungswissen innerbetrieblich zu sichern ? Welche Bedeutung hat die betriebliche Weiterbildung zukünftig für das Handlungsfeld der Geragogik? Wie können Ansätze des selbstbestimmten Lernens insbesondere in der Weiterbildung älterer Arbeitnehmer/innen Bildungszugänge sichern, indem individuelle Ressourcen und Kompetenzen aktiviert und in der betrieblichen Praxis eingebunden werden? Methoden: Literaturanalysen Ergebnisse: Der Vortrag bietet einen Einblick, inwiefern die betriebliche Weiterbildung zukünftig als Handlungsfeld der Geragogik an gesellschaftlicher Relevanz gewinnt. Es wird dargelegt, wie Ansätze des selbstbestimmten Lernens insbesondere in der Weiterbildung älterer Arbeitnehmer/innen Bildungszugänge sichern, indem individuelle Ressourcen und Kompetenzen aktiviert und in der betrieblichen Praxis eingebunden werden. Interpretation: Für die Beschäftigten selbst kann bei zunehmender Lebensdauer und bei steigenden Kohorteneffekten in Bezug auf Qualifikation und Gesundheit eine längere Erwerbsphase ein wichtiges Element einer erfüllten Lebensgestaltung sein. Wie Daten zur Partizipation an Weiterbildungsangeboten allerdings aufzeigen, stellen die Älteren und unter ihnen insbesondere die Frauen nach wie vor eine Gruppe dar, die in Bezug auf die betriebliche Weiterbildung stark vernachlässigt wird. 14:45 – 15:00 S03-04 Entfalten statt liften – Empirische Ergebnisse zur Identitätsentwicklung im Dritten Alter im Kontext Freiwilligen Engagements J. Steinfurt, Oberhausen Fragestellung: Gibt es empirisch nachweisbare Zusammenhänge zwischen freiwilligem Engagement, Lernen und Identitätsentwicklung im Alter? Wie könnte ein Modell aussehen, dass diese Zusammenhänge beschreibt? Methoden: Innerhalb des Modellprojektes ‚Pflegebegleiter´ (Forschungsinstitut Geragogik) wurde von 2004-2008 eine empirische Studie durchgeführt, die der Frage nachgeht, ob und wie Identitätsentwicklungen von Älteren im Zusammenhang mit freiwilligen Engagement verlaufen. Zur Beantwortung wurde ein qualitativ-explorativer Forschungszugang mit Längsschnittanlage entwickelt. Ergebnisse: Zentrales Ergebnis dieser Untersuchung ist eine – auf den empirischen Daten aufbauende und auf die theoretische Auseinandersetzung mit James E. Marcia zurückgreifende – Modellbildung zur ‚Identitätsentwicklung im Dritten Alter im Kontext Freiwilligen Engagements‘. Deutlich wird hier, wie heterogen individuelle Entwicklungen in der dritten Lebensphase verlaufen können. Aufgezeigt wird zudem, welche Auswirkungen die differenzierte Sicht auf nicht-linear verlaufende Identitätsentwicklungen sowohl auf Engage mentpolitik als auch die Förderung persönlicher Entwicklung im Engagement Älterer haben kann. Interpretation: Zu diskutieren ist, wie eine Bildungsarbeit mit Älteren im Sinne einer Begleitung von Identitätsentwicklungsprozessen aussehen könnte, damit sich über die Bereitstellung spezieller Entwicklungsarrangements speziell ältere Freiwillige entsprechend entfalten können.
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 6 14:00 – 15:30 S04 Symposium der Sektion IV Freiheitseinschränkende Maßnahmen: Eine fachliche und menschenrechtliche Herausforderung Moderation: T. Klie, Freiburg
Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte sind in der Pflege alter Menschen empirisch betrachtet immer noch eine verbreitete Realität. Freiheitsentziehende Maßnahmen stellen sowohl fachliche als auch rechtliche Fragen nach ihrer Erforderlichkeit und Angemessenheit. In diesem Symposium werden aufeinanderbezogene Forschungen zu freiheitsentziehende Maßnahmen vorgestellt und Forschungsdesiderate herausgearbeitet. 14:00 – 14:15 S04-01 Reducing belts from nursing homes J. Hamers, Maastricht/NL Objective: Several attempts have been made to reduce the number of physical restraints in nursing homes. Most studies used educational approaches and introduced a nurse specialist as a consultant. However, the success rate of these interventions has been variable, and in some countries this intervention proved to be ineffective. Therefore we developed a new multi-component intervention (EXBELT) that comprises the educational intervention for nursing home staff in combination with a policy change (the use of belts will be prohibited by the nursing home management) and the availability of alternative interventions. Method: EXBELT was introduced at 1 psychogeriatric ward (30 residents) in a nursing home in the Netherlands. Data were collected at baseline, and one, three and nine months follow-up. The use of physical restraints was measured using observations by blinded trained observers. Resident characteristics (such as cognitive status) were determined using the MDS. Results: At baseline, belts were used in 12 residents (40%). After 1 month follow up, only 1 resident (3%) with a belt was left. This result was also found after 3 and 9 months follow up. There was no increase in the number of falls, and the reduction of belts did not result in an increase of other physical restraints, like chairs with a table. Conclusion: The results of the pilot study are very promising. However, it must be emphasized that this study has been conducted only in 1 nursing home ward. The next step therefore will be to further develop and evaluate EXBELT in a larger sample of nursing home wards (Gulpers et al. 2010). Gulpers et al. Belt restraint reduction in nursing homes: design of a quasi-experimental study. BMC Geriatrics, 2010, 10:11 14:15 – 14:30 S04-02 Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege. Bayernstudie 2008/2009: Studiendesign und Ziele A. Berzlanovich, O. Randzio1, S. Sauer1, A. Herold-Majumdar1, H. Plischke2, N. Kohls2; Wien/A, 1München, 2Bad Tölz Fragestellung: Freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) sind ein gravierender Eingriff in die Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen. Auch deshalb verpflichtet die Rechtsordnung grundsätzlich zur Anwendung von FeM jeweiligen richterlichen Beschluss einzuholen und diese Maßnahmen nachvollziehbar zu dokumentieren. Allerdings liegen bisher keine elektronisch abrufbaren, statistischen Angaben seitens der Alten-/Pflegeheime oder der Heimaufsichtsbehörden vor. Deutschlandweit sind derzeit weder statistische Erhebungen über die Anzahl der fixierten HeimbewohnerInnen, noch über die Art der jeweils eingesetzten FeM verfügbar.
Methoden: Um entsprechende Informationen zu gewinnen, wurden am 15. Juni 2008 sowie am 15. Juni 2009 Fragebogenevaluierungen in allen bayerischen Einrichtungen der Alten-pflege vorgenommen. Zeitgleich wurden auch Umfragen von MitarbeiterInnen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern durchgeführt, in denen der Einsatz von FEM bei Versicherten sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich im Rahmen von Einzelbegutachtungen erfasst worden ist. Durch die Terminwahl für Stichprobenerhebung – „World Elder Abuse Awareness Day“ – soll bewusst gemacht werden, dass der Einsatz von FEM häufig eine Form von Gewalt gegen pflegebedürftige, – meist ältere – Menschen ist. Ergebnisse: siehe Beiträge – 1. Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege. Bayernstudie 2008/2009: Datenerhebung und Vergleich. – 2. Stichtagserhebung „FEM“ des MDK Bayern anlässlich des „World Elder Abuse Awareness Day“: Hintergrund und vergleichende Daten von 2008 und 2009. Interpretation: Durch die anonymisierten Ergebnisse aus dem Projekt wird es künftig möglich sein, präzisere Aussagen über den Einsatz von FEM bei HeimbewohnerInnen zu treffen. Die validen Daten werden eine Grundlage für gezieltes Handeln bieten, das Thema „FEM in der Pflege“ angesichts der gesellschaftspolitischen und demographischen Änder-ungen verstärkt zu beachten und diesen Tabubereich transparent zu machen. 14:30 – 14:45 S04-03 Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege. Bayernstudie 2008/2009: Datenerhebung und Vergleich N. Kohls, O. Randzio1, S. Sauer1, A. Herold-Majumdar1, H. Plischke, A. Berzlanovich2; Bad Tölz, 1München, 2Wien/A Fragestellung: Freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) werden seit Jahren kontrovers diskutiert. Deren Anwendung zum allfälligen Schutz vor Stürzen und Verletzungen von Pflegebedürftigen ist umstritten; es wird immer mehr bewusst, dass diese Maßnahmen schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte mit einschneidenden Auswirkungen auf die Würde und Lebensqualität der Betroffenen sind. Methoden: In den Jahren 2008/2009 wurden alle 1495 LeiterInnen von stationären Einrichtungen der Altenpflege in Bayern angeschrieben u. gebeten, einen kurzen Fragebogen zu der Häufigkeit und Art von FeM in ihrer Einrichtung zum Stichtag zu beantworten; die Angaben konnten online, per Fax oder Brief übermittelt werden. Auf Wunsch wurde den Einrichtungen eine Gegenüberstellung ihrer Angaben mit dem Projektdurchschnitt übermittelt. Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug 2009 30%. Am 15. Juni waren die teilnehmenden Einrichtungen mit 34.372 BewohnerInnen belegt. Bei 6751 Personen sind richterliche Beschlüsse für FeM ergangen. Bezogen auf die Stichprobengrundgesamtheit von 34.372 Betreuten entspricht dies 19,6%. 1013 richterliche Beschlüsse wurden nicht umgesetzt. Es lagen 2846 Einwilligungen seitens der BewohnerInnen selbst für FeM vor. Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit FeM wurden am Stichtag nicht alle richterlichen Beschlüsse und Einwilligungen umgesetzt, insgesamt waren 7325 Personen fixiert. Bei 58% der Betroffenen wurden am Stichtag FeM für 6-12 Stunden eingesetzt, bei 10% sogar 24h hindurch. Bettgitter waren die am häufigsten durchgeführten mechanischen Fixierungen, gefolgt von Sitzgurten, Vorsatztischen, Gurtsystemen im Bett, sedierenden Medikamenten etc.. Als Alternativen zu FeM kamen Kraft-/Balancetraining, Hüftprotektoren und Sturzhelm, Spezialbetten, Niederflurbett und Bettnest, elektronische Meldesysteme und sonstige Maßnahmen zum Einsatz. Interpretation: Es besteht großes Interesse seitens der Heim-/Pflegedienstleitungen an Kooperation, Transparenz, Evaluierung und Verbesserungen/Alternativen in diesem Problemfeld.
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Abstracts 14:45 – 15:00 S04-04 Stichtagserhebung Freiheitsentziehende Maßnahmen“ zum Annual World Elder Abuse Awareness Day“ am 15. Juni 2008 und 2009 A. Herold-Majumdar, O. Randzio, A. Berzlanovich1, H. Plischke2, N. Kohls2; München, 1Wien/A, 2Bad Tölz Fragestellung: Auswertung der Daten über die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen (FEM) im Sinne der Versorgungsforschung, die im Rahmen des Auftrags zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Pflegeversicherung) im ambulanten, häuslichen und im stationären Bereich vom MDK Bayern erhoben werden. Methoden: Wir verschafften uns mittels einer Querschnittsstudie einen Überblick über die Fixierungsrate durch eine Stichtagserhebung anlässlich des „Annual World Elder Abuse Awareness Day“ am 15. Juni 2008 u. 2009. Die Stichprobe ergab sich aus der Auftragslage am Stichtag. Ergebnisse: Insgesamt wurden 2009 die Daten von n= 507 Versicherten (2008: n= 513) erhoben. Von den 112 / 22% (2008: 296 / 58%) Versicherten im stationären Bereich waren 29% (2008: 38 %) und von den 389 / 77% (2008: 217 / 42 %) ambulant versorgten Versicherten waren 8% (2008: 9 %) fixiert. Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz waren zu 20% (2008: 65 %) im ambulanten Bereich und zu 38% (2008: 79 %) im stationären Bereich fixiert. 42% (2008: 35 %) der fixierten Versicherten waren pflegebedürftig gemäß der Stufe 1, 20% (2008: 32 %) gemäß der Stufe 2 und 4% (2008: 14 %) gemäß der Stufe 3. Bettgitter waren die häufigste Fixierungsart (70%). Erstmals wurden 2009 die Alternativen erhoben. Bei insgesamt 66 fixierten Versicherten wurden am häufigsten (16 Fälle) sonstige Alternativen (u. a. Multifunktionsrollstuhl, Sensormatte) angewandt, gefolgt von der „gezielte Beschäftigung“ (8 Fälle). Interpretation: Die Ergebnisse zeigen, dass die Fixierungsrate je nach Setting und Zeitpunkt schwankt und von alternativen Maßnahmen beeinflusst sein kann. Zukünftige Studien sollten die Ursachen der Schwankungen näher beleuchten, um konkrete Hinweise für die Reduktion der FEM zu erhalten. 15:00 – 15:15 S04-05 Sicherheit und Lebensqualität von älteren Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf in der häuslichen Versorgung: Freiheitseinschränkende Maßnahmen aus Sicht professioneller Akteure B. Borgloh, D. Bredthauer, S. Karner, T. Klie1, B. Schuhmacher1; Frankfurt a. M., 1Freiburg Fragestellung: Die meisten älteren Menschen mit Pflegebedarf werden zu Hause versorgt. Sicherheit und Lebensqualität sind v.a. bedroht bei Demenz, herausforderndem Verhalten, starkem Mobilitätsbedürfnis oder bei potentieller Selbst- oder Fremdgefährdung. Die Gewährleistung von Schutz und Sicherheit sind besondere Anliegen von pflegenden Angehörigen bzw. Professionellen und zugleich häufig Motive für freiheitseinschränkende Maßnahmen (FeM), wie z.B. Türen Abschließen, Fixieren, Verabreichung von sedierenden Medikamenten, psychischem Druck. Daneben können Überlastungen von Pflegenden ursächlich für FeM sein. Zu FeM in der Häuslichkeit liegen derzeit kaum Erkenntnisse vor. Ziele des Projektes sind die Aufhellung dieses Dunkelfeldes und das Entwickeln von Alternativen. Methoden: Standardisierte, schriftliche Befragung (Vollerhebung) von PflegedienstmitarbeiterInnen, MitarbeiterInnen in Beratungsstellen, gesetzlichen BetreuerInnen in 2 Regionen: Stadt Frankfurt/Main (urban), Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (ländlich). Ergebnisse: Feldphase dauert bis 5/2010. Ergebnisse zu folgenden Fragen werden erwartet: Welche Formen von FeM werden in der Häuslichkeit angewendet? Wie häufig kommen FeM vor? Welches sind Risikofaktoren/-konstellationen und Legitimationsmuster für FeM? Wie wird die Rechtslage wahrgenommen? Welche sozialen oder (innovativen) technischen Interventionen werden als hilfreich erachtet? Welche Einstellungen zu FeM haben Professionelle? Gibt es Stadt-Land-Unterschiede bzgl. der genannten Fragen?
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Interpretation: Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollen anschließend Interventionen konzipiert, in den Haushalten umgesetzt und evaluiert werden.
Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 1 16:00 – 17:30 IV01 Interdisziplinäre Veranstaltung Gesundheit im Alter Moderation: C. Tesch-Römer, Berlin
Ein hohes Alter in guter Gesundheit zu erreichen ist ein hohes individuelles und gesellschaftliches Ziel. In Gesundheit lassen sich die Alltagskompetenzen aufrechterhalten, die ein selbstständiges und selbstverantwortliches Leben mit eigenen Zielen ermöglichen. Entsprechend steigt die individuelle Wertschätzung wie die gesellschaftliche Bedeutung guter Gesundheit mit dem Alter an. Die Grundlagen für ein gesundes Altern werden früh im Lebensverlauf gelegt, dennoch kann jeder Einzelne in allen Phasen des Lebens zu seiner Gesunderhaltung beitragen. Welche Bedingungen ermöglichen nun aber ein Älterwerden in guter Gesundheit? In dieser interdisziplinären Veranstaltung werden Befunde aus der Public-Health-Forschung, aus der Demographie, der Psychologie und der Gerontopsychiatrie zusammengetragen, die zeigen, wie sich Gesundheit über die Lebensspanne entwickelt und welche Faktoren gute Gesundheit und angemessenes Gesundheitsverhalten bis ins hohe Alter fördern. 16:00 – 16:15 IV01-01 Gesundheit im Lebenslauf B.-M. Kurth, Berlin Im Rahmen eines am Robert Koch-Institut etablierten Gesundheitsmonitorings werden regelmäßig repräsentative Gesundheitssurveys durchgeführt, die Querschnittsaussagen zur Gesundheit 10-, 20-, 30-, 40-, 50, 60-, 70- und 80-Jähriger erlauben. Trotz der aus der Gesundheitsforschung bekannten Befunde geben die Daten auch Anlass zur Hoffnung: Risikogruppen mit schlechteren Gesundheitsprognosen lassen sich gut identifizieren; Gesundheit im Alter ist nicht schicksalsgegeben, sondern lässt sich beeinflussen; im Durchschnitt haben Ältere heute eine bessere Gesundheit als noch vor wenigen Jahrzehnten. Veränderungen der Gesundheit lassen sich allerdings nur dann abbilden, wenn Lebensverläufe beobachtet werden. Im Rahmen des RKIGesundheitsmonitorings werden zwei Kohortensätze verfolgt, mit denen untersucht werden kann, welche Bedingungen im Verlaufe eines Lebens die Gesundheit im Alter beeinflussen. Diese Studien werden Ergebnisse zur „Gesundheit im Lebenslauf “ liefern – und es gibt Anlass zur Hoffnung auf Daten, mit denen Bedingungen des „gesunden Alterns“ erforscht werden können. 16:15 – 16:30 IV01-02 Kompressionen der Morbidität G. Doblhammer-Reiter, Rostock Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an mehreren, oft chronischen Erkrankungen zu leiden. Was bedeutet die Verlängerung der Lebenserwartung in diesem Zusammenhang? Zwei Thesen werden diskutiert: Die These der Kompressionsmorbidität besagt, dass sich im Zuge des Anstiegs der Lebenserwartung nur die Dauer der gesundheitlich eingeschränkten Lebensphase, nicht aber die Länge der gesunden Lebenszeit verlängert. Die These der Morbiditätskompression nimmt dagegen an, dass aufgrund erfolgreicher Prävention chronische Krankheiten in ein immer höheres Alter zurückgedrängt werden. Während der Anstieg der Lebenserwartung unbestritten ist, sind die Befunde zu Trends in der Entwicklung von Gesundheit, Morbidität und Behinderung widersprüchlich. Da Gesundheit ein multidimensionales Konzept ist, können
Trends nicht an einem Indikator festgemacht werden. Zumeist werden dazu Indikatoren der Morbidität, der funktionalen Beeinträchtigung, oft im Bereich der Mobilität sowie der Behinderung in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) oder den Instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) herangezogen. 16:30 – 16:45 IV01-03 Motivation zur Änderung des Gesundheitsverhaltens im Alter R. Schwarzer, Berlin Um die Gesundheit bis ins hohe Alter fördern, braucht man körperliche und mentale Aktivität, Medikamentencompliance, Körperpflege, ausgewogene Ernährung usw. Dafür sind aber manchmal anstrengende selbstregulative Prozesse erforderlich, die sich in Stadien unterscheiden lassen. Unmotivierte, Motivierte und Handelnde sollten differenziert angesprochen werden, denn zur Verbesserung des Gesundheitsverhaltens sind maßgeschneiderte Interventionen vielversprechend. Wichtige Einflussgrößen sind die Risikowahrnehmung, die Handlungsergebniserwartungen, die Selbstwirksamkeit, die Intention und die Strategieplanung sowie Handlungskontrolle. Das Zusammenwirken dieser und anderer Faktoren im Prozess der gesundheitlichen Selbstregulation ist Gegenstand psychologischer Forschung. Empirische Beispiele für wirksame Interventionen zum Gesundheitsverhalten 16:45 – 17:00 IV01-04 Mentale Gesundheit im Alter G. Stoppe, Basel Eine selbstständige Lebensführung im Alter hängt maßgeblich von der geistigen und seelischen Gesundheit ab. Eine wesentliche Bedrohung stellen heute die Demenzerkrankungen und die Depression dar. Beide können zwar nicht ganz verhindert werden, jedoch vor allem bei rechtzeitiger Diagnose wirksam behandelt werden. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sind zum Beispiel Bildung, körperliche Aktivität und vor allem der Erhalt der cerebrovaskulären Gesundheit für beide Erkrankungen „protektiv“. Und wenn die heute schon möglichen Therapien auch wirklich in breitem Umfang genutzt würden, könnte die Situation für viele alte Menschen besser sein als sie es heute ist.
Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 2 16:00 – 17:30 S05 Symposium der Sektion III Altern im sozialen Wandel: Rückkehr der Altersarmut? Moderation: A. Motel-Klingebiel, Berlin
Noch nie verfügten so viele ältere Menschen absolut wie relativ über so umfangreichen materiellen Wohlstand wie heute. Entsprechend wurde Altersarmut lange Zeit weder wissenschaftlich noch politisch oder medial breiter thematisiert: Prekäre Lagen im Alter gelten weithin als überwunden und werden allenfalls als Problem gesellschaftlicher Randgruppen thematisiert. In Anbetracht rückläufiger Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung und sich wandelnder Erwerbs-, Familien- und Partnerschaftsverläufe ist künftig für die Wohlfahrtslage der Älteren allerdings eher ein Absinken als weitere Verbesserungen zu erwarten. Die wirtschaftlichen Ressourcen im Ruhestand werden sich dabei vermutlich eher ausdifferenzieren statt nivellieren, und mit dieser Heterogenisierung auf niedrigerem Niveau gehen dann erhöhte Armutsrisiken einher. Mangelnde wirtschaftliche Mittel im Ruhestand sowie ihre Implikationen für die Ausgestaltung der Lebensphase Alter und die mit ihr verbundenen Lebenschancen und -risiken werden so (wieder) zu einem wichtigen Thema der sozialen Gerontologie. Im Sympo sium soll daher nach der Relevanz dieses Trends für die Lebensphase Al-
ter gefragt werden: Welche Bedeutung kommt prekären materiellen Lagen für die Autonomie im Alter und für den Umgang mit den Herausforderung der späten Lebensphasen aktuell und künftig zu? Wie sieht die räumliche und sozialstrukturelle Verteilung dieses neuen alten Phänomens aus? Und welche Folgen ergeben sich unter den gegebenen Bedingungen für den Lebenslauf und seine Strukturierung? Und welche sozialpolitischen Interventionsbedarfe resultieren auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen daraus? 16:00 – 16:15 S05-01 Altern im sozialen Wandel: Rückkehr der Altersarmut? A. Motel-Klingebiel, C. Vogel; Vechta Eine Einleitung zu Perspektiven und aktuellen Befunden zur Entwicklung prekärer materieller Lagen in Deutschland 16:15 – 16:30 S05-02 Transferleistungen und Einkommensarmut im Alter Tendenzen der sozialstrukturell differenzierten und sozialräumlich segregierten Rückkehr der Altersarmut in Berlin S. Sallmon, Berlin Die Anzahl und Quote der älteren Bevölkerung mit Transferleistungen (SGB XII, SGB) steigen deutschlandweit. Eine mittelfristige Zunahme des Trends wird im Kontext zunehmend unterbrochener Erwerbsbiographien, der Ausweitung von Beschäftigungsverhältnissen im Niedriglohnsektor etc. erwartet. Zusammenhänge zur nach sozialstruktureller und gesundheitlicher Lage segregierten kleinräumigen Struktur der Bevölkerung sind nachzuweisen. Definitorisch ist die öffentlich übliche normative Gleichsetzung von Sozialleistungstransferbezug und Armut wie auch das Verhältnis der sozialgesetzlich gemeinten Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums mit Hilfe von Transferleistungen versus Armutsrisikogrenze (OECD-Skala) zu diskutieren. Untersucht wird die ältere Bevölkerung mit Transferleistungen in Berlin. Datenbasis sind Daten aus der amtlichen Statistik, anonymisierte Daten aus dem Verwaltungsvollzug und Sonderauswertungen des Gemeinsamen Krebsregisters. Neben deskriptiver Statistik zur Gruppe der Leistungsemp-fangenden sowie der betreffenden Bedarfsgemeinschaften und Privathaushalte werden mittels Faktorenanalyse aus 35 Indikatoren Zusammenhänge zur Sozialstruktur und zur gesundheitlichen Lage der Bevölkerung im (Sozial)Raum (durchschnittlich 7.500 Einwohner) untersucht. Hinsichtlich von Armut im Alter zeigt sich die Verschränkung langsam an Wirkung verlierender Einflüsse alter Ost- bzw. West- Erwerbsbiographien mit Situationen und Tendenzen sozialräumlicher Segregation. Auch Krankheit und /oder Pflegebedürftigkeit werden für zunehmende Teile der älteren Bevölkerung Sozialhilfeabhängigkeit nach sich ziehen. Zunehmende Altersarmut im Sinne von Sozialhilfeabhängigkeit wird zu steigenden Belastungen der Landes- und des Bundeshaushaltes führen. 16:30 – 16:45 S05-03 Zur Bedeutung des Sozialraums für Gesundheit und autonome Lebensgestaltung sozial benachteiligter Älterer: Befunde aus Berliner Stadtteilen S. Kümpers, K. Falk; Berlin Insbesondere für sozial benachteiligte ältere Menschen, deren Mobilität auch finanziell eingeschränkt ist, ist ihre Wohnumgebung die wesentliche Lebenswelt; ihre Mobilität und damit das erreichbare Umfeld wird durch entstehende Behinderungen weiter eingeschränkt. Ihre Gesundheits- und Autonomiechancen werden auch durch Eigenschaften ihrer Wohnquartiere beeinflusst. Chancen auf ein teilhabendes und sozial integriertes Leben werden durch individuelle und sozialräumliche Ressourcen beeinflusst bzw. eingeschränkt.
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Abstracts Im Projekt NEIGHBOURHOOD (gefördert vom BMBF 2008-2010) werden Zusammenhänge zwischen individuellen und sozialräumlichen Ressourcen und den Chancen benachteiligter und hilfe- und pflegebedürftiger Älterer zur Aufrechterhaltung selbstbestimmter sozialer Teilhabe in quartiersbezogenen Fallstudien in Berlin und Brandenburg untersucht. Sozial benachteiligte pflegebedürftige Ältere treffen mit ihren Netzwerken, ihrem Wissen und ihren finanziellen Mitteln auf lokale institutionelle Konfigurationen als Kontext ihrer Alltagsgestaltung. Diese sind bestimmt durch gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen und die konkreten Akteure vor Ort zusammen mit der räumlich-physikalischen Wohnumwelt. Qualität und Bedeutung des Lokalen akkumulieren in den sozialen Qualitäten und Opportunitätsstrukturen der Community, die mit den Begriffen des kollektiven sozialen Kapitals erfasst werden (Friedrichs & Oberwittler 2007). Im Vortrag werden Prozesse der Aufrechterhaltung bzw. des Verlustes autonomer Lebensgestaltung benachteiligter Älterer in den untersuchten Wohnquartieren beschrieben, daran spezifische Potentiale und Barrieren für Mobilität und Teilhabe aufgezeigt, sowie sich daraus ergebende Schlussfolgerungen für Entwicklungsaufgaben kommunaler Altenhilfe erörtert. 16:45 – 17:00 S05-04 Da werde ich aufstocken müssen. Biographische Armutspfade und die Transformation der Dreiteilung des Lebenslaufs K. Brauer, G. M. Backes, W. Clemens1; Vechta, 1Berlin Die dritte Lebensphase hatte sich in Wohlfahrtsstaaten zu einer eigenständigen Lebensphase entwickelt, die durch eine sie kennzeichnende Einkommensform (Rente, Pension) mehr oder minder gut abgesichert war und eine soziale Gruppe (die Rentner) konstituierte, die durch das Alter erreicht werden konnte. Der individuelle Beginn des Ruhestands konnte daher als zentrale biographische Übergangsphase bezeichnet werden. Biographien in modernen Staaten waren durch eine berechenbare und allgemeine Absicherung der Altersphase gekennzeichnet, die die latente Drohung der Altersarmut weitgehend überwinden konnte. In einer Reihe von biographischen Interviews mit arbeitslosen Personen am Übergang in den Ruhestand ist deutlich geworden, dass der Sozialstatus Rentner nur noch wenig Entlastung bietet. Es dominieren Verunsicherungen und Enttäuschungen, was die zurückliegenden Reformen der Sozialgesetzgebung und die Auswirkungen der Rentenformel für die eigenen biographischen Perspektiven angeht. Daneben werden auch bereits abgeschlossene Anpassungsprozesse an Prekaritäten deutlich, die sich auf ein lebenslängliches Arm sein einzustellen versuchen. Während einerseits auch im höheren Alter weiterhin nach Möglichkeiten und Auswegen aus dem Status der Sozialhilfeabhängigkeit gesucht wird, ähneln andere Perspektiven dem Typ der Resignierten aus der klassischen Marienthalstudie. Es deuten sich damit qualitative Veränderungen der Lebensperspektiven einer wachsenden Zahl Älterer an, die ihre Spuren in den gesellschaftlichen Deutungsmustern zum Altern hinterlassen werden. Wie häufig Armutsphänomene auftreten, müsste durch quantitative Studien gezeigt werden. Mit dem vorliegenden qualitativen Material kann vorgestellt werden, mit welchen strukturellen Bewältigungsformen und institutionellen Veränderungen zu rechnen ist.
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Mittwoch, 15. September 2010 – Hörsaal 3 16:00 – 17:30 S06 Symposium der Sektion III Interdisziplinäres Nachwuchssymposium – Perspectives of Ageing – Individuelle Ressourcen und institutionelle Rahmenbedingungen Moderation: J. Schröder, Heidelberg
Interdisziplinäre Betrachtungen des Alternsprozesses haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es wird immer wichtiger, dass unterschiedliche Perspektiven aus verschiedenen Wissenschaftskulturen für ein besseres und umfassenderes Verständnis von Altern zusammengeführt werden. Ausgehend von einem lebenslaufanalytischen Ansatz werden in einem interdisziplinären Projekt des Marsilius-Kollegs der Universität Heidelberg aus verschiedenen Forschungsperspektiven sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Problemstellungen und Herausforderungen gesunden Alterns behandelt. Forschungsleitende Annahme ist, dass sich schon früh im Lebensverlauf angelegte Ressourcen positiv auf spätere Handlungsmöglichkeiten und somit auf einen gesunden Alternsprozess, der zudem von sozialen Kontextbedingungen gerahmt wird, auswirken können. Das Projekt „Perspectives of Ageing“ zielt daher sowohl auf die Untersuchung von Individualfaktoren als auch auf die Erschließung der Bedeutung von institutionellen Rahmenbedingungen für gesundes Altern ab. Besonderes Gewicht kommt dabei der interdisziplinären Analyse möglicher Wechselwirkungen zwischen den Ebenen zu. Ziel ist es, auf Grundlage eines genaueren Verständnisses des im gesamten Lebenslauf verankerten Ressourcenaufbaus und dessen Bedeutung für den Erhalt von Gesundheit und kognitiver Leistungsfähigkeit im Alternsprozess, zur Entwicklung von verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen beizutragen. Das Symposium thematisiert sowohl individuelle Ressourcen an den Beispielen Bildung, Familienstand, kognitive Reserve und Sprachgebrauch als auch institutionelle Rahmenbedingungen am Beispiel des Rentenübergangs. Die neuesten Ergebnisse werden als Ansatzpunkte für mögliche Präventions- und Interventionsmaßnahmen gemeinsam diskutiert. 16:00 – 16:15 S06-01 Die protektive Funktion von Bildung für ein gesundes Altern J. Wienberg, Heidelberg In diesem Projekt soll konkret danach gefragt werden, ob und wie sich Bildungsprozesse – in informellen Lernkontexten – langfristig entwickeln und welche Auswirkungen diese auf die Gesundheit im Alter haben. Um die Effekte von Bildung(sbeteiligung) im Lebenslauf auf das Gesundheitsverhalten bestimmen zu können, wurde eine Meta-Analyse nationaler und internationaler Längsschnittstudien zu den Wechselwirkungen von Bildung und Gesundheit im Alter durchgeführt. Es werden die Ergebnisse der Meta-Analyse vorgestellt und davon ausgehend der Frage nachgegangen, inwieweit soziale Beziehungen und Netzwerke Auswirkungen auf die Entwicklung von Handlungskompetenzen haben. In einer qualitativen Analyse der Interviews des ILSE-Datensatzes – der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters – werden Lernanlässe und mögliche Lernbarrieren in den bildungsbiographischen Verläufen untersucht. Die Kategoriebildung der Auswertung lehnt sich u.a. an das Kategoriesystem des „Adult Education Survey“ (AES) an. In ersten qualitativen Auswertungen konnten bereits Anhaltspunkte gefunden werden, dass nicht die Anzahl der sozialen Kontakte, sondern die Qualität der sozialen Netzwerke, Effekte in Lernprozessen beeinflussen. Weiterführend ist der Frage nachzugehen, in welcher Form die gewonnenen Befunde für die Entwicklung präventiver Maßnahmen genutzt werden können.
16:15 – 16:30 S06-02 Familienstandsunterschiede der Mortalität im späteren Lebenslauf I. Rapp, Heidelberg
16:45 – 17:00 S06-04 Gesprochene Sprache und kognitive Einschränkungen im Alter B. Wendelstein, Heidelberg
Die Ressourcen, die älteren Personen zur Verfügung stehen und die den Prozess des Alterns mit beeinflussen, sind nicht zuletzt von (oftmals weit zurückliegenden) Ereignissen im Lebensbereich Partnerschaft und Familie abhängig. Seit langem ist z. B. ein geringeres Mortalitätsrisiko von verheirateten gegenüber nicht verheirateten Personen bekannt. Der Beitrag behandelt die Frage, ob sich die Bedeutung des Familienstands bzw. der Lebensform für das Mortalitätsrisiko im späteren Lebensverlauf verändert und wie sich diesbezügliche Veränderungen erklären lassen. Als Datengrundlage wird die in den Sozialwissenschaften weitgehend unbekannte ESTHER-Studie verwendet, eine im Jahr 2000 begonnene epidemiologische Längsschnittstudie mit ca. 10.000 im Saarland wohnhaften Personen im Alter von 50 bis 74 Jahren. Die empirischen Befunde zeigen für Männer, im Einklang mit den spärlichen früheren Studien zu dieser Thematik, dass Familienstandsunterschiede der Mortalität im höheren Lebensalter an Bedeutung verlieren. Mit Blick auf mögliche Erklärungen hierfür weisen die Ergebnisse darauf hin, dass sich die Reduktion von Familienstandsunterschieden der Mortalität im höheren Lebensalter nicht durch globale Erklärungsansätze, wie eine Überlagerung sozialer und sozial bedingter Einflussfaktoren durch medizinisch-biologische Faktoren, erklären lässt. Notwendig erscheint vielmehr, auf der Ebene der intervenierenden Variablen (z. B. gesundheitsrelevante Aspekte des Lebensstils) der Frage nachzugehen, welche Faktoren zu den im höheren Lebensalter abnehmenden Familienstandsunterschieden der Mortalität beitragen.
Sprache ist ein zentraler Bestandteil der Alltagskommunikation und eine hochkomplexe Fähigkeit, die weite Bereiche kognitiver Ressourcen miteinbezieht. Kommunikation und Sprachgebrauch verändern sich im Lebenslauf stetig – bei kognitiven Einschränkungen wie sie mit einer Alzheimer-Demenz (AD) einhergehen kommt es jedoch zu starken Einbrüchen in Sprachproduktion und -rezeption. Doch bereits vor einer Erkrankung und dem Einsetzen kognitiver Symptome treten Unterschiede im Sprachgebrauch auf, die auf eine spätere Erkrankung hinweisen können. Diese Beobachtungen können auf das Konzept der „kognitiven Reserve“ zurückgeführt werden. Sprache könnte somit als ein komplexer Ausdruck kognitiver Fähigkeiten das Ausmaß kognitiver Reservekapazitäten anzeigen. In diesem Beitrag werden Zusammenhänge zwischen linguistischen Besonderheiten in der gesprochenen Sprache im „jungen Alter“ und späteren kognitiven Einschränkungen im Alter erörtert. Dazu werden biographische Interviews aus der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) des ersten Messzeitpunktes (bis zu 12 Jahre vor Diagnosestellung) nach linguistischen Maßstäben analysiert. Ziel ist es bei Gesunden und bei Probanden mit AD Spezifika von prototypischen Indikatoren für normales Altern bzw. pathologisches Altern an der sprachlichen Oberfläche herauszuarbeiten. Erkenntnisse über Entwicklung und Unterschiede des Sprachverhaltens von gesunden Älteren und späteren AD-Patienten können so einerseits zur Diagnostik beitragen und andererseits Grundlage für Therapie- und Präventionsansätze sein.
16:30 – 16:45 S06-03 Kognitive Reserve im Alter C. Sattler, Heidelberg
17:00 – 17:15 S06-05 Die institutionelle Strukturierung von Lebensläufen am Beispiel des Übergangs Älterer in den Ruhestand J. Czepek, Heidelberg
Altersassoziierte Erkrankungen werden aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und des demographischen Wandels in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Hierzu zählen v. a. demenzielle Erkrankungen. Während 2001 noch ca. 24 Mio. Patienten weltweit von einer Demenz betroffen waren, werden die Zahlen für 2040 auf mehr als 80 Mio. geschätzt. Die Zahlen unterstreichen die enorme Wichtigkeit der Früherkennung und Prävention demenzieller Erkrankungen und ihrer klinischen Vorstufen, wobei interdisziplinär ausgerichtete Lösungsansätze immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es stellt sich die Frage inwiefern im Lebenslauf erworbene, individuelle Ressourcen das Demenzrisiko im höheren Erwachsenalter senken können. Zu den vermutlich präventiv wirksamen Faktoren zählen neben früh erworbenen Ressourcen wie dem Bildungsstand, auch später im Lebenslauf gestaltbare Faktoren wie ein aktives Freizeitverhalten. Dem Aufbau der so genannten „kognitiven Reserve“ wird hierbei eine entscheidende Bedeutung zugesprochen. Sie bezeichnet eine vermutete Kapazität des Gehirns, Schädigungen wie sie bei der Alzheimer-Demenz auftreten bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Im Rahmen der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenalters (ILSE) werden potenzielle Faktoren der kognitiven Reserve anhand repräsentativer Daten einer Geburtsjahrgangskohorte (1930-1932) untersucht. Die 500 Probanden nahmen bis heute an drei Messzeitpunkten teil (1993-1996, 1997-2000, 2005-2008). Bislang konnten Bildung, sozioökonomischer Status sowie kognitive und körperliche Freizeitaktivitäten als protektive Faktoren im Vorfeld der Entstehung demenzieller Erkrankungen identifiziert werden. Die Stärkung entsprechender individueller Ressourcen stellt nach diesen Ergebnissen einen wichtigen Präventionsansatz dar.
Als Reaktion auf die Folgen des demographischen Wandels sollen durch vielfältige Neuerungen in der Sozialgesetzgebung Verhaltensänderungen seitens der Versicherten und der Betriebe hinsichtlich einer längeren Lebensarbeitszeit erreicht werden. Eine gesellschaftlich und politisch höchst relevante Frage ist, unter welchen Bedingungen das Ziel einer längeren Lebensarbeitszeit realisiert werden kann. In Bezug auf diese Frage liegt der Fokus neben den Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer auch auf den sozialpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten des Übergangs Älterer in den Ruhestand. Ausgangspunkt des Beitrags ist die Annahme des Einflusses sozialpolitischer Regelungen auf individuelle Lebensläufe im Sinne einer „Institutionalisierung von Lebensläufen“ nach Kohli (1985). Die Analyse der institutionellen Strukturierung der Übergänge in den Ruhestand und den Auswirkungen für die Versicherten basiert auf Daten der Deutschen Rentenversicherung Bund und soll auf die Bedeutung von institutionellen Regelungen als Rahmenbedingungen für die Gewährleistung gesunder Alterungsprozesse aufmerksam machen.
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 1 16:00 – 17:30 S07 Symposium der Sektion IV Vernetzt denken und handeln – Perspektiven für die Versorgung von Menschen mit Demenz Moderation: V. Leve, Dortmund; M. Schmitt, Westhofen; M. Reichert, Dortmund; B. Zimmer, Dortmund; A. Kruse, Heidelberg
Die Versorgung von Menschen mit Demenz und die Unterstützung ihrer Angehörigen gehören aufgrund des zu erwartenden Anstieges der Zahl Demenzerkrankter zu den großen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen. Insbesondere auf kommunaler Ebene gilt es, den Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Aus- und Aufbau von vernetzten Versorgungsstrukturen entsprechend der Bedarfe und Lebenswelten der Menschen mit Demenz und ihres sozialen Umfeldes zu gestalten. So ergeben sich insbesondere in der Versorgung von Menschen mit Demenz vielfach komplexe Beratungs- und Versorgungsbedarfe, die multiprofessionelle Interventionen erfordern. Die Fragmentierung der Leistungsbereiche ebenso wie die vielfach thematisierte Schnittstellenproblematik werden in diesem Kontext kritisch diskutiert. So wird die Problematik der fehlenden Integration von gesundheitlichen und sozialen Diensten durch institutionelle Disparitäten, unterschiedliche Verbands- und Organisationsinteressen, aber auch durch disparate Interessen, Rollenwahrnehmungen, Kulturen und tatsächliche Qualifikationen von Berufsgruppen erschwert. Im Rahmen des Symposiums werden aus verschiedenen Forschungsprojekten Perspektiven für die Versorgung von Menschen mit Demenz anhand innovativer Ansätze auf kommunaler Ebene zum Aufbau von Netzwerken vorgestellt. Hierbei stehen vor allem sozialraumbezogene Vernetzungsaktivitäten sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten zur Überwindung der Schnittstellenproblematiken in der Versorgung im Vordergrund. Anhand der vorliegenden Ergebnisse werden Handlungsempfehlungen für den Praxistransfer generiert ebenso wie bestehende Forschungslücken der Versorgungsforschung identifiziert. Als Diskutant wird Prof. Dr. Andreas Kruse, Heidelberg, die Relevanz der Forschungsergebnisse kritisch kommentieren. 16:00 – 16:15 S07-01 Entlastungspotenziale von Angeboten der Demenzversorgung: Die Perspektive der pflegenden Angehörigen A. Ehlers, M. Reichert; Dortmund Fragestellung: Die zunehmende Zahl älterer Menschen mit Demenz erfordert den Ausbau demenzspezifisch ausgerichteter Angebote wie Beratung, medizinische und pflegerische Versorgung sowie Betreuungsmöglichkeiten und Selbsthilfegruppen. Bedingt durch die charakteristischen Symptome einer demenziellen Erkrankung (z.B. Gedächtnisverlust, agitiertes Verhalten) sind die informell Pflegenden höher belastet als in der Pflege von Menschen ohne Demenz. In der Folge sind spezielle Anforderungen an eine optimale Versorgung zu stellen. Im Rahmen des Projektes EVIDENT – gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit – wurde das Entlastungspotenzial der Angebotslandschaft ausgewählter Versorgungsnetzwerke in Nordrhein-Westfalen ermittelt. Methoden: Mittels einer schriftlichen Befragung (n=317) und leitfadengestützten Interviews (n=37) mit pflegenden Angehörigen wurden deren Erfahrungen mit genutzten Angeboten erfragt und entlastende Faktoren identifiziert. Ergebnisse: Wie die Ergebnisse zeigen, ist für einen leichteren Zugang zum Versorgungssystem die Verfügbarkeit gebündelter Informationen über vorhandene Angebote von grundlegender Bedeutung. Vor allem den Hausärzten/-innen kommt hierbei eine Lotsenfunktion zu. In der Analyse der Unterstützungsangebote konnte das hohe Entlastungspotenzial einer wohnortnahen Versorgung mit Tagespflege und niedrigschwelligen Betreuungsmöglichkeiten nachgewiesen werden. Ferner ist die demenzspezifische Qualifikation von Fachkräften und freiwillig Engagierten in den genutzten Angeboten von zentraler Bedeutung für die Zufriedenheit der Pflegenden. Interpretation: Auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse werden im Rahmen dieser Präsentation auch Handlungsempfehlungen für den Ausbau einer bedarfsorientierten vernetzten Demenzversorgung zur Diskussion gestellt. 16:15 – 16:30 S07-02 Hilfe- und Unterstützungsangebote bei Demenz Analyse der Zugangsbedingungen in einem kommunalen Demenznetz P. Schönemann-Gieck, U. Granzin1, B. Haas1, J. Weber1; Heidelberg, 1Wiesbaden Fragestellung: Der größte Anteil demenzkranker Menschen wird in Privathaushalten durch Familien-mitglieder versorgt, die häufig körperlich
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und psychisch stark belastet sind. Gleichwohl werden dringend notwendige Hilfe- und Unterstützungsleistungen vielfach zu spät oder gar nicht in Anspruch genommen, so dass die Pflegesituation eskaliert und eine stationäre Unterbringung unumgänglich wird. Im Rahmen ihres Auftrags zur Daseinsvorsorge hat die Stadt Wiesbaden ein hohes Interesse daran, dass insbesondere im häuslichen Bereich adäquate Versorgungsangebote für diese Bevölkerungsgruppe bereit stehen und genutzt werden (können). 2008 wurde das Heidelberger Institut für Gerontologie mit einer Untersuchung zur Nutzung nichtpharmakologischer Hilfeund Unterstützungsleistungen bei Demenz beauftragt. Hauptanliegen war es, die aktuelle Versorgungssituation darzustellen, um Hinweise auf mögliche Nutzungsbarrieren zu erhalten. Methoden: Die Untersuchung wurde dreiteilig angelegt; sie umfasste neben einer Literaturanalyse, eine Befragung der Anbieter von Demenzdienstleistern und eine Erhebung in den Haushalten der Betroffenen selbst. Zwischen November 2009 und Juni 2010 wurde die Befragung aller lokalen Anbieter der haus- und fachärztlichen Versorgung, Beratungsstellen sowie Entlastungs- und Unterstützungsangebote durchgeführt. Die Teilnahmebereit-schaft der befragten Professionen war sehr hoch – ebenso die der niedergelassenen Ärzte. Ergebnisse: Eine theoriegeleitete Auswertung gibt deutliche Hinweise auf personenbezogene Barrieren. Ebenso zeigen sich zahlreiche Hinweise auf strukturelle Ursachen für eine defizitäre Nutzung bestehender Angebote. Die Ergebnisse bilden zusammen mit den Erfahrungen aus der qualitativen Erhebung in betroffenen Familien die Grundlage der Handlungsempfehlungen für das Wiesbadener Forum Demenz. 16:30 – 16:45 S07-03 Gemeinwesenorientierte Unterstützung bei Demenz Erfahrungen aus einem kreisweiten Vernetzungsprojekt L. Köhler, M. Kraft, D. Moisl; Frankfurt a. M. Fragestellung: Gelingt es, durch eine Mobilisierung und Vernetzung im Gemeinwesen die Unterstützung von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen zu verbessern? Das war die Frage der Evaluation, die sich an das Konzept eines zweieinhalbjährigen Projektes im Kreis Mettmann anschloss und im Rahmen eines Leuchtturmprojekt Demenz untersucht wurde. Methoden: Zum Ende der ersten Förderphase wurden lokale Strukturen und durch das Projekt angestoßene Prozesse bilanziert. Analyseebene waren die kreisangehörigen Städte und ihre Integration in ein Gesamtnetzwerk. Zur Rekonstruktion und Bewertung wurden die Perspektiven unterschiedlicher Akteure erhoben. In einer Verbindung von qualitativen und quantitativen Methoden wurden Dokumentenanalysen, Fokusgruppen- und Experten/-innen-Interviews, schriftliche Befragungen von Mitarbeitern/-innen und Interviews mit Angehörigen durchgeführt. Die Studie fand in Kooperation mit dem Institut für Gerontologie an der TU Dortmund statt. Ergebnisse: Es ist gelungen im Kreis ein Netzwerk zu etablieren, das zunehmend eine Instanz für Planung und Versorgung darstellt. Austausch und gemeinsame Aktionen im Netzwerk sind realisiert, die Infrastruktur im Bereich niedrigschwellige Angebote wurde ausgebaut und die Qualifizierung von Ehrenamtlichen begleitet. Doch die Einbindung der kreisangehörigen Städte ist durchaus unterschiedlich, Voraussetzungen und Bedarfslagen differieren stark. Interpretation: Es zeigt sich, dass der Adaption des Konzeptes und einer Integration gewachsener Strukturen eine bedeutende Rolle zukommt. Eine Koordination, variable Handlungsstrategien und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit sind wichtige Komponenten für die Ausgestaltung und das Gelingen der Vernetzung. Die Einbindung kommunaler politischer Gremien und ortsansässiger Institutionen ist wertvoll für eine nachhaltige Entwicklung.
16:45 – 17:00 S07-04 Netzwerke in der Demenzversorgung: Innovationspotenziale und Handlungsperspektiven Ergebnisse des Leuchtturmprojektes EVIDENT K. Köhler, V. Leve, B. Zimmer; Dortmund Fragestellung: Die vom Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen der Initiative Leuchtturmprojekte Demenz geförderte Studie „Evaluation vernetzter Versorgungsstrukturen für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen: Ermittlung des Innovationspotenzials und Handlungsempfehlungen für den Transfer“ (EVIDENT) hatte zu Ziel, in sechs Regionen in NRW modellhafte versorgungsbereichsübergreifende Vernetzungsaktivitäten zu untersuchen. Methoden: Zur Durchführung der Studie wurde eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Methoden gewählt. Um die bestehenden Versorgungsnetzwerke in ihrer Komplexität zu erfassen, wurden für die Fallstudien Strukturanalysen, qualitative halbstrukturierte Interviews mit Mitarbeitern/-innen aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen, standardisierte Erhebungen von Basisdaten der beteiligten Institution / Organisation, teilnehmende Beobachtungsverfahren an Veranstaltungen und Arbeitstreffen sowie Dokumentenanalysen in den beteiligten Regionen eingesetzt. Ergebnisse: Ergebnisse zu folgenden Aspekten der Fallstudien werden im Rahmen des Beitrages diskutiert: – institutionelle und persönliche Motivation zur Vernetzung mit anderen Akteuren, – Netzwerkbildung in kommunalen Versorgungsstrukturen, – Bedeutung sozialraumbezogener Netzwerke, – fördernde Faktoren, die Erfolg und Nachhaltigkeit von Demenz netzwerken sichern, sowie – hemmende Faktoren in Bezug auf strukturelle und finanzielle Rahmen bedingungen. Interpretation: Präsentiert werden darüber hinaus für den Transfer in die Versorgungspraxis empfehlenswerte Modelle „Guter Praxis” sowie Handlungsempfehlungen für Akteure in der Demenzversorgung und sozialpolitische Entscheidungsträger in Bund, Land und Kommunen.
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 2 16:00 – 17:30 PS02 Papersession der Sektion IV Wohnformen der Zukunft Moderation: C. Kricheldorff, Freiburg 16:00 – 16:15 PS02-01 Zukunft Quartier – Lebensräume zum Älterwerden G. Schiele, Meckenbeuren Fragestellung: Das Ziel, die ambulanten Hilfen im häuslichen Umfeld zu einem System sozialer Dienstleistung zu entwickeln, führt zwangsläufig zu der Frage – ob die Grenzen, die der häuslichen Pflege derzeit durch das Pflegeversicherungsgesetz gesteckt scheinen, zu erweitern sind; – ob nachbarschaftliche Hilfen als organisierte Nachbarschaftshilfe, als ehrenamtliche Hilfen oder auch als Hilfen durch die Nachbarn selbst asugebaut werden können. Wie diese Nachbarn und die Angehörigen in einem wirklichen Hilfenetzwerk mit den professionellen ambulanten Hilfen im Alltag verbunden werden können und – welche Rolle dabei die Wohnungswirtschaft spielen kann, die bisher an der Diskussion um Pflege daheim nur marginal beteiligt ist. Methoden: – Aufbau von nachbarschaftlichem Unterstützungssystem in Hausgemeinschaften und Quartieren – Hilfemix aus nachbarschaftlicher und ambulanter fachlicher Hilfe
– Kooperationspartnerschaft von Wohnbaugenossenschaft, Altenhilfeträger und Selbstverwaltung der Bewohner Ergebnisse: Es gibt große Potenziale im Quartier, die genützt werden können. Interpretation: Soziale Leistungen müssen künftig mehr dem Wunsch der Menschen nach Eigenverantwortung und Selbstbestimmung gerecht werden. Nachhaltige Unterstützung für Bürgerinnen und Bürger – mit und ohne Hilfsbedarf – muss sich verstärkt an Solidarität und Subsidiarität im Sozialraum orientieren, um eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten. Die Teilhabe an der Gesellschaft entwickelt sich durch das Geben und Nehmen im sozialen Miteinander am jeweiligen Wohnort. Diese Ausrichtung stiftet mehr Sinn als eine auf Konsum sozialstaatlicher Leistungen orientierte Einstellung. Kann der genossenschaftliche Gedanke in diesem Zusammenhang genutzt und erweitert werden: Wo liegen Möglichkeiten und Chancen des genossenschaftlichen Miteinan ders, um auf die Alterung der Bewohner in dieser sozialen Einheit, aber auch im Quartier, neue Antworten zu finden? 16:15 – 16:30 PS02-02 Nachbarschaftsfördernde Wohnformen alters- und generationengerecht Beispiele aus der Schweiz S. Gatti, Wallisellen/CH Fragestellung: Ältere Menschen leben am liebsten in ihren vier Wänden. Diese beliebte Wohnform ist volkswirtschaftlich sinnvoll, insbesondere dann, wenn die nachbarschaftliche Unterstützung die Lebensqualität erhöht. Die Zahl der in Ein- und Zweipersonen Haushalten steigt kontinuierlich an (2000 70 % von 1 oder 2 Personen). Dabei hat sich die Zahl der Allleinlebende 64-75 jährigen verdoppelt: Männer: 1960 7 % – 2000 14% Frauen 1960 21 % 2000 45 % Aufhorchen lässt: von den über 64 Jährigen Frauen leben 80 % alleine. In der Schweiz beanspruchen zur Zeit 24.5% der über 80 Jährigen einen betreuten Platz. Ohne neue nachbarschaftsfördernde Konzept müssten für eine Generation (Baby-Boomer) tausende von Pflegeplätzen gebaut und danach betrieben werden. Methoden: In verschiedenen wohn.plus-Projekten wurde das Wohnkonzept ZukunftsWohnen umgesetzt. Empowerment von Seniorinnen und Senioren erhöht den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung und ermöglicht, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig und selbstverantwortlich zu vertreten und zu gestalten. Das Stärken der älteren Generation trägt dazu bei, das Image der Rentnerinnen und Rentner als wertvolle Mitglieder der Gesellschaft stärken. Dies wiederum wird sich positiv auf die nächsten Generationen auswirken. Ergebnisse: Die Entwicklung von moderierten gemeinschaftsfördernden Wohnprojekten für ältere Menschen bis hin zu Menschen mit Demenzerkrankungen fördert die Nachbarschaftshilfe und nutzt Ressourcen der nicht mehr im aktiven Arbeitsleben stehenden Quartierbewohnerinnen und Bewohner. Neue barrierefreien Wohnungen werden an ältere Erstbewohner vermietet/verkauft. Sie sind so ausgestaltet, dass sie nach der Baby-Boomer-Generation jüngeren/jungen Singles und Paaren dienen können. Die Moderation der Prozesse wirkt sich integrativ auf alle Beteiligten aus. Interpretation: Als eines der sichtbaren Zeichen in ganz Europa kann die Wirkung des Tag der Nachbarn (28.5.2010) beobachtet werden (natürlich ist Mitmachen noch wertvoller). 16:30 – 16:45 PS02-03 Gemeinschaftliche Wohnformen – eine Antwort auf die Herausforderungen des demographischen Wandels? K. Schneiders, Bochum Fragestellung: In den letzten Jahren sind neben die traditionellen Angebote altersgerechten Wohnens neue getreten, die unter dem Begriff „Gemeinschaftliche“ bzw.“Alternative“ Wohnformen subsummiert werden Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts können. Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit, die das Thema auf sich zieht, liegen bislang nur wenig systematische und empirisch fundierte Erkenntnisse über vorhandene Quantitäten und Qualitäten sowie deren Wirkungen auf Individuum und Gesellschaft vor. Methoden: Im Rahmen einer bundesweiten Befragung wurden Daten zu Umfang, Struktur und räumlicher Verbreitung gemeinschaftlicher Wohnformen ermittelt. Daneben wurde anhand von Fallbeispielen untersucht, welche Motivation den jeweiligen Projekten zugrundeliegt und welche Wirkungen auf das Individuum, das Quartier und die Gesellschaft erkennbar sind. Ergebnisse: Gemeinschaftlichen Wohnformen sind (noch) als eine Randerscheinung insofern zu bezeichnen, als ihre Gesamtzahl im Vergleich zu anderen Lebensformen als marginal zu bezeichnen ist. Die Projekte weisen eine hohe Varianz hinsichtlich ihrer Ziele bzw. Zielgruppen, der internen Organisationsstruktur als auch der Konzeptualisierung und Realisierung des gemeinschaftlichen Anspruches auf. Interpretation: Gemeinschaftliche Wohnprojekte können für Ältere eine Alternative zur „Normalwohnung“ und – in sehr begrenztem Maße bzw. für bestimmte Zielgruppen – zu stationären Einrichtungen darstellen. Der Gemeinschaftsaspekt wird in den Projekten sehr unterschiedlich umgesetzt. Während einige Projekte nicht über Nachbarschaftshilfe hinausgehen, haben andere einen familienähnlichen oder auch stationären Charakter. Die Hoffnung, dass diese Wohnformen zur Bewältigung des demographischen Wandels beitragen, scheint angesichts des quantitativen Umfangs und der Beschränkung auf wenige soziale Milieus zu hoch gegriffen. Dennoch bieten die Projekte Ansatzpunkte für die Entwicklung von Strategien gegen Singularisierung und für die Einbindung gesellschaftlicher Potenziale von Älteren im Sinne einer zukunftsfähigen Quartiersgestaltung. 16:45 – 17:00 PS02-04 Wohnqualität in Siedlungsstrukturen – Eine transdisziplinär-ganzheitliche Herangehensweise R. Blaser, U. Kalbermatten , M. Metrailler, E. Althaus; Bern/CH Fragestellung: Ausgehend vom Projekt Wohnqualität und Alter, in dem der Schwerpunkt der Betrachtung auf der Wohnung selbst lag, wird im Folgeprojekt Wohnqualität in Siedlungsstrukturen die Perspektive erweitert und Wohnqualität wird zusätzlich auf den Ebenen Haus und Siedlung betrachtet. Die Herangehensweise an das Thema ist ganzheitlich, in dem biologische, psychologische, soziale und ökologische Aspekte der Wohnqualität auf allen drei Ebenen berücksichtigt werden. Methoden: In diesem transdisziplinären Projekt arbeiten VertreterInnen von Gerontogie, Sozialer Arbeit, Architektur, Bauwirtschaft und Gemeindebehörden gemeinsam am Thema Wohnqualität. Mittels qualitativer Interviews und schriftlicher Befragungen werden die Erwartungen an bzw. die Vorstellungen von Wohnqualität auf den Ebenen Wohnung, Haus, Siedlung aus Gemeinde-, Bauherren- und Bewohnersicht erhoben. Ergebnisse: Die Transdisziplinarität so wie die Berücksichtigung mehrer relevanter Ebenen führt zu einem ganzheitlichen Blick auf die Wohnqualität, Das aus diesem Projekt resultierende Modell zur Schaffung von Wohnqualität sollte bei seiner Anwendung in der Planung von neuen bzw. der Umgestaltung von bestehenden Siedlungen gerade auch für ältere Menschen zu mehr Wohn- und damit Lebensqualität führen. Interpretation: Das Projekt hat gezeigt, wie wichtig es in der Schaffung von Wohnqualität in Siedlungsstrukturen ist, dass die beteiligten Akteure eine gegenseitige Vorstellung vom je anderen Verständnis von Wohnqualität haben. Dies erleichtert die Kooperation und nur so kann es letztlich gelingen, möglichst gute Bedingungen gerade auch für das Altern im Quartier zu schaffen.
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17:00 – 17:15 PS02-05 Erwartungen älterer Menschen an ein quartiersbezogenes Wohnprojekt – Eine qualitative Studie T. Boggatz, Essen Fragestellung: Quartiersbezogene Wohnprojekte gelten als ein Lösungsansatz für den wachsenden Bedarf an Pflege und Unterstützung für ältere Menschen. Sie sollen den Erhalt von Selbständigkeit sowie gesellschaftliche Teilhabe und nachbarschaftliche Unterstützung ermöglichen. Über die Perspektive der potentiellen Nutzer liegen bislang kaum empirische Daten vor. Diese Studie untersucht daher Frage: Welche Erwartungen haben ältere Menschen an ein Wohnprojekt mit Quartiersbezug? Methoden: 19 Bewerber für ein quartiersbezogenes Wohnprojekt in Essen (Ruhr) sowie 11 Bewohner aus dem Umfeld des Projekts wurden in Leitfadeninterviews befragt. Die Datenauswertung erfolgte mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Ergebnisse: Von den Bewerbern wurden drei zentrale Motive für einen Umzug genannt: Die Größe der bisherigen Wohnung, deren Pflege auf Dauer zu aufwendig sei. Der Wunsch nach Unterstützung im Alltag und Absicherung für Pflegebedarf bei gleichzeitigem Erhalt von Selbstbestimmung. Der Wunsch nach Kontakten mit Mitbewohnern. Bei Bewerbern mit guten Beziehungen zur Nachbarschaft war der Verbleib im vertrauten Viertel von zentraler Bedeutung. Das Potential der Bewerber zur Mitgestaltung des Wohnprojekts war durch geringes Interesse an oder altersbedingt reduzierten Fähigkeiten zu gemeinnützigem Engagement eingeschränkt. Bewohner aus dem Umfeld des Wohnprojekts hatten ähnliche Vorstellungen über dessen Nutzen, zogen einen Umzug jedoch nicht in Betracht, weil für sie die Bewältigung des Alltags noch keine Belastung oder aber der Verbleib in der vertrauten Wohnung mit mehr Lebensqualität verbunden war. Interpretation: Der Wunsch nach einem Verbleib im Viertel verdeutlicht die Relevanz von quartiersbezogenen Wohnprojekten. Das eingeschränkte Potential zur Mitgestaltung stellt jedoch die Erwartungen an selbstbestimmte Teilhabe in Frage. Die Ergebnisse dieser Studie hängen von der Sozialstruktur und der geographischen Lage des Projektgebietes ab. Vergleichende Untersuchungen in anderen Vierteln sind daher notwendig. 17:15 – 17:30 PS02-06 Das SONG-Konzept Alternativen zum Pflegeheim-Boom: Gemeinsames Älterwerden im Quartier in der Praxis – Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren A. Künzel, Bremen Die Herausforderungen, die mit dem demographischen und gesellschaftlichen Wandel einhergehen, sind umfassend, aber gestaltbar. So gibt es bereits konkrete Perspektiven für die zukünftige Entwicklung der Lebensräume älterer Menschen und der erforderlichen Wohn- und Dienstleistungsstruktur. Die herkömmlichen Versorgungskonzepte für assistenzbedürftige Menschen im Sinne familiärer Betreuung oder in Form eines Aufenthalts in spezialisierten Einrichtungen sind vor diesem Hintergrund aber allein nicht mehr ausreichend. Neue Ansätze sind gefordert – es geht darum, „Soziales neu zu gestalten“. Mit diesem Ziel haben sich vor ca. vier Jahren sechs gestaltungsstarke Akteure der Sozialwirtschaft zum Netzwerk: Soziales neu gestalten („SONG“) zusammengeschlossen. In rund dreieinhalb Jahren wurden konkrete Perspektiven für die zukünftige Entwicklung der Lebensräume älterer und assistenzbedürftiger Menschen erarbeitet sowie Erfolgsfaktoren und Wirkungen zukunftsweisender Wohn- und Assistenzmodelle anhand der Leuchtturmprojekte der Netzwerkpart-ner wissenschaftlich untersucht. Es konnte aufgezeigt werden, dass innovative gemeinwesenorientierte und gene-rationenübergreifende Wohn- und Betreuungsmodelle durch kleinräumige Vernetzung von familiärer Unterstützung, bürgerschaft lichem Engagement und pro-fessionellen Diensten (Welfare-Mix) sowie durch Stärkung der Eigenständigkeit und Pflege im Quartier zukunftsfä-
hig sind. Darüber hinaus profitiert von diesem Ansatz nicht nur der oder die Betroffene, sondern das ganze umliegende Ge-meinwesen. Im Vortrag werden die Konzepte und Wirkungen dieses Ansatzes anhand der Studienergebnisse und konkreter Praxisbeispiele veranschaulicht.
Mittwoch, 15. September 2010 – Kursraum 3 16:00 – 17:30 ���� S08 Symposium der Sektion II/III Pharmakotherapie im Alter und deren Angemessenheit in unterschiedlichen Versorgungssettings Vorsitz K. Kopke, Berlin; W. Renteln-Kruse, Hamburg; A. Kuhlmey, Berlin
Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Anzahl der unterschiedlichen gleichzeitig verordneten Arzneimittel an. Die Daten, auf denen eine medi kamentöse Therapie beruht, sind jedoch häufig nicht in dieser Alters gruppe gewonnen, obwohl Veränderungen des alternden Organismus die medikamentöse Therapie stark beeinflussen können. Ebenso sind Arzneimittelinteraktionen bei zunehmender Multimorbidität häufig. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) gehören zu den bedeutendsten therapieassoziierten unerwünschten Ereignissen überhaupt. Dies betrifft vor allem ältere Menschen im Rahmen von Polypharmazie. Besonders häufig in dieser Altersklasse treten das delirante Syndrom und Sturzereignisse als klinisch bedeutsame UAW auf. Darüber hinaus ist ein zentrales Problem jeglicher erfolgreicher Therapie die langfristige Therapietreue. Eine unregelmäßige Medikamenteneinnahme kann zu einer Verschlechterung des klinischen Zustandes führen. Sogar Krankenhausaufenthalte sind mitunter Folge der Non-Adhärenz. Das Risikopotenzial der medikamentösen Therapie wird derzeit zu wenig beachtet, insbesondere bei vulnerablen Personengruppen mit funktionellen Defiziten. Doch obwohl ältere Menschen mehr und häufiger Arzneimittel anwenden als jüngere, ist schlechter untersucht, wie die Pharmakotherapie bei Ihnen sicher und zum größten Nutzen durchgeführt werden kann. Hierzu möchte das Symposium einen Beitrag leisten. Alle Beiträge dieser Veranstaltung sind innerhalb von Forschungsprojekten im Rahmen des vom BMBF geförderten Programms „Gesundheit im Alter“ entstanden. 16:00 – 16:15 S08-01 Multimedikation und potenziell ungeeignete Medikation im Alter – vom Konzept zur verbesserten Pharmakotherapie in der Praxis W. Renteln-Kruse, Hamburg Fragestellung: Ausgehend von der Assoziation zwischen medikamentöser Mehrfachverordnung und unerwünschten Ereignissen bzw. ungünstigem Outcome bei älteren Patienten wurde vor über 25 Jahren das Konzept der „potenziell ungeeigneten Medikation“ (Potentially Inappropriate Medication; PIM) entwickelt. Dies führte u. a. zu einer Vielzahl einzelner Verfahren und Skalen, „Angemessenheit“ (appropriateness) medikamentöser Behandlung für ältere Patienten zu erfassen, zu messen und zu beurteilen. Weiter wurden in interdisziplinären Abstimmungs-prozessen in verschiedenen Ländern PIM-Listen entwickelt. Methoden: Vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) wurde in einem interdisziplinären Delphi-Verfahren auch für Deutschland eine Liste entwickelt (PRISCUSListe). Ergebnisse: Während keine Zweifel daran bestehen, dass insbesondere umfangreiche Arzneimitteltherapie bei alten und sehr alten Patienten relativ häufig mit unerwünschten Ereignissen verknüpft ist bzw. für solche in hohem Maße prädisponiert, bestehen für die Operationalisierung sämtlicher Aspekte von „Appropriateness“ in so genannten PIM Listen oder derartigen Verfahren eine Reihe offener Fragen, wie letztlich auch
zu deren klinischen Bedeutung. Zu letzterem sind erst ansatzweise Informationen verfügbar. Interpretation: Untersuchungen sind deshalb dringend erforderlich, damit das Konzept Eingang findet in die praktizierte Pharmakotherapie bei alten Patienten. 16:15 – 16:30 S08-02 Angemessene Schmerzmedikation für Pflegeheimbewohner in Deutschland – Realität und Hoffnung M. Kölzsch, D. Dräger, R. Kreutz; Berlin Fragestellung: Schmerzen stellen ein bedeutsames Phänomen dar und zählen im Alter zu den häufigsten Beschwerden. Die Pharmakotherapie ist einer der Grundpfeiler einer effektiven Schmerztherapie, wobei altersspezifische Empfehlungen beachtet werden müssen, um die Therapie auch im hohen Lebensalter sicher zu gestalten. Bislang fehlt es an Untersuchungen, wie sich die Versorgungssituation mit Analgetika im Allgemeinen und speziell die Angemessenheit und Qualität der Pharmakotherapie bei Pflegeheimbewohnern darstellt. Im Forschungsprojekt PAiN wird die Qualität und Angemessenheit der Schmerzmedikation bei Pflegeheimbewohnern untersucht und bewertet. Methoden: Dazu wurde eine Zufallsstichprobe von Heimbewohnern in Berlin und Brandenburg mittels Befragung, Beobachtung und Analyse der Pflegedokumentation untersucht. Zur Bewertung der Qualität und Angemessenheit der Analgetika wurde die Pain Medication Appropriateness Scale (PMAS) eingesetzt. Die PMAS besitzt eine Prozent-Skala, wobei ein Wert von 67% oder darunter auf eine unzureichende Schmerztherapie hindeutet. Die Eignung des nach wissenschaftlichen Kriterien übersetzten Instrumentes für Deutschland wurde mittels einer Pilotstudie mit 36 Bewohnern sicher gestellt. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Pilotstudie deuten an, dass lediglich rund ein Drittel der Bewohner über eine ausreichende Schmerztherapie verfügt. Defizite zeigten sich bei der Obstipationsprophylaxe und der Bereitstellung schnellwirksamer Bedarfsmedikation unter dauerhafter Opioid-Therapie. In der Hauptstudie wurden insgesamt rund 560 Bewohner interviewt und bei allen, die eine dauerhafte Schmerzmedikation erhielten oder die dauerhaft unter Schmerzen litten, wurde die PMAS angewandt. Interpretation: Es wird in Kürze eine umfassende Charakterisierung und Bewertung der medikamentösen Schmerztherapie bei Pflegeheimbewohnern erfolgen, aus denen sich praktische Empfehlungen für alle an der Versorgung Beteiligten ableiten lassen. 16:30 – 16:45 S08-03 Medikation, potenziell ungeeignete Medikamente, die PRISCUSListe und Stürze älterer Patienten im Krankenhaus* M. Modreker, L. Neumann, V. Hoffmann1, S. Holt2, P. Thürmann2, S. Golgert, U. Dapp, J. Hasford1, W. Renteln-Kruse; Hamburg, 1München, 2Wuppertal Fragestellung: Stürze älterer Patienten im Krankenhaus sind häufige unerwünschte Ereignisse. Arzneimittel können das Sturzrisiko erhöhen, weshalb die kritische Evaluation der Medikation Bestandteil von SturzPrävention allgemein ist. Untersuchungen zur Sturzprävention im Krankenhaus sind rar, Zusammenhänge mit Medikation unklar. Methoden: In einer Fall-Kontroll-Studie wurden die Medikation in einem 24h Zeitintervall vor erstem Sturzereignis (Index-Tag) bei 100 im Krankenhaus gestürzten und 100 nicht gestürzten Patienten bezüglich so genannter FRIDs (Fall Risk Increasing Drugs) sowie PIM (Potentially Inappropriate Medication) gem. PRISCUS-Liste** untersucht. Ergebnisse: Die Arzneimittelexposition war in beiden Patienten-Gruppen hoch. Stürze waren signifikant assoziiert mit Multimedikation (≥5 Med.), ZNS-wirksamer Medikation insgesamt, Neuroleptika, Antidepressiva und Sedativa/Hypnotika insbesondere sowie mit der Kombination von ZNSwirksamen und Arzneimitteln mit Blutdruck senkender Wirkung. Auf PIM-Verordnungen (als potenziell ungeeignet eingestuft) entfielen 5,9% aller 1617 Arzneimittel, die 38% der Patienten betrafen. Der Unterschied Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts bezüglich PIM zwischen Patienten mit und ohne Stürzen verfehlte knapp die stat. Signifikanz. Interpretation: Für die Sturzprävention bei älteren Krankenhauspatienten zeigen die Ergebnisse ein Potenzial durch Optimierung der Medikation in jedem Einzelfall. Im LUCAS Teilprojekt wird prospektiv weiter untersucht, welche klinische Bedeutung PIM gem. PRISCUS-Liste im Zusammenhang mit Stürzen im Krankenhaus zukommt. * LUCAS Teilprojekt 6, gefördert vom BMBF, Förderkennzeichen: 01ET0708 ** Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA: Dtsch Ärztebl 2010 (eingereicht) 16:45 – 17:00 S08-04 Medikamenteneinnahme bei Multimorbidität im Alter: Medikamentenbezogene Überzeugungen und absichtliche oder unabsichtliche Non-Adhärenz B. Schüz, S. Wurm, L. M. Warner, J. P. Ziegelmann, C. Tesch-Römer, R. Schwarzer; Berlin Fragestellung: Eine wirksame Behandlung von Mehrfacherkrankungen im Alter erfordert Medikamentenadhärenz (Compliance). Abweichungen von der Adhärenz können unabsichtlich sein (z.B. Vergessen) oder auch absichtlich (z.B. bewusste Veränderungen der Einnahmedosis oder -häufigkeit). Um geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Adhärenz zu planen, ist die Erforschung von medikamentenbezogenen Einstellungen angezeigt. Methoden: In einer längsschnittlichen Studie mit N = 309 mehrfach erkrankten Personen (Alter 65+) wurden zu drei Messzeitpunkten im Abstand von jeweils drei Monaten Adhärenz und medikamentenbezogene Überzeugungen (Beliefs about Medicines Questionnaire) erfasst. In multiplen hierarchischen Regressionsanalysen wurde untersucht, ob sich Veränderungen in diesen Überzeugungen auf Veränderungen in der Adhärenz auswirken. Dabei wurde die Anzahl der Erkrankungen, Anzahl der Medikamente, Alter, Geschlecht und Bildung kontrolliert. Ergebnisse: Veränderungen in der Überzeugung, dass die Medikamente notwendig sind, konnten nachfolgende Veränderungen in absichtlicher Non-Adhärenz erklären. Veränderungen in der Überzeugung, dass zu viele Medikamente verschrieben werden, konnten Veränderungen in unabsichtlicher Non-Adhärenz erklären. Interpretation: Veränderungen in medikamentenbezogenen Überzeugungen können dazu führen, dass sich die Adhärenz verändert. Generelle Überzeugungen scheinen eher für das Vergessen von Medikamenten wichtig zu sein, während Zweifel an der Notwendigkeit vor allem für bewusste Entscheidungen zur Non-Adhärenz von Bedeutung sind. Beide Befunde legen nahe, regelmäßig im ärztlichen Gespräch auf diese Überzeugungen einzugehen, da sie sich auf die Adhärenz mehrfach Erkrankter auswirken.
Mittwoch, 15. September 2010 16:00 – 17:30 Kursraum 6 PS03 Papersession der Sektion IV Versorgung und Dienstleistungen im Quartier Moderation: U. Otto, St. Gallen/CH
16:00 – 16:15 PS03-01 Good Practice Ansatz zur Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten Älteren im Quartier C. Gold, S. Pospiech; Berlin Fragestellung: Quartiere bieten viele Anknüpfungspunkte für wirkungsvolle Gesundheitsförderung und Prävention. Vielerorts fehlt jedoch Wissen über wirksame Methoden und Angebote für die Zielgruppe der
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älteren Menschen. Wie kann Praktiker/innen im Quartier der Zugang zu solchen Informationen erleichtert werden? Vorgestellt wird der Good Practice Ansatz (GP) des Kooperationsverbundes Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten am Beispiel der Gesundheitsförderung Älterer im Quartier: Von der Entwicklung der Kriterien zur Auswahl von Beispielen, dem Transfer in andere Projekte und Handlungsfelder bis zur Qualifizierung von Anbietern. Methoden: Zentrales Prinzip des GP-Ansatzes ist ein transparentes und kriteriengeleitetes Auswahlverfahren, das Praktiker dabei unterstützt einzelne geeignete Aspekte der guten Praxis auszuwählen und in eigene Angebote zu integrieren (Interviews, Peer-Review, Fragebögen u. Checklisten). GP-Projekte und Kriterien werden in der Datenbank www.gesundheitliche-chancengleichheit sowie durch Publikationen und Tagungen bekannt gemacht. Fokusauswertungen unter spezifischen Fragestellungen vertiefen das Wissen über bewährte Angebote. Ergebnisse: Der GP Ansatz ist ein erprobtes Instrument zur Qualitätsentwicklung um durch positive Beispiele aufzuzeigen, dass Interventionen ihre erwünschte Wirkung entfalten. Die Datenbank führt aktuell 7 GP Projekte für die Zielgruppe 60+. Der Wettbewerb Vorbildliche Praxis 2009: Gesundheitsförderung bei sozial benachteiligten älteren Menschen generierte neue Beispiele. Die Arbeitshilfen Gesundes und aktives Altern im Quartier unterstützen Akteure bei der Umsetzung. Interpretation: Identifikation und Veröffentlichung von Beispielen guter Praxis eigenen sich als Grundlage für die praxisnahe Auseinandersetzung über die Qualitätsverbesserung gesundheitsfördernder Angebote. Das Wissen um die Wirkung komplexer gesundheitsförderlicher Maßnahmen im Quartier wird gestärkt. 16:15 – 16:30 PS03-02 Quartiersprojekte und ihr Social Return (SROI) W. Wasel, Meckenbeuren Fragestellung: Sozialraumorientierung ist zurzeit eines der herausragenden Konzepte der sozialen Arbeit. Trotz der großen Akzeptanz, gelingt es vielfach nicht, Sozialraumorientierung in der Praxis umzusetzen. Neben anderen Gründen ist eine wesentliche Frage zur Durchsetzung der Sozialraumorientierung, ob die Sozialraumorientierung rentabel ist. Es gilt für alle Beteiligten den Mehrwert, ob Shareholder oder Stakeholder, im Rahmen der Sozialraumorientierung herauszustellen. Rentabilität soll anhand des sozioökonomischen Effektes auf der Basis des Social Return on Investment nachgewiesen werden kann. Methoden: Die vorliegende Untersuchung nach dem Konzept des SROI ist der Versuch, methodisch den realen sozioökonomischen Nutzen neuer Wohn- und Lebensformen im Quartier zu erfassen. Dabei stützt sich die Methode auf drei Betrachtungsebenen, die zunächst eine qualitative Betrachtung des Nutzens im Visier hat und anschließend diesen Nutzen aus sozioökonomischer und ökonomischer Sicht versucht zu analysieren: – Social Value: nicht monetär quantifizierbarer Zusatznutzen – Socio-Economic Value monetär quantifizierbare Zusatzkosten/-erträge – Economic Value: betriebswirtschaftliches Ergebnis im engeren Sinne Ergebnisse: Zusammengefasst ergeben die drei Betrachtungsweisen ein in sich schlüssiges und durchweg positives Bild für die Quartiersprojekte. Der Economic Value, die betriebswirtschaftliche, individuelle Perspektive des Bewohners und Trägers, zeigt geringere Gesamtkosten. Damit machen Quartiersprojekte aus Rentabilitätserwägung Sinn. Der SocioEconomic Value, die volkswirtschaftliche Perspektive, zeigt reduzierte Kosten für die Sozialversicherungsträger und Träger sonstiger öffentlicher Unterstützungsmaßnahmen. Damit sprechen die Indizien für positive wirtschaftliche Effekte im Quartier. Und auch der Social Value zeichnet das Bild eines „Plus“ an Lebensqualität. Wir haben also geringere durchschnittliche Nettokosten und eine bessere Bewertung des Wohnens und des sozialen Umfeldes.
16:30 – 16:45 PS03-03 Die Perspektive wechseln – Altenpflege als Bindeglied ins Quartier C. Stelling, Berlin Fragestellung: Die zukünftige Altenpolitik wird sich an den Bedürfnissen der Menschen im Quartier orientieren. Das Paradigma der Pflege wird durch das des Wohnens und der wohnortnahen Begleitung abgelöst. Wie können sich Altenhilfe-Einrichtungen und Dienste positionieren, um Nähe zu den Menschen und Bindung untereinander im jeweiligen (Wohn-)Umfeld herzustellen? Ergebnisse: Durch die gemeinwesenorientierte Altenarbeit entstehen neue Perspektiven. Den Wechsel der Perspektive mit zu vollziehen bedeutet, eine institutionelle Brille abzusetzen und den Blick auf die Menschen im Umfeld des Wohnquartiers zu weiten, das Gemeinwesen im Quartier und in der Kommune mitzugestalten. Selbst Akteur in diesem Sinne zu werden heißt, sich einerseits für die Bedürfnisse alter Menschen einzusetzen, andererseits auch in anderen Bereichen aktiv zu sein. Zusätzlich wird ein Zusammenwirken von Partnern aus dem Bereich von Kirchen und (Wohnungs-)Wirtschaft ein integraler Bestandteil des Konzepts. Die Broschüre „Leben und Wohnen im Quartier“ beantwortet Fragen, die zu diesem Thema oft gestellt werden: – Wie lässt sich der Ansatz umsetzen? – Geht das nur durch Neugründungen oder auch aus bestehenden Strukturen heraus? – Kann die Idee, sich aktiv im Alter, in die Neu- oder Umgestaltung des Quartiers einzubringen, auch auf dem Land umgesetzt werden? Wenn von Veränderungen im Quartier die Rede ist, richtet sich der Blick nicht allein auf die älteren Menschen, sondern auch auf junge und Familien. Wir stellen erfolgreich verlaufende Projekte vor und ergänzen sie mit Umsetzungshinweisen. Vorgestellt werden: – „Soziales Netz Ortenberg“ – „Quartier Grüner Hof “, Zwickau – „Miteinander- wohnen in Verantwortung“, Düsseldorf – Wohnprojekt Lerchenstraße, Herford – Gemeindenahe Versorgung in drei ländlichen Gemeinden, Kirchheim/Teck – „WohnQuartier4 = die Zukunft altersgerechter Quartiere gestalten“. 16:45 – 17:00 PS03-04 Wohnen mit Service im Quartier- eine Prozeß-Beschreibung aus 3 Jahren Praxis H. Michaelis, Frankfurt a. M. Fragestellung: Innerstädtisches Quartier mit umfassender Infrastruktur. Die Wohnungen groß, barrierefrei, pflegegerecht nutzbar, die Dienstleistungen „unaufdringlich“ – d.h. Vorhaltung und keine Pflicht der Abnahme; die Teams multidisziplinär und kooperativ. Durch zielorientierte Beratung und dem Angebot der Begleitung soll die Selbständigkeit bis in die Hochaltrigkeit gewahrt bleiben und durch Einsatz präventiver Angebote gesichert sein. Die Nutzer im Alter von 60 bis 90 Jahren sind zu 38 % männlich, 62 % weiblich; der Anteil der Ehepaare liegt bei 34 %. 6 % sind Pflegebedürftige. Ist im Laufe der Wohnzeit und unter Einsatz der präventiven Maßnahmen der Anteil der Pflegebedürftigen unter 10 % zu halten? Methoden: Kompetenzerhaltung durch Wahrung von Lebensstile und Autonomie; Erleichterung sozialer Interaktion; Entlastung durch Vorhalten von Dienstleistungen Aktive Gesundheitsförderung durch Prävention: Angebot individueller Bewegungsangebote; Aktiv-Workshops zum Thema Gesunder Ernährung Nachhaltigkeit durch Case Management: „Anwaltliche“ Interessenvertretung; Zielorientierte Vermittlung von Hilfen; Segmentübergreifende Einbindung einer nutzerorientierten Versorgungskette Ergebnisse: Systematisches Verfahren: Case Management-Regelkreises
Persönlicher Kontakt durch Informationen über die Angebote Strukturierte Erfassung im präventiven Hausbesuch Ermittlung des Handlungsbedarfs anhand Zieldefinition Maßnahmenplanung bei Einbeziehung interner und externer Partner im Netzwerk Steuerung durch Anpassung der Versorgungskette und weitere Begleitung Interpretation: Weitere Entwicklungsziele: Empowerment durch bürgerschaftliches Engagement Unabhängigkeit durch Wohnsituation Gegenseitige Unterstützung in der Hausgemeinschaft Nachbarschaftliche Aktivitäten im Quartier Bürgerschaftliches Engagement wird nachgefragt und beantwortet 17:00 – 17:15 PS03-05 Allein und selbstbestimmt leben – auch mit Demenz? Eine Herausforderung für Kommunen H. Schneider-Schelte, Berlin Fragestellung: Demenzerkrankungen werden zu einem immer dringenderen Thema in Deutschland. Bereits heute sind 1,2 Mio. Menschen demenzkrank und ihre Zahl ist steigend. Auch die Zahl der Alleinlebenden steigt – schon heute leben 40 % der ambulant versorgten Pflegebedürftigen allein. Möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben, ist die Hoffnung der meisten alten Menschen – eine Demenzerkrankung ändert nichts an diesem Wunsch. Doch durch das Nachlassen des Gedächtnisses, durch die zunehmende Orientierungslosigkeit, aber auch durch die Reaktionen der Umgebung, die auf Sicherheit bedacht ist, ist die Selbständigkeit sehr schnell bedroht. Ein aufmerksames Umfeld, Kontakte zu anderen und angepasste Hilfen erhöhen dagegen die Möglichkeit des selbstständigen Lebens. Methoden: Interview von 10 allein lebenden Demenzkranken Entwicklung und Evaluation von Schulungen Recherche und Zusammenstellung von Best-Practise-Beispielen Ergebnisse: Menschen mit Demenz, die allein leben, ziehen sich häufig zurück und suchen von sich aus keine Hilfe. Sie haben jedoch Nachbarn, sie gehen einkaufen und holen Geld bei der Bank. Gerade das alltägliche Umfeld, die Kassiererin im Supermarkt, der Bankangestellte und der Streifenpolizist sind daher wichtige Adressaten, denen auffallen kann, dass jemand sich über die Zeit verändert, verwirrt ist und Unterstützung braucht. – Entwicklung von Schulungsmaterialien für Polizei, Feuerwehr, Bank, Einzelhandel und Nachbarschaft. – Zusammenstellung von Versorgungskonzepten im Sinne von Best Practice-Beispielen – Entwicklung eines Handbuchs, das Kommunen und interessierten Gruppen zur Verfügung gestellt wird, mit konkreten Handlungsoptionen. Damit Menschen mit Demenz zukünftig die Hilfe erfahren, die sie in ihren Wünschen unterstützt. Interpretation: Auch allein lebenden Demenzkranken kann ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. 17:15 – 17:30 PS03-06 Selbstbestimmungschancen pflegebedürftiger Älterer im sozial benachteiligten Quartier der gap zwischen Pflege und sozialer Teilhabe. Befunde aus drei qualitativen Fallstudien K. Falk, S. Kümpers; Berlin Fragestellung: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Mehrfacherkrankungen und Beeinträchtigungen der Mobilität. Gleichzeitig sind signifikante Zusammenhänge zwischen ungünstigen sozioökonomischen Bedingungen und schlechterer Gesundheit bis ins hohe Alter belegt. Für sozial benachteiligte ältere Menschen gewinnen damit die im Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Wohnumfeld verfügbaren sozialräumlichen Ressourcen besonders an Bedeutung. Der Vortrag geht der Frage nach, welche Bedeutung die Vernetzung der sozialräumlichen Akteure für die Selbstbestimmungschancen zu Hause wohnender, pflegebedürftiger Älterer in sozial benachteiligten Quartieren hat. Methoden: Im Forschungsprojekt NEIGHBOURHOOD (gefördert vom BMBF 2008 – 2010) wurden in drei Gebieten (zwei städtisch, eines ländlich) mit hohen Armutsquoten die lokalen Angebotsstrukturen mittels leitfadengestützter Interviews mit sozialräumlichen Akteuren aus Pflege, Beratung, Stadtteilarbeit u. a. exploriert. Ergebnisse: Der Zugang zu unabhängiger Information und Beratung, die Sicherstellung außerhäuslicher Mobilität und der Zugang zu Angeboten sozialer Teilhabe wurden als für die selbstbestimmte Alltagsorganisation sozial benachteiligter Älterer so bedeutsame wie rare sozialräumliche Ressourcen identifiziert. Jedoch sind weder die Vermittlung geeigneter Beratungsstellen oder Mobilitätshilfen durch Akteure im Freizeitbereich noch die Weitergabe von Informationen über nicht-pflegerische Unterstützungsleistungen und Teilhabemöglichkeiten im Quartier durch professionelle Pflegeanbieter systematisch in Organisationsabläufe integriert. Zwischen Angeboten im Bereich der Pflege und solchen im Bereich sozialer Teilhabe bestehen keine ausgebauten Brücken. Interpretation: Das sozialräumliche Potential möglicher Brückenschläge zwischen Angeboten zur Pflege, Mobilität und Teilhabe wird nicht systematisch genutzt. Dies wird im Vortrag als institutioneller und (professions-) kultureller gap zwischen den Bereichen Pflege und soziale Teilhabe gedeutet, der durch politisch-rechtliche Rahmenbedingungen vertieft wird.
Mittwoch, 15. September 2010 – Foyer des Obergeschosses Postersession der Sektionen I und II
14:00 – 17:30����� P001 Kunsttherapie in der Rehabilitation von Demenzkranken K.-H. Menzen Hochschule für Kunsttherapie, St. Peter; Fragestellung: Kunsttherapie kann nicht nur das Lebensgefühl demenzerkrankter Menschen steigern. Seit 2006/2007 im Fallpauschalensystem der Akut- (DRG/OPS) und Reha-Kliniken (KTL) verankert, wird an sie zunehmend die Frage gestellt, ob sie tatsächlich zum kognitiven Wiederaufbau und der emotiven Bewältigung von Alltagspraxen beizutragen in der Lage ist? Die S3-Leitlinie zur Demenz vom November 2009 stellt fest, dass die künstlerischen Therapien möglicherweise Wahrnehmung-Konzentration-Aufmerksamkeit-Oriwentierung zu fördern in der Lage ist (Abschn. 3.9.4). Methoden: Der CDR-Vortrag wird Methoden der künstlerischen Extrapolation vorstellen, die der Vortragende mit seinen Studenten in 2 Neurologischen Kliniken wöchentlich für Patientengruppen anbietet. Die Patienten ermalen nach Vorlage (Kandinsky, Emil Nolde, Joan Miro, Gabriele Munter) ein Gruppenbild, das genaues Hinsehen unter den Hinsichten von Farbe, Form, Proportion, Perspektive, Lay out etc. abverlangt. Ergebnisse: Nach den wöchentlichen zweistündigen Gruppensitzungen erscheinen die Patienten i.d.R. aufgeräumter, wacher, diskutieren sie die Inhalte des soeben Reproduzierten, stellen oftmals fest, über welche Kompetenzen sie noch verfügen, beziehen ihre eigene Lebenssituation ein: „Hier ist mir mein Neglect bewusst geworden“, schreibt Herr S. in eine Leerfläche des reproduzierten Miro-Bildes und schaut mich verschmitzt an. Interpretation: Zunächst rücken die kognitiven Trainingsmassnahmen der Projekte in den Blick, speziell die genaue Reproduktion und Umset-
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zung des Gesehenen. Angesichts der dementiellen Ausfälle liegt die neurologische Begründung solcher Massnahmen auf der Hand. Im Laufe der Massnahmen scheinen aber weitere Aspekte wichtiger: Das was allenfalls Eventcharakter im Klinikalltag zu haben scheint, rückt verlorene Zeitstrukturen wieder in Erinnerung, ermöglicht den Patienten miteinander das Gespräch, ermöglicht es, unbefangen über das Erlittene zu sprechen, weckt gesprächeshalber Perspektiven, an die vordem zu denken weder Ort noch Zeit war. 14:00 – 17:30 ���� P002 Severe Mini Mental State Examination (SMMSE): Validierung der deutschsprachigen Version R. Drobetz; S. Steiner 1; B. Slotta-Bachmayr 1; C. Hallwirth-Spörk 1; S. Strotzka 2 ; I. Kryspin-Exner 3 Psychopathologie und Klinische Intervention, Psychologisches Institut, Universität Zürich, Zürich/CH; 1 Caritas Socialis, Pflege- und Sozialzentren (Gemeinnützige Privatstiftung), 2 GerontoPsychiatrisches Zentrum (GPZ) und Beratungszentrum für Angehörige älterer Menschen mit psychosozialen Problemen, Psychosoziale Dienste Wien , 3 Institut für Klinische, Biologische und Differentielle Psychologie, Arbeitsbereich Klinische und Gesundheitspsychologie , Fakultät für Psychologie, Universität Wien, Wien/A; Fragestellung: Die Severe Mini Mental State Examination (SMMSE; Harrell et al., 2000) basiert auf der Mini Mental State Examination (MMSE, Folstein et. al, 1975) und dient dem neuropsychologischen Demenz-Screening. Mittels SMMSE sollen Bodeneffekte der MMSE, die diese v. a. bei Menschen mit mittelschweren und schweren Demenzen aufweist, überwunden werden. Ziel der Studie war eine erste Validierung der SMMSE-Version von Strotzka et al. (2005) für den deutschsprachigen Raum. Methoden: Die SMMSE-Daten wurden im Rahmen einer umfangreichen Demenzstudie der Caritas Socialis (=CS; Gemeinnützige Privatstiftung) in den geriatrischen Einrichtungen der CS (Tageszentren, Stationärer Bereich, Demenz-Wohngemeinschaften) in Wien erhoben. Neben der SMMSE und der MMSE wurden folgende Verfahren an einer Stichprobe von 145 Personen mit Demenzen im Alter von 56 bis 101 Jahren eingesetzt: Nurses’Observation Scale for Geriatric Patients (Brunner & Spiegel, 1990), Uhrentest (Sunderland, 1989) und Zehn-Wort-Merkliste (Reischies et al., 2000). Ergebnisse: Es konnte ein hoher, höchst signifikanter Zusammenhang zwischen SMMSE und MMSE gefunden werden. Die von Harrell at al. (2000) angeführten Intervalle zur Transformation der SMMSE-Gesamtwerte in MMSE-Scores wurden bestätigt. Außerdem unterstützten die Vergleiche mit der NOSGER (Fremdeinschätzung – Faktor Kognition), dem Uhrentest (kognitive Beeinträchtigung) und der Zehn-Wort-Merkliste (Merkfähigkeit) ebenfalls die SMMSE-Befunde. Interpretation: Erste Validierungsergebnisse der deutschsprachigen SMMSE-Version sprechen für die Güte dieses Screeninginstruments. Die SMMSE enthält einfachere Aufgaben und überwindet durch eine präzisere Differenzierung MMSE-Bodeneffekte. Ferner eignet sich die SMMSE als praktikabler und zeitlich ökonomischer Fragebogen v. a. in der Verlaufsdiagnostik (z.B. bei der Evaluierung von Trainingsprogrammen oder bei einer Behandlung mit Antidementiva). 14:00 – 17:30����� P003 Fluorescence analysis of advanced glycation end products in human plasma A. Navarrete Santos; C. Hertzsch; F. Simm; R.-E. Silber; A. Simm Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin, Herz- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum, Martin-Luther-Universität HalleWittenberg, Halle (Saale); Objective: Advanced glycation end products (AGEs) are wide range compounds resulting of the non-enzymatic reaction of reducing carbohydrates with lysine side chains and N-terminal amino groups of
macromolecules. AGEs play an important role in process of atherosclerosis, diabetes, aging and chronic renal failure. They are characterized by a fluorescence spectrum with an excitation maximum of 360 nm and emission of 440 nm. However, AGEs-fluorescence at 280/350 and 330/405 excitation/emission has been described as well. Whereas many studies showed increased AGE-fluorescence at 360/440 nm with diabetes and renal dysfunction in plasma samples, the utility of the 280/350 and 330/405 nm fluorescences as a parameter reflecting increased AGEs in human plasma has not been studied in detail. Method: Here we compare the fluorescences of human plasma in 6 different collectives of subjects: children up to 8-years old; young healthy and old healthy donors; patients suffering from diabetes; patients suffering from coronary disease but not diabetes and patients with renal dysfunction. Results: Significantly increase in the fluorescence 360/440 nm in comparison to the others groups was found in the patients suffering from renal dysfunction. Surprisingly the fluorescence of children at 280/350 nm was similar to the patients with renal dysfunction suggesting an elevated level of AGEs in the infancy which disappear in the process of growing-up. Conclusion: The 280/350 and 360/440 nm fluorescence accurately distinguish an increase in AGEs in human plasma. As children showed in the range 280/350 fluorescence levels similar to the patients with renal dysfunction a new aspect in the AGEs biology could be suggested. 14:00 – 17:30����� P004 „Anti-Aging“ Effekte in Fibroblasten durch Überexpression des Autophagieproteins ATG5 B. Muster; V. Strecker 1; S. Mai 2; J. Bereiter-Hahn 2; M. Jendrach AK Experimentelle Neurologie, Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften, 1 AK Molekulare Bioenergetik, Embden Zentrum der Biologischen Chemie, 2 AK Kinematische Zellforschung, Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften, Johann Wolfgang von GoetheUniversität, Frankfurt a. M.; Fragestellung: Altern ist gekennzeichnet durch eine progressive Akkumulation geschädigter Proteine und Organellen. Die Schädigung von Mitochondrien nimmt eine entscheidende Rolle im Alterungsprozess ein. Der Abbau von Mitochondrien erfolgt generell über Makroautophagie. Hierbei umschließt eine Doppelmembran Mitochondrien und Makromo leküle und bildet so ein Autophagosom. Nach Fusion mit einem Lysosom werden in dem so entstandenen Autolysosom die eingschlossenen Komponenten degradiert. Um den Effekt autophagosomaler Proteine auf alternde Zellen zu testen, wurde das autophagy-related protein 5 (ATG5) in primären Hünherfibroblasten (CEF) überexprimiert. Methoden: In stabil ATG5 überexprimierenden CEF und Kontrollzellen wurde Lebensspanne, Morphologie, Membranpotential, ROS Gehalt, Proteincarbonylierungen und Resistenz gegenüber oxydativem Stress untersucht. Ergebnisse: CEF zeigen im Gegensatz zu Säugerzellen keine altersinduzierte Erhöhung des ROS Gehaltes, der oxydativen Schäden oder der lysosomalen Aktivität. Gealterte ATG5-überexprimierende Zellen wirken morphologisch jünger und sowohl ihre Lebensspanne als auch ihre maximale Populationsverdopplung sind signifikant erhöht. Die Mitochondrien der ATG5-CEF weisen eine erhöhte Fitness auf und zeigen eine erhöhte Resistenz gegenüber exogen appliziertem oxydativem Stress. Interessanterweise ist der endogene Gehalt an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) im Vergleich zu Kontrollzellen unverändert, allerdings werden mehr Proteincarbonylierungen detektiert. Interpretation: Zusammengenommen lassen diese Befunde darauf schließen, dass die Überexpression von ATG5 in CEF einen „anti-aging“ Effekt hat. Mögliche Erklärungen wären sowohl eine erhöhte Resistenz gegen Stressoren als auch eine verbesserte mitochondriale Fitness, welche durch den
gesteigerten Einschluss geschädigter und schädigender Proteine und Mitochondrien vermittelt werden könnte. 14:00 – 17:30����� P005 The evening profile of older poor sleeping women is characterized by later melatonin onset, lower melatonin production, and lower core body temperature, compared with good sleepers. D. Olbrich; M. Dittmar Abt. Humanbiologie, Zoologisches Institut, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Kiel; Objective: Melatonin and core body temperature (CBT) levels follow endogenous biological rhythms. We hypothesize that age-related changes contribute to sleep problems in older people, comparing evening melatonin and CBT profiles of (a) younger vs. older women, and (b) older good vs. poor sleepers. Method: Participants were 20 older (mean age 67.9 yrs) and 10 younger women (25.7 yrs). Their sleep quality was assessed by the PSQI questionnaire. Older women were subdivided into good and poor sleepers, whereas all young women were good sleepers. Melatonin levels were determined by ELISA from 8 saliva samples, collected from 17:00 to 24:00 at 1-hr intervals. Dim light melatonin onset (DLMO), characterizing the onset of melatonin production in the evening, was calculated. At same time points, CBT was measured. Results: Mean CBT decreased in the evening from 17:00-24:00 in both young (from 36.57-36.25°C) and older women (36.58-35.88°C, each, P<0.001). At the same time period, mean melatonin levels increased in young (from 16.2-54.1 pg/ml) and older women (10.0-23.5 pg/ml, each, P<0.001). Over the whole time period, older poor sleepers showed lowest CBT (P<0.05) and melatonin values (20:00-24:00, P<0.05). Older poor sleepers had a later DLMO (20:46 h) than older good sleepers (19:57 h). The DLMO was a significant predictor of sleep onset latency in older women (R²=0.64, P<0.001, regression analysis), but not in younger ones. This indicates that melatonin production started later in those older women who needed more time to fall asleep. Conclusion: Older poor sleepers had intact evening melatonin and CBT rhythmicity, but showed later DLMO, lower melatonin, and lower CBT levels than good sleepers. This might contribute to their sleep problems. 14:00 – 17:30����� P006 Was Hänschen nicht fürchtet, fürchtet Hans (n)immer mehr? Kriminalitätsfurcht aus entwicklungspsychologischer Perspektive C. Kappes; S. Hellmers; W. Greve Institut für Psychologie, Universität Hildesheim, Hildesheim; Fragestellung: Im Rahmen der Forschung zum Viktimisierungs-FurchtParadox wurde vielfach postuliert, dass ältere Personen mehr Furcht vor Kriminalität haben als jüngere. Einhergehend mit einer höheren Furcht sollten ältere Menschen kohärent auch ein niedrigeres Wohlbefinden aufweisen, was jedoch nicht der Fall ist. Eine Differenzierung in verschiedene Furchtaspekte zeigt des Weiteren, dass ältere Menschen im Vergleich zu jüngeren weder häufiger Furcht vor Kriminalität haben, noch ihre Viktimisierungswahrscheinlichkeit höher einschätzen. Sie zeigen jedoch häufiger Vorsichts- und Vermeideverhalten. Untersucht wird, wie dieses vorsichtigere Verhalten erklärt werden kann und welche Faktoren regulierend auf einen erwartbaren negativen Zusammenhang zwischen Vorsichts- bzw. Vermeideverhalten und Wohlbefinden einwirken. Methoden: In einem experimentellen Design wird in zwei Studien (N = 313 und N = 333) geprüft, ob das erhöhte Vorsichts- bzw. Vermeideverhalten dadurch erklärbar ist, dass ältere Personen sich in konkreten Situationen stärker fürchten (würden) und diese auf Grund der Aversion des Furchterlebens gar nicht erst aufsuchen (-was in einem retrospektiven Häufigkeitsmaß nicht sichtbar werden würde). Mittels fünf Vignetten wird in den Studien (antizipierte) Zustandsangst evoziert (F1: jung vs. alt; F2: bedrohlich vs. weniger bedrohliche Situation). Ergebnisse: In der Höhe der Zustandsfurcht findet sich ein differentielles Bild: Bei einigen Situationsbeschreibungen zeigen Ältere mehr Furcht, in Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts anderen Jüngere. Der Zusammenhang zwischen Vorsichts- bzw. Vermeideverhalten und Zufriedenheit wird durch Akkomodation moderiert (β = .203, p = .06). Mit steigendem Vorsichtsverhalten erhöht sich die Zufriedenheit, wenn die Akkomodationsneigung stärker ausgeprägt ist, bei niedriger Akkomodation ist der Zusammenhang umgekehrt. 14:00 – 17:30����� P007 Angehörige aktivieren alltagspraktisch und externe Personen aktivieren kognitiv (ANAA+KO) E. Quack; B. Eichenseer 1; E. Gräßel 1; C. Kneib; M. Schmid; R. Stemmer Fachbereich Gesundheit und Pflege, Katholische Fachhochschule Mainz, Mainz; 1 Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen; Fragestellung: Zu welchen Effekten führt eine multimodale (alltagspraktische und kognitive) Aktivierung im häuslichen Setting bei Menschen mit einer gering- bis mittelgradigen degenerativen Demenz? Hypothese: Die multimodale Aktivierung führt während des 6-monatigen Interventionszeitraums im Vergleich zur Kontrollgruppe zu verbesserten alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten. Methoden: Multizentrische, randomisiert-kontrollierte Verlaufsstudie mit einer Gesamtstichprobe von 117 Probanden mit einem irreversiblen Demenzsyndrom (MMST ≤24 u. ≥12). Die Interventionsgruppe erhält eine individuell angepasste, manualisierte, alltagspraktische Aktivierung durch pflegende Angehörige an 6 Tagen/Woche je 60 Min. sowie 1x/Woche eine 30-minütige kognitive Aktivierung durch Projektmitarbeiter über einen Zeitraum von 6 Monaten. Begleitend werden die pflegenden Angehörigen durch geschulte Pflegefachkräfte der kooperierenden Sozialstationen beraten. Die Kontrollgruppe erhält eine Standardversorgung. Auswertung als Prä-Post-Analyse mit multivariaten statistischen Verfahren. Primäre Outcomevariablen: ADL-Fähigkeiten (E-ADL-Test)und kognitive Fähigkeiten (ADAS-kog). Sekundäre Outcomevariablen: Ausmaß der Pflegebedürftigkeit (PAS) und der geriatrischen Gesamtsymptomatik inklusive der IADL- Fähigkeiten (NOSGER-Skala) der an Demenz erkrankten Personen, Lebensqualität (WHOQoL-BREF) und Belastung der pflegenden Angehörigen (HPS) Ergebnisse: Abschließende Ergebnisse stehen noch aus. Interpretation: Falls die Hypothese bestätigt wird, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Stärkung und ggf. Finanzierung nichtmedikamentöser Therapieangebote bei Menschen mit degenerativen Demenzerkrankungen. Gefördert durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung Laufzeit: 2009-2012 14:00 – 17:30����� P008 Korrelation und prognostischer Wert – laborchemischer und CT-angiographischer Marker bei älteren Patienten mit akuter Lungenembolie R. Jenewein; F. Mickley 1; J. Thiele 2; A. Hartmann Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivtherapie, 1 Klinik für Akutgeriatrie, 2 Klinik für Diagnostische und interventionelle Radiologie, Städtisches Klinikum St. Georg, Leipzig; Fragestellung: Bei Patienten (P) mit Verdacht auf Lungenembolie (LE) rückt die Risikostratifizierung im Hinblick auf eine Differenzialtherapie zunehmend in den Vordergrund. Hierbei wird Patienten mit rechtsventrikulärer Dysfunktion (RVD) eine überwiegend schlechtere Prognose zugeschrieben. Ziel der Arbeit war der Vergleich laboranalytischer und CT-angiographischer Zeichen rechts-ventrikulärer Dysfunktion hinsichtlich ihrer prognostischen Aussagekraft Methoden: Retrospektive Studie anhand 82 P mit CT-gesicherter LE (53 F, 29 M, mittl. Alter 66 J). Ermittlung der Mortalität und Komplikations-
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rate während des stationären Aufenthaltes und im 3-monatigen FU. Als Parameter für RVD werden laboranalytisch ein Troponin T- Wert >0.03 ng/ml (TropT) und CT-angiographisch ein Verlegungsgrad der Lungenstrombahn >40 % sowie eine RV/LV-Ratio >1.25 (Quotientenbildung der Innendurchmesser von rechtem zu linkem Ventrikel in axialen CTSchnitten) definiert Ergebnisse: Ein TropT >0,03 wurde bei 34 / 73 P (46,5%), ein Verlegungsgrad >40% bei 37 / 60 P (61%) sowie eine RV/LV-Ratio >1,25 bei 38 / 64 P (59%) ermittelt. Im stationären Verlauf verstarben 9 / 82 P (11%), im 3monatigen FU 5 P (6.1%). Komplikationen waren bei 7 / 82 (8.5%) P ausschließlich im stationären Verlauf zu verzeichnen. Alle drei Parameter wiesen zwar hohe negative prädiktive Werte auf (87-92,3%), zeigten sich jedoch weder im stationären Verlauf noch im 3-monatigen FU als statistisch signifikanter Risikofaktor für Mortalität und Komplikationen. Für die stetigen Größen ergeben sich untereinander statistisch signifikante Korrelationen der Parameter TropT mit RV/LV-Ratio (R = 0.43) und RV/LV-Ratio mit dem Verlegungsgrad (R = 0.46). Es ergibt sich keine signifikante Korrelation zwischen den Parametern TropT und dem Verlegungsgrad Interpretation: Die untersuchten Parameter wiesen hohe negative prädiktive Werte auf. Es ergaben sich zwischen laboranalytischen (TropT) und CT-angiographischen Zeichen (RV/LV-Ratio) rechtsventrikulärer Dysfunktion signifikante Korrelationen 14:00 – 17:30����� P009 Das geriatrische Kompetenzzentrum als Versorgungsmittelpunkt der Prävention im Alter oder was wir aus der „real“-Werbung lernen können M. Lerch; M. Decker-Maruska 1 Akutgeriatrie und Frührehabilitation, Ev. Krankenhaus Bethanien Iserlohn gGmbH, Iserlohn; 1 ABt. Geriatrie, Krankenhaus St. Barbara Attendorn GmbH, Attendorn; Fragestellung: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko sowohl eines multifaktoriellen Mobilitäts- und Selbsthilfedefizits als auch eines kognitiven und sensorischen Verlustes. Diese Faktoren begünstigen darüber hinaus die Abnahme der sozialen Integration des älteren Mitbürgers. Des weiteren erschwert dies den zeitnahen und bedarfsgerechten Zugang zur (haus-)ärztlichen und im Besonderen zur fachärztlichen Versorgung sowie zu spezifischen Präventionsangeboten. Methoden: Die Autoren postulieren die Schaffung eines eigenständigen geriatrischen Versorgungszentrums unter Einbindung unterschiedlicher Fachkompetenzen wie Alterszahnmedizin, Altersgynäkologie, HNOHeilkunde und Hörgeräteakustiker (Hörscreening), Augenheilkunde, Optiker, Neuropsychologie (Gedächtnissprechstunde), Urologie/Andro logie, Ganganalyse (Sturzprävention) sowie unter Nutzung bestehender klinischer Strukturen. Ziel ist neben einem barrierefreien Zugang und einer handycap-orientierten Versorgung, ein individuelles, effektives und effizientes Präventionsangebot für den betagten und hochbetagten Mitbürger. Ergebnisse: Diese Organisations und Angebotsstruktur („..einmal hin, alles drin...“) bietet neben der zeitnahen und komplexen Versorgung des älteren Patienten auch eine spürbare Entlastung der versorgenden Angehörigen. Interpretation: Die Zusammenführung der o.g. unterschiedlichen Fachkompetenzen unter einem Dach, der barrierefreie Zugang verbunden mit der bedürfnisgerechten Orgnisationsstruktur (z.B. sequentielle Termingestaltung) bieten eine Möglichkeit der Prävention sowie eine frühzeitigere Diagnose und Therapie nach dem Prinzip des „one-stop shop“.
14:00 – 17:30����� P010 Personalisierte Medizin verbessert schon heute die Therapie multimorbider und multimedizierter Patienten – Fallstudie eines geriatrischen Patienten J. Kruse; F. Gerlach; M. Guenter; L. S. Griffith awenydd diagnostics GmbH, Köln; Fragestellung: Die der MORE-Studie („Medication Optimization for Reducing Events“; ClinicalTrials.gov ID NCT00653653) zugrunde liegende Hypothese ist, dass Pharmakogenetik in Kombination mit einer umfangreichen Interaktionsanalyse zu einer Reduktion von Ereignissen führt. Besonders geriatrische, multimorbide und multimedizierte Patienten weisen häufig therapeutische Probleme wie Nebenwirkungen oder Therapieversagen auf. Hierbei spielt der individuelle Stoffwechsel eine Schlüsselrolle für die Wirksamkeit der medikamentösen Therapie. Die Medikamente sollten an den Phänotyp der Proteine angepasst werden, welche Medikamente abbauen und transportieren. awenydd hat ein Expertensystem zur Medikationsoptimierung entwickelt, das auf einem Zusammenspiel von pharmakogenetischer Information und Wechselwirkungsanalyse beruht. Methoden: In der multizentrischen, kohortenkontrollierten und prospektiven MORE-Studie wurde der Test bei über 300 Patienten erfolgreich angewendet. Die Patienten dokumentierten die aufgetretenen Ereignisse 3 Monate vor und 3 nach Umstellung in einem Tagebuch. Ergebnisse: Unsere Daten zeigen einen Zugewinn an Lebensqualität durch Reduktion von Ereignissen (d.h. möglichen Nebenwirkungen) und mittels einer Verbesserung der Therapie. Wir präsentieren eine Fallstudie eines geriatrischen Patienten, der eine Kombination verschiedener Medikamente gegen Hypertonie, Diabetes, Hyperlipidämie und rheumatoider Arthritis erhielt. Die Medikationsoptimierung resultierte in einer Reduktion der vom Patienten dokumentierten Ereignisse durch spezifisches Ersetzen, zeitversetzte Einnahme und Dosisanpassung der Medikamente. Interpretation: Die von awenydd angebotene Dienstleistung der proprietären Kombination aus Pharmakogenetik und Wechselwirkungsanalyse ist schon heute dazu geeignet, bei geriatrischen Patienten eine Medikationsoptimierung durchzuführen, die in einer Reduktion von Ereignissen, Arzneimittelanzahl und einer Verbesserung des Gesundheitszustandes resultiert. 14:00 – 17:30����� P011 Geriatrische Frührehabilitation im Akutkrankenhaus, Erfahrungswerte zur Therapietreue H. Burkhardt; M. Burger Schwerpunkt Geriatrie, IV. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim gGmbH, Mannheim; Fragestellung: Die geriatrische Behandlung wird unter anderem auch für den Bereich Frührehabilitation im Akutkrankenhaus propagiert und wurde im Rahmen des DRG-Systems als frührehabilitative geriatrische Komplexbehandlung etabliert. Diese frührehabilitative Behandlung soll im Akutkrankenhaus für die Gruppe der im Rahmen eine Akuterkrankung schwer betroffenen Patienten eine möglichst frühe Wiederherstellung der Funktionalität ermöglichen und so den prognostisch ungünstigen Prozess des Deconditionings aufhalten. Es liegen bisher nur begrenzte Anhaltswerte vor, was die Therapietreue in einem derartigen Frührehabilitatins-Konzept anbelangt. Methoden: Alle durch den Konsiliardienst der geriatrischen Klinik innerhalb eines Kalenderjahres identifizierten geeigneten Patienten zur Übernahme in das frührehabilitative Behandlungskonzept bildeten die Datenbasis. Der Algorithmus zur Identifizierung geeigneter Patienten basierte auf dem geriatrischen Screening und einem Kurzassessment. Ergebnisse: Insgesamt wurden 201 Patienten durch den Konsiliardienst zur Übernahme in das frührehabilitative Behandlungskonzept akzeptiert. Bei 24 von diesen konnte ein Minimum der Behandlung (1 Woche Behandlung – 10 Therapieeinheiten) nicht durchgeführt werden. 11 Pati-
enten verstarben in der Anfangsphase der Behandlung, 7 zeigten eine so rasche spontane Erholung, daß die Behandlung beendet werden konnte. Interpretation: Die Therapietreue im Rahmen einer frührehabilitativen Behandlung ist mit 88% sehr hoch und spricht für die Effektivität des ausgewählten Algorithmus zur Identifizierung geeigneter Patienten. Nur eine kleine Minderheit zeigte eine so rasche spontane Erholung, daß eine Weiterbehandlung nicht erforderlich war. 14:00 – 17:30����� P012 Kurz- und mittelfristige Behandlungsergebnisse nach frührehabilitativer geriatrischer Behandlung im Akutkrankenhaus M. Burger; H. Burkhardt Schwerpunkt Geriatrie, IV. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim gGmbH, Mannheim; Fragestellung: Das Konzept der indikationsübergreifenden frührehabilitativen geriatrischen Behandlung wird vielfach bei älteren Patienten eingesetzt. Bisher liegen allerdings nur wenig Daten zum kurz- und mittelfristigen Behandlungsergebnis vor. Methoden: Alle innerhalb eines Jahres in einem geriatrischen Zentrum eines Akutkrankenhauses (Universitätsklinikum – Maximalversorger) im Rahmen eines strukturierten frührehabilitativen Behandlungskonzeptes behandelten Patienten wurden erfasst und 6 Monate nach Beenden der Akutbehandlung mittels eines Telefoninterviews zum Verlauf befragt. Als Behandlung galten vorab definierte und erfüllte Mindestkriterien (1 Woche Behandlung oder 10 absolvierte 30minütige Therapieeinheiten). Ergebnisse: 138 Patienten erfüllten die Mindestkriterien einer frührehabilitativen Behandlung. Von 128 Fällen konnten Informationen zum mittelfristigen Überleben (6 Monate) erhoben werden. 6 Patienten waren während der frührehabilitativen Behandlung nach Woche 1 verstorben, weitere 30 innerhalb der folgenden 6 Monate. In 91 Fällen konnte ein komplettes Interview zum mittelfristigen Verlauf durchgeführt werden. Zeigten die Patienten mit Schlaganfall bzw. Hirnblutung ein ungünstigeres Ergebnis bezüglich der kurz- und mittelfristigen Mortalität konnten sie bei Überleben in Bezug auf Funktionalität ihre ADL-Performance weiter verbessern, während die Patienten mit Sturz/Fraktur bzw. Deconditioning ihr kurzfristiges rehabilitatives Ergebnis im Mittel nicht halten konnten. Interpretation: Es zeigen sich in der indiktionsübergreifenden geriatrischen Frührehabilitation im Zusammenspiel zwischen Akutereignis und Frailty-Kaskaden ganz unterschiedliche Muster des rehabilitativen kurz- und mittelfristigen Verlaufs. 14:00 – 17:30����� P013 Akuter Verwirrtheitszustand bei älteren Patienten in der Notaufnahme, Ergebnisse einer mittelfristigen Verlaufsbeobachtung H. Burkhardt; J. Grüttner 1; S. Keller Schwerpunkt Geriatrie, IV. Medizinische Klinik, 1 I. Med. Klinik, Universitätsklinikum Mannheim gGmbH, Mannheim; Fragestellung: Ein Verwirrtheitszustand (Delir) gilt als prognostisch ungünstiges Ereignis und eine frühzeitige aktive Wahrnehmung dieses Phänomens ist für den weiteren Verlauf bedeutsam. Allerdings wird eine hohe Dunkelziffer an unbemerkten oder nicht adaequat registrierten Fällen vermutet. In diesem Zusammenhang könnte das geriatrische Screening eingesetzt werden. Methoden: Aus einer medizinischen Notaufnahme eines Krankenhauses der Maximalversorgung wurde eine repräsentative Stichprobe über 60jähriger und älterer Patienten bzw. solcher bei denen offensichtlich eine funktionelle Einschränkung oder Behinderung bestand gewonnen und bei diesen in der Aufnahmesituation das geriatrische Screening sowie die Kriterien nach DSM-IV zur Identifizierung eines deliranten Syndroms eingesetzt. Die registrierten Patienten wurden 6 Monate später mittels eines Telefon-Interviews evaluiert sowie die zugehörigen elektronischen Daten des Krankenhausinformationssystems und die Entlassungsberichte ausgewertet. Ergebnisse: 166 Patienten mit einem breiten Spektrum an nicht-traumatologischen Erkrankungen wurden registriert. 120 von diesen konnten teleZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts fonisch evaluiert werden. 26 von diesen waren verstorben. 14,2% hatten in der Notaufnahme Verwirrtheit (ger. Screening) gezeigt, 21,7% waren im Verlauf verstorben. Es bestand kein signifikanter Zusammenhang zwischen Mortalität und Verwirrtheitszustand in der Aufnahme-Situation. Nur in 25% der Fälle wurde der Befund Verwirrtheitszustand in die elektronische Kodierung übernommen und nur 17,7 % im Arztbrief erwähnt. Interpretation: Verwirrtheitszustände in der Aufnahmesituation sind bei älteren Patienten häufige Ereignisse, werden aber offenbar nur in einem geringen Teil als wichtiger Aspekt der Akuterkrankung registriert. Hier bedarf es offenbar einer besseren Sensibilisierung der Ärzte für diese Problematik.
tels t-Test, Kaplan-Meier, Log rank und Cox regression (SPSS 17.0, Konfidenzintervall 95%, p<0,05). Ergebnisse: Aufnahmediagnosen Schenkelhalsfrakturen 18,3%, trochantäre Frakturen 20,7%, mechanische Komplikation Gelenkersatz 11,6%, Beckenringfrakturen 6,7%, Wirbelkörperfrakturen 4,9%, Infektion 4,9%, Frakturen anderer Lokalisationen 32,9% (Tab. 1) Tab. 1 N=164 Anzahl (n)
14:00 – 17:30 ���� P014 Vergleich der Geriatrischen Depressions-Skala GDS-15 mit ihrer Kurzversion GDS-4 beim Screening auf Depression in einem stationären, geriatrischen Patientenkollektiv K. Amadori; R. Püllen Medizinisch-Geriatrische Klinik, Diakonissen-Krankenhaus, Frankfurt;
Alter (Jahre)
Fragestellung: Stimmen die Ergebnisse der 4-Item-Kurzversion GDS-4 mit denen der 15-Item-Version GDS-15 beim initialen Screening auf depressive Symptome in einem nicht selektionierten, stationär behandelten, geriatrischen Patientenkollektiv überein ? Methoden: Wir verglichen die Ergebnisse der GDS-15-Fragebögen aller im Januar und Februar 2009 in der Medizinisch-Geriatrischen Klinik am Diakonissen-Krankenhaus Frankfurt am Main behandelten Patienten mit denen der 4-Item-Kurzversion GDS-4. Wir wählten einen Score >5 in der GDS-15 und einen Score >1 in der GDS-4 als Hinweis für das Vorliegen einer Depression. Als statistisches Maß für die Übereinstimmung der Resultate wurde Cohen´s κ-Koeffizient berechnet, zur Frage der unterschiedlichen Häufigkeit eines positiven Screenings bei beiden Versionen zudem der McNemar-Test durchgeführt. Ergebnisse: Im genannten Zeitraum wurden 246 Patienten (Durchschnittsalter 84.1 Jahre, 74 % Frauen) in der Klinik behandelt, von denen 188 den GDS-15-Bogen hinreichend vollständig ausgefüllt hatten. Dabei ergab sich für die Ergebnisse der Versionen GDS-15 und GDS-4 ein κ-Koeffizient von 0.5353 (95%-KI 0.3959-0.6747), was einer signifikanten und akzeptablen, aber keiner starken Übereinstimmung entspricht. Der McNemar-Test zeigte ferner, dass die GDS-15 signifikant mehr Patienten als depressionsverdächtig einstuft (p = 0.003). Interpretation: Die 15-Item-Version der GDS erscheint für den klinischen Einsatz zum Screening auf Depression zumindest im untersuchten Patientenkollektiv geeigneter als die Kurzversion GDS-4. 14:00 – 17:30����� P015 Sektorenübergreifende Kooperation zwischen unfallchirurgischer Akutklinik und geriatrischer Rehaklinik Welche Faktoren beeinflussen die Krankenhausverweildauer und das Rehabilitationsergebnis? M. Panzica; K. Ballüer 1; M. Gogol 2; L. Hoy 3; C. Krettek Klinik für Unfallchirurgie, 1 Institut für Standardisiertes und Angewandtes Krankenhausmanagement, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 2 Klinik für Geriatrie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge; 3 Biometrie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; Fragestellung: Welche Faktoren beeinflussen KH-Verweildauer und Rehabilitationsergebnis geriatrischer Patienten bei horizontaler Vernetzung einer unfallchirurgischen Akutklinik mit einer Rehaklinik durch sektorenübergreifende Kooperation? Methoden: Evaluation der Prozessqualität einer sektorenübergreifenden Kooperation zwischen unfallchirurgischer Akutklinik und geriatrischer Rehabilitationsklinik in Vergleich zur Standardverlegung. Prospektive Dokumentation verschiedener Parameter für 164 geriatrische Patienten (>65 Jahre). Vergleichende statistische Analyse der Daten von 78 Patienten (Kooperationsklinik) und 86 Patienten (Standardverlegung) mit-
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Kooperationsklinik
Standardkliniken
p-Wert (p<0,05)
78
86
81 ±7,2
80,5 ±8,3
0,706
Case Mix Index
2,7 ±2,3
3,2 ±3,2
0,291
Barthel-Index
43,7 ±14,1
46,9 ±9,8
0,144
Zeitdauer (Tage) bis Kostenübernahme
2,8 ±0,38
3,8 ±0,57
0,206
Zeitdauer (Tage) bis Verlegung
5,7 ±0,6
8,8 ±0,7
0,000
Verweildauer (Tage)
15,3 ±15,4
17,9 ±16,2
0,051
Interpretation: Proximale Femurfrakturen sind mit 39% häufigste Aufnahmegrund. Je größer die Variablen Alter, Case Mix Index und BarthelIndex, desto länger die Krankenhausverweildauer. Die sektorenübergreifende Kooperation zwischen Akut- und Rehaklinik reduziert signifikant die Zeitdauer von der Anmeldung bis zur Rehaverlegung und tendenziell die KH-Verweildauer. Für die Kostenbewilligung sind 2 bis 4 Tage Bearbeitungsdauer einzukalkulieren, die neben Wartezeiten auf einen Rehaplatz die Verweildauer verlängern kann. 14:00 – 17:30����� P016 Bilaterale heterotope Ossifikation nach bilateraler Hüftendoprothetik bei einer geriatrischen Patienten K. Lekkos; A. Dettmer-Flügge; D. Schmidt; M. Gogol Klinik für Geriatrie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge; Fragestellung: Wir stellen hier den Fall einer 83jährigen Patientin vor, die zunächst rechts bei primärer Koxarthorse eine TEP erhalten hatte und 12 Tage nach Erstoperation im Krankenhaus stürzte und sich eine mediale Schenkelhalsfraktur links zuzog, die gleichfalls mit einer TEP versorgt wurde. An weiteren Erkrankungen bestand eine Osteoporose, eine Z.n. Sinterungsfraktur von BWK 12, ein Zustand nach Thyreoidektomie mit manifester Hyperthyreose factitia, ein Mamma-Carcinom rechts seit 4 Jahren, ein arterieller Hypertonus sowie eine rheumatoide Arthritis, die mit einer Dauertherapie mit 5 mg Decortin therapiert war. Methoden: Der rehabilitative Verlauf war bis auf das Neuauftreten von Schmerzen im Bereich beider Hüftgelenke und Oberschenkel unauffällig. Radiologisch zeigten bilaterale Verkalkungen, die sich nuklearmedizinisch durch Mehranreicherungen im Sinne von heterotopen Ossikationen (HO) bestätigten. Unter niedrig dosierter NSAR-Therapie kam es rasch zu Beschwerdebesserung. Zum Entlassungszeitpunkt war die Patientin gut gehfähig und ist dies aktuell – 12 Monate nach Erstoperation – weiterhin. Ergebnisse: HO sind eine bekannte, nach Hüftoperationen in einer Häufigkeit – in variierenden Kolektiven – bis zu ca. 90 % auftretende Komplikation unklarer Ursache. Für spezifische Patientengruppen (Rückenmarksschädigungen, Hemiparese, Verbrennungsverletzungen u.a.) sind HOs als besonderes Risiko beschrieben. Der Fall von bilateralen HOs beim geriatrischen Patienten nach bilateraler, fast zeitgleicher Operation sind selten beschrieben und stützen die Annahme, dass neben traumatischen und neurogenen Ursachen auch genetische Faktoren ursächlich zu diskutieren sind.
Interpretation: Potentielle Ursachen, perioperative prophylaktische Maßnahmen sowie diagnostische und therapeutische Möglichkeiten werden diskutiert. 14:00 – 17:30����� P017 Pneumonie im Alter Ergebnisse des Modul Ambulant erworbene Pneumonie in Niedersachsen für eine geriatrische Klinik 2006-2008 M. Gogol; D. Schmidt; A. Dettmer-Flügge Klinik für Geriatrie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge; Fragestellung: Ist die Zeit zwischen Diagnosestellung und Beginn der antibiotischen Therapie ein relevanter Outcome-Faktor für geriatrische Patienten ? Methoden: Seit 2006 besteht verpflichtend eine externe Qualitätssicherung für Patient mit ambulant erworbener Pneumonie. Von 2006 bis 2008 wurden in Niedersachsen (NDS) 60.020 Patienten aus diesem Anlass behandelt, in der Klinik für Geriatrie (GER) 64. Ergebnisse (Tab. 2): Tab. 2 Niedersachsen absolut (%)
KHL absolut (%)
Fallzahl
60.020 (100)
64 (100)
Männer
33.231 (55,16)
24 (37,5)
Frauen
26.789 (44,63)
40 (62,5)
Alter < 60
10.355 (17,24)
1 (1,56)
Alter 60-69
8.644 (14,4)
6 (9,37)
Alter 70-79
15.961 (26,59)
16 (25)
Alter 80-89
19.064 (31,76)
33 (51,56)
Alter > 90
6.193 (10,31)
8 (12,5)
Die Gesamt-Delirrate unterscheidet sich nicht (NDS 34,42 vs. GER 35,93 %) wohl aber Herkunft (Pflegeheim NDS 25,14 vs. GER 18,75, Krankenhaus/Rehabilitation NDS 3,38 vs. GER 35,93 %). Bettlägerigkeit ist im Gesamtkollektiv geringer (25,41 vs. 31,25 %). Die CRB-Risikostatifizierung weißt für die Klassen 1/2/3 in NDS 15,14/76,41/8,44 vs. GER 3,12/89,06/7,81% wesentliche Unterschiede hinsichtlich des Schweregrades für die Klassen 1 und 2 auf. Als ein für die Prognose wesentliches Merkmal der Zeit bis zu ersten Antibiotikatherapie unterscheiden sich beide Kollektive im Fenster Erstgabe bis zu 4 Stunden nach Aufnahme deutlich (NDS 80,67 % vs. GER 42,18 %). Die Gesamt-Mortalität (NDS 14,57 vs. GER 14,06 %) und die altersadjustierte Mortalitätsrate unterscheiden sich aber nicht. Interpretation: Die Patienten in der Geriatrie sind älter und funktionell eingeschränkter als die des Gesamtkollektives, sie sind nach CRB-Index schwerer betroffen und haben ein verlängertes Zeitintervall bis zur ersten Antibiotikagabe, ohne dass dies einen Einfluss auf die Mortalität hat. Potentielle Limitationen bestehen in der Fallzahl und der Kollektivzusammensetzung. 14:00 – 17:30����� P018 Zur Problematik der Langzeitimmobilisation in der Geraitrie – eine Fallvorstellung I. Tabert; K. Lekkos; A. Dettmer-Flügge; D. Schmidt; M. Gogol Klinik für Geriatrie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge; Fragestellung: Wir berichten über eine 71jährige Patientin, die vom 30.08.2009 bis 14.04.2010 über insgesamt 7 ½ Monate stationär behandelt wurde, unterbrochen von je einem 4- und 3-wöchigen Aufenthalt in der Kurzzeitpflege. Anlass der stationären Behandlung war ursprünglich septische Knie-TEP-Lockerung links, die zur Explantation des Gelenkes und Implantation eines Pallacos-Spacers führte. Letzterer musste bei Ausbruch im November 2009 revidiert werden. Nachfolgend kam die
Patientin erstmals im Dezember 2009 in unsere geriatrische Behandlung. Komplizierend waren intermittierende Harnwegsinfektionen mit einem ESBL-Bildner sowie eine MRSA-Besiedlung des Rachens, weshalb die geplante operative Revision mehrmals verschoben werden musste. Letztlich konnte am 19.02.2010 eine gekoppelte Knie-TEP wieder implantiert werden, die allerdings rezidivierende Punktionen des Gelenkes bei Hämarthros notwendig machten. Nach einer neuerlichen stationären rehabilitativen Behandlung konnte die Patientin gehfähig am Rollator in das häusliche Umfeld entlassen werden. Interpretation: Die Bedeutung dieser Fallpräsentation liegt in der langen, in diesem Fall mehr als halbjährigen, stationären Behandlung mit überwiegender Immobilisation, die trotzdem in einem funktionell guten Ergebnis mündete. 14:00 – 17:30����� P019 Effektivität einer Leitlinien-gestützten Intervention zur Reduktion von freiheitseinschränkenden Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen – cluster-randomisierte kontrollierte Studie A. Haut; A. Gerlach 1; I. Mühlhauser 1; S. Köpke 1; G. Meyer Institut für Pflegewissenschaft, Fakultät für Medizin, Universität Witten/ Herdecke, Witten; 1 MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Universität Hamburg, Hamburg; Fragestellung: Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM) werden in deutschen Altenheimen regelhaft angewendet. Epidemiologische Studien belegen große Unterschiede in der inter-institutionellen FEM-Prävalenz. Regressionsanalysen geben keinen Aufschluss über mit einer höheren Prävalenz assoziierten Merkmale. Aus wissenschaftlicher und ethischer Sicht sind FEM zu vermeiden. Auf Basis einer eigens entwickelten evidenzbasierten Leitlinie wurde ein Schulungsprogramm für Pflegende und Multiplikatoren entwickelt. Methoden: Eingeschlossen wurden Pflegeheime mit ≥ 60 Bewohnern und einer FEM-Prävalenz von ≥ 20% (Studienregistrierung: ISRCTN34974819). Die Interventionsgruppe (IG) erhielt die Leitlinien-basierte Intervention, die Kontrollgruppe (KG) eine Standardinformation zu FEM. Die Cluster-Randomisierung war verdeckt und extern. Ziel war die Reduktion von FEM, Hauptendpunkt die Anzahl der Bewohner mit ≥ 1 FEM nach 6 Monaten. Die Erhebung der FEM erfolgte von April 2009 bis Februar 2010 durch verblindete Assessoren mittels direkter Beobachtung. Ergebnisse: 36 Einrichtungen (IG: 18; KG: 18) in Hamburg und Witten (NRW) wurden eingeschlossen. Insgesamt n=4449 Bewohner (IG: n=2283; KG: n=2166) wurden mindestens einmal gesehen. Die Intervention führte zu einer Reduktion der Bewohneranzahl mit ≥ 1 FEM (alle FEM) um 6,4% (95%-KI 0,4-12,3%) zugunsten der IG (p=0,037). Im Vergleich zur Ausgangserhebung sank die FEM-Prävalenz der IG von 31,7% (26,3-37) auf 22,8% (18,5-27) und in der KG von 30,6% (25,7-35,5) auf 29,1% (24,9-33,3). Interpretation: Die Ergebnisse zeigen, dass eine aufwändige Leitliniengestützte Intervention FEM reduzieren kann. Trotz des statistisch signifikanten Unterschieds gilt es, die klinische Relevanz der Intervention zu diskutieren. Weitere Analysen und die Prozessevaluationsdaten bleiben abzuwarten. 14:00 – 17:30����� P020 Gesundheitsökonomische Evaluation im pharmazeutischen Monitoring A. S. Esslinger; M. Emmert Betriebswirtschaftliches Institut, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg; Fragestellung: Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der Ermittlung der Krankheitskosten von Patienten mit CRC nach Primärtherapie mit Beginn der palliativen Erstbehandlung aus Perspektive der Volkswirtschaft und der Kostenträger. Es sollte ermittelt werden, welche Kosten bei der Behandlung eines CRC-Patienten im Zeitablauf entsteZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts hen, um damit die Basis für ein Behandlungskonzept der Integrierten Versorgung (IV) zu schaffen. Methoden: Es wurden Ressourcenverbräuche von 50 Patienten mit CRC im UICC-Stadium IV von vier teilnehmenden Studienzentren im Zeitraum vom 01.01.2006-30.09.2008 ausgewertet und miteinander verglichen. Im Rahmen der Kostenanalyse wurden sowohl ambulante als auch stationäre Kosten, Pflege- und Rehabilitationskosten sowie volkswirtschaftliche Kosten betrachtet. Außerdem wurde die Lebensqualität der Patienten anhand des SF-12 erhoben. Ergebnisse: Die Gesamtkosten je Quartal betragen in den Zentren zwischen 10.274,94 und 16.754,06 , wobei diese Kosten geringfügig von denen der GKV-relevanten Kosten abweichen. Im Zeitverlauf entstehen in den Zentren über die betrachteten Quartale Kosten in unterschiedlicher Höhe. Sie variieren zwischen 55.268,67 und 89.106,43 . Bezüglich der Lebensqualität wird ersichtlich, dass diese auf Basis des SF-12 im Hinblick auf die körperliche Summenskala im Betrachtungszeitraum zwischen 42,11 und 55,26 Punkten und im Hinblick auf die psychische Summenskala zwischen 34,96 und 60,70 Punkten liegt (drei Zentren). Interpretation: Im Ergebnis konnte die vorliegende Krankheitskostenstudie aufgrund von Limitationen im Bereich der Datenverfügbarkeit der Zentren nicht uneingeschränkt dazu dienen, eine valide Basis für Verträge im Rahmen der IV zu bilden. Allerdings wurde anhand der Studie offenbar, dass die Kosten in den ambulanten Zentren höher liegen als die im stationären Versorgungszentrum. Es wurde außerdem deutlich, dass sich die Patienten hinsichtlich der Mortalität unterscheiden und stationär Behandelte eine längere Lebenserwartung aufweisen als ambulant therapierte Patienten. 14:00 – 17:30����� P021 Besonderheiten der Harninkontinenz bei geriatrischen Patientinnen – Ergebnisse meiner Dissertation S. C. Jansen; H. Talasz 1 Passau; 1 LKH Hochzirl – Anna Dengel Haus, Zirl/A; Fragestellung: Welche Faktoren sind neben der Multimorbidität mit ursächlich für die Harninkontinenz weiblicher geriatrischer Patientinnen? Methoden: Die retrospektive Studie erfasste die im Rahmen des geriatrischen Harninkontinenz-Assessments erhobenen Daten von 704 geriatrischen Patientinnen mit subjektiv belastendender HarninkontinenzSymptomatik. Alter, Kognition, Mobilität, Body-Mass-Index, genitale Schleimhautveränderungen, Geburtenzahl, Hysterektomie-Anamnese, die Beckenbodenmuskelkontraktion-Fähigkeit und anamnestisch durch geführtes Beckenbodentraining wurden evaluiert. Darüber hinaus wurden mögliche Zusammenhänge zwischen der Beckenbodenmuskelkontraktion, dem Alter, dem Body-Mass-Index, der Geburtenanzahl, durchgeführten gynäkologischen Operationen, Multimorbidität und funktionellen Einschränkungen erfasst. Ergebnisse: 56 Prozent der Patientinnen haben keine Vorstellung von ihrem Beckenboden und nur eine unzureichende Kontrolle über ihre Beckenbodenmuskulatur, nur 16 Prozent der Patientinnen weisen eine morphologisch intakte Genitalschleimhaut auf. Die kognitive Funktion, die Mobilität und ein anamnestisch durchgeführtes Beckenbodentraining korrelieren positiv, – der BMI, die Anzahl der Geburten und ein Zustand nach Hysterektomie korrelieren nicht mit der Beckenbodenmuskel-Kontraktionskraft. Eine signifikante negative Korrelation besteht zwischen dem Alter einerseits und der Beckenbodenmuskel-Kontraktionskraft sowie den genitalen Schleimhautveränderungen andererseits. Interpretation: Altersbedingte Veränderungen der anatomisch-physiologischen Beckenbodenverhältnisse und genitale Schleimhautveränderungen sind (neben der Multimorbidität) häufige Ursachen für die Harninkontinenz-Symptomatik älterer Patientinnen. Ein den Erfordernissen der geriatrischen Patientinnen angepasstes Beckenbodentraining und die Behandlung der genitalen Schleimhautveränderungen stellen kostengünstige, nicht-invasive und häufig effektive Therapieoptionen dar.
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14:00 – 17:30����� P022 Suizidalität im Alter – Ein Curriculum zur Fortbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen in der Betreuung und Pflege alter Menschen U. Sperling; B. Schneider1; H. Wedler2; N. Erlemeier3; R. D. Hirsch4; R. Lindner5; S. Schaller6; M. Teising7; C. Wächtler8 Schwerpunkt Geriatrie, IV. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim gGmbH, Mannheim; 1 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentrum der Psychiatrie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität, Frankfurt a. M.; 2 Stuttgart; 3 Odenthal-Voiswinkel; 4 Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, Rheinische Kliniken Bonn, Bonn; 5 Zentrum für Geriatrie und Gerontologie, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Haus, Hamburg; 6 Otto-Selz-Institut, Universität Mannheim, Mannheim; 7 Schwerpunkt Gerontopsychiatrie, Psychoanalyse, FB 4 Soziale Arbeit und Gesundheit, Fachhochschule Frankfurt, Frankfurt a. M.; 8 Psychiatrie und Psychotherapie – Gerontopsychiatrie, Betriebsteil Ochsenzoll, Asklepios Klinik Nord, Hamburg; Fragestellung: Suizidalität ist ein aus allen Zeiten und Kulturen bekanntes menschliches Phänomen. Das eigene Leben vorzeitig durch Suizid zu beenden, ist jedoch kein unabweisbares Schicksal, sondern stets ein tragisches Scheitern von Menschen. Es zieht fast immer schwere Kränkungen und Verletzungen der Zurückbleibenden nach sich. In den Industriestaaten sind die alten Menschen am stärksten suizidgefährdet. Dennoch wird diese Tatsache kaum zur Kenntnis genommen. Hilfsangebote richten sich fast ausschließlich an jüngere Menschen. Methoden: Vorgestellt wird ein Curriculum, mit dem die Aufklärung über die Suizidalität im Alter gefördert werden soll. Basierend auf der aktuellen Literatur und der Erfahrung der Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft Alte Menschen“ im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland (NaSPro) wurden Foliensätze sowohl für einen Basisvortrag als auch für ein weiterführendes Seminar erstellt, die in einem Begleitheft erläutert und mit weiteren Informationen und Zahlenmaterial ergänzt werden. Damit wird ein gleichermaßen verlässliches wie gut zu handhabendes Instrument zur Fortbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen in der Betreuung und Pflege alter Menschen zur Verfügung gestellt. Ergebnisse: Suizidalität ist beeinflussbar; darauf deuten die großen Schwankungen zwischen den Ländern, Regionen und im Zeitverlauf hin. Information, Aufklärung und Schulung sind die wichtigsten Maßnahmen, um Suizidtodesfälle seltener werden zu lassen. Im Einzelfall bedarf es unterschiedlicher Hilfsansätze, die von der psychiatrisch-medikamentösen Therapie über konkrete menschliche Zuwendung und soziale Unterstützung bis hin zur pädagogischen Lebensberatung reichen. Interpretation: Mittlerweile liegen erste Erfahrungen mit dem Einsatz in der Aus- und Fortbildung vor. Evaluationsmaßnahmen sind geplant. 14:00 – 17:30����� P101 Zusammenhang zwischen Stress- und Trauma-Ereignissen in der Kindheit und kognitivem Abbau im Alter – und der Einfluss sozialinterpersoneller Ressourcen S. Krammer Psychopathologie und Klinische Intervention, Psychologisches Institut, Universität Zürich, Zürich/CH
Mittwoch, 15. September 2010 18:00 – 20:00 Hörsaal 1 Mitgliederversammlung Sektion IV Moderation: C. Kricheldorff, Freiburg 18:00 – 20:00 Hörsaal 2 Mitgliederversammlung Sektion III Moderation: F. Oswald, Frankfurt a. M. 18:00 – 20:00 Hörsaal 3 Mitgliederversammlung Sektion II Moderation: R. Neubart, Berlin 18:00 – 20:00 Kursraum 1 Mitgliederversammlung Sektion I Moderation: A. Simm, Halle (Saale)
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 1 08:30 – 10:00 IV02 Interdisziplinäre Veranstaltung Generationengerechtigkeit Moderation: T. Klie, Freiburg; C. Kricheldorff, Freiburg
Der Begriff Generationengerechtigkeit taucht gegenwärtig in einer Vielzahl von Debatten auf, die von der Alterssicherung über Arbeitsmarktpolitik bis zur Staatsverschuldung und zum Umweltschutz reichen. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie die Chancen nachrückender Generationen zu denen der heute lebenden Generationen einzuschätzen sind. In dieser Plenarveranstaltung sollen verschiedene Facetten des Themas Generationengerechtigkeit aus dem Blickwinkel unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen betrachtet werden. Karl-Heinz Wehkamp ist eingeladen, dies unter dem Aspekt der Gesundheitsökonomie zu tun. Pasqualina Perrig-Chiello sieht Familien als Garanten der Generationengerechtigkeit und sie wird Fragen der Generationenbeziehungen aus einer psychologischen Perspektive thematisieren. Spiros Simitis nimmt die verfassungsrechtliche Perspektive zum Thema Generationengerechtigkeit ein. 08:30 – 08:45 IV02-01 Familien als Garanten der Generationengerechtigkeit: zwischen Forderung und Überforderung P.-C. Perrig-Chiello, Bern Generationenbeziehungen haben vor dem Hintergrund demographischer und gesellschaftlicher Veränderungen eine vermehrte Aktualität erhalten. Diskutiert wird mit Vorliebe das Thema der Generationengerechtigkeit. Hier werden im öffentlichen Diskurs große Ungerechtigkeiten gegenüber den Jungen verortet. Wissenschaftliche Studien verweisenjedoch darauf, dass pessimistische Projektionen steigender Generationenkonflikte weitgehend Mythen darstellen. Dabei werden unterschiedliche Belastungen bzw. Chancen verschiedener Generationen nicht verneint. Jedoch wird dargelegt, dass die im öffentlichen und politischen Diskurs gern benutzten so genannten negativen Generationenbilanzen die Realität ungenügend wiedergeben. Fakt ist, dass diese nur die offiziell ausgewiesenen sozialstaatlichen Transferleistungen berücksichtigen und die familialen und informellen Transferleistungen ausblenden. Familiale Generationensolidarität funktioniert, die Frage ist nur: wie lange noch? Was ist der Preis dafür? Ist Generationensolidarität und -gerechtigkeit im Grunde nicht vielmehr eine Frage des Geschlechts als des Alters?
08:45 – 09:00 IV02-02 Gefährliche Paradigma Gesundheitsökonomie ohne Ethik und kritische Theorie kann tödlich sein K.-H. Wehkamp, Hamburg Gesundheitsökonomische Kosten-Nutzen-Analysen und die Messung von Lebensqualität sowie die von Weltbank und Harward School of Public Health entwickelten ‚Qualy‘s und Daly‘s‘ sind lehrbuchmäßige Konzepte und Verfahren, die in ihrer Wirkung für ältere und chronisch kranke Menschen lebensgefährdend sein können, da mit zunehmendem Alter die „zu gewinnenden Lebensjahre“ abnehmen und die Kosten-Nutzen-Relation schlechter wird. Unter der Bedingung knapper Ressourcen und geforderter Wirtschaftlichkeit können Ressourcenzuweisungen damit zu Ungunsten jener Menschen gesteuert werden, die subjektiv am dringendsten auf Hilfe angewiesen sind. Während Anwendung und Ergebnisse dieser Verfahren wissenschaftlichen Kriterien genügen, beruht die Entscheidung für die Anwendung dieser Konzepte auf purer Decision, die transparente Entscheidungsprozesse verlangt. Die erwähnten gesundheitsökonomischen Verfahren werden im Kontext moderner ‚Gouvernementalität‘ (Foucault) und Bevölkerungspolitik interpretiert und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ethisch hinterfragt. 09:00 – 09:15 IV02-03 Generationengerechtigkeit in guter Verfassung? S. Simitis, Frankfurt a. M. Der Staat schützt, auch in Verantwortung für die künftigen Generationen, die natürlichen Lebensgrundlagen, Artikel 20a GG. Auch wenn dieser Satz primär auf die ökologische Herausforderung unserer Zeit reagiert, lässt er doch erkennen, dass die Verantwortung für künftige Generationen nicht auf die natürlichen Lebensgrundlagen beschränkt ist. Es liegt nahe, in die „Generationengerechtigkeit“ auch das Maß einzuführen, das als Antwort auf die ökologische Frage entwickelt wurde: Die Nachhaltigkeit. Begriffe wie Generationengerechtigkeit oder Nachhaltigkeit sind Impulse auf einem Weg der Analyse des Problembereichs der intergenerationellen Solidarität, der Definition von Problemen und der Bewertung von Lösungen. Spiros Simitis ist eingeladen, an eine systematische Ordnung der Probleme und Lösungen im Rahmen seines Vortrages heranzuführen.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 2 08:30 – 10:00 S09 Symposium der Sektion III Die Verlängerung der Erwerbsphase als gesellschaftliche Herausforderung Moderation: C. Behrend, Berlin
Die Fragen nach der Umgestaltung der Arbeitswelt für ältere Arbeitnehmer und nach dem Zeitpunkt des Übergangs in die Nacherwerbsphase beschäftigt die gerontologische Forschung seit Jahren. Die demografische Entwicklung und die damit verbundenen aktuellen Veränderungen der arbeitsmarkt- und rentenrechtlichen Rahmenbedingungen üben Druck auf die am Arbeitsleben beteiligten Akteure aus. Eine Verlängerung der Erwerbsphase setzt den Erhalt der Arbeits- bzw. Beschäftigungsfähigkeit voraus. Hierfür sind die Unternehmensleitungen in erster Linie zuständig, die sich betriebsdemografischen Herausforderungen öffnen müssen. Zugleich werden der Stand der erworbenen Qualifikation und die gesundheitliche Leistungsfähigkeit tendenziell in die Eigenverantwortung der Mitarbeiter verlagert. Gesellschaftliche Wandlungsprozesse verändern die Einstellungen zum Arbeitsleben. Die subjektive Entscheidung zur Beendigung des Erwerbslebens ist multidimensional. Sie wird Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts im Spannungsfeld zwischen langjährigen Anforderungs- und Belast ungsprozessen, der Aufrechterhaltung des erreichten materiellen Lebens standards, dem vorhandenen Sozialkapital sowie dem Streben nach Sinn erfüllung und gesellschaftlicher Anerkennung getroffen. Im Symposium werden Ergebnisse hierzu aus aktuellen empirischen Forschungsprojekten vorgestellt.
Eingliederungsmanagement, Prävention und Rehabilitation vermitteln zu können Ergebnisse: Die Erfahrungen aus GeniAL – wie schon aus dem Vorgängerprojekt Smart Region – belegen, dass sich in und mit den Belegschaften in KMU alter(n)sgerechtes Arbeiten in der Praxis kontinuierlich voran bringen lässt.
08:30 – 08:45 S09-01 Ruhestandsübergänge und Erwerbsbeteiligung Älterer im Wandel J. Simonson, Berlin
09:00 – 09:15 S09-03 „Eigentlich ist es wohl unrealistisch, sich mit 57 noch mal beruflich generell zu verändern. Aber da hätte ich so Ideen“. Übergangskonstruktionen und Übergangsrealität G. M. Backes, K. Brauer1, W. Clemens1; Vechta, 1Berlin
Fragestellung: Trotz gestiegener Lebenserwartung und einer verbesserten Gesundheit Älterer entwickelte sich – flankiert durch renten- und arbeitsmarktpolitische Anreize – bis zum Ende der 1990er Jahre ein Trend zum immer frühzeitigeren Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Diese Entwicklung wurde vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherungssysteme zunehmend in Frage gestellt und es wurden verschiedene rentenund arbeitsmarktpolitische Reformen umgesetzt, um die Erwerbstätigkeit Älterer zu steigern und das faktische Renteneintrittsalter zu erhöhen. Der Beitrag untersucht, wie sich die Erwerbsbeteiligung Älterer und deren Ruhestandsübergänge verändert haben, inwieweit sich die geänderten Rahmenbedingungen in den Ruhestandserwartungen künftiger Ruheständler niederschlagen und welche regionalen, geschlechts- und schichtspezifischen Differenzierungen sich dabei feststellen lassen. Methoden: Datengrundlage ist der Deutsche Alterssurvey (DEAS), der in einem kombinierten Quer- und Längsschnittdesign Personen in der zweiten Lebenshälfte umfassend zu Lebenssituationen, Lebensläufen und Lebenszielen befragt und Angaben zum Renteneintritts- und Erwerbsaustrittsalter, zur Erwerbsbiografie sowie zu Ruhestandserwartungen künftiger Ruheständler enthält. Interpretation: Die Daten zeigen, dass der Ausstieg aus dem Arbeitsleben häufig vor dem regulären Rentenzugangsalter erfolgt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass das Übergangsalter von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand zwischen 1996 und 2008 leicht gestiegen ist und sich damit in die durch die Reformen intendierte Richtung bewegt hat. Außerdem scheinen zukünftige Ruheständler die geänderten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und zunehmend mit einem späteren Renteneintritt zu rechnen.
Fragestellung: Die Spät- und Endphase der Berufsbiographien werden zunehmend Gegenstand gesellschaftlichen Interesses. Als Antwort auf Fragen des demographischen Wandels soll der Erwerbsausstieg nach hinten verschoben werden, dazu Wiedereinstiege sowie Zweit- und Drittkarieren auch in der Spätphase des Erwerbslebens ermöglicht werden. Ob und wie dies gestaltet werden kann, wird zunehmend diskutiert und in politische Programme gegossen. Gleichzeitig wissen wir recht wenig darüber, wie auf der subjektiven Ebene die Veränderungen wahrgenommen werden. Methoden: Vor dem Hintergrund der Ergebnisse einer ethnographischen Studie von Personalauswahlprozessen (Backes/Brauer/Clemens 2009) erscheinen Reintegrationen älterer Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt nahezu ausgeschlossen. Umso mehr überraschten die Vermittlungsergebnisse einer regional sehr erfolgreichen Wiedereingliederungsinitiative für ältere Langzeitarbeitslose (Backes/Brauer/Lasch 2008). In diesem Zusammenhang wurde eine Anzahl von biographischen Interviews mit älteren Langzeitarbeitslosen geführt. Solche Interviews wurden auch in einer dritten Studie zur Transformation des Übergangs in den Ruhestand (gefördert 2009/2010 durch die Deutsche Rentenversicherung BUND) analysiert. Somit liegen Ergebnisse aus ca. 50 Interviews vor, die im Referat mit Annahmen zum Übergangsverhalten kontrastiert werden. Ergebnisse: Anhand einer Falldarstellung, aus der auch das Titelzitat stammt, wird gezeigt, warum einerseits ökonomische Anreize zum Frühausstieg durchaus signifikante Veränderungen der Übergangsalter ergeben werden, andererseits trotzdem von einer hohen Präferenz für möglichst lange Erwerbstätigkeiten ausgegangen werden kann.
08:45 – 09:00 S09-02 Ist alter(n)sgerechtes Arbeiten in kleinen und mittleren Unternehmen überhaupt möglich? – Erfahrungen aus dem Praxisprojekt GeniAL der Deutschen Rentenversicherung C. Stecker, Berlin
09:15 – 09:30 S09-04 Überlegungen zum künftigen Übergang aus der aktiven Beschäftigungsphase H. Klietz, Cottbus
Fragestellung: Sind Personalverantwortliche und Inhaber kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) schon auf ihre künftig älter werdenden Belegschaften vorbereitet? Sind es nicht eher Großunternehmen, die die Zeichen der Zeit – sprich: die Herausforderungen des demographischen Wandels – schon erkannt haben und über die nötigen Ressourcen verfügen, um entsprechend zu handeln? Können KMU hier überhaupt etwas tun und sich gegenüber den Größeren behaupten? Methoden: Antworten auf diese Fragen sollen anhand des Modellprojektes „GeniAL – Generationenmanagement im Arbeitsleben“ der Deutschen Rentenversicherung vorgestellt und diskutiert werden. Mit der Erprobung dieses neuen Arbeitgeberservice der Deutschen Rentenversicherung können insbesondere KMU über die bundesweit 22 beteiligten DRV-Beratungsstellen Orientierung und Hilfe zu regionalen Fakten über die aktuelle und zukünftige Situation am Arbeitsmarkt, der Bevölkerungsentwicklung und Nachwuchsgewinnung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft erhalten. Zudem organisieren die rund 70 GeniAL-Beraterinnen und -Berater regionale Netzwerke rund um das Themenfeld „Arbeit, Rente, Gesundheit und Wirtschaft“, um den Betrieben Unterstützung in Fragen der Gestaltung alter(n)s gerechter Arbeitsplätze, der Arbeitsorganisation und Arbeitszeit, Motivation und Weiterbildung, betrieblichen Gesundheitsmaßnahmen und
Fragestellung: In einer Projektarbeit im Kompetenzbereich „Ältere Menschen in der Arbeitswelt“ innerhalb des „Kompetenzzentrums Leben im Alter“ (KoLA) der Hochschule Lausitz wird Fragen nach der Gestaltung der Beschäftigung und des Übergangs aus der aktiven Beschäftigungsphase Älterer nachgegangen. Es sollen die Hintergründe herausgearbeitet werden, die zu der Entscheidung des vorzeitigen und abrupten Ausstiegs aus der Beschäftigung führten. Methoden: Dazu wird eine Befragung bei 110 MitarbeiterInnen, die sich für den Übergang in die Altersteilzeit in der so genannten Blockvariante entschieden haben, in einem Unternehmen des Öffentlichen Dienstes durchgeführt. Es sollen die Hintergründe herausgearbeitet werden, die zu der Entscheidung des vorzeitigen und abrupten Ausstiegs aus der Beschäftigung führten. Auf dieser Grundlage soll eine „Risikotypologie“ erarbeitet werden, welche es ermöglicht, diejenigen Kriterien zu identifizieren, die für die Nutzung der Potentiale älterer ArbeitnehmerInnen bis 67 eine wesentliche Rolle spielen. Ergebnisse: Die gewonnenen Ergebnisse werden zunächst den Kategorien Statistik, Arbeitsbedingungen, Motivation, Organisation, Führung, Gesundheit, Mitbestimmung und persönliche Rahmenbedingungen zugeordnet. Dann schließlich werden die sich aus den Ergebnissen ableitbaren Anforderungen an geeignete Interventionsstrategien zur Beschäf-
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tigungsförderung Älterer benannt und Aussagen über Kriterien in Hinblick auf die Chancen und Risiken der Weiterarbeit bis zur Regelaltersgrenze getroffen. Die induktive Vorgehensweise ermöglicht Rückschlüsse auf die weitere Gestaltung des Umgangs mit älteren MitarbeiterInnen in den beteiligten Unternehmen und bildet die Grundlage für eine weiterführende Personalpolitik. Das Projekt wird dem Bereich Age Diversity Management in Unternehmen zugeordnet. 09:30 – 09:45 S09-05 Betriebsgesundheit älter werdender Beschäftigter in der Pflege K. Trommer, Cottbus Fragestellung: Mit dem Projekt wird der Grundstein für die nachhaltige Einführung Betrieblicher Gesundheitsförderung im Tessinum gelegt. Insbesondere für ältere Beschäftigte sollen dadurch ermöglicht werden, dass sie mit guter Gesundheit und adäquaten Arbeitsbedingungen lange im Arbeitsprozess bleiben können. Das Tessinum in Mecklenburg-Vorpommern ist eine Einrichtung zur medizinischen Versorgung und pflegerischen Betreuung älterer Menschen. Die ca. 230 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben täglich hohe Anforderungen zu bewältigen. Dabei liegt das Durchschnittsalter bei 45 Jahren. Teilweise sind Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mehr als 25 Jahre Jahren in der Einrichtung tätig. Fachkräfte sind nicht ohne weiteres zu finden. Damit die Gesundheit und Arbeitskraft der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen möglichst erhalten bleibt, legt das Projekt den Grundstein für die Einführung Betrieblicher Gesundheitsförderung. Methoden: Durch eine Befragung der Beschäftigten wird empirisch ihre Einschätzung zu ihrem gesundheitlichen Ist-Zustand erhoben. Daraus sollen Angebote für Beschäftigte abgeleitet und es soll eine Struktur zur regelmäßigen Weiterentwicklung der Gesundheitsförderung im Tessinum entwickelt werden. Zur Erhöhung der Akzeptanz wird das Projekt partizipativ gestaltet. Bei der Planung, Organisation und Durchführung sind Repräsentanten aus allen Betriebsteilen beteiligt. Schon vor einer Einführung regelmäßiger Angebote werden in Reaktion auf Ergebnisse von Gesundheits- und Fitnesschecks punktuell Präventionskurse angeboten. Die Projektleitung kooperiert mit Krankenkassen und Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 3 08:30 – 10:00 S10 Symposium der Sektion II Multimorbidität in der Bevölkerung und bei Heimbewohnern. Konsequenzen für den Funktionsstatus und die weitere Entwicklung Moderation: V. Garms-Homolová, Berlin; D. Dräger, Berlin
Die Multimorbidität gilt als ein Charakteristikum geriatrischer Patienten. Jedoch existiert eine Vielzahl von Definitionen, Konzepten und Indizes zur Bestimmung von Multimorbidität. Das hat zur Konsequenz, dass der Zustand Hochbetagter letzt endlich aus der Perspektive einzelner Diagnosen erklärt und/oder behandelt wird. Wichtige Fragen bleiben so außer Acht. In diesem Symposium werden sie behandelt. Dazu gehört die gegenseitige Beeinflussung der Komorbiditäten im Multimorbiditätskomplex, Aufwirkungen vom Multimorbidität auf den Funktionsstatus und das Auftreten weiterer Erkrankungen sowie die Lebensqualität. Die Bedeutung von zwei wichtigen Gesundheitsstörungen – Schmerz und Schlafstörungen – im Komplex mehrfacher Erkrankungen wird analysiert. Alle Präsentationen entstanden im Rahmen des vom BMBF geförderten Programms „Gesundheit im Alter“.
08:30 – 08:45 S10-01 Die Prävalenz kardiovaskulärer Multimorbidität im Alter – Ergebnisse aus drei bevölkerungsbezogenen Studien in Deutschland C. Diederichs, H. Neuhauser1, K. Berger; Münster, 1Berlin Fragestellung: Für Untersuchungen von Multimorbidität gibt es bis heute keinen einheitlichen Standard, wie viele und welche chronischen Erkrankungen erfasst werden. Deshalb bewegen sich Angaben zur Prävalenz von Multimorbidität in verschiedenen Studien zwischen 23 % und 99 %. Ziel dieser Studie ist es, anhand einer einheitlichen Liste von chronischen Erkrankungen die Prävalenz von kardiovaskulärer Multimorbidität in drei verschiedenen deutschen Studienpopulationen zu ermitteln und zu vergleichen. Methoden: In drei bevölkerungsbezogenen Studien (MEMO-Studie (n=281), Bundesgesundheitssurvey 1997/1998 (n=1.010), Dortmunder Gesundheitsstudie (n=385)) wurde die Prävalenz von fünf chronischen, kardiovaskulären Erkrankungen anhand von einheitlichen Kriterien bestimmt. Erfasst wurden Hypertonie, Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Adipositas. Anschließend wurden die einzelnen Erkrankungen addiert und der Anteil der Personen mit Multimorbidität, das heißt mit zwei oder mehr chronischen Erkrankungen, berechnet. Berücksichtigt wurden nur Teilnehmer/innen ab 65 Jahren. Ergebnisse: Die Prävalenz der einzelnen Erkrankungen in den drei Studien war ähnlich und lag für die Hypertonie bei 47,4 – 57,3 %, Diabetes (10,7 – 16,0 %), Herzinfarkt (8,8 – 9,6 %), Schlaganfall (5,0 – 7,6 %) und Adipositas (4,5 – 7,6 %). Von Multimorbidität waren zwischen 16,6 % in der MEMO-Studie und 24,9 % in der Dortmunder Gesundheitsstudie betroffen. Zwischen 37,7 % und 41,8 % der Teilnehmer/innen hatten keine der erfassten Krankheiten. Interpretation: Unter Anwendung eines einheitlichen Indizes sind Angaben zur Prävalenz von Multimorbidität zwischen verschiedenen Studien vergleichbar. Unterschiede sind auf Selektionsmechanismen, methodische Differenzen und regionale Krankheitsunterschiede, zum Beispiel zwischen der Dortmunder und Augsburger Bevölkerung, zurückzuführen. 08:45 – 09:00 S10-02 Funktionale Korrelate und Konsequenzen von Multimorbidität – Ergebnisse der Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im höheren Alter (OMAHA) C. Scheidt-Nave, M. Busch, J. Fuchs, H. Knopf, J. Wiskott, A. Ernert, M. Holzhausen, P. Martus, B. Peters; Berlin Fragestellung: Multimorbidität wird häufig mit einer kritischen Einbuße körperlicher Funktionsreserven (Gebrechlichkeit) und Behinderung im Alltag gleichgesetzt. Es handelt sich jedoch um jeweils verschiedene geriatrische Konzepte, deren Abgrenzung und Zusammenspiel sowohl für die Behandlung individueller Patientinnen und Patienten als auch für die Beschreibung von Krankheitslast auf Bevölkerungsebene Bedeutung hat. Ziel: Beantwortet werden soll die Frage, inwieweit Multimorbidität mit Gebrechlichkeit und Behinderungen im Alltag einhergeht bzw. solche funktionalen Einschränkungen nach sich zieht. Methoden: Eine bevölkerungsbasierte Stichprobe von insgesamt 299 Berliner Privathaushaltbewohnern im Alter ab 65 Jahren erhielt im Abstand von 12 Monaten zwei ausführliche standardisierte Untersuchungen und Befragungen zum Gesundheits- und Funktionszustand sowie wichtigen biopsychosozialen Einflussfaktoren. Halbjährliche telefonische Verlaufsbefragungen dienen der Erfassung von Vitalstatus, Krankenhauseinweisungen sowie Veränderungen der subjektiven Gesundheit und Lebenssituation. Die Definitionen von Gebrechlichkeit und Behinderung im Alltag gründen sich auf international empfohlene Instrumente, während Multimorbidität nach verschiedenen Kriterien (Anzahl, Art und Ausprägung gleichzeitig vorliegender Gesundheitsprobleme) beschrieben wird.
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Abstracts Ergebnisse: Erste querschnittliche Ergebnisse zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Multimorbidität, körperlicher Funktionsfähigkeit und Behinderungen im Alltag durch die Art und Ausprägung der Mehrfacherkrankungen, aber auch durch zahlreiche nicht-medizinische Faktoren beeinflusst wird. Längsschnittliche Ergebnisse werden dazu beitragen, die Kausalität der Zusammenhänge weiter herauszuarbeiten und Schlussfolgerungen abzuleiten, die für die gesundheitliche und soziale Versorgung älterer multimorbider Personen von Bedeutung sind. 09:00 – 09:15 S10-03 Erfassung der Multimorbidität von Pflegeheimbewohnern durch Ärzte, Pflegekräfte und den medizinischen Dienst J. Kuck, V. Garms-Homolová, U. Flick; Berlin Fragestellung: Pflegeheimbewohner gehören typischerweise zu mehrfacherkrankten Personen. In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass bei ihnen wichtige Erkrankungen übersehen oder nicht diagnostiziert werden, was für die angemessene Behandlung und Pflege negative Auswirkungen hat. In dieser Präsentation werden die Diagnoseangaben, die von verschiedenen, an der Versorgung der Heimbewohner beteiligten Professionellen stammen, dargestellt und verglichen. Es wird der Frage nachgegangen, welche Informationsquellen (Pflegerische Dokumentation, Angaben von Heimärzten, niedergelassenen Ärzten oder MDK-Mitarbeitern) als zuverlässig zu betrachten sind und wo die meisten Diagnoselücken existieren. Methoden: Die Studie basiert auf einer Sekundäranalyse von Assessmentdaten eines Querschnittssample von Pflegeheimbewohners (n2008=2460). Diese Daten wurden mithilfe des standardisierten Minimum Data Set (MDS) des Resident Assessment Instruments (RAI 2.0 – Morris et al. 1995; deutsche Version Garms-Homolová & Gilgen, 2000) erhoben. Das Assessment enthält einerseits eine Liste von 42 Diagnosen, die von den Pflegekräften angekreuzt werden, andererseits ICD-Diagnosen, die von versorgenden Ärzten (angestellte Heimärzte versus niedergelassene Ärzte) eingetragen werden. Zudem gibt es dort vom MDK gestellten „pflegebedürftigkeitsbegründenen Diagnosen“. Ergebnisse: Im Vergleich zu Ärzten dokumentierten Pflegekräfte die Krankheiten offenbar vollständiger: Sie erfassten durchschnittlich 4.8, Ärzte nur 3.0 Diagnosen pro Fall (p<0.0001). Bei bestimmten Diagnosen stimmen Pflegekräfte und Ärzten schwach (Asthma: kappa=0.1731), bei anderen voll überein (MS: kappa=1.0). Keine professionellen Differenzen gab es in der Rangfolge der Diagnosen. Unterschiede gab es aber in der Häufigkeit der erfassten Diagnosen. Ferner differiert das Diagnoseverhalten der festangestellten Heimärzte und der niedergelassenen Ärzte. Die letztgenannten gaben 8.8 ICD-Diagnosen je Heimbewohner, die Heimärzte jedoch 10.0 ICD-Diagnosen (p<0.0001). 09:15 – 09:30 S10-04 Die Inzidenz von kardiovaskulärer Multimorbidität in = 65-jährigen Hausarztpatienten in Deutschland und ihr Einfluss auf die Entstehung von Neuerkrankungen – Ergebnisse aus der GetABI-Studie C. Diederichs, U. Thiem1, K. Berger; Münster, 1Bochum Fragestellung: Studien beschäftigen sich oft mit der Prävalenz von Multimorbidität und mit deren Auswirkungen, selten mit dem langfristigen Risiko einer Neuerkrankung. Methoden: In der GetABI-Studie („German epidemiological trial on Ankle Brachial Index“) wurde in einer Kohorte von 6.880 Hausarztpatienten mit Durchschnittsalter von 72,5 Jahren die Prävalenz von 5 kardiovaskulären Erkrankungen (TIA, Angina Pectoris, PAVK, Schlaganfall, Herzinfarkt) zum Baseline-Zeitpunkt 2001 und deren Inzidenz im Verlauf von 7 Jahren erhoben. Das Risiko einer Neuerkrankung wurde in Abhängigkeit zur Anzahl und Art von Erkrankungen zum Baseline-Zeitpunkt mit dem Cox-Regressionsmodel berechnet. Ergebnisse: Zum Baseline-Zeitpunkt hatten 71,4 % keine, 19,3 % eine Erkrankung, 7,1 % zwei, 2,0 % drei oder mehrere Erkrankungen. In 7 Jahren entwickelten 15,7 % eine neue Erkrankung, 4,9 % zwei, 2,1 % drei und mehr neue Erkrankungen.19,0 % der Patienten verstarben. Im Vergleich
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zu Personen ohne der 5 kardiovaskulären Erkrankungen, war das Risiko, in 7 Jahren neue Erkrankungen zu bekommen, bei Personen mit Multimorbidität signifikant erhöht. Bei einer Grunderkrankung lag das nach Alter, Geschlecht und Bildung adjustierte Hazard Ratio (HR) bei 2,2 (CI: 2,0-2,5), bei zwei Grunderkrankungen bei 3,0 (CI: 2,6-3,5) und bei drei oder mehr Erkrankungen bei 4,7 (CI: 3,8-5,8). Das Risiko, in 7 Jahren eine oder mehrere der 5 ausgewählten Erkrankungen neu zu bekommen, war auch durch die Grunderkrankung beeinflusst. Im Vergleich zu Nichterkrankten lag das HR beim Herzinfarkt bei 1,9 (CI: 1,7-2,2), beim Schlaganfall bei 1,6 (CI: 1,3-1,9), bei TIA bei 1,8 (CI: 1,6-2,2), bei PAVK bei 2,9 (CI: 2,5-3,3) und bei Angina Pectoris bei 2,3 (CI: 2,1-2,6). Interpretation: Multimorbidität hat einen wesentlichen Einfluss auf das Risiko für die Entstehung von Neuerkrankungen bei älteren Menschen. 09:30 – 09:45 S10-05 Schmerz als Kumulationspunkt von Multimorbidität – Eine Untersuchung des Schmerzgeschehens bei mehrfach erkrankten Menschen im Pflegeheim K. Kopke, D. Dräger, R. Kreutz; Berlin Fragestellung: Schmerzen stellen ein bedeutsames Phänomen in der deutschen Bevölkerung und im Alter die häufigsten Beschwerden dar. Allerdings ist festzustellen, dass aufgrund des erschwerten Zugangs und z.T. fehlender angemessener Erhebungsinstrumente Bewohner von Pflegeheimen und Personen mit eingeschränkter kognitiver Leistungsfähigkeit in den bisherigen Studien systematisch unterrepräsentiert sind. Schmerzen sind ein wesentlicher Kumulationspunkt für die Auswirkungen von Mehrfacherkrankungen im Alter. Mehrere Erkrankungen wirken in ihren Folgen hierbei nicht nur summativ, sondern konfrontieren den Betroffenen mit einer gänzlich neuen Qualität an schmerzbezogenen Einschränkungen, Beschwerden und Beeinträchtigungen. Die Bestimmungsfaktoren und die Folgen dieser Kumulation sind bisher jedoch unklar. Ziel des Forschungsprojekts PAiN ist es, Schmerzen als Kumulationspunkt unterschiedlicher Erkrankungs- und Beeinträchtigungsgeschehen zu untersuchen. Es wird der Frage nachgegangen, welcher Zusammenhang zwischen verschiedenen Einflussfaktoren (wie Multimorbidität, Pflegebedarf, Alter, Geschlecht, Sozialstatus etc.) und der Schmerzprävalenz sowie -inzidenz besteht. Methoden: Quantitative Daten einer Zufallsstichprobe von Heimbewohnern im Raum Berlin und Brandenburg wurden durch mündliche Befragung, ein körperliches und psychologisches Assessments sowie Analyse der Pflegedokumentation generiert. Neben der Erfassung aller bestehenden Diagnosen wurde diese mittels der CIRS-G einer Bewertung unterzogen. Ergebnisse: Als Ergebnis der Studie wird eine umfassende Charakterisierung des Schmerzgeschehens bei Pflegeheimbewohnern erwartet. Darüber hinaus sollen spezifische Diagnose oder Diagnosegruppen identifiziert werden, welche mit Schmerzen assoziiert sind. So lässt sich das Risiko vorhersagen bei bestehender Multimorbidität oder bestimmten Erkrankungen an Schmerzen zu leiden. 09:45 – 10:00 S10-06 Schlafstörungen und charakteristische Morbiditätsmuster in einer Pflegeheimpopulation V. Garms-Homolová, N. Lahmann, K. Theiss, G. Roehnsch, U. Flick; Berlin Fragestellung: Schlafstörungen sind in der Regel mit anderen Erkrankungen assoziiert. Vergleichsweise selten finden sich jedoch Studien, die sie nicht nur in der Verbindung zu einzelnen Diagnosen darstellen, sondern untersuchen würden, welche Auswirkungen die Schlafstörungen im Zusammenspiel verschiedener Erkrankungen spielen, also im Kontext von „Multimorbidität“. Ziel dieser Präsentation ist die Darstellung typischer Muster von Morbiditäten, die bei Pflegeheimbewohnern mit Schlafstörungen identifiziert wurden, und deren Assoziation mit zu funktionalen Beeinträchtigungen. Methoden: Querschnittsdaten zweiter Samples von Berliner Pflegeheimbewohnern aus den Jahren 2006 und 2007 (n06=2577, 39 Heime), die mit
MDS des Resident Assessment Instrument 2.0 (Morris, et al., 1995; deutsche Version Garms-Homolová, & Gilgen, 2000) erhoben wurden. Ergebnisse: Die untersuchten Personen, deren Durchschnittsalter 79.99 Jahre war (SD =13.801), hatten im Schnitt 4.84 (SD=2.90) Erkrankungen. 51.1% litten an irgendeiner Form der Schlafstörung, 5,4% waren nur ein Drittel des Tages wach. Probleme mit Ein-/Durchschlafen hatten 37,3% der Bewohner, 5.4% litten darunter jede Nacht. Bei 29,6% wurde das Symptomkomplex „nicht erholsamer Schlaf, Morgenmüdigkeit“ identifiziert. Es deutet sich an, dass die letztgenannte Symptomatik mit Multimorbiditätsmuster assoziiert ist, die durch Herzerkrankungen, Osteoporose, Katarakt und einige weitere dominiert sind, während die Probleme beim Ein-/Durchschlafen eher im Kontext “typisch geriatrischer Morbiditätsprofile” mit Demenz, funktionalen Einbusen, Stürzen, Untergewicht, vorkommen. Interpretation: Personen mit nicht-erholsamem Schlaf verzeichnen vor allem Verluste bei sozialen Funktionen, während Personen mit Insomnie körperliche Funktionseinbußen aufweisen.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 6 08:30 – 10:00 S11 Symposium der Sektion II Die Lebensqualität geriatrischer Patienten in der Zeit nach dem Krankenhaus – Entlassungsvorbereitung und Patientenüberleitung Moderation: R. Neubart, Berlin; B. Vosseler, Berlin
08:30 – 08:45 S11-01 Geriatrie als patientenzentriertes Zukunfskonzept R. Neubart, Berlin Die Geriatrie stellt ein wesentliches Zukunftskonzept der zukünftigen Gesundheitsversorgung dar. Um den damit verbunden Herausforderungen gerecht werden zu können, brauchen wir einen möglichst deutschlandweit vereinheitlichtes Konzept, in dem die Qualifizierung, die Strukturstandards und Versorgungsprozesse der älteren Generation optimiert werden. 08:45 – 09:00 S11-02 Transfer von Selbständigkeitskonzepten aus der Klinik in den ambulanten Bereich R.-R. Pilgrim, Berlin Von zentraler Bedeutung für die Nachhaltigkeit des geriatrischen Behandlungserfolges ist die Entwicklung eines Gesundheitsmanagementes, das unter ambulanten Bedingungen Bestand hat. Vorgestellt wird ein zusätzlich zum konventionellen Überleitungsmanagement etabliertes poststationäres Case-Management-Projekt für vulnerable Patienten. Besonderheit hierbei ist ein zu gleichen Teilen im Klinikum und beim Pflegestützpunkt angestellter, in beide Teams eingebundener Sozialarbeiter. 09:00 – 09:15 S11-03 Wohnraumanpassung im nachhaltigen Gesundheitsmanagement S. Tyll, Krefeld Die Wohnangebote für das Alter werden bunter und vielfältiger, denn momentan leben 93 Prozent der älteren Menschen in ihrer Wohnung. Meist entspricht dies auch ihrem Wunsch. Wohnberatung und Wohnungsanpassung sind wesentliche Hilfen, um die Wohnungen entsprechend den Bedürfnissen der älteren Menschen umzugestalten. Diese Anpassung kann präventiv oder reaktiv erfolgen. So können die Selbstständigkeit unterstützt und Unfälle, insbesondere Stürze, verhindert und damit die oft folgende Pflegebedürftigkeit vermieden werden.
09:15 – 09:30 S11-04 Visionen, Lebenswelten und Lebensqualität älterer kranker Menschen B. Vosseler, Weingarten
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 1 08:30 – 10:00 S12 Symposium der Sektion I Elektrophysiologie kognitiver Veränderungen im Alter Moderation: M. Falkenstein, Dortmund
Das Symposium gibt einen repräsentativen Überblick über die elektrophysiologisch orientierte kognitive Alternsforschung in Deutschland und zeigt verschiedene Möglichkeiten der Elektroenzephalographie (EEG) und der aus dem EEG abgeleiteten ereigniskorrelierten Potenziale (EKP) zur Untersuchung kognitiver Veränderungen im normalen Alter auf. Dorothea Hämmerer vom MPI für Bildungsforschung Berlin berichtet über Veränderungen der Konfliktverarbeitung über die Lebensspanne und ihre Widerspiegelung im EKP. Bruno Kopp von der TU und vom Klinikum Braunschweig stellt eine Altersstudie elektrophysiologischer Korrelate in exekutiver Funktionen vor. Nele Wild-Wall und Melanie Hahn vom Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) berichten über eine elektrophysiologische Studie zur Doppeltätigkeit im Alter. Patrick Gajewski und Claudia Wipking vom IfADo berichten über die Wirkung verschiedener Interventionen auf verhaltens- und hirnelektrische Korrelate fluider kognitiver Funktionen bei Senioren. Sergej Schapkin und Gabriele Freude von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) stellen eine Studie zur Wirkung von Feedback auf die Arbeitsgedächtnis-Leistung vor, wobei neben ereigniskorrelierten Potenzialen kardiovaskuläre Parameter erfasst werden 08:30 – 08:45 S12-01 Der Umgang mit Antwortkonflikten über die Lebensspanne im Spiegel ereigniskorrelierter Potentiale D. Hämmerer, S.-C. Li, V. Müller, U. Lindenberger; Berlin Fragestellung: Im Vergleich zu jungen Erwachsenen fällt es Kindern und älteren Erwachsenen besonders schwer, Antwortkonflikte während der Handlungsausführung zu überwinden. So begehen Kinder bei Antwortkonflikten mehr Fehler, während ältere Erwachsene verlangsamt antworten. Methoden: Um diese altersspezifischen Muster genauer zu identifizieren und besser zu verstehen, haben wir bei 45 Kindern, 44 Jugendlichen, 46 jungen Erwachsenen und 47 älteren Erwachsenen ereigniskorrelierte Potentiale (EKPs) als neuronale Korrelate handlungsbegleitender Kontrollmechanismen abgeleitet. Ergebnisse: EKPs, die sich auf die Vorbereitung und Reaktion auf Antwortkonflikte beziehen, waren bei Kindern schwächer als bei Erwachsenen und könnten Korrelate für deren erhöhte Nogo-Fehlerrate darstellen. Hingegen war bei älteren Erwachsenen die Verarbeitung von Antwortkonflikten vermutlich aufgrund schwächerer Antworttendenzen beeinträchtigt. EKP indices der Aufmerksamkeitsablenkung standen hier im Zusammenhang mit schwächeren Handlungsüberwachungssignalen vor und während Antwortkonflikten. Interpretation: Ein schwächerer Aufmerksamkeitsfokus in der Überwachung von Antwortkonflikten bei älteren Erwachsenen könnte also mit einem langsameren Aufbau von Antworttendenzen einhergehen, was die Tendenz zu verlangsamten Antworten erklären würde (vgl. Yeung et al. 2006). Wir diskutieren die Entwicklung handlungsbegleitender Kontrollprozesse über die Lebensspanne vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts 08:45 – 09:00 S12-02 Doppeltätigkeit und Alter: eine elektrophysiologische Studie. N. Wild-Wall, M. Hahn; Dortmund Fragestellung: Mit zunehmendem Alter zeigen sich Leistungseinbußen bei senso-motorischen Doppelaufgaben. Um zu untersuchen, welche beteiligten kognitiven Prozesse die größte alterskorrelierte Interferenz zeigen, führten junge und ältere Probanden eine fahrähnliche Trackingaufgabe und gleichzeitig eine visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe mit Hinweisreizen durch. Methoden: Das Verhalten und elektrophysiologische Daten wurden gemessen. Ergebnisse: Die Trackingleistung der Älteren war generell reduziert. Der relativierte Trackingfehler war für Ältere vs. Jüngere besonders groß, wenn zum Tracking eine zusätzliche motorische Reaktion in der Aufmerksamkeitsaufgabe ausgeführt werden sollte. Keine Hinweise ergaben sich für eine höhere alterskorrelierte visuelle Interferenz. In der Aufmerksamkeitsaufgabe war die Reaktionszeit der älteren vs. jungen Probanden höher, ebenfalls leicht erhöht war die Fehlerrate. Allerdings zeigten die Älteren eine größere Verbesserung ihrer Leistung über die Zeit. Interpretation: Die elektrophysiologischen Daten legen nahe, dass sich Ältere in der Aufmerksamkeitsaufgabe nach Hinweisreizen stärker vorbereiten, aber relevante von irrelevanten Zielreizen weniger gut unterscheiden können. Zusammenfassend zeigten sich alterskorrelierte Probleme besonderes bei der gleichzeitigen Koordination von zwei motorischen Anforderungen in der Doppelaufgabe. Älteren war es möglich, sich in einigen Aspekten der Doppelaufgabe durch zunehmende Übung zu verbessern. Die Ergebnisse haben praktische Relevanz für die Fahrzeugführung, das Design von Fahrerassistenzsystemen und damit für die Aufrechterhaltung der Mobilität im Alter. 09:00 – 09:15 S12-03 Eine Altersstudie elektrophysiologischer Korrelate exekutiver Funktionen B. Kopp, J. Howe, K. Wesse; Braunschweig Fragestellung: Wir berichten über eine Hirnalterungsstudie auf der Basis der quantitativen Analyse von EEG-Biosignalen. Methoden: An dieser Studie nahmen insgesamt 40 Probanden in zwei Altersgruppen teil (Durchschnittsalter: 22 bzw. 70 Jahre). Die EEG-Ableitung erfolgte während zwei kognitive Flexibilitätsaufgaben bearbeitet wurde. Ergebnisse: Dabei zeigten sich die älteren Teilnehmer gegenüber den jüngeren Teilnehmern hinsichtlich der Reaktionsschnelligkeit verlangsamt, während sich die Altersgruppen bezüglich der Fehlerraten nicht unterschieden. Die Analyse der EEG-Oszillationen stützte sich auf Morlet-Wavelets in den Theta-, Alpha- und Beta-Frequenzbändern. Hinsichtlich der EEGOszillationen wiesen jüngere Teilnehmer eine stärkere Alpha-Desyn chronisation an occipito-parietalen Elektroden im Zeitfenster der Darbietung der Stimuli auf, während ältere Teilnehmer eine stärkere BetaDesynchronisation an präzentralen Elektroden im Zeitbereich der Reaktionsauswahl aufwiesen. Interpretation: Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund thalamokortikaler Mechanismen der Genese von EEG-Rhythmen diskutiert. 09:15 – 09:30 S12-04 Trainingsinduzierte Reduktion der Interferenzanfälligkeit in einer Stroop-Aufgabe bei Älteren: Eine elektrophysiologische Studie P. Gajewski, C. Wipking; Dortmund Fragestellung: Das Altern ist mit kognitiven Funktionseinbußen verbunden. Neben dem Arbeitsgedächtnis sind vor allem die so genannten Kontrollfunktionen wie der Wechsel zwischen Aufgaben und die Inhibition irrelevanter Information und spontaner (Re-)Aktion betroffen.
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Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob die Kontrollfunktionen – im Speziellen die Aufmerksamkeitskontrolle – durch gezieltes körperliches oder kognitives Training verbessert werden können. Methoden: An der Studie nahmen 142 Personen im Alter über 65 Jahren teil, welche zufällig auf die drei Trainingsgruppen (Sport, Gehirnjogging, Entspannung) und die Kontrollgruppe verteilt wurden. Die Trainingsgruppen trainierten 4 Monate lang 2 x pro Woche 90 Minuten. Um die Trainingseffekte zu untersuchen, wurde eine modifizierte Form der Stroop-Aufgabe mit zufälligem Wechsel der relevanten Dimension (Farbe/Wort) verwendet. Die Teilnehmer mussten per Tastendruck die korrekte Farbe oder Wortbedeutung eines farbig geschriebenen Wortes (rot, grün, gelb, blau) angeben. In der Hälfte der Durchgänge stimmten Farbe und Wort überein, in der anderen Hälfte nicht. Neben den Reaktionszeiten und Fehlerraten wurde das EEG mit 32 Elektroden aufgezeichnet. Ergebnisse: Die Gruppe der Gehirnjogger machte nach dem Training signifikant weniger Fehler als die Kontrollgruppe. Die mittleren Reaktionszeiten unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen und Messzeitpunkten. Betrachtet wurde außerdem das ereigniskorrelierte Potential (Peak-Amplitude) im Bereich 250 – 600 ms nach Reizpräsentation. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigte die Gruppe der Gehirnjogger nach dem Training eine signifikant stärkere zentrale Negativierung. Interpretation: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Gruppe der Gehirnjogger nach dem Training mehr kognitive Ressourcen mobilisieren kann. Kognitives Training kann also helfen, die Anfälligkeit gegen Störeinflüsse zu verringern. 09:30 – 09:45 S12-05 Performance feedback reduces working memory load: age differences in brain processes and cardiovascular activity S. Schapkin, G. Freude, M. Falkenstein1; Berlin, 1Dortmund Objective: Older adults are known to be impaired in working memory (WM). The P3 component of the event-related-potential (ERP) may reflect matching of an upcoming stimulus with WM content while the following P4 may reflect an additional response check. Performance feedback (FB) is assumed to enable chunking WM content and reduce “cardiovascular costs” in terms of enhanced vagal and/or reduced sympathetic tone. Method: Fifty-one younger (29±3 years) and 46 older (55±3 years) adults had to perform visual 0-back and 2-back tasks and learned to chunk WM content by feedback. Results: Older adults responded more slowly and less accurately than younger ones in the 2-back task only. P3 and P4 were overlapped in older people. The presence of feedback abolished age differences in omission errors but not in reaction times and false alarms. Feedback elicited increased N2 suggesting increased performance monitoring, while increased P3 in younger was found that was not overlapped with P4. The baroreflex sensitivity (BRS) decreased with WM load and recovered in the FB condition in younger adults only. The systolic blood pressure (SBP) increased with WM load in older adults only. Conclusion: WM load provokes an age-related performance decline due to overlap between matching process and the response check. Feedback improves performance in older people due to enhanced performance monitoring and increased “cardiovascular costs”. Younger adults can better utilise feedback for chunking WM content, spare an additional response check and thereby reduce their “cardiovascular costs”. The ERP is a useful tool to examine neuronal processes underlying cognitive performance, while SBP and BRS provide information on “cardiovascular costs” of compensatory effort to prevent age-related performance decline.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 2 08:30 – 10:00 S13 Symposium der Sektion III Etablierung eines Mentoring-Programms in der DGGG: Voraussetzungen, Beziehungskonstellationen und Umsetzung Moderation: M. Schmitt, Westhofen
Mentoring hat sich als wichtiges Instrument in der Personalentwicklung und Nachwuchsförderung etabliert. Ziel des Symposiums ist es, junge Akteure aus der Gerontologie über die Möglichkeiten des Mentoring zu informieren, die Etablierung eines Mentoring-Programmes im Rahmen der DGGG zu diskutieren und weitere Schritte festzulegen. Dazu werden individuelle Voraussetzungen für die Teilnahme an einem MentoringProgramm und mögliche Alternativen aufgezeigt. Weiterhin wird auf die Bedeutung struktureller Voraussetzungen und Rahmenbedingungen hingewiesen. Da im Vordergrund eines Mentoring-Programms die Beziehung zwischen Mentee und Mentor/in steht, wird weiterhin auf Bedingungen, Methoden, Inhalte und Themen eingegangen. Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit wichtigen Aspekten der Umsetzung und beschreibt Beispiele guter Praxis. 08:30 – 09:00 S13-01 Strukturelle Voraussetzungen des Mentoring: Mentoring-Konzept, Ressourcen und Öffentlichkeitsarbeit A. Franke, M. Schmitt1; Dortmund, 1Speyer Fragestellung: Mentoring als Instrument der Personalentwicklung und Nachwuchsförderung erweist sich nachgewiesenermaßen nur dann als erfolgreich, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind. Ziel des Beitrags ist es deshalb, diese Kriterien genauer zu beleuchten. Methoden: Dazu gehört zunächst die Durchführung einer Bestandsaufnahme hinsichtlich der Strukturen, in denen das Mentoring stattfinden soll, die Einigung auf das Ziel eines Mentorings innerhalb der DGGG, die Festlegung auf Zielgruppe und Laufzeit des Mentoring-Programmes sowie die Klärung von Fragen zur Programmevaluation. In einem weiteren Schritt müssen bei der Gestaltung des Mentoring-Programmes die zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen geklärt. Zum Gelingen tragen hierbei ein angemessenes Budget und qualifizierte Personen bei, die über ein angemessenes Zeitbudget verfügen, das sie in die das Programm investieren können. Ein dritter Schritt bezieht sich auf die Information und Öffentlichkeit. Hier gelten die Internetpräsenz, das Kontaktmanagement sowie die begleitende Öffentlichkeitsarbeit als wichtige Bausteine zum Erfolg eines Mentoring-Programms. Interpretation: Im Rahmen der Diskussion soll die Umsetzung dieser strukturellen Voraussetzung im Rahmen eines Mentoring-Programmes der DGGG beleuchtet werden. 09:00 – 09:30 S13-02 Individuelle Voraussetzungen für Mentoring: Praktische Schritte und Alternativen E. Ahlsdorf, Heidelberg Fragestellung: Die Teilnahme an einem Mentoring-Programm bzw. die freie Suche nach einem möglichen Mentor/einer möglichen Mentorin erfordert ein hohes Maß an Selbststeuerung und eine gute Kenntnis eigener Stärken und Schwächen. Ziel des Beitrag ist es deshalb, an Mentoring interessierte Nachwuchswissenschaftler/innen zu informieren, wie sie vor der eigentlichen Mentorensuche eigene Ziele klären und ihr persönliches Profil zielgerichtet darstellen können. Zudem wird die Frage geklärt, unter welchen Bedingungen Mentoring sinnvoll ist und welche alternatien Fördermöglichkeiten bestehen. Methoden: Der Vortrag soll den Teilnehmer und Teilnehmerinnen konkrete praktische Hinweise geben, wie sie im Vorfeld der Mentorensuche
eigene Voraussetzungen und Ziele klären können. Zur Sprache kommen dabei zum Einen Methoden der Stärken- und Schwächenanalyse, der Ermittlung persönlicher Lern- und Arbeitsstile und der Erstellung eines wissenschaftlichen Profils. Zum Anderen sollen Förderungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, die durch ihre stärkere Strukturierung für Personen geeignet sind, die über geringere Fähigkeiten selbstgesteuerten Lernens und Arbeitens verfügen oder die besonders von einer Vernetzung mit Wissenschaftlern auf der gleichen Hierarchieebene profitieren. Dies soll am Beispiel von Graduiertenkollegs und anderen Stipendienprogrammen geschehen. Interpretation: Insgesamt soll der Beitrag interessierten Nachwuchswissenschaftler/innen Basisfertigkeiten vermitteln, die sie für die Bewerbung um Mentoren- oder andere Förderprogramme benötigen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Erstellung eines persönlichen Profils. 09:30 – 10:00 S13-03 Umsetzung des Mentoring – Erfahrungen aus der Praxis M. Wulf, Bremen Fragestellung: Mentoring ist eine Personalentwicklungsstrategie, die sich inzwischen in allen gesellschaftlichen Bereichen in Deutschland durchgesetzt hat. In vielen Wirtschaftsunternehmen gehört die Entwicklung von Nachwuchskräften durch Mentoring zum Standard der Personalentwicklung. Auch in Verwaltung und Politik sowie in der Wissenschaft wird Mentoring zur Nachwuchsentwicklung eingesetzt. Mentoring ist eine flexibel gestaltbare und für verschiedene Zielgruppen einsetzbare Personalentwicklungsstrategie zur persönlichen und beruflichen Entwicklung und zur Karriereförderung. Methoden: Mentoring basiert auf einer individuellen Zweierbeziehung: Eine ältere, erfahrene Person (Mentor oder Mentorin) unterstützt die berufliche Entwicklung und Karriere einer jüngeren, weniger erfahrenen Person, der Mentee. Mentoring ist eine Methode zum Wissenstransfer: Ein/e Mentor/in gibt Erfahrungswissen an die/den Mentee weiter. Dieses Wissen ist nirgends niedergeschrieben, nicht nachlesbar und kann deshalb nur im persönlichen Dialog weitergegeben werden. Mentor/in ist im besten Sinne eine beratende Person, zu deren Schlüsselfunktionen u. a. Coaching, Ratgeben, Unterstützung beim Aufbau von Kontakten, Helfen bei Zugangg zu bestimmten Kreisen und Netzwerkarbeit gehört. Interpretation: Im Vortrag wird Mentoring als Methode zur Personalentwicklung vorgestellt. Es werden die Potenziale, die Mentoring zur Entwicklung der Persönlichkeit bietet, aufgezeigt und die Prinzipien von Mentoring erläutert. Außerdem wird über Erfahrungen aus der Praxis berichtet, die die Referentin auf ihrer langjährigen Leitung und Begleitung von Mentoring-Programmen in Wirtschaftsunternehmen gewonnen hat.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 3 08:30 – 10:00 S14 Symposium der Sektion II Technology-based Therapy for Stroke Rehabilitation Moderation: M. Gövercin, Berlin; R. Wirth, Borken
Stroke becomes much more common with advancing age and has a greater disability impact than any other condition and limits the independency and quality of life of older people and their families. Rehabilitation is an essential component in the retrieval of lost functions. Unfortunately after discharge there is a lack of availability for further treatment of stroke patients, leading to high levels of patient dissatisfaction. In this symposium we discuss new technically supported rehabilitation strategies for stroke patients. The five lectures of the symposium represent state-of-the-art research of European institutes.
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Abstracts In the first lecture a new approach for gait retraining post-stroke in which existing and novel robotic technologies can be improved if combined with non-invasive BNCI (Brain/Neuronal Computer Interaction) will be presented and in the second lecture the development of a combination of motor neuroprosthetic and neurorobotic devices to promote motor control re-learning will be discussed. Furthermore modern rehabilitation robots offer painless and very efficient therapeutic exercises. It will be shown that soft robots can also combine these features in a safe, human friendly and very cost effective way. Also virtual rehabilitation (VR) and telerehabilitation (TR) represent hopeful therapeutic approaches for the recovery of upper limb dysfunction. In this session the usability and effectiveness of VR and TR for the elderly will be discussed. Results of a review by two independent geriatricians are shown. In the final lecture a novel neuroprosthetic device, or silicon cerebellum, that is developed with the objective to replace discrete functions of the central nervous system and a novel approach towards cognitive neurorehabilitation will be presented. The aim of the symposium is to promote Gerontechnology to improve the independent living conditions of stroke patients and their caregivers. Technology will be a huge part of future geriatric provision. 08:30 – 08:45 S14-01 A novel Top-Down approach to improve robotic assisted training in stroke J. Moreno, J. L. Pons; Madrid/E Objective: BETTER is a European project that develops a new approach for gait retraining post-stroke in which existing and novel robotic technologies can be improved if combined with non-invasive BNCI (Brain/ Neuronal Computer Interaction). BETTER proposes a multimodal BNCI system that interacts with gait exoskeletons (ambulatory and nonambulatory), implementing new control and monitoring functions. The ultimate goal is to promote the active participation of patients and to improve the functional outcome. Method: Most promising interventions to restore walking function are based on robotic systems that intend to restore function by focusing on actions at periphery of the body (a Bottom-Up approach). By imposing gait-like movements, such robotic devices are thought to provide many of the afferent cues critical to retraining locomotion. There is no consensus in relation to the functional benefits of these approaches. We propose a novel Top-Down approach: The robot exerts physical stimulation -at the periphery- as a function of targeted neural activation patterns (related to user involvement). This intervention is expected to result in reorganizations in the cortex. Such Top-Down therapeutic treatment would aim to encourage plasticity of the affected brain structures to improve motor function. Results: The project explores the Top-Down approach developing research in order to: 1) develop a BNCI that combines signals from central and peripheral nervous systems with biomechanical data; 2) provide means to assess patient’s compliance through the BNCI; 3) determine if training the activation of signals that control lower limb tasks in combination with robotics devices is beneficial for restoring lower limb function; 4) provide means for objective evaluation of the physical rehabilitation therapy and its usability and acceptability; 5) explore the representations in the cortex, characterize the user involvement and modify the intervention at the periphery with the robots. 08:45 – 09:00 S14-02 Combining neuroprosthetic and neurorobotic devices to promote motor control re-learning J. L. Pons, J. Moreno; Madrid/E Objective: The HYPER Project intends to represent a breakthrough in the research of neurorobotic (NR) and motor neuroprosthetic (MNP) devices in close cooperation with the human body, both for rehabilitation and functional compensation of motor disorders in activities of daily
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living. The project will focus its activities on new wearable NR-MNP systems that will combine biological and artificial structures in order to overcome the major limitations of current rehabilitation solutions for the particular case of Cerebrovascular Accident (CVA), Cerebral Palsy (CP) and Spinal Cord Injury (SCI). The main objectives of the HYPER approach are to restore motor function in SCI patients through functional compensation and to promote motor control re-learning in patients suffering from CVA and CP by means of an integrated use of neurorobotics and neuroprosthetics. With this aim, hybrid NR-MNP systems for rehabilitation and functional compensation of motor disorders, under the assist-as-needed paradigm are developed. In the HYPER view, we assume that the improvement of physical rehabilitation therapies depends on achieving a more interrelated and transparent communication between the human system and the machines, and therefore, different levels of human neural activity are explored. The proposed systems include structures to deal with variability in the human neuromuscular structures, with dynamical adaptations according to the latent motor capabilities of the users. Method: Potential rehabilitation solutions for stroke and cerebral palsy patients and to functional compensation solutions for spinal cord injury patients are presented under the hybrid scheme. A multimodal BMI is developed, which main goal is to explore different levels of neural activity, characterize the required support and the user involvement, and modify the intervention at the periphery with hybrid NR-NP systems. 09:00 – 09:15 S14-03 Soft Robotics in Neuro Rehabilitation R. Naderer, P. Ferrara, B. Graimann1; Linz/A, 1Duderstadt Objective: Robot-assisted therapy devices are most vital to support the therapist’s individual treatment efficiently in order to help a wide range of patients to regain as much independence in their daily living as possible. Conventional robots have rigid structures and the joints are inelastic and driven by heavy and powerful actuators along specific trajectories. These robots are difficult to apply in unstructured and cluttered environments and are limited in their ability to interact with humans. Soft robots, on the other hand, are flexible and compliant and are therefore in their nature particularly suitable as assistive device in rehabilitation Method: Modern rehabilitation robots are equipped with Force/Torque Sensors in order to make the robot feel. They offer gravity compensation enabling patients to move their limbs weightlessly. They can also adapt to the patients and assist the patients in carrying out correct therapeutic movements. By providing active and passive movement support and any gradual variation in between while automatically accounting for muscle stiffness, modern rehabilitation robots offer painless and very efficient therapeutic exercises. Moreover such robots can provide any type of individual motion patterns according to the patients’ needs and carry them out in an accurate and reproducible way. But there are a lot of open questions and the need for further investigations to apply the whole bandwidth of different exercises and a high availability for daily usage. By combining all these aforementioned features, modern rehabilitation robots support both the therapists and the patient in carrying out personalized and optimized high intensity training. Soft robots can also combine these features in a safe, human friendly and very cost effective way. 09:15 – 09:30 S14-04 Virtual Rehabilitation for the recovery of upper limb dysfunction after stroke M. Gövercin, M. Haesner; Berlin Objective: Stroke is the third leading cause of death and is also a cause of serious long-term disability for its survivors. Over 80% of stroke patients suffer from unilateral sensor motor deficits (hemiparesis). Stroke patients have not reached their full potential when they are discharged from acute hospital (Malouin/ Richards 2005). Especially arm-hand function recovery lags behind, leading to disablement and poor quality of life (Nichols-Larsen et al. 2005).
Method: Virtual rehabilitation (VR) and telerehabilitation (TR) represent hopefull therapeutic approaches for the recovery of upper limb dysfunction. Here we discuss the usability and effectiveness of VR and TR for the elderly. We conducted a literature search via PubMed. Inclusion and exclusion criteria were defined as well as criteria for methodological quality. All publications, including current and past literature reviews, were reviewed and discussed by two independent geriatricians. Results: Forty-one out of 116 publications were selected for further review based on the inclusion and exclusion criteria. Twenty-seven of the publishedPapers showed positive results for VR or TR in outcome measurements. One experiment did not lead to a specific outcome, 2 were diagnostic approaches, and only 1 of the pilot trials did not show any benefit for VR or TR. The data demonstrate that VR and TR approaches are feasible for the rehabilitation of disabilities of the upper limb. Elderly people could profit from VR and TR approaches. Immersive VR approaches were shown to be effective in comparison with no treatment or therapy being provided while non-immersive VR was not shown to be effective. Evidence from non-controlled trials showed that non-immersive VR may be effective in comparison to standard care. 09:30 – 09:45 S14-05 Healing the brain by becoming a cyborg P. Verschure, Barcelona/E Objective: The biggest scientific challenge humans face is to understand the mind and brain. This quest is also of great practical relevance. Already the 1 mm^3 brain of the bee shows feats of navigation, learning and communication that is beyond the current state of the art in robotics. Method: In our work we take the view, derived from the 17th century philosopher Vico, that we should validate our theories of the mind/brain in practical construction. Hence, from this perspective we should be able to construct artificial mind/brain systems and repair existing – biological – ones or, in other words, build a cyborg. In order to construct a cyborg such as Gost in the Shell’s Motoko Kusanagi or Robocop, we will need at least three core ingredients: 1) hybrid electronic-biological interface systems, 2) methods to define and shape the functional properties of neuronal systems and 3) a theory on how the components of the system should be integrated into one consistent architecture. In this talk a novel neuroprosthetic device, or silicon cerebellum, that is developed with the objective to replace discrete functions of the central nervous system and a novel approach towards cognitive neurorehabilitation, or the Rehabilitation Gaming Station, that shows how we can induce functional reorganization of the central nervous system through multi-modal interactive stimulation will be discussed. The RGS has shown to be more effective in the treatment of acute and cronic stroke patients than other approaches.
Donnerstag, 16. September 2010 – Foyer des Obergeschoss Postersession der Sektion III
08:30 – 12:00 ���� P023 Die Darstellung älterer Menschen in der Fernsehwerbung in Japan: Eine inhaltanalytische Untersuchung im Zehnjahresvergleich 19972007 F. Kohlbacher; M. Prieler 1; S. Hagiwara 2; A. Arima 3 7-1 Kioicho, Jochi Kioizaka Bldg. 2F, Deutsches Institut für Japanstudien (DIJ) Tokyo, Tokyo/J; 1 Hallym University, South Korea, Chuncheon/ROK; 2 Institute for Media and Communications Research, Keio University, 3 Tokyo Woman’s Christian University, Japan, Tokyo/J; Fragestellung: Zahlreiche Forschungen zeigen die Langzeiteffekte von Medien und deren Beeinflussung der Selbstwahrnehmung älterer Men-
schen als auch auf das Bild jüngerer Menschen von den Älteren. Inhaltsanalytische Studien haben sich weltweit mit der Darstellung älterer Menschen in der Fernseh- und Printwerbung beschäftig. Japan, das vom demographischen Wandel am stärksten betroffene Land, blieb dabei erstaunlicherweise außen vor. Unser Beitrag möchte diese Forschungslücke schließen. Methoden: Unsere Inhaltsanalyse basiert auf einem systematischen Sample von 2.972 japanischen Fernsehwerbungen aus den Jahren 1997 und 2007. Das Codieren der Werbungen wurde von zwei Codierern unabhängig voneinander unternommen, folgte den üblichen Regeln der quantitativen Inhaltsanalyse und führte für alle in diesem Beitrag verwendeten Codes zu einem ausreichenden Reliabilitätskoeffizienten von über 0,9. Ergebnisse: – eine Unterrepräsentierung älterer Menschen in der japanischen Fernsehwerbung (1997: 16.8% Werbung vs. 34.0% Bevölkerung; 2007: 25.1% vs. 41.9%) – eine noch stärker ausgeprägte Unterrepräsentierung von älteren Frauen (1997: 10.4% vs. 36.2%; 2007: 13.2% vs. 44.5%) – einen Anstieg des Auftretens älterer Menschen zwischen 1997 und 2007 (um 49.4%) – ein häufiges Auftreten älterer Menschen in Hauptrollen (1997: 65.4%, 2007: 65.4%) und vermehrt alleine (1997: 23.7% – 2007: 40.8%) Interpretation: Die Übereinstimmung unserer Ergebnisse mit den Forschungen aus anderen Ländern lässt auf einen globalen Trend schließen. Die Unterrepräsentierung älterer Menschen in einer Gesellschaft, die als eine gilt, in der traditionell das Alter geachtet wird, überrascht zunächst. Allerdings ist der Respekt vor dem Alter in Japan umstritten und Studien haben negative Vorurteile gegenüber älteren Menschen nachgewiesen. Der Anstieg älterer Menschen und deren vermehrtes Auftreten alleine lassen auf eine zunehmende Bedeutung älterer Menschen zumindest in der Werbung schließen. Dieses Phänomen scheint vor allem mit der wachsenden Relevanz dieses Marktsegments zusammenzuhängen. Ein anderer Grund für die Unterrepräsentierung von älteren Menschen könnte in deren junger Altersidentität liegen, auf die die Werbeindustrie mit jüngeren Darstellern reagiert. Insgesamt wäre allerdings ein stärkeres Abwägen zwischen privatwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen nicht zuletzt im Sinne einer unternehmerischen Sozialverantwortung wünschenswert. 08:30 – 12:00 ���� P025 Antidepressive Wirkung neuropsychologisch-verhaltenstherapeu tischer Einzelpsychotherapie bei leichtgradiger Alzheimerkrankheit S. Baron; S. Wolf; K. Werheid Lehrstuhl Klinische Gerontopsychologie, Institut für Psychologie, Humboldt-Universität Berlin, Berlin; Fragestellung: Depressionen kommen bei etwa einem Drittel der Patienten mit leichtgradiger Alzheimerkrankheit vor und beeinträchtigen Lebensqualität und Alltagsbewältigung von Betroffenen und Angehörigen. Es ist nachgewiesen, dass die Behandlung der Depression auch das Fortschreiten der Erkrankung verzögert. Im Rahmen der „KORDIALStudie“ wurde die Wirksamkeit eines neuropsychologisch begründeten Verhaltenstherapieprogramms zur Behandlung der frühen Alzheimerkrankheit im Vergleich zur Standardbehandlung evaluiert. Es wurde speziell die Frage untersucht, ob die Behandlung mit dem KORDIALProgramm depressive Symptome der Patienten reduziert und ob sich spezifische Prädiktoren für diesen Effekt finden lassen. Methoden: Untersucht wurden 201 Patienten mit leichtgradiger Alzheimerdemenz (MMSE>21) in einem randomisierten Parallelgruppendesign. Die Therapiegruppe (TG:n=99) nahm an 12 Sitzungen Einzeltherapie unter Einbezug der Angehörigen teil. Die Datenerhebung (Geriatric Depression Scale (GDS); Aachener-Funktions-Item-Bank (AFIB); Dementia Quality of Life (DEMQOL); kognitive Maße: z.B. Regensburger Wortflüssigkeitstest (RWT)) fand vor Beginnund nach Abschluss der 3-monatigen Intervention statt. Ergebnisse: Der GDS-Wert war in der TG zum Interventionsende signifikant geringer im Vergleich zur KG. Es fand sich ein signifikanter negaZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts tiver Zusammenhang zwischen GDS-Score nach Abschluss der Intervention und AFIB sowie DEMQOL zu allen Messzeitpunkten. Für den RWT ließen sich hingegen keine signifikanten Korrelationen finden. Interpretation: Patienten der TG waren nach Abschluss der Intervention weniger depressiv als Kontrollpatienten. Je weniger Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit im Alltag und je mehr Lebensqualität zu allen Messzeitpunkten, desto geringer waren depressive Symptome zum Abschluss der Intervention ausgeprägt. Nicht das Ausmaß kognitiver Beeinträchtigungen scheint Depressivität zum Interventionsende vorherzusagen, sondern die dadurch bedingten und wahrgenommenen Einschränkungen im Alltagsleben der Patienten. 08:30 – 12:00 ���� P026 Der biographische Bedeutungswandel freier Zeit J. Block Graduate School for Human Behaviour in Social and Economic Change, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena; Fragestellung: Die soziologische Alternsforschung ist heute besonders am Ruhestand als historisch neue Lebensphase interessiert. Der institutionalisierte Renteneintritt ist trotz der Auflösung von Normalarbeitsverhältnissen aus subjektiver Sicht nach wie vor eine erwartete Größe im Lebenslauf. Angesichts des Wertewandels hin zu einer größeren Bedeutung des Freizeitbereiches für die Selbsterfüllung geht es im vorliegenden Projekt um die Frage, welche Bedeutung der Ruhestand als „Freizeitphase“ für subjektive Lebensentwürfe hat. Ziel ist es herauszufinden, welche Erfahrungen Ruheständler mit der institutionalisierten chronologischen Trennung von Arbeit und freier Zeit im Lebensverlauf machen. Gibt es Diskrepanzen zwischen individuellen Lebensvorstellungen und der chronologischen Trennung dieser beiden Lebensbereiche? Welche Hoffnungen auf den Ruhestand als Belohnung für die Mühen des Arbeitslebens bestätigen sich, welche müssen aufgrund welcher Entwicklungen im Lebensverlauf revidiert werden? Ziel des Posterbeitrages ist die Darstellung des theoretischen und metho dischen Konzeptes des Dissertationsprojektes sowie ein Bericht über erste Interviewergebnisse. Methoden: In problemzentrierten Interviews mit Ruheständlern aus den alten Bundesländern, die seit höchstens vier Jahren verrentet sind, soll per Retrospektive auf das eigene Erwerbsleben erarbeitet werden, welchen Stellenwert und Raum Freizeit während der Erwerbsphase hatte. Ferner sollen die Erwartungen eruiert werden, die mit der Ruhestandsphase als „Freizeitphase“ verbunden waren und verbunden sind, um anschließend Rückschlüsse ziehen zu können, welche Faktoren im Lebensverlauf zu welchen Erwartungsveränderungen geführt haben. 08:30 – 12:00 ���� P027 Computerkompetenz im Alter erwerben – Warum und vor allem wie? O. Kada; E. Brunner; H. Penz Studienbereich Gesundheit und Pflege, FH Kärnten, Feldkirchen/A; Fragestellung: Obwohl das Internet zu einem immer wichtigeren Bestandteil des täglichen Lebens wird, nimmt die Computer- und Internetnutzung mit dem Alter ab (Statistik Austria, 2008). Internetnutzung im Alter kann in Zusammenhang mit Wohlbefinden und Lebensqualität gesehen werden (Zaphiris, Kurniawan & Ghiawadwala, 2007), zumal sie den älteren Menschen vor Vereinsamung schützt (Sayago & Blat, 2010), die Abwicklung von Aufgaben des täglichen Lebens erleichtert (Karavidas, Lim & Katsikas, 2005) und eine sinnvolle kognitive Stimulation darstellt (Carpenter & Budy, 2007). Um älteren Menschen IKT-Kompetenzen zu vermitteln, bedarf es eines unterstützenden Lernumfeldes (Pfeil, Zaphiris & Wilson, 2009), welches auf die besonderen Bedürfnisse des älteren Lerners ausgerichtet ist. Dazu zählen altersbedingte kognitive, visuelle, motorische und auditive Einschränkung (Van Gerven, Paas & Tabbers, 2006) sowie die fehlende Vertrautheit mit Computer-Jargon (Zaphiris et al., 2007). Methoden: Das laufende EU-Projekt PIMER-ICT (Promoting the improvement of elderly ICT skills and well being by inter-generational and
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multi-sectoral education) begegnet dieser Herausforderung. Im Zuge eines generationen- und sektorenübergreifenden Ansatzes sollen Studierende gesundheitswissenschaftlicher und IKT-bezogener Studiengänge dazu ausgebildet werden, MultiplikatorInnen (z.B. Pflegekräfte) auf die Schulung der Computerkompetenz älterer Menschen vorzubereiten. Alle drei Zielgruppen werden in Form von Blended Learning geschult werden. Ergebnisse: Derzeit werden die Module entwickelt, wobei das didaktische Konzept und die Online-Kursmaterialien auf die jeweilige Zielgruppe abzustimmen sind (Van Gerven et al., 2006; SilverWeb Guidelines, Zaphiris et al., 2007). Interpretation: Das Projekt sowie die didaktischen Prinzipien werden vorgestellt. 08:30 – 12:00 ���� P028 Gut versorgt im Pflegeheim? Eine multimethodale Analyse der Krankenhaustransporte aus Alten- und Pflegeheimen O. Kada; H. Janig 1; R. Likar 2; G. Pinter 3; N. Francisci 1; I. Leutgeb 1; B. Pfeiffer 1 ; B. Jenull-Schiefer 1 Studienbereich Gesundheit und Pflege, FH Kärnten, Feldkirchen/A; 1 Institut für Psychologie, Fakultät für Kulturwissenschaften, Alpen Adria Universität Klagenfurt, 2 Abteilung für Anästhesiologie und allgemeine Intensivmedizin, 3 Abteilung für Akutgeriatrie und Remobilisation, LKH Klagenfurt, Klagenfurt/A; Fragestellung: In Österreich leben 7% der älteren Menschen in Altenund Pflegeheimen (BMSK, 2008), wobei die notwenige medizinische Versorgung dort nicht immer geleistet werden kann. Häufige Krankenhaustransporte sind die Folge. So stellten Grabowski et al. (2008) Transportraten zwischen 9 und 59% fest. Studien belegen, dass viele dieser Transporte vermeidbar wären (Finn et al., 2006; Grabowski et al., 2008; Ramroth et al., 2006). „Ambulatory care sensitive conditions“ sind oftmals Ursache für einen Krankenhaustransport (Intrator et al., 2004). Für Österreich ist die Befundlage rudimentär. Daher wurde in der vorliegenden Studie eine Beschreibung der Ist-Situation in Kärnten angestrebt. Methoden: Retrospektiv wurden die Aufzeichnungen eines Landeskrankenhauses (N = 4149), eines Rettungsdienstes (N = 10754) und eines Sozialversicherungsträgers (N = 7051) analysiert; zusätzlich wurden qualitative Interviews mit ÄrztInnen (N = 25) und Pflegedienstleitungen (N = 16) aus Alten- und Pflegeheimen geführt. Ergebnisse: Knapp ein Drittel der stationären Aufenthalte im Untersuchungszeitraum dauerte nicht länger als 2 Tage, fast 40% der ambulanten Behandlungen auf der Notaufnahme des untersuchten LKH erwiesen sich als nicht indiziert. Die Analyse der Haupteingangsdiagnosen (z.B. Frakturen der Hüfte und des Oberschenkels) unterstreicht die Notwendigkeit eines verstärkten Fokus auf Prävention. Auf einen Bewohner entfielen rund 3 Transporte pro Jahr, hauptsächlich zu den Zwecken „Erkrankungen“ (44%), „Kontrolluntersuchungen“ (21%), „Dialyse“ (10%). Aus Sicht der befragten ÄrztInnen und Pflegedienstleitungen sind Krankenhaustransporte eine Belastung für die Betroffen. Interpretation: Auf Basis der Ergebnisse wurden Maßnahmen zur Optimierung der Versorgungssituation abgeleitet, u.a. die Implementierung des Heimarztmodells, bessere Ausstattung der Heime mit Personal und Materialien, Schulungen für Pflege und Ärzteschaft, stärkerer Fokus auf Prävention und Gesundheitsförderung. 08:30 – 12:00 ���� P029 Abstract zum Projekt „Teilhabe älterer Menschen in Kassel“ B.-O. Schmidt Universtität Kassel, Kassel; Fragestellung: Die wissenschaftliche Relevanz des Projekts liegt unter anderem im demografischen Wandel userer Gesellschaft, welcher dazu führt, dass es immer mehr alternde und alte Menschen in Deutschland gibt. Desweiteren ist von Bedeutung, dass mit dem Eintritt in die Ruhe-
standsphase die vergesellschaftende Funktion der Erwerbsarbeit wegfällt und kompensiert werden muss. Die Erwerbsarbeit erfüllt nicht nur strukturierende Funktionen im alltäglichen Leben, sondern bindet die betroffenen Personen ebenso in soziale Netzwerke ein und hat somit eine integrierende Wirkung. Nun muss diese „Lücke“, die durch den Austritt aus dem Erwerbsleben entsteht, gefüllt werden. Vor diesem Hintergrund hat sich unsere studentische Forschungsgruppe zusammengefunden, die Lebenslagen alter und alternder Menschen im Renten- oder „rentennahen“ Alter näher zu untersuchen. Dabei soll es vor allem um die Teilhabe älterer Menschen an der Gesellschaft gehen, um feststellen zu können, inwieweit und in welchen Formen diese noch objektiv in die Gesellschaft integriert sind und wie und vor allem ob die Vergesellschaftungsfunktionen der Erwerbsarbeit ersetzt werden. Darüber hinaus sollen aber auch subjektive Dimensionen der zu befragenden Personen von Bedeutung sein, um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, wie sie ihre Stellung in der Gesellschaft beurteilen. Um einen möglichen Unterschied in der Teilhabe und dem Grad an sozialer Integration verdeutlichen zu können, sollen sowohl Personen befragt werden, die zu Hause leben und möglicherweise noch erbersnahen Tätigkeiten, wie zum Beispiel einem Ehrenamt nachgehen, als auch Personen, die in einem Altenheim leben. Methoden: Wir gehen den Fragen mit leitfadengestützten Interviews nach.Die Ergebnisse sollen sowol qualitativ als auch quantitativ in Form von Netzwerk- und Strukturanalysen ausgewertet werden. Ergebnisse: Da wir uns gerade noch in der Erhebungsphase unseres Projektes befinden, kann an dieser Stelle leider noch nicht von Ergebnissen und ihrer Interpretation berichtete werden. 08:30 – 12:00 ���� P030 GEMIT – Gelingendes Miteinander im integrierten Wohnen: Das Sebastian Fackelmann Haus in Hersbruck A. Beyer; F. R. Lang Institut für Psychogerontologie, Psychologie und Sportwissenschaft, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; Fragestellung: In Folge veränderter Heimgesetze wurde in jüngerer Zeit eine Vielzahl von Projekten zu alternativen Wohnformen für ältere Personen bzw. zur Integration von gesundheitlich belasteten Personengruppen initiiert. Dabei ist zu beobachten, dass es bislang kaum Langzeitstudien gibt, die Wirkungen und Arbeitsweisen solcher integrativen Wohnprojekte wissenschaftlich begleiten und analysieren. Das von der Caritas getragene Wohnprojekt des Sebastian Fackelmann Hauses in Hersbruck umfasst Mietwohnungen (1- bis 2-Zimmer) für Jung und Alt, Gesund und Krank in einem Neubau mit einem Gemeinschaftsraum (Wohncafé). Das Projekt umfasst eine Vollzeit-Stelle eines Sozialpädagogen sowie eine gerontopsychiatrische (Teilzeit-)Fachkraft. Die wissenschaftliche Begleitstudie untersucht die Bedingungen und Veränderungen der Lebens- und Beziehungsqualität und die Selbstständigkeit der Mieter seit deren Einzug. Methoden: Zu vier Erhebungszeitpunkten verteilt über zwei Jahre werden die psychologischen, sozialen und objektiven Wohn- und Lebensbedingungen der Bewohner untersucht. In einem multiperspektivischen Ansatz werden neben den Mietern (N = 16, Alter zu T1 7 bis 88 Jahre) auch deren Angehörige sowie die Mitarbeiter, Ehrenamtliche und Anwohner des Wohnprojekts in die Erhebungen einbezogen. Ergebnisse: Vorläufige Ergebnisse der ersten Erhebungen weisen darauf hin, dass subjektive Bewertungen der Akteure die Lebens-, Wohn- und Beziehungsqualität stärker prägen als die objektiven Umweltbedingungen. Erkennbar wird eine starke Diskrepanz in der Bewertung zwischen den Mietern und dem nachbarschaftlichen Wohnumfeld in den ersten Monaten. Interpretation: Die weiteren Erhebungen erlauben vielversprechende detaillierte Analysen der Veränderungen und Verläufe der Wohn- und Lebensqualität sowie der sozialen Kohäsion der Akteure des Wohnprojekts.
08:30 – 12:00 ���� P031 Partnerschaft im Alter- Wie Paare den Ruhestandeintritt meistern C. Schwarzer; B. Busch Päd. Beratung und Weiterbildung, Erziehungswiss. Institut, Heinrich-HeineUniversität, Düsseldorf; Fragestellung: Gibt es verschiedene Cluster von Bewältigungsdyaden bei Ruheständlern und ihren Partnern? Wie unterscheiden sich diese Dyaden hinsichtlich ihres Copingverhaltens und ihrer emotionalen Befindlichkeiten? Welche Faktoren begünstigen den Ruhestandseintritt als Entiwcklungschance vs. Krise für das Paar? Methoden: Es handelt sich um eine Längsschnittstudie über drei Jahre bei 41 Paaren, wovon mindestens ein Partner in den Ruhestand wechselte. Die Befragung erfolgte schriftlich (Fragebogen) zu partnerschaftlicher Stressbewältigung, Emotionen sowie Parametern zur Lebens- und Partnerschaftszufiredenheit. Ergebnisse: Es konnten drei Typen von Ruhestandsdyaden identifiziert werden, die sowohl unterschiedliche Muster im Umgang mit dem kritischen Lebensereignis Ruhestandseintritt zeigten als auch hinsichtlich ihrer emotionalen Befindlichkeiten Differenzen aufwiesen. Dabei zeigte ein prosozial-kommunikativer Bewältigungsstil beider Dyadenpartner positive Effekte und ein antisozial-verschlossenes Bewältigungsmuster wirkte kontraproduktiv. Interpretation: Auf der Grundlage des theoretischen Ansatzesvon Bodenmann zum dyadischen Coping und der Conversation of Resources-Theory von Hobfoll wird der Eintritt in den Ruhestand nicht wie bisher als eher individuelles Phänomen gesehen, sondern als „couple phenomenon“, weshalb zur Bewältigung des Ruhestands auch die Ressourcen beider Partner sowie der gemeinsamen Ressourcen erforderlich sind. Die Ergebnisse lassen sich im Sinne der Ressourcenerhaltentheorie als Gewinn- und Verlustspiralen erklären. 08:30 – 12:00 ���� P032 Die protektive Funktion von Bildung für ein gesundes Altern J. Wienberg Institut für Bildungswissenschaft, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg; Fragestellung: Um das Potenzial von Bildung für die Prävention vorzeitigen Alterns und/oder gesundheitlicher Einschränkungen im Alter nutzen zu können, ist es notwendig die Bedeutung von Bildung im Alternsprozess in ihren Wirkungsweisen zu analysieren. In diesem Projekt stehen individuelle Bildungsprozesse und die Bedeutung von Kompetenz zur selbstbestimmten Lebensführung im Mittelpunkt. Konkret soll danach gefragt werden, ob und wie sich Bildungsprozesse – in informellen Lernkontexten – langfristig entwickeln und welche Auswirkungen diese auf die Gesundheit im Alter haben. Methoden: Im ersten Arbeitsschritt wurde eine Meta-Analyse nationaler und internationaler Längsschnittstudien zu den Wechselwirkungen von Bildung und Gesundheit im Alter durchgeführt. Im zweiten Arbeitsschritt wird eine qualitative Analyse der Daten der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters – ILSE (http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/apa/forschung/projekte_alt/ilse.html) vorgenommen. Angaben zum Lernverhalten werden, unter Einbeziehung bildungsbiographischer Verläufe, analysiert. Im dritten Arbeitsschritt soll eine quantitative Analyse der Daten vorgenommen werden. Dabei soll untersucht werden, welche Lerngelegenheiten im Lebensverlauf genutzt wurden und welche Effekte die Bildungsbeteiligung bzgl. der Prävention/ Kompensation von gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Alter hat. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Meta-Analyse konnten deutlich machen, dass in den meisten Studien größtenteils formale Aspekte von Bildung Beachtung finden. Bildung wird häufig mit formalen Abschlüssen assoziiert, jedoch ist Bildung komplexer – und unter Einbeziehung informeller Bildungsprozesse – zu betrachten. Interpretation: In ersten qualitativen Auswertungen konnten Anhaltspunkte gefunden werden, dass nicht die Anzahl der sozialen Kontakte, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts sondern die Qualität der sozialen Netzwerke, Effekte in Lernprozessen beeinflussen. Mögliche negative Effekte von sozialen Netzwerken werden in der Analyse berücksichtigt. 08:30 – 12:00 ���� P033 Welche Rolle spielen psychische Ressourcen für die subjektive Gesundheit nach Krankheitsereignissen? Eine Längsschnittstudie an multimorbid erkrankten älteren Menschen S. Weinz; S. Wurm; C. Tesch-Römer Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin; Fragestellung: Ältere Menschen mit Mehrfacherkrankungen erleben im Alltag eine Reihe gesundheitlicher Probleme. Offen ist, inwieweit zusätzliche Krankheitsereignisse (schwere Krankheiten/Unfälle) zu Veränderungen der subjektiven Gesundheit führen und welche Rolle hierbei kognitive und emotionale Ressourcen spielen. Kann das Vorhandensein und die Veränderung von psychischen Ressourcen die negativen Folgen eines Krankheitsereignisses auf die subjektive Gesundheit abpuffern? Methoden: In einer Längsschnittstudie mit N=309 multimorbid erkrankten Personen im Alter ab 65 Jahren wurden im Rahmen persönlicher Interviews Krankheitsereignisse, subjektive Gesundheit und persönliche Ressourcen (flexible Zielanpassung, positive Befindlichkeit) erfasst. Die Auswertungen erfolgten mit multiplen hierarchischen Regressionsanalysen. Ergebnisse: Auch bei multimorbid erkrankten älteren Menschen führt das zusätzliche Auftreten eines Krankheitsereignisses zur Verschlechterung der subjektiven Gesundheit. Unabhängig vom Krankheitsereignis gehen eine Zunahme flexibler Zielanpassung und eine Zunahme positiver Befindlichkeit mit besseren subjektiven Gesundheitseinschätzungen einher. Tritt ein Krankheitsereignis auf, kann zudem eine Verbesserung der positiven Befindlichkeit die negativen Einflüsse dieses Ereignisses auf die Veränderung der subjektiven Gesundheit abpuffern. Interpretation: Die deutlichsten Effekte konnten für die Dynamik von Ressourcen gezeigt werden, was darauf schließen lässt, dass nicht die Höhe von Faktoren an sich, sondern vielmehr ihre Veränderung einen Einfluss auf die subjektive Gesundheit bei multimorbid erkrankten älteren Menschen besitzt. 08:30 – 12:00 ���� P034 Determinanten und Trends der informellen und formellen Pflege in Europa J. Steinberg; D. Kreft; U. Ziegler 1; G. Doblhammer-Reiter Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels, 1 DZNE-Standort Rostock, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Rostock; Alter ist der größte Risikofaktor für Pflegebedürftigkeit. Daher führte der Anstieg der Lebenserwartung in den meisten europäischen Staaten im Laufe der vergangenen Jahrzehnte zu einem Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen. Zukünftig wird sich dieser noch verstärken, da die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre in die hohen Altersklassen kommen. Die Frage nach Pflegegebern, Pflegearrangements und der Lebensqualität von Pflegebedürftigen und Pflegenden erfährt folglich in Politik und Gesellschaft eine immer stärkere Aufmerksamkeit. Studien zeigen, dass in der Europäischen Union die Pflege durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste im eigenen Haushalt stärker verbreitet sind als die institutionelle Pflege – wenn auch im Ländervergleich das Ausmaß variiert. In der vorliegenden Studie wird untersucht, welche sozioökonomischen Determinanten die informelle und formelle Pflege zu Hause bestimmen. Datengrundlage der Analyse ist der Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE), der in zwei Wellen (2004 und 2006/07) in 12 (13) europäischen Staaten durchgeführt wurde. Die Determinanten der formellen und informellen Pflege werden im Querschnitt unter Anwendung verschiedener Regressionsmodelle in elf Ländern der Europäischen Union untersucht, um Charakteristika der Pflegearrangements aufzudecken. Dabei stehen drei Aspekte im Fokus: (1) die sozialen Kon-
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takte und (2) die Lebensqualität von Pflegebedürftigen und Pflegenden, sowie (3) die Erwerbstätigkeit von Frauen als wichtiger Einflussfaktor auf das informelle Pflegepotential. In einer Längsschnittanalyse werden zusätzlich zeitliche Trends in den Übergängen zwischen den Pflegearrangements untersucht. Da mentale Erkrankungen das heutige und zukünftige Bild der Pflege immer stärker mitbestimmen, liegt ein weiterer Schwerpunkt der Analyse auf Pflegebedürftigen mit kognitiven Störungen und deren Pflegenden. 08:30 – 12:00 ���� P035 Vergabe haushaltsinterner Versorgungsleistungen im Alter: notwendiges Übel oder Chance? Ein haushaltswissenschaftlicher Betrachtungsansatz I. Deeken Professur für Management personaler Versorgungsbetriebe, Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung, Justus-LiebigUniversität Gießen, Gießen; Fragestellung: Fremdvergabe von haushaltsinternen Versorgungsleistungen älterer Menschen, etwa Mahlzeitenzubereitung, steht gesellschaftlich in einem anderen Licht als Fremdvergabeaktivitäten im industriellen Sektor. Während für Letztere Outsourcing en vogue ist, sehen Ältere in der Vergabe oftmals den Verlust von Selbstbestimmung und aktiver sozialer Teilhabe. Dies impliziert die Hinterfragung der Marktbeziehungen: Inwieweit unterscheiden sich die Fremdvergabeaktivitäten älterer Menschen von denen anderer Wirtschaftssubjekte? Welche Faktoren tragen zum gesellschaftlichen Bild von Versorgungsleistungsanbietern bei? Methoden: Eine adäquate Antwort der Hinterfragung von Fremdvergabeüberlegungen im Alter setzt eine theoretisch-analytische Vorgehensweise voraus. Hierzu ist der interdisziplinäre Ansatz der Gießener Haushaltswissenschaften angewandt worden. Experteninterviews, die mit Versorgungs leistungsanbietern für ältere Haushaltspersonen im Raum Gießen durch geführt worden sind, repräsentieren den praktischen Methodenteil. Ergebnisse: Ein Ergebnis ist, dass nicht die Art der Durchführung von haushälterischen Versorgungsleistungen für ältere Menschen konstitutiv ist, sondern deren Disposition. Ziel privater Haushalte ist stets den selbst definierten haushaltsindividuellen Lebensstandard zu halten. Die Darlegung führt zur Konstatierung von Schwachstellen in der Beziehung zwischen älteren Menschen und Versorgungsleistungsanbietern. Auf theoretischer Ebene wird ein Ansatz aufgestellt, der älteren Menschen hilft den eigenen Bedarf besser zu registrieren und Versorgungsleistungsanbietern die von ihnen angebotenen Leistungen bestmöglich an den jeweiligen privaten Haushalt anzupassen. Interpretation: Anbieter von Versorgungsleistungen haben eine Schlüsselposition inne: Die Übernahme von Versorgungsleistungen bedeutet immer auch die Übernahme von identitätsstiftenden Ritualen sowie die Übernahme von Lebensqualität. 08:30 – 12:00 ���� P036 Autonomie trotz Schmerz? Untersuchung von Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit von Menschen mit unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten in Pflegeheimen I. Wulff; K. Kopke; S. Kalinowski; M. Kölzsch 1; S. Ellert; R. Kreutz 1; D. Dräger Institut für Medizinische Soziologie, 1 Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Campus Charité Mitte, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Fragestellung: Während bereits einige Studien im Setting Pflegeheim auch zum Thema Autonomie- durchgeführt wurden, sind Bewohner/innen mit kognitiven Beeinträchtigungen bzw. mit einer Demenz immer noch stark unterrepräsentiert. Denn diese Population gilt als eingeschränkt hinsichtlich ihrer Auskunftsfähigkeit und wird deshalb als schwer zugängliche Zielgruppe in Studien häufig nicht eingeschlossen. Ein primäres Ziel des Forschungsprojektes PAiN (Pain and Autonomy in the Nursing Home, Teilprojekt des AMA-Forschungsverbunds) war
es, Autonomie von Bewohner/innen mit unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten zu analysieren mit der Frage, welcher Zusammenhang zwischen verschiedenen Einflussfaktoren wie Multimorbidität, Pflegebedarf, therapeutischen und pflegerischen Interventionen sowie des Schmerzgeschehens und der Schmerzmedikation besteht. Methoden: Es wurden quantitative Daten einer Zufallsstichprobe von Heimbewohner/innen in Berlin und Brandenburg durch mündliche Befragung, körperliche und psychologische Assessments, Analyse der Pflegedokumentation und Erfassung institutioneller Rahmenbedingungen generiert. Die subjektiv wahrgenommene Autonomie der Bewohner/innen ohne bzw. mit leichter Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten wurde mittels der Hertz Perceived Enactment of Autonomy Scale (HPEAS) erfasst. Ergebnisse: Von 564 Bewohner/innen waren 30% in der Lage, Aussagen zu Autonomie zu treffen, davon 26,5% Bewohner/innen mit leichten kognitiven Einschränkungen (23 bis 18 Punkte bei Mini Mental Status Examination). Bewohner/innen ohne Schmerzen nehmen sich selbstbestimmter wahr (p=0,039), ebenso alle Befragten, die weniger Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens (Barthelindex) erfahren (p<001). Zwischen Alter, Geschlecht, Bildung, Familienstand, Herkunft und HPEAS konnte kein Einfluss nachgewiesen werden. Interpretation: Mit zunehmender Einschränkung kognitiver Fähigkeiten verringert sich die Ausprägung subjektiv wahrgenommener Autonomie. 08:30 – 12:00 ���� P037 Last exit? – Eine Studie zur Erhebung von Einstellungen gegenüber der aktiven und passiven Sterbehilfe B. Jenull; E. Müller; B. Gula Abteilung für Angewandte Psychologie und Methodenforschung, Institut für Psychologie, Alpen Adria Universität Klagenfurt, Klagenfurt/A; Fragestellung: Eine zunehmende Mehrheit spricht sich für eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe aus. Über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten stieg der Anteil der Befürworter/innen von 30 % im Jahr 1972 auf 84 % im Jahr 2003 an (Schröder, Schmutzer, Klaiberg & Brähler, 2003). Die passive Sterbehilfe wird von über 94 % der Bevölkerung akzeptiert (Böttger, 2005). Die vorliegende Studie widmet sich der Erhebung expliziter und impliziter Einstellungen zur Sterbehilfe. Methoden: Das Forschungsdesign sieht zwei Bausteine vor: In einem ersten Studienzugang wurden die Einstellungen gegenüber der Sterbehilfe explizit erfasst. Der von Böttger (2005) mehrfach eingesetzte Fragebogen wurde nach einer Pilotierung in einer adaptierten Version einer Stichprobe von 442 Personen (Alter M = 35, SD = 16) vorgegeben. In einem zweiten Studienbaustein wurde ein impliziter Assoziationstest (IAT; Greenwald, Nosek & Banaji, 1998) konstruiert, mit dem Assoziationen von Argumenten, die für oder gegen die Sterbehilfe sprechen mit moralisch positiven und negativen Handlungen gekoppelt wurden. Der implizite Assoziationstest wurde einer Teilstichprobe von 111 Personen vorgegeben, um herauszufinden, ob die Proband/inn/en explizit wie implizit dieselbe Meinung zur Sterbehilfe vertreten. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Hälfte der Studienteilnehmer/innen für die aktive und 83 % für die passive Sterbehilfe aussprachen. Die Ergebnisse des IAT implizieren für die Gesamtstichprobe, dass Argumente die für Euthanasie sprechen signifikant stärker mit positiven als mit negativen moralischen Handlungen assoziiert waren. Interpretation: Die Vor- und Nachteile, den IAT nicht nur für einfachere, emotionale Assoziationen zu verwenden sondern ebenfalls für komplexere, moralische Bewertungen werden aufgezeigt und diskutiert.
08:30 – 12:00 ���� P038 Demenz in der Ehe: Paarkommunikation, Depressivität und Anpassungsfähigkeit M. Braun; U. Scholz; R. Hornung; M. Martin 1 Sozial- und Gesundheitspsychologie, 1 Gerontopsychologie, Psychologisches Institut, Universität Zürich, Zürich/CH; Fragestellung: Durch die Zunahme der Demenzprävalenz sind immer mehr Paare mit der Pflege eines an Demenz erkrankten Partners konfrontiert. Die Paarforschung zeigte vielfache Zusammenhänge zwischen partnerschaftlicher Kommunikation und Wohlbefinden bzw. Depressivität. Diese explorative Längsschnittstudie untersuchte das psychische Wohlbefinden und die Kommunikation von 37 Paaren (N = 74), bei denen der Ehemann an einer Demenzerkrankung leidet und die Ehefrau die Pflege des Patienten übernimmt. Untersuchungsschwerpunkt lag einerseits auf der Entwicklung des psychischen Wohlbefindens der Partnerinnen, andererseits auf dem Zusammenhang zwischen Paarkommunikation und Depressivität. Methoden: Zu drei Messzeitpunkten innerhalb eines Jahres wurden Selbstberichte und objektive Kommunikationsdaten erfasst. Es kamen nicht-sequentielle und sequentielle Analysen zur Anwendung. Ergebnisse: Die pflegenden Partnerinnen berichteten klinisch bedeutsame Depressivität, die im Zeitverlauf tendenziell zunahm. Andere Wohlbefindensindikatoren (z. B. Pflegebelastung, Beziehungszufriedenheit) zeigten einen positiven Entwicklungstrend. Es ergaben sich signifikante Zusammenhänge zwischen Kommunikationsfaktoren und Depressivität: Frauen, die mehr positive Paarkommunikation zeigten, berichteten weniger depressive Symptome. Interpretation: Die Resultate weisen auf eine negative Depressionsentwicklung, aber auch auf mögliche Anpassungsprozesse der pflegenden Partnerinnen hin. Es besteht ein bedeutsamer negativer Zusammenhang zwischen Paarkommunikation und Depressivität der Ehefrauen. Die berichteten Befunde unterstreichen die Bedeutung von Beziehungsfaktoren, bzw. Kommunikationsprozessen für die psychische Gesundheit der von Demenz betroffenen Paare. 08:30 – 12:00 ���� P039 LOTSE – Vorstellung des Konzepts zur Durchführung und Evaluation eines psychosozialen Beratungsangebots für ältere Sehgeschädigte I. Himmelsbach; S. Driebold; F. Oswald; F.-J. Esch 1; J. Nagel 2; K. Metzler 1 AB Interdisziplinäre Alternswissenschaft, Fachbereich Erziehungswissen schaften, Johann-Wolfgang-v. Goethe-Universität, 1 Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte, Frankfurt a. M.; 2 Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. Marburg, Marburg; Der Anteil älterer Menschen mit einer Sehschädigung wird sich laut dem WHO-Bericht von 2004 bis zum Jahr 2030 aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung um 30% erhöhen. Die notwendige Betreuung von über 60 Jährigen (69,8% aller Sehgeschädigten), insbesondere die psychosoziale Versorgung, ist jedoch schon heute völlig unzureichend und unkoordiniert. In diesem Beitrag wird ein neues Projekt zur Entwicklung und Evaluation eines innovativen psychosozialen Beratungskonzepts für ältere Sehgeschädigte vorgestellt. Das Konzept folgt drei Zielen: 1) Sehschädigung im Alter soll eher als Thema für die psychosoziale Beratung, denn als technisch lösbares Problem wahrgenommen werden; 2) Die vorwiegend segmentierte Angebotsstruktur soll durch ein integratives Konzept erweitert werden; 3) eine Verknüpfung zu anderen Programmen für Ältere in der Kommune wird angestrebt, um die komplexen und veränderlichen Bedarfe alternder Menschen zu adressieren. Um diese Ziele zu erreichen, ist ein spezifisch fortgebildeter Lotse (beratende Person) Dreh- und Angelpunkt in der praktischen Durchführung des Konzepts. Im Hinblick auf die wissenschaftliche Begleitung teilen sich die Aufgaben in eine Phase (Monat 1-18) der qualitativen Prozessevaluation und in eine quantitative Outcomeevaluation (Monat 19-36) auf. In der ersten Phase geht es vor allem darum, die konzipierten Module des ProZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts gramms mithilfe von Experteninterviews, Aufzeichnungen der Beratungssitzungen und Teilnehmerinterviews in mehreren Runden zu optimieren. Die zweite Phase überprüft dann das endgültige Beratungskonzept im Hinblick auf Outcomes (z.B. Lebensqualität, Well-Being, Anpassung an den Sehverlust) in einer klassischen Prä-Post-Erhebung. Vorgestellt werden in diesem Beitrag die Ergebnisse von 15 bereits durchgeführten Interviews der Prozessevaluation. Sie zeigen die komplexen Bedürfnislagen älterer Menschen mit Sehschädigung auf, welche aufgrund der Parallelität von Sehschädigung und fortschreitendem Alternsprozess auftreten. 08:30 – 12:00 ���� P040 Der Zusammenhang von tagtäglichen Schwankungen in sozialer Unterstützung und Gesundheitsbeschwerden. Ein Altersvergleich. J. Wolff; A. Brose; F. Schmiedek 1; U. Lindenberger Forschungsbereich Entwicklungspsychologie, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin; 1 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt a. M.; 0 Forschungsbereich Entwicklungspsychologie, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin; Fragestellung: Der Zusammenhang von Gesundheit und sozialer Unterstützung wurde in vielen Studien belegt. Offen bleibt, ob nur die generelle soziale Einbettung einen langfristigen Einfluss auf die Gesundheit hat oder ob auch tagtäglich schwankende soziale Unterstützung mit Gesundheitsbeschwerden am jeweiligen Tag assoziiert ist. Dieser Fragestellung geht die vorliegende Studie unter Einbezug von Altersunterschieden nach. Methoden: 89 ältere (67-82 Jahre) und 80 jüngere (21-32 Jahre) Erwachsene berichteten über 20 Tage u.a. verschiedene Gesundheitsbeschwerden und wie sehr sie emotionale, instrumentelle und informationelle Unterstützung wahrgenommen, erhalten und gebraucht haben. Die tagtäglichen Zusammenhänge wurden mit Mehrebenenanalysen berechnet. Ergebnisse: Erste Analysen ergaben einen negativen Zusammenhang zwischen wahrgenommener emotionaler Unterstützung und den Gesundheitsbeschwerden. Erhaltene Informationen waren positiv mit den täglichen Beschwerden assoziiert. Erhaltene emotionale Unterstützung hing nur bei den jüngeren Erwachsenen positiv mit den Beschwerden zusammen. Gebrauchte emotionale Unterstützung ging mit mehr Beschwerden einher. Für gebrauchte Informationen ergab sich nur für die älteren Erwachsenen ein positiver Zusammenhang mit den Beschwerden am jeweiligen Tag. Interpretation: Der Zusammenhang von wahrgenommener emotionaler Unterstützung und Beschwerden entspricht Befunden in der Literatur. Die anderen Zusammenhangsmuster könnten spezifisch für die Ebene tagtäglicher Schwankungen sein. Ältere Erwachsene nehmen ihre täglichen Beschwerden möglicherweise ernster und benötigen an Tagen mit mehr Beschwerden auch mehr gesundheitliche Ratschläge und weniger „nur“ emotionale Zuwendung als jüngere Erwachsene. Weitere Analysen werden auf die Balance von erhaltener zu benötigter Unterstützung eingehen. 08:30 – 12:00 ���� P041 Tapetenwechsel auch im Alter? Milieuspezifische Wohnmobilität älterer Frauen und Männer A. Teti; S. Blüher Institut für Medizinische Soziologie, Campus Charité Mitte, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Fragestellung: Mit dem Anstieg der Lebenserwartung gilt Wohnmobilität im Alter als zukunftsrelevantes Thema. Wenn der Aktivitätsradius sich stark auf das Wohnumfeld beschränkt, können in bestimmten Wohnsituationen altersspezifische Risiken in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht kumulieren. Demnach können Umzugsentscheidungen im Bereich des Privatwohnens als Möglichkeit individueller pro-
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aktiver Optimierung der Person-Umweltpassung im Sinne eines primärpräventiven Handelns verstanden werden. Diese Studie geht der Frage nach, welche geschlechts-, alters- und milieuspezifischen Faktoren Wohnmobilität zum Erhalt von Autonomie und Lebensqualität beeinflussen. Methoden: Die Umzugsbereitschaft wird u.a. bzgl. räumlicher Aspekte, Vorwegnahme gesundheitlicher Einschränkungen und sozialer Integration erhoben. Eine quantitative Befragung zu soziodemografischen Daten wird mit einem quasiexperimentellen Vignettendesign (faktorieller Survey) kombiniert. Dabei werden die Befragten prospektiv mit einer hypothetischen Umzugsentscheidung konfrontiert. Der Feldzugang sieht eine systematische Ziehung (N=126) aus einem Einwohnermelderegister Berlins vor. Die Datenauswertung erfolgt über multifaktorielle Varianzanalyse. Ergebnisse: Es wird erwartet, dass Umzugsentscheidungen Analogien zu den bekannten milieuspezifischen gesundheitsrelevanten Einstellungsund Verhaltensmustern aufweisen mit Fokus auf schicht- und lebensstilspezifischen Zukunftsorientierungen in der Wohnentscheidung. Interpretation: Diese explorative Studie kann einen empirischen Beitrag zur verhältnispräventiven Charakterisierung von Umzugsbereitschaft im Hinblick auf ökologische Risikokonstellationen leisten. Die damit verbundene Identifizierung von Interventionsbedarf liefert zudem Impulse zur Etablierung von Umzugsberatung und –management für eine autonomiefördernde Wohnsituation im Alter. 08:30 – 12:00 ���� P042 Lebenssituation älterer Menschen mit geistiger Behinderung in unterstützten Wohnformen – Ergebnisse einer Literaturanalyse und Expertenbefragung S. Schäper; S. Schüller Sozialwesen, Katholische Hochschule NRW, Münster; Fragestellung: Das vom BMBF geförderten Forschungsprojekt „Lebensqualität inklusive“ verfolgt das Ziel, konzeptionelle Bausteine für Wohnund Unterstützungsarrangements für Menschen mit geistiger Behinderung zu entwickeln, die auf den demographischen Wandel individuell passgenaue und tragfähige Antworten geben und an den Leitideen Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion ausgerichtet sind. Grundlage ist die Analyse der Lebenssituation älter werdender Menschen mit lebenslangen Behinderungen und der besonderen Anforderungen, die mit dem Älterwerden dieser Personengruppe verbunden sind. Methoden: Für eine differenzierte Literaturanalyse wurde ein eigenes Analyseraster erarbeitet, dass typische Lebensereignisse im Alter und die daraus resultierenden Anforderungen und Risiken in der Bewältigung des Alltags im Kontext Wohnen beschreibt. Die Erkenntnisse aus der Literatur wurden entlang dieses Analyserasters systematisiert und ergänzt durch Einschätzungen aus Interviews mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Behindertenhilfe sowie mit Vertretern der Zielgruppe. Ergebnisse: Empirische Studien zur Lebenssituation geistig behinderter Menschen im Alter sind die Ausnahme. Insbesondere die Perspektive der älter werdenden Menschen mit Behinderungen selbst ist empirisch bisher kaum berücksichtigt worden. Träger und Einrichtungen der Behindertenhilfe nehmen den demografischen Wandel wahr, reagieren aber bislang eher situativ als vorausschauend. Die älter werdenden Menschen mit Behinderungen werden bisher eher im stationären Kontext (weiter) betreut. Konzepte für ambulante Unterstützungsarrangements sind die Ausnahme. Interpretation: Die Ergebnisse weisen auf einen deutlichen Entwicklungsbedarf hin, insbesondere in Bezug auf die Lebensperspektiven von älter werdenden Menschen mit Behinderungen außerhalb stationärer Kontexte und ihre Chancen, ihren Alltag selbstbestimmt zu gestalten und passgenaue Hilfen auch im ambulanten Kontext vorzufinden.
08:30 – 12:00 ���� P043 Medikamenten-Adhärenz und medikamentenbezogene Überzeugungen bei multimorbid erkrankten älteren Menschen C. Marx; B. Schüz; L. M. Warner 1; C. Tesch-Römer; S. Wurm Deutsches Zentrum für Altersfragen, 1 Arbeitsbereich Gesundheitspsychologie, Freie Universität Berlin, Berlin; Fragestellung: Die empfehlungsgemäße Einnahme von Medikamenten (Medikamenten-Adhärenz) ist für die erfolgreiche Behandlung älterer Menschen mit multiplen Erkrankungen sehr wichtig – und doch berichten viele Studien hohe Nonadhärenzraten. Als wichtige Prädiktoren für Adhärenz wurden medikamentenbezogene Überzeugungen identifiziert: So senkt z.B. größeres Misstrauen gegenüber Medikamenten die Wahrscheinlichkeit einer regelmäßigen Einnahme. Diese Studie untersucht daher Unterschiede in medikamentenbezogenen Überzeugungen zwischen adhärenten und nonadhärenten multimorbid erkrankten älteren Menschen. Methoden: Im Rahmen einer Längsschnittstudie mit drei Messzeitpunkten füllten 309 multimorbid erkrankte ältere Menschen Fragebögen zu Medikamenten-Adhärenz (Reported Adherence to Medication Scale) und Medikamenten-Überzeugungen (Beliefs About Medicines Questionnaire) aus. Unterschiede zwischen den Gruppen wurden mittels Kruskal-WallisRangvarianzanalyse und Mann-Whitney U-Tests analysiert. Ergebnisse: Nonadhärente Personen hatten im Vergleich zu adhärenten Personen signifikant größere Sorgen bezüglich ihrer Medikamente (U = 2970.00, p < .05) und eine signifikant negativere Wahrnehmung der Art und Weise, wie Ärzte mit Medikamenten umgehen (U = 2656.00, p < .01). Interpretation: Nonadhärente Personen unterscheiden sich von adhärenten Personen v.a. durch ein größeres Misstrauen gegenüber ihren Medikamenten sowie gegenüber der ärztlichen Verschreibungspraxis. Dieser Befund unterstreicht die Bedeutung der Kommunikation zwischen Arzt und Patient: In ärztlichen Gesprächen sollte auf beide Aspekte eingegangen werden, um diesbezügliche Bedenken in Patienten auszuräumen. 08:30 – 12:00 ���� P044 Prädiktoren von gesundheitsbezogener Lebensqualität im Alter S. Freitag; K. Strauß; C. Hannig 1; S. Schmidt Lehrstuhl Gesundheit & Prävention, Institut für Psychologie, Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald, Greifswald; 1 Institut für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; Fragestellung: Im Rahmen der Longitudinalen Urbanen Cohorten-Altersstudie (LUCAS) werden die psychologischen Determinanten für Gesundheit im Alter untersucht. Im Fokus steht die Identifikation psychologischer Ressourcen für gesundes Altern. Ziel der Untersuchung ist die Vorhersage von Lebensqualität im Alter mithilfe soziodemografischer, biografischer sowie gesundheitsbezogener und psychosozialer Variablen. Methoden: Aus der Kohorte wurden randomisiert und kontrolliert 828 Personen (68-98 Jahre) ausgewählt. Die Response-Rate betrug 50,7% (N=420). Lebensqualität im Alter (EUROHIS-QOL-8) soll mittels Multipler Regression durch soziodemografische Variablen und validierte Instrumente (PHQ-9, OSS-3, CIM, IES-R, EAAQ-24) vorhergesagt werden. Qualitative Daten aus face-to-face Interviews dienen der Validierung der quantitativen Ergebnisse. Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass weder soziodemografische noch die biografische Variable ‚Vertreibungsstatus‘ einen Einfluss auf Lebensqualität haben. Insgesamt können 53,4% der Varianz von Lebensqualität durch signifikante Beiträge von CIM, PHQ-9, EAAQ-24 Subskalen und OSS-3 aufgeklärt werden. Die Ergebnisse werden durch die qualitativen Befunde gestützt. Interpretation: Bezogen auf ressourcenorientiertes Altern zeigen sich die Variablen soziale Integration ins Lebensumfeld, geringe Angst- und Depressionswerte, positive Einstellung zum Alter und soziale Unterstützung als gute Prädiktoren für die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Die qualitativen Befunde bestätigen eine positive Assoziation der Lebensqualität mit der Integration in das direkte Lebensumfeld, sowie einer positiven Einstellung zum Altern. Personen mit hoher Lebensquali-
tät nehmen zugunsten der eigenen Selbstständigkeit weniger soziale Unterstützung in Anspruch als vorhanden. 08:30 – 12:00 ���� P045 Mortalitätsrisiko von älteren Menschen in Trauer wegen Partnerverlustes, unter der Berücksichtigung von Lebensgewohnheiten und Änderung der Lebensgewohnheiten nach dem Verlust des Partners J. Dikken; M. Heß 1 Vrije Universiteit Amsterdam, Utrecht/NL; 1 Freie Universität Berlin, Mainz; Fragestellung: Viele Studien haben gezeigt, dass der Verlust des Partners zu einem höheren Mortalitätsrisiko führt. Nicht untersucht ist die Tatsache, ob der Verlust des Partners zu einer Veränderung der Lebensgewohnheiten führt, welche wiederum zu einem höheren Mortalitätsrisiko führen könnten. In dieser Studie untersuchen wir, wie viel dieses höheren Mortalitätsrisikos durch Lebensgewohnheiten und Veränderung der Lebensgewohnheiten nach dem Verlust des Partners erklärt werden können. Methoden: Wir benutzten Daten aus der Longitudinal Aging Study Amsterdam (LASA). Unser Sample bestand aus 632 Frauen und 837 Männern, die zum Zeitpunkt der ersten Befragung, 1992, alle verheiratet waren. 1995, 1998 und 2001 fanden weitere Befragungen statt. Während dieser Zeit verloren 198 Frauen und 94 Männern ihre Partner durch einen Todesfall. Folgende Analysen wurden durchgeführt: 1) Mit Cox Proportional Hazards-Modell wurde der Einfluss des Verlust eines Partners auf das Mortalitätsrisiko des überlebenden Partner untersucht 2) Mit hierarchischen linearen Regressionen wurde die Veränderung im Lebenstill untersucht. 3) Der Einfluss des Lebenstills zum Zeitpunkt der Grundmessung und drei Jahre später auf das Mortalitätsrisiko wurde berechnet. Ergebnisse: Ältere, die ihren Partner verlieren, haben ein 47% höheres Mortalitätsrisiko, als solche ohne Verlust des Partners. Ein ungesunder Lebenstill zum ersten Zeitpunkt der Messung erklärte 18% dieses Risikos. Obwohl signifikante Veränderungen des Lebenstills nach Verlust des Partners gefunden werden konnten, erklären diese keinen Teil des höheren Risikos. Interpretation: Der Verlust des Partners führt zu einem höheren Mortalitätsrisiko. Ein Teil dieses Risikos wird durch den Lebenstill zum Zeitpunkt der Grundmessung erklärt. Veränderungen im Lebenstill nach dem Verlust des Partners scheinen keine Rolle zu spielen. 08:30 – 12:00 ���� P046 Zonen des Übergangs. Dimensionen des Alterns bei jungen, älteren und alten Menschen U. Otto; S. Graefe 1; E. Hochheim 1; A. E. Kornadt 2; K. Leppert 3; S. Lessenich 1; K. Rothermund 2; B. Strauß 3; S. van Dyk 1 FB Soziale Arbeit, FHS St. Gallen – Hochschule für angewandte Wissenschaften, St. Gallen/CH; 1 Gesellschaftsvergleich, Institut für Soziologie, 2 Allgemeine Psychologie II, Institut für Psychologie, 3 Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum, FriedrichSchiller-Universität Jena, Jena; Fragestellung: Ausgehend von der sozialwissenschaftlichen Vierteilung des Lebenslaufs in Kindheit/Jugend, Erwachsenenalter sowie junges und altes Alter fragt das Forschungsprojekt nach Übergängen zum und im Alter. Dahinter liegt die Annahme, dass der Renteneintritt, u.a. aufgrund seiner „Verungleichzeitigung“, als hauptsächlicher Indikator für den Übergang in eine Altersphase nicht (mehr) trägt. Damit ist die Frage aufgeworfen, welche Ereignisse und Prozesse neben bzw. einhergehend mit der Verrentung biografische Übergänge aus Sicht der alternden Menschen markieren. Es wird analysiert, wie über diese berichtet wird und ob und auf welche Weise die Erfahrungen mit dem Thema Alter in Verbindung gebracht bzw. ob biografische Übergänge als Übergänge zum und im Alter konstruiert werden.
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Abstracts Methoden: Das Gesamtprojekt besteht aus vier Teilprojekten, die jeweils eine spezifische disziplinäre Perspektive auf den Untersuchungsgegenstand einbringen. Qualitative und quantitative Erhebungs- und Auswertungsstrategien werden kombiniert. Im Rahmen der qualitativen Studie werden Leitfadeninterviews mit biografisch-narrativen Anteilen geführt (n=80) und ausgewertet. Mittels eines Fragebogenpaketes werden lebensbereichsspezifische Altersbilder, Vorstellungen zum Leben im Alter sowie Resilienz i.S.e. Persönlichkeitsmerkmals erfasst (n=769). Ergebnisse: Forschungsmethodisch herausfordernd ist, dass sich die Vierteilung des Lebenslaufs keineswegs zwingend auch in den Konstruktionen der Betroffenen wieder finden (lassen) muss. Die Erkenntnisse aus den als bislang durchgeführten Interviews lassen vielmehr darauf schließen, dass sich aus den Aussagen der Befragten mehr als zwei Altersphasen rekonstruieren lassen – oder aber das ‚junge’ Alter nicht als eigene Altersphase, sondern gerade, im Sinne etwa der Fortsetzung des Erwachsenenalters oder eines Verzichts auf Alterskonnotationen, als ‚Nicht-Alter’ konstruiert wird. 08:30 – 12:00 ���� P047 Awareness and Motivation for Cognitive Training in Mild Cognitive Impairment K. Werheid; M. Ziegler; A. Klapper; K.-P. Kühl 1 Klinische Gerontopsychologie, Institut für Psychologie, HumboldtUniversität zu Berlin, 1 Klinik und Hochschulambulanz f. Psychiatrie und Psychotherapie, Campus Benjamin-Franklin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Fragestellung: This study investigated the relationship between awareness of memory deficits and motivation for cognitive therapy in elder adults with Mild Cognitive Impairment, compared to cognitively unimpaired elder adults. Methoden: In 32 participants with MCI and 72 age-matched controls, awareness for memory deficits was measured by the Memory Failures Questionnaire (MFQ). This self-report measure of everyday memory failures contains five subscales: frequency and perceived severity of everyday memory failures, use of external memory aids, retrospective memory ability, and auto-referential comparison of actual and former memory. Motivation for cognitive training was measured by a self-developed questionnaire whose answers were combined to a single score through linear combination. The motivation score was statistically controlled for education, depression, and current cognitive status, and served as criterion in linear regressions with the five MFQ subscales as predictors. Ergebnisse: Regression analysis revealed that in MCI patients, increased motivation for cognitive training went along with lower frequency of memory failures, and, as a tendency, with more frequent use of external memory aids. This pattern differed from the control groupo, in which therapy motivation was best predicted by higher levels of retrospective memory, and lower actual compared to former memory ability. Interpretation: Our findings suggest that greater awareness of cognitive deficits in MCI does not necessarily increase motivation to participate in cognitive trainings. Other factors, like success expectancy, or the amount of cognitive strategies already in use, might influcence this decision. This should be taken into account when implementing cognitive interventions. 08:30 – 12:00 ���� P049 Lebensqualität älterer pflegender Angehöriger von Demenzkranken I. Conrad; R. Kilian 1; H. Matschinger 2; M. C. Angermeyer 3; S. G. Riedel-Heller Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; 1 Abt. Psychiatrie II, Bezirkskrankenhaus Günzburg, Universität Ulm, Günzburg; 2 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig, Leipzig; 3 Center for Public Mental Health, Gösing am Wagram; Fragestellung: Es wird der Einfluss der Pflege von Demenzkranken auf die subjektive Lebensqualität der älteren Pflegenden dargestellt.
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Methoden: Im Rahmen des WHOQOL-OLD-Projektes wurde die Lebensqualität (LQ) sowohl von älteren pflegenden Angehörigen Demenzkranker als auch von nicht-pflegenden älteren Menschen (60 Jahre und älter) mit Hilfe des WHOQOL-BREF und WHOQOL-OLD erfasst. Außerdem wurden Komorbidität sowie bei den Pflegenden zusätzliche Informationen zur Pflege erhoben. Ergebnisse: Es zeigten sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der LQ. So bewerteten die pflegenden Angehörigen ihre LQ signifikant schlechter als Personen ihres Alters, die keinen Angehörigen pflegen. Interpretation: Diese deutlich schlechtere Bewertung ihrer LQ kann hauptsächlich auf die im Rahmen der Pflege entstehende Belastung zurückgeführt werden.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 1 10:30 – 12:00 ES02 Exzellenz-Symposium der Sektion III Aktiv im Alter – um jeden Preis? Moderation: F. Oswald, Frankfurt a. M.; M. Schmitt, Westhofen
Der Anstieg der Lebenserwartung und die Alterung der Bevölkerung bieten einerseits Chancen, andererseits entstehen auch neue Herausforderungen für Individuum und Gesellschaft. Das Konzept des aktiven Alterns („active ageing“, WHO, 2002) soll daher zur Optimierung der Möglichkeiten für ältere Menschen zum Erhalt von Gesundheit, Selbstständigkeit und Teilhabe, zur Gewährleistung von Sicherheit und zur Lebensqualität beitragen. Damit verbunden ist die Überzeugung, dass ältere Menschen nicht nur Kosten verursachen, sondern ihre Leistungsressourcen zukünftig besser genutzt werden können. Ziel des Symposiums ist es, aus der Sicht mehrerer Disziplinen Möglichkeiten und Grenzen eines aktiven und gesunden Alterns zu diskutieren. Basis dafür bilden Befunde zur Aktivitätsförderung im Alter, zur Anpassung an individuelle und umweltbezogene Aktivitätsgrenzen und zur generellen Infragestellung des Aktivitätsideals im Alter. 10:30 – 10:45 ES02-01 Chancen und Herausforderungen des aktiven Alterns aus der Perspektive der Gesundheitspsychologie J. P. Ziegelmann, P. Gellert; Berlin Ziel dieses Positionsvortrags ist es, den Begriff des „Aktiven Alterns“ aus gesundheitspsychologischer Perspektive kritisch zu beleuchten, um Chancen und Herausforderungen des Aktiven Alterns praxisnah aufzuzeigen. Insbesondere wird in diesem Beitrag diskutiert, welche Gesundheitsförderungsmassnahmen sich aus Konzepten des aktiven Alterns ableiten lassen und inwieweit derartige Massnahmen bereits mit welchem Erfolg durchgeführt werden. Anhand der Ergebnisse der neu entwickelten, alterssensitiven Interventionsstudie „Gesund und Fit Älter Werden“ soll nicht zuletzt auch auf die Perspektive von älteren Menschen selbst eingegangen werden: Welche Präferenzen gibt es hinsichtlich der Gestaltung des eigenen Alterns und welche Anstrengungen unternehmen ältere Menschen, um sich auf das eigene Älterwerden vorzubereiten? 10:45 – 11:00 ES02-02 Körperliches Training: ‚Evidence based‘ versus ‚practice based‘? S. Eichberg, H. Mechling; Köln Alter(n) ist nicht unbedingt mit einem generellen Abbau von Leistungen verbunden. In vielen Studien wurde die Trainierbarkeit und Adaptations fähigkeit belegt. Zunehmend stellen sich positive Wirkungen von körperli chem Training auf kognitive Leistungen heraus. Doch diese positiven Effekte sind nicht bei jedem älteren Menschen und nicht im gleichen Maße nachweisbar. Zwei Themenkomplexe stehen dabei im Fokus: die indivi-
duellen Voraussetzungen und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse für die Praxis. Zur Diskussion steht, ob und wie die aus Studien mit gesunden älteren Menschen gewonnenen Trainingsempfehlungen auf unterschiedliche Zielgruppen in unterschiedlichen Settings übertragbar und vergleichbar sind. Dafür ist es notwendig, die Defizite bei der Umsetzung – von den idealtypischen Forschungs- in die realtypischen Alltagsbedingungen – zu analysieren. 11:00 – 11:15 ES02-03 Gesundheitsförderung im Alter: Zur Bedeutung verhältnispräventativer Maßnahmen G. Naegele, M. Reichert; Dortmund Angesichts der demografischen Entwicklung, der u.a. dadurch beeinflussten Veränderung im Krankheitsspektrum der Bevölkerung und des Anstiegs der Krankheitskosten im Alter gewinnt das Thema Gesundheitsförderung und Prävention auch für ältere Menschen zunehmend an Bedeutung. Dabei gilt es auf zwei Dimensionen in ganz besonderer Weise zu achten: (1) Viele Krankheitsrisiken auch älterer Menschen lassen sich nur vor dem Hintergrund einer Lebenslaufanalyse erklären, (2) es gibt auch gesundheitliche (soziale) Ungleichheit im Alter. Hierbei handelt es sich keineswegs um „neue“ Erkenntnisse, allerdings finden die sich daraus ergebenden Konsequenzen eher selten eine explizite Berücksichtigung in Programmen und Konzepten der Gesund heitsförderung und Prävention. Der Beitrag beleuchtet die o.g. Trends und versucht Hinweise zu geben, wie ein solcher Paradigmenwechsel aussehen könnte. Besondere Beachtung verdienen sollen die Aspekte von Verhältnisprävention und geeignete „Settings“. 11:15 – 11:30 ES02-03 Können, dürfen, müssen: Das Alter zwischen Nutzung und Anerkennung S. van Dyk, S. Lessenich; Jena In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich hierzulande ein Wandel des öffentlich verhandelten Altersbildes vollzogen. Ein ethisch-individualistischer Anerkennungsdiskurs, in dessen Zentrum die Absicht steht, ‚den Alten’ durch Mobilisierung ihrer Potenziale ‚gerecht zu werden’, ist dabei zunehmend durch einen ressourcenökonomischen Nutzendiskurs überlagert worden, dem es darum geht, die Potenziale ‚des Alters’ gesellschaftlich ‚produktiven’ Verwendungen zuzuführen. Die Aktivierung dieser Potenziale erscheint dabei als klassische win-win-Strategie, kommt sie doch – so die verbreitete Annahme – allen Seiten zugute: der Gesellschaft als gemeinwohldienliche Ressource, den Alten als diskriminierungssensible Integrationsverheißung; was (ressourcen-)ökonomisch unter Verweis auf den demografischen Wandel als notwendig deklariert wird, scheint somit zugleich ethisch geboten. Der Beitrag geht den widersprüchlichen Folgen dieser engen Verschränkung von Aktivität und Anerkennung nach. Diskutant H.-W. Wahl, Heidelberg Hans-Werner Wahl ist Professor für Psychologie und Leiter der Abteilung für Psychologische Alternsforschung der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Im Jahr 2009 wurde Hans-Werner Wahl mit dem M. Powell Lawton Award der Gerontological Society of America (GSA), eine der weltweit höchsten Auszeichnungen im Bereich der Angewandten Alternsforschung, ausgezeichnet.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 2 10:30 – 12:00 Symposium Der Sechste Altenbericht der Bundesregierung: Altersbilder in der Gesellschaft Moderation: F. Berner, Berlin
Eine Gesellschaft des langen Lebens stellt den einzelnen Menschen sowie die Gesellschaft als Ganzes vor besondere Aufgaben und Anforderungen. Wie das Individuum und die Gesellschaft mit diesen Aufgaben und Anforderungen umgehen, hängt auch von Altersbildern ab. Altersbilder üben in zahlreichen Bereichen des Lebens Einfluss sowohl auf die Verwirklichung von Entwicklungsmöglichkeiten im Alter als auch auf den Umgang mit Grenzen im Alter aus. Die Reflexion von Altersbildern und die Reflexion der Bedeutung von Altersbildern für den Umgang mit Chancen und Anforderungen einer Gesellschaft des langen Lebens sind deshalb wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Die Sechste Altenberichtskommission wurde von der Bundesregierung damit beauftragt, Altersbilder in Wirtschaft und Gesellschaft sowie in Politik und Kultur zu untersuchen und aufzuzeigen, in welcher Hinsicht sich diese Altersbilder auf die Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen und kulturellen Fortschritt auswirken. Im Juni 2010 hat die Sechste Altenberichts kommission ihren Bericht an die Bundesregierung übergeben. In diesem Symposium werden einzelne Thesen und Ergebnisse aus dem Sechsten Altenbericht vorgestellt und mit dem Publikum diskutiert. 10:30 – 10:45 Altersbilder in Medien und Politik A. Kruse, Heidelberg Die Untersuchung von Altersbildern in der Politik ergibt ein heterogenes Bild. Einerseits zeigt eine historische Analyse von Bundestagsdebatten, dass die Verschiedenartigkeit der Lebensumstände älterer Menschen in den vergangenen Jahrzehnten von Politikern differenzierter wahrgenommen wurde. Andererseits werden auch in aktuellen politischen Debatten häufig immer noch einseitige Altersbilder verwendet. Nur wenn sich der politische Diskurs von differenzierten Altersbildern leiten lässt, ist sichergestellt, dass die Vielfalt des Alters erkannt wird und entsprechend differenzierte politische Konzepte entwickelt werden. 10:45 – 11:00 Altersbilder in der Arbeitswelt M. Hüther, Köln In der Arbeitswelt wird Altersbildern gewöhnlich große Bedeutung für die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zugeschrieben. Es gibt jedoch auch gute Gründe für die Annahme, dass die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen weniger direkt von Altersbildern und von durch Altersbilder geprägte Personalstrategien in Unternehmen, sondern vielmehr von strukturellen Rahmenbedingungen abhängt. In der Vergangenheit war die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen niedrig, als Folge dominierten eher negative Altersbilder. Inzwischen vollzieht sich ein Wandel: Die Potenziale Älterer können in der Arbeitswelt immer weniger ignoriert werden. Man kann erwarten, dass sich in Folge einer stärkeren Präsenz älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Unternehmen positive organisationale Altersbilder entwickeln werden. 11:00 – 11:15 Altersbilder und Gesundheit U. Walter, Hannover Es wird gezeigt, welche negativen Folgen einseitige oder falsche Altersbilder für die Ge-sundheit und damit für die Lebensbedingungen älterer Menschen haben können. Die Ge-sundheit älterer Menschen wird in dreierlei Hinsicht von Altersbildern beeinflusst: Erstens kommt es auf Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts die Vorstellungen vom Altern und älteren Menschen an, die explizit oder implizit hinter dem beruflichen Selbstverständnis von Akteuren im Gesundheitswesen stehen und handlungsleitend für die Ausgestaltung der gesundheitsbezogenen Versorgung, der kommu-nalen Räume und der gesundheitsförderlichen, präventiven und sozialen Maßnahmen sind. Zweitens beeinflussen die Altersbilder der älteren Menschen selbst ihr Gesundheitsverhalten und ihre Wahrnehmung gesundheitserhaltender und gesundheitsfördernder Angebote. Drit-tens setzt eine adäquate Versorgung älterer Menschen von Seiten der Ärzte und Ärztinnen spezifisches Wissen, Qualifikation und kommunikative Fähigkeiten voraus; die bisherige und bestehende Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzten und Ärztinnen wird diesem Bedarf nicht gerecht. 11:15 – 11:30 Altersbilder und Bildung R. Tippelt, München Individuelle Altersbilder hängen mit sozialstrukturellen Merkmalen, insbesondere mit dem Bildungsstand, zusammen. Die Teilhabe an Bildungs maßnahmen im Erwachsenenalter wird einerseits von den individuellen Altersbildern beeinflusst, sie wirkt andererseits auf die Vorstellungen vom eigenen Altern zurück. In diesem Kontext gewinnt auch die Frage, wie jene Menschen für Bildungsmaßnahmen im Alter gewonnen werden können, die in früheren Lebensjahren nur selten Bildungsangebote genutzt haben, besondere Bedeutung. Altersbilder spielen eine Rolle beim bildungsvermittelnden Austausch zwischen jüngeren und älteren Menschen: Negative Bilder von der älteren oder jüngeren Generation werden als Barrieren für intergenerative Lernprozesse wirksam, umgekehrt begünstigt die positive Wahrnehmung der jeweils anderen Generation den Wunsch und die Bereitschaft, miteinander und voneinander zu lernen.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 3 10:30 – 12:00 S15 Symposium der Sektion II Berliner Altersstudie II (BASE-II): Eine multidisziplinäre Studie zu physiologischen und pathologischen Veränderungen des Alterungsprozesses Moderation: E. Steinhagen-Thiessen, Berlin
Dieses Symposium stellt das Studiendesign, Ziele und erste Ergebnisse der BASE-II vor. BASE-II ist ein gemeinsames Projekt der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité am EGZB, dem Max-Planck-Institut (MPI) für Bildungsforschung, dem MPI für molekulare Genetik und dem Sozio-Ökonomischen Panel (SOEP). In dieser von der Max-Planck-Gesellschaft und dem BMBF geförderten multidisziplinären Studie werden 2200 Probanden aus Berlin in zwei Gruppen (20-30 sowie 60-70 Jahre) untersucht. BASE-II widmet sich dabei der Erfassung, dem Vergleich sowie dem Follow-up von medizinischen, kognitiven, neuropsychologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten in den verschiedenen Altersgruppen. Hauptziel ist die Identifizierung von Biomarkern, die eine Prädiktion von Erkrankungen in einem frühen Stadium und damit eine frühzeitige therapeutische Intervention ermöglichen. 2200 Probanden wurden bereits auf ihre kognitive Funktion getestet, 1300 wurden nach dem Protokoll des SOEP befragt und 500 Probanden haben sich bereits einer eingehenden medizinischen sowie neuropsychologischen Untersuchung unterzogen (Anamneseerhebung, klinische Untersuchung, Laboruntersuchungen, neuropsychologisches Assessment, motorische Funktionsprüfung, Ganganalyse, Electronic Tapping und Grooved Pegboard Test, Knochendichtemessung, bioelektrische Impedanzmessung, Hör- und Sehtest, Herzfunktionsprüfung, Frailty). In dem Symposium sollen erste Ergebnisse zur Selektivität der Stichproben, verschiedene Faktoren der Lebensqualität, der Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und dem Frailty-Syndrom sowie Methoden zur Früher-
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kennung von kardialen Arrhythmien und Mild Cognitive Impairment präsentiert werden. 10:30 – 10:45 S15-01 BASE-II: Ruhe-EKG und 2-Stunden-EKG im Vergleich bei der Prädiktion kardialer Arrhythmien N. El-Zidy-Ibrahim, A. Töpper, K. Scileppi, D. Spira, D. Meierkord-Palme, S. Kubenz, W. Haverkamp, E. Steinhagen-Thiessen; Berlin Fragestellung: Das Ruhe-EKG ist ein breit angewandtes diagnostisches Mittel zur Abklärung kardialer Erkrankungen. Oft können intermittierende Herzrhythmusstörungen (HRST) darin jedoch nicht erfasst werden. Der derzeitige Goldstandard hierfür ist das zeitaufwendige 24-Stunden-EKG. Von hoher klinischer Relevanz wäre somit eine zeitsparende Alternative. Methoden: Um die Sensitivität der beiden Techniken (Ruhe-EKG versus 2-Stunden-EKG) miteinander zu vergleichen, wurden bei 300 Teilnehmern der Berliner Altersstudie II jeweils ein 12-Kanal-Ruhe- und ein 2Stunden-EKG angelegt. Untersucht wurden die Herzfrequenzvariabilität, die Rhythmusform sowie ventrikuläre und supraventrikuläre Ereignisse, um bisher unbekanntes intermittierendes Vorhofflimmern zu erfassen und Variablen zu erforschen, die prädiktive Hinweise für das Vorliegen von Vorhofflimmern zulassen. Ergebnisse: In dem Symposium sollen erste Ergebnisse zur Selektivität und Sensitivität der Variablen zu den klinischen Fragestellungen vorgestellt werden. Interpretation: Die Verlängerung der Beobachtungsdauer auf zwei Stunden soll Patienten identifizieren, deren intermittierende HRST mit dem Ruhe-EKG nicht erfasst werden und die ein höheres Risiko für kardiale Arrhythmien haben. Ein weiterer Vorteil des 2-Stunden-EKGs gegenüber dem Ruhe-EKG ist die Erfassung von kardialen Arrhythmien unter körperlicher Belastung. Ziel von BASE-II ist damit die Entwicklung von Methoden zur Früherkennung von kardialen Arrhythmien bei körperlicher Belastung unter ambulant einfachen, zeitsparenden Bedingungen. 10:45 – 11:00 S15-02 Update zur Genetik neurodegenerativer Erkrankungen L. Bertram, Berlin Fragestellung: Die Suszeptibilität neurodegenerativer Erkrankungen des Alters wird durch unterschiedliche genetische Faktoren bestimmt. Innerhalb der letzten dreißig Jahre wurden eine große Anzahl solcher potentieller Risikofaktoren z.B. für die Alzheimer-Krankheit (AD), das idiopathische Parkinson-Syndrom (PD), die frontotemporale Demenz (FTD) sowie für die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) beschrieben. Dieses ohnehin komplexe Gefüge an genetischen Daten wird weiter verkompliziert durch die Ergebnisse genomweiter Assoziationsstudien. Methoden: Um die Evaluation und Interpretation dieser Ergebnisse zu vereinfachen, hat unsere Gruppe einen systematischen synoptischen Ansatz entwickelt, mit dem wir genetische Assoziationsdaten in Form von Online-Datenbanken verwalten und öffentlich zugänglich machen (z.B. „AlzGene“ unter www.alzgene.org [Bertram, 2007 Nat Genet 39: 17-23], und „PDGene“ unter www.pdgene.org). Außer einer extensiven Annotierung aller relevanten Daten werden auf diesen Datenbanken auch die Resultate von systematischen Meta-Analysen der zugrundeliegenden genetischen Marker präsentiert. Ergebnisse: Derzeit zeigen über 50 verschiedene Loci signifikante Assoziationen mit AD, PD, FTD und ALS, wobei einige der zugrundeliegenden Marker mit mehreren Erkrankungen gleichzeitig assoziiert sind. Insbesondere diese Loci stellen vielversprechende Kandidatengene für viele der im Rahmen von BASE II erfassten Phänotypen dar. Obwohl einige Assoziationen eine „starke“ epidemiologische Glaubwürdigkeit aufweisen sind ihre Effektstärken grösstenteils nur gering (odds ratios Interpretation: In meinem Vortrag werde ich Hintergrund und Methodik unseres Datenbankansatzes beschreiben und dabei die klinischen und pathophysiologischen Implikationen der derzeit konsistentesten Ergebnisse diskutieren.
11:00 – 11:15 S15-03 Genomic Studies of Neuromodulation of Memory Aging S.-C. Li, DA-Study Team; Berlin Objective: The frontal-hippocampal memory circuitry is affected by aging at the neuroanatomical, neurofunctional, and neurochemical levels. Guided by computational theories relating dopaminergic modulation to neuronal noise and distinctiveness of memory representations, we combined neurocomputational, genomic behavioral, and genomic imaging approaches to investigate the effects of neuromodulation on memory aging. Method: In a large sample of younger (20 o 30 years) and older (60 to 70 years) Berlin residents we assessed working memory and episodic memory functions along with genetic data relevant for individual differences in dopaminergic modulation (e.g., COMT, DAT, DRD2) and other genetic factors related to memory functions (e.g., KIBRA and DBNF). Conclusion: Our results indicate that dopamine relevant genotypes interact with aging and other genes affecting hippocampal processes in affecting memory functions. 11:15 – 11:30 S15-04 Neuropsychologisches Screening zur Erkennung von MCI in BASE-II N. Bucholtz, G. Lämmler, D. Meierkord-Palme, S. Kubenz, K. Scileppi, K. Hoffmann, E. Steinhagen-Thiessen; Berlin Fragestellung: Im klinischen Alltag wird häufig der Mini Mental Status Test (MMST) als Demenz-Screening eingesetzt. Dessen Sensitivität zur Erkennung von Mild Cognitive Impairment (MCI) als potenzieller Vorform von Demenz und leichtgradigen Demenzen ist aber gering. Bei der Bewertung der Ergebnisse werden jedoch unterschiedliche Cut Offs gewählt. Zudem wird der Einfluss von Alter, Bildung und Geschlecht auf das Resultat selten berücksichtigt. Im Unterschied zum MMST gibt der Test DemTect Normwerte für zwei Altersgruppen an. Geschlecht und Bildung bleiben aber ebenso unberücksichtigt. In BASE-II werden der MMST und der DemTect untersucht. Dabei wird auch der Effekt von demographischer Variablen auf die diagnostische Güte betrachtet. Methoden: Neben dem MMST und DemTect untersuchen wir die Teilnehmer mit der neuropsychologischen CERAD-Testbatterie, die als Referenz zur Diagnosestellung MCI bzw. Demenz dient. Zusätzlich werden Alter, Geschlecht und Ausbildung der Probanden erfragt. Ergebnisse: Von den bereits untersuchten Probanden im Alter von 62-82 Jahren weist der MMST bei 2% der Probanden einen Wert ≤ 24 von 30 Punkten auf, was auf eine kognitive Beeinträchtigung hinweist. Entsprechend der strengen CERAD-Normierung liegt eine mögliche Beeinträchtigung bei ≤ 28 Punkten vor, was auf 20% der Probanden zutrifft. Nach Auswertung des DemTect trifft mit ≤ 12 von 18 Punkten bei 4% der Probanden eine kognitive Beeinträchtigung zu. Interpretation: Der Anteil von Probanden mit einer möglichen kognitiven Beeinträchtigung variiert je nach gewähltem Verfahren und Cut Off. Es werden erste Analysen zur diagnostischen Güte der Verfahren zur Detektion von MCI und Demenz präsentiert. Es wird überprüft, ob sich die Güte durch die Einbeziehung demographischer Variablen verbessert. 11:30 – 11:45 S15-05 Longitudinale Untersuchungen der Studienteilnehmer der Berliner Altersstudie I (BASE I) über 19 Jahre V. Moskiou, N. El-Zidy-Ibrahim, D. Spira, K. Hoffmann, E. Steinhagen-Thiessen; Berlin Fragestellung: Das Altern ist ein biologischer, psychologischer und sozialer Prozess. Die Unterscheidung des Lebensalters vom funktionalen Alter, die kumulativen Auswirkungen früher Lebenserfahrungen auf das Alter, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen und deren Kapazitätsreserven im Alltag sowie die Sorge um Lebensqualität mit zunehmendem Alter waren die Hauptfragestellungen der Berliner Altersstudie I.
Methoden: Die repräsentativ randomisierte Kernstichprobe der Berliner Altersstudie I (N=512) wurde nach Geschlecht und Alter stratifiziert. Die Studie gewährte multidisziplinäre Einblicke (Innere Medizin, Gerontologie, Psychiatrie, Psychologie, Soziologie, Sozialpolitik) ins Leben und Altern jedes Studienteilnehmers. Seit 1990 wurden acht Messzeitpunkte durchgeführt (1990-1993, 1993-1994, 1995-1996, 1997-1998, 2000, 2004, 2005, 2008-2009). Im Zeitraum von Mai 2008 bis Juni 2009 wurden insgesamt 22 Überlebende im Alter von 86 bis 102 Jahre in ihrer Häuslichkeit in 6 bis 11 Sitzungen untersucht. Ergebnisse: Die erhobenen längsschnittlichen Daten zeigten zwar eine Multimorbidität, Multimedikation und multiple Funktionseinbuße im Alter, gleichzeitig aber auch eine große Plastizität in der Alltagskompetenz durch verschiedene Kompensationsmechanismen. Interpretation: Die Studie fokussierte auf das hohe Alter (über 70 Jahre alt) sowie Lebensende und gab Aufschluss auf die objektive und subjektive körperliche und geistige Gesundheit, Risikoprofile, Medikation, funktionelle Kapazität und Alltagskompetenz sowie sozioökonomischen Lebensbedingungen. 11:45 – 12:00 S15-06 BASE-II: Die Rolle des Vitamin-D-Mangels bei der Entstehung des Frailty-Syndroms D. Spira, K. Külbel, N. El-Zidy-Ibrahim, V. Moskiou, E. Steinhagen-Thiessen, H. K. Berthold; Berlin Fragestellung: Das Frailty-Syndrom ist ein multidimensionales geriatrisches Syndrom, welches durch einen Verlust an Funktionalität gekennzeichnet ist und mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einhergeht. Es ist davon auszugehen, dass ein Mangel an Vitamin D -weit verbreitet in der deutschen Bevölkerung- häufig assoziiert ist mit Bedingungen, die die Entwicklung von Frailty begünstigen können. Methoden: Aus einem Probandenkollektiv der Berliner Altersstudie Teil II von insgesamt 2200 Personen wurden die ersten 300 zwischen 60 und 80 Jahre alten Teilnehmer untersucht: Neben der Bestimmung der Serumkonzentration von 25(OH)Vitamin D3 erfolgte eine breit gefächerte laborchemische Untersuchung hinsichtlich korrelierender Parameter, ein umfangreiches geriatrisches Assessment zur Beurteilung von Selbstversor gungsaktivität, physischer Performance und Mobilität, sowie Kognition und Ernährung, die Bestimmung von Knochendichte und Körperzu sammensetzung mittels DEXA-Scan, sowie eine Erhebung über Ernährungsgewohnheiten und physische Aktivität durch Fragebögen. Ergebnisse: Die zu erwartende hohe Prävalenz eines Vitamin-D-Mangels fand sich bestätigt. 64 % der Teilnehmer wiesen eine insuffiziente Vitamin D-Versorgung von <50 nmol/l auf und nur 5,4 % der Teilnehmer erreichten die nach neueren Erkenntnissen empfohlene SerumKonzentration von >75 nmol/l. Interpretation: Es werden weitere Daten präsentiert, die Aufschluss über mögliche pathologische Mechanismen geben, welche über einen inadequaten Vitamin D-Status und dessen Folgen zur Entstehung von PreFrailty und Frailty führen können.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 6 10:30 – 12:00 S16 Symposium der Sektion III Salutogenese im Alter Moderation: U. Wiesmann, Greifswald
In diesem Symposium werden vier salutogenetisch konzipierte Greifswalder Studien vorgestellt (Antonovsky, 1987), die die psychologische Bedeutsamkeit des Sense of Coherence (SOC) und ausgewählter Ressourcen für ein gesundes Altern in unterschiedlichen Kontexten zeigen.
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Abstracts Der erste Beitrag fokussiert das Phänomen des Wohlbefinden-Paradoxons in einer heterogenen Stichprobe unabhängig lebender älterer Menschen. Im Rahmen von Strukturgleichungsmodellen wird gezeigt, dass SOC und psychologische Ressourcen die Wirkungen subjektiver körperlicher Veränderungen auf die psychische Befindlichkeit vermitteln. Der zweite Beitrag untersucht die Bedeutung sozialer Ressourcen für die psychische Befindlichkeit von institutionalisiert lebenden Menschen. Im Rahmen von Strukturgleichungsmodellen wird dargelegt, dass der SOC Wirkungen von sozialer Integration und sozialer Unterstützung auf die psychische Befindlichkeit im hohen Lebensalter vermittelt. Der dritte Beitrag erforscht die subjektive Gesundheit älterer Menschen in Abhängigkeit zu ihrer Wohnform (eigener Haushalt, betreutes Wohnen oder Altenheim). Es wird diskriminanzanalytisch aufgewiesen, dass Merkmale bio-psycho-sozialer Gesundheit den Grad der selbstständigen Lebensführung vorhersagen und die diskriminierenden Dimensionen mit dem SOC als Maß für Coping-Fähigkeit assoziiert sind. Im vierten Beitrag wird eine salutogenetische Analyse von Eriksons Lebenszyklus-Modell vorgenommen. Nach Antonovsky und Sagy (1990) bestimmen vier Entwicklungsaufgaben den Ausgang der letzten Stufe Integrität vs. Verzweiflung: Aufrechterhaltung der aktiven Einbindung, Neubewertung der Lebenszufriedenheit, Entwicklung eines gesundheits förderlichen Lebensstils und eine Neubewertung des SOC. Das finale Strukturgleichungsmodell zeigt, dass die erfolgreiche Aufgabenbewältigung Verzweiflung (Depression) bei aktiven älteren Menschen vorbeugt und dass ein starker SOC in diesem Rahmen eine steuernde präventive Funktion hat. 10:30 – 10:45 S16-01 Eine salutogenetische Analyse des Wohlbefinden-Paradoxons im höheren Lebensalter U. Wiesmann, H.-J. Hannich; Greifswald Fragestellung: Die gerontologische Forschung zeigt einerseits, dass die körperliche Gesundheit die psychische Befindlichkeit im höheren Lebensalter beeinflusst. Andererseits weisen Studien eine gute psychologische Anpassung trotz nachlassender physischer Gesundheit auf (Resilienz). Wir untersuchen, inwiefern der Sense of Coherence (SOC) und psychologische Coping-Ressourcen (PCR) die Wirkungen körperlicher Veränderungen auf die psychologische Anpassung vermitteln. Methoden: An unserer Fragebogenstudie nahmen 387 ältere Menschen teil (M = 73.8 Jahre). Wir erfassten die subjektive körperliche Gesundheit, SOC und PCR (Optimismus, Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl und soziale Unterstützung, die eine Dimension abbildeten) als Mediatoren sowie vier abhängige Maße der psychologische Anpassung (Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden, Depression und psychische Gesundheit). Die Analysen erfolgen anhand von Strukturgleichungsmodellen. Ergebnisse: In allen vier Pfadmodellen zeigte sich ein signifikanter direkter Effekt der körperlichen Gesundheit auf die psychologische Anpassung. Während die indirekten Wirkungen der körperlichen Gesundheit via SOC auf die psychologische Anpassung signifikant waren, zeigten sich indirekte Effekte via PCR nicht. Wirkungen der körperlichen Gesundheit auf PCR wurden durch das SOC vermittelt, und PCR mediierten wiederum die SOC-Wirkungen auf die psychische Befindlichkeit. Interpretation: Die Aufrechterhaltung der körperlichen Gesundheit ist Grundlage für die Prävention psychischer Störungen. Psychologische Resilienzfaktoren wie der SOC und andere psychologische Coping-Ressourcen erklären zusätzlich interindividuelle Unterschiede in der Beziehung zwischen körperlicher und psychologischer Gesundheit. Sie stellen maßgebliche Determinanten für die psychische Gesundheit dar.
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10:45 – 11:00 S16-02 Soziale Integration, Soziale Unterstützung und psychische Befindlichkeit von institutionalisiert lebenden älteren Menschen: Eine salutogenetische Analyse M.-L. Becker, U. Wiesmann, H.-J. Hannich; Greifswald Fragestellung: Wir untersuchen die Auswirkungen von sozialer Integration und sozialer Unterstützung auf die psychische Befindlichkeit von kognitiv unbeeinträchtigten älteren Menschen, die in Alteneinrichtungen leben. Ausgehend von Antonovskys Salutogenese-Modell wird geprüft, inwiefern der Sense of Coherence (SOC) ein Mediator dieser Beziehung darstellt. Methoden: Es wurde ein Interview mit 190 kognitiv unbeeinträchtigten AltenheimbewohnerInnen (18.4% Männer) aus 22 Einrichtungen durchgeführt, die durchschnittlich 84 Jahre alt waren (Range: 65-102). Es wurden erhoben: Soziale Integration, Soziale Unterstützung, Kohärenzgefühl, und vier Outcomes psychischer Befindlichkeit: psychologische Gesundheit, Wohlbefinden, Zufriedenheit mit der Gesundheit und Allgemeine Lebenszufriedenheit. Die Auswertung erfolgt auf Grundlage eines saturierten Strukturgleichungsmodells mit Sozialer Integration und Sozialer Unterstützung als exogene Variablen, dem SOC als Mediator sowie dem jeweiligen Outcome. Ergebnisse: In allen vier Pfadanalysen zeigte sich ein signifikanter direkter Effekt des SOC und ein signifikanter indirekter Effekt der sozialen Unterstützung auf die psychische Befindlichkeit, während der indirekte Effekt der sozialen Integration marginal signifikant wurde. Die direkten Effekte der sozialen Integration und sozialen Unterstützung waren insgesamt betrachtet nicht signifikant. Interpretation: Die Befunde unterstreichen die psychologische Bedeutsamkeit des SOC für ein erfolgreiches Altern. Im Sinne des SalutogeneseModells stellen soziale Integration und soziale Unterstützung Ressourcen dar, die eine kohärente Lebensorientierung formen, die wiederum sich positiv auf die psychische Befindlichkeit auswirkt. 11:00 – 11:15 S16-03 Diskriminierende Dimensionen der selbstständigen Lebensführung und Sense of Coherence im höheren Lebensalter A. Richter, U. Wiesmann, H.-J. Hannich; Greifswald Fragestellung: Wir untersuchen, welche subjektiv berichteten Merkmale bio-psycho-sozialer Gesundheit die Wohnform und damit den Grad selbstständiger Lebensführung vorhersagen und inwiefern der SOC als Coping-Ressource mit den diskriminierenden Dimensionen korreliert Methoden: An unserer Befragung nahmen 159 kognitiv unbeeinträchtigte Menschen teil (M = 77.8 Jahre), die im eigenen Haushalt (EH), im betreuten Wohnen (BW) oder im Altenheim (AH) lebten. Wir erfassten den SOC sowie gesundheitsrelevante biologische (Alter, körperliche Gesundheit, Multimorbidität) psychische (psychische Gesundheit, Allgemeine Lebenszufriedenheit und Zufriedenheit mit der Gesundheit) und soziale Marker (Integration und Unterstützung). Die Hypothesen wurden diskriminanz- und korrelationsstatistisch geprüft. Ergebnisse: Beide Diskriminanzfunktionen waren signifikant: Somatopsychische Gesundheit (88.1% erklärte Varianz) kennzeichnete EH als hoch gesund, wobei BW und AH sich in ihrer Krankheitslast nicht unterschieden, und soziale Gesundheit trennte zwischen allen drei Gruppen, wobei die Gruppen-Zentroiden von BW positiv, EH neutral und AH negativ waren. Die Klassifikationsquote betrug 64.8%. Die Diskriminanzfunktionen waren SOC-abhängig. Interpretation: Die positive subjektive Sicht der somatopsychischen Gesundheit wird im Wesentlichen durch die selbstständige Lebensführung (EH) geprägt, während BW und AH sich in einer negativen Sicht widerspiegelt. Demgegenüber ermöglicht das BW ein konsistentes soziales Eingebundensein, das das Leben im Altenheim nicht bietet. Subjektive Gesundheitseinschätzungen erweisen sich insgesamt als wenig geeignet für die Vorhersage der Wohnform. AH-Bewohner verdienen aufgrund ihrer somatopsychischen und sozialen Defizite und geringen Coping-Ressourcen besondere Aufmerksamkeit.
11:15 – 11:30 S16-04 Integrität vs. Verzweiflung als Outcome von Entwicklungsaufgaben im Alter: Eine salutogenetische Perspektive J. Schulz, U. Wiesmann1, H.-J. Hannich1; Jena, 1Greifswald Fragestellung: Die letzte Stufe in Eriksons Lebenszyklus-Modell beinhaltet die Krise Integrität vs. Verzweiflung. Nach Antonovsky und Sagy (1990) beugt die Bewältigung von vier Entwicklungsaufgaben – eine Neuorientierung hinsichtlich aktiver Einbindung, Lebenszufriedenheit, gesundheitsförderlicher Lebensstil und Sense of Coherence (SOC) – Verzweiflung (Depression) vor. Wir untersuchen, inwiefern der SOC die Bewältigung der anderen Entwicklungsaufgaben steuert. Methoden: An unserer Fragebogenstudie nahmen 170 ältere aktive Menschen teil (M = 67 Jahre). Wir erfassten das Ausmaß an Aktivitäten, Zufriedenheit mit dem Leben in der Vergangenheit/Gegenwart/Zukunft, Lebensstil und SOC als Maße für erfolgreiche Aufgabenbewältigung sowie Depression als Maß für Disintegrität. Die modellgenerierende Analyse erfolgte auf Grundlage von Strukturgleichungsmodellen. Ergebnisse: Unser finales Pfadmodell setzte sich aus einer exogenen Variable (SOC), fünf Mediator- und einer Outcome-Variablen (Depression) zusammen, das die Daten adäquat abbildete. Das SOC hatte einen signifikanten direkten Effekt auf alle Variablen und schwächte Depression auch indirekt über Aktivität sowie Zufriedenheit mit der Gegenwart und Zufriedenheit mit der Zukunft ab. Die aktuelle Lebenszufriedenheit hatte den stärksten direkten mildernden Effekt auf Depression. Interpretation: Das SOC spielt eine maßgebliche Rolle für die erfolgreiche Lösung der Krise Integrität vs. Verzweiflung, wobei ein starkes SOC die erfolgreiche Bewältigung der drei Aufgaben aktive Einbindung, Lebenszufriedenheit und gesundheitsförderlicher Lebensstil steuert. Die aktuelle Lebenszufriedenheit ist ein weiterer Schlüssel zur Ego-Integrität, was die Bedeutsamkeit der Lebensrückschau als Medium für erfolgreiches Altern unterstreicht.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 1 10:30 – 12:00 PS04 Papersession der Sektion IV Personalentwicklung und Kooperation in der Pflege Moderation: U. M. Fichtmüller, Dresden
10:30 – 10:45 PS04-01 Erfolgreiche regionale Vernetzung im Gesundheits-, Pflege- und Altenhilfebereich im QVNIA e.V. – Strukturen, Ergebnisse, Erfahrungen G. Seibt, Berlin Der Qualitätsverbund Netzwerk im Alter Pankow e.V. (QVNIA e.V). ist als ehemaliges Modellprojekt 2003 aus dem Modellprogramm „Altenhilfestrukturen der Zukunft“ hervorgegangen. Heute ist das Netzwerk ein Verein, dem derzeit 47 Mitglieder mit 56 Einrichtungen aus dem Gesundheits-, Pflege- und Altenhilfebereich angehören. Das sind Krankenhäuser, ambulante Pflegedienste, Altenpflegeheime, Kurzzeitund Tagespflegeeinrichtungen, Therapeutische Praxen, Betreute Wohnformen sowie Beratungsstellen. Der Verein engagiert sich für Pankower Bürgerinnen und Bürger, die akut oder chronisch krank, pflege- und/ oder rehabilitationsbedürftig sind, und deren Angehörige. Den Mitgliedern geht es um Qualität, Transparenz und Verbindlichkeit in der wohnortnahen Vernetzung der vorhandenen Angebote. Gemeinsame Vorhaben werden über vereinsinterne Richtlinien umgesetzt und durch laufende interne Fortbildungsmaßnahmen und Maßnahmen einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Bedingungen und Erfahrungen einer erfolgreichen regionalen Vernetzung werden vorgestellt und Bezüge zur aktuellen Reform der Pflege- und Gesundheitsversicherung hergestellt.
10:45 – 11:00 PS04-02 Medizinische Versorgung von Pflegeheimbewohnern. Ergebnisse einer Studie mit besonderer Berücksichtigung der Kooperation zwischen Pflegeheimen, niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern R. Brunnett, H. Döhner; Hamburg Fragestellung: Mit der Verabschiedung des PfWG und der Option für die Einführung von Heimärzten gewinnt die medizinische Versorgung von Pflegeheimbewohnern an politischer Brisanz. Neuere Studien belegen gravierende Defizite im herkömmlichen Modell der ärztlichen Versorgung, zeigen aber auch Ansätze zur Qualitätssteigerung auf. Die Bedeutung der Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen in der medizinischen Versorgung der Pflegeheimbewohner wird dabei unterstrichen. 2008 wurde eine von der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg geförderte Studie zur medizinischen Versorgung von Pflegeheimbewohnern durchgeführt. Im Mittelpunkt standen Abstimmungsprobleme und Verbesserungsansätze. Auf dieser Grundlage sollten Vorschläge zur besseren Kooperation in Verbindung mit veränderten Versorgungskonzepten entwickelt werden. Methoden: Es wurden schriftliche Befragungen bei den Hamburger Pflegeheimen, Hausärzten und Krankenhäusern durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in verschieden zusammen gesetzten Gruppen mit dem Fokus auf Veränderungsbedarfe diskutiert. Ergebnisse: Die Sichtweisen der Hausärzte, der Krankenhausärzte und Pflegedienstleitungen auf verschiedene Versorgungsprobleme differieren. Akuter Verbesserungsbedarf wird neben der fachärztlichen und geriatrischen Versorgung in der Überleitung zwischen Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie in den Kooperationsstrukturen gesehen. Vereinzelt haben sich kleine Lösungen bewährt, die der Verstetigung und Finanzierung bedürfen. Interpretation: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Versorgungskonzept des Heimarztes bei den beteiligten Berufsgruppen auf wenig Akzeptanz stößt. Begrüßt werden vielmehr lokale Modelle der berufsgruppenübergreifenden Kooperation und des Austauschs, wie sie im Interdisziplinären Gesprächskreis Geriatrie in Hamburg bereits praktiziert werden. Solche Kooperationen mit dem Fokus auf Pflegeheimbewohner sollten in bereits bestehende Strukturen integriert werden. 11:00 – 11:15 PS04-03 Führungskräfteentwicklung in der stationären Altenhilfe: Eine empirische Analyse A. S. Esslinger, M. Jung, M. Emmert; Nürnberg Fragestellung: Mitarbeiter sind in der stationären Altenpflege eine wichtige Ressource, da sie direkt in Kooperation mit dem Klienten die Dienstleistung erstellen. Entsprechend nimmt hier das Personalmanagement einen bedeutenden Stellenwert ein. Es ist feststellbar, dass dieses Thema nicht ausreichend theoretisch bearbeitet und/oder praktisch umgesetzt wird. Dies gilt insb. für die Führungskräfteentwicklung. Im Zentrum der vorliegenden Studie stand deshalb zunächst den diesbezüglichen Stand der Forschung zu erheben, eine qualitative Befragung unter Führungskräften in einer stationären Altenpflegeeinrichtung durchzuführen und schließlich Ideen für ein Konzept zur Führungskräfteentwicklung vorzustellen. Methoden: Auf Basis eines Literaturreviews wurde ein Interviewleitfaden entwickelt der Themen wie Rollenverständnis, Zusammenarbeit und Arbeitsorganisation beinhaltete. Anhand des Leitfadens wurden 16 qualitative Interviews durchgeführt und einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. Es wurden 22 herausfordernde Bausteine zu sechs Themenbereichen identifiziert und auf Basis der Ergebnisse Vorschläge für eine zielgerichtete Führungskräfteentwicklung unterbreitet. Ergebnisse: Anhand der qualitativen Inhaltsanalyse konnten 369 neutrale bzw. positive und 275 kritische Aussagen der 16 Führungskräfte gezählt werden. Es wird hier speziell auf die überwiegend kritischen Aussagen eingegangen: Handlungsbedarfe bestehen in den Bereichen Infra-
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Abstracts struktur, Führungsstärke, Mitwirkung, Umgangskultur, Feedback und Sonstiges, denen jeweils Subkategorien zugeordnet wurden. Interpretation: Ein Konzept zur Führungskräfteentwicklung muss als wesentliche Bausteine Zeitmanagement, Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit enthalten. Neben den Qualifizierungsbereichen Wissensvermittlung, Kompetenztraining und Persönlichkeitslernen müssen Sozialkonstellationen berücksichtigt werden. Es gelingt dann durch Schulungen Führungskräfte in ihrem Handeln zu stärken und somit den Erhalt der Leistungsfähigkeit der Einrichtung zu sichern. 11:15 – 11:30 PS04-04 Menschen mit Demenz im Krankenhaus Ein praxisorientiertes Schulungskonzept für Pflegende C. Otto, Wiesbaden Fragestellung: Fortbildungen zum Thema Demenz sind in vielen Kliniken und Pflegeheimen zwar mittlerweile gang und gäbe aber oft zu praxisfern. Methoden: Es wurde ein innovatives Fortbildungsconzept entwickelt und in einer Klinik für Akutgeriatrie und Rehabilitation erprobt. Nach einer theoretischen Schulung für alle Pflegenden zum Thema „Umgang mit Patienten mit Demenz“ fand konkrete Fallarbeit mit jeweils nur einer Pflegekraft und der Trainerin statt. Die Pflegekraft bearbeitete den Fall eines Patienten mit Demenz, studierte die Akte, beschrieb das Patientenverhalten, sprach mit den Angehörigen und entwickelt schließlich eigene Ideen, wie dem Patienten der Aufenthalt in der Klinik erleichtert werden könnte. Nach der theoretischen Fallvorstellung besuchten die Pflegekraft und die Referentin gemeinsam den Patienten im Zimmer. Die Trainerin hielt sich dabei im Hintergrund und beobachtete die Interaktionen zwischen Patient und Pflegekraft, bei denen das zuvor in einer Schulung gelernte umgesetzt werden sollte. Anschließend gab es einen vertraulichen Austausch zwischen Referentin und Pflegekraft darüber und schließlich wurde das Team in der darauffolgenden Übergabe über die Ergebnisse der Mini-Schulung informiert. Ergebnisse: Das Training wurde mit 28 Pflegenden umgesetzt. Es fand eine hohe Akzeptanz bei den Pflegenden und der Klinikleitung und bietet vielfältige Transfermöglichkeiten. Interpretation: Schulungen zum Thema Umgang mit Menschen mit Demenz können durch den vorgestellten Ansatz an Praxisnähe, Glaubwürdigkeit und Transfermöglichkeiten erheblich gewinnen. Der Ansatz bietet verschiedene Variationsmöglichkeiten für den Einsatz in unterschiedlichen Feldern der Bildungsarbeit in der Altenhilfe. 11:30 – 11:45 PS04-05 Demenz-Schulung im Pflegeheim – Das Patenschaftsmodell Ein praxisnaher Schulungsansatz C. Otto, Wiesbaden Fragestellung: Wie soll man lernen, eine tragfähige, wertschätzende Beziehung zu demenzkranken Bewohnern aufzubauen? Indem man es tut! Schulungen zum Thema „Umgang mit demenzkranken Heimbewohnern“ finden in vielen Heimen statt. Häufig sind es Einzelveranstaltungen, viel Theorie, wenig Praxisbezug. Das kann für alle Beteiligten frustrierend sein. Methoden: Es wurde daher ein Fortbildungskonzept entwickelt, in der das Thema Beziehungsgestaltung größere Chancen hat, tatsächlich realisiert zu werden als in herkömmlichen Schulungen. In einem Pflegeheim haben sich Pflegekräfte bereit erklärt, für jeweils einen demenzkranken Bewohner eine Art Patenschaft zu übernehmen – bis zum Tode des Bewohners. Einmal wöchentlich wird dieser Bewohner von der Pflegekraft besucht. Die eingesetzte Zeit wird als Arbeitszeit verrechnet. Erlaubt ist alles, außer Pflege!
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Es geht darum, eine Beziehung aufzubauen, bei der es im Zentrum steht, gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen, Dinge zu finden, die beiden Spaß machen, z.B. Stadtbummel, Malen, Singen, Marmelade kochen. Es geht schlicht darum, den Bewohner mit Demenz als Person wahrzu nehmen. Dieser Prozeß wird von der Trainerin, einer Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, begleitet. Theoretisches Wissen wird vermittelt und in den einzelnen Patenschaften umgesetzt. Die Teilnehmenden lernen außerdem, sich gegenseitig zu supervidieren. Ergebnisse: Das Konzept wird derzeit zum vierten Mal in einem im Westerwälder Pflegeheim umgesetzt. Die Teilnehmerinnen berichten, dass sie durch das Projekt, einen demenzkranken Bewohner auf eine völlig neue Weise kennen lernen und diese Erfahrung auf ihre Arbeit mit anderen Bewohnern übertragen können. Auch das Team, das für den jeweiligen Bewohner zuständig ist, profitiert von den Begegnungen, die nicht selten im öffentlichen Raum stattfinden. Interpretation: Beziehungsarbeit als zentrales Element in der Betreuung demenzkranker Heimbewohner muß stattfinden können, um gelernt zu werden. Das vorgestellte Projekt bietet hierzu einen Weg an.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 2 10:30 – 12:00 S17 Symposium der Sektion III Hoffung Alter – Perspektiven auf Arbeit im aktiven Alter Moderation: J. Deller, Lüneburg
Aktuell ändern sich Rahmenbedingungen hin zu einem längeren Verbleib im Arbeitsleben. Dieses Symposium will eruieren, unter welchen Bedingungen sich Menschen vorstellen können, freiwillig im Rentenalter aktiv zu bleiben, sei es in Ehrenamt, bezahlter Arbeit oder als Gründerperson. Hierzu werden empirische Daten vorgelegt. Darüber hinaus behandeln Beiträge die konkrete Realisierung von Arbeit im Rentenalter. Hier kann die Einbringung einer internationalen Perspektive Ideen ergänzen. In einem Methodenmix werden neben der Analyse qualitativer Daten quantitative Daten deskriptiv und regressionsanalytisch ausgewertet. Datenquellen sind neben dem Mikrozensus 2007 des Statistischen Bundesamtes der Datensatz „Weiterbeschäftigung im Rentenalter“ des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung mit 1.500 Beschäf tigten aus dem Jahr 2008, eine Befragung von über 500 Senior Experten aus dem Jahr 2010 sowie 34 qualitative Interviews einer Gründerstudie. Arbeitsleistungen werden in Deutschland auch von Personen im Rentenalter erbracht. Fragt man nach der Intention, im Rentenalter weiterhin Arbeitsleistungen zu erbringen und sich weiterzubilden, so kann sich dies knapp die Hälfte der Befragten vorstellen. Selbst Unterneh mensgründungen werden angestrebt. Dabei zeichnen sich sowohl intendierte als auch realisierte Arbeit im Alter durch den Wunsch nach einer deutlichen Reduzierung der Arbeitszeit unter förderlichen Bedingungen aus. Ein guter Gesundheitszustand allein scheint ein notwendiger, jedoch kein hinreichender Faktor zu sein. Eine Weiterbeschäftigung während der Rente scheint von verschiedenen Faktoren abzuhängen. Das Symposium liefert Hinweise darauf, dass in Kenntnis der Motivlagen u.a. der Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitssituation wichtig zu sein scheint. Beschäftigungsmodelle sind vorstellbar, die dazu beitragen können, die Motivation für ehrenamtliche und bezahlte Arbeit im Alter umsetzen zu können.
10:30 – 10:45 S17-01 Zum Umfang beruflicher Beschäftigung im aktiven Rentenalter in Deutschland J. Deller, L. Maxin; Lüneburg Fragestellung: Viele Menschen bleiben bei weiter steigender Lebenserwartung jenseits des gesetzlichen Renteneintrittsalters geistig und körperlich leistungsfähig (Lehr & Kruse, 2006). Die durchschnittliche Lebenserwartung nach dem Eintritt in den Ruhestand beträgt mittlerweile bei Männern 15 Jahre und bei Frauen 20 Jahre (VDR, 2008). Eine Beschäftigung Älterer über Verrentungsgrenzen hinaus wurde bislang lediglich in Ansätzen diskutiert (Deller & Maxin, 2008; von Weizsäcker, 2000). Dieser Beitrag beschäftigt sich einleitend mit unserem Wissen zum Umfang beruflicher Aktivität von Ruheständlern in Deutschland. Methoden: Erstmals für das Jahr 2007 weist das Statistische Bundesamt im Rahmen des Mikrozensus Daten zur beruflichen Aktivität im Ruhestandalter für die Gruppen ab 65 Jahren aus. Diese Daten werden im Hinblick auf Beschäftigungsformen im Rentenalter ausgewertet. Ergebnisse: Es existiert offensichtlich Erwerbsarbeit jenseits des geltenden Renteneintrittsalters in einem Umfang von ca. 400.000 Personen. Allerdings nehmen nicht alle Berufsgruppen gleichermaßen an Erwerbsarbeit im Rentenalter teil. Die Zahl der aktuell im Rentenalter erwerbstätigen Personen sinkt mit zunehmendem Lebensalter. Interpretation: Drei Ebenen scheinen relevant zu sein, nämlich die des individuellen Erlebens (Mikro-Ebene), der Tarifpartner und Organisationen (Meso-Ebene) und die Ebene der Politik und der Gesellschaft (MakroEbene). Fragestellungen und Handlungsempfehlungen für die Ebenen werden diskutiert. 10:45 – 11:00 S17-02 Einflussfaktoren auf die Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung im Ruhestandsalter F. Micheel, J. Dorbritz; Wiesbaden Fragestellung: Anbetracht der absehbaren Verschiebung der Altersstrukturen ruht die Hoffnung, dass ältere Menschen im Sinne nachhaltiger öffentlicher Finanzen länger als bisher im Erwerbsleben verweilen. Als Folge der jüngsten arbeitsmarkt- und rentenpolitischen Maßnahmen erhöht sich einerseits der Druck auf die Erwerbsbevölkerung, länger im Arbeitsleben zu verbleiben. Auf der anderen Seite steht die Frage im Raum, ob sich ein Teil der Bevölkerung vorstellen könne, freiwillig länger im Erwerbsleben zu bleiben als das gesetzliche Renteneintrittsalter vorsieht. Methoden: Mithilfe von deskriptiven Analysen sowie Regressionsanalysen wird untersucht, welche individuellen und betrieblichen Merkmale die Bereitschaft einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit beeinflussen. Die Analysen basieren auf dem Datensatz „Weiterbeschäftigung im Rentenalter“ mit einem Umfang von 1.500 abhängig Beschäftigten in der Altersgruppe von 55 bis 64 Jahre. Die Befragung fand im Auftrag des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung im Jahr 2008 statt. Ergebnisse: Trotz einer hohen Ablehnung der jüngsten Rentenreformen zeigte sich ein nicht unbedeutender Anteil der Befragten (eher) bereit, länger als bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten. Eine Bereitschaft war jedoch selten mit der exakten Fortführung des bisherigen Beschäftigtenverhältnisses verbunden. Bspw. wurde eine deutliche Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit gewünscht. Ungünstige Bedingungen wie eine körperlich schwere, monotone oder die Gesundheit gefährdende Arbeit wirken sich, wie zu erwarten, negativ auf die Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung aus. Ein guter Gesundheitszustand scheint hinsichtlich der Fragestellung ein notwendiger, aber kein hinreichender Faktor zu sein. Interpretation: Der Weiterbeschäftigungswunsch scheint deutlich davon abzuhängen, inwiefern die befragten Personen über ihr berufliches Schicksal bestimmen können. Diesbezüglich ist zu überlegen, welche unterstützenden Maßnahmen auf betrieblicher und gesellschaftlicher Ebene existieren und wie sie durchzuführen sind.
11:00 – 11:15 S17-03 Wollen und können Beschäftigte im Alter 55+ weiter aktiv sein? D. A. V. Dittrich, V. Büsch1; Bremen, 1Berlin Fragestellung: Der Arbeitsmarkt steht vor völlig neuen Herausforderungen. Auf der Angebotsseite ergeben sich insbesondere durch den demographischen Wandel und auf der Nachfrageseite durch den sektoralen Strukturwandel nachhaltige strukturelle Veränderungen. Durch die Veränderungen auf der Angebotsseite wurden Regelungen wie die Altersteilzeit ab 2010 nicht mehr verlängert. Gleichzeit wird das Rentenalter in Deutschland schrittweise auf 67 Jahre erhöht. Dies wirft nicht nur die Frage auf, ob ältere Arbeitnehmer überhaupt bereit sind, länger zu arbeiten, sondern auch, ob sie in der Lage sind, dies zu tun, z.B. durch die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen. Methoden: Auf Grundlage des von den Autoren zusammen mit dem BiB konzipierten Fragebogens wurde zunächst ermittelt, ob Personen im Alter von 55-64 Jahren nach Eintritt in das Rentenalter noch Interesse haben, beschäftigt zu sein. Weiterhin wurde die individuelle Einschätzung der Leistungsfähigkeit, der Arbeitsmotivation und der Weiterbildungsbereitschaft abgefragt. Die repräsentative Befragung mit 1500 Erwerbstätigen wurde im Mai 2008 durch infratest durchgeführt. Ergebnisse: Knapp 50% der Befragten hegen den Wunsch, nach Erreichen des Renteneintrittsalters weiter zu arbeiten. Dabei korrelierte der Weiterbeschäftigungswunsch stark mit der Motivation der Arbeitnehmer. Weiterhin gaben 53% an, dass sie immer versuchen werden, sich weiterzubilden. Interpretation: Die Untersuchung ermöglicht, auf repräsentativer Ebene das Ausmaß der individuellen Leistungsfähigkeit, der Arbeitsmotivation und der Weiterbildungsbereitschaft der Beschäftigten 55+ aufzuzeigen. Zweitens werden Einflussfaktoren identifiziert, die die Weiterbildungsbereitschaft beeinflussen. Hieraus können Gestaltungsmöglichkeiten abgeleitet werden, die die Bereitschaft zur Weiterbildung erhöhen. 11:15 – 11:30 S17-04 Ehrenamtliche Arbeit im Ruhestand Motivation und Gestaltung von Einsätzen des Senior Experten Services L. Maxin, J. Deller; Lüneburg Fragestellung: Vor dem beschriebenen Hintergrund der demografischen Herausforderung können Organisationen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Begegnung des Mangels von Fach- und Führungskräften erhalten. Auch die Gesellschaft profitiert von ehrenamtlich tätigen Engagierten im Ruhestand. Der Senior Experten Service (SES) vermittelt ehemalige Fach- und Führungskräfte auf ehrenamtlicher Basis an Projekteinsätze im In- und Ausland. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Motivation und den Rahmenbedingungen dieser Senior Experten, sich im Ruhestand weiter in ihrem beruflichen Feld zu engagieren. Aus bisheriger Forschung ist bekannt, dass eine Vielzahl an Gründen wie z.B. Anerkennung, Einfluss, Hilfeleistung geben, Leistung, Selbstverwirklichung oder soziale Kontakte für ältere Beschäftigte wichtig sind (Deller & Maxin, 2007; Grube & Hertel, 2008). Methoden: Im Frühjahr 2010 wurde eine umfangreiche quantitative Befragung der beim SES registrierten Senior Experten vorgenommen. Fragebereiche sind Aufgaben und Tätigkeit, Motivation und Zufriedenheit. Zur Auswertung werden Regressionsanalysen für vermutete Zusammenhänge und Diskriminanzanalysen für Gruppenunterschiede durchgeführt. Ergebnisse: Es werden die aktuellsten Ergebnisse dieser Befragung von über 500 Befragten vorgestellt. Relevante Motive (z.B. Anschlussmotiv oder Weitergabemotiv/Generativity) werden untersucht und Zusammenhänge zu den bestehenden Tätigkeitsmerkmalen der Beschäftigung (z.B. Kontaktmöglichkeiten oder die Möglichkeit, Wissen weiterzugeben) analysiert. Interpretation: Kenntnisse über die Motivlage von aktiven Ruheständlern erlauben eine angemessene Gestaltung von Arbeitsbedingungen dieser nicht nur für die Sicherung von Expertenwissen, sondern auch für gesellschaftliche Entwicklung wichtigen Personengruppe. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts 11:30 – 11:45 S17-05 - Späte Zündung Existenzgründungen in der zweiten Lebenshälfte A. Franke, Dortmund Fragestellung: Dieser Abstract präsentiert ein Promotionsvorhaben zum Thema Existenzgründungen von Personen 50plus in Deutschland, und damit ein bislang kaum beachtetes Forschungsfeld innerhalb der Gerontologie. Im Zentrum stehen dabei u.a. Fragen zu typischen Merkmalen älterer Gründerpersonen, zu Beweggründen, berufsbiographischen Aspekten, Bewertungen später Existenzgründungen sowie förderlichen bzw. hemmenden Rahmenbedingungen. Methoden: Das Forschungsvorhaben hat das Ziel, nicht nur die Perspektive der Gründerpersonen selbst, sondern auch die Meinung von Expert/ innen aus Gründungsinstitutionen (u.a. Banken, Kammern und Wirtschaftsförderung) in den Blick zu nehmen. Um dies zu realisieren wurden – angelehnt an das Grounded Theory-Konzept von Strauss – qualitative Interviews mit beiden Seiten (N=34) geführt, die im Anschluss transkribiert und entsprechend analysiert wurden. Ergebnisse: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass späte Gründungen durchaus als Trend wahrgenommen werden können. Die Arbeit gibt einen Einblick in die wesentlichen Charakteristika, Motive und die Zufriedenheit älterer Existenzgründer/innen und weist auf spezifische Unterschiede zu jüngeren Gründerpersonen hin. Darüber hinaus lässt sich eine Typologie älterer Existenzgründer/innen ableiten. Interpretation: Nur knapp jede/r fünfte Erwerbstätige tritt den Ruhestand tatsächlich aus Altergründen an. Im Kontext dieser damit brachliegenden Potenziale, einer gleichzeitigen Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre und einer steigenden Anzahl nicht-linearer Berufsbiographien stellt sich die Frage nach innovativen Konzepten zur „Employability“ von Menschen ab 50. Die vorliegende Arbeit stellt fest, dass die Idee einer Existenzgründung ab 50 für entsprechend motivierte Ältere durchaus eine Alternative zu abhängigen Erwerbsarbeit darstellen kann, wenn diese Möglichkeit durch entsprechende Rahmenbedingungen unterstützt wird. 11:45 – 12:00 S17-06 Die Situation älterer Arbeitnehmer in den USA J. Lottes, M. B. Neal; Oregon/USA Fragestellung: In den nächsten Jahrzehnten werden in den USA ca. 35 Millionen „Baby Boomers“ in den Ruhestand gehen. Ein beträchtlicher Anteil dieser Bevölkerungsgruppe hat unzureichende Rentenvorsorge getroffen, und wird auch durch staatliche Leistungen nicht in der Lage sein, den gewohnten Lebensstandard zu halten. Diese Personen werden im Alter als zusätzliches Standbein erwerbstätig sein müssen. Methoden: Diese Präsentation wird zunächst einen kurzen Überblick über die Altersvorsorge in den USA geben (Social Security, Private Pensions, usw), sowie einen Ausblick über die Entwicklungen der nächsten 2030 Jahre geben. Ergebnisse: Danach wird ein Überblick über die verschiedenen derzeit existierenden Beschäftigungsmodelle fuer ältere Arbeitnehmer gegeben (z.B. bridge work). Interpretation: Abschliessend werden Forschungsergebnisse über die Wünsche älterer Arbeitnehmer diskutiert, und verschiedene Möglichkeiten für die Zukunft der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer aufgezeigt, z.B. job sharing, flexible work schedules, und entrepreneurship.
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Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 3 10:30 – 12:00 S18 Symposium der Sektion II/III Gedächtnissprechstunden als Orte gerontologischer und geriatrischer Forschung – eine wichtige Funktion neben der reinen Versorgung von Alterspatienten Moderation: S. Engel, Erlangen; R. Rupprecht, Erlangen; H. Förstel, München
Die ersten spezialisierten „Gedächtnis-Einrichtungen“ entstanden Anfang der 1980er Jahre in den USA und England – unter der Bezeichnung „memory clinic“ – mit den Zielsetzungen der Früherken-nung und -behandlung von Demenzerkrankungen. Die Grundprinzipien einer „memory clinic“ sollen sich – so die Vorstellung der „Gründungsväter“ – am „sozialpsychiatrischen Modell“ orientie-ren, d.h. im Einzelnen: Durch die Multiprofessionalität des Teams soll die Verbindung von medizinischer Diagnostik und Behandlung mit psychologischen Untersuchungen, Therapien und Beratungsangeboten gewährleistet werden. Wichtigstes Ziel ist dabei, die Ursachen der aufgetretenen Gedächtnisstörungen abzuklären und zu behandeln. Neben Diagnostik, psychologischer Beratung, Therapie, Angehörigenarbeit und Lehr- und Fortbildungsveranstaltungen, erstreckt sich das Leistungsspektrum einer Gedächtnissprechstunde aber auch auf Forschung. Hier stehen die Erforschung von Ursachen von Gedächtnisbeeinträchtigungen und Demenz erkrankungen, Behandlungsmöglichkeiten und diag-nostischen Verfahren, sowie die Evaluation von Therapieansätzen im Vordergrund. Die erste deut-sche „Gedächtnisambulanz“ entstand 1985 in München. Welch großen Stellenwert diese Spezialeinrichtungen in der Versorgungsstruktur einer älter werdenden Gesellschaft einnimmt, zeigt die Tatsache, dass es derzeit in Deutschland bereits weit über 100 dieser Einrichtungen gibt. Die Beiträge in diesem Symposium zeigen Ansätze aktueller Forschungsaktivitäten von deutschen Gedächtnissprechstunden. 10:30 – 10:45 S18-01 „Harte“ Testverfahren und „weiche“ Angehörigenurteile: Verlaufsbeurteilung bei Demenzerkrankungen H. Lehfeld; Nürnberg Fragestellung: In klinischen Einrichtungen wird der Verlauf von Demenzerkrankungen in erster Linie anhand „objektiver“ Testergebnisse zur kognitiven Leistungsfähigkeit bestimmt. Angehörige von Demenzkranken beurteilen die Krankheitsentwicklung dagegen anhand der von ihnen beobachteten Veränderungen der Alltagskompetenz des Betroffenen. Inwieweit Testergebnisse und Angehörigenurteile übereinstimmen, ist noch weitgehend ungeklärt Methoden: Vergleich von Testergebnissen und Daten aus Angehörigeninterviews anhand von 1-Jahres-Daten aus der Nürnberger Gedächtnissprechstunde Ergebnisse: Anhand der Verlaufsdaten konnte gezeigt werden, dass die Aufmerksamkeits- und Tempoleistungen der Demenzpatienten über die Zeit einem mindest ebenso starken Abbau unterliegen wie die Gedächtnisleistungen. Desweiteren wurde deutlich, dass die Beobachtungen der Angehörigen für die Beurteilung der Krankheitsentwicklung einen extrem wichtigen Beitrag leisten können. Interpretation: Für die diagnostische Praxis legen die Ergebnisse nahe, in Spezialeinrichtungen wie Gedächtnissprechstunden kognitive Testbatterien inhaltlich möglichst breit anzulegen und das Angehörigeninterview als einen unverzichtbaren Bestandteil in der Verlaufsdiagnostik einzusetzen.
10:45 – 11:00 S18-02 Zusammenhang von Gedächtnisleistungen und komorbider Depression mit Veränderungen im Neurotrophinsystem bei Alzheimer Demenz M. Rapp, N. Hofrichter, S. Dahmann, T. Schulze, R. Hellweg, A. Heinz; Berlin Fragestellung: Depression bei Alzheimer Demenz (AD) ist mit vermehrten neuropathologischen Veränderungen und verminderten Gedächtnisleistungen assoziiert. Der biologische Mechanismus dieses Zusammenhanges ist jedoch unklar. Methoden: Die neuropsychologische Untersuchung umfasste Tests des Gedächtnisses, der Exekutivfunktionen, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und der fluiden Intelligenz. Zur Bestimmung neurotropher Faktoren führten wir einen modifizierten Enzymimmunassay zur Bestimmung des BDNF und NGF-Gehalts im Serum durch. Ergebnisse: In diesem Beitrag wird gezeigt, dass verminderte Gedächtnisleistungen bei Patienten mit Depression bei beginnender AD mit Veränderungen im Neurotrophinsystem einhergehen. Interpretation: Die gewonnenen Befunde zu den Veränderungen im Neurotrophin-System können als mögliche Mechanismus für den Zusammenhang zwischen Gedächtnisleistungen und affektiven Symptomen bei AD interpretiert werden. 11:00 – 11:15 S18-03 Forschungsnetzwerk Demenzambulanzen: Qualitätsstandards und Synergieeffekte B. Grass-Kapanke, Krefeld Fragestellung: Zum Thema Demenzen gibt es viele offene Forschungsfragestellungen sowohl im Bereich der Diagnostik und Therapie als auch zur Versorgungsforschung. Hierzu können Gedächtnissprechstunden mit ihrem Patientenklientel einen wesentlichen Beitrag leisten. Der Vortrag behandelt die Möglichkeiten eines Forschungsnetzwerks von Demenzambulanzen. Methoden: Anhand einer Literaturrecherche sowie auf der Grundlage eigener Daten werden aktuell geforderte Qualitätsstandards von Gedächtnissprechstunden sowie deren Erfüllung vorgestellt. Ergebnisse: Es zeigt sich eine deutliche Heterogenität der Gedächtnissprechstunden hinsichtlich der vorgestellten Qualitätsmerkmale. Defizite zeigten sich insbesondere in den personellen Ressourcen, aber auch hinsichtlich der Fallzahlen. Darüber hinaus entsprach das diagnostische Procedere nicht in jedem Fall den relevanten Leitlinien. Interpretation: Die zunehmende Zahl von Demenzerkrankten stellen eine grundlegende Herausforderung und somit ein gesellschaftlich relevantes Forschungsfeld dar. Die Einbindung eines flächendeckenden Netzes spezialisierter Demenzambulanzen im Rahmen eines Forschungsverbundes bietet sich zur kompetenten Umsetzung multizentrischer Studien an. Die hierzu notwendigen Anforderungen an Qualitätsstandards und Organisationsstruktur als auch mögliche Fragestellungen und Kooperationen werden vor dem Hintergrund vorliegender Daten diskutiert. 11:15 – 11:30 S18-04 Frühe kognitive und nicht-kognitive Prädiktoren von Gedächtnisstörungen und Demenz: Zur Unterscheidung gesunden und krankhaften Alterns F. R. Lang, R. Rupprecht, S. Engel; Erlangen Fragestellung: Das Gedächtniszentrum Erlangen bietet ein niederschwelliges Angebot zur Diagnostik, Beratung und Therapie außerhalb eines Krankenhaussettings. Dies führt dazu, dass viele ältere Personen mit nur leichten kognitiven Beeinträchtigungen oder auch nur subjektiven Gedächtnisbeschwerden ohne Befund, das Angebot des Gedächtniszentrums in Anspruch nehmen. Methoden: Die Diagnostik im Gedächtniszentrum ist leitlinienbasiert und umfasst Anamnese, psychopathologischen Befund, neuropsychologisches Screeningverfahren und ggf. weitere neuropsychologische Un-
tersuchungen sowie die Befragung von Angehörigen bzw. Betreuungspersonen mittels umfangreicher standardisierter Fragebögen. Ergebnisse: Im Zeitraum von 2006-2009 nahmen N=568 Personen (60.7% weiblich) im Alter von 40-95 Jahren (MW 73.4; SD=9.8) erstmalig Kontakt zum Gedächtniszentrum Erlangen auf. Von diesen waren bei ca. 18% lediglich subjektive Gedächtnisbeeinträchtigungen nachweisbar, 14% waren leicht kognitiv beeinträchtigt (MCI) und bei ca. 44% wurde eine manifeste dementielle Erkrankung diagnostiziert. Von N=72 Personen liegen Verlaufsdaten im Rahmen von Wiederaufnahmen ins Gedächtniszentrum vor. Erste Analyse zeigen u.a. dass das Konzept der „alternierenden Wortflüssigkeit“ als Frühindikator für einen beginnenden kognitiven Abbau sehr gut geeignet zu sein scheint. Ein weiteres interessantes Ergebnis liegt zum Bildungsniveau vor. Höher Gebildete können krankheitsspezifische Leistungseinbußen länger kompensieren als vergleichbare Personen mit niedrigerem Bildungsniveau. Interpretation: Bisherige Ergebnisse zeigen, dass eine frühe Diagnostik sich als nützlich erweist, in der Vorbeugung (Prävention) von kognitiven Abbauprozessen, insbesondere und gerade bei leicht kognitiv beeinträchtigten Personen mit und ohne Demenzverdacht. Die Begleitforschung des Gedächtniszentrums erlaubt ein verbessertes Verständnis der frühen Indikatoren zur Unterscheidung krankhafter und nicht-pathologischer kognitiver Abbauerscheinungen im Alter.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 1 12:00 – 13:00 KV02 Keynote-Vortrag II Moderation: C. Tesch-Römer, Berlin
12:00 – 13:00 Optimizing Healthy Aging M. Diehl, Fort Collins/USA Obwohl mit dem Prozess des Alterns häufig negative Ereignisse verknüpft werden, zeigen Forschungsergebnisse aus der Gerontologie und Geriatrie, dass biologische, psychologische und soziale Prozesse des Alterns positiv beeinflusst werden können. Gesundes Altern kann optimiert werden: Zentral sind hierbei Gesund heitsverhalten (Ernährung, körperliche Bewegung), aber auch die Wahrnehmung der eigenen Alternsprozesse und die Berücksichtigung der großen interindividuellen Variabilität. Professor Dr. Manfred Diehl ist Professor and Director of the Center on Aging am Department for Human Development and Family Studies der Colorado State University in Fort Collins, Colorado (USA).
Donnerstag, 16. September 2010 – Foyer des Obergeschoss Postersession der Sektion III
14:00 – 17:30 ���� P050 Einfluss von Erwerbslosigkeit auf die Lebensqualität im Alter I. Conrad; H. Matschinger 1; S. G. Riedel-Heller Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, 1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig, Leipzig; Fragestellung: Es wird der Einfluss von erwerbsbiographischen Brüchen, die vorrangig während der letzten Erwerbsphase auftraten, auf die Lebensqualität (LQ) im Alter dargestellt. Methoden: Für das Sample der Allgemeinbevölkerung (50+ Jahre) wurde aus dem Melderegister der Stadt Leipzig eine nach Geschlecht und Alter stratifizierte Stichprobe (N Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts = 464) gezogen. Erfasst wurden in der postalischen Befragung LQ, Depression, Morbidität, soziodemographische und erwerbsbiographische Merkmale. Die Prüfung der einzelnen Hypothesen erfolgte mittels multipler linearer Regressionsanalysen. Methoden: Für das Sample der Allgemeinbevölkerung (50+ Jahre) wurde aus dem Melderegister der Stadt Leipzig eine nach Geschlecht und Alter stratifizierte Stichprobe (N = 464) gezogen. Erfasst wurden in der postalischen Befragung LQ, Depression, Morbidität, soziodemographische und erwerbsbiographische Merkmale. Die Prüfung der einzelnen Hypothesen erfolgte mittels multipler linearer Regressionsanalysen. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich erlebte EL zeitüberdauernd auf die subjektive LQ auswirkt. Ältere Menschen, die während ihrer letzten Erwerbsphase von erwerbsbiographischen Brüchen betroffen waren, beurteilen im Nachhinein ihre LQ deutlich schlechter als Ältere, die nicht davon betroffen waren. Auch wenn die Betroffenen bereits im Ruhestand sind, zeigen sich noch negative Auswirkungen der erlebten erwerbsbiographischen Brüche. Besonders betroffen sind die folgenden Aspekte der subjektiven LQ: eingeschränkte finanzielle Situation, fehlende Anerkennung für das in der Vergangenheit Erreichte, geringere Zufriedenheit mit dem Altern, verstärkte Ängste und Befürchtungen vor Tod und Sterben und beeinträchtigte Unabhängigkeit, d.h. subjektiv wahrgenommene Einschränkungen in Kontrolle, Entscheidungsfreiheit und Entscheidungsfähigkeit. Interpretation: Die relativ frühe und dauerhafte Ausgliederung älterer AN aus der Erwerbsarbeit in den neuen Bundesländern – in Verbindung mit dem Erleben erwerbsbiographischer Brüche – stellt eine starke subjektive Beeinträchtigung ihrer LQ dar. Die individuellen Folgen dieser Brüche beschränken sich dabei nicht nur auf materielle Auswirkungen. Ein wesentlicher Anteil der Betroffenen verbindet mit dieser Ausgliederung eine Versagung des Rechts auf Arbeit“ sowie einen Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben und damit eine Entwertung ihrer Lebensleistung. Besonders gravierend sind die Folgen, wenn diese Brüche unvorbereitet kommen. Maßnahmen zur Bewältigung der Erwerbslosigkeit sollten sowohl auf struktureller als auch auf individueller Ebene angeboten werden.
14:00 – 17:30 ���� P052 Von der Pflege zur Therapie – Musiktherapie für schwerst demenzkranke Menschen in Pflegeoasen J. Dettbarn-Reggentin ISGOS, Berlin;
14:00 – 17:30 ���� P051 Die Messung kognitiver Veränderung bei älteren Menschen: Veränderungsnormen für SISCO und MMST J. Stein; A. Hensel; M. Luppa; T. Luck; M. C. Angermeyer 1; S. G. Riedel-Heller 2 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig; 1 Center for Public Mental Health, Gösing am Wagram; 2 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig;
14:00 – 17:30 ���� P053 Die Bedeutung der Milieutherapie bei Schwerstdemenz in einer Pflegeoase H. Reggentin ISGOS, Berlin;
Fragestellung: Untersuchung reliabler Veränderungen für zwei häufig in der Diagnostik von leichten kognitiven Beeinträchtigungen und Demenzen eingesetzte Screening-Instrumente. Ermittlung von Veränderungsnormen. Methoden: 119 kognitiv gesunde Personen ab 75 Jahren (LEILA 75+ Studie) wurden im Abstand von ca. 1,5 Jahren über 7,1 Jahre hinweg mit dem Strukturierten Interview für die Diagnose einer Demenz vom Alzheimer Typ, der Multiinfarkt-Demenz und Demenzen anderer Ätiologie (SIDAM) und dem Mini-Mental-Status-Test (MMST) untersucht. Für ein 90%-Konfidenzintervall wurden Reliable Change Indices (RCIs) ermittelt. Ergebnisse: Bei wiederholten Testungen im Abstand von 1,5 Jahren sprechen Veränderungen von mindestens 4 bis zu 7 Punkten im SIDAM und von mindestens 2 bis zu 4 Punkten im MMST für tatsächliche Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit. Interpretation: Kleinere Veränderungen der Testwerte im SIDAM und MMST können nur mit großer Unsicherheit interpretiert werden. Es werden Veränderungsnormen vorgelegt, die in Praxis und Forschung die Interpretation von kognitiven Veränderungswerten älterer Patienten ermöglichen.
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Fragestellung: Mit musiktherapeutischen Interventionen wurde bei schwerst demenzkranken Bewohner/innnen einer Pflegeoase eine Kommunikationsebene geschaffen. Alle Personen waren nicht mehr in der Lage, sich verbal sprachlich zu äußern. Der Einsatz individuell musikalisch ausgerichteter Ansprachen mittels verschiedener Instrumente sollte eine Kommunikationsebene (Brücke) zu dem Bewohner herstellen. Es sollte der Frage nachgegangen werden, welche Instrumente, Melodien, Rhythmen und Klangabstimmungen (wie Quintenabstimmung- und abstände) bei den Bewohnern systematisch Reaktionen – Kommunikationen auslösen. Methoden: Die methodisch eingesetzten Beobachtungsinstrumente waren genaue Protokollierung der Reaktionen bei a) der individuell musiktherapeutisch angeregten Person und zugleich die Beobachtung der Wirkung bei Mitbewohnerinnen. Zusätzlich wurden standardisierte Instrumente der Bebachtung eingesetzt wie AARS. Die Beobachtung wurde im Längsschnitt zu drei Messzeitpunkten durchgeführt. Die Studie wurde als Explorationsstudie durchgeführt Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen den besonderen Zugang mittels der Musik zu den schwerst Demenzkranken auf. Es konnten individuell unterschiedliche Ansprachen ermittelt werden, die wiederum biografisch bedingt, mit verschiedenen Melodien oder Rhythmen anregend wirkten. Während der musikalischen Ansprache wurden im gesamten Zeitraum (ca. 8 – 30 Minuten) keine negativen Emotionen beobachtet. Interpretation: Musiktherapeutische Wirkung wird dann erzielt, wenn biografische Hintergründe und bevorzugte Tonlagen (z.B. wegen verminderter Hörfähigkeit) bekannt sind. Es konnten kontrollierte Bewegungen zum Beginn und zum selbst bestimmten Ende der Musiktherapie beobachtet werden. Insofern hat die Therapie mit Musik neue Kommunikationsformen herausgebildet
Fragestellung: Mit dem Einfluss des Milieus auf Menschen mit Demenz wird dem Umfeld ein therapeutischer Effekt zugeschrieben. Eine bewusst gestaltete bauliche und personelle Umgebung soll demnach Einflüsse auf die Individuen wie auch auf das Gesamte, die soziale Gemeinschaft ausüben. In der Darstellung soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich Milieus für schwerstpflegebedürftige Menschen mit Demenz herstellen lassen, die sich fördernd auf deren Wohlbefinden auswirken. Des Weiteren ist zu fragen, welche Milieukomponenten von schwer demenziell erkrankten Bewohner/innen noch wahrgenommen werden. Methoden: In fünf stationären Einrichtungen wurden Mehrpersonenräume auf Dauer -Pflegeoasen- eingerichtet, die den Bewohner/innen ein stimulierendes Umfeld bieten und die dort wohnenden Personen zu sozialen Kontakten animieren sollen. In einer Kontrollgruppenvergleichsstudie im Längsschnittdesign sollen Effekte des Pflegeoasenmilieus vergleichend gemessen werden. Mittels standardisierter Verfahren wie der AARS, Qualid, NPI, NOSGER wie auch protokollierter Beobachtungen wurden Stimmung, Sozialverhalten und neuropsychiatrische Verhaltensstörungen gemessen und einer Kontrollgruppe gegenübergestellt. Die Ausgangsstichprobengröße lag bei N=42. Ergebnisse: Die Einflüsse des Milieus in Pflegeoasen resultieren aus einem Set aus räumlichen Umgebungsfaktoren, Wahrnehmung menschlicher Nähe und betreuerischer Zuwendung. Als bedeutender Einfluss hat sich dabei die Konstanz verfügbarer menschlicher Ressourcen aus Mitbewohnern, Personal und Angehörigen erwiesen. Weniger Bedeu-
tung für die Bewohner/innen haben dagegen die räumlichen Gestaltungsfaktoren. Interpretation: Auch im Schwerststadium der Demenz (Reisberg, FAST Stufe 7 a-f) nehmen Bewohner/innen ihre Umwelt bewusst wahr und reagieren auf Veränderungen bzw. zeigen Erwartungen an das Umweltgeschehen. Pflegeoasen können für Menschen in diesem Stadium ein förderndes Umfeld sein. Gegenüber Einzelzimmerbetreuung bieten sie bedeutend häufiger stimulierende Anregungen und soziale Teilhabe. 14:00 – 17:30 ���� P054 Potenziale und Risiken in der familialen Pflege alter Menschen (PURFAM) S. Zank; C. Schacke 1; S. Heidenblut; H. E. Philipp-Metzen; C. Steinhusen Fachbereich 2, Lehrstuhl für Klinische Psychologie, Universität Siegen, Siegen; 1 Katholische Hochschule Berlin, Berlin; Fragestellung: Die familiale Pflege stellt in der BRD eine zentrale Versorgungsform dar. Zum Untersuchungsgegenstand „Gewalt gegen pflegebedürftige ältere Menschen“ liegen bislang wenige repräsentative Daten vor. Zur übergreifenden Thematik von Misshandlung und Vernachlässigung Älterer im sozialen Nahraum nennen aktuelle US-amerikanische Daten eine 12-Monats-Prävalenz-Rate von über 4%. Die Subgruppe der pflege- und hilfebedürftigen Personen weist vermutlich deutlich höhere Raten mit hoher Dunkelziffer auf. Stresstheoretische Modelle weisen auf eine Belastungskumulation bei pflegenden Angehörigen hin. Als Risikofaktoren gelten u.a. lebenslange konfliktreiche Beziehungen, soziale Isolation, Demenzerkrankung des Pflegebedürftigen. Im Rahmen der LEANDER-Studie konnte gezeigt werden, dass insbesondere die Belastung durch aggressive- und Verwirrtheitssymptome des Pflegebedürftigen das Risiko von Aggressivität und Gewalt in der Pflege erhöht. Gewalthandlungen im familialen Pflegegeschehen werden überwiegend ohne Schädigungsabsicht ausgeübt. Zur Stabilisierung häuslicher Pflege bedarf es Maßnahmen zur Früherkennung von Gewaltrisiken und präventiv eingeleiteter Interven tionsmaßnahmen. Methoden: Das Ziel des Projekts PURFAM ist die Optimierung des Praxishandelns mit Schwerpunkt auf Gewaltprävention durch Früherkennung und Ressourcenstärkung. Unter Berücksichtigung internationaler Best-Practice-Ansätze wird eine Präventionsmaßnahme entwickelt, bundesweit in Praxiseinrichtungen implementiert und systematisch evaluiert. Methodisch erfolgt die Bündelung von Forschungs- und Praxisexpertise durch Experteninterviews und einem internationalen Workshop. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziert. 14:00 – 17:30 ���� P055 ADEL – Advocacies for frail and incompetent elderly in Europe R. Köller; D. Engels Otto-Blume-Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V., Köln; Fragestellung: Die demografische Entwicklung führt in allen Ländern Europas zu einer Zunahme älterer und hilfebedürftiger Menschen. Damit einhergehend ist auch mit einem Zuwachs der Menschen zu rechnen, die aufgrund psychischer, geistiger oder körperlicher Beeinträchtigungen besonderer rechtlicher Unterstützung bedürfen. Da die Familie als traditionelles System Veränderungen unterworfen ist, wird dies immer öfter Aufgabe des Staats. Die bestehenden Systeme der Advokatur sind allerdings bereits jetzt stark belastet. Daher ist es notwendig, sie den steigenden Anforderungen anzupassen und Alternativen zu entwickeln. Methoden: Es wird verglichen, wie europäische Länder (A, CZ, D, DK, E) die rechtlichen Belange von nicht entscheidungsfähigen Erwachsenen sichern. In einem rechtssystematischen und sozialwissenschaftlichen Vergleich wird analysiert, wie die Systeme gestaltet sind und wie sie sich auf die steigenden Anforderungen vorbereiten. Probleme und erfolgreiche Verfahren sowie Reformansätze werden ausgewertet, um Empfehlungen für zukunftsfähige Lösungen zu erarbeiten.
Ergebnisse: Auffallend sind die Unterschiede in der Altersstruktur der rechtlich Betreuten. In Österreich haben vor allem ältere Menschen (über 69 Jahre) einen rechtlichen Betreuer, während in der Tschechischen Republik knapp 50% der rechtlich Betreuten unter 40 Jahre ist – obwohl sich die Altersstruktur der Gesamtbevölkerung der Länder nicht wesentlich unterscheidet. In allen Ländern gibt es einen Anstieg von neu eingerichteten rechtlichen Betreuungen und Kosten. Interpretation: Die Suche nach Alternativen darf nicht nur vor dem Hintergrund des Anstiegs der Kosten geschehen, da eine rechtliche Betreuung nach wie vor das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen einschränkt. Es muss sowohl um die Stärkung vorhandener Alternativen (z.B. Vorsorgevollmacht) gehen als auch um die Entwicklung neuer Ansätze. Wenn eine rechtliche Vertretung unbedingt erforderlich und ohne Alternativen ist, dann muss die Frage nach der Erhaltung der Geschäftsfähigkeit gestellt werden. 14:00 – 17:30 ���� P056 Intervening Changes 50+ – Wandel des Ernährungsverhaltens nach der Pensionierung B. Dätwyler Food Science & Management, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, Zollikofen; Ausgangslage: – Der Lebensübergang vom Erwerbsleben zur Pensionierung wird als kritisches Lebensereignis betrachtet, das Möglichkeiten des Wandels in verschiedenen Lebensbereichen bietet – so auch im Ernährungsverhalten. – Wissen über Ernährung im Alter ist viel vorhanden. Die zentrale Frage ist jedoch, wie es in Handlungen umgesetzt wird. – Das Ernährungsverhalten soll nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil der Lebensgestaltung. Ziel und Fragestellung: Ziel des Forschungsprojektes ist es zu untersuchen, wie Ernährung im Alltag von älteren Personen nach der Pensionierung organisiert wird. Gefragt wird auch nach den handlungsleitenden Motiven, Einstellungen und Erfahrungen, die hinter ihrem Ernährungsverhalten stehen. Von Interesse ist dazu, ob sich das Ernährungsverhalten mit dem Lebensübergang verändert hat. Die Fragestellung lautet: Wie gestaltet sich das Alltagshandeln von Personen 1 bis 5 Jahre nach der Pensionierung im Zusammenhang mit dem Ernährungsverhalten? Theoretische Grundlage: – Dem Projekt liegt das Konzept «Alter als Lebensgestaltung» zu Grunde und wird handlungstheoretisch angeschaut. – Lebensgestaltung ist ein subjektiver, selbstschöpferischer Konstrukti onsprozess. – Handeln wird als zielgerichteter Prozess verstanden, wobei die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt einbezogen werden. – Handlungen werden unter der Perspektive des Wandels angesehen. Wandel umfasst vier Aspekte: Kontinuität, Veränderung, Weglassen und Neues tun. Methodisches Vorgehen: Es werden Personen im Alter von 62 bis 70 Jahren aus dem Kanton Bern befragt, die in Privathaushalten wohnen und seit 1 bis 5 Jahren pensioniert sind. Insgesamt werden 40 Leitfadeninterviews und 20 Cultural Probes bis Mai 2010 durchgeführt.
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Abstracts 14:00 – 17:30 ���� P057 Does the Clock Drawing Test predict dementia? – Results of the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA 75+) L. Ehreke; M. Luppa; H.-H. König 1; A. Villringer 2; S. G. Riedel-Heller 3 Public Health, 1 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 2 Max Planck Institute for Human Cognitive and Brain Sciences and Day Clinic of Cognitive Neurology, 3 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: High conversion rates to dementia are known for MCI patients, but diagnosis of MCI is mostly very time consuming. Due to the fact that the Clock Drawing Test (CDT) is quick to administer, it will be of interest to determine whether it is suited to predict dementia, compared to diagnosis of MCI. Method: Data were derived from a population-based study of individuals aged 75+. The CDT scores and diagnosis of MCI between patients developing and patients not developing dementia were compared. Multivariate analyses (Cox proportional hazard models, Kaplan-Meier) and receiver operating characteristic analyses were calculated and values of sensitivity and specificity of the CDT were reported. Results: Significant differences were found for CDT results between both groups. CDT also had a significant impact on the diagnosis of dementia. But CDT reached at the assumed cut off point a sensitivity of only 67.9% and a specificity of 65.2%. The AUC of CDT was at 0.700 and therefore slightly lower than for MCI diagnosis (AUC = 0.775). Conclusion: Because of the only slightly lower predictive value of the CDT and its quick application and scoring compared to the MCI concept applied, it will be worthwhile to improve the CDT scoring system in order to increase the predictive validity in dementia. 14:00 – 17:30 ���� P058 Altersunterschiede im Einfluss bedrohungsinduzierten Arousals auf die Leistungen in kognitiv-motorischen Doppelaufgaben S. Schaefer; M. Woollacott 1; M. Schellenbach; U. Lindenberger Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin; 1 Department of Human Physiology, University of Oregon, Eugene/USA; Fragestellung: Ältere Erwachsene konzentrieren sich eher auf ihre motorischen Leistungen wie beispielsweise ihren Gang oder ihre Balance, wenn sie gleichzeitig eine fordernde kognitive Aufgabe bearbeiten (Brown, Gage, Polych, Sleik & Winder, 2002; Li, Lindenberger, Freund & Baltes, 2001). Allerdings können sich die Leistungen in einer Doppelaufgabensituation im Vergleich zur Einzelaufgabe unter bestimmten Bedingungen auch verbessern (Huxhold, Li, Schmiedek & Lindenberger, 2006; Schaefer, Lövden, Wieckhorst & Lindenberger, 2009). Methoden: In der vorliegenden Studie werden 9-jährige Kinder, 20-30 jährige junge Erwachsene und 60-70 jährige alte Erwachsene instruiert, so schnell und genau wie möglich auf einem Laufband zu gehen. Auf einer Leinwand werden vier verschiedene Umgebungsbedingungen präsentiert: (a) breiter Pfad, ebener Untergrund; (b) schmaler Pfad, ebener Untergrund; (c) breiter Pfad, Trasse zwischen Hochhäusern; (d) schmaler Pfad, Trasse zwischen Hochhäusern. Die kognitive Aufgabe besteht aus dem Vergleich einer auditiv eingeblendeten Zahl mit einer zuvor eingeblendeten Zahl, je nach Schwierigkeitsbedingung zwischen 1-zurück und 3-zurück. Ergebnisse: Es wird vorhergesagt, dass ältere Erwachsene und Kinder früher als junge Erwachsene Leistungseinbußen in der Kognition und in der Schnelligkeit und Genauigkeit ihres Ganges zeigen, wenn die Doppelaufgabensituation sehr fordernd ist. Ältere Erwachsene zeigen zudem eine stärker ausgeprägte Priorisierung ihrer motorischen Leistung in bedrohlich wirkenden virtuellen Umwelten, d.h., sie reduzieren ihre Gehgeschwindigkeit und ihre Fehleranzahl, wenn sie auf einer Trasse balancieren müssen, während Kinder in solchen Situationen eher Risiken eingehen. Interpretation: Dieses Verhalten der älteren Erwachsenen wird als adaptiv angesehen, da es sie vor Stürzen schützt. Die höhere Risikobereit-
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schaft der Kinder hilft ihnen hingegen beim Erlernen zahlreicher motorischer Fertigkeiten (Riediger, Li & Lindenberger, 2006). 14:00 – 17:30 ���� P060 Musikpräferenzen im Erwachsenenalter und Alter L. Schmieder; C. Hahn; A.-L. Cziborra; A.-L. Feldkötter ; B. Leipold Institut für Psychologie, Universität Hildesheim, Hildesheim; Fragestellung: Laut Hesse (2003) haben bestimmte Komponenten von Musik einen Einfluss auf menschliche Emotionen. Hiernach kann Musik sowohl erregend als auch beruhigend wirken. In der vorliegenden Studie geht es konkret um die Fragen, inwieweit sich ältere und jüngere Menschen in ihren Musikpräferenzen unterscheiden und inwiefern jüngere Menschen eher die erregende Wirkung des Klanges suchen und ältere eher die entspannende und beruhigende Wirkung des Klanges vorziehen. Methoden: In einer Fragebogenstudie wurden mehr als 60 jüngere Erwachsene und 60 ältere Menschen befragt. Mittels eines siebenstufigen semantischen Differentials wurde die Ausgangsstimmung der Probanden erfasst. Anschließend wurde, basierend auf Hesses Kriterien, je ein erregendes und ein beruhigendes Lied abgespielt. Darauf folgend wurde die durch die Lieder hervorgerufene Stimmung erneut durch das semantische Differential erfasst. Abschließend wurde nach der Präferenz für eines der beiden Lieder gefragt. Ergebnisse: Die verwendeten Skalen wiesen gute Reliabilitäten auf. Es zeigten sich statistisch bedeutsame Zusammenhänge zwischen der Musikpräferenz und dem Alter der Probanden. Die jüngeren Probanden entschieden sich vorwiegend für das erregende Musikstück, während die älteren Probanden vermehrt das beruhigende Musikstück wählten. Interpretation: Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass bestimmte Musikpräferenzen mit dem Alter zusammenhängen. Weiter zu untersuchen wäre inwieweit ältere Menschen beruhigende Musik als Copingstrategie nutzen, da diese eher mit deren verlangsamten physischen Konstitution (z.B. Herzschlag) korreliert. In der gerontologischen Praxis stellt sich die Frage, inwieweit Musik möglicherweise eine stärkere Beachtung finden sollte. 14:00 – 17:30 ���� P061 Psychische Gesundheit von älteren türkischen Migrantinnen und Migranten in Deutschland F. Sahyazici; O. Huxhold; C. Tesch-Römer Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin; Fragestellung: Ausgangsfrage der Studie war, welche Bedeutung der Migrationshintergrund für die psychische Gesundheit von türkischen Migranten hat und welche Rolle dabei sozioökonomischer Status (SES) und soziale Ressourcen spielen. Ausgehend von bisherigen Studien wurde erwartetet, dass (1) türkische Migranten höhere Depressivitätswerte haben als Deutsche mit ähnlicher Alters- und Geschlechtsverteilung, (2) dieser Unterschied bedeutsam bleibt, wenn sich die Gruppen zusätzlich in den SES-Indikatoren gleichen. Zudem wurde angenommen, dass soziale Ressourcen allgemein als Puffer für den negativen Einfluss eines geringen SES auf die mittlere Depressivität wirken, dieser Puffereffekt bei den türkischen Migranten allerdings stärker ausgeprägt ist. Methoden: Ausgehend von den Daten der 2. Welle des Deutschen Alterssurveys (2002) wurde eine türkische Migrantenstichprobe (N=100) gebildet. Für die Analysen wurde diese mit einer nach Alter, Geschlecht und SES-Indikatoren gematchten deutschen Gruppe (N=100) verglichen. Neben einfaktoriellen Varianzanalysen wurden, basierend auf Multigruppenmodellen, moderierte Regressionen gerechnet. Ergebnisse: Hypothesenkonform zeigte sich ein signifikanter Unterschied in mittlerer Depressivität zwischen der türkischen Migrantenstichprobe und der zunächst nur nach Alter und Geschlecht gematchten deutschen Vergleichsstichprobe. Wenn die Gruppen zusätzlich im SES angeglichen wurden, verschwand der Unterschied. Schließlich konnte in den Gruppen weder ein Puffereffekt der sozialen Ressourcen auf den ne-
gativen Einfluss vom SES auf Depressivität noch ein Unterschied in diesem gefunden werden. Interpretation: Offensichtlich ist der sozio-ökonomische Status bei Migranten und Nicht-Migranten gleichermaßen bedeutsam für die Entstehung depressiver Symptome. Allerdings ist es erstaunlich, dass die der Migrationsstatus keine zusätzliche Bedeutung für Depressivität hat. Implikationen und Grenzen der Studie wurden diskutiert. 14:00 – 17:30 ���� P062 Analyse von Mobilitätsmustern älterer Menschen unter dem Einfluss kognitiver Beeinträchtigungen F. Zuber Geographisches Institut, Universität Heidelberg, Heidelberg; Fragestellung: Ziel der Studie ist die Analyse von außerhäuslichen Mobilitätsmustern älterer Menschen, abhängig von ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit. Ähnlichkeiten und Unterschiede, die zwischen kognitiv nicht beeinträchtigten Personen, leicht kognitiv beeinträchtigten Personen und Personen mit Demenz im Frühstadium auftreten werden identifiziert. Zudem sollen Ursachen für mögliche Gruppenunterschiede hinsichtlich der Mobilität analysiert werden. Methoden: In Verbindung mit dem Projekt SenTra (Senior Tracking), einem interdisziplinären Kooperationsvorhaben der Universität Heidelberg und der Hebrew University in Jerusalem, wurden 60 Probanden untersucht. Die Stichprobe untergliedert sich in drei Gruppen: 1) nicht kognitiv beeinträchtigte Personen, 2) leicht kognitiv beeinträchtigte Personen sowie 3) Personen mit Demenz im Frühstadium. Mittels GPSTechnologie wurden Mobilität und Aktivitäten der Probanden über einen Zeitraum von 28 Tagen dokumentiert und mittels GIS (Geographische Informationssysteme) analysiert. Ursachen von Veränderungen des Mobilitätsverhaltens wurden auf der Grundlage qualitativer Interviews untersucht. Ergebnisse: Es lassen sich charakteristische Mobilitätsmuster für alle drei Gruppen identifizieren, vor allem was die Häufigkeit von wiederkehrenden Mobilitätsmustern (Routinen) und Unterschiede im Aktionsradius betrifft. Als wichtigste Ursachen für eine Veränderung der individuellen Mobilität fanden sich Einschränkungen bei der Nutzung von Verkehrsmitteln, eine nachlassende Orientierungsfähigkeit sowie Unsicherheiten beim Zurücklegen von Wegen ohne Begleitung. Interpretation: Die Befunde zeigen, dass mit einer abnehmenden kognitiven Leistungsfähigkeit deutliche Veränderungen der außerhäuslichen Mobilität verbunden sind. Angesichts der Komplexität der zugrundeliegenden Ursachen erscheint es sinnvoll, diese unter Einbezug qualitativer Verfahren stärker differenziert zu evaluieren. Möglichkeiten zur Kompensation unerwünschter Veränderungen könnten auf dieser Grundlage diskutiert werden. 14:00 – 17:30 ���� P063 „Im Grunde bin ich ja Frankfurterin“ – Zur Bedeutung umweltbezogener Erinnerungen in der daseinsthematischen Struktur demenzkranker Menschen J. Beil Institut für Gerontologie, Universität Heidelberg, Heidelberg; Fragestellung: Der Einfluss der räumlichen Umwelt auf die Lebensqualität demenziell Erkrankter ist in den letzten Jahren vor allem im Hinblick auf Orientierungs- und Sicherheitsaspekte untersucht worden. Darüber hinaus spielt jedoch die symbolische Bedeutung vertrauter Umwelten und persönlicher Gegenstände für das Selbstgefühl und Identitätserleben eine wichtige Rolle. In diesem Kontext setzt sich das Dissertationsvorhaben mit der Frage auseinander, welche subjektive Bedeutung die dinglich-räumliche Umwelt für demenzkranke Menschen hat, wie diese erschlossen werden kann und was sich daraus für Versorgungskonzepte ableiten lässt. H. Thomae bietet im Rahmen seiner Persönlichkeitstheorie mt dem Konstrukt der Daseinsthemen ein geeignetes Fundament, individuell bedeutsame Elemente der dinglich-räumlichen Um-
welt – eingebettet in aktuelle und biografische Bezüge – herauszuarbeiten und zu analysieren. Methoden: Als empirisches Material dient eine Stichprobe von N=10 demenzkranken Menschen, mit denen jeweils 5 offene Interviews geführt wurden. Die Methode der biografischen Exploration liefert in Kombination mit der Heidelberger-Strukturlegetechnik eine adäquate und erprobte Methode zur Erfassung und Darstellung individueller Welten demenzkranker Menschen. Ergebnisse: Erste Befunde deuten darauf hin, dass das Zuhause als überdauerndes Konzept für Demenzkranke ein wichtiges Element im Erleben von Kontinuität, Vertrautheit, emotionaler Verbundenheit und Ortsidentität darstellt. Persönliche Gegenstände spiegeln häufig Daseinsthemen wider und können als bedeutsame Erinnerungsanker und Auslöser positiver Emotionen dienen. Interpretation: Anwendungsbezogene Potentiale sind zum einen in der gezielten Nutzung lebensthematisch bedeutsamer Gegenstände zu sehen, die als wertvolle Ressource zur Selbsterhaltung und Identitätsstabilisierung beitragen können. Zum anderen sollte die Bedeutung der vertrauten Umgebung im Hinblick auf den Verbleib in der eigenen Wohnung bzw. einer Pflegeeinrichtung im heimischen Stadtteil diskutiert werden. 14:00 – 17:30 ���� P064 Bewertung neuerer Technologien durch Bewohner und Pflegemitarbeiter im institutionellen Kontext K. Claßen; F. Oswald 1; H.-W. Wahl; C. Becker 2; C. Heusel 3 Abteilung für psychologische Alternsforschung, Psychologisches Institut, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg; 1 AB Interdisziplinäre Alternswissenschaft, Fachbereich Erzie hungswissenschaften, Johann-Wolfgang-v. Goethe-Universität, Frankfurt a. M.; 2 Klinik für Geriatrische Rehabilitation, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart; 3 Grundsatzfragen, Strategie und Entwicklung, Paul Wilhelm von Keppler-Stiftung, Sindelfingen; Fragestellung: Die im vorliegenden Beitrag dargestellten Befunde wurden im Rahmen des von der Robert Bosch Stiftung von Februar 2008 bis März 2010 geförderten Projekts „Bewertung neuer Technologien durch Bewohner und Personal im Altenzentrum Grafenau der Paul Wilhelm von Keppler-Stiftung und Prüfung des Transfers ins häusliche Wohnen“ ( BETAGT) erhoben. Ziel dieser Teiluntersuchung war es, Bewohner und Mitarbeiter in Einrichtungen mit wenig Technikausstattung hinsichtlich ihrer biografischen Technikerfahrungen und ihrer generellen Technikeinstellung sowie Mitarbeiter zur Vereinbarkeit von Technik und Beruf zu befragen. Zudem sollten konkrete Technikaspekte aus Grafenau (z.B. Schließanlage, Sensormatten) u.a. hinsichtlich der Bereiche Sicherheit, soziale Kontakte, Privatheit und Autonomie eingeschätzt werden. Methoden: Es wurden 84 Bewohner und 109 Mitarbeiter aus elf Seniorenzentren der Keppler-Stiftung befragt. Eingesetzt wurden im Falle der Bewohner strukturierte standardisierte Kurz-Interviews sowie im Falle der Mitarbeiter strukturierte standardisierte Fragebogen. Die Technik wurde mittels bebilderter Vignetten eingeführt. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen eine positive Einstellung gegenüber neuerer Technik seitens der Mitarbeitern und Bewohner. Hinsichtlich der Auswirkungen neuer Technik auf Dimensionen der Lebensqualität erwarten Mitarbeiter und Bewohner unterschiedliche Technikpotenziale. Beide Personengruppen sehen das größte Potenzial der Technik übereinstimmend im Bereich der Sicherheit. Interpretation: Entgegen der vorherrschenden Meinung, scheinen ältere Menschen in Heimen moderner Technik gegenüber keineswegs generell skeptisch und kritisch eingestellt zu sein. Zudem wird die Beschäftigung mit neuer Technik im Beruf von Pflegemitarbeitern als durchaus vereinbar mit der Erfüllung pflegerischer Aufgaben angesehen.
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Abstracts 14:00 – 17:30 ���� P065 Zum Zusammenhang von Persönlichkeit, allgemeinen und wohnbezogenen Kontrollüberzeugungen und leichter kognitiver Beeinträchtigung im höheren Lebensalter: Erste Befunde aus der ILSE-Studie E. Kuzma Sektion Gerontopsychiatrie, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Heidelberg;
Interpretation: Die Befunde zeigen auf, dass differentielle Zusammenhänge zwischen kognitiver Leistung, Mobilitätsparametern und Bereichen außerhäuslicher Aktivitäten vorliegen. Künftige Studien sollten daher die Rolle spezifischer kognitiver Funktionen für verschiedene Mobilitätsdimensionen und Aktivitätskategorien im Alter, idealerweise auf multimethodaler und längsschnittlicher Basis erfasst, einbeziehen.
Fragestellung: Personen mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (LKB) haben ein erhöhtes Risiko an Alzheimer Demenz zu erkranken. In Studien zu LKB wurden Persönlichkeit und persönlichkeitsnahe Eigenschaften bisher weniger beachtet, zugunsten kognitiver Profile und Faktoren, die die Entwicklung der Erkrankung beeinflussen (z.B. Bildung). Grundsätzlich hängen z.B. niedrigere Neurotizismuswerte mit besserer Gedächtnisleistung zusammen. Zudem werden Zusammenhänge zwischen Kontrollüberzeugungen und kognitiver Leistung berichtet; es gibt aber kaum Untersuchungen mit LKB-Patienten. In dieser Arbeit werden Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsfaktoren und Kontrollüberzeugungen (allgemeinen als auch wohnbezogenen) einerseits und LKB andererseits untersucht. Methoden: Die vorliegende Arbeit basiert auf den Daten aus drei Untersuchungsdurchgängen (T1: 1993/94, T2: 1997/98, T3: 2005/07) der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE). Von den zu T1 untersuchten 500 Teilnehmern wurde bei insgesamt 109 Personen zu T3 eine LKB diagnostiziert. Zudem erfolgte eine ausführliche körperliche, psychiatrische und umfassende psychologische Untersuchung. Ergebnisse: Erste Analysen zeigen, dass sich Teilnehmer mit LKB signifikant von der Kontrollgruppe durch höhere Neurotizismuswerte und niedrigere Offenheitswerte unterscheiden. Außerdem zeigt sich bei beiden Gruppen eine Zunahme der wohnbezogenen externalen Kontrollüberzeugungen (Glück, Zufall), während die internalen allgemeinen und wohnbezogenen Kontrollüberzeugungen stabil bleiben. Interpretation: Die Befunde stützen die Hypothese, dass sich Personen mit LKB von Personen ohne LKB in ihrer Persönlichkeit unterscheiden. Prämorbide hohe Neurotizismuswerte könnten als ein möglicher Risikofaktor für die Entwicklung der LKB angesehen werden.
14:00 – 17:30 ���� P067 Bedeutungshorizonte außerhäuslicher Lieblingsorte für ältere Menschen: ein Beitrag der Geographischen Alternsforschung und der Ökologischen Gerontologie U. Koch Geographische Alternsforschung, Ökologische Gerontologie, Universität Heidelberg, Heidelberg;
14:00 – 17:30 ���� P066 Zusammenhänge zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit, außerhäuslicher Mobilität und außerhäuslichen Aktivitäten im Alter M. Wettstein Abteilung für psychologische Alternsforschung, Psychologisches Institut, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg; Fragestellung: Die Bedeutung kognitiver Leistungsfähigkeit für die außerhäusliche Mobilität sowie für außerhäusliche Aktivitäten (soziale, physische und kognitive Aktivitäten) im Alter wurde bislang selten differenziert untersucht: Weitgehend unklar ist, welche spezifischen kognitiven Funktionen mit welchen einzelnen Mobilitätsmaßen und Aktivitätsbereichen assoziiert sind. Methoden: Untersucht wurde eine vorläufige Stichprobe, bestehend aus 74 kognitiv unbeeinträchtigten älteren Erwachsenen im Alter zwischen 61 und 81 Jahren (M = 69.8 Jahre, SD = 3.8 Jahre). Diese gaben im Rahmen des Forschungsprojekts „SenTra“ (Senior Tracking) u. a. Auskunft über gesundheitliche Maße sowie ausgeübte Aktivitäten. Außerdem führten sie über vier Wochen ein Mobilitätstagebuch, in dem sie ihre täglichen außerhäuslichen Wege und Aktivitäten protokollierten. Mit allen Teilnehmern wurde die CERAD-Testbatterie zur Erfassung kognitiver Leistungen durchgeführt. Analysiert wurde, welche kognitiven Funktionen Prädiktoren von Mobilitätsleistungen und Aktivitätsbereichen sind. Ergebnisse: Während die durchschnittliche Zahl zurückgelegter Wege pro Tag sowie die mittlere zurückgelegte Entfernung pro Tag bei Kontrolle von Alter und Gesundheit nicht durch kognitive Maße vorhergesagt wurde, traten signifikante positive Zusammenhänge zwischen kognitiven Maßen und der Zahl ausgeübter physischer sowie kognitiver Aktivitäten auf.
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Fragestellung: Welchen konkreten, lebensqualitätsunterstützenden Beitrag leisten räumliche Umwelt(en) im höheren Erwachsenenalter? (1) Gibt es außerhäusliche Umwelten, die ältere Menschen so positiv wahrnehmen, dass sie diese a) anderen Umwelten vorziehen und b) als „Lieblingsorte“ benennen können? (2) Welche Umwelten sind dies? (3) Welche Bedeutung(en) messen ältere Menschen diesen Orten bei? (4) Welche Dimensionen lassen sich unterscheiden? Methoden: Ziel ist eine qualitative Exploration der subjektiven Bedeutungsdimensionen positiver Mensch-Umwelt-Beziehungen mit anwendungsrelevanter Perspektive. Das methodische Instrument besteht aus vier sich ergänzenden und ergebnisspiegelnden Schritten: GPS-Tracking (siehe separaten SenTra-Beitrag), Begehung des Lieblingsortes, Qualitatives Interview am Lieblingsort und Photovoice. Hieraus resultiert ein sich wechselseitig ergänzender Datenerhebungs- und Analyseprozess, der die Ergebnisse sukzessive verdichtet. Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass naturnahen Umwelten besondere Bedeutung beigemessen wird. Wie die Mobilitätsmuster zeigen sind diese teilweise fest in das Alltagshandeln integriert. Interpretation: Einerseits ist das methodische Instrument im Hinblick auf die gewonnenen Ergebnisse zu diskutieren. Andererseits stellt sich die Frage, inwiefern aus den Ergebnissen raumplanerische Empfehlungen abgeleitet werden können, die lebensqualitätsunterstützende Effekte außerhäuslicher Umwelten für ältere Menschen nachhaltig fördern können. 14:00 – 17:30 ���� P068 Time until Institutionalization in Incident Dementia Cases – Results of the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+) T. Luck; M. Luppa; H. Matschinger 1; H. Glaesmer 2; J. Stein; M. C. Angermeyer 3; H.-H. König 4; S. G. Riedel-Heller 5 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, 2 Selbst. Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universität Leipzig, Leipzig; 3 Center for Public Mental Health, Gösing am Wagram; 4 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 5 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: Information on the time until institutionalization and its predictors in demented subjects has so far been based on studies with selected samples or prevalent dementia cases. Thus, the aim of the study is to analyze the time until institutionalization and associated patient-related factors in incident dementia cases. Method: Data were derived from the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+), a population-based study of individuals aged 75 years and older. Kaplan-Meier survival analysis was used to determine the time until institutionalization. Factors associated with time until institutionalization were analyzed using Cox proportional hazards models. Results: 109 subjects with incident dementia who resided in a private home setting at the time of the dementia diagnosis were identified. 52 (47.7%) of these subjects had become residents of a nursing home by the
end of the study. The median time until institutionalization was 1,005 days (95% CI = 808-1,202). Being widowed/divorced (compared to being married) was associated with a significantly shorter time until institutionalization (univariate model: HR = 4.50, 95% CI = 1.09-18.57). Conclusion: Being without a spouse seems to be an important factor for a shorter time until institutionalization in incident dementia cases. Tailored interventions for these subjects at risk are required. Grant: Interdisciplinary Centre for Clinical Research (IZKF), University of Leipzig (project C07) 14:00 – 17:30 ���� P069 Gender differences in predictors of nursing home placement in the elderly M. Luppa; T. Luck; J. Stein; S. Weyerer 1; H.-H. König 2; S. G. Riedel-Heller 3 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig; 1 Psychogeriatrie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim; 2 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 3 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: In the past decades a substantial number of studies examined predictors of nursing home placement (NHP) in the elderly. This study provides a systematic review of gender-differences in predictors of NHP from population-based, longitudinal studies worldwide. Method: Relevant articles were identified by a systematic search of literature. The article based on prospective studies with representative samples of community-living elders identified predictors by gender-specific multivariate analyses. Results: : Eleven studies were identified. We found gender differences in prediction of NHP for marital status, living situation, housing and car availability and urinary incontinence. For both genders the risk of NHP did not differ substantially for age, functional impairment, cognitive impairment, dementia, and depression. The male to female ratio of admission rates ranged between 1 to 1.4 and 1 to 1.6. Conclusion: Only a few studies analysed predictors of NHP gender-specific, probably owing to the associated statistical difficulties. However, gender differences in prediction of NHP do actually exist, encouraging further research activities in this area taking into account appropriate statistical methods. 14:00 – 17:30 ���� P070 Mild Cognitive Impairment: Incidence and Risk factors Results of the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+) T. Luck; M. Luppa; S. Briel; J. Stein; H. Matschinger 1; H.-H. König 2; A. Villringer 3; S. G. Riedel-Heller 4 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, 2 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 3 Max Planck Institute for Human Cognitive and Brain Sciences and Day Clinic of Cognitive Neurology, 4 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: Mild Cognitive Impairment (MCI) constitutes a pre-stage of dementia in many cases. The aims of the present study were to estimate age- and gender-specific incidence of MCI and to identify risk factors for incident MCI in a population-based sample of cognitively healthy subjects aged 75 years and older. Method: Data were derived from the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+), a population-based study of individuals aged 75 years and older. Incidence was calculated according to the ‘person-years-atrisk’ method. Cox proportional hazards models were used to identify risk factors for incident MCI. Results: During the 8-year follow-up period, roughly one fourth (n = 137; 26.4%) of the population at risk developed MCI. The overall incidence of MCI for subjects aged 75 years and older was 76.5 (95%-PCI = 64.7-90.4) per 1,000 person-years (overall person-years = 1,791.08). The incidence
rate was highest in age group 85+ years and higher in women than men (80.8, 95%-PCI = 66.6-98.0 vs. 65.8, 95%-PCI = 47.0-92.1). Cox proportional hazards model identified older age, subjective memory complaints, impairment in instrumental activities of daily living, and lower cognitive performance as significant risk factors for incident MCI. Conclusion: MCI has high incidence in the elderly population. The inclusion of restrictions in instrumental activities of daily living in the criteria of MCI particularly might be useful to improve the prediction of dementia. Subjective memory complaints in previously cognitively healthy individuals should be taken seriously as a possible pre-stage of MCI. Declaration of Interest: The field work was supported by the Interdisciplinary Centre for Clinical Research Leipzig (project C07) and published with affiliation of the Leipzig Interdisciplinary Research Cluster of Genetic Factors, Clinical phenotypes and Environment (LIFE) that is financed by means of the European Union (European Regional Development Fund; ERDF) and the Free State of Saxony. 14:00 – 17:30 ���� P071 Impact of Impairment in Instrumental Activities of Daily Living and Mild Cognitive Impairment on Time to Incident Dementia Results of the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+) T. Luck; M. Luppa; M. C. Angermeyer 1; A. Villringer 2; H.-H. König 3; S. G. Riedel-Heller 4 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig; 1 Center for Public Mental Health, Gösing am Wagram; 2 Max Planck Institute for Human Cognitive and Brain Sciences and Day Clinic of Cognitive Neurology, 3 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 4 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: Early diagnosis of dementia requires knowledge about associated predictors. The aim of this study was to determine the impact of mild cognitive impairment (MCI) and impairment in instrumental activities of daily living (IADL) on the time to an incident dementia diagnosis. Method: Data were derived from the Leipzig Longitudinal Study of the Aged (LEILA75+), a population-based study of individuals aged 75 years and older. Kaplan-Meier survival analysis was used to determine time to incident dementia. Cox proportional hazards models were applied to determine the impact of MCI and impairment in IADL on the time to incident dementia. Results: 180 (22.0%) of 819 initially dementia-free subjects developed dementia by the end of the study. Mean time to incident dementia was 6.7 years (95% CI = 6.5-6.9). MCI combined with impairment in IADL was associated with a higher conversion rate to dementia and a shorter time to clinically manifest diagnosis. The highest risk for a shorter time to incident dementia was found for amnestic MCI combined with impairment in IADL: the mean time to incident dementia was 3.7 years (95% CI = 2.9-4.4) and thus half as long as in subjects without MCI and impairment in IADL. Conclusion: Subjects with MCI and impairment in IADL constitute a high-risk population for the development of dementia. The consideration of impairment in IADL should constitute an important step towards an MCI concept being clinically more useful for prediction of dementia. Funded by the junior research grant by the Medical Faculty, University of Leipzig, the Interdisciplinary Centre for Clinical Research Leipzig (project C07) and published with affiliation of the Leipzig Interdisciplinary Research Cluster of Genetic Factors, Clinical phenotypes and Environment (LIFE Center, Universität Leipzig).
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Abstracts 14:00 – 17:30 ���� P072 Risk factors for incident MCI Results from the German Study on Ageing, Cognition and Dementia in Primary Care Patients (AgeCoDe) T. Luck; M. Luppa; J. Stein; B. Wiese 1; H. Kaduszkiewicz 2; H. van den Bussche 3; W. Maier 4; S. G. Riedel-Heller 5 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig; 1 Institut für Biometrie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 2 Institut für Allgemeinmedizin, 3 Institut für Allgemeinmedizin, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; 4 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn; 5 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: To provide age- and gender-specific incidence rates of MCI among elderly GP patients (75+ years) and to identify risk factors for incident MCI. Method: Data were derived from the longitudinal German Study on Ageing, Cognition and Dementia in Primary Care Patients (AgeCoDe). Incidence was calculated according to the ‘person-years-at-risk’ method. Risk factors were analysed using multivariate logistic regression models. Results: During the 3-year follow-up period, 350 (15.0 %) of the 2,331 subjects whose data were included in the calculation of incidence developed MCI (person-years = 6198.20). The overall incidence of MCI was 56.5 (95% CI = 50.7-62.7) per 1,000 person-years. Older age, vascular diseases, the apoE ε4 allele and subjective memory complaints were identified as significant risk factors for future MCI. Conclusion: MCI is frequent in older age. Subjective memory complaints predict incident MCI. Especially vascular risk factors provide the opportunity of preventive approaches. Funded by the German Federal Ministry of Education and Research (grants: 01GI0102, 01GI0420, 01GI0422, 01GI0423, 01GI0429, 01GI0431, 01GI0433, 01GI0434, O1GI0710, 01GI0711, 01GI0712, 01GI0713, 01GI0714, 01GI0715, 01GI071) 4:00 – 17:30 ���� P073 Direct costs associated with mild cognitive impairment in primary care M. Luppa; S. Heinrich 1; H. Matschinger 2; A. Hensel; T. Luck; J. Stein; S. G. Riedel-Heller 3; H.-H. König 1 Public Health, 1 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 2 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, 3 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: Little is known about the direct costs of individuals with Mild Cognitive Impairment (MCI). This study investigates the direct costs associated with MCI according to recent diagnostic criteria from a societal perspective. Method: Four hundred and fifty-two primary care patients aged 75+ from Leipzig, Germany, were investigated in face-to-face interviews regarding MCI according to the current diagnostic criteria of the International Working Group on MCI, resource utilisation and costs (questionnaire of service utilisation and costs), as well as chronic medical illness (Chronic Disease Score). Resource utilisation was monetarily valued using 2004/2005 prices. Results: Mean annual direct costs were 4,443 euro for patients with MCI (n=39) and 3,814 euro for patients without MCI (n=413) (p=0.34). Looking at the cost components, patients with and without MCI only significantly differed regarding pharmaceutical costs (1,210 euro vs 1,062 euro; p<0.05) not caused by antidementive drugs. Conclusion: Direct costs of individuals having MCI are not significantly increased in comparison to direct costs of individuals without cognitive deficits. Funded by the German Federal Ministry of Education and Research (grant: 01GI0431, 01GI0714 and 01ZZ0106) and by the formel.104/NBL-3 Program.
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4:00 – 17:30 ���� P074 Predictors of institutionalization in dementia-free older adults M. Luppa; T. Luck; J. Stein; H. Matschinger 1; H.-H. König 2; S. G. Riedel-Heller 3 Public Health, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, 2 Abteilung für Gesundheitsökonomie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 3 Selbständige Abt. Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Leipzig; Objective: In previous decades a substantial number of community-based studies mostly including dementia cases examined predictors of nursing home admission (NHA) among the elderly. However, no one study has analyzed predictors of NHA for individuals without developing dementia before NHA. Method: For a population-based sample of 1,024 dementia-free adults aged 75 years and older, socio-demographic, clinical, and psychometric parameters were requested every 1.5 years over six waves. Kaplan-Meier estimates were used to determine mean time to NHA. Cox proportional hazards regression was used to examine predictors of long-term institutionalization. Results: Of the overall sample, 7.8 percent of the non-demented elderly (n=59) were institutionalized during the study period. Characteristics associated with a shorter time to NHA were increased age, living alone, functional and cognitive impairment, major depression, stroke, myocardial infarction, a low number of specialist visits and paid home helper use. Conclusion: Although factors leading to NHA among individuals not developing dementia before NHA are similar to those driving the entry in population-based studies including dementia cases, the effect of severe physical or psychiatric diseases and living alone on NHA is considerably increased for dementia-free individuals. Grant: Interdisciplinary Centre for Clinical Research (IZKF), University of Leipzig (project C07) 14:00 – 17:30 ���� P075 Bilder älterer Menschen mit Demenz in deutschen Wochenzeitungen E.-M. Kessler; C. Schwender 1 Abteilung für Psychologische Alternsforschung, Psychologisches Institut Netzwerk Alternsforschung (NAR), Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg; 1 Lehrgebiet Kommunikationsmanagement, Fachhochschule für Management und Gesundheit, BSP Business School Potsdam GmbH, Potsdam; Fragestellung: Im Fokus dieses Beitrags steht die aktuelle mediale Darstellung älterer Menschen in einer Grenzsituation der menschlichen Existenz, nämlich im Zusammenhang mit Demenz. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Annahme, dass Medien die subjektiven Repräsentationen des Alters prägen. Studien haben gezeigt, dass ältere Menschen in fiktionalen Medien und in der Werbung bisher fast ausschließlich als gesund, aktiv und sozial integriert dargestellt wurden. Unsere Studie ging der Frage nach, wie im Zuge der stärkeren öffentlichen Wahrnehmung des Themas die Lebensqualität älterer Menschen mit Demenz in Informationsmedien darstellt wird. Methoden: Dazu wurden alle N=682 Artikel, in denen die Wörter „Alzheimer”, „Demenz”, „Altersdemenz”, „Alzheimerkranke” oder „Demenzkranke” vorkamen, in den vier deutschen Wochenzeitungen mit den höchsten Auflagen (Spiegel, Zeit, Fokus, Stern) seit dem Jahr 2000 ausgewählt. Anschließend wurden alle bildlichen Darstellungen von Menschen mit Demenz nach theoretisch relevanten Dimensionen von Lebensqualität bei Demenz (sensu Lawton, 1996) von je zwei unabhängigen Ratern analysiert. Ergebnisse: Untersucht wurden u.a. räumliche Umwelt, soziales Umfeld und soziale Interaktionen, emotionales Befinden, funktionale Gesundheit, Aktivitäten sowie die Verhaltenskompetenzen. Im Gegensatz zur homogenen Darstellung des Alters in fiktionalen Medien zeigen vorläufige Analysen für die untersuchten Wochenzeitungen eine große Heterogenität in der Darstellung der Lebensqualität älterer Menschen mit Demenz.
Interpretation: Die Befunde werden mit der tatsächlichen Lebensqualität bei Demenz verglichen und mit Blick auf Effekte bei den Rezipient/ innen diskutiert. 14:00 – 17:30 ���� P108 Effektive Kommunikation zwischen interdisziplinären Forschern und älteren Nutzern in der Entwicklung designorientierter und zweckmäßiger Produkte. S. Benton; B. Altemeyer; B. Manning Business Psychology Centre / Department of Psychology, University of Westminster, London/UK; Fragestellung: Verbesserung der Lebensqualität älterer Nutzer hinsichtlich Autonomie und Unabhängigkeit1 durch die Entwicklung von technologisch verbesserter Funktionsbekleidung welche sowohl attraktiv als auch nutzenorientiert ist. Fokussiert wird hierbei primär die Kommunikation zwischen den Entwicklern, Herstellern und Nutzern um die Kapazitäten verfügbarer Technologien und Designs mit Funktionalität sowie Zielorientierung / Bestreben der Nutzer zu vereinen. Methoden: Unterschiedliche Professionen verfolgen unausweichlich unterschiedliche Prioritäten in der Problemlösung. Durch Erstellung eines verhaltensbasierten Rahmenwerks, in welchem unterschiedliche und konkurrierende Problemlösungsprioritäten dynamisch aneinander angepasst werden, wird eine geförderte Leistungskapazität2 von Nutzern ermöglicht. Darauf basierend erfolgt die Etablierung einer gemeinsamen Sprache um Designer, Ingenieure, Sozialwissenschaftler und Endnutzer zu verbinden und interdisziplinäre Barrieren zu überwinden. Ergebnisse: Ein interdisziplinär vernetztes Rahmenwerk für Forschung im Bereich der Gerontologie wird diskutiert. Zudem werden Methoden für feldübergreifende Forschung und Endnutzerintegration erläutert. Referenzen: 1 Fisk, A. D., & Rogers, W. A. (2002). Psychology and Aging: Enhancing the Lives of an Aging Population. Current Directions in Psychological Science, 11(3), 107-110. doi:10.1111/14678721.00179 2 Hagberg, M., Hagberg, B., & Saveman, B. I. (2002). The Significance of Personality Factors for various Dimensions of Life Quality among Older People Aging & Mental Health, 6(2), 178-185. doi:10.1080/13607860220126754
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 1 14:00 – 15:30 IV03 Interdisziplinäre Veranstaltung Biomarker des Alterns Moderation: A. Simm, Halle (Saale)
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Lebenserwartung in den Industriestaaten deutlich zugenommen – und damit auch die Zahl degenerativer Erkrankungen. Biomarker, mit denen man sich erhofft, das biologische Alter eines Individuums festzustellen, werden als Chance gesehen, die Leistungsfähigkeit sowie das Krankheitsrisiko eines Menschen zu beurteilen. Damit könnten einerseits individuell zugeschnittene Therapien oder Prophylaxen ermöglicht bzw. andererseits geklärt werden, welche Therapien einem alten Menschen noch zugemutet werden können. Neben den potentiell positiven Möglichkeiten stehen aber auch rechtliche wie ethische Fragen, die vor der Nutzung bedacht und diskutiert werden sollten.
14:00 – 14:15 IV03-01 Was sind Biomarker des Alterns und wozu brauchen wir sie? T. Grune, Stuttgart Ziel der Etablierung von Biomarkern des Alterns sollte es sein, den individuellen Verlauf des Alterungsprozesses vorherzusagen. Diese Aufgabe gestaltet sich schwierig, da der Alterungsprozess durch die Vielfalt der ihn beeinflussenden Faktoren sehr unterschiedlich verläuft und durch verschiedenen ’Schrittmacher-Prozesse’ beeinflusst wird. Ergebnisse existierender Methoden werden oft durch akute Einflüsse moduliert, so dass eine klare Vorhersage des ’biologischen Alters’ durch einzelne Methoden nicht möglich ist. Somit ist es wahrscheinlich, dass nur eine Kombination verschiedener Methoden eine individuelle Vorhersage des Alterungsprozesses erlaubt. 14:15 – 14:30 IV03-02 Altern ist mehr als Gene C. C. Sieber, Nürnberg Viele Menschen erhoffen sich Langlebigkeit mit dem Querverweis darauf, wie alt doch die Eltern wurden. Man geht aber davon aus, dass „nur“ etwa 25% der individuellen Lebenserwartung genetisch determiniert ist. Gene sind also „building blocks“ für Hochaltrigkeit, aber eben nicht das übergeordnete statische Fundament. Nebst den diversen „age genes“ sei aber doch erwähnt, dass viele der metabolischen Erkrankungen (art. Hypertonie, Hypercholinesterinämie, Diabetes melitus) stark genetische Grundlagen haben und hier das genetische Setting schon die Lebenserwartung mitbestimmt. Der Querbezug zu anderen Faktoren – nämlich medizinischen – ist hier denn auch gegeben. Wenn 25% der Lebenserwartung nämlich genetisch bestimmt sein soll, so sind 75% modulierbar und hier hat der bio-medizinische Fortschritt Vieles erreicht. Diese Inteaktionen sollen denn auch im Vortrag angesprochen werden inklusive präventive Massnahmen, die das Alter positiv beeinflussen. 14:30 – 14:45 IV03-03 Biomarker und Recht T. Klie, Freiburg Biomarker eröffnen neue, „diskrete“ Optionen der Einschätzung oder gar Bestimmung des Alters. Dadurch lassen sich Fragen der Altersgrenzen und der Leistungsfähigkeit in diesem Licht neu diskutieren. In Folge werden vielfältige Rechtsfragen aufgeworfen: – Datenschutzrechtlicher Art: Dürfen diese Daten erhoben, genutzt, weitergeleitet werden? – Versicherungsrechtlicher Art: Können Risikobewertungen auf der Grundlage von Biomakern erfolgen. – Diskriminierung: In Europa und verfassungsrechtlich steht der Diskriminierungstatbestand „Alter“, gilt das auch bei Biomarkern? 14:45 – 15:00 IV03-04 Vom sozialen zum biologischen Determinismus: Altern und Biomarker in einer Präventionsgesellschaft R. Gronemeyer, Gießen
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Abstracts Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 2 14:00 – 15:30 S19 Symposium der Sektion II Stürze im Alter – Die Bundesinitiative Sturzprävention stellt sich vor Moderation: E. Freiberger, Erlangen; C. Becker, Stuttgart
Die Bundesinitiative Sturzprävention ist ein Zusammenschluss von Wis senschaftler/innen und Expert/innen aus dem Bereich der Sturzprävention, von Mitarbeiter/innen von Krankenkassen sowie von Sportund Wohlfahrtsverbänden und Akteure im Bereich der Sturzprävention. Gemeinsames Ziel der Beteiligten ist es, die Umsetzung von ambulanten Sturzpräventionsgruppen zu fördern. Stürze und sturzbedingte Verletzungen gehören derzeit zu den häufigsten Ereignissen, die zu Hause lebende ältere Menschen in ihrer Selbstständigkeit bedrohen. Die körperlichen und psychischen Folgen eines Sturzes führen bei den Betroffenen oft zu einschneidenden Veränderungen. Derzeit ereignen sich in Deutschland jedes Jahr zwischen vier und fünf Millionen unbeabsichtigte Stürze von älteren Menschen. 200.000 bis 250.000 Menschen pro Jahr werden aufgrund eines Knochenbruchs als Folge eines Sturzes ins Krankenhaus eingewiesen. Es ist bisher in Deutschland nicht gelungen, entsprechende Präventionsprogramme für ältere Menschen, die zu Hause leben, zu verbreiten, obwohl zahlreiche wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit ambulanter Sturzpräventionsprogramme belegen. Dies erscheint von großer Bedeutung, da die Mehrzahl älterer Menschen nach wie vor zu Hause lebt und dieser Wunsch auch zukünftig die Präferenz der meisten älteren Menschen darstellt. Im Symposium werden Epidemiologie und Kosten von Stürzen, Strukturen der Weiterbildung sowie die Ziele und zukünftige Schritte der Bundesinitiative durch folgende Referenten/innen vorgestellt: 14:00 – 14:15 S19-01 Vorstellen der Bundesinitiative Sturzprävention mit möglichen Verbreitungsstrukturen U. Blessing-Kapelke, Frankfurt a. M. Die in der Bundesinitiative Sturzprävention beteiligten Personen und Organisationen möchten mit ihrem Engagement daran mitwirken, die Umsetzung von ambulanten Sturzpräventionsgruppen bundesweit zu fördern. Um viele betroffene Menschen am Wohnort betreuen zu können, werden mehrere zehntausend Gruppen in ganz Deutschland eingerichtet werden müssen. Es reicht daher nicht aus, nur professionell ausgebildete Bewegungsfachkräfte und Therapeuten als Kursleiter/innen für die ambulante Sturzprävention zuzulassen. Es ist sinnvoll, auch ehrenamtliche, gut ausgebildete Bewegungsfachkräfte, zum Beispiel DOSB- oder DRKÜbungsleiter/innen, oder auch Pflegekräfte oder Fachkräfte des Sozialwesens, die im Altenbereich arbeiten, einzubeziehen. Die Bundesinitiative Sturzprävention hat ein Empfehlungspapier erarbeitet, in dem sie Qualitätsansprüche für die Einrichtung und Förderung von Sturzpräventionsgruppen im ambulanten Bereich festhält, um somit eine möglichst einheitlich gestaltetet, wissenschaftlich begründete und nachhaltige Wirkungen erbringende Umsetzung zu erreichen. Es benennt Zielgruppen, Rekrutierungs- und Screeningverfahren und dem wissenschaftlichen Stand entsprechende Trainingsinhalte. Außerdem legt das Papier Standards für die Ausbildung von Kursleiter/innen fest. Das Empfehlungspapier richtet sich an Ministerien, Krankenkassen, Ver bände, Nichtregierungsorganisationen und weitere staatliche Planungs gremien, die damit unterstützt werden sollen, Auswahlkriterien für eine Förderung zu entwickeln. Dabei wurde beachtet, dass nur Maßnahmen empfohlen werden, bei denen präventive Effekte und eine positive gesundheitsökonomische Bewertung erwartet werden können.
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14:15 – 14:30 S19-02 Epidemiologie von Stürzen und Sturzfolgen A. Icks, Düsseldorf Stürze sind ein häufiges und relevantes Ereignis. Es wird geschätzt dass mindestens 30% der über 65Jährigen mindestens einmal pro Jahr stürzt, wobei neben individuellen Einschränkungen gesellschaftliche Belastungen wie Behandlungskosten anfallen, die bei bis zu 10Tausend US Dollar pro Ereignis liegen können,. Eine der schwerwiegendsten Folgen eines Sturzereignisses ist die Hüftfraktur (Oberschenkelhalsbruch). Schätzungsweise 50% der Betroffenen erlangt die ursprüngliche Bewegungsfähigkeit nicht zurück, rund 20% werden dauerhaft pflegebedürftig. Neben den individuellen Folgen resultieren gesellschaftliche Kosten. Allein die unmittelbaren Behandlungskosten nach Hüftfraktur wurden für Deutschland auf fast 3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die Zahl der Hüftfrakturen steigt allein wegen der demographischen Entwicklung (Anstieg der Zahl betagter Menschen). Allerdings hat sich in einer Reihe von Ländern das altersspezifische Hüftfrakturrisiko in den letzten Jahren reduziert. In Deutschland ist jedoch eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten. Hier stieg die Inzidenz von Hüftfrakturen in den Jahren 1995 bis 2005 altersbereinigt um rund 5%. Besonders betroffen waren Senioren über 70 Jahre, und hier vor allem die Männer. Es gilt die Gründe zu identifizieren und wirksame sturz- und frakturpräventive Maßnahmen zu implementieren. 14:30 – 14:45 S19-03 Strukturen der Weiterbildung E. Freiberger, Erlangen Um das erste Ziel der Bundesinitiative Sturzprävention – die Umsetzung von ambulanten Sturzpräventionsgruppen bundesweit zu fördern werden entsprechend ausgebildete Übungsleiter benötigt. In den letzten Jahren sind eine Reihe von effektiven Interventionen entwickelt und in wissenschaftlichen Studien untersucht worden [1-4]. Eine immer wieder auftauchende Problematik ergibt sich aus dem Transfer dieser Erkenntnisse von der Wissenschaft in der praktischen Alltagsanwendung von Anbietern. Von Vertretern des Gesundheitswesens wird gefordert, Evidenz based Interventionen bereitzustellen, aber in der Tat gibt es eine nicht zu übersehende Lücke auf dem Weg von den wissenschaftlichen Erkenntnissen hin zur praktischen Anwendung im Alltag [5,6]. Gerade aber die Umsetzung bundesweiter Sturzpräventionsgruppen benötigt klare Vorgaben, anhand welcher Assessments at-risk Personen für die entsprechenden Sturzpräventionsgruppen ausgewählt werden können und welche Inhalte in den Gruppen umgesetzt werden müssen. Dafür bedarf eines Standardisierung, die nur in entsprechenden Ausbildungen vermittelt werden können. In der Bundesinitiative Sturzprävention sind entsprechende Qualitätskriterien für die Ausbildungsstandards festgelegt worden und werden in der Präsentation vorgestellt mit den entsprechenden, dahinterstehenden Grundlagen. Die Qualität der Kursleiter/innen soll durch einheitliche Ausbildungs- und Prüfungskriterien im Rahmen der Qualifikation sowie durch Supervision während des Kursangebots gesichert werden und damit zu einer effektiven Implementation von den wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beitragen. Literatur [1] Guideline for the prevention of falls in older persons. American Geriatrics Society, British Geriatrics Society, and American Academy of Orthopaedic Surgeons Panel on Falls Prevention. J Am Geriatr Soc 2001;49: 664-672. [2] Gillespie LD, Robertson MC, Gillespie WJ, et al. Interventions for preventing falls in older people living in the community. Cochrane Database Syst Rev 2009: CD007146. [3] Sherrington C, Whitney JC, Lord SR, et al. Effective exercise for the prevention of falls: a systematic review and meta-analysis. J Am Geriatr Soc 2008; 56:22342243. [4] Campbell, AR., & Robertson, MC. Rethinking individual and community fall prevention strategies: a meta-regression comparing single and multifactorial interventions. Age & Ageing. 2007; 36(6): 656-662
[5] Glasgow, R., Klesges, LM., Dzewaltowski, DA., Estabrooks, PA., Vogt, TM. Evaluating the impact of health promotion programs: using the RE-AIM framework to form summary measures for decision making involving complex issues Health Educ. Res. 2006; 21(5): 688-694 [6] Ginexi, E. & Hilton, ThF. What’s Next for Translation Research? Eval Health Prof. 2006; 29 (3): 334-347.
14:45 – 15:00 S19-04 Zukunftsperspektiven der Sturzprävention in Deutschland C. Becker, Stuttgart, Die Bedeutung der Sturzprävention wird von den unterschiedlichsten Akteuren im Gesundheitswesen mittlerweile anerkannt. Nur wenige Gebiete in der Geriatrie haben eine vergleichbar gute Evidenz. Dies betrifft den Wirksamkeitsnachweis, aktuelle systematische Reviews und Metaanalysen. Im Bereich der Pflegeheime ist die Translation relativ gut gelungen. Im Bereich der häuslichen Versorgung ist die Übertragung der wissenschaftlichen Erkenntnisse deutlich schlechter. Für populationsbasierte Ansätze der Gesundheitsförderung gibt es so gut wie keine Erkenntnisse. Methoden: An Hand der aktuellen Cochrane Reviews (2009 und 2010) von Gillespie und Cameron werden die zukünftigen Anforderungen an die Sturzprävention aufgezeigt. Dies betrifft die Hochrisikostrategien ebenso wie die populationsbasierten Ansätze. Ergebnisse: Die wesentlichen aktuellen Erkenntnisse für die häusliche Sturzprävention betrifft die Vermeidung von unterschwelligen Trainingsprogrammen (Dauer und Intensität) und die Betonung des progressiven Balancetrainings. Multifaktorielle Programme sind im häuslichen Bereich nur für ausgewählte Zielgruppen sinnvoll (z.B. Sehbehinderte Personen). Im Heimbereich und Krankenhaus geht es im Unterschied hierzu um die konsequente Anwendung von multifaktoriellen Programmen. Trainingsprogramme dienen in Institutionen der Verbesserung der körperlichen Aktivität, eignen sich aber nicht alleine, um effektive Sturzprävention zu betreiben. Ausblick: Die Ergebnisse machen deutlich, dass es eine Verbindung von populationsbasierten und risikogeleiteten Programmen geben muss, um eine signifikante Reduktion von Stürzen und sturzbedingter Verletzungen zu erreichen. Es geht in den nächsten Jahren darum die bewährten Hochrisikostrategien zu verbreiten und zu verbessern. Im Bereich der populationsbasiserten Strategien muss zunächst die Machbarkeit (z.B. PrOFind Studie) und Wirksamkeit nachgewiesen werden. Weiterhin ist es sinnvoll, faktorielle Studien durchzuführen, die Teilaspekte der Sturzprävention besser verstehen lassen. Hierzu gehören Maßnahmen der Umgebungsanpassung oder Programme für ausgewählte Zielgruppen
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 3 14:00 – 15:30 S20 Symposium der Sektion II Gesundheit im Alter: Ergebnisse aus Kora-Age Moderation: K.-H. Ladwig, München
Das Forschungskonsortium KORA-Age aus Klinikern, Epidemiologen und Sozialwissenschaftlern hat sich zum Ziel gesetzt, die Determinanten und Folgen von Multimorbidität im Alter, basierend auf der KORA-Studie (Kooperative Gesundheitsforschung in Augsburg), zu ermitteln. In diesem Forschungsverbund verfolgen wir folgende Ziele: Zielsetzung 1: Bestimmen der Prävalenz von Multimorbidität, Funktionsfähigkeit und erfolgreichen Alterns bei über 65-Jährigen in einer großen Kohorte aus einer Bevölkerungsstichprobe der Region Augsburg
Zielsetzung 2: Bestimmung der Rolle von Risikofaktorprofilen bei Eintritt in die Kohorte für Multimorbidität, Mortalität und erfolgreichen Alterns. Zielsetzung 3: Identifizieren der Faktoren, die mit Multimorbidität und erfolgreichem Altern assoziiert sind. Zielsetzung 4: Auswertung der Möglichkeiten, durch Case Management mit Hilfe von trained Nurses die Rehospitalisierung von Patienten mit Myocardinfarkt zu vermeiden Es wurden drei Studiendesigns ausgewählt: (A) Ein Mortalitäts-Follow-up im Jahr 2008 mit 4565 65-94-jährigen Probanden und ein Morbiditäts-Follow-up durch Telefonbefragung 4127 Probanden (Zielsetzungen 1 und 2). (B) Überprüfungen bei einer Substichprobe der Kohorte, d.h. bei 537 Männern und 542 Frauen 65-89 jährigen zur Bestimmung intermediater Phenotypen zu Krankheiten und Altern, altersbedingter Gebrechlichkeit, Funktionsfähigkeit und Behinderung, mentaler Gesundheit und Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten sowie sozialem Rückhalt und Bindungen (Zielsetzung 3). (C) Eine Interventionsstudie mit Myocardinfarktüberlebenden (75 und älter) (Zielsetzung 4). Dieses Projekt wird ein besseres Verständnis bei dem äußerst komplexen Zusammenwirken von Krankheit und Behandlung, Funktionsfähigkeit und mentaler Gesundheit, und das Entwerfen von Strategien ermöglichen. Diese Ergebnisse sollen in der Zukunft, so vielen Menschen wie möglich für so lange wie möglich eine selbstständige Lebensführung ermöglichen. 14:00 – 14:15 S20-01 Differences in frailty between study centre participants or home visits: Results from the KORA-Age Augsburg Survey A.-K. Zimmermann, S. Baumeister1, E. Grill, B. Thorand, A. Döring2; München, 1 Greifswald, 2Neuherberg Objective: This study examined the prevalence of frailty among older adults living in the South of Germany using data from the KORA-Age survey. Furthermore, we developed a modified definition of frailty for incomplete examinations during home visits. Method: 1079 participants aged 65 years and older were interviewed and took part in a physical examination. Frailty is defined by following criteria: weight loss, exhaustion, low physical activity, slow gait speed, and reduced grip strength. Participants were classified as non-frail, pre-frail, and frail if they met 0, 1 or 2, and 3 or more criteria, respectively. 116 of 1079 participants were interviewed at home; in this case the Timed Up and Go (TUG) Test could not be conducted. Because we expected the group examined at home to be more frail, a refined frailty index was evaluated for these participants. Data from the TUG were replaced by information from the Health Assessment Questionnaire Disability Index (HAQ-DI). Results: First, frailty was defined in persons who were examined in the study centre. In men 3.5% were classified as frail, 37.5% as pre-frail and 59.0% as non-frail, and in women 4.1% were identified as frail, 36.1% as pre-frail and 59.8% as non-frail. In comparison the inclusion of results from the home visits leads for men (for women) to a prevalence of frailty of 3.8% (6.1%), a prevalence of pre-frailty of 39.2% (37.5%) and of nonfrailty of 57.0% (56.4%). Conclusion: These data indicate that the proportion of frailty is higher in subjects who were examined at home as compared to those attending the examination at the study center. Thus, the restriction of analyses to subjects coming to the study centre could cause an underestimation of the prevalence of frailty in the population, especially for females.
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Abstracts 14:15 – 14:30 S20-02 A cross-sectional analysis of self-perceived stress with DHEA-s and IGF in KORA Age; Do anabolic hormones buffer against life’s adversities? R. T. Emeny, M. E. Lacruz, M. Bidlingmaier, A. Döring1, K.-H. Ladwig; München, 1Neuherberg Objective: It is becoming increasingly clear that stress experiences per se, are not detrimental to health, but rather the inability to achieve homeostasis following a stress response. Growth promoting, anabolic hormones are known to facilitate this return to normalcy, providing a counter balance to the neuroinflammatory responses of stress. We sought to correlate levels of these stress buffering hormones with an aging individual’s perceived health and self-perceived stress. Method: Cross-sectional analyses of dehydroepiandrosterone-sulfate (DHEA-s) and insulin-like growth factor 1 (IGF-1) serum levels were performed in participants of the medical examination of KORA Age (n=1,079) and correlations with self-perceived life stress or health status were examined. Evidence of either sleep disturbances or care-giving responsibilities was considered as additional stress indicators 14:30 – 14:45 S20-03 Veränderung räumlich-zeitlicher Gangparameter im höheren Alter S. Karrasch, C. Autenrieth, M. Heier, L. Gorzelniak, A. Peters, A. Döring1; München, 1Neuherberg Fragestellung: Gangsicherheit unter verschiedenen Alltagsbedingungen ist ein wesentlicher Faktor zur Aufrechterhaltung der Selbständigkeit im höheren Alter. Daneben können altersbezogene Veränderungen des Gangverhaltens insbesondere eine erhöhte Sturzneigung anzeigen. Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Lebensalter und ausgewählten Gangparametern im höheren Alter. Methoden: In einer Stichprobe der bayerischen Bevölkerung in der Region Augsburg (KORA-Age; n=945) im Alter zwischen 65 und 91 Jahren wurde eine zeitlich-räumliche Ganganalyse mittels eines elektronischen Gangteppichs (GAITRite®) durchgeführt. Es wurden drei verschiedene Ganggeschwindigkeiten untersucht (bevorzugte Normalgeschwindigkeit, langsam, schnell) sowie ein Gang bei normaler Geschwindigkeit mit gleichzeitiger Beanspruchung durch lautes Rückwärtszählen („Dual Task“). Die gewonnenen Daten wurden in 5-Jahres-Altersgruppen analysiert. Ergebnisse: Die mittlere Ganggeschwindigkeit im untersuchten Kollektiv lag bei (M/F) 108±25/105±25 cm/s (Mittel±SD), die Schrittweite bei 63±10/58±9 cm. Über die Altersgruppen fielen beide Parameter unter allen vier Gangbedingungen mit dem Alter signifikant ab (p≤0,05). Der höchste relative Abfall zeigte sich dabei in der Ganggeschwindigkeit beim „Dual Task“ (30,0%/24,9%) und in der Schrittweite beim schnellen Gang (21,6%/15,7%). Die geringste relative Verminderung fand sich in beiden Parametern beim langsamen Gang (Geschwindigkeit: 17,3%/13,4%; Schrittweite: 16,7%/10,8%). Interpretation: Eine altersbezogene Reduktion im Gangverhalten zeigte sich am deutlichsten in den Parametern Geschwindigkeit und Schrittweite und war relativ bei Männern größer als bei Frauen. Die im Mittel stärkere Minderung unter Gangbedingungen mit erhöhter Beanspruchung weist auf mit höherem Alter abnehmende Ressourcen zur Kompensation hin. Zur Evaluation der individuellen Entwicklung des Gangverhaltens ist eine Follow-Up-Untersuchung geplant. 14:45 – 15:00 S20-04 Disability in Aged Individuals with Vertigo – Results from the KORAAge Study M. Müller, R. Strobl, E. Grill; München Objective: The objective of this study was to examine the prevalence of vertigo and dizziness in a representative sample of older adults living in the community, to investigate the association between self-reported dis-
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ability and vertigo and dizziness in this age group, and to identify sociodemographic characteristics and health conditions modifying this association. Method: This study was carried out in the framework of the KORA-Age consortium funded by the BMBF. Data were collected by telephone interview from 01/2009 until 12/2009. Functional limitations in daily living were assessed with the Health Assessment Questionnaire Disability Index (HAQ-DI). Prevalence of vertigo and dizziness was assessed using standardized questions. The association between vertigo and disability was examined with multiple logistic regression accounting for sociodemographic variables and comorbidities. Results: We analyzed a total of 4127 persons (51.1% female) with a mean age of 73.3 years (SD=6.07). 26.6 percent had experienced vertigo or dizziness within the last twelve months. Minimal disability (HAQ-DI>0) was present in 62.9 % (n=681) of persons with vertigo or dizziness and in 37.8 % (n= 1132) in persons without (relative risk=1.66). The association persisted when controlled for age, sex, marital status and comorbidities (odds ratio =2.01, p<0.001). Conclusion: Functioning of older adults in the community is impaired by symptoms of vertigo or dizziness. Further research is needed to understand the particular impairments and limitations due to vertigo and dizziness to develop effective intervention and prevention programmes. 15������������������ :00 – 15:15 S20-05 „Entgleist“ die Lungenfunktion im höheren Alter? S. Karrasch, K. Ernst, J. Behr, A. Bergner, R. M. Huber, R. A. Jörres, D. Nowak, A. Peters, H. Schulz; München Fragestellung: Für die ältere Bevölkerung liegen bislang nur spärlich Daten zur spirometrisch erfassten Lungenfunktion vor. Ziel der vorliegenden Studie war, die Lungenfunktionsentwicklung im höheren Alter zu untersuchen und diese im Vergleich zu jener von jüngeren Personen aus derselben Region zu beurteilen. Methoden: In einer Stichprobe der bayerischen Bevölkerung in der Region Augsburg (KORA-Age; n=962) im Alter zwischen 65 und 90 Jahren wurden Spirometrien durchgeführt (Masterscreen, Cardinal Health). Über einen standardisierten Fragebogen wurden der Raucherstatus sowie das Vorliegen akuter und chronischer Lungenerkrankungen erfasst. Ergebnisse: In die Auswertung wurden nur anamnestisch lungengesunde Nichtraucher eingeschlossen (n=616). Für die forcierte Vitalkapazität (FVC) ergab sich unadjustiert ein mittlerer Volumenabfall von 200 ml/5Jahre (5,9% der mittleren FVC), für die Einsekundenkapazität (FEV1) von 180 ml/5Jahre (7,1% der mittleren FEV1) und für FEV1/FVC ein Abfall von 0.9%/5Jahre. Diese Daten stellen eine lineare Extrapolation der in der Vorgängerstudie (KORA F4, Alter 40-65 Jahre) gefundenen Beziehungen dar. Interindividuell gibt es jedoch deutliche Unterschiede, da die Varianz der Parameter mit dem Alter zunimmt. Interpretation: Die Entwicklung der Lungenvolumina von anamnestisch lungengesunden Erwachsenen zeigt im beobachteten Altersbereich im Mittel keinen beschleunigten Abfall und rechtfertigt eine lineare Extrapolation der Referenzwerte in das höhere Alter. Die Werte liegen dabei deutlich über den etablierten Referenzwerten der ERS (1993). Im Mittel verliert die Lunge über die untersuchte Altersspanne von 25 Jahren ein Drittel ihrer Volumenkapazität, was sicherlich zur altersbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit beiträgt. Die Zunahme der Varianz im höheren Alter deutet jedoch auf interindividuelle Unterschiede im pulmonalen Alterungsprozess hin, der mittels einer Follow-Up-Untersuchung anhand longitudinaler Daten charakterisiert werden soll. 15:15 – 15:30 S20-06 Durchführbarkeit und Akzeptanz eines Case Managements bei älteren Herzinfarktpatienten – Erfahrungen aus der KORINNA-Studie H. Seidl, I. Kirchberger, R. Holle, B. Buch1, C. Meisinger; München, 1Augsburg Fragestellung: Ältere Patienten haben seit Jahren eine steigende Überlebensprognose nach Herzinfarkt, werden jedoch häufig stationär einge-
wiesen, wenn die ambulanteVersorgung nicht optimal verläuft. Case Management kann eine Verbesserung der Tertiärprävention durch Ressourcenaktivierung und Selbstmanagement bewirken. Ob ein Case Management bei dieser Patientengruppe realisierbar ist, ist bisher wenig untersucht. Wir berichten über erste Ergebnisse zur Durchführbarkeit in einer noch laufenden randomisierten kontrollierten Studie (RCT). Methoden: KORINNA ist eine zweiarmige RCT mit Herzinfarktpatienten im Alter ab 65 Jahren. Die Kontrollgruppe erhält die normale Versorgung, die Interventionsgruppe ein Case Management durch geschulte Pflegekräfte, die ein Entlassgespräch, sowie mindestens einen Hausbesuch und eine vierteljährliche telefonische Beratung anbieten. Die Häufigkeit und Art der Kontakte werden am Bedarf des Patienten ausgerichtet. Als Kriterien der Durchführbarkeit und Akzeptanz wurden die Abbruchrate, die Bereitschaft, Hausbesuche zu empfangen und Empfehlungen umzusetzen sowie die Patientenzufriedenheit ermittelt. Ergebnisse: Bis jetzt wurden 302 Probanden (mittleres Alter 76 Jahre; 38% Frauen, Interventionsgruppe n=150) rekrutiert. Zwei Probanden der Interventionsgruppe zogen ihre Einwilligung nach Beginn der Intervention zurück. Während der 95 durchgeführten Hausbesuche und 181 telefonischen Beratungen bestimmten Medikamenteneinnahme, Selbstüberwachung sowie soziale Einbindung größtenteils die Intervention. Auf Wunsch der Probanden wurden 4% der Hausbesuche durch ein ausführliches Telefonat ersetzt. 93% beurteilten die Empfehlungen als hilfreich und gut umsetzbar. Interpretation: Das Case Management stößt auf große Akzeptanz bei den Probanden und erweist sich als gut durchführbar.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 6 14:00 – 15:30 S21 Symposium der Sektion IV Mit Behinderung älter werden Moderation: S. Kühnert, Bochum; A. Buhl, Kiel
Das geplante Symposium verfolgt das Ziel das in der gerontologischen noch weitgehend vernachlässigtes Thema des Alterns von Menschen mit Behinderung in den Blickpunkt der Fachdiskussion zu rücken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zeigt sich ein im Vergleich zur gleichaltrigen Bevölkerungsgruppe von Menschen ohne Behinderungen eine überproportionaler Anstieg des Anstiegs älterer Menschen. 71% aller Menschen mit Behinderungen sind 55 Jahre und älter. Gleichzeitig besteht vielfach noch Unkenntnis über Bedürfnisse und Unterstützungs-notwendigkeiten dieser äußert heterogenen Gruppe älter werdender Menschen mit Behinderung und erschweren leistungsrechtliche Vorgaben ein selbstbestimmtes Leben. Das Symposium möchte deshalb die Problematik der Lebenssituationen und Unterstützungserfordernisse aus unterschiedlichen Perspektiven aufzeigen und bestehende Handlungserfordernisse für die gerontologische Forschung und die Versorgungspraxis erarbeiten. Hierzu sind vier Vorträge vorgesehen: Im Einführungsvortrag wird Frau Christine Koeppe vom Institut für Gerontologie an der TU Dortmund einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand im Bereich Alter und Behinderung geben. Daran anschließend wird Frau Gertrud Löhken-Mehring vom Bezirksverband Westliches Westfalen der Arbeiterwohlfahrt eine Einschätzung der Handlungserfordernisse aus Trägerperspektive unter Verweis auf bestehende sozialrechtliche Rahmenbedingungen und damit verbundene Schwierigkeiten vornehmen. Herr Paul Stanjek von der ZWAR Zentralstelle in Dortmund stellt das mit dem EPR Innovationspreis ausgezeichnete Modellprojekt “Gemeinsam älter werden in Olsberg – ein integratives Netzwerk für ältere Menschen mit und ohne Behinderung“ vor.
Frau Steffi Bierwagen vom Caritasverband Arnsberg- Sundern Berichte über das 2009 abgeschlossene Projekt „Selbstbestimmt älter werden in Werkstätten für behinderte Menschen“. 14:00 – 14:15 S21-01 Vorausschätzung der Altersentwicklung von Menschen mit geistiger Behinderung in Westfalen-Lippe F. Dieckmann, C. Giovis; Münster Fragestellung: In den nächsten Jahrzehnten wird die Anzahl alter Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland stark ansteigen. Das von BMBF geförderte Forschungsprojekt „Lebensqualität inklusive“ hat das Ziel, innovative Handlungskonzepte für die Unterstützung dieses Personenkreises zu formulieren. Eine Vorausschätzung der Altersentwicklung für den Zeitraum 2010-2030 soll klären, wie sich die Anzahl und die Altersstruktur der über 60-jährigen Menschen mit geistiger Behinderung und ihr relativer Anteil im Verhältnis zu anderen Alterskohorten verändern wird. Die Altersstruktur wird differenziert nach Wohnformen ermittelt. Darüber hinaus wird die Anzahl geistig behinderter Menschen vorausgeschätzt, die in den Ruhestand gehen, die altersbedingt pflegebedürftig oder dementiell erkranken werden. Methoden: Die Vorausschätzung beruht auf personenbezogenen Daten der Eingliederungshilfe, die um Angaben aus Schulstatistiken, Aufnahmestatistiken der WfbM und zu geistig behinderten Menschen in Pflegeeinrichtungen ergänzt werden. Das theoeretische Modell enthält Annahmen über die jährlichen Überlebenswahrscheinlichkeiten und Zuund Abgänge von Teilpopulationen (z. B. in verschiedene Wohnformen oder Beschäftigungsangebote). Ergebnisse: Der Anteil von älter gleich 60-Jährigen in unterstützten Wohnformen wird in Westfalen-Lippe voraussichtlich von 15% in 2010 auf etwa 44% in 2030 steigen. In stationären Einrichtungen wird 2030 jeder 2. Bewohner 60 Jahre oder älter sein. Auch im ambulant betreuten Wohnen wird über ein Drittel älterer Menschen leben. Die Ergebnisse lassen sich auf das Bundesgebiet insgesamt verallgemeinern. Interpretation: In den nächsten Jahrzehnten werden alte Menschen mit geistiger Behinderung die zahlenmäßig stärkste Altersgruppe in den Diensten und Einrichtungen der Behindertenhilfe bilden. Die Behindertenhilfe muss sich gemeinsam mit anderen Hilfebereichen (Gesundheitswesen, Altenhilfe) und Kommunen im Sinne der Inklusion auf alterskorrelierte Aufgaben und Herausforderungen einstellen. 14:15 – 14:30 S21-02 Ältere Menschen mit Behinderungen – Lebenslagen und Handlungsfelder C. Koeppe, Dortmund Fragestellung: Die steigende Zahl älter werdender Menschen mit geistiger Behinderung kombiniert mit der gleichbleibend niedrigen Geburtenrate in Deutschland macht eine Umstrukturierung der Angebotsstrukturen in der Behinderten- sowie in der Altenhilfe notwendig. Weiterer Entwicklungsbedarf in der Angebotslandschaft ergibt sich aus der aktuellen Gesetzgebung auf Bundesebene. So fordern das Behindertengleichstellungsgesetz (2002), das Neunte Sozialgesetzbuch (2003) und das Pflegeweiterentwicklungsgesetz (2008) eine menschenwürdige Pflege, die eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von pflegebedürftigen, behinderten und älteren Menschen am Leben in der Gesellschaft ermöglichen soll. Mit der Ratifizierung der Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen findet dieser Paradigmenwechsel seine Entsprechung auch auf internationaler Ebene. Ergebnisse: Auch für Menschen mit Behinderungen gilt, dass Altern ein individueller und mehrdimensionaler Prozess ist, der von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Zudem haben regionale Untersuchungen gezeigt, dass Menschen mit Behinderung vergleichbare Wünsche und Vorstellungen von ihrer Lebensphase Alter äußern wie Menschen ohne Behinderung: Sie wollen gesund sein, mit den ihnen vertrauten Menschen zusammenleben und selbst bestimmen, wie sie ihren Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Alltag gestalten wollen. Ein entscheidender Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zeigt sich jedoch in den jeweiligen Ressourcen, auf die Menschen mit und ohne Behinderung zurückgreifen können, um ein für sich sinnhaftes Alter(n) zu gestalten. Interpretation: Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in die Lebenslagen älterer Menschen mit geistiger Behinderung und benennt Handlungsfelder, die sich aus den oben genannten Entwicklungen identifizieren lassen. 14:30 – 14:45 S21-03 Gemeinsam älter werden in Olsberg- ein integratives Netzwerk für ältere Menschen mit und ohne Behinderung P. Stanjek, Dortmund Fragestellung: Das integrative Netzwerk ist ein Kooperationsprojekt des Josefsheim Olsberg, einem großen Anbieter von Wohn- und Werkstätten für Menschen mit Behinderung der Stadt Olsberg und der ZWAR Zentralstelle NRW. Grundlage des Projektes ist das in der sozialen Arbeit mit älteren Menschen erprobte ZWAR (Zwischen Arbeit und Ruhestand) Netzwerkonzept, dessen Eckpunkte der Aufbau von tragfähigen sozialen Beziehungen, Selbstorganisation und das Engagement der TeilnehmerInnen für sich selbst und andere sind. Es korrespondiert mit dem Paradigmenwechsel in der Behindertenarbeit von einer defizitorientierten Sichtweise mit Versorgung und Betreuung zu Selbstbestimmung und Förderung der Stärken und Kompetenzen (älterer) Menschen mit Behinderung. Methoden: An dieser Schnittstelle zwischen Senioren- und Behindertenarbeit setzt das Olsberger Netzwerk an. TeilnehmerInnen sind ältere NutzerInnen des Josefsheim und Olsberger BürgerInnen ohne Behinderung. Verbindendes Element der TeilnehmerInnen ist die gemeinsame Lebenssituation des Älterwerdens. Die NetzwerkteilnehmerInnen lernen in den ersten zwei Jahren, die durch eine hauptamtliche Kraft begleitet werden, sich selbst zu organisieren. Ziel ist die Selbständigkeit des Netzwerks. Im Mittelpunkt der Begleitung steht der Aufbau von tragfähigen und dauerhaften sozialen Beziehungen. Die Netzwerkbegleitung macht keinerlei Angebote. Die TeilnehmerInnen setzten ausschließlich ihre eigenen Wünsche und Ideen in die Tat um. Ergebnisse: Mittlerweile gibt es feste Interessengruppen(z.B. regelmäßiger Frühstückstreff, Wandern, PC-Gruppe, Kochen, Fotogruppe usw.), die sich selbst organisieren. Das Olsberger Netzwerk exisitiert seit gut einem Jahr und ist mit dem Innovationspreis der European Plattform for Rehabilitation ausgezeichnet worden. 14:45 – 15:00 S21-04 Älter werdende Menschen mit Behinderung – eine neue Aufgabe für Leistungsanbieter G. Löhken-Mehring, Dortmund Fragestellung: Die wenigen vorliegenden Zahlen zur demographischen Entwicklung verdeutlichen, dass eine wachsende Zahl von Menschen mit Behinderung älter und u.U. auch pflegebedürftig wird. Dies stellt Leistungsanbieter vor die Herausforderung, auf Basis der gesetzlichen Grundlagen und damit einhergehender Finanzierungsmöglichkeiten Angebote zu entwickeln, die auch bei erfolgter Ausgliederung aus den Werkstätten oder eintretender Pflegebedürftigkeit Menschen mit Behinderung ein Leben in Würde und sozialer Teilhabe ermöglichen. Methoden: Der Vortrag umfasst eine Problemanalyse aus der Perspektive eines Trägers von Diensten und Einrichtungen der Pflege und der Behindertenhilfe. Einführend erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Personenkreis „Menschen mit Behinderung“. Da dieser u.a. in Hinblick auf Art und Dauer der Behinderung, Lebenssituation und verfügbare Ressourcen sehr heterogen ist, werden entsprechend differenzierte Angebote benötigt. Welche Anforderungen dies an die konzeptionelle Entwicklung vor dem Hintergrund des gültigen Leistungsrechts, der sektorelen Aufteilung von Leistungen in ambulant, teilstationär und stationär und der unterschiedlichen gewachsenen Traditionen der Altenhilfe und Behindertenhilfe stellt, wir im Anschluss erörtert.
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Ergebnisse: Abschließend werden die sich daraus ergebenden Herausforderungen an beide Versorgugnssysteme bezogen auf die konzeptionelle Ausrichtung von Angeboten an den Bedarfslagen der Nutzer/Innen bei Orientierung an den Prinzipien selbstbestimmter Lebensführung zur Diskussion gestellt. 15:00 – 15:15 S21-05 Selbstbestimmt älter werden in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung des Caritas Verbandes Arnsberg S. Bierwagen, Arnsberg Im Vortrag werden die Konzeption und die Erfahrungen des Modellprojektes „Selbstbestimmt älter werden in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung“ der Caritas-Werkstatt Arnsberg vorgestellt.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 1 14:00 – 15:30 S22 Symposium der Sektion III und IV Leuchtturmprojekt Demenz: Aktuelle Ergebnisse ausgewählter Forschungsprojekte im Bereich ambulanter und stationärer Versorgung Moderation: K. Wolf-Ostermann, Berlin
Die (Weiter-)Entwicklung und Evaluation von Versorgungsangeboten für demenziell erkrankte Menschen ist unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung in unserer Gesellschaft und einer damit stark steigenden Anzahl von Erkrankten von einer hohen versorgungspolitischen Relevanz. Vor diesem Hintergrund wurden im Jahr 2008 im Rahmen des vom BMG geförderten „Leuchtturmprojekt Demenz“ 29 Forschungsprojekte zur Förderung ausgewählt, die sich vorbildhaft mit der Betreuung und Versorgung von Menschen mit Demenzerkrankungen befassen. Im Frühsommer des Jahres 2010 liegen nun erste aktuelle Ergebnisse dieser Forschungsprojekte vor. Im vorliegenden Symposium werden aus den drei zahlenmäßig am stärksten besetzen Themenfeldern 1. Therapie- u. Pflegemaßnahmen: Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen, 2. Evaluation von Versorgungsstrukturen, 3. Sicherung einer evidenzbasierten Versorgung aktuelle Ergebnisse vorgestellt: Die vorgestellten Studien bilden dabei beispielhaft sowohl die verschiedenen Themenfelder als auch verschiedene ambulante und stationäre Settings ab. Die Ziele der vorgestellten Studien spannen dabei einen Bogen von der allgemeinen Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität von Demenzkrankten durch pflegerische Interventionen über die Verringerung von Verhaltenssymptomen und der Verschreibung von Psychopharmaka durch strukturierte pflegerische Handlungen bzw. die Implementierung von Leitlinien bis hin zur Erprobung von Verfahren zur Weiterentwicklung der Qualität von Pflege/Betreuung bzw. einer outcomeorientierten Charakterisierung von Versorgungsstrukturen und Versorgungsgeschehen. 14:00 – 14:15 S22-01 Demenz und Herausforderndes Verhalten: Ergebnisse einer Studie zum strukturierenden Pflegekonzept „Serial Trial Intervention“ (STI-D) J. Nordheim, M. Liebich1; Berlin, 1Frankfurt a. M. Fragestellung: In fortgeschrittenen Demenzstadien treten häufig sog. „herausfordernde Verhaltensweisen“ wie bspw. Aggressivität, Rastlosigkeit oder auch Apathie auf. Diesem Verhalten wird im Pflegealltag vorwiegend ohne strukturiertes Vorgehen und ohne Zurkenntnisnahme möglicher Ursachen, sondern mit Psychopharmaka-Gaben begegnet.
Unbefriedigte Bedürfnisse oder Schmerzen, die bei fortschreitender Demenz nicht mehr kommuniziert werden können, sind oft Gründe für herausforderndes Verhalten. Dies berücksichtigt die „Serial Trial Intervention“, welche Pflegekräften einen strukturellen Rahmen vorgibt, gemäß dem bei herausforderndem Verhalten eine Folge von Assessments durchlaufen wird. Ziel dabei ist, im Pflegeteam den Auslöser für das Verhalten zu finden und mit gezielten Interventionen abzustellen. Methoden: Ziel der klinischen Studie war zunächst die Erarbeitung einer für Deutschland angepassten Version der STI, die dann clusterrandomisiert, kontrolliert unter Realbedingungen in Pflegeheimen hinsichtlich der Reduktion herausfordernden Verhaltens geprüft wurde. Weitere Endpunkte stellten Lebensqualität der Heimbewohner, Psychopharmaka-, Analgetikaverabreichung sowie Schmerzen dar. Untersuchungsund Kontrollgruppe erhielten unterschiedliche Schulungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten und Rückgang von Psychopharmaka-Gaben. Zusätzlich wurde eine betriebswirtschaftliche Analyse zur Auswirkung der STID aus Sicht von Mitarbeitern und Management in Pflegeheimen durchgeführt. Interpretation: Es wurde deutlich, dass offenbar schon allein ein struktureller Rahmen für den Umgang mit herausforderndem Verhalten unabhängig vom eingesetzten Verfahren zu einer Steigerung der Versorgungsqualität sowie der Mitarbeiterzufriedenheit führt. 14:15 – 14:30 S22-02 Interdisziplinäre Implementierung von Qualitätsinstrumenten zur Versorgung von Menschen mit Demenz in Altenheimen (InDemA) S. Bartholomeyczik, D. Hardenacke, G. Bureick 1, S. Wilm 1, R. Knee, H. Mayer, M. Halek; Witten Fragestellung: Die großen Herausforderungen bei der Versorgung von Menschen mit Demenz in der stat. Altenpflege sind vielfältig, insbesondere bei herausforderndem Verhalten und erfordern eine gute interdisziplinäre Kooperation. In diesem Projekt wurden Pflegende und Hausärzte in zwei Qualitätsinstrumenten fortgebildet, um die Versorgung in Altenheimen zu verbessern. Die hier vorgestellten Ergebnisse zur Pflege basieren auf den „Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz“. Kern des Projektes ist hieraus die „Verstehende Diagnostik“ und die Nutzung eines Instruments für Fallbesprechungen zur Ursachenanalyse für herausforderndes Verhalten. Ziel der Intervention ist die Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität der Demenzkranken durch einen angemesseneren Umgang mit ihren Verhaltensweisen. Methoden: Die Studie hat ein Prä-Post-Test-Design mit zwei Erhebungszeitpunkten. Die Intervention umfasst bei den Pflegenden Fortbildungen zur Verstehenden Diagnostik und die Durchführung von Fallbesprechungen. Die Intervention betrug 9 Monate und wurde in 15 Altenheimen durchgeführt. Als Outcome-Instrumente wurden das NPI-NH zur Erfassung herausfordernden Verhaltens und das Qualidem zur Erfassung der Lebensqualität genutzt. Ergebnisse: Bewohner mit einem MMST < 24 wurden nach Zustimmung in die Studie eingeschlossen. Von 163 Bewohnern konnten 107 auch nach der Intervention untersucht werden. Bei der Ersterhebung zeigten 87% der 107 Bewohner herausforderndes Verhalten, danach nur noch 77%. In den 10 Subskalen des NPI nahm das Verhalten ab, in sechs sogar signifikant. Die Lebensqualität hat sich im Verlauf der Studie trotz fortschreitender Krankheit kaum verändert und war bereits zu Beginn relativ hoch. Interpretation: Unklar bleibt, ob der Rückgang des herausfordernden Verhaltens darauf zurückzuführen ist, dass die Pflegenden in Folge der Intervention besser mit dem Verhalten der Demenzkranken umgehen können oder ob sich das herausfordernde Verhalten der Bewohner tatsächlich reduziert hat.
14:30 – 14:45 S22-03 „Herausforderndes Verhalten bei Demenz“ in Pflegeeinrichtungen: Evaluation eines Tandemprojekts pflegerischer und ärztlicher Leitlinien, VIDEANT M. Rapp, Y. Treusch, A. Heinz, H. Gutzmann; Berlin Fragestellung: In unserem Projekt wurden die Leitlinien der Amerikanischen Gesellschaften für Gerontopsychiatrie und Geriatrie zur Verbesserung der Behandlung von Depressionen und Verhaltenssymptomen in Pflegeeinrichtungen in neun Pflegeinrichtungen in Berlin implementiert. Unsere Haupthypothese lautete, dass im Vergleich zur Kontrollstichprobe in Pflegeeinrichtungen mit Leitlinienimplementierung bei Patienten mit Demenz die Ausprägung von Verhaltenssymptomen und die Verschreibung von Psychopharmaka sinken. Methoden: In unserer kontrollierten, prospektiven Interventionsstudie in Pflegeeinrichtungen wurden Primärdaten zur Prävalenz und Ausprägung von Verhaltenssymptomen und Psychopharmakaverschreibungen an einer Stichprobe von 321 Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Demenz in Pflegeeinrichtungen in Berlin erhoben. In der Interventionsgruppe wurden N = 149, in der Kontrollgruppe N = 156 Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Demenz erfasst. Die Intervention erfolgte anhand der vorgegeben Leitlinien und umfasste das Training von Pflegepersonal und Ärzten, ergo- und physiotherapeutische Behandlung, und einen Telefonliaisondienst. Ergebnisse: Über 90% der demenzkranken Bewohner litten an Verhaltenssymptomen, am häufigsten an Apathie (80% der Bewohner). 52,1% der demenzkranken Bewohner erhielten Neuroleptika, 29,4% Antidepressiva, und 16,6% Antidementiva. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte in der Interventionsgruppe herausforderndes Verhalten der demenzkranken Pflegeheimbewohner um 8 Punkte auf der Cohen-Mansfield Agitationsskala gesenkt werden (SMD = – 8.14; 95% KI: -3.24- -12.45; p = .018). Die Anzahl der verschrieben Psychopharmaka sank jedoch nur gering (p = .048). Interpretation: Die Implementierung von Leitlinien kann dazu beitragen, in Pflegeeinrichtungen bei Patienten mit mittelschwerer und schwerer Demenz die Ausprägung von Verhaltenssymptomen und die Verschreibung von Psychopharmaka zu senken. 14:45 – 15:00 S22-04 Evaluation von Potentialen der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Demenz in Wohn- und Hausgemeinschaften durch die Implementation von Benchmarkingprozessen (KDA-KCR) K. Besselmann, T. Risse1; Köln, 1Gelsenkirchen Fragestellung: Das Projekt hatte das Ziel, im Rahmen eines zeitlich fixierten Benchmarking-prozesses verschiedene Instrumente und Verfahren zur Weiterentwicklung der Qualität der Pflege und Betreuung in Haus- und Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz zu erarbeiten und zu erproben. Zu diesem Zweck wurde vom Kuratorium Deutsche Altershilfe e. V., KDA und der Konkret Consult Ruhr GmbH, KCR ein Projektverbund von 18 Haus- bzw. Wohngemeinschaften eingerichtet. Laufzeit des Projektes: Mai 2008 bis Februar 2010. Methoden: Es wurden sieben Methoden eingesetzt: 1. Angehörigen- und Mitarbeiterbefragung 2. Dementia Care Mapping (DCM) 3. Profil des Wohlbefindens 4. Strukturerhebung – Haus- und Wohngemeinschaften 5. Strukturerhebung – Bewohner-/Mieterstrukturen 6. Kompetenzprofile 7. Konzeptanalyse Ergebnisse: Es hat sich gezeigt, dass ein systematisch betriebenes Benchmarking einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Transparenz und zur Qualitätsentwicklung leisten kann. Es werden die eingesetzten Instrumente, deren Potenzial für die Qualitätsentwicklung und ausgewählte Ergebnisse vorgestellt.
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Abstracts 15:00 – 15:15 S22-05 Berliner Studie zur gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Demenz in ambulant betreuten Wohngemeinschaften – DeWeGE K. Wolf-Ostermann, A. Worch, J. Nordheim, A. Pannasch, I. Wulff, S. Meye, T. Fischer; Berlin Fragestellung: Die Zahl ambulant betreuter Wohngemeinschaften (WG) für Menschen mit Demenz ist in den letzen Jahren stark angestiegen, diese werden zunehmend als als Alternative zur stationären Versorgung empfunden. Bisher liegen jedoch nur wenige Ergebnisse zu Strukturen und Versorgungsverläufen vor. Methoden: Die DeWeGE-Studie umfasst sowohl ein Längs- als auch ein Querschnittdesign, im Vergleich zu WG werden auch Spezialwohnbereiche (SWB) Berliner Pflegeheime betrachtet. Das Ziel der Studie ist die Charakterisierung des Versorgungsgeschehens und der gesundheitlichen Entwicklung der Bewohner (Längsschnitt) und der Bewohner- und Versorgungsstrukturen (Querschnitt). Ergebnisse: Das durchschnittliche Alter der im Längsschnitt befragten demenziell erkrankten Bewohner/-innen (MMSE<24) betrug bei Einzug 81,5 Jahre. In WG einziehende Personen waren kognitiv weniger beeinträchtigt als in SWB einziehende. Bei der Lebensqualität (QUALIDEM) zeigte sich im einjährigen Verlauf ein Anstieg der gemessenen Werte, Unterschiede zwischen WG und SWB können bei der Pflegebeziehung, sozialen Beziehungen und sozialer Isolation nachgewiesen werden. Prävalenzen von Verhaltensauffälligkeiten und körperliche Funktionseinschränkungen sind in WG und SWB hoch. Psychopharmaka wurden in SWB häufiger verordnet. In der Querschnittstudie wurden Daten zu 963 Bewohner/-innen erfasst. Die Prävalenz von Verhaltensauffälligkeiten ist in SWB höher als in WG, ebenso der Einsatz von bewegungseinschränkenden Maßnahmen. Die hausärztliche Versorgung in den WG erfolgt angemessen häufig, eine fachärztliche Versorgung findet zu selten statt. Interpretation: Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass beide Versorgungsformen unterschiedliche Bewohnergruppen anziehen. Die Ergebnisse weisen auch auf die erhebliche Bedeutung von ambulant betreuten WG in der fachlich fundierten Versorgung demenziell erkrankter Menschen hin.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 2 14:00 – 15:30 S23 Symposium der Sektionen III/IV Bilder des Alterns – Übergänge und Altersbilder als Gegenstand qualitativer Forschung Moderation: I. Himmelsbach, Frankfurt a. M.
Im Juni 2010 hat die Sechste Altenberichtskommission ihren Bericht zu Altersbildern in der Gesellschaft übergeben. Darüber hinaus stellt die Sicht der subjektiv erlebten Bilder des Alterns sowohl im Hinblick auf Altersbilder selbst als auch auf darin implizite Übergänge ein aktuelles Forschungsfeld dar, das mithilfe qualitativer Verfahren erarbeitet wird. So stellt Qualitative Sozialforschung die Rekonstruktion von Sinn und subjektiven Sichtweisen, z. B. als subjektiv relevante Deutungsmuster oder Alltagstheorien, in das Zentrum ihres Interesses. Das Methodenspektrum qualitativer Sozialforschung ist dabei vielfältig und lässt sich jeweils an seiner Gegenstandsangemessenheit beurteilen. In diesem Symposium werden drei aktuelle Projekte aus den Sozial- und Verhaltenswissenschaften mit gerontologischem Bezug vorgestellt, die sich dem Thema des facettenreichen subjektiv erlebten Alternsprozesses mit unterschiedlichen methodischen Zugängen nähern. Thematisch werden in diesem Symposium (1) der Einfluss gesellschaftlicher Altersbilder auf die Weiterbildungsbeteiligung Älterer beleuchtet, (2) Dimensionen subjektiver Alternserfahrungen in Relation zu gesellschaftlichen Verhandlungsprozessen des Alterns gestellt und (3) die Not-
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wendigkeit der Ausdifferenzierung des Lernbegriffs im Hinblick auf die Erfahrung einer lebensbedrohlichen Krebserkrankung im Alter vorgestellt. Zur Bearbeitung der Daten dieser drei Projekte wird auf differente Methoden zurückgegriffen. Die dargestellten Erhebungsmethoden umfassen Photogruppendiskussionen, Leitfadeninterviews und autobiographische Narrationen. Die Auswertungen erfolgen mittels dokumentarischer Methode sowie (diskursanalytisch informierter) Narrationsanalyse. Ziel des Symposiums ist es, sowohl die inhaltliche Diskussion der entwickelten Konzepte in Bezug auf Bilder des Alterns voranzubringen als auch über den neuesten Stand der Anwendung qualitativer Methoden zu informieren. 14:10 – 14:30 S23-01 Die Dimensionen subjektiver Alter(n)serfahrung. Methodische und methodologische Überlegungen S. Graefe, S. Lessenich, S. van Dyk; Jena Im soziologischen Schwerpunkt des in Jena angesiedelten interdisziplinären Forschungsprojekts „Zonen des Übergangs. Dimensionen und Deutungsmuster des Alterns bei jungen, älteren und alten Menschen”[1] wird mit Hilfe leitfadengestützter narrativer Interviews untersucht, wie Menschen aus verschiedenen Altersgruppen sowie in unterschiedlichen sozialen Positionen und Lebenssituationen den komplexen Prozess des eigenen Älterwerdens reflektieren und in die Rekonstruktion der eigenen Lebensgeschichte einbetten. Forschungsleitend ist dabei zum einen die Frage, inwiefern gesellschaftlich-normative Verhandlungsprozesse des Alter(n)s aus (aktueller bzw. zukünftiger) Betroffenensicht überhaupt und, falls ja, in welcher Weise relevant werden. Zum anderen, welchen (erfahrenen und/oder erwarteten) Übergängen im eigenen Lebenslauf subjektiv Alter(n)srelevanz zugeschrieben wird und welche Lebensbereiche davon besonders berührt sind. Methodologisch orientieren wir uns dabei am Programm der „Narrative Gerontology“, d.h. wir gehen davon aus, dass sich in den erhobenen Erzählungen individuelle ‚Story Lines‘, soziale Subjektpositionen, kulturell-politische Metanarrative und überindividuelle Generationserfahrungen in je spezifischer Weise ‚vernähen‘. Diesen Verknüpfungen kommen wir methodisch mit dem Werkzeug einer diskursanalytisch informierten Narrationsanalyse auf die Spur. Im Rahmen des Symposiums werden methodische und methodologische Überlegungen zum Auswertungsverfahren und erste Ergebnisse des Projektes vorgestellt. Forschungsprojekt „Zonen des Übergangs“ Universität Jena, Projektleitung: Prof. Dr. Stephan Lessenich, Dr. Silke van Dyk [1] http://www.soziologie.uni-jena.de/alternsforschung_zonendesuebergangs. html
14:30 – 14:50 S23-02 Altersbilder und Weiterbildungsbeteiligung. Möglichkeiten der dokumentarischen Rekonstruktion mit Hilfe von Photogruppendiskussionen B. Schäffer, O. Dörner; Neubiberg In alternden Gesellschaften wird Weiterbildung für Erwachsene im mittleren Lebensalter immer mehr als Notwendigkeit gesehen und programmatisch als Zielvorgabe formuliert. Allerdings nimmt repräsentativen Studien zufolge die durchschnittliche Weiterbildungsteilnahme ab dem Alter von 45 Jahren stark ab. Für Erklärungen dafür werden überwiegend theoretische Modelle und empirische Studien herangezogen, mit denen soziodemographische, motivationale, kontextuelle und milieuspezifische Faktoren miteinander in Verbindung gebracht und mittels mathematischer Verfahren ausgewertet werden. Formen der (Nicht-) Beteiligung von Älteren können so ansatzweise plausibilisiert werden. „Verstehen“ im Sinne kontrollierten Fremdverstehens können wir sie mit solchen Methoden hingegen nicht. Hierfür bedarf es einer Rekonstrukti-
on von (Weiter-) Bildungsorientierungen und -bedeutungen: Welche individuellen und/oder kollektiven Orientierungen von Älteren führen zu Entscheidungen für oder gegen eine Weiterbildungsteilnahme? Welche Bedeutungen kann Weiterbildung für Ältere in unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen haben, welche werden ihnen zugeschrieben? Um Fragen dieser Art valide zu rekonstruieren, sind Methoden qualitativempirischer Sozialforschung notwendig. In einem von der Volkswagenstiftung geförderten Forschungsprojekt untersuchen wir mit Hilfe der dokumentarischen Methode und Photogruppendiskussionen, inwieweit gesellschaftlich konstruierte Alters-, Alterns- und Altenbilder Weiterbildungsorientierungen und -bedeutungen beeinflussen. Im Vortrag werden wir unsere Perspektive auf diesen Zusammenhang fokussieren und Möglichkeiten der dokumentarischen Rekonstruktion von Alters-, Alterns- und Altenbildern aufzeigen. 14:50 – 15:10 S23-03 „Das Schreckensbild Krebs“? Die Reformulierung von Bewältigungsmustern älterer Brustkrebspatientinnen aus lerntheoretischer Sicht D. Nittel, Frankfurt a. M. Ausgangspunkt ist ein laufendes DFG Projekt mit dem Titel „Lebenslanges Lernen und lebensbedrohliche Erkrankung. Die Anwendung der biographieanalytischen Perspektive auf Herzinfarkt- und Brustkrebspatienten“ (Leitung: Prof. Dr. Dieter Nittel/Dr. Astrid Seltrecht). Anknüpfungspunkt ist die Frage, ob und inwieweit das Thema Hoffnung/Hoffnungslosigkeit“ in den Interviews mit älteren Brustkrebspatientinnen virulent wird und welche Form eine solche Problematisierung annimmt. Im Zentrum des Vortrags stehen jene Brustkrebspatientinnen, die in ihren autobiographischen Haupterzählungen ihre lebensbedrohliche Krebserkrankung dethematisieren bzw. in ihrer Relevanz stark abwerten. Dieser Typ von Patientinnen widerspricht der landläufigen Lehrmeinung in der Psychologie, dass eine Krebserkrankung per se ein kritisches Lebensereignis darstellt. Der Vortrag greift vordergründig irrationale Phänomene auf, wie etwa die Weigerung, die Patientenrolle zu übernehmen, sich um sein körperliches Wohl zu sorgen, um sie unter lerntheoretischer Perspektive zu interpretieren. Dabei findet eine mehrfache Differenzierung des Lernbegriffs statt. Aus dem Blickwinkel der Dimension wird Lernen als Aneignung von Wissen, Veränderung des Alltagsverhaltens und Modifikation der Identitätsformation betrachtet. Aus der Sicht der Modi wird Lernen als Neulernen, Nichtlernen, Umlernen und Verlernen gefasst. Aus der Perspektive des institutionellen Kontextes unterscheiden wir zwischen informellem, formalem und non formalem Lernen. Gerahmt wird dieses dezentrale und mehrperspektivische Verständnis von der Theorie biographischer Prozessstrukturen wie sie Fritz Schütze entwickelt hat. 15:10 – 15:30 Diskussion der Beiträge D. Nittel, Frankfurt a. M. Dr. Ludwig Amrhein, Vechta
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 3 14:00 – 15:30 S24 Symposium der Sektion III Die Bedeutung von Musik im Erwachsenenalter und Alter Moderation: B. Leipold, Berlin; E. Ahlsdorf, Edingen-Neckarhausen; A. Kruse, Heidelberg
Ziel des Symposiums ist es, die Rolle von Musik im Alter und ihren Beitrag für ein erfolgreiches Altern aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Insbesondere das Erleben von Musik, aktives Singen und Musizieren sowie die Stressbewältigung durch Musik sollen herausgearbeitet werden, wobei sowohl biografische Methoden als auch standardisier-
te Verfahren zum Einsatz kommen. Dabei sollen nicht zuletzt Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Musik die Lebensqualität verbessern kann, und welche Zusammenhänge mit dem subjektiven Wohlbefinden bestehen. Als Diskussionshintergrund bietet sich Thomaes Konzept der Daseinsthematik an, wonach Musik als menschliches Basisthema aufgefasst werden kann und somit Potential zur Steuerung menschlichen Verhaltens und für die Sinngebung besitzt. 14:00 – 14:15 S24-01 Die Bedeutung musikbezogener Erinnerungen im Alter E. Ahlsdorf, Heidelberg Fragestellung: Untersucht wird die Bedeutung von Erinnerungen an das Erleben von Musik im Lebenslauf für das Wohlbefinden älterer Menschen. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Musik im Alltag für viele Menschen eine wichtige Rolle spielt. Eine mögliche zentrale Stellung von Musik sollte sich dementsprechend auch in der Erinnerung an persönliche Ereignisse, im autobiographischen Gedächtnis, widerspiegeln. Musikerleben wird dabei in Bezug zu den von Thomae eingeführten Daseinsthemen und -techniken gesetzt. So kann Musik beispielsweise im Sinne eines emotionsfokussierten Copings bei der Bewältigung schwieriger Lebensereignisse helfen oder im Sinne einer „Daseinssteigerung“ die Lebensqualität erhöhen. Methoden: In einem ersten Schritt wurden Fokusgruppen mit älteren Menschen mit und ohne spezielles Musikinteresse befragt. Dies Aussagen wurden inhaltsanalytisch ausgewertet und kategorisiert. In einem weiteren Schritt soll ein Fragebogen zur differenzierten Untersuchung verschiedener Kohorten erstellt werden. Er kann ein wichtiges Instrument der Grundlagenforschung aus neuropsychologischer, entwicklungspsychologischer und musikwissenschaftlicher Perspektive darstellen. Ergebnisse: Erste themenanalytische Auswertungen der Gesprächstranskripte unterstützen die Annahme der Bedeutung von Musik als Daseinsthema im Thomae´schen Sinne. Weitere inhaltliche Analysen und Gruppenvergleiche folgen. Interpretation: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass Musik im Leben älterer Menschen eine zentrale Rolle einnehmen kann und dabei sehr vielseitig eingesetzt wird. Neben dem Bewältigen unangenehmer emotionaler Zustände dient Musik auch dem Ausleben von Gefühlen, hat eine hohe spirituelle Bedeutung, ermöglicht Erleben körperlicher Erfahrungen, induziert Erinnerungen uvm. Dies unterstützt die Annahme, dass Musik beispielsweise über einen geleiteten Umgang oder durch Bearbeiten musikinduzierter Erfahrungen gezielt eingesetzt werden kann, um die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern. 14:15 – 14:30 S24-02 Musikrezeption und akkommodative Stressbewältigung im Lebenslauf T. Loepthien, B. Leipold; Hildesheim Fragestellung: Die vorliegende Studie betrachtet Zusammenhänge zwischen akkommodativer Stressbewältigung (Brandtstädter, 2007) und komplexer Musikrezeption, die sich aus einer aufmerksam-analytischen Hörweise und einer Präferenz für komplexere musikalische Stile zusammensetzt. Da akkommodative Prozesse eine wichtige Quelle für Stabilität und Wohlbefinden im Alter darstellen, ist eine Betrachtung unterstützender Faktoren wichtig. Musik könnte in der oben dargestellten Form ein solcher Faktor sein. Es ergeben sich hieraus folgende Fragestellungen: Hängt ein flexibler Umgang mit persönlichen Zielen (Akkommodation) mit aufmerksam-analytischem Hören und der Präferenz komplexer Musik zusammen? Welche Zusammenhänge zeigt das Instrumentalspiel als Indikator für musikalische Bildung? Methoden: 470 Studienteilnehmer im Alter von 19-96 wurden anhand eines Fragebogens zu ihren Rezeptionsweisen, Musikpräferenzen sowie zu Hartnäckigkeit bzw. Flexibilität in der Zielverfolgung befragt. Ergebnisse: Sowohl aufmerksam-analytisches Hören als auch die Präferenz für komplexere Musik korrelieren signifikant positiv mit flexibler Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Zielanpassung. Das Instrumentalspiel zeigt, über die Präferenz für komplexe Musik und aufmerksam-analytisches Hören, einen indirekten positiven Zusammenhang zu Akkommodation. Ältere Menschen unterscheiden sich deutlich von den jüngeren darin, was sie hören, aber kaum, wie sie hören. Interpretation: Das Instrumentalspiel wirkt sich positiv auf eine komplexe musikalische Hörweise aus und damit indirekt auf akkommodative Stressbewältigung. Vielleicht kann eine intensive musikalische Bildung zum flexiblen Umgang mit persönlichen Zielen und somit zu Wohlbefinden im Alter beitragen. Um solche Kausalitätsaussagen treffen zu können, werden weitere Experimentalstudien benötigt. 14:30 – 14:45 S24-03 Musikhören und Stressbewältigung im Erwachsenenalter und Alter A. Borchers, H. Ruhnke, J. Hildebrand, C. Reichel, M. Bode, B. Leipold; Hildesheim Fragestellung: Musik beeinflusst die Gefühle und trägt zur Stressbewältigung bei. Allerdings unterscheiden sich Menschen in der Art und Weise, wie sie Musik hören. In der vorliegenden Studie geht es konkret um die Fragen, inwieweit emotionales Hören und analytisch-aufmerksames Hören mit unterschiedlichen Formen der Stressbewältigung zusammenhängen, und ob es systematische Altersunterschiede gibt. Methoden: In einer Fragebogenstudie wurden mehr als 60 jüngere Erwachsene und 60 ältere Menschen befragt. Zum Einsatz kamen Bewältigungsskalen (aktives Coping; Suche nach instrumenteller sozialer Unterstützung; positive Neubewertung und Suche nach emotionaler sozialer Unterstützung; vgl. Carver, Scheier & Weintraub; 1989) sowie Skalen zum emotionalen und analytisch-aufmerksamen Hören. Ergebnisse: Insgesamt wiesen die Skalen gute Reliabilitäten auf. Es zeigten sich statistisch bedeutsame Zusammenhänge zwischen den Arten des Musikhörens und der Stressbewältigung, sowohl zu den problemzentrierten als auch den emotionszentrierten Formen. Die Altersunterschiede waren weniger deutlich ausgeprägt und es liegen keine Hinweise darauf vor, dass emotionales und analytisches Hören altersbezogen variiert. Interpretation: Insgesamt zeigen die Ergebnisse – bei aller gebührenden Vorsicht gegenüber querschnittlichen Fragebogenstudien – dass Musik auch bei älteren Menschen das Potenzial hat, Stress und Herausforderungen des Alltags besser zu bewältigen. In weiterführenden Studien wäre zu untersuchen, inwieweit neben der gefühlsmäßigen Steuerung von Musik noch weitere kognitive Prozesse angeregt werden. In der gerontologischen Praxis stellt sich die Frage, inwieweit man verschiedene Arten der Musikrezeption fördern bzw. zum Einsatz bringen kann. 14:45 – 15:00 S24-04 Musikalisch aktiv im Alter A. Söthe-Röck; Heidelberg Fragestellung: Menschen lassen sich von Musik begeistern oder zu Tränen rühren. Sie erleben große Freude beim eigenen Singen oder Musizieren, und verbringen unzählige Stunden mit ihrem Instrument. Menschen genießen Musik, ganz gleich ob sie jung oder alt sind. Das aktive Musizieren oder Singen kann sich gerade im Alter positiv auf Zufriedenheit und Wohlbefinden auswirken. Dennoch sind bisher erst wenige ältere Menschen z.B. an Musikschulen aktiv. Woher kommt das und was kann man dagegen tun? Methoden: Der Deutsche Musikrat hat einen Runden Tisch zum Thema „Musizieren 50plus“ initiiert. Im Rahmen des Runden Tisches wurden Umfragen und Recherchen zum Thema Musik im Alter durchgeführt. In einem aufbauenden Kooperationsprojekt zwischen dem NAR Heidelberg und dem Deutschen Musikrat soll eine Internetplattform zum Thema „Musik im Alter“ entwickelt werden. Auf der Basis dieser Plattform soll zum einen das Netzwerk (Wissenschaft und Praxis) gestärkt und ausgebaut werden. Außerdem sollen aber auf der Basis der Internetplattform auch die Informationsmöglichkeiten der Interessierten und Musikpädagogen zum Thema Alter(n) verbessert werden.
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Ergebnisse: Auf der Basis der aktuellen Forschungslage zur musikalischen Aktivität im Alter werden die Ergebnisse der eigenen Recherchen und Umfragen innerhalb des Runden Tisches „Musizieren 50plus“ des Deutschen Musikrates vorgestellt. Die gemeinsame Planung und Realisierung der Internetplattform befindet sich erst im Anfangsstadium. Es können zukünftige Ziele berichtet und bisherige Schwierigkeiten skizziert werden. Interpretation: Das Thema „Musizieren 50plus“ entwickelt sich zunehmend in Praxis und Forschung. Aufgrund positiver Wirkungen des Musizierens auf Gesundheit und Wohlbefinden wird die gesellschaftliche Relevanz musikalischer Aktivität zunehmen. Auf der Basis der aktuellen Lage in Forschung und Praxis wird ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gewagt.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 1 16:00 – 17:30 IV04 Interdisziplinäre Veranstaltung Translational Research – Alternsforschung in der Praxis Moderation: H.-W. Wahl, Heidelberg; F. Oswald, Frankfurt a. M.
Die „Übersetzung“ von Befunden der Grundlagenforschung in Praxis und Anwendung ist eine Anforderung, die in der Alternsforschung, speziell in der seit den 1970er Jahren avancierten Interventionsgerontologie, stets eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Relativ neuartig ist, den Prozess dieser Übersetzung selbst als Forschungs- und Anwendungsherausforderung zu begreifen. Dies ist in den letzten Jahren in der Medizin unter dem Stichwort „from bench to bedside“ stark gemacht worden. Dabei stellen sich methodische und inhaltliche Fragen zum Übersetzungsprozedere (z.B. Evidenzlevel, Validität, Übertragbarkeit, Evaluation). Einen deutlichen Impuls hat „Translational Research“ durch rezente Interventionsprojekte in den USA erhalten (z.B. Multicenterstudie REACH mit pflegenden Angehörigen). Es soll eine Bestandsaufnahme zum Stand der „Translational Research“ im deutschen Sprachraum versucht werden. Dabei werden bedeutsame Themenfelder (z.B. kognitive Gesundheit) mit stärker disziplinbezogenen Aspekten (z.B. Biologie) verknüpft. 16:00 – 16:15 IV04-01 Effiziente Förderung von Gesundheit in der Praxis – Was kann/muss „Translational Research“ aus Sicht der Psychologie leisten? M. Kliegel, Dresden Eine der aktuellen Herausforderungen an die gerontopsychologische Grundlagenforschung ist die Frage nach der nachhaltigen Übersetzung zentraler Befunde zum kognitiven Altern in die Fläche von gerontologischer Versorgung und Prävention. Der vorliegende Vortrag wird potentielle translationale Forschungsstrategien zur kognitiven Gesundheit am Beispiel der Grundlagenforschung zum prospektiven Gedächtnis darlegen, da dieser basale psychologische Prozess zentralen gesundheitsrelevanten Aufgaben im Alltag zugrunde liegt (v.a. das regelmäßige und pünktliche Umsetzen von gesundheitsbezogenen Vorsätzen, z.B. bei der Medikamenteneinnahme oder Blutzuckerkontrolle). Neben konkreten Transferbeispielen werden anhand dieses Forschungsfeldes konzeptionelle Leitlinien für einen Brückenschlag von der kognitiven Alternsforschung hin zur generellen Frage der Implementierung von Gesundheitsstrategien im Alter skizziert.
16:15 – 16:30 IV04-02 Wie kann „Translational Research“ in der Geriatrischen Medizin aussehen? C. Becker, Stuttgart Die geriatrische Versorgung ist von einem persistierenden Wissenstrans ferdefizit gekennzeichnet. Der Wissenszuwachs in der medizinischen Grundlagenforschung wird begrenzt in klinische Studien mit älteren Patienten übertragen (Translation 1). Die Studienergebnisse werden nur langsam in die Versorgung transferiert (Translation 2). Die Gründe hierfür sind nur teilweise bekannt. Es handelt sich nicht um eine „deutsche“ Krankheit, sondern um ein Defizit in allen hoch entwickelten Ländern. So hat die europäische Kommission kürzlich eine Initiative zur Verbesserung des Wissenstransfers gestartet. Insbesondere die Prozessevaluation und die wissenschaftliche Begleitung des Implementierungserfolgs stehen hierbei im Vordergrund. Anhand von gelungenen und fehlgeschlagenen eigenen klinischen Beispielen sollen einige der Fragestellungen aufgezeigt werden. 16:30 – 16:45 IV04-03 Kann die Biologie zur „Translational Research“ in der Alternsforschung einen Beitrag leisten? A. Simm, Halle (Saale) Die stete Zunahme der Lebenserwartung in unserer Bevölkerung hat das Phänomen Altern immer stärker in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Die biologischen Folgen des Alterungsprozesses sind für jedermann unübersehbar. Die Haut wird faltig, die Muskelmasse und die Funktion der Organsysteme nehmen ab. Dies hat auch Einfluss auf die soziale Teilhabe so eingeschränkter älterer Menschen. Die Biogerontologen beschäftigen sich dabei im Wesentlichen mit der Frage, die zugrunde liegenden Prozesse zu verstehen und zu verlangsamen. Durch das bessere Verständnis der Ursachen von Alterungsprozessen können neue Medikamente entwickelt werden, die nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen behandeln. 16:45 – 17:00 IV04-04 Optimierung von Person-Umwelt-Konstellationen im Alter: Wo und wie ist „Translational Research“ gefordert? H.-W. Wahl, F. Oswald; Heidelberg, Frankfurt a. M. Die Optimierung von Umweltbedingungen für gutes Altern steht nach wie vor hoch auf der Agenda der Alternsforschung und ihrer Anwendung. Es geht um die Verbesserung des Wohnens alter Menschen in den unterschiedlichsten Formaten einschließlich des Lebens in Pflegeheimen, die andauernde Sorge im Hinblick auf die Gestaltung und Nutzung außerhäuslicher Aktionsräume einschließlich der gesamten Palette außerhäuslicher Mobilitätsformen sowie die Rolle von Technologien zur Unterstützung und Förderung von Autonomie und Wohlbefinden. In diesem Beitrag geht es uns vor allem darum, die Möglichkeiten, aber auch die Paradoxien und Aporien einer bedeutsamen und sehr alltagsnahen Strömung innerhalb der Alternsforschung (eben der ökologischen Gerontologie) herauszuarbeiten, wenn diese in eben diesen Alltag alter Menschen nachhaltig zurück wirken möchte. Dazu werden wir auch auf eigene Forschungsbeispiele aus den Bereichen des Wohnens (privat, institutionell), der außerhäuslichen Mobilität und der Technik zurück greifen. 17:00 – 17:15 IV04-05 Differenzierte Altersbilder in der Gesellschaft tragen – auch eine Aufgabe für „Translational Research“? A. Kruse, Heidelberg Der gesellschaftliche Diskurs zu Fragen des Alterns und Alters ist immer noch von der Tendenz der Generalisierung über die Gesamtgruppe älterer Menschen bestimmt. Zu wenig wird in Bewertungen und Entscheidungen das differenzielle Altern berücksichtigt, das sich in allen Dimen-
sionen der Person, ihrer Lebenssituation und ihrer Umwelt zeigt. Es wird dargelegt, in welcher Hinsicht verallgemeinernde Altersbilder in der Arbeitswelt zu einer verringerten Nutzung der Potenziale älterer Arbeitnehmer führen. Beispiele für die Kommunikation differenzierter Altersbilder werden vorgestellt – vor allem die Altenberichte der Bundesregierung dienen als Beispiel. Es wird aufgezeigt, wie der Fünfte Altenbericht – der die Potenziale des Alters thematisierte – die gesellschaftliche Praxis im Umgang mit Fragen des Alters (zum Beispiel in der Arbeitswelt) zu beeinflussen vermochte. Am Beispiel des Sechsten Altenberichts – der sich mit Altersbildern beschäftigt – geht der Vortrag dabei auf Methoden der Kommunikation entsprechender Aussagen ein. Diskutantin G. Meyer, Witten-Herdecke
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 2 16:00 – 17:30 S25 Symposium der Sektion III/IV Optimierung der Bewältigung chronischer Krankheit im Alter Moderation: D. Schaeffer, A. Horn; Bielefeld
Intention des Symposiums ist es, wichtige Ergebnisse des Pflegefor schungsverbunds NRW vorzustellen. Er gehört zu den zunächst vier, dann drei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBFFörderkennziffer Phase II: 01GT0615) von 2004 bis 2010 bundesweit geförderten Pflegeforschungsverbünden. Ziel des NRW Forschungsverbunds ist es, patientenorientierte Pflegekonzepte zur Verbesserung der Bewältigung chronischer Krankheit zu erarbeiten, erproben und evaluieren. Mehrheitlich zielen die Verbundprojekte auf alte Menschen und setzen dabei auf patientenaktivierende Interventionsstrategien wie Selbstmanagementunterstützung, Empowerment und Kompetenzförderung, Stimulierung positiver Emotionen und Prävention/Ressourcenförderung. Die in den Projekten entwickelten und evaluierten Interventionsstrategien sollen auf dem Symposium vorgestellt und in ihren Wirkungen diskutiert werden. Dabei geht es darum, den Anschluss an die breit geführte internationale Debatte über Patientenedukation und Health Literacy im Alter herzustellen und zur Konkretisierung des dazu gehörigen Spektrums an Interventionsstrategien beizutragen. 16:00 – 16:15 S25-01 Verbesserung der häuslichen Pflege von türkischen Migranten in Deutschland: Erprobung eines selbsthilfeorientierten Interventionsmodells S. Glodny, Y. Yilmaz-Aslan, O. Razum; Bielefeld Fragestellung: Türkische pflegebedürftige Personen werden deutlich häufiger zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt, wobei auf die Hinzuziehung eines Pflegedienstes oft verzichtet wird. Ziel der Studie saba (evde saglik ve bakim) ist es vor diesem Hintergrund, ein selbsthilfeorientiertes Interventionsmodell zu entwickeln und evaluieren, um die Selbstmanagementkompetenzen von pflegenden türkischen Angehörigen in dieser Situation zu fördern und die Autonomie der Pflegebedürftigen zu stärken. Methoden: Im Rahmen der Intervention trafen sich pflegende Angehörige in Anwesenheit geschulter Gesundheitsmediatoren in Gruppen und tauschten sich über pflegebezogene Erfahrungen, Wissen und Probleme aus. Hierfür wurde die Technik des sog. Storytellings genutzt. Es wurden jeweils 10 wöchentliche Angehörigentreffen in drei Regionen NordrheinWestfalens von Februar bis April 2009 durchgeführt. Die Intervention wurde durch eine Vorher-(t0) und zwei Nachher-Erhebungen (t1, t2) im Abstand von 3 bzw. 6 Monaten evaluiert. Zur Erhebung von Daten wurden eine MDK-Begutachtung durchgeführt und die BefragungsinstruZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts mentente EuroQol 5, Perceived Stress Scale, Häusliche Pflege-Skala, Empowerment-Fragebogen eingesetzt. Zu t0 wurden 29 Pflegebedürftige mit ihren pflegenden Angehörigen befragt, zu t1 standen 24 und zu t2 25 Studienteilnehmerpaare zur Verfügung. Ergebnisse: Das speziell auf die Zielgruppe gerichtete Interventionsmodell fördert den Informationsaustausch zwischen den pflegenden Angehörigen. Hierdurch können der Abbau von Zugangsbarrieren, die Verringerung von Informationsdefiziten sowie eine bessere Nutzung von Pflegeangeboten erreicht werden. Interpretation: Auf der Basis vorläufiger Ergebnisse kann geschlossen werden, dass die nutzerorientierte Intervention einen Beitrag zur Etablierung von migrationsspezifischen, kultursensiblen und selbsthilfeorientierten Modellen in der Gesundheitsversorgung leisten kann. 16:15 – 16:30 S25-02 Selbstmanagementunterstützung chronischer Krankheit – Ergebnisse einer Interventionsstudie zur Bewältigung komplexer Medikamentenregime G. Müller-Mundt, D. Schaeffer; Bielefeld Fragestellung: Die Arzneimitteltherapie birgt im Alter besondere Herausforderungen. Ziel des Projekts war die Entwicklung und Evaluation eines Interventionskonzepts zur Erschließung der Potenziale ambulanter Pflege für eine alltagsnahe Unterstützung des Selbstmanagements komplexer Medikamentenregime mehrfach erkrankter älterer Menschen. Es umfasst ein Qualifikationstraining für Pflegefachkräfte (PFK) und einen Praxisleitfaden. Methoden: Durchgeführt wurde eine prospektive Kontrollstudie zur Prüfung der erzielbaren Effekte auf der Ebene der Kompetenz der PFK (strukturierte Fallbearbeitungen) sowie auf die Versorgungsnutzung der Patienten (akute Behandlungsanlässe). Die Datenerhebung erfolgte im Frühjahr 2008 vor Beginn (t1) und sechs Monate nach Abschluss der Intervention im Sommer 2009 (t2). An der Folgebefragung beteiligten sich 28 PFK und 51 Patienten von ursprünglich 56 PFK und 89 Patienten. Sie verteilen sich in etwa hälftig auf die Interventions- und Kontrollgruppe. Ergebnisse: Insgesamt konnte eine Erweiterung der Kompetenz der PFK der Interventionsgruppe erzielt werden. Für die Handlungswirksamkeit spricht, dass sich Patienten der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt der Folgebefragung deutlich häufiger ermutigt sahen, krankheits- und therapiebezogene Probleme beim Arzt zur Sprache zu bringen. Auf der Ebene der mit durchschnittlich jeweils rund 1,5 akuten Behandlungsanlässen in 6 Monaten insgesamt eher geringen Versorgungsnutzung zeigten sich keine Veränderungseffekte. Interpretation: Durch eine gezielte Kompetenzerweiterung können Potenziale der ambulanten Pflege zur Unterstützung des Selbstmanagements älterer Menschen nutzbar gemacht werden. Die angezeigte Prüfung langfristiger Effekte ist jedoch bereits angesichts des oft fragilen Gesundheitszustands der Patienten ambulanter Pflegedienste schwierig. 16:30 – 16:45 S25-03 Wirkungen präventiv orientierter Unterstützung von Heimbewohnern mit Verhaltensauffälligkeiten K. Wingenfeld; Bielefeld Fragestellung: Der Wandel der Bewohnerstruktur in stationären Pflegeeinrichtungen zieht veränderte fachliche Anforderungen nach sich. Das gilt vor allem für die wachsende Zahl demenziell erkrankter Heimbewohner, die teils unauffällige, teils „herausfordernde“ Verhaltensprobleme aufweisen. Verhaltensbezogene Pflegemaßnahmen im Versorgungsalltag beschränken sich jedoch zumeist auf Risiko- oder Belastungssituationen und aktivitätsbegrenzende Maßnahmen, die dem Ziel der Ressourcenförderung entgegenstehen. Mit dem Projekt „Selbst- und fremdgefährdendes Verhalten bei psychisch veränderten Heimbewohnern“ wurde ein Interventionskonzept entwickelt und erprobt, das präventiv orientierte Hilfen in den Mittelpunkt stellt. Dieses Konzept sieht eine Anpassung der Umgebungsbedingungen und des individuellen
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Pflegeprozesses an die besonderen Bedarfslagen von Bewohnern mit Tendenz zu Verhaltensauffälligkeiten vor. Im Mittelpunkt steht eine sorgfältige Einschätzung von Verhaltensproblemen und potenziell verhaltenswirksamen Faktoren (auch der Umgebung). Ziel ist die Herstellung einer Versorgungssituation, die möglichst frei ist von restriktiven Maßnahmen und damit Spielraum für ressourcenfördernde bzw. ressourcenerhaltende Hilfen bietet. Methoden: Der Vortrag umfasst die Ergebnisse der Konzepterprobung und weitergehende Erfahrungen mit der praktischen Umsetzung des Konzepts. Sie beruhen auf einer prospektiven kontrollierten Studie in sechs stationären Pflegeeinrichtungen, in die 240 Bewohner aus insgesamt 12 Wohnbereichen einbezogen waren. Maßstab zur Bewertung der Wirksamkeit waren vor allem Veränderungen der Verhaltensweisen selbst, der Medikation, der Häufigkeit aktivitätsbegrenzender Maßnahmen und der individuellen Ressourcen der Bewohner. 16:45 – 17:00 S25-04 Gezielte Förderung positiver Emotionen von Menschen mit Demenz – Auswirkungen der Anwendung des DEMIAN-Konzepts auf Pflegeund Betreuungspersonen C. Berendonk, S. Stanek; Heidelberg Fragestellung: Im Zentrum des Projekts DEMIAN (DEmenzkranke Menschen in Individuell bedeutsamen AlltagssituationeN) stand die Erweiterung der Handlungskompetenzen der Pflege- und Betreuungspersonen von Menschen mit Demenz hinsichtlich der gezielten Förderung positiver Emotionen. In zwei Förderphasen (2004 – 2010) wurde im Rahmen des Pflegeforschungsverbunds Nordrhein-Westfalen ein Pflegekonzept entwickelt, das auf personenzentrierter und ressourcenorientierter Pflege und Betreuung basiert. Eine wesentlich Ressource, die bis in späte Stadien der Demenz erhalten bleiben kann, ist die Fähigkeit von Menschen mit Demenz, Personen, Dingen und Situationen persönliche Bedeutsamkeit beizumessen und die damit verbundenen Emotionen zu erleben und auszudrücken. Methoden: Im Kontext einer kontrolliert randomisierten Studie wurde das Konzept im Hinblick auf seine Anwendbarkeit und deren Auswirkungen auf die Arbeitsbeanspruchung, -motivation und -zufriedenheit der Pflege- und Betreuungspersonen sowie die Bewertung der eigenen Situation von pflegenden Angehörigen geprüft. In Schulungen wurden die Studienteilnehmenden angeleitet, Informationen über biografisch und aktuell bedeutsame positive Alltagssituationen der Menschen mit Demenz systematisch zu erheben und daraus individuelle Maßnahmen abzuleiten. Diese persönlich bedeutsamen Alltagssituationen wurden anschließend in den Pflege- und Betreuungsalltag integriert und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf das Erleben positiver Emotionen evaluiert.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 3 16:00 – 17:30 PS05 Papersession der Sektionen III und IV Generationenbeziehungen Moderation: U. Otto, St. Gallen/CH
16:00 – 16:15 PS05-01 Großelternschaft in Deutschland: aktuelle Ergebnisse des Deutschen Alterssurveys (DEAS) K. Mahne, Berlin Fragestellung: Die gemeinsame Lebenszeit von Großeltern und Enkeln erstreckt sich heute auf bis zu drei Jahrzehnte. Gleichzeitig wird sowohl die Prävalenz als auch die Gestaltung von Großelternschaft zunehmend voraussetzungsvoll. Bislang ist aber über die persönliche Bedeutung von
Großelternschaft und die konkrete Beziehungsgestaltung zu den Enkeln nur sehr wenig bekannt. Die aktuelle Welle des DEAS bietet eine Fülle an Daten zur Struktur von Großelternschaft und zu verschiedenen Beziehungsaspekten. Methoden: Der DEAS 2008 erfasst Informationen zu jeder GroßelternEnkel-Beziehung einer befragten Person. Die vorrangig deskriptiven Ergebnisse beziehen sich daher jeweils auf gemittelte Angaben über alle Enkel. Um die Analysen mit Ergebnissen zu den Eltern-Kind-Beziehungen vergleichbar zu halten, werden in der Regel nur erwachsene Enkel berücksichtigt. Ergebnisse: Der Übergang zur Großelternschaft findet in jüngeren Kohorten später im Lebenslauf und zukünftig vermutlich auch seltener statt. Neun von zehn Großeltern in Deutschland empfinden ihre Rolle als Großelternteil persönlich als wichtig oder sehr wichtig. Sie haben häufig Kontakt zu ihren Enkeln und sehen oder sprechen sich in der Regel mindestens einmal im Monat. Allerdings hat auch ein nicht unerheblicher Teil von etwa einem Drittel nur relativ selten Kontakt. Die Beziehungen werden ganz überwiegend als emotional eng beschrieben. Geld- und Sachleistungen der Großeltern fließen heute häufiger an Enkelkinder als noch vor zwölf Jahren. Interpretation: Die Beziehungen zwischen Großeltern und Enkeln sind vielfältig und werden – im Vergleich mit den Beziehungen zu erwachsenen Kindern – stärker unterschiedlich gestaltet. Angesichts der neuen Rolle der Enkel im Transfergeschehen ist zu fragen, ob sich hier ähnliche Vergabemuster und Motivstrukturen herausbilden wie bei den ElternKind-Beziehungen. Um das komplexe Zusammenspiel der veschiedenen familialen Beziehungen besser verstehen zu können, sollte zukünftig verstärkt eine Drei-Generationen-Perspektive eingenommen werden. 16:15 – 16:30 PS05-02 Unterstützungsnetzwerke Kinderloser im Alter C. Deindl, M. Brandt1; Köln, 1Mannheim Fragestellung: Westliche Gesellschaften altern. Dabei geht die Verlängerung der Lebenszeit der Bürger mit zunehmender Kinderlosigkeit und späteren Geburten einher. Diese Entwicklung stellt die Sozialsysteme, insbesondere das Renten- und das Gesundheitssystem vor Herausforderungen. Neben der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen ist vor allem die Familie ein wichtiger Ort der Unterstützung. So erhalten Eltern nicht nur zahlreiche Hilfeleistungen von ihren Kindern, sie sind auch eine Quelle intergenerationaler Transfers für ihre Nachkommen. Angesichts zunehmender Kinderlosigkeit stellt sich nun aber die dringliche Frage: Auf welche Unterstützungsnetzwerke greifen Kinderlose im Alter zurück? Können sie fehlende intergenerationale Unterstützung durch andere Quellen ausgleichen? Wer leistet Unterstützung bei Hilfebedarf im Haushalt oder bei körperlichen Gebrechen? Wer profitiert von finanziellen Ressourcen? Im Vergleich zu den Netzwerken von Eltern wird hierbei auf die Bedeutung der weiteren Verwandtschaft besonderes Augenmerk gelegt, und die (unterschiedliche) Inanspruchnahme öffentlicher Dienstleistungen untersucht. Methoden: Anhand des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) werden die Unterstützungsnetzwerke älterer kinderloser Personen in 14 europäischen Ländern untersucht. Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass vor allem sporadische Hilfe für Kinderlose auch aus dem Nachbarschafts- und Bekanntenkreis kommt. Notwendige Leistungen wie Pflege werden hingegen eher von Dienstleistern übernommen, wenn kein Partner mehr vorhanden ist. Finanzielle Transfers finden außerhalb familialer Beziehungen so gut wie nicht statt. Interpretation: Die Familie spielt eine äußerst wichtige Rolle für Unterstützungsleistungen im Alter, und sofern keine Kinder vorhanden sind, müssen notwendige Unterstützungsleistungen häufiger von sozialen Dienstleistern übernommen werden. In Ländern mit geringem Angebot an solchen Leistungen ist daher die Bedrohung durch Unterstützungsmangel für Kinderlose im Alter besonders hoch.
16:30 – 16:45 PS05-03 Beziehungen zwischen Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern im Kontext verschiedener Kulturen P. Kaiser, Vechta Fragestellung: Die Beziehungen zwischen Erwachsenen und ihren alten Schwiegereltern werden in der familienpsychologischen Forschung bisher generell vernachlässigt. Dabei sind diese für die Partner- und Generationenbeziehungen, das persönliche Wohlbefinden der Beteiligten und die Versorgung von alten Menschen durch ihre Schwiegertöchter besonders bedeutsam. Wir wollen herausfinden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es in Schwiegerbeziehungen unterschiedlicher Kulturen gibt. Methoden: Um herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es in Schwiegerbeziehungen unterschiedlicher Kulturen gibt, haben wir 320 Familien in genographischen Interviews und hernach 800 junge Erwachsene in Polen, Russland, Deutschland und Korea Probanden mithilfe eines umfangreichen Fragebogens über die Schwiegerbeziehungen in ihren Familien befragt. Ergebnisse: Den Ergebnissen zufolge scheinen die Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen größer zu sein als die Unterschiede: Regeln und Modellvorstellungen unterscheiden sich zwar, doch konkurrieren in allen Kulturen die Loyalität vor allem von Männern gegenüber der Herkunftsfamilie einerseits und ihrer Partnerin andererseits. Je schwächer die Funktionsfähigkeit der eigenen Paarbeziehung und der ganzen Familie, desto belasteter scheinen die Beziehungen zwischen Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern. Interpretation: In den verschiedenen Ländern scheint es vielen Männern lebenslang schwerzufallen, sich von ihren Herkunftsfamilien genügend abzugrenzen und sich klar ihren Partnerinnen zuzuordnen. Dies scheint für viele Paar- und Generationenkonflikte verantwortlich zusein, was wiederum zu den hohen Scheidungsraten beitragen könnte. Abschließend möchten wir Schlussfolgerungen für die professionelle Arbeit mit zerstrittenen Familien ziehen. 16:45 – 17:00 PS05-04 Generationenkonflikte im Alter M. Szydlik, Zürich/CH Fragestellung: Massenmedien berichten gerne von grossen Auseinandersetzungen zwischen Familiengenerationen, die bis ins hohe Alter reichen. Demnach wären ausgeprägte Generationenkonflikte alltägliche Bestandteile der Beziehungen von älteren Eltern und ihren erwachsenen Kindern – sei es, wenn diese zusammen leben, sei es über die Haushaltsgrenzen hinweg. Inwiefern sind aber heutige Generationenbeziehungen von Älteren tatsächlich von Konflikten geprägt? Mit wem streitet man sich besonders, was sind die Konfliktgründe, und wer ist hiervon speziell betroffen? Methoden: Die empirischen Analysen basieren auf dem SHARE (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe) mit 14 europäischen Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien und Tschechische Republik. Einbezogen sind Befragte ab 50 Jahren und ihre Partner. Ergebnisse: Die Befunde belegen zwar Generationenkonflikte – diese halten sich jedoch insgesamt in Grenzen. Gleichzeitig zeigt sich, dass ein höheres Alter mit weniger Generationenkonflikten einhergeht. Zudem treten deutliche Länderdifferenzen auf. Interpretation: Das mediale Bild von andauernden heftigen Konflikten zwischen den Generationen ist stark übertrieben – dies gilt besonders für Ältere. Darüber hinaus existieren spannende Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Familienkonflikten: wo der Staat verstärkt Versorgungsaufgaben übernimmt, treten weniger familiale Generationenkonflikte auf. Für Deutschland und die Schweiz weisen die Befunde hingegen auf vergleichsweise häufigere Konflikte hin.
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Abstracts 17:00 – 17:15 PS05-05 Alterssicherung und Erbschaft M. Szydlik, Zürich/CH Fragestellung: Inwiefern tragen Erbschaften zur Alterssicherung bei? Immerhin steht den zunehmenden Sicherungslücken im Alter aufgrund geringerer wohlfahrtsstaatlicher Transfers eine so genannte Erbschaftswelle gegenüber. Diese „Renten-Erbschafts-Paradoxie“ verweist auf die Notwendigkeit empirischer Untersuchungen: Welches Ausmass haben Erbschaften, wann treten sie auf, wer profitiert besonders stark – und dies im internationalen Vergleich. Methoden: Die empirischen Analysen basieren auf dem SHARE (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe) mit 14 europäischen Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien und Tschechische Republik. Einbezogen sind Befragte ab 50 Jahren und ihre Partner. Ergebnisse: Die Befunde belegen, dass Erbschaften hauptsächlich in der zweiten Lebenshälfte auftreten. Dabei sind die Erbchancen und Erbhöhen je nach Bevölkerungsgruppe und Land unterschiedlich verteilt. Die Schweiz gehört zur erbschaftsstärksten Ländergruppe, Westdeutschland liegt im oberen Mittelfeld, wohingegen sich Ostdeutschland in der Gruppe mit besonders wenigen Übertragungen findet. Interpretation: Die erbschaftsbedingte Ungleichheit erhöht sich: dies gilt für bisherige und zukünftige Übertragungen – und auch im internationalen Vergleich. Erbschaften können durchaus als Teil der Alterssicherung genutzt werden. Allerdings profitieren vor allem diejenigen, die ohnehin bereits über eine bessere finanzielle Absicherung im Alter verfügen.
Donnerstag, 16. September 2010 – Hörsaal 6 16:00 – 17:30 PS06 Papersession der Sektionen I, II und III Trends und Einflussfaktoren der Demenz und ihrer Versorgung Moderation: U. Ziegler, Rostock
16:00 – 16:15 PS06-01 Trends und Determinanten von schweren kognitiven Beeinträchtigungen – Längsschnittergebnisse vom Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) U. Ziegler, G. Doblhammer-Reiter; Rostock Fragestellung: Mit der Bevölkerungsalterung steigt auch die Angst vor einer stark wachsenden Anzahl von kognitiv beeinträchtigten Personen. Wird der Anstieg parallel mit dem Anstieg Älterer einhergehen? Welche Faktoren beeinflussen kognitive Beeinträchtigungen? Methoden: Mit Daten des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) analysieren wir Trends und Determinanten schwerer kognitiver Beeinträchtigungen in 11 Europäischen Ländern zwischen den beiden Wellen 2004/05 und 2006/07. Längsschnittanalysen, logistische Regression Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen eine Verbesserung der kognitiven Leistung in der zweiten Welle. Der Anstieg der Inzidenz mit dem Alter ist vergleichbar mit anderen Studien. Eine logistische Regression bestätigt das Alter als wichtigsten Risikofaktor. Ein höheres Risiko für Frauen wird insignifikant, wenn für Bildung kontrolliert wird. Weitere Risikofaktoren neben niedriger Bildung sind ‚Leben in Institutionen‘, Lebensstilfaktoren wie Gewicht, Rauchen, Alkoholkonsum und geringe Aktivität. Weiterhin spielen physische und mentale Gesundheitsvariablen wie IADL, starke Einschränkungen in Aktivitäten, Depressionen und Lebensqualität eine Rolle. Interpretation: Kognitive Beeinträchtigungen steigen mit dem Alter stark an. Es gibt jedoch verschiedene weitere Faktoren, von denen einige beeinflussbar sind, wie z. B. Lebensstilfaktoren. Höhere Bildung und eine
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gesunde Lebensweise – sozialer Kontakt, Bewegung, Ernährung, moderater Alkoholkonsum – scheinen den Beginn kognitiver Beeinträchtigungen in ein höheres Alter verschieben zu können. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss neben der panel-attrition auch beachtet werden, dass die Ursprungsstichprobe des SHARE weitgehend nur Privathaushalte enthält. 16:15 – 16:30 PS06-02 Szenarien zur Versorgung von Menschen mit Demenz im Jahre 2030 (Sze-Dem) H. C. Vollmar, K. Cuhls1, B. Hüsing1, S. Wilm, S. Bartholomeyczik, B. Beckert1; Witten , 1Karlsruhe Fragestellung: Die Politik hat auf die Zunahme neurodegenerativer Erkrankungen reagiert und die Forschungsförderung sukzessive gesteigert. Anstrengungen auf der Forschungsseite stehen Defizite in der Versorgung gegenüber. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) wird in Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke und dem Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) einen Szenario-Prozess durchführen, um mögliche Zukünfte der Versorgung von Menschen mit Demenz aufzuzeigen (Sze-Dem Projekt). Methoden: Entwicklung der Szenarien wie folgt: – Identifizierung der relevanten Einflussfelder per Literaturanalyse und Internetrecherche – Systematische Sammlung der relevanten Trends in den einzelnen Feldern (sog. Deskriptoren) – Bewertung der Deskriptoren bzgl. ihrer möglichen Ausprägungen in einem multidisziplinären Expertenworkshop mit ca. 50 Teilnehmern – Verknüpfung der gewichteten Deskriptoren und ihrer Ausprägungen in einer sog. Konsistenz-Matrix – SoftwaregestützteBerechnungkonsistenterKombinationen(Szenarien bündel) – Ausformulierung schlüssiger Szenarien als mögliche Zukunftsbilder und Rückkoppelung zu den beteiligten Experten Ergebnisse: Bis zum Kongress werden Szenarien vorliegen, die als explorative Hilfsmittel dienen, um über wünschenswerte Zukünfte und mögliche Strategien zu ihrer Realisierung oder Vermeidung diskutieren zu können. Hieraus können Forschungsfragen und Handlungsoptionen für unterschiedliche Stakeholder generiert werden. Interpretation: In Deutschland wird die Szenario-Methode im strategischen Management genutzt, während sie in den Niederlanden seit den 80er Jahren zur systematischen Weiterentwicklung des Gesundheitssystems eingesetzt wird. Bisher wurde sie nicht für die Demenz (-Versorgung) angewendet. Der Nutzen von Sze-Dem liegt in der systematischen und interdisziplinären Analyse relevanter Daten und Fakten sowie in der Verarbeitung von Prognosen und Expertenurteilen über die zukünftige Versorgung von Menschen mit Demenz. 16:30 – 16:45 PS06-03 Das Versorgungsnetz entwirren: Wer macht was für zu Hause lebende Menschen mit Demenz und reicht es aus? U. Schramm, Ä.-D. Jahncke-Latteck, A. Ernst, H. van den Bussche; Hamburg Fragestellung: Die steigende Anzahl zu Hause lebender Menschen mit Demenz (MmD) und der hohe Anteil Alleinlebender erfordern die Sicherstellung einer umfassenden und abgestimmten professionellen Betreuung. Folgende Fragen werden aus den Angaben der beteiligten Hausärzte (HÄ) und Pflegedienstmitarbeiter (PD) beantwortet: Wer ist Teil des Versorgungsnetzwerkes für zu Hause lebende MmD? Wer erbringt welche Leistungen? Werden die erbrachten Leistungen als ausreichend angesehen? Wie wichtig sind die erbrachten Leistungen für den Erhalt der Lebensqualität (LQ)? Methoden: Standardisierte, patientenbezogene schriftliche Befragung von HÄ und PD-Mitarbeitern im Rahmen des KOVERDEM-Projekts
zur Verbesserung der Kooperation von HÄ und ambulanten PD bei der Versorgung von MmD. 360 Fragebögen von PD-Mitarbeitern und 92 von HÄ wurden mit deskriptiver Statistik und Regressionsanalyse ausgewertet. Ergebnisse: Nur 65% der MmD haben einen pA. Behandlungspflege und medizinische ärztliche Behandlung werden aus Sicht der Erbringer in ausreichender Form erbracht. Die Bereiche Grundpflege, soziale Betreuung und Organisieren und Planen alltäglicher Aktivitäten werden gemeinsam mit oder überwiegend ausschließlich durch die pA erbracht. Die in diesen Bereichen durch die PD erbrachten Leistungen werden in 50% als nicht ausreichend erachtet. Zugleich werden sie zum Erhalt der LQ von Menschen mit Demenz als ebenso wichtig erachtet wie die Pflege selbst. Die pA übernehmen aus Sicht aller Befragten großteils die Koordination des gesamten Versorgungsprozesses und die Abstimmung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung. Die Datenauswertung ist im Juli 2010 abgeschlossen. Interpretation: Die professionelle Versorgung von zu Hause lebenden MmD ist in den Bereichen Versorgungskoordination, soziale Betreuung und Organisieren und Planen unzureichend und wird derzeit überwiegend von pA übernommen. Die Ergebnisse belegen die Notwendigkeit des Ausbaus des Versorgungsnetzwerkes um niedrigschwellige Angebote und den Einsatz von Netzwerkkoordinatoren. 16:45 – 17:00 PS06-04 Trends der Demenz in Deutschland 2004 bis 2008: Analyse auf Grundlage von AOK-Routinedaten A. Schulz, G. Doblhammer-Reiter, C. Günster1, J. Klauber1; Rostock, 1Berlin Fragestellung: Aufgrund der Bevölkerungsalterung rücken neurodegenerative Erkrankungen, vor allem die Demenzerkrankungen, zunehmend in den Fokus der Alternsforschung. Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2020 etwa 1,4 Mio. demenzkranke Personen im Alter 60+ in Deutschland leben werden. Bisher existieren kaum valide Datenquellen, die das Ausmaß von Demenz in ihrer zeitlichen sowie räumlichen Ausbreitung und die damit verbundenen Kosten sicher schätzen können. Erste Untersuchungen zur Abschätzung von Demenz wurden bereits auf Grundlage der GKV-Versichertenstichprobe des Jahres 2002 durchgeführt. Es zeigte sich in einem Vergleich mit verschiedenen Metastudien, dass die Routinedaten der Krankenversicherungen eine geeignete Datenquelle darstellen, um Altersprofile der Demenz zu analysieren. Methoden: Nun werden erstmals in einer Zusammenarbeit des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) und des Wissenschaftlichen Institutes der AOK (WIdO) die Routinedaten der AOK-Versicherten der Jahre 2004 bis 2008 (geschichtete Stichprobe) in Hinblick auf Trends der Demenz untersucht. Die Verwendung von Diagnosedaten birgt methodische Probleme, da Diagnosedaten nicht die tatsächlicher Morbidität sondern vielmehr Behandlungsmorbidität abbilden. Ergebnisse: Ziel der Studie ist es, die Entwicklung von Prävalenz und Inzidenz von Demenz im Zeitverlauf auf Bundesebene und im OstWest-Vergleich aufzuzeigen und für die Jahre 2004 bis 2008 die Lebenserwartung mit und ohne Demenz zu ermitteln. Prävalenz von Demenz bedeutet, dass im Beobachtungszeitraum mindestens einmal die Diagnose „Demenz“ gestellt wurde. Inzidenz bezieht sich auf die erstmalige Diagnose „Demenz“. Die Genauigkeit der Diagnosen wird auf einem vierstelligen ICD-Level angestrebt. 17:00 – 17:15 PS06-05 Motivationale Fähigkeiten des mittleren Lebensalters als Moderator des Zusammenhangs zwischen kognitivem Status und Apathie sowie Depression M. Mortby, A. Maercker, S. Forstmeier; Zürich/CH Fragestellung: Der protektive Faktor motivationaler Fähigkeiten des mittleren Lebensalters auf kognitiven Abbau im Alter wurde mit dem Konzept der motivationalen Reservekapazität beschrieben (Forstmeier und Maercker, 2008). Forschung zeigt, dass das Risiko leichter kognitiver
Beeinträchtigungen niedriger bei Personen mit höheren motivationalen Fähigkeiten ist. Es ist bekannt, dass motivationale Fähigkeiten in der Entwicklung depressiver Syndrome eine Rolle spielen. Obwohl Apathie und Depression die am häufigsten auftretenden neuropsychiatrischen Symptome bei Alzheimer-Demenz (AD) sind, wurde der moderierende Effekt von prämorbiden motivationalen Fähigkeiten auf den Zusammenhang zwischen kognitiver Beeinträchtigung und Apathie sowie Depression noch nicht erforscht. Anhand der Längschnittsstudie Aging, Demographics and Memory Study wurde dieser mögliche moderierende Effekt untersucht. Methoden: Anhand von einer ANCOVA mit Messwiederholungen wurde der moderierende Effekt motivationaler Fähigkeiten auf den Zusammenhang zwischen kognitiver Beeinträchtigung (AD, MCI und Gesunde; N=136) und den Verlauf von Apathie und Depression (18 Monate) untersucht. Kontrolliert wurden Geschlecht, Rasse, Ausbildung und Alter. Ergebnisse: Motivationale Fähigkeiten moderieren den Zusammenhang zwischen kognitiver Beeinträchtigung und Apathie (F=3.57, p=0.03), jedoch nicht Depression (F=0.52, p=0.60). Interpretation: Diese Resultate zeigen, dass motivationale Fähigkeiten des mittleren Lebensalters über Bildungsfaktoren hinaus eine protektive Rolle auf das Vorhandensein und den Verlauf von Apathie bei kognitiv beeinträchtigten Personen hat. Insbesondere führen bessere motivationale Fähigkeiten zu verminderter Apathie. Motivationale Fähigkeiten zeigen gleichzeitig keinen Einfluss auf das Vorhandensein und den Verlauf von Depression. Dieser fehlende Zusammenhang könnte als Indikator dafür interpretiert werden, dass Apathie ein eigenes Syndrom, getrennt von Depression, bei AD ist. 17:15 – 17:30 PS06-06 Der Einfluss von motivationalen Fähigkeiten, sozialer Unterstützung und sozialem Netzwerk auf die Entwicklung kognitiver Beeinträchtigungen und demenzieller Erkrankungen S. Fankhauser, S. Forstmeier, M. Luppa1, A. Maercker, S. G. Riedel-Heller2; Zürich/CH, 1Leipzig Fragestellung: Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung, sozialem Netzwerk und kognitiver Beeinträchtigung sowie der Entwicklung demenzieller Erkrankungen konnten in mehreren Studien gefunden werden. Unklar ist jedoch, auf welche Weise dieser Zusammenhang zwischen sozialen Ressourcen und kognitiven Fähigkeiten zu Stande kommt. Aktuelle Studien zeigen, dass motivationale Fähigkeiten das Risiko kognitiver Beeinträchtigung voraussagen können. In dieser Studie wird der Frage nachgegangen, ob soziale und motivationale Faktoren miteinander interagieren und ob der Einfluss von sozialen Faktoren auf die kognitiven Fähigkeiten durch motivationale Fähigkeiten mediiert wird. Methoden: Daten der Leipziger Langzeitstudie LEILA75+ wurden reanalysiert. Über 1300 Personen über 75 Jahren wurden zwischen 1996 und 2006 sechsmal untersucht. Das soziale Netzwerk (gemessen mit dem Practitioner Assessment of Network Type, PANT) sowie funktionale Aspekte des sozialen Netzwerks wurden zur Baseline erhoben. Motivationale Fähigkeiten des mittleren Lebensalters wurden auf der Basis des Hauptberufes und unter Benutzung der Datenbank des Occupational Information Network (O*NET) geschätzt, welche detaillierte Informationen über Fähigkeiten in jedem Beruf enthält. Der Einfluss der verschiedenen Prädiktoren wurde mit einer hierarchischen Regressionsanalyse überprüft. Ergebnisse: Vorläufige Ergebnisse weisen darauf hin, dass sowohl soziale Ressourcen als auch motivationale Fähigkeiten mit späteren kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen. Die Ergebnisse der Prädiktor- und Mediator-Analysen werden dargestellt. Interpretation: Soziale und motivationale Faktoren spielen eine große Rolle bei der Entwicklung demenzieller Erkrankungen. Präventionsprogramme zur Vorbeugung kognitiver Beeinträchtigung sollten deshalb auch motivationale Fähigkeiten beinhalten, da diese modifizierbar sind. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 1 16:00 – 17:30 S26 Symposium der Sektion IV Betreuer, Sachverwalter, Beistand: Konzepte, Praxis und Desiderate im Erwachsenenschutzrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz Moderation: M. Leser, Bern; T. Klie, Freiburg
In allen europäischen Ländern stellen sich Fragen, die mit eingeschränkter Einwilligungsunfähigkeit und einem besonderen rechtlichen Schutzbedarf behinderter älterer Menschen in einer Weise umgegangen werden kann, der ihnen menschenrechtlichen Schutz aber auch Sicherheit und rechtliche Fürsorge zuteil werden lässt. In einem trinationalen Symposium werden die gemeinsamen Heraus forderungen, die jeweils gefundenen rechtlichen Antworten und Institutionen, aber auch rechtstatsächliche und -kulturelle Befunde vor- und zur Diskussion gestellt. 16:00 – 16:15 S26-01 Rechtsfürsorge für alte Menschen: Betreuungsrecht/Guardianship Law for Adult Persons aus nationaler und internationaler Perspektive B. Schulte, München Fragestellung: Ausgehend von der Reform des Entmündigungs-, Vormundschafts- und Pflegschaftsrechts für Erwachsene Anfang der 1990er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland wird die Rechtsfürsorge für Erwachsene in Deutschland sowohl in den Kontext der internationalen Rechtsentwicklung als auch der gesetzlichen und sozialpolitischen Entwicklung gerückt. Deutschland hat seinerzeit Anschluss gefunden sowohl an eine internationale Rechtsentwicklung – z. B. an das Sachwalterrecht in Österreich – als auch an die Entwicklung von Medizin, insbesondere Psychiatrie, und Soziale Arbeit im Hinblick auf Alter- und Behindertenhilfe. Ergebnisse: Der Beitrag mündet in ein Plädoyer für eine stärkere Integration der betreuungsrechtlichen Rechtsreform mit Elementen einer Sozialreform, die in den vergangenen beiden Jahrzehnten das deutsche und internationale Recht für Menschen mit Behinderung geprägt hat. Interpretation: Ein auch aus vergleichender Sicht bemerkenswerter Meilenstein aus jüngster Zeit ist im Rahmen dieser Entwicklung das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahre 2006, das für die Bundesrepublik Deutschland bereits gilt und Änderungen sowohl des geltenden Rechtsfürsorgerechts in Gestalt des Betreuungsrechts als auch des Unterbringungsrechts sowie der medizinischen und sozialen Versorgung alter Menschen aufwirft und dabei eine interdisziplinäre Herangehensweise nahelegt: Altersmedizin, Pflegewissenschaft, Soziale Arbeit, Ökonomie und Rechtswissenschaft können durch ihr Zusammenwirken zum Erfolg dieser eingeleisteten und zurecht insbesondere von Seiten der Betroffenen noch eingeforderten Reformschritte beitragen. 16:15 – 16:30 S26-02 Vom Vormundschaftsrecht zum Erwachsenenschutzrecht – Das Schweizer Erwachsenenschutzrecht als voraussetzungsvolles Reformprojekt D. Wider, Luzern/CH Fragestellung: Die Vorarbeiten für das neue Schweizer Erwachsenenschutzrecht laufen seit 1993. Das Bundesparlament hat das neue Erwachsenenschutzrecht im Dezember 2008 verabschiedet – mit dem Inkrafttreten ist per 1.1.2013 zu rechnen. Bis dahin haben die Kantone verschiedene materielle und formelle Ausführungsbestimmungen zu erlassen, allem voran ist die Behördenorganisation neu zu regeln. Die Erwachsenenschutzbehörde ist neu eine interdisziplinär zusammengesetzte Fach-
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behörde und löst die Vormundschaftsbehörden ab, die heute in der Deutschschweiz grossmehrheitlich aus politisch gewählten Laienbehörden (Verwaltungsinstanzen) und in der Westschweiz aus gerichtlichen Behörden mit Jurist(inn)en bestehen. Die Aufgaben der Erwachsenenschutzbehörde werden qualitativ anspruchsvoller und quantitativ erweitert. Ergebnisse: Im Referat werden in Bezug auf die neue Behördenorganisation die bundesrechtlichen Vorgaben, die fachlichen Anforderungen und die Umsetzungen in den Kantonen aufgezeigt. Neben der Behördenorganisation wird auch das Massnahmensystem geändert: Statt der heute bestehenden typengebundenen Beistand-, Beirat- und Vormundschaften wird es im neuen Recht nur noch maßgeschneiderte Beistandschaften geben. Im Referat werden die Voraussetzungen für die Bestellung eines Beistandes oder einer Beiständin genannt sowie seine/ihre Kompetenzen dargelegt. Überdies obliegen der Erwachsenenschutzbehörde auch bestimmte Aufgaben im Bereich der Selbstvorsorge, der gesetzlichen Vertretung und bei bewegungseinschränkenden Maßnahmen von urteilsunfähigen Personen und der fürsorgerischen Unterbringung; die Fachbehörde kann außerdem unter bestimmten Voraussetzungen auch selber handeln. Auch diese Aspekte werden aufgezeigt. 16:30 – 16:45 S26-03 Sachwalterschaftsreform 2006 H. Müller-Ebner, Wien/A Fragestellung: Das österreichische Sachwalterrecht wurde vor drei Jahren reformiert: die ständig wachsende Zahl der Sachwalterschaften band erhebliche Ressourcen der Gerichte. Es stellte sich das Problem, geeignete SachwalterInnen zu finden. Das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz (BGBI I 2006/92) verfolgte deshalb auch das Ziel, die Bereitschaft nahe stehende Personen, eine Sachwalterschaft zu übernehmen, zu erhöhen und so den Gerichten die Suche nach geeigneten SachwalterInnen zu erleichtern. Die Stärkung der Selbstbestimmung, ein weiteres wichtiges Anliegen der Reform, fand Ausdruck in der Anordnung, den Wünschen der behinderten Personen, bspw. in Bezug auf die Person der SachwalterIn („Sachwalterfügung“), möglichst zu entsprechen, aber auch in der gesetzlichen Implementierung der „Vorsorgevollmacht“. Den Sachwaltervereinen wurde per Gesetz eine „Clearing-Funktion“ (Beratung von Angehörigen, Förderung der Alternativen, Suche nach geeigneten SachwalterInnen, Schulung nahe stehender SachwalterInnen) übertragen. Eine weitere, neu ins Gesetz aufgenommene Vertretungsform stellt die Angehörigenvertretung dar: In bestimmten eng umschriebenen Angelegenheiten dürfen nächste Angehörige eine Person mit einer psychischen Erkrankung oder geistigen Behinderung kraft Gesetzes vertreten, sofern diese nicht widerspricht. Ergebnisse: Von Seiten des Justizministeriums wurde eine Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform beauftragt. Der Angehörigenvertretung wurde ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Sie sei zu unklar, zu unverbindlich und mit zu hohen Kosten verbunden. Auch zahlenmäßig hält sich die Relevanz der Angehörigenvertretung in Grenzen. Zum Stichtag 1.7.2009 betrug die Zahl der Sachwalterschaften 51.493. Im Gegensatz zum „Erfolgsmodell Vorsorgevollmacht“ (10.331 Vorsorgevollmachten per 28.2.20101) kann die Angehörigenvertretung mit einer Anzahl von 3.402 per 28.2.2010 jedenfalls nicht mithalten. 16:45 – 17:00 S26-04 Identische Herausforderungen – unterschiedliche Antworten Das deutsche Betreuungsrechtkonzept T. Klie, Freiburg Fragestellung: In Deutschland wurde das Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht 1992 durch das Betreuungsrecht abgelöst. Durch die Konzeption des deutschen Betreuungsrechtes wurden traditionale und durch Sozialnormen getragene Legitimationen rechtlicher Vertretungen in Familien und in Kliniken und Heimen delegitimiert und den „rechtlichen“ Betreuern und den Betreuungsgerichten eine zentrale Rolle zur Verwirk-
lichung von sozialen Rechten und zur Sicherung des Wohls der Betreuten eingräumt. Anders als in Österreich und der Schweiz ist das deutsche Betreuungsrecht stark justizorientiert und streng an rechtstaatliche Verfahrensgrundsätze (Anhörung) gebunden. Die größte Gruppe der gesetzlich Betreuten ist die der hochbetagten Menschen, deren Zahl nimmt ständig zu, damit auch die Leistungen der Gerichte und die finanziellen Aufwendungen für das Betreuungswesen. Ergebnisse: Konzeptionen, Empirie, die wesentlichen gesetzlichen Änderungen und die Diskussion um eine Neuordnung des Betreuungsrechtes werden in dem Beitrag vor- und zur Diskussion gestellt.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 2 16:00 – 17:30 S27 Symposium der Sektion III „Sun City“ in Deutschland? Motivation für und Auswirkungen von Standortentscheidungen älterer Menschen Moderation: K. Kröger, Vechta
Auch nach dem Übergang in den Ruhestand sind ältere Menschen prinzipiell mobil. Sie können ihre vorherige Standortwahl revidieren und ihren Wohnort den eigenen Bedürfnissen entsprechend wählen. Ein Standortwechsel kann dabei geplant oder ungeplant, aus wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Gründen stattfinden. Die faktische Relevanz derartiger Betrachtungen ergibt sich, da in Deutschland derzeit rund 20 Mio. Menschen im Ruhestand sind, die insgesamt über eine jährliche Kaufkraft von mehr als 200 Mrd. Euro verfügen. Hierbei stellt sich die Frage, wie groß grundsätzlich die Relevanz von Leistungen aus Alterssicherungssystemen ist und welche Wirkungen sie aus regionaler Perspektive entfalten können. Das Symposium soll zur Erweiterung dieser Perspektive dienen und Aspekte aufgreifen, die bisher in der Diskussion im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung und den individuellen Standortentscheidungen wenig beachtet wurden. Neben einer theoretischen Betrachtung sollen zudem die möglichen Beweggründe für und gegen einen Standortwechsel empirisch untersucht werden. Falls die vorliegenden Datengrundlagen derartige Analysen erlauben, ist zum einen von Interesse, inwieweit sich die Standortentscheidungen von Ruheständlern in den letzten Jahren veränderten und zum anderen, welche Aussagen sich daraus für die zukünftige Entwicklung ableiten lassen. So kann zumindest vermutet werden, dass kommende Ruheständler zunehmend mobiler werden, da sie auch während der Erwerbstätigkeit mobiler waren als ihre Vorgänger. Das Symposium soll einerseits zur Aufarbeitung des Forschungsstandes bezüglich der Standortentscheidungen von Ruheständlern und damit zur Identifizierung von Forschungslücken dienen. Andererseits ist es von Interesse, welche Handlungsoptionen und -empfehlungen sich auf Basis theoretischer und empirischer Analysen für Regionen ergeben, die von Standwortwechseln betroffen sind. 16:00 – 16:15 S27-01 „Sun City“ in Deutschland? Einführungsreferat N. Schuett, B. Erdmann, K. Kröger; Vechta Standortwechsel älterer Bürger haben Konsequenzen sowohl für die Ruheständler selbst als auch für die davon betroffenen Regionen. Im Falle einkommensstarker Ruheständler kann die abgebende Region einen Kaufkraftverlust durch geringere Konsumgüternachfrage erleiden, während sich die aufnehmende Region wirtschaftlich besser stellt. Sofern die umziehende Person dagegen z. B. Einkommensersatzleistungen aus öffentlichen Mitteln bezieht, stellt sich die abgebende Region nach dem Umzug besser, während die aufnehmende Region die zusätzlichen Kosten der Sozialleistungen tragen muss. Insgesamt gesehen können Regi-
onen Vorteile erlangen, wenn es ihnen gelingt, durch gezielte Maßnahmen (z. B. die Infrastruktur betreffend) für ältere, gut situierte Ruheständler attraktiv zu werden. Bisher nimmt in diesem Diskurs die kommunale Daseinsvorsorge einen zentralen Platz als Handlungsrahmen ein. Über die Gewährleistung beispielsweise einer flächendeckenden Versorgung wie etwa durch ein ambulantes, mobiles medizinisches Angebot soll die Lebensqualität der Ruheständler erhalten und gefördert werden. Jedoch sind der Raum und seine Ausstattung nicht zwangsläufig entscheidend für die Standortwahl, da auch die individuellen Bedürfnisse (wie bspw. familiäre und gesellschaftliche Bindungen) des Ruheständlers eine Rolle spielen. Der Vortrag zielt darauf ab, einen Überblick über die Chancen und Risiken eines Standortwechsels sowohl für die davon betroffenen Ruheständler als auch für die Regionen selbst herauszuarbeiten. Dabei werden in theoretischer Hinsicht Aspekte herausgearbeitet, die einen Standortwechsel begünstigen oder hemmen können. 16:15 – 16:30 S27-02 Die regionalökonomische Wirkung von Alterssicherungssystemen U. Fachinger, Vechta Die Alterssicherung steht in der Bundesrepublik Deutschland schon seit langem in der Diskussion, wobei die demographischen Veränderungen mit einer Zunahme an Leistungsempfängern und einer Abnahme an potentiellen Beitragszahlern als zentrales Problem angesehen werden. Demgemäß wurde die Debatte insbesondere von Finanzierungsproblemen der Alterssicherungssysteme – vor allem der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) – und deren Lösungsmöglichkeiten auf gesamtwirtschaftlicher Ebene dominiert. Dementsprechend mangelt es an wissenschaftlichen sowie wirtschafts-, sozial- und verteilungspolitischen Analysen der regionalwirtschaftlichen Wirkungen von Alterssicherungssystemen. Im Beitrag wird hierauf näher eingegangen und die regionalwirtschaftliche Bedeutung von Alterssicherungssystemen erörtert. Dabei steht insbesondere die Frage im Vordergrund, wie groß grundsätzlich die Relevanz von Leistungen aus Alterssicherungssystemen ist und welche Wirkungen sie aus regionaler Perspektive entfalten können? Die Analyse zeigt auf, dass durch die Alterssicherungssysteme eine deutliche Stützung der regionalen Nachfrage insbesondere in vier Güterbereichen zu verzeichnen ist: – Wohnen, – Gesundheitliche und pflegerische Versorgung, – Nahrungsmittel, – Freizeit. Sofern es Regionen gelingt, ältere Menschen zu attrahieren bzw. deren Abwanderung zu vermeiden, wirken die Leistungen von Alterssicherungs systemen stabilisierend auf die wirtschaftliche Lage durch die Nachfrage nach den genannten Gütergruppen. Dies macht „Sun Cities“ weniger stark von wirtschaftlichen Schwankungen abhängig. Um dies exemplarisch zu verdeutlichen, wird für die Region Vechta die realwirtschaftliche Bedeutung der GRV herausgearbeitet. 16:30 – 16:45 S27-03 Demografische Herausforderungen Ländlichster Räume S. Maretzke, Bonn Heute ist der ländliche Raum weitgehend urbanisiert, das heißt abgesehen von der Wirtschaftsstruktur und den Lage- und Dichteparametern ist er von städtischen Arbeits- und Lebensbedingungen bestimmt. Das schließt die demographischen Eigenschaften weitgehend mit ein. Genau darum ist der „Ländlicher Raum“ auch keine geeignete Kategorie um beispielsweise wesentliche räumliche Muster demografischer Strukturen und Trends zu beschreiben. Wie ländliche Regionen sehr unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen und strukturell verschiedene Stärken und Schwächen aufweisen, werden sie auch durch ein breites Spektrum an demografischer Entwicklung geprägt, die langfristig stabile wirtschaftsstrukturelle Disparitäten Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts widerspiegeln. Dies soll anhand ausgewählter Analysen am Beispiel demografischer Strukturen und Trends belegt werden, wobei herausgearbeitet wird, dass strukturschwache ländliche Regionen ein Brennpunkt demografischer Schrumpfung und Alterung – im Unterschied zu strukturstarken ländlichen Regionen sind. Auch aufgrund der Konzentration demografischer Problemlagen in äußerst peripher gelegenen, strukturschwachen ländlichen Regionen wurde schon vor einiger Zeit aus Sicht der Bevölkerungsgeographie der Arbeitsbegriff „ländlichster Raum“ geprägt. Er „konzentriert“ sich in Deutschland auf den Nordosten. Hier korrespondieren Lageparameter, Defizite der Funktionalität der Infrastruktur (zumeist verbunden mit der Auslastung vorzuhaltender Leistungsangebote der öffentlichen Daseinsvorsorge) und Einschränkungen des Wettbewerbs mit demographischen Strukturen und Prozessen – immer gemessen an den urbanen Räumen. Im Vortrag sollen Problemlagen der strukturschwachen ländlichen Regionen im Mittelpunkt stehen, die aus forcierter Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung resultieren. 16:45 – 17:00 S27-04 „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ – Wir bleiben hier, bis wir sterben E.-M. Neumann, F. Barchmann; Cottbus Die meisten Menschen wollen in der eigenen Wohnung, im eigenen Haus alt werden. Dies erfordert auch eine entsprechende Daseinsvorsorge durch die Gesellschaft, die Verwaltung, die Kommunen. Um notwendige Informationen zu erhalten, die sozialen Räume der älteren Menschen im ländlichen Raum zu gestalten, führt ein Verein im Auftrag und unter Leitung des Fachbereichs Soziales des Landkreises Spree-Neiße seit Juli 2009 eine flächendeckende Umfrage im Landkreis durch. Es werden altersrelevante Daten zu Wünschen und Zielen der Bewohner ab 50 Jahre (Lebensalter zum Zeitpunkt der Befragung) zum Leben und Wohnen im Alter erfasst. Es handelt sich um eine hauptsächlich quantitative Erhebung mit Hilfe eines Fragebogens, der in der Häuslichkeit gemeinsam mit einem eigens geschulten Interviewer ausgefüllt wird. Qualitative Aussagen sind bedingt über Hybridfragen möglich. Die wissenschaftliche Begleitung im Praxisprojekt innerhalb des Master studiengangs, sichert die Erfassung und Dokumentation der jetzigen Lage bzgl. Wohnen und Wohnumfeld im weitesten Sinne – Versorgung, Nahverkehr, Kultur, Bildung, soziales Netz (Familie und Nachbarn) – sowie Wünsche und Ziele zur Anpassung an das Wohnen im Alter im ländlichen Raum. Ziele der Umfrage sind: 1. Kenntnisse erlangen zu bevorzugten Wohnformen im Alter, um Schwerpunkte für bauliche Veränderungswünsche in den Gemeinden zu identifizieren. 2. Kenntnis von Einwohnerwünschen zu Dienstleistungen und Versorgung im Alter vor Ort zu erlangen. Der Beitrag stellt das Vorgehen innerhalb des Projektes dar und gibt einen Überblick zu ersten Ergebnissen. 17:00 – 17:15 S27-05 Altern im „ländlichsten“ Raum – Eine Herausforderung für kleine Gemeinden im demografischen und gesellschaftlichen Wandel A. Stiller, Vechta Die Verbindung der beiden Stichworte „Altern“ und „demografischer Wandel im ländlichen Raum“ lenkt den Blick in der Regel auf die massiven Bevölkerungsveränderungen in den peripheren Gebieten der neuen Bundesländer als Effekt unausgeglichener Wanderungsbewegungen. Dabei wird übersehen, dass alle ländlichen Räume in Deutschland aus variierenden Gründen tendenziell mit einer Altersstrukturverschiebung konfrontiert sind. Die besondere Bedeutung der demografischen Alterung für den ländlichen Raum liegt in den Herausforderungen begründet, welche aus dem
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Zusammenspiel zwischen den Bedürfnissen und Bedarfen der Bevölkerung sowie den Folgen des demografischen Wandels und der gesellschaftlichen Strukturveränderungen resultieren. So entwickelt sich insbesondere die lokale Disposition sozialer und emotionaler sowie privater und professioneller Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen in allen Bereichen der Bewältigung des täglichen Lebens gegensätzlich zur Bindung und Orientierung an den Nahraum. Welcher Handlungsrahmen und Umgang sich in Bezug auf diese Verän derungen anbieten, sind dementsprechend auch für die kommunale Ebene zu diskutieren. Die Erörterung dieser Fragen weist bisher jedoch Lücken auf. Es mangelt aus gerontologischer Perspektive an Forschungsansätzen, die sich der aufgezeigten Thematik in kleinen Gemeinden des ländlichen Raumes mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund nähern, obwohl sich Konzepte, wie der Lebenslageansatz grundsätzlich eignen würden. Mit der Skizzierung potentieller Handlungsoptionen soll zur Bearbeitung dieses Defizits ein Beitrag geleistet werden.
Donnerstag, 16. September 2010 – Kursraum 3 16:00 – 17:30 S28 Symposium der Sektion III Transnationale Altersmigration Moderation: C. Kaiser, Vechta; H. Künemund, Vechta
Transnationale Migrationsprozesse haben gegenwärtig durch begünstigende sozioökonomische und politische Rahmenbedingungen sowie verkehrs- und kommunikationstechnologische Entwicklungen stark an Bedeutung gewonnen. Die heute ältere Generation hat selbst in größerem Umfang biographische Erfahrungen mit Mobilität, internationalem Tourismus und grenzüberschreitender Migration machen können. Familiale und berufliche Netze haben sich aufgrund der Mobilität der jüngeren Generation und moderner Kommunikationstechnologien räumlich ausgedehnt. In der Folge entstehen neue transnationale Lebensbezüge, die auch dazu führen, dass eine zunehmende Zahl älterer Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen eine Verlagerung des Wohnsitzes im Alter vornimmt oder zwischen zwei oder mehr Wohnsitzen pendelt. Es wird angenommen, dass solche grenzüberschreitenden Migrationsprozesse Älterer in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen werden. In Verbindung mit Lebensverlaufsansätzen eröffnet der Transnationalismusansatz fruchtbare Perspektiven, um sich der Altersmigration zu nähern. Grundsätzlich kann eine Wohnsitzverlagerung einmalig erfolgen oder auf eine vorherige grenzüberschreitende Migration folgen (z.B. Rückkehr); aber auch häufigere Wohnsitzwechsel (z.B. saisonale Pendelwanderung) sind möglich. Diese Muster lassen sich je nach den regionalen Verflechtungen verschiedenen Typen zuordnen, von denen das Symposium die für den deutschen Kontext häufigsten herausgreifen möchte: – Zuwanderung von älteren russischsprachigen Migranten nach Deutsch land – Abwanderung ehemaliger “Gastarbeiter“ im Ruhestand in die Her kunftsländer – Abwanderung älterer Deutscher in den mediterranen „sunbelt“ Das Symposium verbindet Forschungsbeiträge, die eine Typisierung und Differenzierung der transnationalen Altersmigration ermöglichen und Fragen nach den Motivlagen, nach den sozialen Beziehungen und der sozialen Integration im Migrationskontext aufwerfen. 16:00 – 16:15 S28-01 Generationenbeziehungen der (Spät-)Aussiedler C. Vogel, Vechta Fragestellung: Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind knapp drei Millionen (Spät-)Aussiedler in die Bundesrepublik Deutschland zugewandert, z.T. gemeinsam mit Familienangehörigen verschiedener Ge-
nerationenzugehörigkeit. Heute stellt der demographische Wandel auch diese Familien vor neue Herausforderungen: Die steigende Anzahl und der steigende Anteil Älterer lassen den intergenerationellen Austausch und insbesondere die Bereitstellung von Pflege zukünftig noch wichtiger werden. Dabei ist bislang nur wenig über die Familienkonstellationen und die intergenerationelle Unterstützung in dieser Bevölkerungsgruppe bekannt. Wie viele von ihnen können im Bedarfsfall auf die Familie zählen? Wer ist in diesen Familien zuständig für die Bereitstellung von instrumenteller Unterstützung oder Pflege? Und haben sich wohlfahrtsstaatliche Leistungen negativ auf die Generationenbeziehungen ausgewirkt, wie es die „crowding out“ Hypothese der Verdrängung familialer Hilfen durch staatliche Unterstützung nahe legt? Methoden: In diesem Beitrag wird ein Überblick zu Struktur und Veränderung der Generationenbeziehungen bei (Spät-)Aussiedlern gegeben, der auf dem aktuellen Forschungsstand der soziologischen sowie psychologischen Alternsforschung und insbesondere auf einem internationalen Vergleich basiert. Zudem werden anhand verschiedener Datenquellen wie dem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) und dem Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) Möglichkeiten und Grenzen der quantitativen Sekundärdatenanalyse von Generationenbeziehungen bei (Spät-)Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt und diskutiert. Ergebnisse: Die vorliegenden Befunde sprechen dafür, dass soziale Netzwerke älterer Migranten stärker familienzentriert sind, wobei noch ausführlicher zu untersuchen bleibt, wie verlässlich und tragfähig diese familialen Strukturen sind.
forderung ihr Altern zu gestalten. Ein von vielen gewählter Lebensstil im Alter ist das sogenannte Pendeln zwischen der Türkei und Deutschland. Dabei leben die „Pendler“ bis zu sechs Monaten des Jahres in der Türkei, die Wintermonate verbringen sie an ihren Wohnsitzen in Deutschland. Bisher liegt nur wenig empirisch gesichertes Wissen zum Ausmaß der Migration und zu sozialen Regelmäßigkeiten und Differenzierungen innerhalb dieser Gruppe vor. Jedoch zeichnet sich ab, dass Pendeln bei vielen Türkeistämmigen zur beliebtesten Lebensform im Alter avanciert. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern es sich hierbei um eine Transnationalisierung von Alternsstilen handelt. Dazu werden die Thesen der Transnationalitätsforschung mit Modellen der Lebensstile bzw. Alternsstile zusammengebracht. Methoden: Die empirische Analyse erfolgt über qualitative Interviews mit Pendlern und Vergleichsgruppen von im Alter Remigrierten und primär in Deutschland lebenden älteren türkeistämmigen Migranten. Dazu wird ein Feldzugang sowohl in Deutschland als auch in der Türkei gesucht. Ergebnisse: Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf der Dimension der subjektiven Mentalität. Dabei werden Strategien herausgearbeitet, mit denen Pendelmigranten die Möglichkeiten der Transnationalisierung für sich strategisch nutzen, um einen neuen transnationalen Alternsstil bzw. Lebensstil im Alter zu entwickeln und zu leben. Die von den Interviewten vermittelten Konstruktionen von und Kommunikationsweisen über Alter(n) werden typisiert und es wird überprüft, ob und inwieweit religionsbezogene Argumentationen eine Rolle spielen. Als konkretes Beispiel werden Pflegeerwartungen untersucht.
16:15 – 16:30 S28-02 Ältere Rückkehrer nach Russland und in die Türkei T. Baraulina, H. Rittersberger-Tilic1; Nürnberg, 1Ankara/TR
16:45 – 17:00 S28-04 Transnationale Ruhesitzmigration vom Winter in die Sonne C. Kaiser, Vechta
Fragestellung: In diesem Beitrag, der auf einem ressourcentheoretischen Ansatz basiert, wird die Altersmigration von Deutschland in die Türkei und nach Russland untersucht. Im Vordergrund steht die Frage, ob regionale Migrationsverflechtungen die Unterschiede zwischen den Rückund Pendelwanderungen in die Türkei und nach Russland erklären können. Verglichen werden 1) Motive und begünstigende Faktoren der Rückkehrentscheidung und 2) Umstände, welche zu einer zirkulären Migrationsstrategie bzw. einer längerfristigen Niederlassung in den Rückkehrkontexten führen. Methoden: Basis der Untersuchung ist eine qualitative Befragung, die 2008 – 2009 durchgeführt wurde. Ergebnisse: Insgesamt wurden drei Typen für die Türkei und Russland herausgearbeitet: Rentner, Frührentner, Investoren. Das zentrale Rückkehrmotiv beim Typus ‚Frührentner’ ist die prekäre Position auf dem Arbeitsmarkt. Beim Typus ‚Rentner’ stehen die Überlegungen der Armutsverhinderung in Deutschland im Vordergrund, während beim Typus ‚Investoren’ Überlegungen der Statusverbesserung im Rückkehrerkontext im Vordergrund stehen. Die Entscheidung zur zirkulären Migration ist weniger von dem jeweiligen Migrationstypus abhängig, als von der geographischen Allokation der Familienmitglieder und der intergenerationalen/familiären Unterstützungsleistungen. Zudem spielt der Grad der rechtlichen Inklusion in Deutschland (Aufenthaltstitel, Einbürgerung, wohlfahrtsstaatliche Ansprüche) eine Rolle. Als zentrales bedeutsames Ergebnis kann festgehalten werden, dass auch ältere Migranten, ähnlich wie Migranten in anderen Alterskategorien, ihre Inklusionschancen sowohl in den Herkunfts- als auch in den Einwanderungsgesellschaften in ihre Zukunftsplanung einkalkulieren. Entscheidend sind hier ökonomische Faktoren, aber auch Aspekte der Gesundheitsversorgung und die Eingebundenheit der Rückkehrer in transnationale Familien- und Migrantennetzwerke.
Fragestellung: Die grenzüberschreitende Ruhesitzmigration hat in der jüngeren Vergangenheit in den westlichen Industrienationen stark an Bedeutung gewonnen. Für Deutschland haben Studien gezeigt, dass die Mehrheit der Akteure zum Zeitpunkt der Migrationsentscheidung verheiratete Paare im Übergang in den Ruhestand mit gutem Gesundheitszustand sind, und dass die Zielgebiete überwiegend im Mittelmeerraum, aber zunehmend auch in entfernteren Gegenden liegen. Einige geben dafür ihren Wohnsitz in der Heimat ganz auf, der überwiegende Teil pendelt dagegen saisonal oder hält sich eine Rückkehroption offen. Im Vortrag werden zunächst mit Hilfe des Migrationssystemansatzes die Rahmenbedingungen, Muster und Dynamiken der transnationalen Ruhesitzmigration herausgearbeitet. Anschließend wird diskutiert, welche Konsequenzen sich daraus für die sozialen Beziehungen der Ruhesitzmigranten und für die Tragfähigkeit der Wohnsitznutzung im fortgeschrittenen Alter ergeben. Methoden: Der Vortrag basiert auf Sekundärdatenanalysen sowie eigenen qualitativen und quantitativen Befragungen älterer Deutscher auf Mallorca, Spanien. Ergebnisse: Die Hauptmotive der älteren Migrantinnen und Migranten sind die Klimagunst, gute Umweltbedingungen und ein hoher Freizeitwert der eher ländlichen bzw. touristisch geprägten Zielgebiete, die den Migranten vor allem durch frühere Urlaubsaufenthalte vertraut sind. Daher dominiert häufig ein „touristischer Blick“ auf die physische und soziale Umwelt am neuen Wohnsitz. Inklusionsprozesse bleiben meist auf die eigene ethnische Gruppe beschränkt. Stabile und auf Dauer tragfähige soziale Netzwerke entwickeln sich am neuen Wohnort insbesondere unter den Bedingungen der Pendelmigration selten. In diesem Setting können private Krisen und gesundheitliche Beeinträchtigungen eine große Herausforderung darstellen und Fragen nach einer Rückkehr aufwerfen. Die Handlungsoptionen hängen dabei stark von den sozioökonomischen Ressourcen und dem Vorhandensein bzw. der Qualität von Familienbeziehungen ab.
16:30 – 16:45 S28-03 Altern in fortwährender Migration bei älteren Türkeistämmigen S. Strumpen, Rostock Fragestellung: Immer mehr der seit 1961 nach Deutschland migrierten Türkeistämmigen erreichen das Rentenalter und stehen vor der Heraus-
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Abstracts Donnerstag, 16. September 2010
18:00 – 20:00 Hörsaal 1 Mitgliederversammlung der DGGG Moderation: C. Tesch-Römer, Berlin; K. I. Giercke, Köln; M. Gogol, Coppenbrügge; T. Klie, Freiburg 20:00 – 23:00 „Turnhalle“ Gesellschaftsabend der DGGG und SGG
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 1 08:30 – 10:00 ES03 Exzellenz-Symposium der Sektion IV Altern im Quartier – Beratung, Planung, Vernetzung Moderation: C. Kricheldorff, Freiburg; U. Otto, St. Gallen/CH
In Zukunftsentwürfen für ein zufriedenes Altwerden rücken Stadtteile und Nachbarschaften zunehmend ins Blickfeld. Es geht um die Frage, welche neuen Steuerungsoptionen eine quartiersbezogene Alten- und Pflegeplanung braucht. Die sich verändernden Bedarfe und Versorgungsnotwendigkeiten älterer Menschen verlangen Antworten, die traditionelle Formen der Versorgung an ihre Grenzen stoßen lassen. Es geht um quartiersnahe Versorgungs- und Unterstützungsformen sowie um sozialräumlich verankerte Angebote. Gemeinwesenorientierte Konzepte sowie die Initiierung von nachbarschaftlicher Unterstützung und Solidarität werden wieder aktuell. Zentrales Ziel ist, in gesellschaftlich geteilter Verantwortung und mit nachhaltiger Assistenz einen ermöglichenden Rahmen für einen verantwortungsvollen Welfare Mix zu schaffen – vor Ort, im Quartier! Gerade im Fokus eines langen Lebens zuhause trifft sich diese Strömung mit „Silvermarket“ bzw. Technik („AAL“). Konkurrierende Paradigmen oder nur unterbelichtete Anschlussstellen? 08:30 – 08:45 ES03-01 Neue Steuerungsoptionen quartiersbezogener Senioren- und Pflegeplanung W. Asam, Köln Planungssicherheit gewinnt im Altern eine neue Dimension – für den Einzelnen wie für die Gesellschaft. Mit dem SGB XI wurden alte Planungsansätze obsolet; neue Versorgungs- und Steuerungsformen zeichnen sich ab. Das Marktparadigma und die Häuslichkeit im Quartier spannen neue Dimensionen auf. Der Beitrag zeigt den Wandel zu neuen Planungsmodellen auf. An konkreten Fallbeispielen werden unterschiedliche Zugangswege dargestellt: Es wird an der kommunalen Verfahrenspraxis durchgespielt, wie unterschiedliche Datenbestände im Planungsalltag genutzt werden können. So wird die Reichweite der Pflegestatistik für die örtliche Anwendung ausgeleuchtet und es werden die Ergebnisse und Erfahrungen einer bundesweit tätigen Seniorenberatung ausgewertet. Es wird gefragt, inwieweit aus der Einzelberatung gewonnene Daten als Input in ein öffentliches Monitoring einfließen können. Eine besondere Vernetzungsoption liefert dieser Beratungsansatz, weil der Datenzugang nicht nur Eingangsdaten für die Senioren- und Pflegeplanung liefert, sondern gleichzeitig eine Quervernetzung von „Pflege und Wohnen“ eröffnet.
08:45 – 09:00 ES03-02 Aktuelle Forschungsstrategien zur Evaluation und Entwicklung von quartiersbezogener Vernetzung J. Heusinger, Berlin In Zukunftsentwürfen für ein zufriedenes Altwerden sind in den vergangenen Jahren Stadtteile, Quartiere, Nachbarschaften ins Blickfeld gerückt. Wohnung und Wohnumgebung werden besonders bei Gebrechlichkeit immer wichtiger. Zugleich sind dort Potenziale vorhanden oder werden vermutet, die geeignet scheinen, Lücken oder Engpässe in der Versorgung Hilfe- und Pflegebedürftiger zu überbrücken. Mit quartiersbezogener Vernetzung unterschiedlicher Akteure sollen diese Ressourcen erschlossen werden. Es werden Ansätze und Überlegungen zu einer praxisorientierten wissenschaftlichen Begleitung quartiersbezogener Vernetzung rund ums Alter vorgestellt. Was kennzeichnet Netzwerke, die dauerhafte Wirkungen im Quartier erzielen? Wie lassen sich unterschiedliche Motivationen für die Mitarbeit berücksichtigen? Wie lassen sich Effekte von Vernetzung erheben? Welche Bedeutung kommt räumlichen, inhaltlich-thematischen, professionellen u. a. Einflussfaktoren zu? Welche Rolle spielen Netzwerkkommunikation, -organisation und Hierarchien? 09:00 – 09:15 ES03-03 Aktiv-sein, Assistieren, Austauschen, Anteilnehmen. Altern gestalten – wo sonst, als im Quartier? U. Otto, St. Gallen/CH Der sozialgerontologische Mainstream zwischen Wissenschaft und Praxis beratung transportiert eine Renaissance der Gemeinwesenorientierung als Gestaltungsrahmen des Älterwerdens, fokussiert auf gesellschaftliche Produktivität im Alter, Potenziale und Solidaritäten statt auf „Ruhestand“, „Fälle“, „Bedarfe“. Dies befördert neue Bilder der Daseinsvorsorge. Die Idee des ermutigenden, ermöglichenden Staates bleibt für die Politik, die Institutionen, das Sozialmanagement, die Dienste aktuell: wo sehen wir so etwas wie sich selbst verstärkende Prozesse, wo aus Wohlbefinden vor Ort ein positives Lebensgefühl entsteht, das Gesundheit, Problemlösungen und Produktivität befördert? Wo aus klug balancierter neuer Urbanität und Verdichtung plus Individualität Nachbarschaften, Netzwerkunterstützung und Austausch entstehen? Wie können wir diese Regelkreise positiv in Gang bringen, so dass sie sich gegenseitig verstärken – Regelkreise, die über mechanische Solidarität, technischen Anreiz und technokratische Planung hinausgehen, und dennoch Interventionen zugänglich sind? 09:15 – 09:30 ES03-04 Verantwortungsgemeinschaften im Quartier für ein gelingendes Leben im Alter C. Kricheldorff, Freiburg Vor dem Hintergrund des demographischen und sozialen Wandels ist zu fragen, wie selbstständiges und zufriedenes Altern gelingen und soziale Teilhabe bis ins hohe Alter erhalten werden kann. Das Wohnquartier wird zum Bedingungsrahmen für gelingenden Alltag – auch im Alter. Sich verändernde Bedarfe und Versorgungsnotwendigkeiten verlangen neue Antworten. Verantwortungsgemeinschaften stellen einen innovativen Ansatz zur Stärkung von Menschen dar, die eine intensive Unterstützung im nachbarschaftlichen Bereich benötigen. Auch pflegende Angehörige und Familien profitieren von einem solchen Konzept. Dies umfasst informelle Netzwerke, zivilgesellschaftliches Engagement und sozialwirtschaftlich organisierte Angebote der Beratung, Begleitung und Unterstützung. In der Realität gibt es aber Zugangsbarrieren. Angebotsstrukturen bestehen eher unverbunden nebeneinander. Es geht darum, förderliche Kommunikations-, Kooperations- und Aktionsformen zu identifizieren und in einem Konzept zusammenzuführen, das modellhaft Verantwortungsgemeinschaften für gelingendes Altern beschreibt. Diskutant G. Steffen, Stuttgart
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Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 2 08:30 – 10:00 S29 Symposium der Sektion III Interdisziplinäre Alternsforschung heute: Versuch einer Standortbestimmung Moderation: A. Kruse, Heidelberg
Als interdisziplinäres Konstrukt zeichnet sich gerontologische Pflege wissenschaft durch Integration unterschiedlicher bezugswissenschaft licher Theoriebestände (z.B. aus altersmedizinischen Grundlagen- und klinischen Fächern, Gerontologie, Alterspsychologie, Soziologie, Sozialarbeitswissenschaft, Heilpädagogik, Sozialrecht) mit unterschiedlichen Geltungsansprüchen aus. Unter handlungswissenschaftlichen Gesichtspunkten erhöht sich *zudem *die Komplexität interdisziplinärer Bezüge. Hier herrscht das Gebot der Zusammenführung hoch differenzierten theoretischen (nomothetischen) Wissens mit einem aus „umgänglicher Erfahrung“ (V. v. Weizsäcker) am Einzelfall gewonnenen, am lebensgeschichtlichen Selbstverständnis und persönlichen Wertesystem pflegebedürftiger Menschen hermeneutisch ansetzenden Wissen. Aus Sicht einer solchermaßen interventionistischen Pflegewissenschaft besteht großer Forschungsbedarf hinsichtlich des praktischen Experten wissens: Wie, unter Beachtung welcher situativer Voraussetzungen und Wert-Haltungen aller Beteiligten wird gerontologisch-pflegewissenschaftliches Wissen aus welchen Wissensdomänen entwickelt? Inwieweit gelingt dabei die dialogische Rückkopplung mit persönlichen Relevanzsystemen eines pflegebedürftigen Menschen? Und inwieweit werden hier falldiagnostische Besonderheiten und persönliche Relevanzsysteme zu einem professionellen Urteil zusammengeführt? Die Verantwortungsdimensionen wissensbasierter, professioneller Urteilsbildung werden gegenwärtig in einem breiten Spektrum klassischer Tugend-, neuerer Care- oder vorrangig am Autonomie-Prinzip orientierter Ethiken diskutiert. 08:30 – 08:45 S29-01 Interdisziplinäre Alternsforschung heute: Versuch einer Standortbestimmung A. Kruse, H.-W. Wahl; Heidelberg Einführung in das Symposium durch Prof. Dr. Hans-Werner Wahl und Prof. Dr. Andreas Kruse 08:45 – 09:00 S29-02 Gerontologie zwischen Eigenständigkeit und Transdisziplinarität F. R. Lang, Erlangen Es gilt als offene Frage, ob sich die Gerontologie als eigenständige wissen schaftliche Disziplin etablieren wird: Unbestreitbar ist, dass sich mit einer solchen Etablierung zugleich hohe Erwartungen an deren Trans disziplinarität und integrativen Interdisziplinarität verbinden. Die Geronto logie hat dabei in erster Linie der Multidimensionalität und Komplexität ihres Gegenstands besonders Rechnung zu tragen. Als „junge“ Disziplinen wird die Gerontologie meist als Querschnittfach beschrieben, dessen Kernthemen auch in den medizinischen, Natur-, Verhaltens-, Sozial- und Geisteswissenschaften betrachtet werden. Dies steht aber keineswegs im Widerspruch zur Eigenständigkeit der gerontologischen Alternsforschung, die sich auf eine eigene Ideengeschichte, Erkenntnistheorie und Theoriebildung sowie auf eine eigene Methodenentwicklung und spezifische Berufsbilder gründet. Es mag kennzeichnend sein im Etablierungs- und Institutionalisierungsprozess einer jeden neuen wissenschaftlichen Disziplin, dass sie sich an Erkenntnissen und Themen ihrer Nachbardisziplinen orientiert und von diesen geprägt wird. Die Wissenschaft vom Alter und Altern trägt durch ihre Fragen, Methoden und Erkenntnisse wesentlich zu
den Erkenntnisprozessen anderer Disziplinen bei und bildet daher eine eigene Stimme im Chor der wissenschaftlichen Disziplinen. 09:00 – 09:15 S29-03 Interdisziplinarität in der Gerontopsychiatrie G. Stoppe, Basel/CH Seelische Erkrankungen im höheren Lebensalter (inklusive der Demenzen) betreffen etwa 25% der Bevölkerung. Nur ein geringer Teil wird durch Fachpsychiater erkannt und behandelt. Die häufigsten Krankheitsbilder sind Depressionen und Angsterkrankungen, Demenzen, Schlafstörungen und – im stationären Bereich – die Delirien. Dazu kommen hohe Suizidraten. Gerade bei Erkrankungen im höheren Lebensalter muss die komplexe Interaktion verschiedenster Risikofaktoren über die Lebensspanne hinweg verstanden werden. Die Versorgungsforschung sieht sich von Phänomenen wie der Stigmatisierung, der Ressourcenfehlverteilung und Zugangsbarrieren herausgefordert. Und auch für die Interventionsforschung findet sich heute genügend Evidenz für die (überlegene) Wirksamkeit komplexer, multimodaler und interdisziplinärer Verfahren. Beispiele werden diskutiert. 09:15 – 09:30 S29-04 Gerontologische Pflegewissenschaft als interdisziplinäres Konstrukt H. Remmers, Osnabrück Als interdisziplinäres Konstrukt zeichnet sich gerontologische Pflegewissenschaft durch Integration unterschiedlicher bezugswissenschaftlicher Theoriebestände (z.B. aus altersmedizinischen Grundlagen- und klinischen Fächern, Gerontologie, Alterspsychologie, Soziologie, Sozialarbeitswissenschaft, Heilpädagogik, Sozialrecht) mit unterschiedlichen Geltungsansprüchen aus. Unter handlungswissenschaftlichen Gesichtspunk ten erhöht sich *zudem *die Komplexität interdisziplinärer Bezüge. Hier herrscht das Gebot der Zusammenführung hoch differenzierten theoretischen (nomothetischen) Wissens mit einem aus „umgänglicher Erfahrung“ (V. v. Weizsäcker) am Einzelfall gewonnenen, am lebensgeschichtlichen Selbstverständnis und persönlichen Wertesystem pflegebedürftiger Menschen hermeneutisch ansetzenden Wissen. Aus Sicht einer solchermaßen interventionistischen Pflegewissenschaft besteht großer Forschungsbedarf hinsichtlich des praktischen Expertenwissens: Wie, unter Beachtung welcher situativer Voraussetzungen und Wert-Haltungen aller Beteiligten wird gerontologisch-pflegewissenschaftliches Wissen aus welchen Wissensdomänen entwickelt? Inwieweit gelingt dabei die dialogische Rückkopplung mit persönlichen Relevanzsystemen eines pflegebedürftigen Menschen? Und inwieweit werden hier falldiagnostische Besonderheiten und persönliche Relevanzsysteme zu einem professionellen Urteil zusammengeführt? 09:30 – 09:45 S29-05 Interdisziplinäre Alternsforschung heute: Versuch einer Standortbestimmung aus der Perspektive der sozial- und verhaltenswissenschaftliche Gerontologie C. Tesch-Römer, Berlin Altersfragen sind gesellschaftlich bedeutsame Fragen zu Lebenssituationen alt werdender und alter Menschen, zu Formen, Ursachen und Folgen des Alterns von Individuen und des Alterns der Bevölkerung sowie zu Vielfalt und Wandel von Alter und Altern. Diese umfassende Definition macht deutlich, dass die sozial- und verhaltenswissenschaftliche Alternsforschung aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrieben werden muss, um tragfähige Erkenntnisse und überzeugende theoretische Entwürfe vorzulegen. Als Beispiel erfolgreicher interdisziplinärer Forschungsarbeit sollen Befunde zum Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit im Alter vorgestellt werden. Hier zeigt sich deutlich, wie sehr die interdisziplinäre Kombination soziologischer und
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Abstracts psychologischer Perspektiven die Empirie und Theoriebildung in der Gerontologie befruchten. 09:45 – 10:00 S29-06 Konsumentenverhaltensforschung und Interdisziplinarität A. Gröppel-Klein, Saarbrücken Das Beharren auf traditionellen Grenzen einer Disziplin kann zur „Verödung der Grenzgebiete, zur Abkapselung von den Nachbardisziplinen und möglicherweise zur verringerten Wissensvermehrung“ führen (Chmielewicz, 1994). Die Konsumentenverhaltensforschung versteht sich als interdisziplinäres Fach und versucht das tatsächliche (Entscheidungs-) Verhalten beim Kauf und Konsum materieller und immaterieller Güter mit Hilfe unterschiedlichster Erkenntnisse zu erfassen (z.B. [Sozial-] Psychologie, Physiologie). Man ist sich durchaus der Gefahr bewusst, dass das „Stöbern“ in fremden Disziplinen manchmal nur zu „Halbwissen“ führt und die so gewonnenen Forschungsergebnisse der Kritik des Fachmanns nicht standhalten (Dilettantismusproblem). Doch ganz besonders in Bezug auf die Analyse des Konsumentenverhaltens Älterer ist es notwendig, sich mit den naturgemäß ebenfalls interdisziplinären Erkenntnissen der Gerontologie auseinanderzusetzen, da sonst sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Sicht Fehlein schätzungen erfolgen. So zeigt es sich, dass selbst hoch anerkannte Marketing-Wissenschaftler nicht davor gefeit sind, aufgrund ihrer persönli chen Altersbilder und der Unkenntnis neuerer gerontologischer Befunde empirische Daten unzutreffend zu interpretieren. Es kann passieren, dass Kundentreue und habitualisiertes Kaufverhalten Älterer durch (automatisch) unterstellte mangelnde Aufgeschlossenheit der Älteren gegenüber neuen Angeboten oder nachlassende Informationsverarbeitungsfähigkeiten erklärt werden, statt wie bei jüngeren Konsumenten auf positive Erfahrungen und hohe Kundenzufriedenheit zu schließen.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 3 08:30 – 10:00 PS07 Papersession der Sektionen II, III und IV Altersbilder Moderation: A. E. Kornadt, Jena
08:30 – 08:45 PS07-01 Kontexte des Alterns. Eine Studie zur Erfassung von Altersstereotypen in unterschiedlichen Lebensbereichen A. E. Kornadt, K. Rothermund; Jena Fragestellung: Die Mehrdimensionalität von Altersbildern wird durch eine Reihe von Befunden nahegelegt. So überwiegen in manchen Lebensbereichen negative Alternsvorstellungen, während in anderen Bereichen auch im höheren Lebensalter noch Zugewinne als möglich erachtet werden. Zudem konnten unterschiedliche „Prototypen“ des Alters identifiziert werden und auch bei der kognitiven Aktivierung von Altersstereotypen spielt der Kontext eine entscheidende Rolle. Ziel der vorliegenden Studie ist daher die Erfassung bereichsspezifischer Altersstereotype und die Untersuchung von Zusammenhängen zu Befindlichkeitsund Bewältigungsvariablen bei jüngeren und älteren Erwachsenen. Methoden: Dazu wurde ein neues Instrument entwickelt und validiert. Eine Stichprobe von N=769 Personen im Alter von 30-80 Jahren aus Ostund Westdeutschland wurde zu ihrem Bild von „Alten Menschen“ in unterschiedlichen Lebensbereichen befragt. Ergebnisse: Faktorenanalysen unterstützen die Annahme eines multidimensionalen, bereichsspezifischen Altersbildes und weitere Analysen belegen deren differentielle Einflüsse auf die Wichtigkeitseinschätzungen, Zufriedenheit, Selbstwahrnehmung und Lebensführung älterer Menschen.
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Interpretation: Die für die verschiedenen Lebensbereiche erfassten Altersbilder stellen unterschiedliche und klar voneinander abgrenzbare Aspekte eines komplexen Altersbildes dar und ermöglichen bereichsspezifsche Vorhersagen im Rahmen von Bewältigunsprozessen im Alter. 08:45 – 09:00 PS07-02 Altersbilder, Ziele und Strukturen der Altenbildung in Deutschland – eine empirische Analyse von Interviews mit ExpertInnen R. Lottmann, Dresden Fragestellung: Inwieweit zeigen sich gesellschaftliche und individuelle Altersbilder in der nachberuflichen Bildung und inwiefern sind diese in den von den Befragten beschriebenen Bildungszielen und Strukturen der Altenbildung erkennbar? Methoden: Neun leitfadentgestützte Interviews mit Expertinnen und Experten im Bereich der Altenbildung wurden hierfür inhaltsanalytisch untersucht – unterstützt durch Methoden des thematischen Codierens sowie und dem Softwareprogramm MAXQDA. Ergebnisse: Die Studie zeigt die Bandbreite von (dominierenden) Altersbildern der Befragten und nutzt theoretische Konzeptionen zu gesellschaftlichen und individuellen Altersbildern für die kritische Analyse spezifischer Aspekte nachberuflicher Bildung. Die Untersuchung zeigt deutliche Parallelen und interesssante Verschränkungen zwischen den genannten Sachdimensionen und diskutiert die Bewertung der Strukturen der Altenbildung durch die Befragten sowie Grenzen der theoretischen Konzeptionen von Altersbildern für die qualitative Analyse. Als ein zusätzlicher Beitrag für das Verstehen sozialstruktureller Aspekte in der Altenbildung wurde eine quantitative Analyse zum Bildungsverhalten Älterer anhand von Mikrozensusdaten der Jahre 2003 und 2007 durchgeführt und bewertet. Interpretation: Auch in der nachberuflichen Bildung wirken Altersbilder der in diesem Feld tätigen Akteure. Die Studie zeigt u.a. wie (vor allem negative) Altersbilder sich in den Zielrichtungen pädagogischen Handelns erkennen lassen und Forderungen an entsprechende Strukturen der nachberuflichen Bildung an Politik und Gesellschaft prägen. 09:00 – 09:15 PS07-03 Die vielen Gesichter der Lebensführung im Alter L. Amrhein, Vechta Fragestellung: Der aktuelle gerontologische Diskurs über Modelle und Formen eines guten Lebens im Alter wird von den normativen Leitbildern eines „aktiven“, „engagierten“ und „produktiven“ Alterns bestimmt. Die Lebensführung von älteren und alten Menschen soll gesellschaftlichen Produktivitäts- und Nützlichkeitserwartungen folgen, davon abweichende Lebensweisen werden zunehmend als individuelle Fehlanpassungen wahrgenommen. Dies führt zu einer Forschungsstrategie, bei der primär die Voraussetzungen und Hindernisse für den sozial erwünschten Lebensstil eines „active ageing“ untersucht werden. Aktivitäten und Handlungsmuster, die nicht diesem gerontologischen Aktivitätsideal entsprechen, werden als defizitäre Lebensweisen wahrgenommen, nicht jedoch als alternative Lebensmodelle, die ihre eigene Wertund Relevanzstruktur aufweisen. Methoden: Im Vortrag werden empirische Ergebnisse einer qualitativen Leitfadenbefragung von 14 Frauen und 14 Männern zwischen 54 und 87 Jahren präsentiert, die auf eine hohe soziale Diversität von nachberuflichen Aktivitäts- und Tätigkeitsmodellen hinweisen (vgl. Amrhein 2008: Drehbücher des Alterns, VS Verlag Wiesbaden). Ergebnisse: Anhand einer mehrdimensionalen Typologie, die hermeneutisch aus den problemzentrierten Interviews rekonstruiert wurde, lässt sich zeigen, dass sowohl Aktivität, Geschäftigkeit und Engagement als auch Rückzug, Müßiggang und Freizeitorientierung sinnvolle Formen der Lebensführung im Alter darstellen können. Interpretation: Es existieren unterschiedliche Möglichkeiten für ein gutes Leben im Alter, die jeweils ihre eigenen Chancen und Risiken aufweisen; auch „nicht-aktivistische Aktivitätsstile“ haben eine legitime soziale Daseinsberechtigung.
09:15 – 09:30 PS07-04 „Memento mori“ oder was lehren uns die alten Abbildungen über das Sterben in früheren Zeiten? C. Lucke, M. Lucke; Isernhagen
Interpretation: Eine abschliessende Evaluation ist nach 2,5 Jahren für nachhaltige, grössere Projekte nicht möglich. Entscheidend wird sein, ob der kantonale Träger die Präventionsziele weiter verfolgt und integriert.
Jeder Gerontologe weiß, dass die mittlere Lebenserwartung vor 500 Jahren nur etwa 32 Jahre betrug. Es gab damals aber auch wirklich alte Menschen: auf den ältesten gedruckten Lebenstreppen (um 1540) erkennt man den Lebensablauf von der Kindheit bis zum 90. Lebensjahr; man sieht aber auch den Tod mit seinen Pfeilen bei dem erfolgreichen, selbstgerechten Fünfzigjährigen stehen, nicht bei den Hochbetagten am rechten unteren Ende der Treppe. Der Tod war – auch den nicht Lesekundigen mahnend – auch in jüngeren Jahren allgegenwärtig, nicht nur beim Hochbetagten, wie auf dem steinernen Bilderfries in der St. Annenkirche im Erzgebirge, der selber seine Bahre trägt. Die berühmten Totentänze in Lübeck, Reval und in Bern sind nur in späteren Kopien oder nur partiell (Reval) erhalten; sie zeigen, wie Alle, der Papst, der Kaiser, die Kaiserin, der Bürger, der Maler und sogar die Jungfrau vor dem Tode gleich sind; sie tanzen mit dem Tode und werden unerwartet und unvorbereitet von ihm aus blühendem Leben gerissen. Diese großformatigen Bilder mahnten die damaligen Christen zu einem gottesfürchtigen Leben, denn der Tod klopfte unerwartet an die Tür und forderte gnadenlos seinen Tribut.- Die damals weit verbreitete, reich bebilderte Schrift Memento Mori mahnte die Menschen, sich auf die letzte Stunde vorzubereiten, bescheiden und demütig zu leben und den Versuchungen des Teufels zu widerstehen. Das Lebensende konnte zu jeder Zeit eintreten; der Tod trat ohne Vorboten auf und ohne die Möglichkeit zu gewähren, sich auf das Ableben vorzubereiten. Er handelte gnadenlos und zügig, ein langes Krankenlager gab es nicht.- Das Sterben wurde stets als Schritt in das Jenseits und in ein besseres Leben gesehen. Die Autoren werden ein ausführliches Anschauungsmaterial zu ihrem Beitrag präsentieren.
09:45 – 10:00 PS07-06 Heterogene Mediennutzung im Alter – Transmediale Motivprofile als Ausdruck von Person- und Umweltmerkmalen M. Doh, Heidelberg
09:30 – 09:45 PS07-05 Die Zukunft der seelischen Gesundheit im Alter gestalten. Wirkungen der Münsterlinger Zukunftskonferenz 2007 M.-L. Hermann, Zürich/CH Fragestellung: Zum langfristigen Umgang mit der Zunahme psychischer Störungen im Alter veranstaltete der Kanton Thurgau (Schweiz) 2007 als regionales Pilotprojekt eine Zukunftskonferenz, um Präventionsprojekte zu entwickeln. Lassen sich mit einer Zukunftskonferenz zum Thema „Die Zukunft der seelischen Gesundheit im Alter“ innovative Projekte umsetzen, die differenzierte Vorstellungen vom Alter(n) abbilden? Welche Bedingungen sind dafür förderlich, welche hinderlich? Methoden: Die begleitende Evaluationsstudie untersuchte die Konferenz und die erste Projektumsetzung über zwei Jahre v.a. mit qualitativen Methoden (Inhaltsanalyse von offenen Fragebögen, Konferenzmaterialien, Gruppendiskussionen, quantitative Fragebögen) sowie die Altersbilder der Teilnehmer. Die Methode Zukunftskonferenz macht ein innovatives, massgeschneidertes Studiendesign mit Daten- und Methodentriangulierung erforderlich. Ergebnisse: Die auf Altersfragen spezialisierten Teilnehmer weisen sehr differenzierte Altersbilder auf, die über die Projektarbeit sichtbar und gesellschaftlich vermittelbar werden. Die regionale Versorgungssituation wird nach zwei Jahren bei einer kleinen Stichprobe kaum signifikant verändert eingeschätzt, die Projekte decken jedoch die Bereiche der tiefsten Rangplätze ab. Die Veranstaltung Zukunftskonferenz wird als starker Impuls und Ideenpool überwiegend positiv bewertet, häufige Kritikpunkte betreffen die Nachbetreuung und Projektbegleitung durch die Träger. Dennoch wurden 7 von 8 Projekten erfolgreich abgeschlossen oder sind noch in Umsetzung, einige enthalten innovative Ideen. Die Hauptziele der Konferenz „Vernetzung und Koordination vorhandener Ressourcen“ stehen ebenso im Zentrum der Projekte wie das Präventionsanliegen.
Medien nehmen im häuslichen Wohnkontext mit ca. zehn Stunden einen breiten Raum im Alltag älterer Menschen ein. Dabei stellt das Fernsehen das Leitmedium dar, das zusammen mit den beiden Massenmedien Radio und Zeitung knapp 90% der Mediennutzung ausmacht. Allerdings verbergen sich dahinter transmediale Motivprofile. So ließen sich mittels explorativer Verfahren zur Kohorte 1930-32 der ILSE-Studie von 2005 (n=282) fünf Personengruppen zur Nutzungsmotivation beim Fernsehen ermitteln, die entlang der beiden kommunikativen Grundorientierungen Information und Unterhaltung streuen und deren Motivprofile konvergent zur Radio- und Zeitungsnutzung sind. Wie weitere Kontrastanalysen ergaben, finden sich hierbei Zusammenhänge zu Personmerkmalen und Lebensbedingungen wie auch zu internalen und externalen Ressourcen. Während z.B. fernsehkritische Informationssuchende (22% des Samples) ein vielfältiges Spektrum an psychischen, körperlichen, sozialen und materiellen Ressourcen sowie einem aktiven, mobilen Lebensstil kennzeichnet, konfundieren bei den fernsehabhängigen Eskapisten (8%) negative Lebensbedingungen, geringe Ressourcen und niedriges Wohlbefinden. Sie zeigen ein erhöhtes Ausmaß an Neurotizis mus, Depressivität und Fatalismus sowie mehrheitlich starke kognitive Leistungseinbußen. Hier stellt das Fernsehen eine (kognitiv) leicht zugängliche Ressource dar, das nicht nur Ablenkung und Kompensation verspricht, sondern auch Information und kognitive Stimulanz. Die mediengerontologischen Befunde sprechen insofern für eine lebens spannenbezogenen Verknüpfung rezipienten- und ressourcenorientier ter Ansätze.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 6 08:30 – 10:00 PS08 Papersession der Sektionen I, III und IV Körperliche Aktivität und Sport Moderation: B. Müller, Rostock
08:30 – 08:45 PS08-01 Freizeitaktivitäten im höheren Lebensalter – Kontinuität oder Veränderung? B. Müller, P. Kropp; Rostock Fragestellung: Zahlreiche Studien belegen die protektive Wirkung eines aktiven und engagierten Lebensstils auf die Gesundheit. Wenig erforscht ist hingegen der Verlauf von Lebensstilen im Alter. Vor diesem Hintergrund wurde die Freizeitaktivität auf der Basis der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenalters (ILSE) in drei Aspekten analysiert: Welches Aktivitätsniveau besteht in verschiedenen Phasen des Alternsprozesses? Treten geschlechtsspezifische Ausprägungen auf? Sind Aktivitätsänderungen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und abnehmenden sozialen Netzwerken assoziiert? Methoden: Ausgewertet wurde eine Teilstichprobe der ILSE-Studie mit n= 335 Probanden (geb. 1930-32), die im Alter von 63 (t1), 67 (t2) und 75 Jahren (t3) untersucht worden sind. Mittels der im Fragebogen erhobenen zwölf außerhäuslichen Freizeitaktivitäten wurden nach Häufigkeitsverteilung zu t1 drei Aktivitätsgruppen gebildet: sehr Aktive (≥ 4 Aktivitäten), Aktive (3 Aktivitäten), wenig Aktive (< 3 Aktivitäten). Die
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Abstracts Bewertung des Gesundheitszustandes erfolgte nach körperlicher Untersuchung durch den Arzt. Ergebnisse: Das mittlere Aktivitätsniveau der Stichprobe reduziert sch vom 63. zum 75. Lebensjahr von 3 auf 1,8 Aktivitäten. Die Unterschiede zwischen den Aktivitätsgruppen verringern sich durch einen stärkeren Rückgang der sehr Aktiven. Geschlechterunterschiede treten nur zu t1 in Gestalt einer höheren Aktivität der Frauen zutage. Während die Größe sozialer Netze und ihre Veränderung im Alter die Entwicklung der Freizeitaktivitäten gut vorhersagt, geht die Reduzierung des Aktivitätsgrades von t1 zu t3 innerhalb der Gruppen nur teilweise mit Gesundheitseinschränkungen einher. Interpretation: Die Befunde sprechen zunächst für sehr differentielle Verläufe des Aktivitätsniveaus im Alter. Ein eher geringer Aktivitätsgrad zu Beginn des Ruhestandes erweist sich hier als zeitstabiler. Gesundheitliche Beeinträchtigungen erklären die Reduzierung des Aktivitätsniveaus nur ansatzweise; wesentlicher ist die Bedeutung sozialer Netzwerke.
wurde in ihre Kraft-, Ausdauer- und Beweglichkeits-/Koordinationskomponenten zerlegt. Ergänzt wurde das Instrument durch häufig verwendete Fragen zur Gesundheit und Lebensqualität. Der Fragebogen wurde an 1002 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Heidelberg im Alter von 65 bis 94 Jahren geschickt. Der Rücklauf betrug 30% (n=300). Ergebnisse: 22% der Stichprobe erreichten die Vorgaben der Empfehlungen. Das geforderte Niveau an Kraftaktivität wurde in erster Linie durch Alltagsaktivitäten erreicht. Für den Ausdauerbereich waren v. a. Sportaktivitäten maßgebend. Außer mit Alter zeigte sich kein Zusammenhang mit anderen soziodemographischen Variablen. Ausreichend Aktive wiesen gegenüber unzureichend Aktiven signifikante Vorteile in den Bereichen Mobilität, Lebensqualität und Gesundheit auf. Interpretation: Bei der Beurteilung von körperlichen Aktivitäten im Alter dürfen nicht ausschließlich Sportaktivitäten berücksichtigt werden. Viele Alltagsaktivitäten sind in ihrer positiven Wirkung denen einer sportlichen Betätigung vergleichbar sind.
08:45 – 09:00 PS08-02 Die Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit älterer Menschen im Seniorensport. Eine Längsschnittanalyse anhand der Bestenlisten der deutschen Senioren-Leichtathletik 1993-95 und 2003-05 J. Alber, M. Heß; Berlin
09:15 – 09:30 PS08-04 Activities and Their Associations With State and Trait Components of Well-Being in Old Age A. K. Leist, I. Albert, D. Ferring; Walferdange/L
Fragestellung: In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Gesundheitszustand und Lebenserwartung älterer Menschen deutlich verbessert. Damit wird oft die Vorstellung verbunden, die 75-Jährigen heute seien so leistungsfähig, wie es die 65-Jährigen früherer Jahre waren. Dieser Vorstellung gehen wir auf der Grundlage eines neuen Datensatzes nach, nämlich den seit etwa zwei Jahrzehnten geführten nationalen Bestenlisten der deutschen Senioren-Leichtathletik, die Jahr für Jahr berichten, welche Leistungen auf Rang 1 bis 50 in verschiedenen Altersklassen von 30 -75 Jahren erbracht wurden. Indem wir den Median-Rang 25 dieser Listen für verschiedene Alterskohorten und Diszplinen unter die Lupe nehmen und die Jahre 2003-05 mit der Mitte der neunziger Jahre vergleichen, können wir drei zentrale Fragen klären: (1) Sind Menschen eines bestimmten Alters heute leistungsstärker als vor zehn Jahren, und wie robust sind die Ergebnisse, wenn wir Männer und Frauen sowie verschiedene Disziplinen vergleichen? (2) In welcher Phase des Lebenszyklus erfolgt beim Vergleich von Altersstufen in Fünfjahresschritten der stärkste Leistungsabbau, und wie robust sind diesbezügliche Muster im Dekadenvergleich? (3) Sind die Ergebnisse robust, unabhängig davon, ob man das absolute Leistungsniveau oder den relativen Leistungsabstand zu jüngeren Athleten in den Blick nimmt? Ergebnisse: Unsere Ergebnisse zeigen, dass ältere Leichtathleten heute schlechtere Leistungen erbringen als vor zehn Jahren, dass ihr Leistungsabstand relativ zu jüngeren Athleten aber schrumpft, weil deren Leistungsrückgang noch stärker war. 09:00 – 09:15 PS08-03 Körperliche Alltagsaktivität und Sportaktivität im dritten und vierten Alter – Ergebnisse der Studie „Aktiv-in-Heidelberg“ V. Cihlar, C. Rott; Heidelberg Fragestellung: Körperliche Aktivität stellt einen der wichtigsten Faktoren für Gesundheit, Selbstständigkeit und Lebensqualität bis ins hohe Alter dar. Damit sich eine positive Wirkung entfalten kann, gelten für Intensität, Dauer und Häufigkeit klare Richtlinien. Die Studie „Aktiv-inHeidelberg“ beschäftigte sich mit der Frage, in welchem Ausmaß diese Richtlinien in der älteren selbstständig lebenden Bevölkerung der Stadt Heidelberg erreicht werden und untersucht, ob sich Personen, die das geforderte Ausmaß erreichen, von Personen unterscheiden, die dies nicht tun. Methoden: Körperliche Aktivität wurde durch eine auf eine deutsche Stichprobe angepasste Version des CHAMPS Fragebogens erfasst. Es wurden Art, Umfang und Häufigkeit von Sportaktivitäten und anstrengenden Alltagsaktivitäten differenziert erhoben. Jede einzelne Aktivität
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Objective: Activities have often been shown to positively affect well-being in old age (e.g., Herzog et al., 1998). Remaining active and maintaining an agentic self contributes to productive, often called ‘successful’, aging (Baltes & Baltes, 1990). The present study has two aims, a) to investigate activities from a qualitative approach, and, b) to explore associations of activities to state and trait components of well-being with a quantitative approach. Method: A total of 62 participants aged 65 to 89 years answered to the open question “What important or meaningful activities do you currently carry out?” Activities reported by the participants were grouped into categories which had been developed using qualitative content analysis. Inter-rater reliability was satisfactory. Categories comprised, among others, activities associated with daily routines, hobbies and interests, being on the way, volunteer work, relationship with family and friends, as well as life review and disengagement. Results: As qualitative analyses revealed, main themes referred to ‘communion’, ‘agency’ versus ‘disengagement’, and ‘impairments’. Subsequent quantitative analyses showed that the number of activities falling in the categories ‘hobbies’, ‘being on the way’, and ‘volunteer work’, was associated with both positive mood and, negatively, with depressive feelings during the last week. The number of activities belonging to these categories was also related to some extent to trait components of well-being, i.e., general life satisfaction and autonomy. Furthermore, the number of activities related to ‘agency’ was associated with self-reported autonomy, adjustment, and physical well-being. Conclusion: Results are discussed with regard to intra- and interpersonal processes underlying the regulation of well-being in old age. 09:30 – 09:45 PS08-05 Alterssensitive Intervention zur Steigerung der körperlichen Aktivität im Alter und deren potentielle Wirkmechanismen. P. Gellert, J. P. Ziegelmann1; Berlin, 1Amsterdam/NL Fragestellung: Zur Steigerung der körperlichen Aktivität im Alter sind Theoriegeleitete Interventionen von Bedeutung. Gerade altersspezifische Theorien werden aber immer noch selten für die Entwicklung solcher Interventionen verwendet. Die Sozioemotionale Selektivitätstheorie (SST) nimmt an, dass gerade im Alter Emotionen und soziale Unterstützung bedeutsam sind für die Motivierung zu Gesundheitsverhalten sind, was für die Entwicklung von Interventionen genutzt werden sollte, um diese alterssensitiv zu gestalten. Methoden: 303 Personen (60-95 Jahre) wurden auf zwei Interventionsgruppen randomisiert (RCT). Die eine Gruppe erhielt eine Selbstwirksamkeits- und Planungsintervention, die zweite Gruppe erhielt zusätzlich Inhalte zur Steigerung der positiven emotionalen Valenz körper-
licher Aktivität. Alle sozial-kognitiven und verhaltensbezogenen Daten wurden per Fragebogen zur Baseline und einen Monat nach der Intervention erhoben. Ergebnisse: Es zeigten sich signifikante Interaktionseffekte zwischen den Interventionsgruppen über die Zeit, differenziert nach Geschlecht der Teilnehmer bei der körperlichen Aktivität (F(1,261)=4.1; p=.044), bei Emotionen (F(1,259)=8.1; p=.001) und der sozialen Unterstützung (F(1,261)=6.4; p=.012). Mit dem Sobeltest wurden potentielle Wirkmechanismen untersucht: Die Interventionsgruppenzugehörigkeit sagt die emotionale Ergebniserwartung (t=2.04, p=.03) als Mediator vorher, welche wiederum das Ausmaß an körperlicher Aktivität vorhersagt (t=3.6, p=.001). Interpretation: Es konnten erste Einsichten in die Wirkmechanismen von alterssensitiven Interventionen, basierend auf gerontopsychologischen Annahmen, gewonnen werden. Dabei zeigen emotionale, wie soziale Komponenten ein differenziertes Wirkungsbild auf die körperliche Aktivität im Alter. 09:45 – 10:00 PS08-06 Die Erhebnung biometrischer Daten im „Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe“ (SHARE) B. Schaan, H. Jürges, K. Hank1; Mannheim, 1Köln Im Rahmen des 2004 erstmals durchgeführten „Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe“ (SHARE) wurden vielfältige Informationen über den psychischen und physischen Gesundheitszustand der Befragten erhoben. Trotz ihres unbestrittenen Wertes haben sich subjektive bzw. selbstberichtete Gesundheitsindikatoren jedoch besonders für international vergleichende Analysen als nicht unproblematisch erwiesen. Die Erfassung biometrischer Daten leistet einen wichtigen Beitrag, um diesem Problem zu begegnen. In diesem Vortrag sollen zunächst am Beispiel der isometrischen Greifkraft Analysen mit bereits heute in SHARE erfassten biometrischen Daten präsentiert werden. Anschliessend wird die Einbeziehung weiterer biometrischer Daten (insbesondere über Blutproben) in das Erhebungsprogramm des längsschnittlich angelegten SHARE diskutiert. Hier werden neben in diesem Zusammenhang relevanten soziologischen Fragestellungen (z.B. Bedeutung von Biomarkern für die Untersuchung des Zusammenhangs von sozio-ökonomischem Status und Gesundheit) auch praktische Implikationen einer Integration von Biomarkern in ein sozialwissenschaftliches Erhebungs programm betrachtet. So stellt beispielsweise die Erhebung von biometrischen Daten grössere Anforderungen an die Schulung und Ausbildung der Interviewer sowie an die Kommunikationsprozesse mit den Befragungspersonen selbst.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 1 08:30 – 10:00 S30 Die Pflege in der Geriatrie Stand 2010 Moderation: R. Neubart, Berlin
08:30 – 08:45 S30-01 Moderne Pflege im Therapeutischen Team Anforderungen aus Sicht des Arztes R. Neubart, Berlin Die Hauptlast der komplexen Arbeit im therapeutischen Team der Geriatrie trägt die Pflege. Um ihre Wirksamkeit im multiprofessionellen Zusammenwirken zu erhöhen, ist eine Präzisierung von Kompetenzen, Aufgaben und Abstimmungen mit den anderen Berufsgruppen von entscheidender Bedeutung. Insbesondere der Dialog mit dem Ärztlichen Dienst zeigt viele Facetten und gewinnt immer mehr an Dynamik.
08:45 – 09:00 S30-02 Die Aufgaben der Pflege im klinischen Asssessment von Hochbetagten L. S. Lindpaintner, Basel /CH Die Bedürfnisse der steigenden Zahl hochbetagter pflegebedürftiger Menschen mit multiplen chronischen Erkrankungen stellen eine außerordentliche Herausforderung für das Gesundheitswesen dar. In der Schweiz setzen sich Mitglieder des im Jahr 2000 als Teil der Medizinischen Fakultät der Universität Basel gegründeten Instituts für Pflegewissenschaft (INS) ausdrücklich mit der Frage nach den klinische Fähigkeiten, auseinander. 09:00 – 09:15 S30-03 Der Pflegeberuf im Wandel – Fokus Geriatrie G. Stöcker, Wuppertal Die Zunahme älterer Menschen in unserer Gesellschaft und die daraus resultierende Veränderung im Versorgungsbedarf bestimmen wesentlich die Diskussionen um neue Profile der Pflegeberufe. Gleichzeitig ist eine dynamische Entwicklung des Berufsbildes und dessen Selbstverständnis zu erkennen. Eine Anpassung der Ausbildung ist ebenso notwendig, wie eine Differenzierung der Pflegeberufe. 09:15 – 09:30 S30-04 Therapeutische Pflege als essentieller Bestandteil der geriatrischen Intervention M. Decker-Maruska, Attendorn Die Berufsgruppe der Pflegenden wird sich zunehmend ihrer herausragenden Rolle im Zusammenspiel der verschiedenen Professuren im therapeutischen Team bewusst. Es werden vermehrt wichtige Aufgaben in den Bereichen Behandlungspflege, Rehabilitation und palliative Pflege übernommen. Zudem gibt die Pflege wichtige Impulse zur Weiterentwicklung des geriatrischen Versorgungssystems.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 2 08:30 – 10:00 S31 Symposium der Sektion III Zwischen Beruf und Pflege: Konflikt oder Chance? Moderation: M. Reichert, Dortmund
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist vor dem Hintergrund des sozio-demographischen Wandels von mehrfacher Relevanz, denn es berührt die Versorgung älterer Menschen ebenso wie die Zukunft der Arbeitswelt – beides Bereiche, die vor besonderen Herausforderungen stehen: Derzeit werden mehr als zwei Drittel – 68% oder 1,45 Millionen – der heutigen Pflegebedürftigen zu Hause, in aller Regel durch (weibliche) Familienangehörige, versorgt. Eine zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie eine generell verlängerte Lebensarbeitszeit lassen erwarten, dass der Anteil Pflegender mit Erwerbsverpflichtung künftig weiter steigen wird. Das Symposium „Zwischen Beruf und Pflege: Konflikt oder Chance?“ möchte auf der Basis eines einschlägigen Forschungsprojektes (gefördert von der VW-Stiftung) und praktischer Erfahrungen im deutschen Raum individuelle und betriebliche Vereinbarungsstrategien vor dem Hintergrund sozialpolitischer Rahmenbedingungen und aktueller Vorstöße, z.B. zur Pflegezeitgesetzgebung, vorstellen. Methodisch wird dabei auf eine Analyse der aktuellen Forschungsliteratur zum Thema, eine Analyse hemmender und fördernder sozialpolitischer Rahmenbedingen sowie auf qualitative Interviews mit erwerbstätigen Pflegenden und Akteuren in den Betrieben rekurriert. Nach Vorstellung der ersten Ergebnisse der verschiedenen Projektbestandteile sollen diese Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Syposiums diskutiert werden. 08:30 – 08:45 S31-01 Zwischen Beruf und Pflege: Sozialpolitische Rahmenbedingungen und aktuelle Diskussionen A. Franke, Dortmund Fragestellung: Politische Debatten ranken sich – insbesondere in Ländern ohne eigene politische Interessenvertretung pflegender Angehöriger – wenn überhaupt, dann um die Situation der Pflegebedürftigen, Finanzierungsfragen oder die Qualität in der stationären Pflege. Etwaige politische Aktionen lassen dabei oftmals eher als „strategischen Impuls“ denn als „substantielle Modifikation“ beschreiben (Lewis & Campbell 2008). Dabei spielen die unterschiedlich ausgestalteten Wohlfahrtssysteme eine tragende Rolle. Aktuell gerät in Deutschland das Thema „Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege“ – u.a. durch die Diskussion um die neue Pflegezeitgesetzgebung – an politischer Dynamik und Aufmerksamkeit. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was Deutschland als „Care-Regime“ auszeichnet und wie sozialpolitische Maßnahmen für pflegende Angehörige gestaltet sein müssen, um den Anforderungen an eine gelungene Vereinbarkeit gerecht zu werden. Methoden: In diesem Vortrag sollen zum einen die sozialpolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland vorgestellt und unter Bezugnahme aktueller politischer Debatten im Vergleich zu anderen Care-Regimen diskutiert werden. Eine besondere Berücksichtigung wird der Frage gewidmet, inwiefern politische Instrumente und Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sowohl den Pflegenden als auch der Arbeitgeberseite entgegenkommen. Ergebnisse: Die Analyse soziapolitischer Rahmenbedingungen weist auf unterschiedliche wohlfahrtsstaatliche Handlungsweisen in Bezug auf Vereinbarkeit von Beruf und Pflege hin. Deutschland zeigt sich dabei als Typus eines konservativ-korporatistischen Care-Regimes, während bspw. Italien, Großbritannien und Polen jeweils spezifische Wohlfahrtsmodelle in Bezug auf Vereinbarkeit von Beruf und Pflege bilden. Interpretation: Sozialpolitische Maßnahmen bilden eine wichtige Rahmung zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege und tragen, wenn sie den spezifischen Bedürfnissen pflegender Angehöriger Rechnung tragen, in besonderem Maße zu ihrem Gelingen bei. 08:45 – 09:00 S31-02 Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege – Zum nationalen und internationalen Wissenstand M. Reichert, Dortmund Fragestellung: Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege wird insbesondere in den nordamerikanischen Ländern seit Mitte der 1980iger Jahre intensiv untersucht. In Deutschland hingegen hat das Thema – ähnlich wie in vielen anderen europäischen Ländern – erst in den letzten Jahren stärker an wissenschaftlicher und öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen, so dass mittlerweile auch hier einige wissenschaftliche Veröffentlichungen vorliegen. Dieses Symposium einleitend, ist es Ziel dieses Vortrages, die bisherige nationale und internationale Forschungstätigkeit zu dieser speziellen Variante der Vereinbarkeitsproblematik zu systematisieren und die gewonnen Ergebnisse überblicksartig darzulegen. Dabei soll sowohl der Perspektive der Betroffenen als die der Betriebe Rechnung getragen werden. Methoden: Die Basis für die Analyse bildet ein Review der nationalen und internationalen wissenschaftlichen Literatur zum Thema. Ergebnisse: Bezogen auf erwerbstätige Pflegende zeigt sich beispielsweise, dass mittlerweile gut fundierte Kenntnisse zu ihrer beruflichen und pflegerischen Situation vorliegen, die vorwiegend mit qualitativen Befragungen ermittelt worden sind. Andererseits fehlt es an (repräsentativen) Untersuchungen, die eine stärkere Differenzierung im Hinblick auf diese besondere Gruppe von Pflegenden vornehmen (z.B. hinsichtlich Art und Umfang der geleisteten Unterstützung für Pflegebedürftige). Auch ist wenig darüber bekannt, welchen Veränderungen ihre Lebenssituation
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im Zeitverlauf unterliegt. Was die Seite der Betriebe betrifft, so liegen zwar einige Untersuchungen vor, die sich entweder auf ihre Reaktionen und/oder auf betriebliche Maßnahmen im Hinblick auf die Vereinbarkeitsproblematik konzentrieren. Allerdings fehlt es an dringend an Informationen, was eine Evaluierung dieser Maßnahmen betrifft. Interpretation: Es zeigt sich somit, dass es noch eine Reihe von offenen Forschungsfragen gibt, die mit ihren methodischen Implikationen im Rahmen des Vortrages erörtert und zur Diskussion gestellt werden sollen. 09:00 – 09:15 S31-03 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Perspektive der Arbeitgeber A. Kümmerling, Duisburg Fragestellung: Das europäische Forschungsprojekt „Zwischen Beruf und Pflege. Konflikt oder Chance.“ (VW Stiftung) vergleicht individuelle und betriebliche Vereinbarungsstrategien in vier europäischen Ländern. Unsere Annahme dabei ist, dass eine konfliktarme Vereinbarung möglich ist, wenn sie von geeigneten sozialpolitischen Maßnahmen flankiert wird. In diesem Zusammenhang hat die Pflegereform 2008 mit der Einführung einer sechsmonatigen Pflegezeit und der Möglichkeit zur kurzfristigen Arbeitsverhinderung neue Standards gesetzt. Methoden: In 15 Betrieben unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit und Größe wurden mit je mindestens einer/m Vertreter/in des Management und Betriebsrats leitfadengestützte Interviews durchgeführt. Zusätzlich wurden Tarifverträge und Betriebliche Vereinbarungen zu Pflege analysiert. Ergebnisse: Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Themenfeld Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit die Betriebe bereits erreicht hat und v.a. in größeren Betrieben eine Reihe von Maßnahmen implementiert wurde. Wir stellen diese Maßnahmen (Auszeiten, flexible Arbeitszeiten, Beratungseinrichtungen) vor, bewerten sie und kontrastieren sie mit den Erkenntnissen einer parallel durchgeführten Betroffenenbefragung. Erste Analysen deuten darauf hin, dass generell wenig systematische Information über die tatsächliche Eignung und Inanspruchnahme der Maßnahmen existiert. Interpretation: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Thema Pflege – anders als die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf – auch in familienfreundlichen Betrieben im Tagesgeschäft noch Nebensache ist. Dies gilt auch für die neue Pflegezeit. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund diskutiert, inwieweit die eingeführten Maßnahmen den Bedarf der Beschäftigten treffen oder am Gegenstand vorbeizielen. 09:15 – 09:30 S31-04 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Perspektive der Angehörigen S. Kohler, Hamburg Fragestellung: Die deutsche Teilstudie des Forschungsprojekts „Zwischen Beruf und Pflege. Konflikt oder Chance?“ ermittelt die Perspektive pflegender Angehöriger und untersucht typische Konfliktfelder und individuelle Strategien zur Vereinbarung familiärer Pflegeleistung mit eigener Erwerbstätigkeit. Methoden: In Deutschland wurden (ebenso wie in Polen, Italien und England), basierend auf den Ergebnissen einer Sekundärdatenanalyse der Projekte EUROFAMCARE und SHARE, 60 problemzentrierte Interviews mit erwerbstätigen pflegenden Angehörigen geführt. Die Betroffenen sollten mindestens 10 Stunden pro Woche arbeiten und eine Person pflegen, die 60 Jahre oder älter ist. Die transkribierten Interviews werden in Anlehnung an Mayring computergestützt ausgewertet (mit MAXQDA). Ergebnisse: Erste Auswertungen deuten darauf hin, dass vor allem flexible und qualitativ hochwertige Unterstützungsangebote, reduzierter bürokratischer Aufwand und Rückhalt in der Familie zu einer besseren Vereinbarkeit beitragen. Als wesentlich wird die Unterstützung durch einen Arbeitgeber bewertet, der flexible Arbeitszeiten ebenso wie eine Rückkehr an den Arbeitsplatz auch nach längerer Auszeit gewährt.
Interpretation: Die Interpretation der Ergebnisse aus den Interviews erfolgt im Licht der Erkenntnisse, die in der parallel durchgeführten Betriebsstudie gewonnen werden. Bisherige Ergebnisse zeigen, dass die Vereinbarung nicht zwangsläufig als Doppelbelastung wahrgenommen wird. Durch geeignete Maßnahmen unterstützt, kann sie als persönliche Bereicherung betrachtet werden, zur Entwicklung einer positiven Pflegebeziehung beitragen und einen engagierten Einsatz am Arbeitsplatz ermöglichen.
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Methoden: Auswertung qualitativer Interviews, theoriegeleitete Typologisierung der Ergebnisse (Lazarsfeld 1937; Kluge 2000). Ergebnisse: Präsentiert wird ein 5-Kategorienschema, das die wesentlichen Problemlagen klassifizierend abbilden soll. 1 Dienste und Arrangements sind nicht an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst. 1a) Es fehlen individuelle Ressourcen um Zugang zu Diensten und Arrangements zu erhalten. 1b) Geeignete Dienste und Infrastrukturen fehlen überhaupt. 2. Die gebaute Umwelt ist nicht an die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen angepasst. 3. Es fehlt an Empowerment, das es den Betroffenen ermöglichen würde, ihre Interessen zu vertreten.
08:30 – 10:00 PS09 Papersession der Sektion IV Ambulante Pflege und familiäre Versorgungssettings Moderation: A. Riedel, Esslingen
Interpretation: Bei Pflegebedürftigkeit ist die persönliche Autonomie im Alltag vielfältigen Gefährdungen ausgesetzt, sei es durch die Routinen von Pflegediensten, die nicht im Einklang mit den Bedürfnissen der zu Pflegenden stehen, sei es durch behindernde bauliche Infrastrukturen oder einen unzugänglichen öffentlichen Personennahverkehr.
08:30 – 08:45 PS09-01 Ambulante Betreuung und Pflege im Alter (Schweiz) T. Schwarze, M. Riedel, J. Bennett; Bern/CH
09:00 – 09:15 PS09-03 SELBST: Ein innovatives Konzept zur Unterstützung der Angehörigen pflegebedürftiger Menschen S. Meyer, D. Erler; Berlin
Fragestellung: In welchen Bereichen und in welchem Umfang sind ältere pflegebedürftige Menschen auf ambulante Betreuung und Pflege angewiesen? Wie leistungsfähig sind bestehende ambulante professionelle und nicht-professionelle Betreuungs- und Pflegeformen? Wo bestehen Lücken? Wie gestaltet sich die Kooperation? Methoden: Von 09/09 bis 01/10 wurden 712 Personen (70+) aus den Kantonen Bern, Aargau und Zürich in ihrer Wohnung mittels eines standardisierten Interviews befragt. Die Befragten wurden in einem zweistufigen Verfahren ausgewählt: 1.Zufallsstichprobe und 2.Screeningfragen zur Inanspruchnahme von Hilfsleistungen. Das benutzte Erhebungsinstrument ist ein neu erstellter und zweifach getesteter (Labor- und Feldpretest) Fragebogen, der z.B. folgende Dimensionen umfasst: Körperfunktionen und -strukturen; Inanspruchnahme von Betreuung, Pflege und Beratung; Aktivitäten und Partizipation; Netzwerkeinbettung und stärke; Palliation. Ergebnisse: Da sich das Projekt noch in der Phase der Datenauswertung befindet, können in diesem Abstract nur erste Ergebnisse vorgestellt werden: Männer benötigen häufiger als Frauen Unterstützung bei Alltagsaktivitäten und erhalten im Durchschnitt mehr Hilfeleistungen als Frauen. Die Zahl der beanspruchten Leistungen ist bei Verheirateten im Vergleich zu Nichtverheirateten grösser. Partnerinnen und Partner erbringen über 40% der erfassten Unterstützungsleistungen. Das Gros der Betreuten kann die oft aufwendige Koordination der verschiedenen Unterstützungsleistungen selbst erbringen. Interpretation: Im Rahmen der Kongresspräsentation werden die unterschiedlichen Unterstützungssettings vor dem Hintergrund der Ergebnisse zu Lebenszufriedenheit, Qualität der Beziehungen zu den Leistungserbringern, gesellschaftliche Partizipation und sozialem Netzwerk der Befragten vorgestellt und interpretiert. 08:45 – 09:00 PS09-02 Gefährdungen der Autonomie alter Menschen mit ambulantem Pflegebedarf M. Zander, Berlin Fragestellung: Von welchen Gefährdungen ihrer Autonomie berichten alte Menschen mit ambulantem Pflegebedarf und wie lassen sich die berichteten Problemlagen klassifizieren? Zugrundegelegt wird dabei der Autonomiebegriff der WHO (2002): Autonomie ist demnach die „perceived ability to control, cope with and make personal decisions about how one lives on a day-to-day basis, according to one’s own rules and preferences.”
Über 80% der auf Hilfe angewiesenen Personen in Deutschland wird gänzlich oder zumindest zu einem gewissen Anteil von seinen Angehörigen versorgt. Sie entlasten dadurch in beträchtlichem Maße das Sozialsystem und sind entscheidend für das persönliche Wohlergehen pflegebedürftiger Menschen. Schon seit Ende der 80er Jahre wird in Politik und Gesellschaft die tragende Rolle pflegender Angehöriger betont und durch konkrete Maßnahmen, z.B. die Einführung einer Pflegeversicherung sowie einer Pflegezeit, flankiert. Trotzdem fühlen sich Angehörige bei der Betreuung ihrer älteren Familienmitglieder häufig überfordert und allein gelassen, vor allem dann, wenn sie neben der Pflegetätigkeit berufstätig sind und/oder eine eigene Familie haben. In diesem Vortrag wird die Frage gestellt, wie berufstätige Angehörige durch die Kombination von Dienstleistungen und innovativen Technologien bei der Betreuung älterer Menschen unterstützt werden können und somit die Lebensqualität aller Beteiligten erhöht werden kann. Der Beitrag rekurriert auf ersten Ergebnissen des BMBF-Projektes „SELBST – Selbstbestimmt Leben im alter mit Mikrosystemtechnik“ in dessen Rahmen ein Konzept zur Unterstützung berufstätiger Angehöriger entwickelt und prototypisch umgesetzt wird. Die Entwicklung des Dienstleistungskonzepts das speziell auf die Anforde rungen berufstätiger Angehöriger abzielt, basiert auf einer quantitativqualitativen Auswertung von 4270 Beratungsfalldokumentationen sowie den Ergebnissen von Gruppendiskussionen mit Eldercare-BeraterInnen des pme Familienservice. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird das entwickelte Konzept zur Unterstützung der Angehörigen diskutiert. 09:15 – 09:30 PS09-04 Validierung eines Assessments zur Ermittlung von gesundheitlichen Ressourcen und Risiken älterer pflegender Angehöriger S. Blüher, K. Kummer, A. Budnick, C. Seither, D. Dräger; Berlin, Fragestellung: Im Rahmen des Forschungsprojektes „Gesundheitsförderung für ältere pflegende Angehörige“ wurde ein Assessment-Instrument zur Ermittlung von Ressourcen- und Risikoprofilen (physisch, psychisch, sozial) pflegender Angehöriger (50+) entwickelt. Daraus wird der individuelle Bedarf an Gesundheitsförderung abgeleitet und entsprechende Angebote unterbreitet. Die Implementierung des Assessment-Instruments erfolgte in die Strukturen einer großen gesetzlichen Krankenkasse. Es stellte sich die Frage, über welche gesundheitlichen Ressourcen und Risiken pflegende Angehörige verfügen und welche Angebote demzufolge unterbreitet wurden? Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Methoden: Es erfolgt eine Deskrpition der Befunde aus der einjährigen Implementierungsphase des Assessments. Der Fokus richtet sich dabei auf pflegende Angehörige, die das Assessment durchlaufen haben und ein gesundheitsförderliches Angebot unterbreitet bekamen. Zudem werden die Ergebnisse der Prüfung der Gütekriterien vorgestellt. Ergebnisse: Das Assessment konnte mit 202 pflegenden Angehörigen (Altersdurchschnitt = 64,8 Jahre) durchgeführt werden. Bei ca. ¾ der Befragten ließen sich mittlere bis niedrige Ressourcen im psycho-sozialen und physischen Bereich ermitteln. Obgleich im Assessement 88 % der Angehörigen angaben, Interesse an einem gesundheitsförderlichen Angebot zu haben, blieb die Inanspruchnahme hinter den Erwartungen zurück. – Eine Nichtnutzeranalyse soll daher Aufschluss über mögliche Hinderungsgründe geben. Die Prüfung der Gütekriterien bestätigte weitgehend die theoretisch ent wickelten Subskalen (Profile) des Assessments. Interpretation: Auf Grundlage der Ergebnisse der Prüfung der Gütekriterien sowie der Ergebnisse der Nichtnutzeranalyse erfolgt eine Anpassung des Assessments. Somit kann ein in Krankenkassenstrukturen anwendbares Instrument zur Verfügung gestellt werden. 09:30 – 09:45 PS09-05 Altern zu Hause – Unterstützung durch präventive Hausbesuche bei über 80-jährigen. Y. Sesselmann, G. Roling, K. Beutner, S. Fleischer, J. Behrens, S. Heinrich1, H.-H. König1, T. Luck1, S. G. Riedel-Heller1; Halle (Saale), 1Leipzig Fragestellung: Können präventive Hausbesuche durch geschultes Personal helfen, Heimübergänge bei Personen über 80 zu verzögern oder gar zu verhindern? Methoden: Im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie wurden präventive Hausbesuche untersucht. Hierzu wurden in Halle und Leipzig in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt 320 über 80-jährige zu Hause lebende Personen für die Studienteilnahme gewonnen und interviewt. Die Teilnehmer wurden randomisiert einer Intervention- und Kontrollgruppe zugeteilt. In beiden Gruppen wurden Daten zur Soziodemografie, zu Erkrankungen, krankheitsspezifischen Kosten und zur Lebensqualität erhoben. Im direkten Anschluss erfolgte in der Interventionsgruppe ein umfassendes Assessment zum Pflege- und Hilfebedarf. Die Assessments wurden in multiprofessionellen Fallkonferenzen ausgewertet und deren Ergebnisse mit den Teilnehmern in einem zweiten und dritten Hausbesuch besprochen. Die Teilnehmer erhielten eine umfangreiche Beratung zu ihrem individuellen Unterstützungsbedarf und es wurden praktische Hilfen zur Verbesserung der aktuellen Lebenssituation angeboten. Die Beratungsinhalte wurden mit dem Umsetzungsverhalten der Teilnehmer abgeglichen und dokumentiert. 18 Monate nach dem ersten Hausbesuch wurde eine abschließende wiederholte Erhebung durchgeführt und die Heimübertrittsrate erfasst. Ergebnisse: Für das primäre Outcome „Heimübertritt“ ergab sich ein Relatives Risiko von 0.43(CI95: 0.14; 1.35) zugunsten der Interventionsgruppe. Insgesamt war die Heimübertrittsrate während der Studiendauer mit 5 % in der Stichprobe sehr niedrig. Interpretation: Für die Studienintervention „Präventiver Hausbesuch“ konnte kein statistisch signifikanter Nutzen hinsichtlich des Outcomes „Heimübertritt“ nachgewiesen werden. Dies ist unter anderem auch mit der insgesamt unerwartet niedrigen Inzidenz des Heimübertritts erklärbar. Eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit präventiver Hausbesuche hinsichtlich eines Heimübertritts ist derzeit nicht möglich. 09:45 – 10:00 PS09-06 Endlich einmal Urlaub vom Pflegealltag Eine Reise in die Eifel für demenzerkrankte Menschen und ihre Angehörigen U. Granzin, Wiesbaden „Endlich einmal richtig Urlaub“, das wünschen sich viele Angehörige, die ein demenzerkranktes Familienmitglied in der eigenen Wohnung
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betreuen und pflegen. In Wiesbaden leben circa 3900 Menschen, die an einer mittelschweren bis schweren Demenz erkrankt sind; rund 80 Prozent davon werden von Familienangehörigen in der häuslichen Umgebung betreut. Urlaub wäre für diesen Personenkreis dringend nötig, aber mit dem er krankten Angehörigen zu verreisen, stellt die Familien vor kaum zu über windende Probleme. Für diese Zielgruppe bietet das Forum Demenz Wiesbaden zum zweiten Mal einen betreuten einwöchigen Urlaub in der Eifel an. Mit Unterstützung professioneller GerontologInnen / SozialarbeiterInnen und ehrenamtlicher Helfer können zehn demenziell erkrankte Personen und ihre Angehörigen einige Tage in der abwechslungsreichen Eifel-Landschaft mit umfassendem Entspannungs- und Betreuungsangebot verbringen. Ein vorrangiges Ziel dieses Angebots ist es, eine geeignete Mischung aus Nähe und Distanz zu ermöglichen, die in Form von gemeinsamen Aktivitäten einerseits und Ruhephasen für Angehörige und Demenzerkrankte andererseits, hergestellt werden soll. Ein strukturiertes Programm für die Urlaubswoche mit Entspannungs angeboten, praktischem Erfahrungsaustausch der Angehörigen untereinander, ergänzt durch Vermittlung spezifischen Wissens über Demenz und eine 1:1 Betreuung für die Betroffenen, in der individuell auf spezifische Bedürfnisse eingegangen wird, aber auch die Reservierung von freier Zeit, die den Paaren zur Verfügung steht, stellt den Rahmen des Konzepts dar. Das Projekt wurde mittels qualitativer Studie ausgewertet.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 6 08:30 – 10:00 PS10 Papersession der Sektion II Geriatrische Diagnostik und Prävention Moderation: K. Mally, Kiel
08:30 – 08:45 PS10-01 Genauigkeit der segmentalen Bioimpedanzanalyse zur Bestimmung von Muskel- und Fettmasse in Armen und Beinen älterer Menschen ein Vergleich mit DEXA K. Mally, M. Heller, M. Dittmar; Kiel Fragestellung: Die quantitative Bestimmung von Muskel- und Fettmasse (MM, FM) in den Extremitäten älterer Menschen erlaubt Aussagen über den Erfolg rehabilitativer Maßnahmen. Ziel dieser Studie war es, die Genauigkeit der segmentalen Bioimpedanzanalyse (sBIA) zur Bestimmung von MM und FM in den Extremitäten älterer Menschen zu ermitteln. Methoden: Bei 72 (40 Männer, 32 Frauen) selbständig lebenden älteren Menschen (mittl. Alter 69,0±4,8 J., BMI 18,6-34,8 kg/m²) wurden MM und FM in rechtem und linkem Arm (RA, LA) sowie rechtem und linkem Bein (RB, LB) mittels sBIA bestimmt. Als Referenzmethode diente die DEXA. Ergebnisse: Die sBIA schätzte die mittlere MM korrekt im rechten Arm (Abweichung von DEXA: 5%) und beiden Beinen der Frauen (jeweils 4%). Dagegen überschätzte sie die MM in ihrem linken Arm (13% P<0,05) und unterschätzte sie in beiden Armen (RA 18%, LA 11%, P<0,001) und Beinen der Männer (jeweils 6%, P<0,01). Die mittlere FM schätzte die sBIA korrekt in den Armen der Männer (RA 4%, LA 8%) und Beinen der Frauen (2% und 11%), unterschätzte sie aber in den Armen der Frauen (RA 35%, LA 27%, P<0,001) und überschätzte sie in den Beinen der Männer (RB 37%, LB 34%, P<0,01). Die prozentuale Abweichung der sBIAWerte von den DEXA-Werten korrelierte bei beiden Geschlechtern negativ und signifikant mit den absoluten Werten ihrer MM und FM. Interpretation: Auf Populationsebene schätzt die sBIA die MM und FM in den Beinen älterer Frauen korrekt, ebenso bei älteren Männern die MM in den Beinen und die FM in den Armen. Für die übrigen Bereiche sind neue Regressionsgleichungen für ältere Menschen erforderlich. Die
sBIA sollte mit den aktuellen Formeln bei älteren Menschen mit Normalgewicht, nicht jedoch mit Über- oder Untergewicht angewendet werden. 08:45 – 09:00 PS10-02 Hoffen, nicht zu stürzen? Lieber vorbeugen! Umsetzung eines populationsbasierten Sturzpräventionsprogramms für ältere selbstständig lebende Menschen in Würzburg E. Fischer, M. Jelitte, H. Vogel, B. Ernst, M. Schwab; Würzburg Fragestellung: In Würzburg wird ein multimodales Sturzpräventionsprogramm (www.sicher-im-tritt.de) für selbstständig lebende Menschen ab 60 Jahren umgesetzt und evaluiert. Zum Programm gehören eine allgemeine Informationskampagne, die Bildung eines Arbeitskreises Sturzprävention sowie die Einrichtung einer Servicestelle Sturzprävention, um älteren Menschen eine persönliche und telefonische Beratung anzubieten. Außerdem wird ein populationsbasiertes Risikoscreening durchgeführt, das eine Früherkennung von Sturzrisiken ermöglicht und Empfehlungen zur Sturzvorbeugung enthält. Untersucht werden soll, ob durch das Programm die Anzahl von Stürzen reduziert und protektive Faktoren gefördert werden. Methoden: Die Prozessevaluation umfasst die Bewertung der entwickelten Informationsmaterialien und der Arbeit der Servicestelle sowie der Projektinitiative insgesamt. Dafür werden speziell entwickelte Fragebögen eingesetzt. Die Effektivität des Sturzrisikoscreenings wird in einem kontrollierten und randomisierten Studiendesign mit Prä-Post-Messung geprüft. Alle Bewohner eines Würzburger Stadtteils ab 60 Jahren werden per Zufall in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe eingeteilt. Die Interventionsgruppe erhält einen Monat nach der Prä-Messung das Sturzrisikoscreening zugesandt. Die Kontrollgruppe bekommt dieses Screening nicht. Outcome-Kriterien für den Vergleich zum Postmesszeitpunkt sind primäre und sekundäre sturzrelevante Parameter. Ergebnisse: Primäre Outcomes sind Sturzrate und sturzbedingte Verletzungen. Sekundäre Outcomes sind sturzbezogenes Wissen, individuelles Sturzrisiko, sturzbezogene Selbstwirksamkeit, körperliche Aktivität und Lebensqualität. Im Vortrag werden die Ergebnisse der Prä-Messung, die im Juni 2010 stattfindet, sowie der bisherigen Prozessevaluation vorgestellt. Interpretation: Präventionskonzepte in der Versorgung älterer Menschen erhalten zunehmend größere Bedeutung. Diese erfordern eine differenzierte empirische Prüfung. Die vorliegende Studie versucht, dazu einen Beitrag zu leisten.
“Moisture” and “Mobility”. Residents with a problems regarding friction and shear and poor nutritional status have 18,0 (14,8) pressure ulcer prevalence which is 3 to 4 times higher than average. Conclusion: CHAID analysis have shown that all items of the Braden scale are not equally important. For residents in long term care facilities in Germany, the existence of “Friction and shear” as a potential and especially as a manifest problem had the strongest association with pressure ulcer prevalence. 09:15 – 09:30 PS10-04 Influenza-Impfungen in Risikogruppen: Ein europäischer Vergleich A. Loerbroks, C. M. Stock1, D. Litaker2, C. Apfelbacher1; Mannheim, 1Heidelberg, 2Cleveland/USA Das Risiko Influenza assoziierter Komplikationen ist bei älteren und chronisch kranken Menschen erhöht. Daher wird eine Grippeschutzimpfung dieser Personengruppen empfohlen. Ziel der vorliegenden Studie war, in einer vergleichenden europäischen Perspektive zu untersuchen, inwieweit Risikopopulationen diese Impfung tatsächlich erhalten. Methoden: Daten zur Inanspruchnahme der Grippeschutzimpfung von 16.182 aus 11 europäischen Ländern stammenden Teilnehmern des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (2004/05) wurden verwendet. Für Länder und Risikopopulationen (Alter 65+, chronische Lungenerkrankung, kardiovaskuläre Erkrankung, Diabetes) wurden Impfprävalenzen und zugehörige 95% Konfidenzintervalle [KI] geschätzt. Mittels länder-stratifizierter multivariabler logistischer Regression wurden die Assoziationen zwischen Zugehörigkeit zu einer Risikopopulation und Impfstatus untersucht. Ergebnisse: Die Prävalenz von Grippeschutzimpfungen innerhalb der Risikopopulationen war am höchsten in den Niederlanden (z.B. 77% [95%KI:74%,80%] für das Alter 65+ und 75% [95%KI:68%,81%] für chronische Lungenerkrankungen) und am niedrigsten in Griechenland (26% [95%KI:23%,29%] und 19% [95%KI:11%,26%] innerhalb der entsprechenden Risikopopulationen). Große Länderunterschiede deuteten sich bezüglich der Zielgerichtetheit der Influenzaprävention an. Die adjustierte Wahrscheinlichkeit einer Grippeschutzimpfung für die Altersgruppe 65+ (versus <65) variierte von 2-fach erhöht (Österreich und Deutschland) bis zu 10-fach erhöht (Dänemark und Niederlande). Interpretation: Die Prävalenz von Grippeschutzimpfungen in Risikogruppen variiert beträchtlich zwischen europäischen Ländern. Viele Länder erreichen offensichtlich nicht die wünschenswerten Impf-Raten in Risikopopulationen.
09:00 – 09:15 PS10-03 Friction and shear as the key risk factor for pressure ulcers of residents in long term care – Classification Tree Analysis (CHAID) of Braden items N. Lahmann, Berlin
09:30 – 09:45 PS10-05 Ist eine orale Bikarbonattherapie bei chronisch metabolischer Azidose (cMA) und altersbedingter reduzierter glomerulärer Filtrationsrate (arGFR) sinnvoll? J. Kult, Bad Mergentheim
Objective: Among various risk assessment scales for the development of pressure ulcers in long term care residents that have published in the last three decades, the Braden scale is among the most tested and applied tools. The sum score of the scale implies that all 6 items are equally important. The aim of the study is to show whether or not specific items are more or less important than others and have therefore higher clinical relevance. Method: 17.666 residents (reponse rate 79,6%) in 234 long term care facilities participated in 6 annual point prevalence studies that were conducted from 2004 to 2009 throughout Germany. For the classification of the sample regarding pressure ulcer as a dependent variable and the Braden items as predictor variables, Chi-square Automatic Interaction Detector (CHAID) for modelling classification trees have been used. Results: Pressure ulcer prevalence was 5,4 % including pressure ulcer grade 1 and 3,4 % for pressure ulcer grade 2 – 4. CHAID analysis for the classification tree provided friction and shear as the most important predictor for pressure ulcer prevalence. On the second level the strongest predictors were “Nutrition” and “Activity” and on the third level it was
Fragestellung: Geriatrische Personen (>65 Jahre) zeigen durch Verlust von Nephronen häufig, trotz normalem Serumkreatinin (< 1,2 mg/dL), eine physiologische arGFR. Wie häufig liegt dadurch bedingt eine cMA (HCO3 < 22,0 mmol/L) vor und könnte eine orale Bikarbonatgabe eine Nephroprotektion im Sinne einer Verlangsamung der Abnahme der GFR und weitere positive Einflüsse auf den Metabolsmus erzielen? Methoden: Bestimmung der endogenen Kreatinin-Clearance sowie Blutgasanalysen bei allgemeinmedizinischen und freiwilligen Personen > 65 Jahre (n=318) sowie bei < 64,9 Jährigen (n=438) als Vergleichskollektiv. Analyse der retrospektiven Kohortenstudie (n=5.422) von SHAH et al. (Am.J.KidneyDis. 54:270-277, 2009) und der prospektiven randomisierten Interventionsstudie von De BRITO-ASHURST et al. (J.Am.Soc. Nephrol. 20:2070-2085, 2009). Ergebnisse: Die Abnahme der arGFR liegt im Mittel für > 65 Jährige bei 14,3 ml/min pro Dekade im Vergleich zu 8,8 ml/min bei < 64,9 Jährigen. Die Häufigkeit einer cMA (HCO3 < 22,0 mmol/L) beträgt 33,1 % gegenüber 13,4 %. Die kritische Analyse der zitierten Studien ergab: Eine cMA führt über alle eGFR-Bereiche (MDRD) in 3,4 Jahren zu einem um 54 % Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts erhöhtem relativen Risiko der beschleunigten Progression der eGFR-Reduktion. Die orale Gabe von ~1,8g Bikarbonat über 2 Jahre bei cMA senkt das Risiko einer Dialysepflichtigkeit bei einer chronischen Niereninsuffizienz um 87 % bei deutlich verbessertem Ernährungszustand. Interpretation: Wie die Analyse der Literatur dokumentiert, sollte die orale Alkalisierung mit Bikarbonat bei cMA,die bei > 65 Jährigen relativ häufig und oft ohne klinisch eindeutige Symptome auftritt, unabhängig, ob die Zeichen einer chronischen Niereninsuffizienz vorliegen, auch zur Nephroprotektion eingesetzt werden. Die orale Alkalisierung mit magensaftresistentem Bikarbonat wird nicht nur in vielfältiger Weise den Metabolismus verbessern sondern sie wird auch die Progression der altersbedingten GFR-Abnahme verlangsamen können. 09:45 – 10:00 PS10-06 Das INTERMED für ältere Menschen (IM-E) ein Instrument zur Erfassung von bio-psycho-sozialem Versorgungsbedarf S. Lechner, W. Herzog, D. Wesche, D. Niehoff, H. Brenner, H. Müller, E. Raum, B. Wild; Heidelberg Fragestellung: Die zunehmende Häufigkeit multipler Erkrankungen, die hohe Prävalenz psychischer Störungen sowie die vielen sozialen Herausforderungen älterer Menschen macht die Etablierung interdisziplinärer Versorgung notwendig. Das IM-E identifiziert in einem integrativen Ansatz die Personen mit einem komplexen Versorgungsaufwand, die u.a. ein hohes Risiko für ein schlechteres Outcome, z.B. niedrige Lebensqualität, haben. In diesem Vortrag wird das IM-E vorgestellt. Gruppen mit unterschiedlichem Versorgungsaufwand werden ermittelt und das Ausmaß von Wellbeing und Ressourcen betrachtet. Methoden: Das von Huyse et al. (1999) entwickelte INTERMED-Interview wurde im Rahmen der ESTHER-Studie an die Lebenssituation älterer Menschen sowie an den Kontext epidemiologischer Forschung angepasst. Vier inhaltliche Bereiche (biologisch-somatisch, psychologisch, sozial und Inanspruchnahme des Gesundheitswesens) werden auf drei Zeitachsen (Vergangenheit, aktueller Zustand, Prognose) erfasst. Mittels Clusteranalysen wird ein cut-off definiert, der Gruppen mit unterschiedlich komplexem Versorgungsbedarf identifiziert. Diese Gruppen werden anhand der Variablen „Wellbeing“ und „Ressourcen“ charakterisiert. Ergebnisse: Das IM-E ist im epidemiologischen Erhebungsrahmen sehr gut anwendbar. Es weist eine gute Interraterreliabilität auf (ICC (3,1) = .95). Der cut-off des IM-E für ältere Menschen wird im Rahmen der bisher vorhandenen Literatur zum cut-off in klinischen Populationen diskutiert. Korrelationen mit Ressourcen und Wellbeing werden betrachtet. Interpretation: Das IM-E ist ein reliables Instrument, das standardisiert in epidemiologischen Studien eingesetzt werden kann. Die besondere Bedeutung des Instruments liegt darin, dass es ältere Personen mit komplexem Versorgungsbedarf erkennt. In klinischen Kontexten kann es als Screeninginstrument zur Identifikation von Hoch-Risiko-Gruppen angewendet werden.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 1 10:30 – 12:00 ES04 Exzellenz-Symposium der Sektion II Geriatrische Versorgung in der Zukunft Moderation: M. Gogol, Coppenbrügge; R. Neubart, Berlin
Die demographische Entwicklung und die Begrenzung finanzieller Ressourcen des Gesundheits- und Sozialsystem lassen es dringlich erscheinen, die medizinische Versorgung älterer Menschen im Versorgungssystem in Deutschland fortzuentwickeln. Unzweifelbar ist es in den letzten 20, 30 Jahren gelungen, die akutmedizinische und (früh-)rehabilitative Versorgung zu bewährten Bestandteilen in der Versorgungsstruktur zu
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machen. Gleichfalls ist es gelungen, in den Fachgesellschaften und Ärztekammern Partner zu gewinnen, die den notwendigen Weg hin zu einer Repräsentanz des Faches im ärztlichen Fächerkanon mit unterstützen und vorantreiben. Nichtsdestotrotz ist der Weg noch weit, um Geriatrie als Fach in der Breite der klinischen Versorgung wie in der Forschung an den medizinischen Fakultäten und in der Ausbildung der Medizinstudenten zu verankern. Das Symposium behandelt diese strategischen Fragestellungen aus Sicht verschiedener Versorgungsstrukturen und im Kontext der multiprofessionellen Arbeitsweise geriatrischer Kliniken. 10:30 – 10:45 ES04-01 Inter- und Multidisziplinarität M. Gogol, Coppenbrügge Rehabilitationsklinik eine bewährte Behandlungsstruktur dar, die u.a. auf dem geriatrischen Assessment als grundlegendes Diagnostikinstrumentarium beruht. Interdisziplinarität umfasst den Kompetenzbereich des Faches Geriatrie als Querschnittsfach mit seiner vielfältigen Verzahnung in die verschiedenen Schwerpunkte der Inneren Medizin hinein wie auch die anderer Gebiete wie Neurologie, Psychiatrie und operative Fachgebiete. Es gibt heute kein Fachgebiet, dass nicht mit einem hohen Anteil älterer Menschen und deren besonderen Fragestellungen konfrontiert ist. Hier sind Lösungen im Kontext sowohl separierter wie integrierter Versorgungsstrukturen zu entwickeln. Sowohl die Geriatrie wie andere Gebiete – und letztlich die zu versorgenden Patienten – können von einem offenen Dialog nur profitieren. Ein offener Dialog verschiedener Gebiete kann aber insbesondere auch die Formulierung von Fragen zur klinischen und Versorgungsforschung voranbringen. 10:45 – 11:00 ES04-02 Klinische Geriatrie im zukünftigen Regelversorgungs-Krankenhaus R. Thiesemann, Remscheid Eine Geriatrische Klinik in der Regelversorgung muss sich neuen Heraus forderungen stellen: 1.Veränderungen der Komorbidiäten (mehr Diabetes, Nephrologie, Infektiologie, Onkologie, Demenz), 2. kürzere Verweildauern, 3. multi-ethnische Patientenkohorten, 4. sich veränderndes Geriatrisches Team, 5.Exzellenz-Ansprüche von innen und außen. Die Integration dieser Punkte kann nur in einer „Mannschaftsleistung“ erfolgreich abgewickelt werden. Powels und Mitarbeiter haben die Rückkehr zu den Wurzeln der geriatrischen Arbeit gefordert: Adäquates Assessment, akkurate Diagnostik, angemessene Behandlung, angemessene Nachsorge, den alten Patienten Bündnispartner und Fürsprecher sein, Verantwortungsbereitschaft zeigen. Das geriatrische Team ist im Umbruch: eingekaufte „Wandergeriater“, Fremd-Therapeuten, Abschmelzen der Anzahl von Neuropsychologen, fehlende Pflegepersonen und Assistenzärzte sind Indikatoren hierfür. Wenn Teamarbeit zukünftig erfolgreich bleiben soll, dann sollten die Erfahrungen anderer Teams, die „schnell-komplex-interdisziplinär” arbeiten, beachtet werden und alle Faktoren systematisch aufgebaut werden. 11:00 – 11:15 ES04-03 Geriatrie im universitären Umfeld C. C. Sieber, Nürnberg Der demographische Wandel ist Realität; in Deutschland besteht seit 1972 ein Sterbeüberschuss. Parallel dazu steigt pro Jahr die durchschnittliche Lebenserwartung – erfreulicherweise – um 3 Monate an. Ist die Geriatrie deshalb stark im universitären medizinischen Umfeld verankert? Schön und wichtig wäre es! Doch „klönen“ alleine hilft nichts. Es gibt auch Silberstreifen am Horizont: Geriatrische Inhalte sind nun obligatorisch innerhalb des Medizinstudiums zu vermitteln. Mehrere Bundesländer haben einen Schwerpunkttitel für Geriatrie und Neue werden folgen. Die Geriatrie ist auch seit 2009 ein fester Schwerpunkt der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Der Austausch mit den angrenzenden Ländern hat sich erfreulich verstärkt, effiziente „Transfektionen“
sind weiter zu wünschen. Fazit bleibt: Entwicklungen aus Deutschland heraus genügen nicht, es braucht europäisches „Insourcing“, um universitär mehr als zum Umfeld zu gehören. 11:15 – 11:30 ES04-04 Fort-, Weiter- und Ausbildung in der Geriatrie D. Lüttje, Osnabrück Fort-, Weiter- und Ausbildungen in der Geriatrie für alle im geriatrischen Team vertretenen Berufsgruppen werden aktuell deutlich über kurrikulare Fachweiterbildungen für das therapeutische Team verbessert. In vielen Bereichen sind jedoch noch Defizite bzw. erhebliche Strukturdifferenzen über Regionen und Bundesländer festzustellen. Da Fort-, Weiter- und Ausbildungen einen elementaren Bestandteil jeglicher qualitätsbezogener Arbeit darstellen, ist hier Verbesserungsbedarf zwingend. Es muss jedoch auch festgehalten werden, dass der Fortbildungsstand der meisten in der Geriatrie tätigen Therapeuten, Pflegekräfte und Ärzte insgesamt ausgesprochen hoch ist. Lediglich die strukturierte Zusammenführung zu einer zertifizierten Weiterbildung „Geriatrie“ muss das Ziel der Zukunft sein. Eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis im Sinne einer Verzahnung mit den Akademisierungsinitiativen verschiedener medizinischer und therapeutischer Berufe wird angestrebt. 11:30 – 11:45 ES04-05 Rehabilitative Geriatrie N.-R. Siegel, Neuburg a. d. Donau Geriatrische Rehabilitation ist heute eine bewährte Versorgungsform subakuter und postprimärer Behandlung multimorbider älterer Menschen. Die Herausforderungen der Zukunft liegen u.a. in der Entwicklung neuer Therapieverfahren zur Anpassung und Etablierung spezifischer Fachkompetenzen anderer Fachrichtungen. So werden die Therapien bei kardiologisch-, pneumologisch- oder onkologisch-geriatrischer Rehabilitation eine zunehmende Bedeutung erfahren. Eine Herausforderung ist die Entwicklung flächendeckender ambulanter Versorgungsstrukturen, die primär- und sekundärpräventive Strategien beinhalten. Es ist notwendig, definierte akutstationäre und frührehabilitative Inhalte vertraglich und inhaltlich zu integrieren um durchgehende Behandlungs- und Versorgungskonzepte realisieren zu können. Der organi sierten Kooperation mit akutgeriatrischen Einrichtungen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Eine weitere Aufgabe stellt die Entwicklung und Implementierung von Modulen dar, welche die Patienten und Angehörige in die Lage versetzen, Behandlungsteile in Selbstverantwortung im häuslichen Alltag realisieren zu können. 11:45 – 12:00 ES04-06 Universitäre Ausbildung von Medizinstudenten R.-J. Schulz, Köln Die Reformierung der Ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO) aus dem Jahr 2002 hat wichtige Impulse für die Qualität der medizinischen Ausbildung gesetzt, indem sie neben einer engeren Verknüpfung vorklinischer und klinischer Inhalte auch eine stärkere Patientenorientierung verlangt. Zudem stellt sie sich durch die Aufnahme des Bereiches „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ als siebenter von zwölf neuen Querschnittsbereichen der demographischen und epidemiologischen Entwicklung mit dem Ziel, die fakultative Lehre dieses zukunftsträchtigen Fachgebietes auf eine bundesweit obligate Basis zu stellen. Doch leider fehlt der Lehre in diesem Bereich bis heute eine einheitliche Grundstruktur zur Entwicklung eines effizienten Curriculums. Gegenwärtig wird ein entsprechender Entwurf erarbeitet, welcher das Ziel hat, eine patientennahe, klinikrelevante Ausbildung zu vermitteln, die jeden angehenden Jungmediziner mit einer profunden geriatrischen Basiskompetenz in sein Berufsleben eintreten lässt.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 2 10:30 – 12:00 S32 Symposium der Sektion III/IV Mehrfach erkrankt, dennoch mobil im Alter?! Befunde und mögliche Interventionen Moderation: J. Heusinger, Berlin
Mobilität ist bis ins höchste Alter eine der zentralen Voraussetzung für aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Im Symposium stellen Vertreterinnen von vier Forschungsprojekten ihr Konzept von Mobilität bis ins gebrechliche Alter und verschiedene Ansätze zur Mobilitätsförderung vor. In der gemeinsamen Diskussion aller Beiträge werden folgende Fragen erörtert: – Wie wird die Bedeutung von Mobilität in den verschiedenen Beiträgen konstruiert? Ergänzen oder widersprechen sich die Ansätze bzw. die Befunde? – Welche Bedeutung kommt motivationalen, soziostrukturellen, biografischen und technischen Faktoren für die Mobilitätsförderung im Alter zu? – Was lässt sich vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Befunde aus den vier Beiträgen sagen über das anzustrebende Verhältnis von Aktivitäten, die durch Technik das Verlassen der Wohnung immer weniger nötig machen bzw. die das Verlassen der Wohnung trotz Einschränkungen ermöglichen? – Welche Anforderungen an die Mobilitätsförderung der Zukunft lassen sich – auch unter Berücksichtigung der Verschiedenheit des Alters – formulieren? 10:30 – 10:45 S32-01 Mobilität als Dreh- und Angelpunkt selbstbestimmter Alltagsgestaltung im gebrechlichen Alter sozial benachteiligter Menschen. Ergebnisse quartiersbezogener qualitativer Fallstudien J. Heusinger, K. Kammerer, S. Kümpers, K. Falk; Berlin Fragestellung: Multimorbidität und Pflegebedarf gehen mit der Abhängigkeit von der Hilfe anderer einher und gefährden Selbstbestimmungschancen. Im Forschungsprojekt Neighbourhood (gefördert vom BMBF 2008-2010 FKZ 01ET0706) werden autonomieerhaltende Strategien hilfebedürftiger, im Privathaushalt lebender Menschen untersucht. Zentrale These ist, dass für die Selbstbestimmungschancen sowohl die individuell als auch die im Sozialraum zur Verfügung stehenden Ressourcen entscheidend sind. Methoden: In drei als sozial benachteiligt geltenden Quartieren wurden jeweils rund 20 leitfadengestützte Interviews mit alten Pflegebedürftigen und 20 professionellen Akteuren aus Pflege, offener Altenhilfe und kommunaler Verwaltung geführt und ausgewertet. Ergebnisse: Für die befragten Pflegebedürftigen ist die Aufrechterhaltung der (außerhäuslichen) Mobilität entscheidend für Selbstbestimmung im Alltag. Dafür setzen sie Ressourcen aller Art ein. Kontinuierliches Training und die bewusste Inkaufnahme teils erheblicher Sturzrisiken gehören ebenso zu den identifizierten Strategien. Sozialräumliche Angebote wie Mittagstische motivieren zum Verlassen des Hauses. Anbieter der offenen Altenhilfe sehen sich i. d. R. nicht in der Verantwortung, Mobilitätseingeschränkten die (fortgesetzte) Teilnahme zu ermöglichen. Interpretation: Mobilitätsförderung und die Ermöglichung sozialer Teilhabe bei Pflegebedürftigkeit als Aufgabeprofessioneller Pflege kollidieren mit gegebenen Rahmenbedingungen. Fehlende professionelle Vernetzung und mangelnde Zielgruppenorientierung behindern die Bündelung von Ressourcen und den Zugang zu Mobilitätshilfen und Angeboten. Insgesamt fehlt es an Konzepten zum Erhalt und zur Förderung der außerhäuslichen Mobilität älterer Menschen, die sozialräumliche und individuell verfügbare Ressourcen integrieren und Betroffene dadurch in ihren Wünschen nach Selbstbestimmung im Alltag und beim Zugang zu weiteren Hilfen unterstützen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts 10:45 – 11:00 S32-02 Die Entwicklung der Mobilität alter multimorbider Menschen im klinisch-geriatrischen Setting. Theoretische Konzeption und empirische Ergebnisse R. Brunnett, S. Strupeit, M. Hasseler, C. Deneke; Hamburg
sowohl personale als auch soziale Ressourcen zu fördern, da sowohl ein Mangel an sozialer Unterstützung durch Freunde als auch ein Mangel an Selbstwirksamkeit sich negativ auf die Häufigkeit sportlicher Aktivität auswirken kann.
Fragestellung: Mobilität ist eine relevante Voraussetzung für den Erhalt von Selbständigkeit und Lebensqualität im Alter und ein zentrales Bedürfnis alter Menschen. Die Förderung von Mobilität ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um Lebensqualität zu steigern und weitere Einschränkungen zu verhindern. Es stellt sich dabei die Frage nach geeigneten Maßnahmen. Das Projekt „Mobilitätsförderung durch Pflegesprechstunden“ wird als LUCAS Teilprojekt 7 unter der Projektnummer 01ET0712 vom BMBF gefördert. Methoden: Es wurde ein theoretisches Konzept von Mobilität und eine darauf basierende ressourcenorientierte Intervention entwickelt, die auf die Durchführung durch Pflegefachkräfte zugeschnitten ist. Darüber hinaus wurden eine Längsschnittstudie in einem nicht-äquivalenten Kontrollgruppendesign (Pre-/Post-Test) sowie qualitative Interviews durchgeführt. Ergebnisse: Die unter Bezug auf das erweiterte Konzept von Mobilität durchgeführten qualitativen Interviews belegen, dass der Umgang mit Mobilitätseinschränkungen durch biografische Ereignisse und sozialstrukturelle Bedingungen geprägt ist. Die quantitative Analyse von Daten der Kontrollgruppe aus der Längsschnittuntersuchung über die Entwicklung von Mobilitätsparametern zu 3 Messzeitenpunkten (während des stationären Aufenthalts sowie 6-7 Monate nach Entlassung) weist auf Einbrüche in der Mobilität und gesundheitsbezogenen Lebensqualität nach der Entlassung hin. Interpretation: Die bedarfs- und bedürfnisgerechte Förderung der Mobilität alter Menschen wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. Dies erfordert es Angebote zur Mobilitätsförderung zu entwickeln, die zum einen individuelle Wünsche, sozial-strukturelle Bedingungen und biografische Ereignisse berücksichtigen. Zum anderen gilt es Überlegungen zu entwickeln, wie dieser Zugang in verschiedenen Settings umgesetzt werden kann.
11:15 – 11:30 S32-04 Konzepte, Technologien und Lösungen für unterstützende Wohnumgebungen B. Wilkes, Wildau
11:00 – 11:15 S32-03 Soziale Unterstützung und Selbstwirksamkeit: Nur die Kombination aus personalen und sozialen Ressourcen führt zu mehr sportlicher Aktivität L. M. Warner, J. P. Ziegelmann, B. Schüz, S. Wurm, R. Schwarzer; Berlin Fragestellung: Sportliche Aktivität wirkt nachweislich präventiv und kurativ auf physisches und psychisches Wohlergehen, selbst bei Menschen mit Mehrfacherkrankungen. Dennoch treiben ältere, mehrfach erkrankte Menschen deutlich seltener Sport als empfohlen. Zwei Ressourcen, die zur Förderung sportlicher Aktivität beitragen können, sind soziale Unterstützung und Selbstwirksamkeit, deren Zusammenspiel im Projekt PREFER (gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung) untersucht wurde. Methoden: In einer Längsschnittstudie mit N = 309 mehrfach erkrankten Personen (Alter 65-85) wurden zu drei Messzeitpunkten im Abstand von jeweils drei Monaten sportbezogene soziale Unterstützung durch Freunde, sportbezogene Selbstwirksamkeit, Häufigkeit sportlicher Aktivität, Alter, Geschlecht und körperliche Funktionsfähigkeit erfasst. Ergebnisse: In multiple Regressionsanalysen (statistisch kontrolliert für Alter, Geschlecht, Sporthäufigkeit T1 und körperliche Funktionsfähigkeit) zeigten sich Haupteffekte sozialer Unterstützung (B=.38, p<.001) und Selbstwirksamkeit (B=.65, p<.001) auf die Häufigkeit von Sport T3. Zudem ergab sich eine Interaktion (B=.43, p<.01) dahingehend, dass nur beide Ressourcen zusammen die Häufigkeit von sportlicher Aktivität erhöhten. Ältere mit wenig Selbstwirksamkeit waren trotz sozialer Unterstützung inaktiv und Ältere mit wenig Unterstützung waren trotz Selbstwirksamkeit inaktiv. Interpretation: In Interventionen, die regelmäßige sportliche Aktivität älterer, mehrfach erkrankter Menschen zum Ziel haben, ist es wichtig,
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Fragestellung: Vernetztes und unterstütztes Wohnen ist kein Thema, das ausschließlich im hochpreisigen Segment angesiedelt ist, sondern es kann eine Verbesserung der Wohnsituation in Punkto Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz für alle Wohnungstypen erreichen. Hinsichtlich der abzusehenden demografischen Entwicklung ist eine technische Unterstützung zur Erhöhung der Mobilität innerhalb und außerhalb der Wohnung eine Notwendigkeit für künftige Wohnumgebungen. Auch die Wohnungswirtschaft spricht mittlerweile von der Wohnung als „drittem Gesundheitsstandort“. Die Technische Hochschule Wildau (FH) arbeitet sei mehreren Jahren an Konzepten, Technologien und Lösungen für unterstützende Wohnumgebungen. Dabei sollen sowohl die Bewohner selbst als auch Pflegekräfte oder die Familie einer älteren oder pflegebedürftigen Person von der Wohnumgebung unterstützt werden. Methoden: Im ersten Schritt wurden dazu normale Wohnungen, zum Teil Plattenbau, so mit technischen Hilfsmitteln ausgestattet, dass für jeden Besucher einer solchen Musterwohnung ein nachvollziehbarer Mehrwert entsteht. Es wurde bewusst darauf verzichtet, High-TechKomponenten in die Wohnung einzubauen und Lösungen zu zeigen, die besonders komplexe Entwicklungen repräsentieren. Dabei wurden die technischen Komponenten so gewählt, dass sie in kürzester Zeit in jeder Bestandswohnung nachgerüstet werden können. Ergebnisse: In der neusten Musterwohnung werden außer baulichen und technischen Hilfsmitteln innerhalb der Wohnung auch innovative und sichere Zugangs- und Informationssysteme für Pflegedienstleister oder Familienmitglieder eingesetzt. Weiterhin werden technologiegestützte Dienste angeboten, die in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen helfen, weiterhin ihren Alltag selbständig und selbstbestimmt zu meistern. Interpretation: Technische Lösungen im Bereich Ambient Assisted Living sind heute einsatzfähig sowie bezahlbar und können eine erhebliche Unterstützung im täglichen Leben leisten.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 3 10:30 – 12:00 S33 Symposium der Sektion III Unterstützung für Angehörige von Menschen mit Demenz: Wirkung und Nutzen aus unterschiedlichen Perspektiven Moderation: S. Oppikofer, Zürich
Viele pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz gehen im Bemühen, bestmögliche Pflegerinnen zu sein, bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten, oftmals sogar weit darüber hinaus. Um den damit verbundenen physischen und psychischen Belastungen entgegentreten zu können, stehen heute eine Vielzahl von Entlastungsmöglichekeiten zur Verfügung. Was wird davon jedoch genutzt und was ist überhaupt erwünscht? Welche Umstände erleichtern oder erschweren die Nutzung dieser Dienste? Das Symposium geht diesen Fragen nach und versucht, mittels vier aktuellen Forschungsprojekten Antworten aufzuzeigen.
10:30 – 10:45 S33-01 Freiwillige Helfer zur Entlastung pflegender Angehöriger: Wer hilft und wem hilft es? G. Stoppe, L. Maeck, G. Stiens1; Basel/CH, 1Bonn Fragestellung: Die stundenweise Entlastung von Angehörigen von Demenzkranken durch Feiwillige findet zunehmend Verbreitung. Methoden: In einem eigenen Projekt haben wir sowohl die Laienhelfer als auch die zu entlastenden Angehörigen und die Demenzkranken untersucht. Dabei konnten mit einer einmaligen Bewerbung 180 Personen interessiert werden, von denen 64 an einer 40-stündigen Schulung teilnahmen. Ergebnisse: Diese wurde mehrheitlich als angemessen erlebt. Die Motivation bestand im Wesentlichen darin, im sozialen Bereich und besonders mit alten Menschen tätig zu sein, häufig aufgrund eigener (familiärer) Pflegeerfahrung. Zu 92% waren es Frauen im mittleren Alter von 50 Jahren. Nach den ersten Erfahrungen nutzten vor allen Dingen Familien, die eher leicht belastet waren – somit solche, die sich wohl auch sonst leichter tun, Hilfe für sich zu holen – das Unterstützungsangebot für ihre eher mässig bis schwer dementen Angehörigen. Die freiwilligen Helfer erlebten keine Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes, wurden jedoch bezüglich ihres Altersbildes kritischer. Nach zwei Jahren war etwa ein Drittel der Freiwilligen aus verschiedenen Gründen nicht mehr aktiv. Interpretation: Diese Ergebnisse korrespondieren gut mit den wenigen anderen Untersuchungen in diesem Feld im deutschsprachigen Raum. 10:45 – 11:00 S33-02 Entlastungsangebote, Belastung und Lebensqualität: Resultate aus dem partizipativen Forschungsprojekt „Runder Tisch Science et Cité um Thema Demenz“ S. Forstmeier, C. Moor, M. Martin; Zürich/CH, Methoden: In einem partizipativem Projekt plante und begleitete eine Gruppe von Angehörigen Demenzkranker, professionellen Beratungspersonen sowie Wissenschaftlern eine Studie zur häuslichen Pflege Demenzkranker. Ergebnisse: Ergebnisse zur Lebensqualität der Angehörigen, zu Einflussfaktoren auf die Lebensqualität, zum Helfernetzwerk und den gesundheitlichen Folgen beim Angehörigen werden dargestellt und diskutiert. 11:00 – 11:15 S33-03 Evaluation Tag/Nacht-Station Sonnweid: Wie wird nach Entlastungsangeboten gesucht, wie werden sie genutzt oder was hält Angehörige davon ab, diese zu nutzen? S. Oppikofer, Zürich/CH Fragestellung: Die Tag/Nacht-Station der Sonnweid bietet kurzfristige Aufnahmen bei Notsituationen zu Hause und regelmässige Aufenthalte bis zu 84 Stunden pro Woche an inkl. Ferienaufenthalte. Die Tag/Nacht-Station wurde durch das ZfG im Hinblick auf seine Bedeutung für die Betroffenen, die Angehörigen, die Mitarbeitenden und Bewohnenden und für die vorstationäre Betreuung von Menschen mit Demenz evaluiert. Methoden: Die Analyse bestand aus einer Bestandesaufnahme und Bewertung der IST-Situation mittels Interviews, Dokumentenanalyse und Beobachtungsverfahren. Ergebnisse: Resultate zeigen auf, dass auf verschiedene Arten nach Entlastungsdiensten gesucht wird und Gründe der Nutzung in einer generellen Überforderung und Aufforderung der Kinder liegen. Finanzielle Belastung und Schuldgefühle halten davon ab, Entlastung zu nutzen.
11:15 – 11:30 S33-04 Welche Unterstützungswünsche haben pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz? Ergebnisse aus der deutschen Teilstudie des EU-Projektes EUROFAMCARE D. Lüdecke, H. Döhner; Hamburg Fragestellung: In welcher Weise unterscheidet sich die Inanspruchnahme von und Wünsche an Unterstützungsleistungen durch pflegende Angehörige in Abhängigkeit von dem Schweregrad kognitiver Beeinträchtigungen der Pflegebedürftigen bezogen auf den Zusammenhang mit dem Grad der Pflegebedürftigkeit, gemessen anhand der Pflegestufen, und bei den in Anspruch genommenen Leistungen? Methoden: Hierfür werden die Daten der deutschen Teilstudie der Sechs-Länder-Vergleichsstudie zur Situation pflegender Angehöriger analysiert. Die Ergebnisse basieren auf Interviews mit 1003 Angehörigen. Verglichen werden drei Gruppen: Pflegebedürftige mit ärztlich diagnostizierter Demenz (n=320); Pflegebedürftige mit anderen kognitiven Einschränkungen (z.B. bedingt durch Schlaganfall) / auffälligem Verhalten (n=273); sowie Pflegebedürftige ohne kognitive Einschränkungen / Verhaltensauffälligkeiten (n=406). Ergebnisse: Die Gruppe der Pflegebedürftigen mit ärztlich diagnostizierter Demenz weist den höchsten Grad an funktionalen Einschränkungen auf und ist damit auch am häufigsten in höhere Pflegestufen eingruppiert. Die Inanspruchnahme von Entlastungs- und Unterstützungsangeboten ist für Pflegende insgesamt zwar gering, innerhalb der o.g. Gruppe jedoch deutlich höher als bei den Vergleichsgruppen. Interpretation: Die Inanspruchnahme informeller Hilfen ist in allen drei Vergleichsgruppen ähnlich. Ganz anders jedoch ist der Bedarf an professionellen Hilfen. Dies lässt darauf schließen, dass die Schwierigkeiten im Umgang mit demenziell Erkrankten weniger durch Unterstützung aus informellen Netzwerken bewältigt werden (können), sondern professionelles Handeln erfordern. Dies dürfte sich auch auf die Ausgestaltung von Pflegearrangements auswirken und zu unterschiedlichen Ansprüchen an formelle Dienste führen.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 6 10:30 – 12:00 S34 Symposium der Sektionen III/IV Hoffnung im Alter leibhaftig erfahren Moderation: S. A. Heitlinger, Bern
Anwendungsbezogen und auf exemplarische Weise widmet sich das Symposium der leitenden Fragestellung: Was ist zu tun, damit Hoffnung als wesentliche Gestaltungskraft wahrgenommen wird? Hierzu stellt die transdisziplinäre Arbeitsgruppe der SGG-SSG vertiefende Fragen nach jenen Werten, denen im Altern individuell und gesellschaftlich eine besondere Gewichtung zuzuordnen ist, so auch: Wie kann es uns gelingen, das Älterwerden bis hin zur Gebrechlichkeit anzunehmen und dabei immer wieder neu Ressourcen zu entdecken und zu nutzen? Es ist ein grosses Anliegen der Arbeitsgruppe Ethik und Spiritualität die Diskussion anzuregen, inwieweit Hoffnung im Zusammenwirken der Betroffenen, der Begleitenden und der einbezogenen Institutionen jene Kräfte stärkt, die auch eingeschränkte Lebensmöglichkeiten als wertvoll, glücklich und beziehungshaft erfahren lässt. Aus diversen Blickwinkeln wird beleuchtet wie der physischen, mentalen, emotionalen und spirituellen Dimension eines Menschen Bedeutung beigemessen werden kann und warum diese Dimensionen in ihrer Verknüpfung für die gerontologische Forschung und Praxis relevant sind.
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Abstracts 10:30 – 10:45 S34-01 Gestaltungsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft und Hoffnungsperspektiven in der seelsorgerlichen Begegnung R. Zimmermann, Bern/CH 10:45 – 11:00 S34-02 Wertegeleitete Pflege und Betreuung in der Institution – Beispiel eines betrieblichen Prozesses S. A. Heitlinger, Bern/CH 11:00 – 11:15 S34-03 Bewusstes Wahrnehmen des Alterns als leibliche Erfahrungen und Entdecken neuer Ressourcen S. Blum-Lehmann, Schaffhausen 11:15 – 11:30 S34-04 Kreativer Umgang mit körperlichem Abbau und dementieller Erkrankung in der Familie – eine Vision M. Gerber, Bern/CH 11:30 – 11:45 S34-05 Vielschichtiges Abschiednehmen und von Hoffnung gestärktes Neubeginnen, auch im Hinblick auf die Endlichkeit des Lebens H. Holenstein, Bern/CH
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 1 10:30 – 12:00 S35 Symposium der Sektion IV Qualitätsentwicklung und -steuerung in der Langzeitpflege durch das Resident Assessment Instrument (RAI) in Deutschland und der Schweiz Moderation: C. Becker, Halle (Saale); M. Zimmermann, Bremen
Die Schweiz blickt auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung in der Anwendung des Resident Assessment Instruments in Pflegeeinrichtungen zurück. Mehr als 400 stationäre Pflegeeinrichtungen arbeiten in der Schweiz in der Regelversorgung mit diesem Instrument und nutzen es gleichermaßen als Instrument zur Finanzierung von Pflegeleistungen (Pflegeaufwandgruppen/RUGs), zur Qualitätssteuerung und –entwicklung (Qualitätsindikatoren) sowie als Basis für die Gestaltung von Pflegeprozessen (Minimum Data Set (MDS)/Abklärungshilfen). Die Anwendung des RAI erfolgt in Deutschland nur vereinzelt und/oder in zeitlich begrenzten Projekten (z.B. Berliner Projekt, Modellprojekt Pflegebudget). Das Instrument wird in Deutschland aufgrund seiner vermeintlich anspruchsvollen Handhabung häufig aus der Diskussion ausgeschlossen, obwohl der Einfluss auf eine verbesserte Versorgungsqualität von Pflegebedürftigen international nachgewiesen ist. Seit 2007 wird das Resident Assessment Instrument in der ambulanten und stationären Langzeitpflege in Deutschland in Bezug auf die Wirksamkeit des Assessments zur Verbesserung der Pflegequalität in zwei randomisiert-kontrollierten Studien untersucht. Beide Forschungsprojekte werden durch das BMBF im Rahmen der Pflegeforschungsverbünde Mitte-Süd und Nord gefördert. Das Symposium schafft den Rahmen erste Ergebnisse dieser beiden Forschungsprojekte vor dem Hintergrund der Schweizer Erfahrungen zu diskutieren, sowie die förderlichen und hemmenden Faktoren im Implementierungsprozess des RAI in Deutschland aufzuzeigen. Hierbei kann dargestellt werden, dass eine Anwendung des RAI in der deutschen Pflegepraxis nach der Entwicklung und Übernahme von schweizerischem und internationalem Know-how möglich ist, dass es aber auch entsprechender Rahmenbedingungen bedarf.
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10:30 – 10:45 S35-01 Die RAI-Anwendung in den Alters- und Pflegeheimen der Schweiz M. Anliker, Baar/CH Fragestellung: Wie funktioniert es? Warum funktioniert es? Welches sind die kritischen Punkte der Anwendung? Welches sind die Resultate auf der Qualitätsebene? Methoden: Seit zwölf Jahren etabliert sich das RAI-System in den Altersund Pflegeheimen in der Schweiz. Mit standardisierten professionellen Unterlagen, von Fachleuten geleiteten Schulungen und einer multifunktionalen EDV wird für eine Mehrfachnutzung eine standardisierte Datenbasis geschaffen. Paritätische RAI-Audits reflektieren den Heimen die Prozessqualität zur RAI-Anwendungsqualität. Die regelmässigen Kalkulationen der internationalen RAI-Qualitätsindikatoren erlauben einen Blick in die Ergebnisqualität im Quervergleich, Zeitvergleich und Normvergleich. Die Anwendungspraxis hat zur Entwicklung von neuen für die Schweiz angepassten RAI-Qualitätsindikatoren geführt. Ergebnisse: Aus den RAI-Audits ergeben sich Hinweise zu wichtigen Punkten in der Einführung und Anwendung. In der erfolgreichen Anwendung wird das interdisziplinäre Team, auch das Hilfspersonal, integriert. Die Integration der Ärztinnen und Ärzte in die Prozesse ist anspruchsvoll. Aus der Kalkulation der RAI-Qualitätsindikatoren liegen Fakten zu wichtigen Themen der Qualität, wie Schmerzmanagement und Medikamentenmanagement in der stationären Langzeitpflege vor. Interpretation: Ein standardisiertes geriatrisches Assessment, das zur Beobachtung, Reflektion und interdisziplinären Zusammenarbeit anregt, trägt dazu bei, die Prozesse der Langzeitpflege zu entwickeln. Eine Diskussion über die Qualität kann nur gestützt auf valide und reliable Daten wirksam geführt werden. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren ist ein anspruchsvoller Prozess, der über das Vergleichen von Kennzahlen hinausgehen muss. 10:45 – 11:00 S35-02 Auswirkungen des Resident Assessment Instrument Home Care (RAI-HC) auf die ambulante Pflege in Deutschland G. Roth, C. Stolle1, A. Damkröger1, H. Rothgang1; München, 1Bremen Fragestellung: Führt die Umsetzung des Resident Assessement Instrument (RAI) zu einer Stabilisierung von körperlichen Fähigkeiten? Sind darüber hinaus Effekte bezüglich kognitiver Fähigkeiten und der Lebensqualität erkennbar? Methoden: Erstmals in Deutschland erfolgte eine Erprobung und Bewertung des RAI in der ambulanten Pflege hinsichtlich der Effektivität und Effizienz in einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie. 68 ambulante Pflegedienste wurden bundesweit in das Forschungsprojekt einbezogen, davon 36 Pflegedienste in der Interventions- und 32 Pflegedienste in der Kontrollgruppe. Insgesamt konnten 821 Pflegebedürftige über eine Zeit von 13 Monaten beobachtet werden und primär auf Entwicklungen hinsichtlich der funktionalen Fähigkeiten, gemessen mittels ADLs und IADLs untersucht werden. Des Weiteren erfolgt eine Analyse von potenziellen Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten und der Lebensqualität (EQ5D und MMST). Ergebnisse: Die Datenerhebung wurde im Februar abgeschlossen, die Auswertung erfolgt in den Monaten März-Mai und soll auf dem Kongress vorgestellt werden. Die Ergebnisse der Studie werden zeigen, inwieweit die international sehr positiv beschriebenen Effekte des RAI auch in der ambulanten Pflege in Deutschland zu einer Optimierung der Zustände von Pflegebedürftigen führen können. Interpretation: Entsprechend der vorgestellten Ergebnisse wird diskutiert, welche Faktoren eine RAI-Implementierung begünstigen oder behinderten. So kann herausgearbeitet werden, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssen, um den Ressourceneinsatz optimal gestalten und RAI effektiv einsetzen zu können.
11:00 – 11:15 S35-03 Reflexion der Implementierungsprozesse des RAI in der Langzeitpflege in Deutschland – Eine Analyse des Implementierungsprozesses, der Barrieren und der Bewältigungsstrategien aus Anwenderperspektive M. Hoben, M. Mayeres1, C. Neumeyer2, G. Zimmermann3, C. Stolle4, G. Roth5, H. Rothgang4, C. Becker; Halle (Saale), 1Velbert, 2Kassel, 3Dresden, 4Bremen, 5 München Fragestellung: In zwei Interventionsstudien wurde das RAI im stationären und ambulanten Altenpflegebereich eingeführt, um dessen Potenzial zur Verbesserung der Pflegequalität zu untersuchen. Wie Pflegende und Leitende diese Prozesse erleben, war Gegenstand ergänzender Untersuchungen. Ziel war, auf Basis der von den Akteuren berichteten Barrieren und Lösungswege sowie der Erfahrungen der Forschenden abzuleiten, unter welchen Bedingungen die RAI-Anwendung in Deutschland sinnvoll und umsetzbar ist. Methoden: Es existieren nur wenige Untersuchungen (überwiegend standardisiert) zur Sicht der Akteure. Die selten darin enthaltenen offenen Items, und die Erfahrungen der Forschenden weisen auf ein durch offene Befragungen erschließbares Erkenntnispotenzial hin. Eine Fragebogenerhebung, problemzentrierte telefonische sowie persönliche Interviews mit Pflegenden und Gruppengespräche mit den Leitenden waren methodische Grundlage. Die Auswertung erfolge mittels inhaltlicher Strukturierung sowie in Anlehnung an die Grounded Theory (Leitende und Bezug der Ergebnisse aufeinander). Ergebnisse: Die Akteure wogen Vor- und Nachteile des RAI sowie förderliche und hinderliche Faktoren differenziert ab und schilderten viele erfolgreiche Bewältigungsstrategien, aber auch Probleme und Misserfolge. Kritische Bewertungen betrafen weniger das Instrument als vielmehr die Rahmenbedingungen der Anwendung. Diese zu beeinflussen obliegt den Leitenden, die dabei an Grenzen stoßen. Interpretation: Um das Qualitätsverbesserungspotenzial, das das RAI nachweislich beinhaltet, auszuschöpfen, ist die Sicherstellung der erforderlichen Rahmenbedingungen und Ressourcen unerlässlich. Eine offene Kommunikation der Grenzen des Instruments und der zu erwartenden Herausforderungen erhöht die Akzeptanz der Akteure und hilft, die Anforderungen besser zu bewältigen. 11:15 – 11:30 S35-04 Effekte des Resident Assessment Instruments (RAI-NH) auf die Qualität der stationären Langzeitpflege in Deutschland C. Becker, M. Hoben, Y. Selinger, K. Targan, M. Zimmermann1, J. Behrens; Halle (Saale), 1Bremen Fragestellung: Das Projekt mit Förderung durch das BMBF soll die Frage beantworten, ob sich durch die Implementierung und Anwendung des RAI in deutschen Pflegeheimen die Pflegequalität nachweislich erhöhen lässt. Methoden: In einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie wurde in 10 von 19 Pflegeheimen das RAI implementiert. In die Studie eingeschlossen wurden 1.176 Bewohner, die in einem Zeitraum von 2 Jahren über 12 Monate beobachtet wurden. Der Interventionseffekt wird auf Bewohnerebene anhand der Hauptzielgröße Physische Funktionalität anhand des RAI-ADL-Scores gemessen. Als Nebenzielgrößen werden die Qualitätsindikatoren des RAI, Fallkosten und Übergänge (höhere Pflegestufe, stationäre Akutbehandlung) betrachtet. Ergebnisse: Vor dem Hintergrund der international beschriebenen Effekte des RAI auf die Entwicklung von Pflegequalität lassen die ersten Ergebnisse dieser Untersuchung diesen Schluss nicht eindeutig zu. Auch die dem RAI zugeschriebene Qualitätsentwicklung durch Unterstützung des prozeßhaften Denkens bei Pflegenden konnte nur z.T. beobachtet werden. Hierfür sind unterschiedliche Ursachen zu benennen, die nicht nur dem Instrument zu zuschreiben sind. Interpretation: Eine Anwendung des RAI in der deutschen Pflegepraxis ist möglich. Hierzu ist die Übernahme von internationalem Know-how und dessen Weiterentwicklung unerlässlich. Vor allem bedarf es in der
Bewertung von Effektivität, Umsetzbarkeit und Angemessenheit des Instrumentes eines kritischen Blicks auf die Rahmenbedingungen der Langzeitpflege in Deutschland, die maßgeblich die vorliegenden Ergebnisse bestimmen. 11:30 – 11:45 S35-05 Die RAI-Anwendung in der Pflege und Hilfe zu Hause (Spitex) in der Schweiz M. Mylaeus-Renggli, Bern/CH Fragestellung: Welche Faktoren fördern, welche hindern die Einführung von RAI-Home Care? Welche Probleme ergeben sich bei der Anwendung? Welches sind die ersten Resultate auf der Qualitätsebene? Methoden: RAI-HC wird von knapp der Hälfte aller Spitex-Organisationen der Schweiz als Abklärungsinstrument benutzt. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren auf den Daten von RAI-HC wird vorangetrieben und mit Pilotorganisationen getestet. Zur Verbesserung werden folgende Methoden eingesetzt: regelmässige Umfragen bei den Kantonalverbänden, jährliche Update-Tagung für die RAI-HC Schulungsanbieten den,Regelmässige Treffen mit den EDV-Anbietenden, Workshops mit Pilotorganisationen zur Entwicklung und Einführung von Qualitätsindikatoren Ergebnisse: Wichtige Argumente für RAI-HC sind die Qualität der Abklärung und eine gute Datenbasis als Dokumentation. Ob das Instrument bei den Krankenversicherern Anerkennung findet, verliert zunehmend an Bedeutung. Die Einführung von RAI-HC wird beeinflusst von der Projektführung, der Unterstützung durch übergeordnete Organe und dem Stand der Technologie. Probleme ergeben sich in Bezug auf den Qualitätsanspruch und der Häufigkeit der Anwendung. Die Qualitätsindikatoren erfordern Wissen, das in den Spitex-Organisationen nicht vorhanden ist. Interpretation: Die Einführung von RAI-HC ist ein bedeutender Prozess für die Organisation. Einführung und Anwendung können für kleine Organisationen eine Herausforderung sein. Mit einer übergeordneten Koordination können Einführung und Anwendung erfolgreich unterstützt werden. Die RAI-Qualitätsindikatoren sind mehr als Kennzahlen. Die Arbeit mit diesen Zahlen führt zu anspruchsvollen Diskussionen was Qualität in der Pflege zu Hause bedeutet.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 2 10:30 – 12:00 S36 Symposium der Sektionen IV Pflegeoasen in der stationären Langzeitpflege höhere Lebensqualität für Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz? Moderation: T. Klie, Freiburg; B. Schuhmacher, Freiburg; W. Rückert, Köln
Der Begriff „Pflegeoase“ hat sich etabliert als Bezeichnung stationärer gemeinschaftlicher Wohnformen für Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz. Träger und Einrichtungen der stationären Langzeitpflege zeigen großes Interesse und verwirklichen Pflegeoasen als Modellprojekte oder im Regelbetrieb. Jenseits weniger Kernmerkmale (stationär, segregativ, gemeinschaftliches Wohnen) zeigt sich empirisch eine hohe konzeptionelle Vielfalt hinsichtlich der Bewohnerzahl, der Ausstattung und der Dauer und Frequenz des gemeinschaftlichen Wohnens. Wissenschaftlich begründete Kriterien für die Einrichtung und den Betrieb von Pflegeoasen fehlen noch weitgehend. In Pflegeoasen sollen die Bewohner Zuwendung erhalten, sind aber nicht durch das Zusammenleben mit leichter demenziell erkrankten Personen belastet. Insbesondere der neurologisch bedingte Sprachverlust soll durch alternative Kommunikationsgelegenheiten in einem anreZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts genden sozialen Milieu kompensiert werden. Schmerzbehandlung, Umgang mit Schluckbeschwerden sowie der Erhalt der Beweglichkeit sind weitere Schwerpunkte. Die Vorträge des Symposiums repräsentieren den Stand der aktuellen deutschsprachigen Forschung zu Pflegeoasen. Alle Vortragenden sind Mitglieder der Expertengruppe Pflegeoasen (Vallendar 2009). Erste Studienergebnisse zeigen eine gesteigerte Lebensqualität und Aufmerksamkeit der Bewohner sowie Zeitgewinne durch kürzere Wege in der Pflege. Zentrale und strittige Fragen sind u.a. die Bedeutung der Privatsphäre im Mehrpersonenraum, die Anschlussfähigkeit des Konzepts an zivilgesellschaftliche Strukturen, die Wirkung des Milieuansatzes. Das Symposium leistet einen Beitrag zur Formulierung stringenter, an den festgestellten Bedürfnissen von Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz orientierter Kriterien für Pflegeoasen. 10:30 – 10:45 S36-01 Rechtliche und ethische Anfragen an Pflegeoasen T. Klie, Freiburg Fragestellung: Pflegeoasen sind in der Fachdiskussion hoch umstritten. Es wird die Gefahr gesehen, dass mit ihnen die Errungenschaften von Wohnstandards (Einzel- und Doppelzimmer) in der stationären Pflege in Frage gestellt und aufgehoben werden könnten. Auch werden ökonomische Interessen der Betreiber als Motoren hinter der Etablierung von „Pflegeoasen“ identifiziert. Dagegen stehen die immer noch gültigen heimrechtlichen Vorschriften, die inzwischen auf landesgesetzlicher Ebene ein Ein- und Zweibettzimmern als Strukturqualitätsvorgabe festhalten. Auf dem Wege öffentlich-rechtlicher Verträge oder über Erprobungs- und Befreiungsregelung eröffnen die entsprechenden Landesgesetze jedoch Optionen für die Zulassung von Oasekonzepten. Auch unter den Vorzeichen der Qualitätsvorgaben des SGB XI stellen sich eine Reihe von Kompatibilitätsfragen. Ergebnisse: Diesen Fragestellungen wird in diesem Beitrag nachgegangen und es werden Überlegungen angestellt, wie rechtliche und organisations-ethische Vorkehrungen getroffen werden können, Pflegeoasen in ihrer spezifischen Qualität zu sichern. 10:45 – 11:00 S36-02 Pflegeoasen: Mitarbeiterinnen im Spannungsfeld zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung C. Kuhn, Stuttgart Fragestellung: In der stationären Langzeitpflege wurde das Versorgungskonzept Pflegeoase Schritt um Schritt umgesetzt und es stellt sich nun die Frage, wie Pflegemitarbeiterinnen dieses Arbeitsfeld erleben und welche Faktoren zur Arbeitszufriedenheit beitragen oder die Arbeitsbelastung erhöhen. Methoden: Die Methoden orientierten sich an unterschiedlichen Schwerpunkten: Pflegeabläufe, Pflegetätigkeiten und Wegstrecken wurden über eine digitalisierte Erfassung von Tätigkeiten und Kontaktzeiten, Schrittzähler und teilnehmende Beobachtungen erfasst. In Fokusgruppeninterviews wurde der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und deren Erleben in der Pflegeoase nachgegangen. In weiteren Studien wurde das Belastungserleben mit standardisierten Instrumenten (MBI) erhoben und mit Kontrollgruppen verglichen. Ergebnisse: Die Arbeitsinhalte einer Pflegeoase sind durch eine hohe Pflegebedürftigkeit der Bewohnerinnen und die Anpassung der Arbeitsabläufe an deren Bedürfnissen gekennzeichnet. Die durchgängige Präsenz der Mitarbeiterinnen in der Pflegeoase ermöglicht es, dass sie ihre Wahrnehmung für die Bewohnerinnen schärfen und erweitern. Der Aufbau von Nähe und Bindung bewirkt nicht nur eine hohe Zufriedenheit in ihrem Beruf, sondern zieht auch Belastungen nach sich, vor allem wenn Verluste verarbeitet werden müssen. Ent- oder Belastungen hängen mit organisatorischen Rahmenbedingungen zusammen. Die Personalausstattung beeinflusst die Teamentwicklung und bringt weitere Beanspruchungen mit sich, denen sich Mitarbeiterinnen stellen müssen.
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Interpretation: Die Pflegeoase stellt ein Arbeitsumfeld dar, in dem sich Mitarbeiterinnen zwischen der Unausweichbarkeit von Begegnungen und der Unmittelbarkeit von Handlungen bewegen. Beide Aspekte sind mit hohen Anforderungen an die Eignung und die Qualifikation der Mitarbeiterinnen verbunden. 11:00 – 11:15 S36-03 Lebensqualität und Arbeitsmotivation in der Pflege schwer Demenzkranker: Ergebnisse der Evaluation einer Pflegeoase S. Becker, Bern/CH Fragestellung: Um den Bedürfnissen schwerstpflegebedürftiger Menschen im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz in der stationären Pflege besser und adäquater gerecht werden zu können wurden in den letzten Jahren zunehmend innovative Wohn- und Betreu-ungskonzepte entworfen. Am Altenhilfezentrum Karlsruhe Nordost wurde im Oktober 2008 ein so gestalteter neuer Pflegebereich für schwerstpflegebedürftige, demenzkranke Menschen nach dem Konzept der Pflegeoase eröffnet. Methoden: Um die Effekte dieser Betreuungsform herauszuarbeiten wurde dieser Wohnbereich über ein Jahr hinweg wissenschaftlich begleitet. Neben regelmäßigen Interviews mit den Angehörigen und der Erfassung der Arbeitsmotivation der Pflegenden wurde die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner im Verlauf des Jahres zu sechs Zeitpunkten mit dem Instrument H.I.L.DE. (Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker, Becker et al, i.Dr.) erfasst. Um die Frage der besonderen Effekte dieser über die bisherige Pflegekonzeption der psychosozialen Pflege und Begleitung hinausgehenden bedürfnisgerechten Lebens- und Sterbebegleitung beantworten zu können wurde eine Vergleichgruppe Demenzkranker, ihrer Angehörigen sowie ihrer Bezugspflegenden von anderen Wohnbereichen der Einrichtung erfasst. Ergebnisse: Die Ergebnisse dieser Evaluation werden sowohl in Bezug auf die Lebensqualität der Demenzkranken als auch mit Blick auf die Arbeitsmotivation der Pflegenden vorgestellt und diskutiert. 11:15 – 11:30 S36-04 Milieutherapeutische Effekte in der Pflegeoase J. Dettbarn-Reggentin, Berlin Fragestellung: Die Evaluation verschiedener Pflegeoasen sollte Effekte ermitteln, die sich positiv auf das Wohlbefinden und somit auf die Lebensqualität der Oasebewohnerinnen auswirken. Mittels Vergleichsgruppenuntersuchung (Kontrollgruppe) sollte insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie sich das Milieu der Wohngruppe auf Dauer mit einem gemeinsamen Lebensraum von 4 – 8 Bewohner/innen gegenüber der Einzelzimmerversorgung auswirkt. Methoden: Die Vorgehensweise ist als Vergleichsgruppenuntersuchung im Längsschnittdesign angelegt, wobei die Kotrollgruppe durch Parallelisierung gebildet wurde. Einschlusskriterien bildeten ein Barthel-Index von <30 Punkten, ein MMSE-Wert <5 Punkten bzw. FAST nach Reisberg Stufe 6-7 und erheblich eingeschränkte Mobilität. In den hier vorgestellten Ergebnissen wurden insgesamt fünf stationäre Einrichtungen einbezogen. Die Ausgangsstichprobe beträgt 42 Personen. Zum Einsatz kamen standardisierte Verfahren wie auch Beobachtungen. Gemessen wurde zu drei Messzeitpunkten im Abstand von ca. 4 Monaten. Der Beobachtungszeitraum war unterschieden nach kurzen Abschnitten von 2 – 10 Minuten bis zu längeren zurückliegenden Zeiträumen von bis zu drei Wochen. Ergebnisse: Bewohner/innen der Pflegeoasen wiesen im Verlauf eine verbesserte Stimmung und ein intensiveres Sozialverhalten auf. Sie konnten ihre Fähigkeiten zur Kommunikation stabilisieren und zum Teil verbessern (Sprechversuche). Gegenüber den Einzelzimmerbewohner/ innen der Kontrollgruppe waren weniger Ängste und deutlich weniger Apathie beobachtet worden. Interpretation: Die Ergebnisse belegen einen fördernden Einfluss des Milieus der Pflegeoasen gegenüber Bewohner/innen in Einzelzimmern.
Es wird daraus geschlossen, dass Pflegeoasen einen weiteren Baustein in der Versorgung schwerstkranker Menschen mit Demenz darstellen. 11:30 – 11:45 S36-05 Privatsphäre, (sozialer) Raum und personale Würde in Pflegeoasen B. Schuhmacher, Freiburg Fragestellung: Eine zentrale Kritik an Pflegeoasen zielt auf den Verlust an personaler Würde durch den Verzicht auf individuelle Bewohnerzimmer. In der stationären Langzeitpflege gelten Einzel- oder höchstens Doppelzimmer als unverzichtbare Garanten für den Erhalt der Privatund Intimsphäre. Deren Verletzung wird mit einer Verletzung der personalen Würde gleichgesetzt. Methoden: Der Beitrag zeichnet mit den soziologischen Theorien von Norbert Elias, Ulrich Beck und Pierre Bourdieu die Entstehung der Privat- und Intimsphäre im kulturhistorischen Kontext der europäischen Nationalstaatenbildung nach und zeigt, auf welche Weise sie mit der Subjektwerdung verknüpft ist. Im Zuge der Individualisierung nachindustrieller Gesellschaften verlieren traditionelle Vergesellschaftungsformen gegenüber der individuellen Lebensgestaltung an Bedeutung, was einen hohen Einfluss auf die Gestaltung und Legitimation institutioneller Pflege hat (Heime 1. – 4. Generation). Nicht zuletzt übernimmt der physische Raum Funktionen für die soziale Distanzierung, die sich in die je individuelle Biographie einschreiben. Ergebnisse: Die soziologische Herleitung der unhintergehbaren, sozial und kulturell konstruierten Konzepte Raum und Privatsphäre zeigt, dass sie funktional für moderne, kognitiv orientierte Menschen sind, jedoch in Widerspruch geraten können zu den Bedürfnissen von Menschen mit schwerer Demenz, die auf soziale Nähe, Teilhabe und Kommunikation gerichtet sind. Im Rückgriff auf ethischen Überlegungen von Verena Wetzstein wird ein teilhabeorientierter Entwurf der Würde von Menschen mit Demenz skizziert. Interpretation: In Kenntnis dieser Zusammenhänge sollte der physische und soziale Raum für Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz entsprechend ihren Bedürfnissen nach Teilhabe und Rückzug gestaltet sein. 11:45 – 12:00 S36-06 Pflegeoasen: die Perspektive von Angehörigen und Pflegenden – Zwischen Kontrolle und guter Pflege H. Brandenburg, R. Adam-Paffrath, A. Brühl; Vallendar Fragestellung: Die Studie1) wird als prospektive Längsschnitt-Beobachtungsstudie mit 5 Messzeitpunkten über 24 Monate (2/2009 bis 3/2011) in der Pflegeoase (Programmgruppe [PG]) und einer traditionellen Pflegeeinrichtung (Vergleichsgruppe [VG]) realisiert. Die zentrale Fragestellung richtet sich auf die Lebensqualität von Menschen in einer Pflegeoase. Methoden: Zum Einsatz kommen standardisierte Verfahren (QUALID [Quality of Life in Late-stage Dementia], BHD [Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistungen] und RAI [Resident Assessment Instrument]) sowie leitfadenstrukturierte Gruppeninterviews mit Pflegenden und Angehörigen. Eine umfangreiche Literaturanalyse wird in etablierten Datenbanken durchgeführt. In den ersten 3 (von 5) Gruppeninterviews (50-60 Min.) mit jeweils 5-6 Pflegenden und 6-9 Angehörigen wurden die Themen: (1) Historie und Alltag (in der Pflegeoase), (2) Gute Pflege und (3) Selbstverständnis und (professionelle) Haltung diskutiert. Die Auswertung erfolgte in einer kategorialen Auswertungssystematik der Grounded Theory. Die Ergebnisse sind als Werkstattbericht zu verstehen. Ergebnisse: Die Angehörigen schätzen die Pflegeoase positiv ein und fühlen sich entlastet durch die (dauerhafte) Anwesenheit der Pflegenden. Überblick und Kontrolle und der damit verbundene intensive Austausch mit Pflegenden über den Gesundheitszustand der Betroffenen spielt eine wichtige Rolle. Die Erhöhung der Kontaktqualität zum Bewohner wird betont. Die Pflegenden urteilen ambivalent. Einerseits werden in der PG explizite Verbesserungen des Bewohnerstatus‘ (z.B. im Hinblick auf eine
Verbesserung der Ernährungssituation und die Reduktion von herausforderndem Verhalten) thematisiert. Andererseits wird über hohe (psychische) Belastungen berichtet, u. a. bedingt durch lange Zeiten der alleinigen Präsenz in der Pflegeoase. 1) Dank an die studentische Forschungsgruppe: S. Bentz, J.Burbaum, Y. Gerten, C. Gödecke, S. Heber, M. Kremer, D. Mattheis, M. Müller, M. Schröder, N. Stettler
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 3 10:30 – 12:00 Sat02 Satelliten-Symposium Gesund Altern. Herz im Fokus Moderation: A. Simm Halle/Saale
10:30 – 11:00 Sat02-01 Die biologische Uhr: Mechanismen und Marker der Gewebealterung A. Simm, Halle (Saale) Das Altern per se ist ein komplexer stochastischer Prozess, dessen genaue Mechanismen noch viele Rätsel aufgeben. Nach dem weitgehenden Sieg der Medizin über die Infektionskrankheiten im letzten Jahrhundert sind alle großen Volkskrankheiten in den westlichen Industrienationen Alterskrankheiten. Hier stellen sich für die experimentelle Grundlagenforschung die Fragen wie wir altern und ob wir den Vorgang des Alterns und damit Alterserkrankungen beeinflussen können. Für degenerative Erkrankungen spielen schleichende Alterungsvorgänge eine wichtige Rolle, die lange unbemerkt vor dem Ausbruch der Erkrankung zu Gewebsveränderungen führen. Dies wird treffend von dem amerikanischen Alternsforscher und Kardiologen Ed Lakatta aus Baltimore wie folgt umschrieben: Alternsveränderungen sind das Substrat in dem Alterserkrankungen besser wachsen können. Der bekannteste Mechanismus dazu ist die Radikal induzierte Gewebsschädigung. Radikale (Reaktive Sauerstoffspezies, ROS) entstehen vor allem als Nebenprodukt der Energieerzeugung in den Mitochondrien. Sie schädigen insbesondere die mitochondriale DNA und reduzieren in Folge die Effizienz der Energieerzeugung. Ein alternativer Alterungsmechanismus ist die nicht-enzymatische Proteinglykierung. Dabei reagieren reaktive Aldehyde (Kohlenhydrate, Zucker) mit Proteinen und bilden so genannte Advanced Glycation Endproducts (AGEs). AGEs entstehen überall in unserem Körper (intra- wie extrazellulär), können aber auch mit der Nahrung aufgenommen werden und akkumulieren mit dem Alter. Sie können Proteine quervernetzen (und so zur Gewebsversteifung beitragen), Radikale erzeugen (und so empfindliche Zellen schädigen), Prote infunktionen inhibieren (und damit Enzyme hemmen bzw. Wachstums faktoren außer Gefecht setzen) oder nach Bindung an den Rezeptor RAGE eine proinflammatorische Antwort auslösen. Die Akkumulation von geschädigten Makromolekülen können als Marker für die Gewebsalterung verwendet werden. Durch das bessere Verständnis solcher ursächlicher Mechanismen des Alterns und damit der Krankheitsentstehung wird die Grundlage für neue Therapieoptionen geschaffen. 11:00 – 11:30 Sat02-02 Die biologische Uhr: Einflüsse auf Herz, Kreislauf und körperliche Leistungsfähigkeit U. Rückschloss, Halle (Saale) Die lebenslang auf Herz und Gefäße einwirkenden mechanischen Kräfte werden als eine wichtige Triebfeder kardio-vaskulären Alterns angesehen. Häufig sind dabei strukturelle und funktionelle Veränderungen zuerst an den Gefäßen feststellbar. Eine erhöhte Steifigkeit und eine verminderZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts te Relaxationsfähigkeit der Gefäße verlangen dem Herzen eine größere Leistung ab. Dadurch werden im Herzen, mechanisch oder hormonell vermittelt, ebenfalls strukturelle Veränderungen (Hypertrophie der Kardiomyozyten) und funktionelle Anpassungen (Sympathikusaktivierung) induziert. Diese stellen kurzfristig eine adäquate kardiale Funktion sicher, wirken sich langfristig aber nachteilig aus, denn zunehmende Steifigkeit der Ventrikelwand und eingeschränkte Responsivität gegenüber Katecholaminen beeinträchtigen die funktionelle Reserve des alternden Herzens bei Belastungen. Auf zellulärer Ebene erfolgt zudem eine Umstellung des Kalzium-Haushaltes der Kardiomyozyten mit dem Ziel, durch höhere Kalziumspiegel mehr Kontraktionskraft entwickeln zu können. Dabei besteht jedoch die Gefahr der Kalzium-abhängigen Induktion von Apoptose (programmierter Zelltod), die zu einer Abnahme der Kardiomyozytenzahl führt. Dies erhöht wiederum die Belastung der verbleibenden Kardiomyozyten. Ein circulus vitiosus entsteht. Somit ist kardio-vaskuläres Altern unausweichlich, wird aber in seinem zeitlichen Ablauf ganz wesentlich durch Faktoren wie genetische Disposition, Umwelt und Lebensstil bestimmt. So beeinflussen z.B. körperliche Aktivität und Ernährung unter anderem das Gleichgewicht von Bildung und Abbau reaktiver Sauerstoffspezies (ROS). Es ist bekannt, dass erhöhter oxidativer Stress kardio-vaskuläre Umbauprozesse beschleunigt und zu Veränderungen im Kalzium-Haushalt von Kardiomyozyten beiträgt. Körperliche Aktivität wirkt sich hierbei durch Stärkung antioxidativer Schutzmechanismen positiv aus während Reduktion der Energiezufuhr die Bildung von ROS vermindert. Somit ist ein adäquater Lebensstil für die Mehrzahl von uns eine relativ einfach zu realisierende Möglichkeit, bessere Voraussetzungen für langsa meres und damit erfolgreiches kardio-vaskuläres Altern zu schaffen. 11:30 – 12:00 Sat02-03 Therapeutische Optionen bei altersbedingt nachlassender Herzleistung T. Eggeling, Köln Die kardiale Leistungsfähigkeit lässt mit zunehmendem Lebensalter nach. Dies ist einfach an der Zeit abzulesen, die ein 80jähriger im Vergleich zu einem 40jährigen für einen Marathonlauf benötigt. Der Übergang zwischen physiologischen und pathologischen Alterungsprozessen ist dabei fließend und es stellt sich die Frage, wie der physiologische Alterungsprozess günstig beeinflusst werden kann. Ziel des Vortrages ist es, ein besseres Verständnis für diese Grauzone zu entwickeln und individuell geeignete Interventionsmöglichkeiten darzustellen. Betroffene Individuen fühlen sich im Alltag einfach nicht mehr fit, verbinden ihre nachlassende Leistungsfähigkeit aber nicht unbedingt mit nachlassender Herzleistung. Ein präventives therapeutisches Konzept kann den physiologischen Alterungsprozess günstig beeinflussen. Dafür ist ein gesunder Lebensstil wesentliche Voraussetzung, hierzu gehören: Eine herz- und gefäßgesunde Ernährung, eine regelmäßige körperliche Ausdauerbelastung, die Modifikation von kardio-vaskulären Risikofaktoren (Rauchen und Körpergewicht), die Behandlung von Bluthochdruck und Hypercholesterinämie und Stressabbau. Ein wichtiger Part bei der Umsetzung dieses Konzeptes liegt einerseits in der individuellen Beratung und Motivation zu Lebensstil-Modifikationen, andererseits in gezielter medizinischer Prophylaxe (z. B. Impfprophylaxe und Vorsorgeuntersuchungen) sowie medikamentöser Intervention mit klinisch geprüften rezeptfreien (z. B. Weißdorn-Spezialextrakt) und rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Die persönliche Praxiserfahrung hat gezeigt, dass die individuelle Motivation zur Lebensstiländerung der entscheidende Faktor ist. Alle noch so guten Vorschläge müssen im Alltag realisierbar sein, damit Vorsätze nicht Vorsätze bleiben. Was für den einen Menschen genau passt, kann für einen Anderen unpraktikabel und unrealistisch sein. Der Mensch braucht ein Programm, welches für ihn individuell passt, damit er seine Lebensqualität positiv beeinflusst, eine nachhaltige Lebensstiländerung erreicht und länger herzgesund lebt.
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Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 6 10:30 – 12:00 PS11 Papersession der Sektion II Geriatrische Interventionen Moderation: S. Kirchen-Peters, Saarbrücken
10:30 – 10:45 PS11-01 Analyse von Barrieren für die Entwicklung demenzfreundlicher Allgemeinkrankenhäuser. Ergebnisse eines Projekts im Auftrag der Deutschen Alzheimer Gesellschaft S. Kirchen-Peters, Saarbrücken Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen wird ein Krankenhaus aufenthalt für Demenzkranke häufig zu einer Krisensituation mit negativen Auswirkungen auf die weiteren Lebensperspektiven. Denn das Krankenhaus stellt mit einer unübersichtlichen Architektur, mit fehlender Tagesstrukturierung, mit starren, an der Krankenhauslogik ausgerichteten Abläufen und mit einem für die Dementenversorgung nicht ausreichend geschultem Personal ein geradezu demenzförderndes Milieu dar. Die Deutsche Alzheimergesellschaft hat das iso-Institut, Saarbrücken, im Rahmen einer Forschungsförderung damit beauftragt zu überprüfen, warum sich zu diesem Thema an verschiedenen Standorten durchgeführte Modellprojekte trotz der positiven Erfahrungen und überzeugenden Erfolge noch nicht in der Versorgungsbreite niederschlagen konnten. Es sollen Erkenntnisse über vorliegende Barrieren gewonnen werden, die die Verbreitung demenzsensibler Konzepte derzeit verhindern oder erschweren. Auf der Basis der herausgearbeiteten und präzisierten Barrieren werden Empfehlungen formuliert, wie diese hemmen den Faktoren von unterschiedlichen Akteuren, wie Krankenhausträgern, Krankenhauspersonal, politisch Verantwortlichen sowie Demenzkranken und ihren Angehörigen, zu beseitigen bzw. zu reduzieren sind. Dazu wurde eine Online-Befragung von Leitungskräften deutscher Akutkliniken durchgeführt, deren Ergebnisse präsentiert werden. 10:45 – 11:00 PS11-02 Stationäre Versorgung: Gibt es Unterschiede in der Versorgung von Patienten mit und ohne Demenz? M. Eisele, H. van den Bussche, D. Koller1, B. Wiese2, H. Kaduszkiewicz, K. Wegscheider, G. Glaeske 1, G. Schön; Hamburg, 1Bremen, 2Hannover Fragestellung: Wie unterscheidet sich die Versorgung Dementer im Krankenhaus von der einer nicht-dementen Kontrollgruppe? Methoden: Die Krankenkassendaten von 1.848 Menschen mit Demenz und einer nicht-dementen Kontrollgruppe (1:4 Matching nach Alter, Geschlecht, und ambulanten Arztkontakten) wurden im Hinblick auf Anzahl und Gründe stationärer Aufnahmen, Diagnosen, Liegezeiten und Entlassungsgründe innerhalb des Jahres vor und nach Erstdiagnose einer Demenz verglichen. Mit einer multiplen logistischen Regression wurde untersucht, welche Faktoren mit einer Notfallaufnahmeassoziiert sind. Ergebnisse: Während 38,9% der späteren Dementen im Jahr vor Diagnosestellung mindestens einen stationären Aufenthalt vorwiesen, belief sich der Anteil der Kontrollen auf 25,6%. Im ersten Jahr nach Diagnosestellung vergrößert sich dieser Unterschied weiter auf 44,2% versus 26,4%. Die durchschnittliche Anzahl von Leistungstagen pro Aufenthalt ist bei der Demenzgruppe um 3,6 Tage vor und 1,8 Tage nach Inzidenz gegenüber der Kontrollgruppe erhöht, während der Anteil der Notfallaufnahmen sowohl im Jahr vor als auch im Jahr nach Erstdiagnose einer Demenz um 10% erhöht ist. Im Regressionsmodell waren neben der Diagnose, das Alter (OR=1,03 pro Lebensjahr; p<0,001) und Geschlecht (OR=1,16 für Frauen; p=0,048) sowie die urbane Umgebung (OR=1,18; p=0,048) signifikant mit der Notfallaufnahme assoziiert. Unter Kontrolle dieser Einflussgrößen wies die Demenzgruppe ein um 26% erhöhtes Risiko (OR=1,26; p<0,01) auf, als Notfall aufgenommen zu werden.
Interpretation: Die häufigeren und längeren Krankenhausaufenthalte von Dementen wurde auch in anderen europäischen Ländern gefunden. Ihre häufigeren Aufnahmen als Notfall können nur teilweise durch verschiedene Diagnosen erklärt werden. Diskussionswürdig erscheint die erhöhte Notfallrate in urbanen gegenüber ländlichen Regionen. 11:00 – 11:15 PS11-03 Biofeedbacktherapie in der Gerontopsychosomatik S. Geyer, S. Daiber, M. Eichhorn; Bad Staffelstein Fragestellung: Biofeedbacktherapie bei älteren Menschen beschränkte sich in der Vergangenheit hauptsächlich auf die Indikationen Harn- und Stuhlinkontinenz. Innerhalb eines stationären gerontopsychosomatischen Behandlungskonzepts findet die Methode Anwendung bei affektiven Störungen, somatoformen Beschwerden sowie Angststörungen. Ziele der Biofeedbackbehandlung sind die Demonstration von psychophysiologischen Zusammenhängen, die Verbesserung der Entspannungsfähigkeit sowie Schmerzbewältigung. Vor dem Hintergrund der häufig bestehenden Technophobie im Alter stellt sich die Frage, inwieweit ältere Menschen von einer computergestützten Behandlung profitieren können. Methoden: In der aus durchschnittlich 5 Sitzungen bestehenden Biofeedbackbehandlung können solche körperlichen Prozesse wahrnehmbar gemacht werden, die normalerweise unbewusst ablaufen. Mittels Atemfeedback soll so Einfluss auf den Aktivierungs- und Anspannungsgrad des Patienten genommen werden. Ein zentrales Maß hierfür ist die Atemfrequenz. Weiterhin wurde mittels Elektromyogramm die elektrische Muskelaktivität im Nackenbereich (M. trapezius) gemessen, um die Körperwahrnehmung der Patienten zu schulen. Ergebnisse: Bisher wurden im Rahmen der stationären gerontopsychosomatischen Behandlung im Klinikum Staffelstein 22 Patienten mittels Biofeedback behandelt. Die ersten Ergebnisse belegen trotz geringer Computer-Vorerfahrungen die Wirksamkeit des biofeedbackgestützten Behandlungsansatzes. So konnte eine mittlerer Effekt (d=0.44) bei der Reduktion der Atemfrequenz erzielt werden. Hinsichtlich der Muskelaktivität zeigten sich ebenfalls tendenzielle Verbesserungen, jedoch sind die Auswertungen diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. Interpretation: Obwohl die Patienten nur wenig Vorerfahrung hinsichtlich Computernutzung hatten, konnte mittels Biofeedback die Entspannungsfähigkeit der Patienten verbessert werden. Biofeedback stellt somit einen wichtigen Behandlungsbaustein in einem interdisziplinären gerontopsychosomatischen Behandlungskonzept dar. 11:15 – 11:30 PS11-04 Charakteristika und Wirksamkeit einer stationären gerontopsychosomatischen Behandlung S. Geyer, S. Daiber, E. Rauh; Bad Staffelstein Fragestellung: Aufgrund des demographischen Wandels und der veränderten Lebensumstände im Alter ist eine stetige Zunahme von älteren Pat., bei denen neben geriatrischen Syndromen auch psychosomatische Krankheitsbilder bestehen zu verzeichnen. In der Spezialabteilung Gerontopsychosomatik werden seit 2008 Pat. ab dem 65. Lebensjahr mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen nach einem interdisziplinären verhaltensmedizinischen Ansatz behandelt. Ziel der Studie ist die Evaluation des Behandlungsansatzes. Methoden: Die Datenerhebung erfolgt in einem Prä-Post-Design mit einer Katamnese von 6 Monaten. Neben sozioökonomischen Variablen wird das Ausmaß der Depressivität (z.B. mit BDI-II, PHQ-D), ein Geriatrisches Assessment (MMSE, GDS, standardisierte krankengymnastische Tests), organmedizinische Diagnosen und die Anzahl der verordneten Medikamente erfasst. Die Stichprobe umfasst aktuell N = 69 Patienten (2008-2010) mit einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von 5 Wochen. Eine Weiterführung der Datenerhebung ist geplant. Ergebnisse: 87 % der bisher behandelten Pat. (Durchschnittsalter: 72,9 Jahre) waren weiblich, durchschnittlich lagen 8 organische Erkrankungen pro Pat. vor. Die Auswertung der psychischen Hauptdiagnosen
ergab, dass bei 59 % (N=41) der Patienten eine affektive Störung diagnostiziert wurde. Hinsichtlich der störungsspezifischen Werte konnte eine deutliche Reduktion der Depressionssymptomatik (BDI-II) zum Zeitpunkt der Entlassung mit einer Effektstärke von aktuell d=1.20 sowie zum Zeitpunkt der 6-Monats-Katamnese (d=0.86) erzielt werden. Mittels intensiver krankengymnastischer Behandlung konnten die Mobilitätswerte der behandelten Pat. deutlich verbessert werden. Hinsichtlich der Medikation konnte eine signifikante Reduktion der Anzahl der Nicht-Psychopharmaka erzielt werden (t(68) = 2.476, p<0.025). Interpretation: Die Ergebnisse belegen eine sehr gute Wirksamkeit der gerontopsychosomatischen Behandlung. 11:30 – 11:45 PS11-05 Die Versorgung pflegebedürftiger alter Menschen im Pflegeheim in Norwegen – Vorbild für Deutschland? W. Herrmann, S. Ruths1; Berlin, 1Bergen/N Fragestellung: Die demographische Entwicklung ist eine Herausforderung für alle europäischen Gesellschaften und Gesundheitssysteme. Es sinnvoll sich Lösungen und Ansätze anderer Länder anzuschauen um von diesen zu lernen. Das norwegische Gesundheitssystem gilt in Europa als vorbildlich. Wie ist die Versorgung pflegebedürftiger alter Menschen in Pflegeheimen in Norwegen organisiert? Lassen sich daraus Schlüsse für die Versorgung in Deutschland ziehen? Methoden: Im Rahmen eines viermonatigen Forschungsaufenthaltes am Departement for Public Health and Primary Health Care der Universität Bergen führte WJH eine systematische Literaturrecherche durch, sprach mit Allgemeinmedizinern und besichtigte Pflegeheime auf dem Land und in der Stadt. Ergebnisse: Gesundheitspolitisches Ziel in Norwegen ist eine möglichst lange ambulante Versorgung pflegebedürftiger alter Menschen, z.B. durch ambulante Versorgungsteams. Die Verantwortlichkeit für die Versorgung in Pflegeheimen liegt in Norwegen in der Hand der Kommunen. Dies führt zu regional unterschiedlichen Lösungen und Pflegeheime sind fast ausschliesslich in kommunaler Trägerschaft. In den letzten Jahren wurden durch staatliche Investitionsprogramme die Zahl der Pflegeheimplätze ausgebaut, mit einem Fokus auf Einzelzimmer und kleineren Wohnbereichen. Trotzdem sind nicht genügend Pflegeheimplätze vorhanden. Inzwischen werden in den Pflegeheimen auch Intermediate Care Plätze zur Entlastung der Krankenhäuser angeboten. Die ärztliche Versorgung übernehmen Vertragsärzte der Gemeinden, meist Fachärzte für Allgemeinmedizin. Interpretation: Interessant ist in Norwegen die staatliche Organisation von Pflegeheimen im Vergleich zur privatwirtschaftlichen Versorgung in Deutschland. Die regionale Organisation gibt Spielraum für individuell angepasste Lösungen und Wettbewerb zwischen den Kommunen um die besten Ideen. Die zunehmende Übernahme gehobener Versorgungsaufgaben durch die norwegischen Pflegeheime ist eine auch für Deutschland interessante Entwicklung. 11:45 – 12:00 PS11-06 Sterbequalität in der Akut-Geriatrie – erste Erfahrungen mit der Umsetzung des Liverpool Care Pathway B. Schwenk, G. Bischofberger1, A. Sauer1, C. Hürny1; Altstätten/CH, 1St. Gallen/CH Fragestellung: Schwer krank sein und Sterben sind zentrale Themen in der geriatrischen Behandlung, Pflege und Betreuung und stellen hohe Anforderungen an Mitarbeitende und Betroffene. Die Einstellung zu Sterben und Tod ist geprägt von individuellen Erlebnissen und Haltungen. Der Umgang mit diesen Themen führt immer wieder zu Verunsicherungen. Der in England von Prof. J. Ellershaw entwickelte Liverpool Care Pathway (LCP) ist ein Instrument, welches das optimale Vorgehen bei der Betreuung von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen ermöglicht und so zu einer guten „Sterbequalität“ beiträgt. Methoden: Seit 1. Februar 2007 wird der LCP in der gesamten Akut-Geriatrischen Klinik des Kompetenzzentrums Gesundheit und Alter St. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Gallen umgesetzt. Wir berichten von unseren Erfahrungen und den ersten Ergebnissen mit der Umsetzung des LCP anhand einer Mitarbeiterbefragung vor und nach Einführung des LCP und der Auswertung aller LCP-Dokumente im Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.01.2009 Ergebnisse: Im untersuchten Zeitraum sind 228 Patienten verstorben, davon 90 akut und 138 vorhersehbar. Insgesamt wurden 113 Patienten, das entspricht 49 %, in den LCP aufgenommen. Die Auswertung der Mitarbeiterbefragung vor und nach Einführung des LCP zeigt eine subjektive Qualitätssteigerung in allen Punkten und die Auswertung der LCP-Dokumentation beweist eine gute Qualität der Betreuung am Lebensende bei unseren hochaltrigen Patienten. Interpretation: Wir sind die erste Akut-Geriatrische Klinik, die Erfahrungen mit dem LCP gemacht hat. Wir können dieses Instrument für alte sterbende Menschen unbedingt empfehlen und sind davon überzeugt, dass der Einsatz des LCP auch in Langzeitinstitutionen gefördert werden sollte.
Freitag, 17. September 2010 – Foyer des Obergeschosses Postersession der Sektionen III und IV
08:30 – 12:00 ���� P076 Gerontologische Perspektive auf Malnutrition im Alter(n) im Kontext von Ökotrophologie und Zahnmedizin C. Dirb; G. M. Backes Zentrum Altern und Gesellschaft, Universität Vechta, Vechta; Fragestellung: Begünstigt eine veränderte Lebenslage den schleichenden Prozess von Malnutrition und wirkt sie sich dadurch auf die Zahngesundheit aus? Methoden: Theoretisch-konzeptionelle und empirische Erkenntnisse der Gerontologie, der Ökotrophologie und der Zahnmedizin werden diskutiert und in Beziehung zueinander gesetzt. Ergebnisse: Veränderung einer Lebenslagedimension (z.B. Einkommen, soziales Netz) und damit notwendige Anpassung via Handlungsspielraum, kann die Ernährung sowie die Zahngesundheit betreffen. Auf Anbieterebene stützen Altersbilder die Annahme eines logischen Zusammenwirkens von Altern und Malnutrition. Gewichtsverlust wird als typisches Zeichen von Altsein akzeptiert, wie ein monotoner Speiseplan oder Kau- und Schluckbeschwerden. Erkenntnisse über den strukturbiologischen Alterungsprozess und der reduzierte Grundumsatz des Körpers führen zu einer geänderten Anforderung an Ernährung im Alter, i.S.v. „Food Diversity“. Erkenntnisse der Ökotrophologie verweisen auf die Bedeutsamkeit der Ernährung und Erkenntnisse der Zahnmedizin auf einen ganzheitlichen Blick hinsichtlich der Zahngesundheit. Wird die soziale Lage eines alternden Menschen einbezogen, zeigt sich mit steigendem Alter zunehmend die Gefahr einer Malnutrition als sozial vermittelter schleichender Prozess und Kreislauf. Interpretation: Soziale Prozesse und ihre Wechselwirkungen können nachgezeichnet sowie Ansatzpunkte für gerontologische sowie interdisziplinäre Interventionen abgeleitet werden. Die jeweilige Lebenslage im Alter(n) umfasst in ihrer Interdependenz die Lebensumstände der Menschen als mehrdimensionale Einheit und die Interdependenz von Ernährung sowie Mundgesundheitszustand.
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08:30 – 12:00 ���� P077 Verweildauer in vollstationärer Dauerpflege in Deutschland 1999-2007 D. Pattloch Berlin; Fragestellung: Wie entwickelt sich die Verweildauer in vollstationärer Dauerpflege im Zeitverlauf? Methoden: Die Verweildauer zu fünf Messzeitpunkten (1999, 2001, 2003, 2005, 2007) wird bevölkerungsbezogen als durchschnittliche Dauer bei Geburt ausgewiesen, vergleichbar der durchschnittlichen Lebenserwartung bei Geburt. Die Berechnung erfolgt nach der Sullivan-Methode, einer Erweiterung der Sterbetafel. Das Material ist die Bevölkerungsstatistik (Sterbefälle, fortgeschriebene Bevölkerung) und die Pflegestatistik. Die Daten der Pflegestatistik wurden auf dem Weg der Fernverarbeitung am Forschungsdatenzentrum der Statistischen Ämter ausgewertet. Ergebnisse: Die durchschnittliche Verweildauer in vollstationärer Dauerpflege steigt im betrachteten Zeitraum von 3,7 auf 5,1 Monate bei Männern sowie von 11,5 auf 14,4 Monate bei Frauen. Die Verweildauer der Frauen ist somit rund dreimal so lang wie die der Männer. Der Aufenthalt im Pflegeheim stellt einen geringen Anteil an der gesamten Lebenserwartung – bei Männern weniger als 1%, bei Frauen weniger als 2%. Dieser Anteil steigt jedoch ebenso wie die absolute Dauer stetig an. Interpretation: Die Inanspruchnahme von vollstationärer Pflege ist kein rein epidemiologischer, sondern ein versorgungsepidemiologischer Sachverhalt. Es handelt sich oft um Schwerstpflegebedürftige und/oder demenziell Erkrankte, die nicht mehr zu Hause versorgt werden können. Betroffen sind auch Menschen, deren Ressourcen und Netzwerke einen Verbleib zu Hause nicht mehr tragen. Besonders markant ist die Inanspruchnahme durch Frauen. 08:30 – 12:00 ���� P078 „Gut leben im (HOHEN) Alter“ – Konzepte sozialraumorientierter Unterstützung von Selbstsorge, Selbstorganisation und Vernetzung (BMBF Forschungsprojekt, Laufzeit 5/09 – 4/12) J. M. Bott; S. Tepperwien; S. Winkler; S. Wolf Fachbereich Sozialwesen, Fachhochschule Potsdam, Potsdam; Fragestellung: Lösungswege aus den Problemlagen der demographischen Situation heraus können nicht nur vom Staat und immer neuen professionellen Diensten erwartet werden. Ziel des vom BMBF geförderten SILQUA-Projektes ist es, Konzepte neuer Formen der nachbarschaftlichen Hilfesysteme zur Versorgung älterer, auch hochbetagter Menschen zu entwickeln. Methoden: Da wechselseitige Hilfe und Unterstützung unter nicht verwandten Menschen nur durch Kennenlernen, Austausch und Begegnung geschaffen werden können, ist ein kleinräumiger Zugang im Sinne von „organisierter Nachbarschaft“ notwendig. Nur in einem Mix von Eigeninitiative und „Versorgung“ liegt das Potential, die Bedürfnisse der Menschen, Kommunen und Dienste zu treffen, aus der Versorgungshaltung und dem passiven Abwarten („von irgendwoher kommt die Lösung“) herauszuführen. Es wird auf Austausch, Selbstorganisation, Selbstsorge, -vorsorge, intergenerationelle Zusammenarbeit und Vernetzung mit Professionellen gesetzt. Die innovativen Formen tragfähiger nachbarschaftlicher Netzwerke werden unter größtmöglicher Partizipation und Selbstorganisation regional aufgebaut. Zwei exemplarische Regionen in Brandenburg: Potsdam-Schlaatz (städtisches Plattenbaugebiet, hoher Migrationsanteil, Erstbezieher, soziale Problemlagen); Dörfer des Amtes Nennhausen im Havellandkreis mit Nachwendeproblemen wie: Auflösung der Arbeitszusammenhänge, Arbeitslosigkeit, Weg- und Zuzug, Integrationsprobleme, Mobilitäts- und Versorgungsprobleme ausgedünnter ländlicher Regionen. Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass im städtischen Gebiet auf die Problemlagen sehr kleinräumig eingegangen werden muß, um zunächst einmal Anonymität zu überwinden. Die dörflichen Regionen scheinen
unter Beachtung gewachsener Strukturen eine stärkere Überwindung von Vorbehalten und Überzeugungen zu erfordern. 08:30 – 12:00 ���� P079 Alternsforschung als wichtiges Zukunftsfeld – Teilergebnisse des BMBF-Foresight-Prozesses H. C. Vollmar; P. Georgieff 1; A. Beyer-Kutzner 2; K. Schnalzer 3; B. Hüsing 4; K. Cuhls 5 Arbeitsgruppe Wissenstransfer und Wissenszirkulation, Standort Universität Witten/Herdecke, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Witten; 1 Competence Center Neue Technologien, Fraunhofer Institut für Systemund Innovationsforschung, Karlsruhe; 2 Referat 113, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Berlin; 3 Fraunhofer Institut für Arbeitsorganisation (IAO), Stuttgart; 4 Geschäftsfeld Biotechnologie und Lebenswissenschaften, Competence Center Neue Technologien, 5 Geschäftsfeld Vorausschau und Zukunftsforschung, Competence Center Innovations- und Technologie-Management und Vorausschau, Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe; Fragestellung: Von 2007-2009 wurde für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Foresight-Projekt durch die Fraunhofer Institute für System- und Innovationsforschung (ISI) sowie Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) durchgeführt. Ziel war, in einem explorativen Prozess zukünftig relevante Forschungsthemen zu identifizieren. Es werden die Entstehung des Zukunftsfelds „Das Altern entschlüsseln“ und die Erwartungen für die nächsten 10-20 Jahre skizziert. Methoden: Im Prozess wurden klassische Foresight-Methoden eingesetzt, erweitert um innovative Elemente wie z.B. ein internationales Monitoring [1]. Ausgehend von etablierten Forschungsfeldern wurden Querschnittsaspekte herausgearbeitet; in der kontinuierlichen Gesamtschau der Ergebnisse aus Literaturrecherche, bibliometrischer Analysen und Expertenbefragungen entwickelte sich das Zukunftsfeld Altern. Ergebnisse: Die Alternsforschung hat eine lange wissenschaftliche Tradition, welche durch die rasante Entwicklung in den Biowissenschaften neue Impulse erhalten hat. Im Zukunftsfeld geht es weniger um den demografischen Wandel als vielmehr um die biologischen Prozesse des Alterns, die Auswirkungen dieser Alterungsprozesse in allen Phasen des Lebens und die Innovationspotenziale, die sich aus diesen Entwicklungen ergeben können. Viele Grundlagenfragen sind jedoch noch nicht geklärt – hier legt die biogerontologische Forschung ihren Fokus. Interpretation: Alternsforschung mit breiter Ausrichtung wird ein wirtschaftlich und gesellschaftlich relevantes Forschungsthema bleiben. Durch erwartete Ergebnisse aus der Grundlagenforschung wird die Dynamik eher zunehmen. Es bedarf einer sozialwissenschaftlichen Begleitung sowie der ethischen, gesellschaftlichen und politischen Reflexion der alternsbiologischen Forschung und ihrer Potenziale. Literatur [1] Cuhls, K.; Beyer-Kutzner, A.; Ganz, W.; Warnke, P. (2009): The methodology combination of a national foresight process in Germany. In: Technological Forecasting & Social Change 76, S. 1187-1197
08:30 – 12:00 ���� P080 Internet-Nutzung im Alter Gründe der (Nicht-) Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien durch Menschen ab 65 Jahren A. Seifert; H. R. Schelling Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich, Zürich/CH; Fragestellung: In den letzten zehn Jahren ist die Nutzung des Internets stark gestiegen. Indessen zeigen sich starke Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, insbesondere nach den Merkmalen Geschlecht, Bildung, Einkommen, vor allem aber Alter. Warum nutzen gerade ältere Menschen das Internet so wenig und welche Bedürfnisse, Nutzenerwartungen, Befürchtungen, Einstellungen und Kompetenzen haben sie hinsichtlich dieser modernen Technologie?
Methoden: Mittels einer repräsentativen telefonischen Befragung, ergänzt durch eine postalische Erhebung, wurden im Herbst 2009 bei insgesamt 1105 Personen ab 65 Jahren in allen Sprachregionen der Schweiz Informationen erhoben. Dabei wurden neben Internetnutzern auch Nichtnutzer befragt. Die Befragungsstudie wurde vom Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich durchgeführt. Ergebnisse: Die starke Altersabhängigkeit der Nutzung bestätigt sich in der Studie. Ab 65 Jahren sind rund 40% mindestens gelegentliche Internetnutzer, ab 85 Jahren nur noch 8%. Neben den soziodemografischen Merkmalen Alter, Bildung und Einkommen sind es vor allem die persönlichen Einstellungen zur Technik und zum Internet, der Nutzen, der in Internetanwendungen gesehen wird, sowie das Zuraten zum Internet aus dem sozialen Umfeld, welche die Nutzung des Internets beeinflussen. Als wichtigste Nutzungshindernisse erweisen sich die erwartete Kompliziertheit der Benutzung und der Lernaufwand. Interpretation: Die in der Form erstmalige repräsentative Befragungsstudie in der Schweiz zeigt Chancen und Barrieren der Internet-Nutzung im Alter auf und gibt Hinweise auf Maßnahmen, die geeignet sind, die potenzielle „digitale Ausgrenzung“ älterer Menschen nicht nur in der Schweiz zu überwinden. 08:30 – 12:00 ���� P081 Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Zielgruppen im Setting Stadtteil am Beispiel des Aktionsbündnisses „Gesund leben und älter werden in Eving“ K. Lis Institut für Gerontologie an der TU Dortmund, Dortmund; Fragestellung: Beobachtungen zeigen, dass gesundheitsfördernde Maßnahmen und Präventionsangebote oft nicht auf die Ressourcen und Bedürfnisse älterer Menschen mit höheren sozialen, personalen und gesundheitlichen Risikofaktoren zugeschnitten sind. Daher lautet die Frage: Wie können nachhaltig bei sozial benachteiligten älteren Menschen gesundheitsbelastendes Verhalten gesenkt und Gesundheitsressourcen gestärkt sowie gesundheitsfördernde Maßnahmen in ihrer Lebenswelt verortet werden? Methoden: Als Methode wird der Setting-Ansatz gewählt, dem zufolge Lebenskompetenzen vermittelt und Ressourcen und Potenziale der Zielgruppen gefördert werden. Des Weiteren soll durch die aktive Teilnahme der Zielgruppen an Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen deren Selbst- und Mitverantwortung gestärkt sowie deren Selbsthilfeaktivität gefördert werden. Ergebnisse: Zugänge zu schwer erreichbaren Zielgruppen wurden durch bedürfnisorientierte Formen der Ansprache über Vertrauenspersonen und die Entwicklung niedrigschwelliger Angebote geschaffen. Mit einem zugehenden Ansatz ist es gelungen, Zielgruppen zu erreichen, die von gängigen gesundheitsfördernden Maßnahmen und Präventionsangeboten kaum erreicht werden. So konnte bespielsweise ein spezielles Angebot nur für Männer entwickelt werden. Interpretation: In Folge der steigenden Lebenserwartung, des wachsenden Anteils Älterer und der Zunahme Hochaltriger an der Gesamtbevölkerung, ist davon auszugehen, dass Multimorbidität und chronische Erkrankungen zukünftig verstärkt auftreten werden. Um diesen potenziellen altersbedingten Gesundheitsrisiken vorzubeugen, den Anstieg von Pflegebedürftigkeit und Demenz zu vermeiden sowie die Selbstständigkeit und Lebensqualität zu bewahren, gewinnen Gesundheitsförderung und Prävention insbesondere bei sozialer Benachteiligung auch immer mehr an Bedeutung. Es sollen wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie den Herausforderungen, die mit gesundheitlicher Ungleichheit verbunden sind, begegnet werden kann.
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Abstracts 08:30 – 12:00 ���� P082 Evaluation von Versorgungsstrukturen in der frühen Krankheitsphase demenzieller Erkrankungen. Ergebnisse des BMG Leuchtturmprojektes Demenz: sozialtherapeutische „TANDEMGRUPPEN“ zur Frühförderung der Krankheits- und Alltagsbewältigung – eine explorative Studie M. Niemann-Mirmehdi; R. Soellner1; L. Zander; A. Ißelburg; K. Bernecker; M. Rapp1,2; A. Heinz Gerontopsychiatrisches Zentrum, Psychiatrische Universitätsklinik der Charité, St. Hedwig-Krankenhaus, Berlin; 1FB Erziehungs- und Sozialwissenschaften, Institut für Psychologie, Universität Hildesheim, Hildesheim; 2Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Campus Mitte, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Fragestellung: Können psychosoziale Treffpunkte für Demenzkranke ab dem leichten Krankheitsstadium und eine parallel stattfindende Angehörigengruppe (TANDEMGRUPPE) eine kurz-, mittel- und langfristige Entlastung bei der Bewältigung des Lebens mit Demenz fördern? Methoden: Evaluationsziele: Wirksamkeitsanalyse (subjektive Wahrnehmung), Identifikation hemmender, fördernder Faktoren; Gruppen- u. Prozessevaluation; Akzeptanz. Untersuchungsgruppen: Prä-, Postvergleich neuer TANDEMGRUPPE (TG) u. Vergleichsgruppe (6 Mon.); retrospektive Analyse länger bestehender TG sowie 1 Angehörigengruppe ehemaliger TG. Untersuchungsmethoden: qualitative Interviews (38 Angeh., 36 Pat.) 3 Focusgruppen (Gruppenbegleiter, Angeh. ehemaliger TG). Schriftliche Befragungen; Skalen, Klinische Assessments (DemTect, Kessler; GDS, Reisberg; GDS, Bach; WHOQOL-BREF; BSSS, Schwarzer; BIZA-D; AG Zank). Studienmerkmal: Getrennte Befragung v. Patienten, Angehörigen, Begleitern. Ergebnisse: Während die Ergebnisse der quantitativen Erhebungen keine signifikante Wirksamkeit der Tandemgruppen aufzeigen, lassen die qualitativen Daten klare Ergebnisse auf eine subjektiv wahrgenommene Wirksamkeit hinsichtlich folgender Zielvariablen erwarten: langfristiger sozialer Rückhalt, Begleitung; mehr Selbsthilfe; Erweiterung der Erlebniswelt; positive Wechselwirkung i. d. Paarbeziehung; schamfreierer u. offensiverer Umgang m. d. Erkrankung. Als fördernde Faktoren erweisen sich der gleichzeitige Gruppenstart im leichten Krankheitsstadium, interessengeleitete Unternehmungen, angstfreies Setting u. das zeitlich unbefristete Angebot. Mangelnde Fahrdienste im Verlauf zählen zu den gravierendsten Hemmnissen. Seitens der Patienten, durch ihre Begleiter bestätigt, wird der entlastende Erfahrungsaustausch untereinander nach gewiesen, was sich Angehörige wie ihre Gruppenbegleiter z. t. schwer vorstellen können. Interpretation: Der qualitative Ansatz entspricht der Probandennähe. Die Triangulation der Patienten-, Angehörigen und Begleiterdaten lässt Einblicke in Perspektiven für einen praxisrelevanten Trialog erwarten. 08:30 – 12:00 ���� P083 The Development of a Model of the Meaning of Working for Older Workers C. Rudolph; A. Bal; B. Baltes Psychology, Wayne State University, Detroit/USA; Research suggests that work is a very important part of people’s lives. Over 50-years of research (e.g., Harpaz, 1999; Morse & Weiss, 1955) suggests that across cultures, occupations, ages, and sexes, a majority of people would continue to work even if they did not need to do so financially. Because research has suggested that working is universally important to people, researchers have attempted to develop models explaining the meaning of working in general (e.g., Brief et al., 1995). Yet, there is still no well-developed theory or model explaining the meaning of working for older workers specifically. In an attempt to codify past research regarding the meaning of working for older workers into a coherent framework, a new model of the meaning of working for older workers was developed. This model focuses on (a) how the meaning of working reflects older workers’ specific needs and motivations and (b) how the components that contribute to the meaning of working may be dynamic across
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the lifespan. This model focuses on the central idea that the meaning of working is affected by the choices and experiences of individuals in both organizational and environmental contexts. These choices affect a set of components (i.e., rewards and expectations, and identification with working) that combine to constitute the meaning of working for older workers. The implications of this model (both theoretically and practically) are discussed within a framework that emphasizes the positive aspects of aging and intergenerational interactions in the workplace. 08:30 – 12:00 ���� P084 Etablierung eines zugleich Krankenhaus- und Pflegestützpunktbasierten Case-Managements (PLAN) zur Reduzierung der Rate ungeplanter stationärer Wiederaufnahmen R. Pilgrim; R. Neubart; V. Vahrenhorst 1 Schwerpunkt Geriatrie, Klinik für Innere Medizin III, Sana Klinikum Lichtenberg, 1 Pflegestützpunkt Lichtenberg, Berlin; Fragestellung: Ungeplante Wiederaufnahmen nach stationärer Behandlung stellen ein erhebliches ökonomisches und menschliches Problem dar, führen zu Frustrationen bei Patienten, Angehörigen und Team und erhöhen die Gesamtkosten medizinischer Versorgung. Projektziele sind die Erfassung solcher Wiederaufnahmen bzw. deren Verhinderung oder Verzögerung durch Etablierung eines institutionsübergreifenden Case-Managements zur Nachjustierung des ambulanten Therapie- und Versorgungskonzeptes und die Vermeidung bzw. Verzögerung nicht erwünschter Umzüge ins Pflegeheim Methoden: Projektdauer: 1.8.2009 – 31.12.2010 Akteure in der patientenzentrierten altersmedizinischen Lichtenberger Netzwerkarbeit (PLAN): besonderes Merkmal ist hierbei ein zu je 50% in beiden Institutionen beschäftigter Sozialarbeiter Einschlusskriterium: Teameinschätzung der ambulanten Versorgungssituation als instabil bzw. gering belastbar Nachverfolgung: telefonische Kontakte oder Hausbesuche unmittelbar nach, sowie 3 und 6 Monate nach Krankenhausentlassung Ergebnisse: Vom 1.8.2009 bis zum 31.3.2010 wurden 87 Patienten (24m/63w) zwischen 51 und 95 J (Ø 77,8 J) eingeschleust. Poststationäre Problemkonstellationen betrafen zu 90% Wohnungsanpassungen, den Umzug in eine behindertengerechte Wohnung oder die Optimierung der Hilfsmittelversorgung Die am häufigsten ambulant eingeleiteten Maßnahmen waren bauliche Veränderungen (v.a. Türschwellenentfernung, Badumbau) die Vermittlung von Hilfsmitteln Antragstellungen gem. SGB XI Unterstützung bei der Vorbereitung der Begutachtung durch den MDK Vermittlung von Begleit- und Mobilitätsdiensten Interpretation: Forschungsfragen für die wissenschaftliche Begleitung: Warum lehnen Patienten die nachgehende Betreuung ab? Haben nicht in das Projekt eingeschlossene Patienten eine höhere Rehospitalisierungs- oder Mortalitätsrate? Welche Strukturen und Kommunikationswege verbessern die Nachhaltigkeit des Behandlungserfolges? 08:30 – 12:00 ���� P085 www.wohin-im-alter.de Verbraucher bewerten Pflegeheime B. Stärck Wolber´s GbR, Dänischenhagen; Fragestellung: Wie werden Pflegeheime von Verbrauchern, also von pflegebedürftigen Bewohner/innen oder deren Angehörige beurteilt? Wer nutzt das Medium der Internetbewertung? Wie werden die verschiedenen Kriterien bewertet? Gibt es Unterschiede zwischen Regionen, Bundesländern oder Heimbe treibern?
Methoden: Im Internet können Verbraucher Pflegeheime folgendermaßen bewerten: Schritt 1 – Haus auswählen Schritt 2 – bewerten – Wir haben 10 Aussagen vorbereitet. Nutzer können zu jedem der Themen eine Note abgeben oder haben die Möglichkeit "keine Angaben" anzuklicken. – Vergeben werden Noten von 1 bis 6, wie in der Schule (1 = "sehr gut" bis 6 = "ungenügend").
Zielgrößen, kognitive (ADAS-kog) und alltagspraktische (E-ADL-Test) Fähigkeiten, wurden durch verblindete Tester erhoben. Ergebnisse: Insgesamt wurden 143 Heimbewohner auf Interventionsund Kontrollgruppe (Standardversorgung) randomisiert, 118 schlossen die sechsmonatige Therapie und die t1-Untersuchung ab. 63 Heimbewohner konnten auch nach 12 Monaten noch untersucht werden. Das Projekt befindet sich derzeit noch in der Auswertungsphase. Ergebnisse werden auf dem Kongress vorgestellt.
Schritt 3 – Kommentar – Wer möchte, kann im nächsten Schritt einen frei formulierten Kommentar hinzufügen.
08:30 – 12:00 ���� P087 Lebensraum im Alter: Raumnutzungsstrategien und soziale Partizipation in verschiedenen Wohnumfeldern E. Althaus; M. D. Métrailler angewandte Forschung und Entwicklung, Soziale Arbeit, Berner Fachhochschule, Bern/CH;
Schritt 4 – Adresse – Vor dem Absenden der Bewertung bitten wir, den Namen, die Anschrift und die E-Mail Adresse anzugeben. Wir möchten damit sichern, dass nur ernst gemeinte Bewertungen abgegeben werden. Kontrolle und Bewertung absenden – Vor dem Absenden sieht der Nutzer eine Übersicht der Bewertung und kann diese noch einmal korrigieren. – Innerhalb von 30 Tagen kann nur eine Bewertung abgeben werden. – Nach abgegebener Bewertung versenden wir eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Die Bewertungen können nun gelesen und als Hilfestellung bei der Wahl des Pflegeheims genutzt werden Ergebnisse: Insgesamt hatte das Bewertungsportal bisher 12XXX Besucher. Es wurden XXX Einrichtungen bewertet. Insgesamt ergab sich die Durchschnittsnote X,X. XX% der Bewertungen wurden von Angehörigen, XX% von Besucher/innen und XX% von Bewohner/innen abgegeben. Es gibt kaum regionale oder betreiberbedingte Unterschiede. (Zahlen werden aktuell zum Kongress eingetragen) Interpretation: Erstaunlich ist, dass ein Wechsel des Pflegeheimes trotz hoher Unzufriedenheit meist nicht in Frage kommt. Ca. XX% der Bewerter/innen beurteilen die Heime positiv, nur XX% negativ. (Zahlen werden aktuell zum Kongress eingetragen) 08:30 – 12:00 ���� P086 Leuchtturm-Projekt „MAKS-aktiv!“ – nicht-medikamentöse Therapie bei Demenzpatienten im Pflegeheim: Erste Ergebnisse B. Eichenseer; K. Luttenberger; C. Donath; R. Stemmer 1; E. Gräßel Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Psychiatrie, Universitätsklinikum, Erlangen; 1 Fachbereich Gesundheit und Pflege, Katholische Fachhochschule Mainz, Mainz; Fragestellung: Bislang gibt es noch keine klinische Studie zur Wirksamkeit der Kombination alltagspraktischer, psychomotorischer und kognitiver Trainingselemente bei Demenzkranken im Pflegeheim. Die multimodale Aktivierungstherapie führt zu besseren kognitiven und alltagspraktischen Leistungen in der Interventionsgruppe, wobei erwartet wird, dass die Fähigkeiten in der Therapiegruppe im Durchschnitt konstant bleiben, während sie in der Kontrollgruppe entsprechend des chronisch progredienten Krankheitsverlaufs weiter abnehmen. Methoden: Im Rahmen einer 6-monatigen, randomisiert-kontrollierten Studie, „MAKS aktiv!“ wurde die Wirksamkeit eines an sechs Tagen in der Woche durchgeführten, manualgestützten Trainings in Bezug auf kognitive und alltagspraktische Fähigkeiten untersucht. Zusätzlich wurde eine Follow-up-Erhebung zwölf Monate nach Therapiebeginn durchgeführt. MAKS aktiv! steht für motorisches, alltagspraktisches, kognitives und spirituelles Aktivierungstraining. Die Studie wird in Kooperation mit der Diakonie Neuendettelsau und dem Fachbereich Pflege und Gesundheit der Katholischen Fachhochschule Mainz durchgeführt. Gefördert wird die Interventionsstudie im Rahmen der Leuchtturm-Demenz-Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit. Einschlusskriterien waren Demenz laut Arzturteil und ein MMST-Wert kleiner als 24. Ausschlusskriterien waren unter anderem Pflegestufe 3 und Hinderungsgründe für die Teilnahme an einer Gruppentherapie. Die primären
Fragestellung: Die Möglichkeiten zur sozialen Partizipation älterer Menschen hängen unter anderem von der materiellen und sozialen Ausgestaltung ihres wohnungsnahen Sozialraums ab. Das Projekt setzt sich zum Ziel anhand einer systematischen Untersuchung in 3 verschiedenen Siedlungsstrukturen: – Nutzungsstrategien/Handlungsspielräume und Barrieren der Nutzung älterer Menschen in ihrem wohnungsnahen Lebensraum herauszukristallisieren – ein mehrdimensionales Instrumentarium zu erarbeiten, das förderliche und hinderliche Kriterien für die soziale Partizipation älterer Menschen in ihrem Lebensraum identifiziert Folgende Forschungsfragen stehen im Zentrum der Untersuchung: 1) Welche individuellen und interaktiven Handlungen geschehen im öffentlichen Raum eines Wohnumfelds? Wie werden diese Handlungen durch die Siedlungsstruktur beeinflusst? 2) Welche Vorstellungen und Bedürfnisse haben ältere Menschen bezüglich ihres wohnungsnahen Lebensraumes? Welche Erwartungen an die Raumnutzung haben sie? 3) Wie bilden sich vor dem Hintergrund der materiellen Eigenschaften bestimmter Siedlungsstrukturen Sozialräume und Begegnungsorte heraus? Welche Faktoren sind dabei förderlich oder hinderlich? Methoden: Die Forschungsfragen werden mit Methoden der qualitativen Sozialforschung bearbeitet. Es wird ein Methodenmix gewählt mit 1.) Gruppendiskussionen mit Alters- und Seniorenorganisationen (Einbezug der praxisbezogenen Expertise in die Wissensgenerierung) 2.) teilnehmender Beobachtung in ausgewählten Wohnumfeldern (detaillierte Analyse der Raumstrukturen und Nutzungsmuster älterer Menschen in drei Siedlungsräumen) 3.) qualitativen Interviews mit älteren BewohnerInnen (Herausfiltern der Perspektiven älterer Menschen: Vorstellungen zum wohnungsnahen Lebensraum und partizipativen Handlungsstrategien) Ergebnisse: Studienbeginn Sommer 2010: Schwerpunkt des Posters auf Konzept der Studie; es werden noch keine Ergebnisse vorliegen 08:30 – 12:00 ���� P088 Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) Projekt „Im Alter IN FORM: Gesund essen, mehr bewegen.“ A. von Laufenberg Beermann; S. Lacour BAGSO e.V., Bonn; Fragestellung: Forschungsergebnisse belegen, dass eine gesunde Ernährung bis ins hohe Alter das Wohlbefinden fördert und ernährungsbedingten Erkrankungen vorbeugt. Ferner bestätigen Sie, dass ältere Menschen durch ein gezieltes Bewegungstraining ihre Selbstständigkeit länger aufrecht erhalten und ihr Sturzrisiko deutlich mindern können. Daher unterstüzt die BAGSO und ihre Mitgliedsverbände „In FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ und bietet Schulungen für Multiplikatoren, Akteure und Fachkräfte in der Seniorenarbeit an.
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Abstracts Mit den Schulungen werden Informationen und Anregungen für eine vollwertige Ernährung, sachgerechte Mundpflege und angemessene Bewegung vermittelt. Methoden: Im Rahmen des Projektes werden Einführungs- und Weiterbildungsschulungen angeboten, die unterschiedeliche Zielgruppen ansprechen. Die Vorträge der Schulungen werden von Referentinnen und Referenten der Kooperationspartner gehalten. Die Kooperationspartner sind die DGE, VZ, DGAZ und der DTB. Es wird jährlich ein Bundeswettbewerb angeboten. Hierbei werden besondere Leistungen von Multiplikatoren zur Gesundheitsprävention von älteren Menschen ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet im Rahmen einer Fachtagung statt. Bei dieser werden spezielle Themen und Fragestellungen zur Gesundheitsprävention im Alter mit Experten und Akteuren in der Arbeit mit älteren Menschen diskutiert und Perspektiven erarbeitet. Ergebnisse: Die Evaluation erfolgt durch ein externes Institut. Gerontosoziologische und gerontopsychologische Erkenntnisse werden in Workshops mit den Referentinnen und Referenten diskutiert und im Hinblick auf ihre Relevanz für die Gestaltung der Schulungen geprüft. 08:30 – 12:00 ���� P089 Anders alt!? Lebensqualität für ältere Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung B. Lindmeier; L. Oermann 1; N. Schippmann 1; J. Windheuser 1; A. Riecken 1 Institut für Sonderpädagogik, Leibniz Universität Hannover, Hannover; 1 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Fachhochschule Osnabrück, Osnabrück; Fragestellung: Die Verbesserung der Lebenssituation älterer Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung stellt eine neue Herausforderung für die deutsche Gesellschaft dar. Gemeinsam mit dem größten regionalen Träger der Behindertenhilfe werden in einem dreijährigen Prozess Angebote, personelle Potentiale und institutionelle Netzwerke beschrieben, daraus theoriegeleitet ein Gesamtkonzept entwickelt und implementiert. Methoden: Im ersten Jahr wurden über Hospitationen, intensive Experteninterviews mit einschlägig tätigen Mitarbeitern sowie Zukunftstage mit Vertretern der Zielgruppe Informationen gesammelt: – zu bereits praktizierten Angeboten für die Zielgruppe, – zu noch nicht ausgereiften Ansätzen und Ideen in den Köpfen der Mitarbeiter, – zu Überlegungen, Vorstellungen und Wünschen bei den Menschen mit Behinderung selbst. Ergebnisse: Neben hervorragenden einzelnen Initiativen existiert insgesamt keine feste Strategie zum Übergang in den Ruhestand, Zuständigkeiten sind unklar, viel Unsicherheit herrscht bei der Einordnung von Verhaltensweisen (Demenz – normaler Abbau – Behinderung), und Widersprüche im professionellen Leitbild werden erfahren. Bei älter werdenden Behinderten im Elternhaus scheitert rechtzeitige Zukunftsplanung oft an den Lebensverhältnissen. Betroffene neigen zur Ausklammerung des Problems und suchen wenig Informationen. Sie hängen an der aktuellen Lebenssituation. Ängste bestehen vor Einsamkeit und fehlender Struktur. Interpretation: Die Ergebnisse werden mit Mitarbeitern und Zielgruppe rückgekoppelt. Sie münden in Konzeptualisierung und Umsetzung von Personalentwicklung, Implementierung von Bildungsangeboten für Menschen mit Behinderungen sowie Einrichtung von Qualitätszirkeln. Möglichkeiten der – offenbar recht schwierigen – Vernetzung über das System Behindertenhilfe hinaus werden untersucht.
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08:30 – 12:00 ���� P090 Maßnahmen zur Sturzprävention in Pflegeheimen und Krankenhäusern C. Heinze Institut für Medizin-/Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft, Campus Virchow Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Fragestellung: 1. Welche Maßnahmen zur Sturzprävention führen Pflegende bei Pflegeheimbewohnern und Krankenhauspatienten mit Sturzrisiko durch? 2. Wie viel häufiger werden diese Maßnahmen bei Betroffenen mit Sturzrisiko als bei denen ohne Sturzrisiko durchgeführt? Methoden: Im April 2009 wurde eine Querschnittuntersuchung in 76 Pflegeheimen und 15 Krankenhäusern in Deutschland durchgeführt. Es wurden Daten von 5521 Bewohnern (Rücklauf 79,3%) und von 2930 Patienten (Rücklauf 66%) erhoben. Das Sturzrisiko wurde von den Pflegenden auf einer Skala von 1 (sehr geringes Sturzrisiko) bis 10 (sehr hohes Sturzrisiko) erfasst. Der Trennwert für ein erhöhtes Sturzrisiko betrug 4. Ergebnisse: Die häufigsten Maßnahmen bei sturzgefährdeten Pflegeheimbewohnern waren Beratung zum Sturzrisiko (75%), Beaufsichtigung (45%) und das Angebot eines Hüftprotektors (30,3%). Bettgitter erhielten 24% der sturzgefährdeten Bewohner, eine Fixierung wurde bei 6% durchgeführt. Kraft- und Balanceübungen (Odds Ratio= 1,0; 95% KI 0,8- 1,2) wurden bei sturzgefährdeten Heimbewohnern nicht häufiger durchgeführt, ebenso wenig erhielten sie häufiger Bettgitter als nicht sturzgefährdete Bewohner (Odds ratio= 1,0; 95% KI 0,9- 1,2). Die sturzgefährdeten Bewohner wurden jedoch doppelt so häufig fixiert (Odds Ratio= 2,1; 95% KI 1,5-2,9). Die häufigsten Maßnahmen bei den sturzgefährdeten Krankenhauspatienten waren die Beratung (53,4%), Physiotherapie (43,7%) und das Anbringen von Bettgittern (28,5%). 3,3% der sturzgefährdeten Patienten wurden fixiert. Die Chance für einen sturzgefährdeten Patienten fixiert zu werden, war fast um das 60fache erhöht (Odds Ratio= 57,8; 95% KI 7,8-427,9), die Chance, ein Bettgitter zu erhalten, um fast das 12fache (Odds Ratio= 11,8; 95% KI 8,6- 16,0). Interpretation: Das Risiko, freiheitseinschränkende Maßnahmen zu erhalten, ist für sturzgefährdete Krankenhauspatienten besonders hoch. Weitere Analysen werden auf dem Kongress präsentiert. 08:30 – 12:00 ���� P091 AMIQUS: Potenziale und Grenzen der Selbstorganisation und Selbsthilfe älterer MigrantInnen M. Alisch; M. May 1; N. Laabdallaoui 1; F. Dölker; M. Kovacevic 1; S. Fröba; B. Bulgay 1 Sozialwesen, Hochschule Fulda, Fulda; 1 Sozialwesen, Hochschule RheinMain, Wiesbaden; Fragestellung: Bedingungen, Ressourcen und Barrieren für eine angemessene Lebensführung älterer Menschen mit Migrationshintergrund in unterschiedlich strukturierten Quartieren deutscher Städte (Wiesbaden (Biebrich, Westend), Fulda (Aschenberg) und München (Hasenbergl, Harthof). Ziele: Erheben der Sichtweise älterer MigrantInnen auf Probleme und Barrieren, Vorstellungen über das Leben im Alter, angemessene Unterstützungsangebote; Initiieren und Begeleiten von Ansätzen der Selbstorganisation und Selbsthilfe der MigrantInnen (vernetzen untereinander und mit bestehenden Angeboten). Methoden: Amiqus versteht sich als Projekt „praktisch einhakender Sozialforschung“ und arbeitet kooperativ mit Praxispartnern der Gemeinwesenarbeit, der Integrations- und Migrantenarbeit, des bürgerschaftlichen Engagements und der Seniorenarbeit in allen 3 Projektphasen zusammen. Phase 1: Moderierte Projektgruppen älterer MigrantInnen an 4 Standorten je 20 Personen; Sozialraumtagebücher; Zukunftswerkstätten; Phase 2: Aktivierende repräsentative Befragung an 4 Standorten; Phase 3: Partizipative Projektentwicklung in Kooperation mit der Praxis sowie strukturierte Analyse der Critical Incidents.
Ergebnisse: Das Material der Erhebungen der 1. Phase wurde auf der Basis der dokumentarischen Methode ausgewertet und so Typologien zu Netzwerken, Sozialraumnutzrung und den Interessensorientierungen erarbeitet. Deren Allgemeingültigkeit wird in Phase 2 anhand einer repräsentativen und aktivierenden Befragung überprüft. Interpretation: Die Netzwerke älterer Migranten sind sehr differenziert von stark zurückgezogenen über familiär und freundschaftlich eingebunden bis zur Vernetzung in speziellen Organisationen. Die Interessen variieren von Vergemeinschaftung über nützliche Tätigkeiten an (halb-) öffentlichen Orten über den Wunsch nach Öffnung kultur- und freizeitbezogener Angebote für ältere Zuwanderer bis zu Gemeinwesenorientiert-politischen oder altruistischen Initiativen. 08:30 – 12:00 ���� P092 Stichtagserhebung „Freiheitsentziehende Maßnahmen“ des MDK Bayern zum „Annual World Elder Abuse Awareness Day“ am 15. Juni 2008 O. Randzio; A. Herold-Majumdar; A. Berzlanovich 1; H. Plischke 2; N. Kohls 2 Ressort Pflege, MDK Bayern, 1 Institut für Rechtsmedizin, Universität München, München; 2 GRP – Generation Research Program, Humanwissenschaftliches Zentrum Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München, Bad Tölz; Fragestellung: Im Rahmen der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI, Pflegeversicherung) wird die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen sowohl im ambulanten, häuslichen Bereich als auch in stationären Pflegeeinrichtungen vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erhoben jedoch nicht systematisch im Sinne der Versorgungsforschung ausgewertet. Methoden: Der MDK Bayern verschaffte sich 2008 im Rahmen einer Querschnittsstudie einen Überblick über die Fixierungsrate im ambulanten und stationären Sektor durch eine Stichtagserhebung. Die Stichprobe ergab sich aus der Auftragslage (Aufträge der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände, ARGE, für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit nach SGB XI). Ergebnisse: Insgesamt wurden die Daten von 513 Versicherten erhoben. Von den 296 (58%) Versicherten im stationären Bereich waren 38 % fixiert und von den 217 (42 %) Versicherten in der eigenen Häuslichkeit (ambulant) waren 9 % fixiert. Versicherte mit eingeschränkter Alltagskompetenz waren zu 65 % im ambulanten Bereich und zu 79 % im stationären Bereich fixiert. 35 % der fixierten Versicherten waren pflegebedürftig gemäß der Stufe 1, 32 % gemäß der Stufe 2 und 14 % gemäß der Stufe 3. Die Art der Fixierung wurde differenziert erhoben. Bei 72% der ambulant betreuten und bei 67% der stationär versorgten fixierten Versicherten wurden Bettgitter eingesetzt. Ganztags und nachts wurde im stationären Bereich signifikant mehr fixiert als im ambulanten Bereich. Interpretation: Durch den gesetzlichen Begutachtungsauftrag können flächendeckende Daten zur Verbreitung freiheitsentziehender Maßnahmen (FeM) sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich gewonnen werden, die im Sinne der Versorgungsforschung auszuwerten sind. Die Effektivität von Interventionsprogrammen zur Reduktion von FeM kann überprüft und die Motivation für solche Anstrengungen zur Vermeidung und Reduktion von FeM kann damit gefördert werden. 08:30 – 12:00 ���� P093 Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand eine qualitative Studie zu den Erwartungen und Planungsaktivitäten älterer Arbeitnehmer A. Pokora; K. Hoffmann; D. Litaker 1; A. Loerbroks 2 Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Med. Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg; Kompetenzzentrum für Sozialmedizin und betriebliche Gesundheitsförderung, Med. Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim; 1 Departments of Medicine, Epidemiology and Biostatistics, Case Comprehensive Cancer Center, Case Western Reserve University, Cleveland/USA; 2 Kompetenzzentrum für
Sozialmedizin und betriebliche Gesundheitsförderung, Med. Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim; Fragestellung: Es wird angenommen, dass der Übergang in den Ruhestand für viele ältere Arbeitsnehmer ein einschneidendes Lebensereignis darstellt. Wie sie diese Übergangsphase erleben und mit ihr umgehen, wurde bisher noch nicht hinreichend untersucht. Aus diesem Grund haben wir eine qualitativ-explorative Studie durchgeführt. Methoden: Um ein möglichst breites Spektrum zu erreichen, wurden Teilnehmer gezielt aus unterschiedlichen Beschäftigungsfeldern rekrutiert, die sich in verschiedenen Phasen vor bzw. nach dem Ruhestand befanden. Semistrukturierte Interviews wurden geführt und inhaltsanalytisch kodiert. Nachfolgend wurden Hypothesen gebildet, worauf die hermeneutische Datenauswertung folgte. Zur Stichprobenbeschreibung diente ein standardisierter Fragebogen. Ergebnisse: Laut Fragebogen wies die Stichprobe (n=23) eine gute Gesundheit, hohe soziale Integration und gute finanziellen Ressourcen auf. Die qualitativen Analysen deuteten an, dass Planung, soziale Netzwerke und Gesundheit wichtige Themen bei dem Übergang in den Ruhestand darstellen. So wurde die Wichtigkeit von ausreichender körperlicher sowie geistiger Betätigung im Ruhestand sehr häufig angesprochen. Überraschenderweise wurde mehrfach geäußert, dass man bei bestehender Krankheit nicht vorzeitig in den Ruhestand gehen sollte. Finanzielle Befürchtungen stellten kein zentrales Thema dar, wurden aber als ein Problem zukünftiger Rentnergenerationen gesehen. Interpretation: Unsere Studie zeigt auf, welche Themenbereiche bei dem Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand eine Rolle spielen. Folgestudien müssen zeigen, ob diese oder andere Themenfelder auch für gesundheitlich, sozial und finanziell schlechter gestellte Stichproben relevant sind. Langfristig können aus diesen Erkenntnissen Ansatzpunkte für Interventionen abgeleitet werden, die den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand erleichtern. 08:30 – 12:00 ���� P094 Adipositas in der Pflege und Versorgung alter Menschen – Pilotstudie zur Erfassung von Aufwendungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen G. Apelt; V. Garms-Homolová 1; A. Kuhlmey 2 Institut für Medizinische Soziologie, Campus Charité Mitte, 2 Campus Benjamin-Franklin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, 1 Alice Salomon Hochschule, Berlin; Fragestellung: Alltagsbeobachtungen deuten darauf hin, dass die Pflege adipöser Menschen neue Anforderungen stellt. Sie erscheint sehr aufwendig, zum einen hinsichtlich des Zeit-/Kraftaufwandes einzelner Mitarbeiter und zum anderen in Hinblick auf die Arbeitsorganisation sowie den Einsatz von Technik und pflegerischen Ressourcen. Diese Studie untersucht: 1. Ob adipöse Pflegeheimbewohner einen pflegerischen, personellen, organisatorischen und/oder institutionellen Mehraufwand verursachen? 2. Inwiefern sich Adipositas auf die pflegerischen, instrumentellen, organisatorischen, personellen und institutionellen Aufwendungen von Pflegeheimen auswirkt? Methoden: Es wurden 104 strukturierte Beobachtungen bei 72 PflegeheimbewohnerInnen in fünf Berliner Pflegeheimen durchgeführt (36 Untersuchungs-/36 Vergleichsgruppe). Fokus der Beobachtungen waren die Pflegetätigkeiten An- und Auskleiden und Transfer von Bett zu Stuhl. Ergänzend wurden 15 leitfadengestützte Experteninterviews auf den Ebenen Pflegedienstleitung, Heimleitung und übergeordnetes Qualitätsmanagement/ Geschäftsführung durchgeführt. Ergebnisse: Entsprechend der vorläufigen Datenauswertung benötigten die Pflegekräfte in der Untersuchungsgruppe bei der Tätigkeit Ankleiden signifikant mehr Zeit, als in der Vergleichsgruppe (M=9.26, SD=3.75, t (66)=2.277, p<0.01, d=0.56, einseitig getestet). Für den Transfer konnte auf Grund der geringen Stichprobe kein signifikanter Unterschied in der Dauer der Tätigkeit nachgewiesen werden (nach Cohen d=0.246). Die Gruppe der adipösen Pflegeheimbewohner ist deutlich jünger, als die der nicht adipösen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Interpretation: Die vorläufigen Ergebnisse stützen unsere Annahme, dass die Versorgung adipöser Pflegeheimbewohner mit einem zeitlichen Mehraufwand einhergeht. Dieser wird von den Pflegekräften durch einen erhöhten körperlichen Einsatz und die verminderte Nutzung von Hilfsmitteln kompensiert. Endgültige Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert.
Anregung, Partizipation, gegenseitige Hilfen, usw.), als auch (b) die ge sellschaftlichen (positive Effekte für die Entwicklung schwieriger Quartiere, Bereicherung des Quartierslebens durch starke Netzwerke, systematische Öffnung ins Gemeinwesen usw.). Das Angebot ist damit explizit zweipolig: 1. Entwicklung von Einzelprojekten 2. Nachhaltige Impulse für Stadtplanung und Quartiersentwicklung
08:30 – 12:00 ���� P095 Zuhause wohnen bleiben bis zuletzt – in innovativen Wohnformen bzw. mit innovativ-ganzheitlichen Diensten (InnoWo) U. Otto; A. Hedtke-Becker 1; G. Stumpp 1; R. Hoevels 1 FB Soziale Arbeit, FHS St. Gallen – Hochschule für angewandte Wissenschaften, St. Gallen/CH; 1 Fakultät für Sozialwesen, Hochschule Mannheim, Mannheim;
Ergebnisse: Das Launch-Center – führt an Gemeinschaftlichem Wohnen interessierte Menschen gezielt zusammen und begleitet diese vom ersten diffusen Wunsch bis in die Nutzungsphase – lässt bislang seltene Veränderung/Mobilität auch in höheren Lebensaltern vorstellbar werden – fördert damit die Verbreitung nachhaltig selbständiger Wohnformen – bündelt das relevante Wissen von soz. Gerontologie, Architektur, Betriebswirtschaft, Pflege- und Gesundheitswissenschaft und Sozialer Arbeit – integriert als One-Stop-Shop – engagiert sich bei der Entwicklung neuer Berufsprofile in diesem zukunftsträchtigen Markt – zielt auf gebrauchswertorientierten Mehrwert und sozio-kulturell-ökonomische Integration- berücksichtigt Bedürfnisse aller Le bensalter – verfolgt den Fluchtpunkt „lernende Region innovativer Wohnformen“ – installiert ein Begleitforschungsdesign, das Grundlagen- und Handlungswissen generiert und eine laufende Evaluation und Optimierung der Arbeit sicherstellt.
Fragestellung: „Zuhause wohnen bleiben bis zuletzt“ – die meisten Menschen im „4. Alter“ wünschen sich dies auch dann, wenn Ange wiesensein und Hilfebedürftigkeit grösser werden. „Ageing in place“ durch „ambulant vor stationär“ ist zudem das überragende politische Credo der meisten Industriestaaten. Die Realität am Lebensende aber sieht anders aus: die meisten Menschen sterben in Institutionen. So wird die Frage immer wichtiger: unter welchen Bedingungen ist ein Verbleib zuhause – bis zum Tode – möglich, und: wünsch- und verantwortbar? Methoden: Im binationalen F+E-Projekt InnoWo geht es um das Feld zwischen autonomem Wohnen und Wohnen/Pflege in Sonderwohnformen. Fokussiert werden: (a) professionelle Unterstützungskonzepte häuslicher Pflege, die weit über die flächendeckenden Angebote hinaus gehen und die Perspektive von „integrated care“ systematisch ausloten. Untersucht werden (b) unterschiedliche (auch innovative) Wohnformen. Diese werden (c) unter der zusätzlichen Dimension des wohlfahrts kulturellen Länder- und Regions-Vergleichs (D/CH) einbezogen. Im Projekt wird in intensiven längsschnittlichen Fallstudien (Qual. Inverviews, Dokumenten-/Aktenanalyse, teiln. Beobachtung, Gruppen diskussion, Falltagebuch) untersucht, welche Bedingungen für den Verbleib zuhause sowie die Lebensqualität aller Beteiligter zentral sind. Ergebnisse: Insbesondere geht es um die genaue Nachzeichnung des biografischen Begleitens: um die dazu notwendigen Haltungen, Kompetenzen und Organisationsstrukturen. – Welche strukturellen Elemente zeigen sich in Kombinationen aus Wohnform und Dienstleistungsarrangement, die ein gelingendes Zu hausewohnen bis zum Tod ermöglichen? – Inwieweit und unter welchen Voraussetzungen lassen sich die herausgearbeiteten Parameter auf andere Settings übertragen? Welche Bedingungen müssen dafür geschaffen werden? – Welches sind andererseits die „Kannbruchstellen“ für biografische Begleitung und das Zuhause-wohnen-bis-zuletzt, und wie kann ihnen begegnet werden? 08:30 – 12:00 ���� P096 Launch-Center für gemeinschaftliche Wohnformen – netzwerken für Wohnnetzwerke U. Otto FB Soziale Arbeit, FHS St. Gallen – Hochschule für angewandte Wissenschaften, St. Gallen/CH; Fragestellung: Das interdisziplinäre F+E-Projekt zielt auf Aufbau, Betrieb sowie Evaluation eines Launch-Centers für gemeinschaftliche Wohnformen, die auch für das Alter geeignet sind. „Launch-Center“ steht für das aktive Auf-den-Weg-Bringen selbstorganisierter Wohnprojekte durch gezielt-ganzheitliche und gut abgestimmte Unterstützung sowie für die dynamische Beteiligung am sozialen Wachstum von Quartieren. Der gesamte Prozess wird fortlaufend evaluiert und grundlagensowie handlungsbezogen beforscht. Methoden: Ziel ist es, die grossen Chancen gemeinschaftlichen Wohnens stark zu machen: sowohl (a) die individuellen (Autonomieförderung,
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08:30 – 12:00 ���� P097 Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in Luxemburger Altenpflegeheimen- Begründungen und Motive für die Anwendung W. Billen Konz; Fragestellung: Der Einsatz von FEM in der Altenpflege ist oft Tabuthema und geschieht in manchen Länern in einem nahezu rechtsfreien Raum, wie z.B. auch in Luxemburg. Zudem arbeiten in Luxemburg Pflegekräfte mehrerer Nationen mit unterschiedlichen Ausbildungen. Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen, wie hoch die Anwendungsrate von FEM ausfällt und wie diese begründet werden? Ausserdem interessiert, welche versteckten Motive entsprechende Entscheidungen beeinflussen und wie belastend dies für die Pflegekräfte ist. Nicht zuletzt ist auch zu fragen, was dies für Konzepte zur Reduzierung von FEM bedeutet? Methoden: Im Rahmen der Untersuchung wurde im November 2009 ein Fragebogen an 886 Mitarbeiter und 35 Leitungskräfte von Wohnbereichen in Luxemburger Altenpflegeheimen verteilt. Die Rücklaufquote des Fragebogens für die Wohnbereiche lag mit 18 Bögen bei 51,4 %, bei den Fragebögen für die Mitarbeiter lag sie mit 240 Bögen bei 27,1%. Ergebnisse: Die Auswertung zeigte, dass eine vergleichsweise hohe Fixierungsrate ( 53,5%) vorliegt. Insgesamt 61,8% der Bewohner erhalten Psychopharmaka, 42,7% der Pflegeheimbewohner sind in geschlossenen Wohnbereichen untergebracht. 50,9% der Befragten geben als Grund zur Anwendung von FEM „Angst vor Reklamationen der Angehörigen“ an; 43,3% geben „Angst vor juristischen Folgen“ an. 33,9 % empfinden die Anwendung von FEM für sich selbst als sehr belastend. Die Definition von FEM durch die Befragten fällt unterschiedlich aus: so betrachten 37,1% Bettgitter, 25,4 % Overalls und Fixierdecken und immerhin 17% Gurte im Bett nicht als FEM! Interpretation: Die Anwendung von FEM im vergleichsweise rechtsfreien Raum führt dazu, dass oft die eigene Absicherung und nicht pflegerelevante Gründe Hauptimpulse für das Handeln der Pflegekräfte sind. Nicht die Rahmenbedingungen einer Institution, sondern Philosophie und Pflegepraxis bestimmen die Anwendung. Die gesellschaftliche und juristische Tabuisierung führt zur Erhöhung der Fixierungsraten und zur psychischen Belastung der Pflegekräfte.
08:30 – 12:00 ���� P098 Zur Analyse der außerhäuslichen Mobilität älterer Menschen: Das Potenzial von GPS-Technologie und Geographischen Informationssystemen (GIS) A. L. Schwieger Geographisches Institut, Universität Heidelberg, Heidelberg; Fragestellung: Mobilität ist ein bedeutender Aspekt des täglichen Lebens älterer Menschen, da sie Selbständigkeit und Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht. Für den Erhalt der außerhäuslichen Mobilität im Alter und die Überwindung existierender Mobilitätsbarrieren spielt der Zugang zu privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln eine wichtige Rolle. In Bezug auf Verkehrserschließung und -aufkommen lassen sich in städtischen Siedlungsräumen bedeutende Unterschiede erkennen, welche die Nutzung von Verkehrsmitteln oft entscheidend beeinflussen. In diesem Beitrag soll das Potenzial verschiedener methodischer Ansätze für die Erfassung und Analyse des Mobilitätsverhaltens älterer Menschen dargestellt werden. Auf der Grundlage empirischer Daten aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt SenTra werden kontinuierliche GPS-Trackingdaten einzelner Probanden in Form von Fallstudien analysiert. Der Fokus liegt auf der Nahmobilität und der Wahl unterschiedlicher Verkehrsmittel. Methoden: Der Einsatz von GPS-Tracking zur Erhebung von Mobilitätsdaten wird ergänzt durch Geographische Informationssysteme (GIS) zur Identifizierung und Analyse der umfeldbedingten Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Durch die Verknüpfung raumrelevanter Daten im GIS werden räumliche Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Muster sichtbar gemacht und bewertet. Ergebnisse: Zur Identifikation der genutzten Verkehrsmittel werden verschiedene methodische Ansätze erprobt und bewertet. Dabei dienen Variablen wie z.B. die Geschwindigkeit, ein Winkelmaß für Richtungswechsel und die Distanz zwischen aufeinanderfolgenden Punkten als Indikatoren. Interpretation: Es zeigt sich, dass eine Kombination verschiedener methodischer Ansätze die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Verkehrsmittelidentifizierung erhöht. Durch die Analyse einzelner Tracks lassen sich über die Häufigkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (in Abhängigkeit vom Wohnort innerhalb des Untersuchungsgebiets) Rückschlüsse auf die Akzeptanz und den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ziehen. 08:30 – 12:00 ���� P099 Projekt 2012 begegnet den Folgen des demografischen Wandels in der ambulanten Pflege A. Kynast Beratungs- und Koordinierungsstelle, AKD Ingbert Ochs GmbH, Damscheid; Fragestellung: 1. Welche Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsförderung sind notwendig, um die Arbeitskraft älter werdender Mitarbeiter in der ambulanten Pflege zu erhalten? 2. Wie kann das Dienstleistungsangebot eines ambulanten Pflegedienstes verändert werden, um Arbeitsplätze für älter werdende Mitarbeiter zu erhalten? Methoden: Interview Auswertung Statistik Auswertung empirischer Studien Ergebnisse: Andrea Kynast, Mitarbeiterin der Beratungs- und Koordinierungsstelle erarbeitet im Rahmen ihres Gerontologiestudiums an der HS Lausitz in Cottbus ein Konzept zur Umstrukturierung eines ambulanten Pflegedienstes mit folgenden Zielen: 1. Anpassung des Dienstleistungsangebotes an sich verändernde Kunden bedarfe durch Ausdehnung entlastender Angebote für Angehörige psy chisch veränderter alter Menschen, und Einrichtung eines Tagespflege angebotes. Zusätzlicher Nebeneffekt: eine Steigerung der Konkurrenz fähigkeit des Unternehmens.
2. Erhaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsfähigkeit älter werdender Mitarbeiter durch Schaffung von Mischarbeitsplätzen (ambulante Pflege, Stundenbetreuung und Tagespflege), gesundheitsfördernde Maßnahmen, Partizipation und flexible Arbeitszeitmodelle. 08:30 – 12:00 ���� P100 Förderung der Autonomie von älteren Menschen in der stationären Langzeitpflege E. Schorro; D. Ruedin Hochschule für Gesundheit Freiburg, Freiburg/CH; Fragestellung: Das Prinzip der Autonomie gilt zwar in der Pflege als grundlegender Wert, dessen Umsetzung in der Praxis ist jedoch nicht immer klar und ist mit verschiedenen Herausforderungen verbunden. Bei der Pflege von älteren Menschen ergeben sich insbesondere dann Schwierigkeiten, wenn körperliche und kognitive Einschränkungen vorliegen. Es wurde deshalb der Frage nachgegangen, wie Pflegende die Autonomie von älteren Menschen in der stationären Langzeitpflege fördern können. Methoden: Im Rahmen einer Pilotstudie wurden in drei Schweizer Pflegeheimen acht Pflegende mit halbstrukturierten Interviews befragt. Die transkribierten Daten wurden anhand einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2003) ausgewertet und kategorisiert. Ergebnisse: Die Befragung hat gezeigt, dass die Pflegenden kein klares Verständnis zum Begriff Autonomie haben, Autonomie wird häufig mit Selbstständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens in Verbindung gesetzt. Die Pflegenden nennen verschiedene autonomiefördernde wie –hemmende Faktoren. Des Weiteren werden für die Unterstützung der Autonomie Massnahmen auf der organisatorischen und strukturellen Ebene genannt. Die Befragten formulieren zudem verschiedene Visionen für eine autonomiefördernde Pflege im Pflegeheim. Interpretation: Auch wenn die Pflegenden verschiedene Ansatzpunkte vorschlagen, um die Autonomie von älteren Menschen zu fördern, liegt kein klares Verständnis zum Begriff Autonomie vor. Es ist deshalb wichtig, Pflegende im Rahmen der Aus- und Weiterbildung vermehrt für die Thematik zu sensibilisieren. Um in den Langzeitpflegeeinrichtungen eine autonomiefördernde Pflege ermöglichen zu können, braucht es zudem Massnahmen auf der organisatorischen und strukturellen Ebene. 08:30 – 12:00 ���� P102 Kreativität im Alter Die Entwicklung einer interdisziplinären Matrix als Grundlage für eine Pädagogik des Alterns B. Panke-Kochinke Evangelische Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, Bochum; Zielsetzung: Die Entwicklung einer interdisziplinären Matrix im Umgang mit Kreativität im Altern ermöglicht es perspektivisch, eine Pädagogik des Alterns zu entwickeln. Begründung: Die Erfassung von Parametern, die Kreativitätspotentiale im Umgang mit Alternsprozessen erkennbar machen, ergänzt die aktuelle Forschung zur Erfassung von Problemen und Ressourcen in der Gestaltung des Lebens im Alter. Der Umgang mit Alternsprozessen beginnt nicht erst mit dem Eintritt eines bestimmten zu definierenden kalendarischen Alters, sondern gründet auf eingeübten Lebensmustern. Kreativität als eine noch genauer zu bestimmende Umgangsweise mit Alternsprozessen wird dabei hypothetisch eine progressive Funktion zugeschrieben. Altern wird dabei selbst als kreative Potenz begriffen und gelebt. Durchführung: Die methodische Suchstrategie zur Erfassung von zentralen Parametern, die den kreativen Umgang mit Alternsprozessen bezeichnen, gründet auf zwei Säulen. 1. Gesellschaftliche Diskursebene. Zum einen geht es um die Rekonstruktion des gesellschaftlichen Diskurses zu diesem Thema (Diskursanalyse nach Foucault). Die Analyse der wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Diskussion, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Neuen Medien und der Printmedien geführt wird, bietet einen Anhaltspunkt dafür. Die Suchstrategie orienZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts tiert sich an bestimmten Begriffskombinationen, die im Vorfeld der Untersuchung bereits ermittelt wurden. Die interdisziplinäre Schnittmenge in der wissenschaftlichen und die standardisierten Modellbildungen in der populärwissenschaftlichen Ausführung werden erfasst. Als Abweichung definierte Kombinationen werden als Signifikanten für eine gewünschte Normalität ermittelt. 2. Biografische Ebene: Zum andern geht es um die Rekonstruktion der biografischen Konstruktionen, die den Umgang mit kreativen Prozessen im Altern erkennen lassen. Dazu werden narrative biografische Interviews (nach Rosenthal) mit den Menschen durchgeführt, bei denen aufgrund ihrer beruflichen Lebenskonstruktion ein hohes Maß an auch unterschiedlich gelebten Kreativitätspotentialen vermutet wird: Künstler und Wissenschaftler. Die Ergebnisse dieser Rekonstruktion des Bedingungsgeflechtes von Kreativität und Altern werden in einer Matrix erfasst. Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse der Lehr- und Lernforschung werden mögliche Ansatzpunkte für die pädagogische Gestalt einer Vermittlung von Alternskompetenz herausgearbeitet. 08:30 – 12:00 ���� P103 Evaluation des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengangs Soziale Gerontologie (bWSG) an der TU Dortmund G. Naegele; B. Bertermann; A. Franke; M. Weidekamp-Maicher Lehrstuhl für Soziale Gerontologie, Institut für Soziologie, Universität Dortmund, Dortmund Der Lehrstuhl für Soziale Gerontologie (Leitung: Prof. Dr. Gerhard Naegele) der TU Dortmund hat seit 1998 den berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengang Soziale Gerontologie (bWSG) durchgeführt. Der erfolgreiche Studiengang musste jedoch im Frühjahr 2009 im Zuge der Umsetzung der Bologna-Beschlüsse eingestellt werden. Als Nachfolgemodell hat der Lehrstuhl für Soziale Gerontologie einen MA Studiengang Alternde Gesellschaften entwickelt, der zum WS 2010/11 starten wird. Im Rahmen des von der Stiftung Mercator geförderten Verbundprojektes Gesellschaftlicher Wandel und Zukunft des Alterns (ZudA) wurde der bWSG im Frühjahr 2010 evaluiert. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den erworbenen gerontologischen Qualifikationen und deren Arbeitsmarktakzeptanz. Ziel der Studie war es, einen Überblick über den beruflichen Werdegang und die aktuelle berufliche Situation der ehemaligen Studierenden zu erhalten und ihre Erfahrungen in die Weiterentwicklung des Studienangebots einfließen zu lassen. Dazu wurden alle fünf Studienkohorten mit Hilfe einer quantitativen Fragebogenerhebung befragt. Von den 64 Absolventen/innen nahmen 42 Personen teil (Netto-Rücklaufquote: 68,85%). Die Fragebögen wurden im Anschluss ausgewertet und analysiert. Die Ergebnisse weisen auf eine positive Wahr nehmung der erworbenen gerontologischen Kenntnisse und Fertigkei ten für die eigene berufliche Entwicklung hin. Der Großteil der Befragten ist bspw. davon überzeugt, dass sich seine Beschäftigungsfähigkeit und die eigenen Arbeitsmarktchancen verbessert haben. Für viele hat sich die berufliche Tätigkeit nach dem Studium geändert bzw. der Verantwortungsbereich vergrößert. Erneut vor die Wahl gestellt, würden 90,5% der Befragten den bWSG wieder studieren. Die Studie gibt zudem Aufschluss über die Wichtigkeit der Studieninhalte sowie die nach Einschätzung der Befragten in ihren Arbeitsbereichen zukünftig relevanten Themenfelder und Schlüsselqualifikationen.
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Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 1 12:00 – 13:00 KV03 Keynote-Vortrag III Moderation: U. Otto, St. Gallen/CH
12:00 – 13:00 Vernetztes Wohnen in der Zukunft R. Heinze, Bochum In der eigenen Wohnung alt zu werden, ist der Wunsch der meisten Menschen. Die technische Ausstattung der Haushalte ist dafür eine Voraussetzung. Es ist zu erwarten, dass Vorbehalte gegenüber neuen Technologien in den nächsten Jahren sukzessive abgebaut werden. Die zukünftigen Älteren werden gegenüber neuen Technologien und eHealth aufgeschlossener sein. Die technikunterstützten „Mehrwertdienste“ dürfen aber nicht zu technikzentriert sein, sondern müssen soziale Faktoren berücksichtigen. Professor Dr. Rolf Heinze ist Professor für Soziologie an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und geschäftsführender wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (In- WIS) an der RUB.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 1 13:30 – 15:00 PS12 Papersession der Sektion IV Haltung, Einstellungen, Habitus Moderation: C. Kricheldorff, Freiburg
13:30 – 13:45 PS12-01 Junge Alte und Rechtsextremismus P.-G. Albrecht, Magdeburg Fragestellung: Der Fokus der Rechtsextremismusforschung ruht auf Jugendlichen. Inwieseit die Gruppe der sog. jungen Alten, der ersten Nachkriegsgeneration, rechtsextrem belastet ist, fragt eine Studie der Hochschule Magdeburg-Stendal. Methoden: Zu diesem Zweck wurden Sekundäranalysen repräsentativer Daten durchgeführt und 25 leitfadenbasierte qualitative Interviews durchgeführt. Ergebnisse: Senioren sind – stärker als andere Altersgruppen – rechtsextrem eingestellt. Interpretation: Aus diesem Befund ergeben sich eine Vielzahl praktischer Konsequenzen, als dieser ressourcenstarken Altersgruppe in Familien und Nachbarschaften und in vielen Gemeinwesen ein immer höherer Einfluss und damit eine zunehmende Deutungsmacht zukommt. So sind bspw. vorhandene Zeitzeugenprojekte neu und kritisch zu sehen, bedürfen ältere Menschen neben der Förderung ihres Engagements steter Unterstützung ihrer Vergangenheitsbewältigung und wertebezogene Auseinandersetzung mit ihrer und der gesellschaftlichen Gegenwart und Zukunft.
13:45 – 14:00 PS12-02 BMBF-Projekt PflegeWert – Wertschätzung fördert Versorgungsqualität in verschiedenen Einrichtungsformen P. Fuchs-Frohnhofen, M. Isfort1, E. Wappenschmidt-Krommus1, M. Duisberg2; Würselen, 1Köln, 2Schleiden-Gemünd Fragestellung: Mit welchen Methoden kann Wertschätzung für Pflegekräfte so gefördert werden, dass eine gute Versorgungsqualität für alte Menschen in den verschiedenen Einrichtungsformen entsteht? Methoden: Quantitative und qualitative Evaluationsverfahren bilden – unterstützt durch bundesweite Experteneinbindung – die Basis für die iterative Entwicklung und Verbesserung von Wertschätzungsmethoden in der stationären Altenpflege. Die Ergebnisse aus der stationären Altenpflege werden auf andere Pflegeformen und auf soziale Dienstleistungen generell übertragen Ergebnisse: Die folgenden 5 Ebenen der Wertschätzung sind grundlegend für Selbstbewusstsein und Arbeitszufriedenheit in der Pflege: 1. Selbst-Wertschätzung aus einer fachlich guten und transparenten Arbeit; 2. Erleben von Wertschätzung aus einer guten Kommunikationsbeziehung mit den KundInnen und ihren Angehörigen 3. Wertschätzung durch Team und Vorgesetzte 4. Wertschätzung als Bestandteil der Organisationskultur und 5 Wertschätzung durch Gesellschaft und Umwelt. Auf diesen 5 Ebenen werden Methoden zur Wertschätzungsförderung entwickelt und untersucht, wie positive Wertschätzung auch einen positiven Beitrag auf Versorgungsqualität hat. Interpretation: Gute Versorgungsqualität kann gewährleistet werden, wenn Pflegekräfte mit hohem Selbstbewusstsein und bei guter Arbeitszufriedenheit ihrer Tätigkeit nachgehen (Arbeits- und Produzentenstolz). Dieser Beitrag lenkt den Fokus darauf, dass auch der Erfolg geriatrischer Arbeit in verschiedenen Einrichtungsformen stark von gelingender Personal- und Organisationsentwicklung zur Einbindung und Wertschätzung der Pflegekräfte abhängig ist. Denn Hoffnung Alter und Attraktivität des Pflegeberufes hängen eng zusammen. Ein positives Berufsbild führt dazu, dass zukünftig gute Mitarbeiter qualifiziert und kompetent und in ausreichender Anzahl den Menschen im Alter als Begleiter für ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben zur Verfügung stehen. 14:00 – 14:15 PS12-03 „Schattentage“ mit der Pflegecharta Auf die Haltung kommt es an! W. Dyck, R. Weigel1; Moers, 1Gelsenkirchen Fragestellung: Unterstützt die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen Pflegeeinrichtungen dabei, die Praxis systematisch zu reflektieren und zu verbessern? Fragen waren: Wie gelingt es uns, die Würde des Bewohners zu wahren? Werden seine Bedürfnisse nicht immer wieder professionellen Vorgaben untergeordnet? Scheitern Freiheit und Selbstbestimmung an den täglichen Erfordernissen, Pflege zu planen, Dienstschichten zu bestreiten oder Arbeitspensen zu erledigen? Methoden: Im Rahmen eines Modellprojektes wurde ein Leitfragenkatalog zur Selbst- und Fremdbewertung entlang der Pflege-Charta entwickelt. Aus diesem Katalog wurde ein Beobachtungsbogen für die Begleitung von Alltagssituationen in stationären Einrichtungen abgeleitet. Dieser wurde mittels so genannter Schattentage in den Einrichtungen angewandt. Hinter Schattentagen verbirgt sich ein simulierter Einzug und das simulierte Wohnen eines Mitarbeiters in einem Wohnbereich für eine begrenzte Zeit. Nach einem Schatteneinsatz wertet der Mitarbeiter seine Beobachtungen aus. Diese werden als strukturiertes Feedback in die Teams und an die Organisation zurückgemeldet. Ergebnisse: Die Methode „Schattentage“ hat fachlichen Qualitätsvorgaben andere Elemente hinzugefügt. Die Mitarbeiter haben Maßstäbe an
die Hand bekommen, um die Umsetzung der Pflege-Charta zu überprüfen. Es wurden zahlreiche Verbesserungsvorschläge abgeleitet und umgesetzt. Durch die Methodik wurde das Verständnis bei den Mitarbeitern für die Pflege-Charta verbessert. Wichtige Erkenntnis für Beschäftigte: Nicht auf die Instrumente und Konzepte, sondern auf die Haltung kommt es an! Die „Schattentage“ sind fester Bestandteil eines Einarbeitungskonzeptes für neue Mitarbeiter. Interpretation: Der Pflegecharta erfindet professionelle, serviceorientierte Pflege nicht neu. Sie hilft den Einrichtungen mit ihren Beschäftigten aber dabei, sich systematisch zu reflektieren und zu überprüfen, ob sich ihr Pflege- und Betreuungsverständnis mit den Anforderungen der Pflege-Charta deckt. 14:15 – 14:30 PS12-04 Dem Leibkörper auf der Spur U. Böhnke, Bremen Fragestellung: Wie lässt sich ein auf professionelle reflexive Könnerschaft ausgerichteter Pflegehabitus bilden? Methoden: kritisch-rekonstruktive Analyse theoretischen Materials Ergebnisse: Der Leibkörper, verstanden als Habitus stellt den Ausgangsort eines auf reflexive Könnerschaft ausgerichteten Gesundheits- und Bildungsprozesses dar, der den alternden Menschen in den Blick nimmt. Den Kern der reflexiven Könnerschaft bildet das Fallverstehen und die Urteilsbildung in der interaktiv-dialogischen leibkörperbezogenen Begegnung zwischen professionell Pflegenden (Akteurperspektive) und zu Pflegenden (Klientenperspektive) in der direkten Pflegesituation. Interpretation: Professionell Pflegende werden als SpurenleserInnen verstanden, die über eine Deutungskunst verfügen und dabei die biografisch, soziokulturell und historisch geprägten Spuren des alternden Menschen rekonstruieren, konstruieren und interpretieren, um die darüber gewonnenen Erkenntnisse systematisch in den ressourcenorientierten pflegetherapeutischen Prozess einzubinden. Im Prozess des Fallverstehens und der Urteilsbildung kommen nicht-diskursive Spuren wie bspw. der Blick, der Spürsinn sowie die Stimme und diskursive Spuren wie Metaphern zur Geltung. Die professionelle Herausforderung des Spurenlesens, -suchens und -findens wird als interdisziplinärer und multiprofessioneller Bildungsauftrag verstanden. Konkret wird sich für eine fallbezogene Bildungsarbeit ausgesprochen, in der aisthetische und kritischreflexive Bildungsprozesse an institutionelle generationsübergreifende reflexive Strukturorte wie Künstler-, Lern- und Forschungswerkstätten gebunden sind. Dabei wird von der Kernannahme ausgegangen, dass sich die Eigen- und Fremdspuren in der interaktiv-dialogischen leibkörperbezogenen Begegnung verlebendigen und auf der Mikroebene eine bürgernahe Altenpolitik eröffnet. 14:30 – 14:45 PS12-05 Kritische Gerontologie und Soziale Altenarbeit im aktivierenden Staat K. Aner, Berlin Fragestellung: Mit dem Prozess des Umbaus des deutschen Wohlfahrtsstaats zum „aktivierenden Staat“ geht eine Prekarisierung der Lebenslagen vieler älterer Menschen einher, während andererseits positive Altersbilder zur gesellschaftlichen Norm werden. Soziale Arbeit mit älteren Menschen ist mit beiden Phänomenen unmittelbar konfrontiert – sowohl über die Lebenslagen ihrer AdressatInnen als auch durch ihre Einbindung in die kommunale Sozial(hilfe-)politik und damit verbundene sozialpolitische Beratungs- Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse. Methoden: Der Beitrag zeigt auf, welche Impulse der kritischen Gerontologie die Soziale Altenarbeit aufzugreifen kann, um unter Bedingungen wachsender sozialer Ungleichheit die Lebensbewältigung Älterer angemessen zu begleiten, ihr eigenes professionelles Handeln zu reflektieren Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts und einen Beitrag zur Emanzipation älterer Menschen von Herrschaftsdiskursen zu leisten. Ergebnisse: Er knüpft an die Anforderungen an eine „kritische Gerontologie“ an, die Baars vor fast zwei Jahrzehnten im Journal of Aging Studies formulierte, insbesondere an seine Forderung, die komplexen Wechselwirkungen zwischen der Wissenschaft vom Altern und ihrem Gegenstand einer permanenten Reflexion zu unterziehen und dabei die sozialpolitische Durchdringung der Lebenswelten älterer Menschen, aber auch jeglicher Wissenschaft nicht aus dem Auge zu verlieren. Interpretation: Berücksichtigt wird außerdem sein Hinweis von 2003, dass es insbesondere darauf ankomme, die Organisationen und Institutionen, die gerontologische Expertise nutzen und „weitreichende Auswirkungen auf das Leben alter Menschen haben, intensiv zu studieren, statt sie ohne kritische Distanz zu bedienen“, sowie der im Jahr 2008 von Amann/Kolland für die Sozialgerontologie aktualisierte Anspruch der Nichtunterwerfung unter herrschende (Alters-)Diskurse.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 2 13:30 – 15:00 PS13 Papersession der Sektionen II, III und IV Compression of Morbidity Moderation: S. Wurm, Berlin
13:30 – 14:45 PS13-01 Sind die neuen Alten fitter und gesünder? – Die Frage der Morbiditätsexpansion vs. -kompression S. Wurm, I. Schöllgen, C. Tesch-Römer; Berlin Fragestellung: In den letzten Jahrzehnten ist die Lebenserwartung deutlich angestiegen und dies scheint sich in Zukunft fortzusetzen. Dies bedeutet für die meisten Personen gegenüber früheren Geburtsjahrgängen mehr Lebensjahre, und es stellt sich die Frage, in welchem Gesundheitszustand diese verbracht werden. Die These der Morbiditätsexpansion geht davon aus, dass die gewonnenen Jahre primär eine Verlängerung der Lebensphase in schlechter Gesundheit bedeuten, die These der Morbiditätskompression geht vom Gegenteil aus. In diesem Beitrag wird deshalb betrachtet, ob nachwachsende Geburtsjahrgänge bessere oder schlechtere Gesundheit bzw. Gesundheitsverhalten haben als vor ihnen Geborene im gleichen Alter. Methoden: Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) liefert kohortensequentielle Daten für 40- bis 85-Jährige. Hier erfolgte ein Vergleich der drei Querschnittsstichproben (n1996=4.838, n2002=3.084, n2008=6.024) hinsichtlich verschiedener Indikatoren für Gesundheit und Gesundheitsverhalten. Ergebnisse: Nachwachsende Kohorten haben weniger Erkrankungen; eine bessere subjektive Gesundheit zeigt sich jedoch nur rund um den Ruhestand. Auch die funktionale Gesundheit ist für einzelne Altersgruppen besser, während die körperliche Aktivität insgesamt zugenommen hat. Mit Blick auf funktionale Gesundheit und Tabakkonsum zeigt sich ein wachsender Bildungsgradient mit schlechterer funktionaler Gesundheit und höherer Rauchprävalenz in niedrigen Bildungsgruppen. Interpretation: Die Befunde verweisen insgesamt eher auf eine Morbiditätskompression als -expansion. Die Ergebnisse zu funktionaler Gesundheit und Rauchverhalten geben Hinweise darauf, dass es zu einer bildungsabhängigen Entwicklung von Morbiditätskompression (bei höherer Bildung) versus Morbiditätsexpansion (bei niedrigerer Bildung) kommen könnte – dies ist dies eine wichtige Fragestellung, die in Deutschland in Zukunft weiter verfolgt werden sollte.
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13:45 – 14:00 PS13-02 Das Lebensende von Hundertjährigen: Expansion oder Kompression der Morbidität? C. Rott, D. Wozniak, D. Jopp 1; Heidelberg, 1New York/USA Fragestellung: Von einigen Autoren wird eine durchschnittliche Lebenslänge von zehn Dekaden für bereits heute lebende Personen ernsthaft diskutiert. Die Frage, ob der Aufschub der Mortalität auch mit einem Hinauszögern der Morbidität verbunden ist, steht dabei im Mittelpunkt. Bisher wurde nicht untersucht, wie sich das Lebensende von bereits heute lebenden Hundertjährigen gestaltet – als Expansion oder Kompression der Morbidität. Methoden: Auf der Basis der Meldungen von 172 Gemeinden um Heidelberg wurden 156 Hundertjährige identifiziert und 91 Personen im Alter von 99,2 bis 101,1 Jahren persönlich untersucht. Die körperliche Gesundheit und der kognitive Status wurden als Proxy-Rating mit der OARS Physical Health Rating Scale und der Global Deterioration Scale in sechsmonatigen Zeitabständen bis zum Tod erfasst. Alle Teilnehmer sind mittlerweile verstorben. Um zu beurteilen, ab welchem Zeitpunkt vor dem Tod ein beschleunigter Rückgang in Gesundheit und Kognition erfolgte, wurden sogenannte „change point growth models“ (Knickmodelle) gerechnet. Ergebnisse: Die durchschnittliche Überlebenszeit nach der ersten Erhebung betrug 1,9 Jahre (Range 25 Tage bis 7,8 Jahre). Bei 38 Personen variierten die Werte für Gesundheit bis zum Tod nicht. Für Kognition traf dies auf 47 Personen zu. Die bei den restlichen Personen angewandten Knick-Modelle zeigten für die Gesundheit die beste Anpassung bei change points von 9 und 21 Monaten vor dem Tod. Die besten Knickpunkte für Kognition lagen bei 12 und 24 Monaten. Interpretation: Die Ergebnisse legen nahe, dass es drei Formen des Lebensendes von Hundertjährigen gibt. Ein Stopp des Lebens, der auf jedem Funktionsniveau auftritt und sowohl ein Entkommen von Krankheiten und Funktionsverlust als auch eine Expansion der Morbidität beinhaltet, eine auf das letzte Lebensjahr beschränkte Kompression der Morbidität und eine Form des Lebensendes, in der sich diese Phase auf ca. zwei Jahre erstreckt. 14:00 – 14:15 PS13-03 Gib acht, was du dir wünschst: Kompression von Morbidität als Zielvorstellung D. Pattloch, Berlin Fragestellung: Das viel zitierte Modell der Kompression von Morbidität (Fries 1980, 1983) besagt, dass es am Ende des Lebens eine Phase von Morbidität gibt, die sich im Zeitverlauf verkürzt (komprimiert). Ohne es explizit zu begründen, wird Kompression meist als positives Outcome gewertet. Der Beitrag will auf logische, ethische und messtechnische Probleme dieser Sichtweise aufmerksam machen. Methoden: Der Beitrag stellt theoretische und methodische Überlegungen vor, die die eigene empirische Arbeit zur gesunden (pflegebedürftigkeitsfreien) Lebenserwartung begleiten. Ergebnisse: Mit dem Messkonzept der gesunden Lebenserwartung lässt sich Kompression als Hypothese empirisch prüfen (Robine/Mather 1993, Nusselder 2003). Aber der Nachweis, dass sich die Dauer von Morbidität zwischen zwei Zeitpunkten absolut (bzw. relativ im Verhältnis zur Lebenserwartung) verkürzt hat, ist per se noch keine positive Nachricht. Es gibt zumindest drei Parameter, die auf diese Dauer einwirken: Inzidenz, Genesung und Letalität. Die Dauer ist u.a. eine Frage des Überlebens. Es wäre daher wichtig zu bestimmen, welcher (möglicherweise unerwünschte) Einfluss Kompression bewirkt hat. Es gibt jedoch nur wenige Datenquellen, die das ermöglichen. Interpretation: Die Wertung des Kompressionsmodells als Inbegriff für gesundes Altern, als optimistisches und wünschenswertes Szenario ist in Frage zu stellen.
14:15 – 14:30 PS13-04 Pflegebedürftigkeit und behinderungsfreie Lebenserwartung: Neue Erkenntnisse mit Daten der amtlichen Pflegestatistik? E. Hoffmann, Berlin Fragestellung: Welchen Entwicklungstrend gibt es bei Pflegeprävalenzen in den 2000er Jahren in Deutschland? Wie hoch ist die anhand von Pflegeprävalenzen berechnete DFLE (Disability Free Life Expectancy)? Welche Aussagekraft haben die Daten der amtlichen Pflegestatistik für Analysen der DFLE? Methoden: Analysen von Mikrodaten der amtlichen Pflegestatistik (SUF, FDZ Statistische Landesämter ) 2001 und 2007, Deutschland: Berechnung von Pflegeprävalenzen und der DFLE nach einjährigen Altersgruppen Ergebnisse: Die Zahl der Pflegebedürftigen wächst unvermindert an. Das ist ein Effekt nachwachsender geburtenstarker Jahrgänge ins obere Alter sowie der zunehmenden Lebenserwartung. Die Prävalenzquoten der Pflegebedürftigkeit sind relativ stabil. Der Trend steigender Lebenserwartung hält unvermindert an. Die anhand der Pflegebedürftigkeit nach SGB XI berechnete behinderungsfreie Lebenserwartung (DFLE) hat sich in den 2000-er Jahren für Personen unter 80 Jahren auch leicht verbessert. Wird jedoch der Anteil der DFLE an der Lebenserwartung insgesamt berechnet, sinkt bei einer Betrachtung im Zeitverlauf mit zunehmendem Alter die Chance auf pflegebedürftigkeitsfreie Lebenszeit. Interpretation: Die globalen Trends des Zugewinns an Lebenszeit insgesamt und an pflegefreier Lebenszeit werden nach Altersjahren betrachtet. Sie belegen im Zeitverlauf einen Zuwachs an pflegefreier Lebenszeit, der jedoch nicht mit dem Zuwachs an Gesamtlebenszeit Schritt halten kann. Diese Schere im Entwicklungstempo erklärt, dass der Zugewinn an Lebenszeit einhergeht mit einer anteilig zunehmenden Lebensphase, die durch gesundheitliche Beeinträchtigungen geprägt ist. Der hier analysierte sozialrechtlich basierte Indikator für DFLE ermöglicht jedoch nur eingeschränkt Aussagen zu Gesundheitsparametern und somit zur Diskussion um Expansion und Kompression der Morbidität. Vorrangig reflektiert er das Inanspruchnahmeverhalten von Sozialleistungen. Der Trend spricht für eine zunehmende soziale Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit im hohen Lebensalter.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 3 13:30 – 15:00 PS14 Papersession der Sektion III Neue Ansätze in Diagnostik und Therapie von leichter kognitiver Beeinträchtigung, Demenz und Depression Moderation: L. Ehreke, Leipzig
13:30 – 13:45 PS14-01 Is the Clock Drawing Test Appropriate for Screening for Mild Cognitive Impairment? – Results of the German Study on Ageing, Cognition and Dementia in Primary Care Patients (AgeCoDe) L. Ehreke, M. Luppa, T. Luck, B. Wiese 1, S. Weyerer 2, S. Eifflaender-Gorfer 2, D. Weeg 3, D. Olbrich 3, H. van den Bussche 4, C. Bachmann 4, M. Eisele 4, W. Maier 5, F. Jessen 5, M. Wagner 5, A. Fuchs 6, M. Pentzek 6, M. C. Angermeyer 7, H.-H. König, S. G. Riedel-Heller; Leipzig, 1Hannover, 2Mannheim, 3München, 4 Hamburg, 5Bonn, 6Düsseldorf, 7Gösing am Wagram Objective: Individuals with mild cognitive impairment (MCI) are at high risk of developing dementia and are a target group for preventive interventions. Therefore, research aims at diagnosing MCI at an early stage with short, simple and easily administrable screening tests. Due to the fact that the Clock Drawing Test (CDT) is widely used to screen for dementia, it is questionable whether it is suited to screen for MCI. Method: 3,198 primary care patients aged 75+ were divided into two groups according to their cognitive status, assessed by comprehensive
neuropsychological testing: individuals without MCI and individuals with MCI. The CDT scores, evaluated by the scoring system of Sunderland et al. (1989), of both groups were compared. Multivariate analyses were calculated and the sensitivity and specificity of the CDT to screen for MCI were reported. Results: Significant differences were found for CDT results: MCI patients obtained worse results than cognitively unimpaired subjects. CDT has a significant impact on the diagnosis of MCI. However, sensitivity and specificity as well as receiver operating characteristic analyses are not adequate, meaning that the CDT could not be named as an exact screening tool. Conclusion: CDT does not achieve the quality to screen individuals for MCI. Applying different CDT versions of administration and scoring could yield different results. 13:45 – 14:00 PS14-02 Depression im Alter – Der mühsame Weg bis zur tatsächlichen Diagnosestellung M. Kumpfmüller, M. Linhart 1; Rohrbach/A, 1Wien/A Fragestellung: Bei älteren Menschen wird eine Depression häufig nicht oder erst spät diagnostiziert, da diese meist an körperliche Beschwerden oder andere altersbedingte Zustände gekoppelt ist, welche die eigentlichen Symptome verdecken können. Dieser Umstand betont die Notwendigkeit die Aufmerksamkeit verstärkt auf die Lebenssituation vor der Diagnosestellung zu richten. Vor diesem Hintergrund wurden die folgenden Forschungsfragen für diese Pilotstudie entwickelt: Welchen Prozess durchlaufen ältere Menschen bis zur endgültigen Diagnosestellung? Welche Faktoren beeinflussen den Verlauf einer „verdeckten“ Depression im Alter positiv oder negativ? Methoden: Mit acht Frauen und zwei Männern, im Alter von 70 – 84 Jahren, wurden semi-strukturierte Interviews geführt. Die Datensammlung sowie die Analyse erfolgten mithilfe der Grounded Theory. Ergebnisse: In einem ersten Erklärungsmodell zeichneten sich vier Kategorien ab. Unter der ersten Kategorie „Auslöser“ werden Ereignisse angesprochen, die eine Depression im Alter begünstigen können. Der zweite Begriff „Auswirkungen“ beschreibt die Konsequenzen für die Lebensqualität. Die dritte Kategorie „Strategie“ erläutert den Umgang der Betroffenen mit ihrer „verdeckten“ Krankheit. Der vierte Begriff „soziales Umfeld“ umfasst Vorkommnisse innerhalb und außerhalb der Familie, die Einfluss auf den psychischen Gesundheitszustand nehmen können. Interpretation: Die Sensibilisierung für und das Wissen über potentiell „verdeckte“ Symptome könnten vor allem dem professionellen Pflegepersonal und anderen im Gesundheitsbereich tätigen Personen dazu verhelfen, diagnostische Methoden früher anzuwenden. So könnte der mühsame Weg zur Diagnose und zur Behandlung einer erstmals im Alter aufgetretenen Depression verkürzt werden. 14:00 – 14:15 PS14-03 Die Messung kognitiver Veränderung bei älteren Menschen: Alters-, bildungs- und geschlechtsspezifische Reliable Change Indices (RCIs) für ausgewählte Subtests der CERAD-NP-Testbatterie. Ergebnisse der German Study on Ageing, Cognition and Dementia in Primary Care Patients (AgeCoDe) J. Stein, M. Luppa, W. Maier1, H. van den Bussche2, H. Bickel3, S. Weyerer4, M. Pentzek5, B. Wiese6, H.-H. König, S. G. Riedel-Heller; Leipzig, 1 Bonn, 2Hamburg, 3München, 4Mannheim, 5Düsseldorf, 6Hannover, für die AgeCoDe Study Group Fragestellung: Die Diagnostik von leichten kognitiven Störungen und Demenzerkrankungen setzt den Nachweis einer Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit über die Zeit voraus. Diese Arbeit analysiert reliable kognitive Veränderungen und ermittelt Veränderungsnormen für die häufig im Rahmen der Demenzdiagnostik eingesetzte CERAD-NP-Testbatterie. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Methoden: 1450 kognitiv gesunde Personen ab 75 Jahren (AgeCoDe Studie) wurden im Abstand von ca. 1,5 Jahren über 3 Jahre hinweg mit ausgewählten Subtests der CERAD-NP-Testbatterie untersucht. Für ein 90%-Konfidenzintervall wurden unter Berücksichtigung der soziodemographischen Faktoren Alter, Bildung und Geschlecht Reliable Change Indices (RCIs) ermittelt. Ergebnisse: Bei wiederholten Testungen im Abstand von ca. 1,5 Jahren sprechen Veränderungen von mindestens 6 bis zu 9 Punkten im Subtest Verbale Flüssigkeit, von 4 bis zu 8 Punkten im Subtest Wortliste Gedächtnis, von 2 bis zu 4 Punkten im Subtest Wortliste Abrufen und von 1 bis zu 4 Punkten im Subtest Wortliste Wiedererkennen für tatsächliche Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit. Interpretation: Kleinere Veränderungen der Testwerte in der CERADNP-Testbatterie können nur mit großer Unsicherheit interpretiert werden. Es werden alters-, bildungs- und geschlechtsspezifische Veränderungsnormen bereitgestellt, die in Praxis und Forschung die Interpretation von kognitiven Veränderungswerten für Patienten in höheren Altersgruppen ermöglichen. 14:15 – 14:30 PS14-04 Alternating Word Fluency in Dementia S. Engel, R. Rupprecht, R. Mahlberg; Erlangen Objective: There is broad evidence that already in the earliest stages of dementia the access to semantic knowledge, measured by tasks of semantic fluency is affected as well as the performance in set-shifting-tasks, e.g. on the Trail Making Test Part. We suppose that a combination of the switching task paradigm with semantic fluency could discriminate between persons with mild dementia and cognitively healthy persons more accurate than either task alone. The combination of set-shifting and categorical verbal fluency is called «alternating word fluency» (AWF). It requires the subject to recall words from two (or more) semantic categories strictly alternating in a given time (usually 60 seconds). Method: N=138 (58.7% female; age; M=73.9; SD=7.03) patients of the Erlangen memory clinic were included in the study and diagnosed according to ICD-10 criteria to one of the following groups: subjective memory complainers (SMC; N=60 (43.5%); MMST: M=29.5; SD=.72); mild cognitive impairment (MCI; N=37 (26.8%); MMST: M=27.9; SD=1.13) and people with dementia, mostly SDAT (PWD; N=41 (29.7%); MMST: M=25.0; SD=2.92). Results: The AWF-Score (number of correct alternations) correlates significantly with the MMSE-total score (r=.54, p<.001) as well as with MMSE subscores “Orientation” (r=.41, p<.001) and “Recall” (r=.53, p<.001). Furthermore an analysis of variance (ANOVA) revealed a significant main effect of diagnosis (F2;135=46.7; p<.001; η² = .41). Thus members of the three different diagnosis groups scored differently in the AFW-Test (SMC: M=16.5; SD=3.72; MCI: M=12.5; SD=4.00; PWD: M= 8.2; SD = 5.01). Ordinal logistic regression analysis confirmed the potential of the AWF-Test for early diagnosis of beginning dementia. Conclusion: The concept of alternating word fluency seems to be a promising new apporach in early detection of dementia. 14:30 – 14:45 PS14-05 Biographiearbeit und kognitive Verhaltenstherapie bei leichtgradiger Demenz: Die KORDIAL-Studie aus der Perspektive von Patienten, Angehörigen und Therapeuten B. Cramer, A. Thöne-Otto 1, K. Werheid 2, A. Kurz; München, 1Leipzig, 2Berlin Fragestellung: Die Biographiearbeit wird als Bestandteil eines manualisierten, neuropsychologisch fundierten Psychotherapieprogramms für Patienten mit leichtgradiger Demenz aus der Sicht von Patienten, Angehörigen und Therapeuten untersucht. Methoden: Die KORDIAL-Studie ist eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte, einfach-blinde Studie zur Evaluation eines Psychotherapieprogramms im Vergleich mit der Standardbehandlung. Das Programm umfasst 6 Module zu je 2 Einzelsitzungen, jede zweite mit Teilnahme der Bezugsperson. Es verbindet kognitionsorientierte (externe
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Gedächtnishilfen, Etablierung von Verhaltensroutinen) und emotionsorientierte (Stärkung des Selbstwerts mittels Biographiearbeit, Aktivitätsaufbau) Strategien. Nach Abschluss der Therapie wurden Studienteilnehmer und Therapeuten aus der Interventionsgruppe zu ihrer Einschätzung der Therapiemodule befragt. Zusätzlich wurde mit den Therapeuten ein leitfadengestütztes Interview geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Ergebnisse: Interventions- und Kontrollgruppe umfassen 201 Teilnehmer. Das Therapieprogramm wurde sowohl von den Studienteilnehmern als auch von den Therapeuten als hilfreich bewertet. Dabei nimmt die Biographiearbeit einen besonderen Stellenwert ein: sie hellte vielfach die Stimmung auf, regte Aktivitäten an und förderte die Wiederbelebung von sozialen Kontakten. Jedoch waren keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe bezüglich der Lebensqualität und Funktionsfähigkeit im Alltag nachweisbar. Interpretation: Die hohe subjektive Therapiezufriedenheit ist allein durch soziale Erwünschtheit nicht erklärbar. Mögliche Ursachen für die fehlenden objektivierbaren Gruppenunterschiede (z.B. unsensitive Erhebungsinstrumente, zu geringer Zeit-umfang, mangelnder Transfer in den Alltag) werden diskutiert. 14:45 – 15:00 PS14-06 Ein neues Behandlungskonzept für Depression im Alter: face-toface Setting mit ergänzendem Einsatz spezifischer Computermodule B. Preschl, B. Wagner, S. Forstmeier, A. Maercker; Zürich/CH Fragestellung: Der Bereich E-Mental Health bietet vielfältige Möglichkeiten für therapeutische Interventionen. Inwieweit auch ältere Menschen davon profitieren können, gilt als noch nicht abgesichert, da diese Zielgruppe in der Forschung erst seit kurzem verstärkt Beachtung findet. Nach einer bereits abgeschlossenen Pilotstudie führen wir eine Depressionsbehandlung mit älteren Menschen im face-to-face Setting mit ergänzendem Einsatz zweier Module eines Computersystems durch, das von einer spanischen Forschergruppe speziell für ältere Menschen entwickelt wurde. Methoden: In einem randomisierten Kontrollgruppen-Design (Warteliste) sollen insgesamt 70 leicht bis mittelgradig depressive Personen im Alter von 65 bis 75 Jahren („Junge Alte“) untersucht werden. Inhaltliche Begründung findet der Interventionsansatz in aktuellen Befunden zur Lebensrückblicksintervention und computerbasierten Stimmungsinduktion im Alter, die in einer gemeinsamen Überschneidung die Evozierung positiver Erinnerungen und Gefühlszustände zum Inhalt haben. Die Intervention erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Wochen und findet jeweils einmal wöchentlich am Psychologischen Institut der Universität Zürich statt. Ergebnisse: Auf Basis von Literaturbefunden fokussieren wir auf folgende Outcome-Variablen: Depression, Lebenssinn, Lebenszufriedenheit, Selbstwert und Erinnerungshäufigkeit. Die Ergebnisse einer Pilotstudie mit drei Falldarstellungen sowie der Status Quo der Hauptstudie werden präsentiert. Interpretation: Die Studie soll neue Erkenntnisse einerseits über die Wirkunsweise eines Computereinsatzes in der Therapie mit älteren Menschen liefern und andererseits darüber, welche Anteile der Lebensrückblicksintervention tatsächlich mit einer Stimmungsverbesserung in Zusammenhang stehen.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 6 13:30 – 15:00 PS15 Papersession der Sektion III Psychische Ressourcen und Verarbeitungsprozesse im mittleren und höheren Alter Moderation: R. T. Krampe, Leuven
13:30 – 13:45 PS15-01 Wieviel Geist kostet der Körper? Das Zusammenspiel von Gleichgewicht und Kognition im Alter R. T. Krampe, M. Doumas, C. Smolders, M. Rapp1; Leuven/B, 1Berlin Ein alarmierender Befund epidemiologischer Forschung ist, daß 1/3 der Erwachsenen über 65 einmal pro Jahr unfreiwillig stürzt, mit zum Teil dramatischen Folgen für Gesundheit, Mobilität und die damit verbundenen sozialen Kontakte. Das Halten eines stabilen Gleichgewichts wird in der Literatur meist als sensomotorische Integrationsleistung aufgefasst, die wesentlich auf spinalen Reflexen und subkortikaler Verarbeitung beruht. Höheren kognitiven Prozessen kommt dabei allenfalls die Rolle der Spezifikation von Bewegungszielen zu, die dann praktisch automatisch umgesetzt werden. Neuere Studien legen dagegen nahe, daß ältere Erwachsene höhere kognitive Prozesse rekrutieren um altersbedingte Reduktionen sensomotorischer Leistungen zu kompensieren Bei unseren Studien benutzen wir das Doppelaufgabenparadigma, bei denen die Teilnehmer kognitive Aufgaben ausführen während wir ihr Gleichgewicht mithilfe einer Posturographie-Plattform messen. Durch individuelle Vergleiche der Leistungen in dieser Doppelaufgabenbedingung mit der in den Einzelaufgaben, berechnen wir die Doppelaufgabenkosten. Unsere Studien zeigen – höhere Doppelaufgabenkosten bei älteren als bei jungen Erwachsenen – bei Senioren eine Verringerung der Arbeitsgedächtniskapzität von 1015% im Vergleich zum Sitzen, wenn die Teilnehmer stehen – daß Senioren, auch Individuen mit beginnender Demenz, ihre Doppelaufgabenperformanz an die Umstände der Situation (Bedrohung des Gleichgewichtes) anpassen können – ältere Teilnehmer von Beeinträchtigungen somatosensorischer Information (wie z.B bei diabetis mellitus) besonders betroffen sind – ältere Menschen ihre Doppelaufgabenkosten durch Training reduzieren können. 13:45 – 14:00 PS15-02 Implikationen von alterskorrelierter Sinnesbehinderung für den Zusammenhang von Persönlichkeit und Affekt V. Heyl, H.-W. Wahl1, O. Schilling; Heidelberg Fragestellung: Im Rahmen dieser Arbeit wird argumentiert, dass das Vorliegen einer alterskorrelierten Sinnesbehinderung das bekannte Muster an Zusammenhängen zwischen Extraversion und Neurotizismus einerseits und positivem und negativem Affekt (PA, NA) andererseits verändert. Insbesondere die Bedeutsamkeit von Extraversion für PA sollte aufgrund der im Falle einer Sinnesbehinderung mit chronischem Stress verbundenen Lebenssituation, die den Einfluss von Persönlichkeit gewissermaßen überschreibt, geringer werden. Der Zusammenhang zwischen Neurotizismus und NA hingegen sollte weitgehend stabil bleiben. Methoden: Untersucht wurden n = 121 sehgeschädigte und n = 116 hörgeschädigte ältere Menschen sowie n = 150 ältere Menschen ohne Sinnesbehinderung (Gesamtmittelwert: 82 Jahre). Die aufgestellten Hypothesen wurden mit Hilfe von Strukturgleichungsanalysen überprüft. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Extraversion und PA in den Gruppen mit einer Sinnesbehinderung jeweils in etwa nur halb so stark ist wie in der Gruppe der älteren Menschen ohne Sinnesbehinderung. Darüber hinaus wurde nur bei den äl-
teren Personen mit einer Sehschädigung ein signifikanter inverser Zusammenhang zwischen Extraversion und NA gefunden. Der enge Zusammenhang zwischen Neurotizimus und NA hingegen scheint auch unter der Bedingung einer alterskorrelierten Seh- oder Hörschädigung Bestand zu haben. Interpretation: Die Ergebnisse stützen die generelle Annahme, dass sich Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Affekt bei Vorliegen einer alterskorrelierten Sinnesbehinderung anders darstellen als bei älteren Menschen ohne Sinnesbehinderung. Dies gilt möglicherweise auch für das Vorliegen einer chronischen Behinderung im Alter ganz allgemein. 14:00 – 14:15 PS15-03 Die Rolle der subjektiven Lebenserwartung und der Zeitperspektive beim Belohnungsaufschub im Alter R. Drobetz, A. Maercker, S. Forstmeier; Zürich/CH Fragestellung: Belohnungsaufschub (BA) bezieht sich auf den Aufschub von unmittelbar verfügbaren zugunsten von späteren, besseren Belohnungen wie die Entscheidung, Geld für die Zukunft zu sparen, anstatt es in Impulskäufen spontan auszugeben. Eine relevante Rolle bei BA-Entscheidungen müsste entsprechend der Sozioemotionalen Selektivitätstheorie die subjektive Lebenserwartung spielen: Individuen fokussieren auf das Hier und Jetzt, also auf unmittelbare Belohnung, wenn sie der Ansicht sind, ihre verbleibende Lebenszeit wäre limitiert. Der Theorie der individuellen Zeitperspektive zufolge müssten Personen mit vorwiegender Gegenwartsorientierung unmittelbare und jene mit primärer Zukunftsorientierung spätere Belohnung bevorzugen. Etwaige Zusammenhänge wurden jedoch noch nicht systematisch bei Menschen höheren Alters untersucht. Methoden: Die Studie untersucht 120 kognitiv unbeeinträchtigte Personen ≥ 60 Jahren (angestrebte Geschlechter-Gleichverteilung). Bezüglich der subjektiven Lebenserwartung werden die StudienteilnehmerInnen gebeten, eine Schätzung abgeben, wie alt sie sein werden, wenn sie sterben. Die individuelle Zeitperspektive wird mit der deutschsprachigen Version des Zimbardo Time Perspective Inventory erfasst. Die Präferenz eines Individuums für unmittelbare versus verzögerte Belohnungen wird mit dem experimentellen Belohnungsaufschub-Test für Erwachsene (BAT-E; Forstmeier, Drobetz & Maercker) gemessen. Ergebnisse: Vorläufige Ergebnisse werden präsentiert sowie ein Ausblick auf eine Studie mit experimenteller Manipulation der Zeitperspektive geboten. Die Datenanalyse wird zeigen, ob die theoretischen Modelle und Annahmen bezüglich der Einflussfaktoren der subjektiven Lebenserwartung und der Zeitperspektive bestätigt werden können. Interpretation: Die Studie könnte einen Beitrag zur Identifizierung jener Faktoren leisten, die zu unterschiedlichem BA-Verhalten führen. Gerade das Unvermögen zu BA ist mitunter mit dramatischen Folgen wie Verschuldung, Schäden von Nikotinmissbrauch oder Übergewicht verbunden. 14:15 – 14:30 PS15-04 Bestehen morphologische Gehirnunterschiede zwischen älteren Personen mit hohem und niedrigem Belohnungsaufschub? R. Drobetz, J. Hänggi, S. Fankhauser, A. Maercker, S. Forstmeier; Zürich/CH Fragestellung: Belohnungsaufschub (BA) wird definiert als Präferenz für spätere, größere Anreize, während unmittelbar verfügbare abgelehnt werden, wie z.B. ein Monat lang auf geschenkte 10€ zu warten anstatt 8€ sofort entgegenzunehmen. Delay Discounting (DD) bezieht sich auf das Ausmaß des Abwertens einer zukünftigen Belohnung (z.B. Geld) mit zunehmendem Aufschubintervall. Wenngleich Überschneidungen zwischen BA und DD bestehen, können beide Konstrukte jedoch auf experimenteller und neuraler Ebene voneinander abgegrenzt werden. Während BA zu den „heißen“ Exekutivfunktionen zählt (ventromedialer Präfrontalkortex), wird DD unter die „kalten“ Exekutivfunktionen (dorsolateraler Präfrontalkortex) subsumiert. Magnetresonanztomographie(MRT)-Studien zeigten, dass hohes DD mit geringeren dorsolateralen und inferolateralen FrontalZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts kortexvolumina korreliert. Zum spezifischen neuralen Konstrukt des BA liegen bislang keine Befunde vor. Methoden: Auf Verhaltensebene wird BA mit dem BelohnungsaufschubTest für Erwachsene (BAT-E; Forstmeier, Drobetz & Maercker) erfasst, DD mit der deutschsprachigen Version des Delay Discounting Questionnaires (DDQ; Forstmeier & Maercker). Mit Hilfe von struktureller MRT werden Zyto- (mittels oberflächenbasierter Morphometrie) und Myeloarchitektur (mittels diffusionsgewichteter Bildgebung) von 40 StudienteilnehmerInnen (≥ 60 Jahre) miteinander verglichen, die entsprechend ihrer BAT-E-Scores in 20 Personen mit hohem und 20 Personen mit niedrigem BA eingeteilt sind. Ergebnisse: Wir erwarten Unterschiede in der kortikalen Dicke und Oberfläche im ventromedialen Präfrontal-kortex sowie in der fraktionalen Anisotropie und Diffusivität von Fasertrakten, die den ventromedialen Präfrontalkortex mit anderen Hirnregionen verbinden. Interpretation: Die Studie könnte Beiträge zum Wissen bezüglich der neuralen Korrelate von BA liefern. Die Vergleiche zwischen den Verhaltensdaten und den MRT-Bildern werden zeigen, ob tatsächlich morphologische Gehirnunterschiede zwischen Personen mit niedrigem und hohem BA bestehen. 14:30 – 14:45 PS15-05 Belohnungsaufschub im Alter: Welche Präferenzen bestehen bei Menschen mit MCI, leichter Alzheimer-Demenz und kognitiv-unbeeinträchtigten Personen? R. Drobetz, A. Maercker, S. Forstmeier; Zürich/CH Fragestellung: Belohnungsaufschub (BA) meint den Aufschub von unmittelbar verfügbaren zugunsten von späteren größeren Belohnungen, wie der Verzicht auf Süßigkeiten bei einer gesunden Ernährung. Dieses Konstrukt hängt sehr eng mit Selbstregulation zusammen und wird zu den „heißen“ Exekutivfunktionen (EF) gezählt. Delay Discounting (DD), ein BA-ähnliches Konstrukt, meint das Ausmaß des Abwertens einer zukünftigen Belohnung mit zunehmendem Aufschubintervall. Sowohl bei angepassten Altersprozessen aber v. a. im Zuge dementieller Erkrankungen nehmen EF ab. Studienresultate sprechen für einen kurvilinearen Zusammenhang zwischen DD und Alter: Selbstkontrolle nimmt bis zum mittleren Erwachsenenalter zu, danach mit zunehmendem Alter ab. Bislang liegen jedoch keine Befunde zum spezifischen Konstrukt von BA im höheren Alter vor. Methoden: Bei 120 Personen (≥ 60 Jahre) mit Mild Cognitive Impairment (MCI) und leichter Alzheimer-Demenz sowie 120 kognitiv unbeeinträchtigten Personen (≥ 60 Jahre) wird BA mit dem neuen experimentellen Belohnungsaufschub-Test für Erwachsene (BAT-E) von Forstmeier, Drobetz und Maercker erfasst. Neben der deutschsprachigen Version des Delay Discounting Questionnaires kommen kognitive Verfahren (CERAD, MMSE etc.) und Tests für EF zum Einsatz. Ergebnisse: Es werden vorläufige Ergebnisse der laufenden Studie präsentiert. Die Datenanalyse fokussiert primär auf Unterschiede in der Fähigkeit zu BA zwischen den drei Gruppen sowie auf Gemeinsamkeiten und Differenzierungen zwischen BA, DD und EF. Interpretation: Eine Abnahme von BA mit ansteigendem Alter und kognitiver Beeinträchtigung würde bisherige Befunde zu verwandten Konstrukten unterstützen. Ausserdem könnten die Ergebnisse das bestehende Wissen zu EF und Selbstregulation erweitern. Der experimentelle BAT-E könnte auch das Spektrum an behavioralen Tests für EF bereichern. Gerade aus gerontopsychologischer Sicht wäre der Zusammenhang zwischen BA und EF sowie BA und psychopathologischen Symptomen und dem Erfolg von Interventionen interessant.
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Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 1 13:30 – 15:00 S37 Symposium der Sektion III Erreichbarkeit von Älteren in der Prävention und Gesundheitsförderung Moderation: U. Walter, Hannover
Zur anwendungsorientierten wissenschaftlichen Fundierung und Evidenzbasierung der Prävention/Gesundheitsförderung richtete das BMBF den Förderschwerpunkt Präventionsforschung ein. In 4 Förderphasen, die auf unterschiedliche Zielgruppen fokussieren, werden von 2004 bis 2012 rd. 60 Projekte gefördert. Diese entwickeln, erproben Programme u. Zugangswege; evaluieren die Effektivität, Kostenwirksamkeit von Maßnahmen; entwickeln Methoden der Präventionsforschung weiter; fördern Qualitätssicherung, Vernetzung u. Strukturbildung. Die Vorhaben richten sich auf die Vermeidung von Gesundheitsrisiken/Krankheiten und auf Gesundheitsförderung. Eine Vernetzung von Wissenschaft und PraktikerInnen in Planung/Durchführung soll die Brauchbarkeit für die Praxis gewährleisten. Um eine Aufbereitung und Nutzung der Erkenntnisse zu unterstützen, begann 2009 die Kooperation für nachhaltige Präventionsforschung, KNP. KNP zielt auf eine Vernetzung aller Akteure der Prävention/Präventionsforschung. Es soll Erträge der Präventionsforschung i. d. Praxis, Gesundheits-, Bildungs- u. Sozialpolitik bekannter machen, ihre nachhaltige Nutzung unterstützen sowie ihre Verankerung in Praxis, Fachgesellschaften und Entscheidungsgremien vorantreiben. In diesem Symposium werden BMBF-geförderte Präventionsprojekte aus der 3. Förderphase vorgestellt, deren Fokus auf der Zielgruppe der Älteren liegt. Die hohe Relevanz präventiver Potenziale wird seit den 1990er Jahren vermehrt rezipiert, in der Praxis besteht aber weiterhin eine deutliche Diskrepanz zu ihrer Nutzung. Eine besondere Herausforderung der Prävention und Gesundheitsförderung im Alter stellt dabei die Erreichbarkeit der Zielgruppen dar. Chancen liegen vor allem in kommunalen Ansätzen sowie in der Integration von Prävention in bestehende gesundheitliche Versorgungsstrukturen. Potenziale bietet auch eine personalisierte zielgruppenorientierte, alters- und geschlechtsspezifische Ansprache. Die hier vertretenen Projekte beschreiten diesbzgl. neue Wege. 13:30 – 13:45 S37-01 Gesundheitsförderung im Alter im ländlichen Kontext – Wer wird erreicht und wer nicht? E. Mnich, K. Hofreuter-Gätgens, O. von dem Knesebeck; Hamburg Fragestellung: Das Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter“ setzt auf eigenverantwortliche Selbstbestimmung im Alter (Empowerment) und nimmt dabei drei Bereiche in den Blick (körperliche Aktivität, Ernährung und soziale Teilhabe). Das bereits in einem städtischen Kontext (Hamburg) erfolgreich durchgeführte Programm wird zurzeit in einem ländlichen Kontext erprobt. Neben der Analyse der Akzeptanz und der Effekte der Intervention steht die Untersuchung der Erreichbarkeit der Zielgruppe (AOK-Versicherte 60 plus) im Vordergrund der Evaluation. Methoden: Im Rahmen der Prozessevaluation wurden die Interventionsteilnehmer und die Nichtteilnehmer standardisiert sowie die an der Durchführung beteiligten Akteure qualitativ befragt. Ergebnisse: Die Teilnahmebereitschaft fiel in der von uns untersuchten Population insgesamt eher gering aus. Häufig wurde auf ein schriftliches Einladungsschreiben nicht reagiert. Erst eine persönliche telefonische Ansprache (z.T. mit Unterstützung des Hausarztes) erhöhte die Teilnahmebereitschaft. Schließlich haben sich von 2045 eingeschriebenen Versicherten 468 (23%) an der Intervention beteiligt. Die Nichtteilnehmer waren im Durchschnitt 2 Jahre älter als die Teilnehmer und gesundheitlich eingeschränkter (SF-36). Ablehnungsgründe waren „kein Interesse“ sowie die subjektive Einschätzung „zu alt“ oder „zu krank“ zu sein.
Interpretation: Der mit dem ländlichen Kontext verbundene Lebensstil (arbeiten im eigenen Garten, Selbstversorgung) kann dazu beitragen, dass ein Großteil der Versicherten sich von den Interventionsinhalten (körperliche Aktivität, Ernährung und soziale Teilhabe) nicht angesprochen fühlte. Die Befunde sprechen dafür, dass Gesundheitsförderungsangebote spezifisch auf ältere Personen im ländlichen Raum zugeschnitten sein sollten. 13:45 – 14:00 S37-02 Gesundheitsförderung und Primärprävention bei älteren Menschen mit Migrationshintergrund E. Olbermann, G. Naegele; Dortmund Fragestellung: Ziel des Projektes (BMBF-Förderung: 10/2007 – 06/2010) ist es, Erkenntnisse zur Erschließung neuer Zugangswege und zur Förderung der Teilhabe älterer Menschen mit Migrationshintergrund in der Prävention und Gesundheitsförderung zu gewinnen. Zentrale Fragestellungen sind: Unter welchen Voraussetzungen nehmen ältere Migranten/ innen an präventiven und gesundheitsfördernden Maßnahmen teil? Welche Zugangsbarrieren bestehen und wie können sie überwunden werden? Welche Bedeutung hat die Selbsthilfe und Selbstorganisation älterer Migranten/innen in der Prävention und Gesundheitsförderung? Methoden: Ausgehend von einem qualitativen Forschungsansatz werden leitfadengestützte Interviews mit älteren Migranten/innen, Experten interviews und Werkstattgespräche mit der Zielgruppe sowie relevanten Akteuren auf kommunaler Ebene durchgeführt. Ergebnisse: Im Rahmen des Projektes konnten eine Vielzahl von förderlichen und hemmenden Faktoren sowohl auf der individuellen als auch der strukturellen Ebene identifiziert werden, die sich auf die Teilhabe im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung auswirken. Interpretation: Insgesamt verweisen die Ergebnisse auf einen Bedarf an ganzheitlichen Konzepten und integrierten Ansätzen der Gesundheitsförderung für ältere Migranten/innen. Eine stärkere und zielgruppenorientierte Kooperation zwischen sozialen Dienstleistungsanbietern, Selbsthilfestrukturen der Migrantencommunities und dem Gesundheitssystem, einschließlich der Anpassung von Finanzierungsmodellen und die Weiterentwicklung von settingbezogenen Förderansätzen wären wichtige Schritte, um den Zugang und die Effektivität von präventiven und gesundheitsfördernden Maßnahmen für ältere Migranten/innen zu verbessern. 14:00 – 14:15 S37-03 Akteursvernetzung im Quartier: eine hilfreiche Strategie zur Gesundheitsförderung bei älteren Menschen? B. Wolter, J. Heusinger; Berlin Fragestellung: Dient ein lokales Akteursnetzwerk der Gesundheitsförderung bei älteren Menschen? Wer sollte beteiligt sein? Welche Bedarfe bestehen bei der Zielgruppe? In einer Studie wurden Struktur und Aktivitäten eines Netzwerkes in einer Großwohnsiedlung untersucht. Das ehrenamtlich organisierte Netzwerk war gegründet worden, um durch Kooperation und Schnittstellenmanagement Versorgungslücken Vorort zu schließen und den BewohnerInnen das selbstständige Wohnen im Alter zu erleichtern. Methoden: Die Untersuchung erfolgte in drei Phasen: 1. Netzwerkanalyse, 2. Sozialraumanalyse/ Bewohnererhebung, 3. Partizipative Evaluation. Zur Anwendung kamen qualitative und quantitative Methoden wie teilnehmende Beobachtungen, Interviews, Fokusgruppen, Sozialraumbegehungen und Repräsentativbefragung. Ergebnisse: Das Netzwerk besteht aus heterogenen Partnern, die Struktur ist professionell und ressourcenorientiert. Die Vernetzung fördert die Identifizierung und Schließung von lokalen Versorgungslücken, die Konzeption von Angeboten und die Weiterleitung von Hilfebedürftigen. Den BewohnerInnen ist das Netzwerk nur eingeschränkt bekannt, Angebote (z.B. Gesundheitsinformation) werden wahrgenommen, aber nicht mit dem Netzwerk in Verbindung gebracht.
Interpretation: Das Netzwerk verbessert auf professioneller Ebene die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebensbedingungen. Die Effekte sollten durch zugehende Öffentlichkeitsarbeit besser kommuniziert werden, damit das Netzwerk als direkter Ansprechpartner bei Problemlagen genutzt werden kann. Ein im Rahmen des Projektes initiierter Beirat soll die Brücke zur Bevölkerung bilden. 14:15 – 14:30 S37-04 Effektivität unterschiedlicher Zugangswege zur Motivierung sportinaktiver Älterer H. Allmer, J. Euskirchen, R. Walschek, I. Froböse, B. Wallmann; Köln Fragestellung: Im Rahmen des BMBF-Forschungsprojekts zur Evaluation der bevölkerungsorientierten Bewegungsförderungskampagne „Überwinde deinen inneren Schweinehund“ ist die Effektivität unterschiedlicher Zugangswege für Präventionsangebote unter der Fragestellung überprüft worden, mit welchen Programmen und mit welchen Zugangswegen Ältere, insbesondere der einfachen Bildungsschicht, männlichen Geschlechts und Sportinaktive, erreicht werden können. Methoden: Es wurden die unterschiedlichen Zugangswege Plakataktion, Webseite, „face to face“ (direkte Ansprache durch Ärzte) und DirectMailing evaluiert und die demografische Struktur sowie die sportbezogene Motivationslage der befragten Älteren ermittelt. Ergebnisse: Verschiedene Zugangswege sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. Zielgruppenunspezifische Zugangswege zu Bewegungsangeboten für Ältere wie Plakataktion bzw. Website sprechen mit 56% bzw. 73% signifikant mehr Frauen an als Männer, mit 88% bzw. 92% mehr Personen aus der höheren/mittleren Bildungsschicht an als aus der einfachen Bildungsschicht und mit 88% bzw. 73% mehr Sportaktive an als Sportinaktive. Durch ein zielgruppenspezifisches Direct-Mailing an 10.746 Ältere (Versicherte einer Innungskrankenkasse) wurden 182 Teilnehmer für einen Präventionskurs (Bewegung) gewonnen. Davon waren fast 40% Männer, 38% Sportinaktive und 73% Ältere mit einfacher Schulbildung. Interpretation: Die überproportionale Motivierung von Männern, Personen der einfachen Bildungsschicht und Sportinaktiven sprechen für die Entwicklung und den Einsatz von zielgruppenspezifischen Zugangswegen in Verbindung mit konkreten, attraktiven Bewegungsangeboten für Ältere. Zudem legen die Ergebnisse nahe, Motivierungsmaßnahmen für sportinaktive Ältere an deren motivationalen Ausgangslagen auszurichten. 14:30 – 14:45 S37-05 „Ältere gezielt erreichen“ – Weiterentwicklung und Evaluation der Ansprache zum Präventiven Hausbesuch B. Deitermann, C. Patzelt, J. Radisch, S. Heim, G. Schmiemann, G. Theile, A. Nickel, E. Hummers-Pradier, C. Krauth, U. Walter; Hannover Fragestellung: Für die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen ist die erfolgreiche Ansprache der gewünschten Zielgruppe entscheidend. Im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes „Ältere gezielt erreichen“ (2008-2010) wird untersucht, in welcher Form über 65-jährige AOKVersicherte erfolgreich für einen Präventiven Hausbesuch gewonnen werden. Methoden: In der mehrstufigen Evaluationsstudie werden zunächst mittels alters- und geschlechtsspezifischen Fokusgruppen (n=42) sowie Einzelinterviews (n=12) die Ansprachepräferenzen der über 65-jährigen Versicherten ermittelt und das bereits bestehende Material weiterentwickelt. In der 2. Studienphase wird die Akzeptanz der neu entwickelten Ansprache im Vergleich zur bisherigen getestet. Insgesamt werden 2.512 AOK-Versicherte (65 plus) unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Region in drei Wellen angeschrieben und die jeweilige Reaktion mittels eines standardisierten Verfahrens dokumentiert. Ergebnisse: Aus den Fokusgruppen- und Einzelinterviews wurde abgeleitet, dass ältere Versicherte ein persönliches Anschreiben sowie ein auf die wesentlichen Punkte gekürzten Flyer präferieren. Die in der 2. StudiZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts enphase gestartete Evaluation zeigt folgendes: Von den in der ersten Welle angeschriebenen 838 Versicherten haben sich 17 auf die neu entwickelte und 14 auf die alte Ansprache aktiv gemeldet. Darüber hinaus wurden 5% der Versicherten, die das Ansprachematerial erhalten und nicht aktiv darauf reagiert haben, telefonisch zur Akzeptanz der neuen (n=18) bzw. der alten (n=18) Ansprache befragt. Interpretation: Die ersten Ergebnisse zeigen eine höhere aktive Rückmeldung auf die neue gendersensible Ansprache. Inwieweit sich dieses Ergebnis verstetigt, werden die Analysen nach Abschluss der zweiten und dritten Evaluationswelle zeigen.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 2 13:30 – 15:00 S38 Symposium der Sektion IV Demenz und Musik Moderation: T. Hartogh, Vechta; T. Grosse, Hannover
Demenz ist durch zunehmende kognitive Einbußen und Verluste von Alltagskompetenzen geprägt. In der Pflege, Begleitung und Betreuung dementiell erkrankter Menschen wird versucht, trotz dieser Beeinträchtigungen die Lebensqualität Betroffener zu erhalten. Musik eignet sich als nonverbales Kommunikations- und emotionales Ausdrucksmedium in besonderer Weise zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Intensivierung sozialer Kontakte, da musikalische Kompetenzen wie Singen und Musik hören trotz fortschreitender Demenz häufig weitgehend erhalten bleiben. In Einzelfällen ist sogar bei schwergradiger Demenz der Erwerb neuer musikalischer Kompetenzen, z. B. beim Klavierspiel, möglich. In diesem Symposium sollen zum einen Erfahrungsberichte und empirische Untersuchungen zu Auswirkungen aktiven Singens und Musizierens auf dementiell erkrankte Menschen und zum anderen Möglichkeiten für das Einzel- und Gruppenmusizieren in der ambulanten und stationären Begleitung, Betreuung und Pflege vorgestellt werden. 13:30 – 13:45 S38-01 Umgang mit neuem musikalischen Material im Alter und mit Alzheimerdemenz A. Söthe-Röck, Heidelberg Fragestellung: Musikalische Fähigkeiten im Kindes- und Jugendalter sind bisher gut erforscht. Über „Musik im Alter“ weiß man bisher jedoch noch sehr wenig. Mit dem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit, an der Alzheimerdemenz zu erkranken. Wie sich der gesunde Alterungsprozess und der Krankheitsprozess auf musikalische Fähigkeiten auswirken, wurde bisher kaum systematisch untersucht. Die musiktherapeutische Forschung belegt aber signifikante Wirkungen der Musiktherapie auf symptomatische Verhaltensmuster der Alzheimerdemenz. Methoden: Es wurden grundlegende musikalische Fähigkeiten innerhalb von drei Teilnehmergruppen (à 10 TN) untersucht: Gesunde Ältere, leicht erkrankte Alzheimerpatienten und eine junge Kontrollgruppe. Kurze musikalische Rhythmen mussten erlernt und erinnert, so exakt wie möglich nachgespielt sowie voneinander unterschieden werden. Studieninstrument war eine MIDI-fähige Handtrommel, die eine exakte Auswertung der eingespielten Rhythmen erlaubte. Ergebnisse: Bei allen Aufgaben zeigten die Alzheimerpatienten größere Schwierigkeiten als die gesunden Älteren. Aber auch die gesunden Älteren konnten nicht ebenso leicht mit den Rhythmen umgehen wie die jüngeren Teilnehmer. Jedoch zeigten diejenigen Älteren und Patienten, die in ihrer Kindheit für einige Jahre ein Instrument erlernt haben, deutlich bessere Leistungen als diejenigen ohne diesen Unterricht. Interpretation: Insgesamt weisen die deutlichen Schwierigkeiten bei der Repräsentation eines musikalischen Rhythmus bei leichter Alzheimer-
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demenz darauf hin, dass der kognitive Umgang mit neuem musikalischen Material im Zuge der Erkrankung mit beeinträchtigt wird. Angesichts der positiven Berichte aus der Musiktherapie und der Musikgeragogik müssen andere Aspekte der Musik in der Zukunft näher untersucht werden. 13:45 – 14:00 S38-02 Transfereffekte des instrumentalen Musizierens bei dementiell erkrankten Menschen S. Hoedt-Schmidt, Bornheim Fragestellung: Sind Personen mit Defiziten aufgrund dementieller Syndrome in der Lage, das Spielen auf der Veeh-Harfe unter musikgeragogischer Anleitung zu erlernen? Führt musikgeragogische Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen zu einem messbaren Benefit hinsichtlich grob- und feinmotorischer Leistungen der Arme und Hände, die sich auch bei der Bewältigung von Alltagsaktivitäten mit Gewinn einsetzen lassen? Methoden: Personen mit dementiellen Syndromen wurden in Einzelstunden mit der Veeh-Harfe über mehrere Monate wöchentlich unterrichtet. Für das Assessment motorischer Kompetenzen und krankheitsbedingter Defizite haben wir folgende Testverfahren eingesetzt: BarthelIndex, Dem-Tect, Box and Block Test und Nine-Hole-Peg-Test. Der Aachener Aphasie-Test erlaubt die Abgrenzung einer Aphasie bei vorhandenen sprachlichen Kommunikationsdefiziten. Ergebnisse: Positive Transfereffekte des instrumentalen Musizierens ließen sich vor allem hinsichtlich der Verbesserung motorischer, aber auch hinsichtlich kognitiver Leistungen nachweisen. Der Token-Test zeigte im Prä-Post-Vergleich ein signifikantes Ergebnis für die Verbesserung des Schweregrades einer Aphasie. Interpretation: Als musikgeragogisches Konzept ist aktives instrumentales Musizieren auch Personen mit dementiellen Syndromen zugänglich und resultiert in einem Benefit bei Alltagskompetenzen. Die beim Instrumentalspiel erforderlichen motorischen Fähigkeiten generieren Transfereffekte für bestimmte Alltagsaktivitäten, die dafür notwendige Koordinierung wirkt sich positiv auf kognitive Leitungen aus. 14:00 – 14:15 S38-03 Unterricht mit demenzkranken Klavieranfängern E. Kehrer, Werlte Fragestellung: Zum Instrumentalunterricht mit Demenzkranken, insbesondere mit denjenigen, die keinerlei Vorerfahrungen am Instrument aus der Zeit vor ihrer Erkrankung haben, gibt es bisher keine systematisch erprobten Unterrichtskonzepte. Wie aber könnte ein Unterricht aussehen, der Spielfreude und die Bewältigung von Aufgaben mit diesen speziellen Voraussetzungen gewährleistet? Methoden: In einer multiplen explorativen Fallstudie wurden Fälle leichter, mittelschwerer und schwerer Demenz nach einem Konzept unterrichtet, dessen Elemente in einer Pilotphase nach Methoden des Designed-based Research-Ansatzes entwickelt und im weiteren Verlauf erprobt und individuell angepasst wurden. Ergebnisse: Die Teilnehmer zeigten ein hohes Maß an Spielfreude und fühlten sich im Schwierigkeitsgrad angemessen gefordert. Unterrichtsinhalte wurden mit der Zeit erinnert. Pflegekräfte und Angehörige beobachteten zudem positive Veränderungen in Grundstimmung und Aktiviertheit. Wesentlichen Einfluss auf den Erfolg der Unterrichtsstunden hatten neben den Unterrichtselementen lehrerbezogene Variablen. Die Praxistauglichkeit hinsichtlich der Adaption durch mit der Zielgruppe unerfahrene Instrumentalpädagogen wurde in einer Evaluationsstudie bestätigt.
14:15 – 14:30 S38-04 Musikalisisierung der Begleitung, Betreuung und Pflege dementiell erkrankter Menschen – Erkenntnisse und Perspektiven T. Hartogh, Vechta Fragestellung: Mit welchen Zielsetzungen und in welcher Form kann Musik in der Begleitung, Betreuung und Pflege dementiell erkrankter Menschen erfolgreich integriert und mit Erinnerungs- bzw. Biografiearbeit verbunden werden? Methoden: Von 35 Pflegekräften der hochschulzertifizierten Weiterbildung „Demenz und Musik“, die die Landeszentrale für Gesundheitsförderung Rheinland-Pfalz in Kooperation mit der Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz und der Fachhochschule Münster seit 2007 anbietet, wurden Evaluationsberichte von mehrmonatigen Projekten aus der ambulanten und stationären Pflege in einem systematischen Review im Hinblick auf folgende Aspekte analysiert: Ziele und Ergebnisse des Musikeinsatzes Musikbezogene Methoden Vernetzung mit Betreuungs- und Pflegeformen Gelingensbedingungen Ergebnisse: Musik kann schon auf sehr niedrigschwelliger Basis im Betreuungs- und Pflegealltag erfolgreich integriert werden (z.B. Summen oder Singen bei der Körperpflege oder bei der allgemeinen Aktivierung). Singen und Musizieren erweisen sich als hervorragendes Medium zur Erinnerungsaktivierung und Befriedigung zentraler psychischer Bedürfnisse wie Trost, Bindung, Einbeziehung, Beschäftigung und Identität. Selbst Menschen mit schwergradiger Demenz, die sich nur noch schwer oder gar nicht sprachlich verständigen können, sind in der Lage, sich mit Musik nonverbal auszudrücken und mit anderen zu kommunizieren. Grundvoraussetzung für das Gelingen musikalischer Angebote ist eine akzeptierende Grundhaltung, die vom subjektiven Erleben der dementiell erkrankten Menschen ausgeht. Neben dem Singen schafft vor allem der Einsatz des Orff-Instrumentariums, der Veeh-Harfe und bestimmter Effektinstrumente eine positive aufmerksamkeitsfördernde und aktivierende Atmosphäre. Interpretation: Singen und Musizieren erweisen sich in der Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen als aktivierende und Wohlbefinden fördernde Aktivitäten, die in unterschiedlichen Betreuungs- und Pflegekontexten und auf verschiedenen Leistungsniveaus praktiziert werden können.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 3 13:30 – 15:00 S39 Symposium der Sektionen III/IV Die Individualisierung von Diagnostik und Intervention in der pflegerischen Betreuung demenzkranker Menschen eine idiographische Analyse Moderation: A. Kruse, Heidelberg
Unabhängig davon, dass sich der Verlauf demenzieller Erkrankungen durch verschiedene Stadien, die sich nach Art und Ausprägung der jeweils im Vordergrund stehenden Symptomatik unterscheiden, charakterisieren lässt, ist die pflegerische Betreuung der Betroffenen mit zum Teil sehr heterogenen Bedürfnissen und Bedarfen konfrontiert. Interventionsziele und Maßnahmen müssen deshalb – ausgehend von einer idiographischen Analyse – vor dem Hintergrund der Besonderheiten der individuellen Situation festgelegt, umgesetzt und evaluiert werden. In diesem Symposion werden für die pflegerische Betreuung zentrale ethische und theoretische Perspektiven expliziert, Grundlagen und Ansätze einer idiographischen Analyse zur Festlegung von Interventionszielen und Maßnahmen erläutert und praxisnahe Innovationen, die in empirischen Studien umgesetzt und evaluiert wurden, vorgestellt. Des Weiteren soll die Praktikabilität einer individualisierten Diagnostik und Intervention
vor dem Hintergrund der subjektiven Tätigkeitsspielräume Pflegender diskutiert werden. 13:30 – 13:35 S39-01 Einführung in das Symposium A. Kruse, Heidelberg Die Individualisierung von Diagnostik und Intervention in der pflegerischen Betreuung demenzkranker Menschen – eine „idiographische“ Analyse 13:35 – 13:47 S39-02 Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker (H.I.L.DE.) -Entwicklung eines Instrumentes zur adäquaten Erfassung der Lebensqualität demenzkranker Bewohner in Langzeitpflegeeinrichtungen S. Becker, R. Kaspar 1, A. Kruse 2; Bern/CH, 1Frankfurt a. M., 2Heidelberg Es war Ziel des Projekts H.I.L.DE. (Förderer des Projekts: BMFSF), ein Instrumentarium zur Erfassung der Lebensqualität demenzkranker Bewohner in Einrichtungen der stationären Pflege zu entwickeln und zu evaluieren. Hierzu wurde ein multidimensionales Modell von Lebensqualität zugrunde gelegt, welches das subjektive emotionale Erleben der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Neben der Sensibilisierung der Pflegenden für Wünsche und Bedürfnisse insbesondere auch solcher Menschen, die sich sprachlich nicht mehr adäquat äußern können, erlaubt H.I.L.DE. eine praxisnahe Erfassung verschiedener Dimension der Lebensqualität sowie individueller Bedarfe und Potenziale zur Förderung von Lebensqualität. H.I.L.DE. geht dabei von einem syndromorientieren Verständnis von Demenz aus, das neben kognitiven Kompetenzeinbußen von den jeweils individuellen Alltagskompetenzen und nicht-kognitiven Verhaltensauffälligkeiten der Betroffenen geprägt ist. Der Beitragt erläutert neben den theoretischen Überlegungen der Instrumententwicklung an einem Praxisbeispiel, wie H.I.L.DE. zur Förderung der Lebensqualität demenzkranker Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden kann. Zudem wird dargestellt, in welcher Hinsicht ein solches Instrument Prozesse der Pflegeplanung und der Umsetzung von Pflegekonzepten beeinflussen kann. 13:47 – 13:59 S39-03 Verfahren zu gezielten Förderung des emotionalen Erlebens von Menschen mit Demenz C. Berendonk, Heidelberg Die gezielte Förderung des emotionalen Wohlbefindens demenzkranker Menschen setzt eine detaillierte Analyse der im individuellen Falle jeweils vorliegenden emotionalen Bedeutsamkeit und Bewertung voraus. Eine systematische Erhebung mithilfe eines standardisierten Assessments stößt aber bei fortgeschrittener Demenz infolge von Einbußen in der kognitiven Leistungsfähigkeit und der verbalen Ausdrucksfähigkeit an ihre Grenzen. Aus diesem Grunde kommt der differenzierten Verhaltensbeobachtung und mimischen Ausdrucksanalyse bei der Abbildung des individuellen emotionalen Erlebens besondere Bedeutung zu. In diesem Beitrag werden zunächst Ergebnisse einer umfassenden Recherche zum Thema „Gezielte Förderung des emotionalen Erlebens von Menschen mit Demenz“ vorgestellt und methodische Anforderungen für eine angemessene Abbildung des subjektiven Erlebens von in ihrer verbalen Ausdrucksfähigkeit deutlich eingeschränkten demenzkranken Menschen diskutiert. Vor diesem Hintergrund wird eine eigene durch das BMBF geförderte Studie dargestellt, deren Ziel in der Entwicklung eines entsprechenden Assessmentverfahrens besteht, um damit einen Beitrag zur Operationalisierung personenzentrierter Pflege zu leisten.
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Abstracts 13:59 – 14:11 S39-04 Die Daseinsthematische Begleitung demenzkranker Menschen: Theoretisch-ethische Fundierung und empirische Befunde Ergebnisse des Leuchtturmprojekts Quadem S. Ehret, Heidelberg Im Leuchtturmprojekt Quadem (Förderung des Projekts durch BMG), dessen Zielsetzung darin bestand, effektive Wege der Unterstützung von Pflege- und Betreuungsleistungen bei Angehörigen demenzkranker Menschen aufzuzeigen, wurden Ehrenamtliche umfassend auf theoretischer Grundlage der daseinsthematischen Begleitung geschult. Dabei bildete das Daseinsthematische Gespräch mit einem demenzkranken Menschen den methodischen Kern des praxisorientierten Projekts. In diesem Beitrag sollen im Anschluss an eine theoretische und ethische Fundierung der Methode beispielhaft Fälle gelungener Daseinsthematischer Begleitung demenzkranker Menschen durch ehrenamtlich tätige Personen vorgestellt werden. Vor diesem Hintergrund wird dargelegt, dass daseinsthematische Begleitung nicht nur zur Lebensqualität des beitragen, sondern auch positive Auswirkungen auf die in der Versorgung beteiligten Akteure und den Pflegekontext insgesamt haben kann. In einer eigenen Studie ermittelte empirische Befunde zu den Auswirkungen der daseinsthematischen Begleitung auf die psychische Situation demenzkranken Menschen und ethische Perspektiven ehrenamtlich tätiger Personen werden vorgestellt und diskutiert. 14:11 – 14:23 S39-05 Spielräume und Barrieren für gute Pflege von Menschen mit Demenz Erfassung subjektiver Theorien Pflegender über ihre individuellen Tätigkeitsspielräume M. Hoben, M. Bär, A. Kruse; Heidelberg Die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege werden von Pflegenden regelmäßig als schwierig und belastend beschrieben. Diese subjektive Wahrnehmung wird gestützt durch eine Vielzahl an Untersuchungen, die die vielfältigen Belastungsfaktoren und deren negative Folgen aufzeigen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war, herauszufinden, wie Pflegende innerhalb dieser Bedingungen denken und handeln. Um die subjektiven, teilweise impliziten Theorien zu rekonstruieren, die das Handeln Pflegender zu weiten Teilen leiten, wurden leitfadengestützte teilstrukturierte Interviews mit Pflegenden stationärer Langzeitpflegeeinrichtungen geführt und nach der Methode der Heidelberger Strukturlegetechnik ausgewertet (Förderung des Projekts durch BMFSFJ). Der Beitrag konzentriert sich auf die Analyse subjektiver Theorien von Pflegenden, die in geschützten Wohnbereichen tätig sind. Im Vergleich unterschiedlicher Pflegekontexte zeigt sich, dass es diesen Personen ungleich leichter fiel, konkrete Beispiele aus ihrer täglichen Praxis für gute und weniger gute Pflege zu benennen. Dabei finden sich Hinweise auf die Annahme, dass der Pflegekontext des geschützten Wohnbereichs mit höheren Freiheitsgraden in der Entwicklung von individualisierenden Pflegekonzepten einhergeht, die sich auch positiv auf die Reflexion eigenen pflegerischen Tuns auswirken. 14:23 – 14:35 S39-06 Alzheimerdemenz Verlauf, Verlust, Entwicklung M. Bär, Heidelberg Die Verläufe chronischer Erkrankungen sind von großer Heterogenität und einem komplexen Bedingungsgefüge gekennzeichnet. Gleichwohl orientieren sich Projektionen zum Verlauf der Alzheimerdemenz in aller Regel einseitig an einer progredient gedachten Verlustkurve kognitiver und alltagspraktischer Fähigkeiten. Der Beitrag expliziert einen umfassenden, nicht kognitivistisch verkürzten theoretischen Bezugsrahmen für eine Beschreibung der Verlaufscharakteristika bei Alzheimerdemenz. Dieser basiert auf der Theorie der Aktualgenese von Linschoten, in der die leibseelische Dynamik von Wahrnehmungs- und Erkenntnisvorgängen beschrieben wird, und dem life-structure-Modell von Levinson, in dem individuelle Entwicklung mit Blick auf den Wandel persön-
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lich bedeutsamer „Anderer“ (significant others) untersucht wird. Eine eigene vom BMBF geförderte empirische Studie zu Einflüssen individualisierender Pflegekonzepte auf Eigenaktivität und emotionale Befind lichkeit demenzkranker Menschen hat Hinweise auf derartige significant others selbst im fortgeschrittenen Demenzstadium aufgezeigt. Damit eröffnet sich ein neuer Blick auf mögliche seelische Anpassungsprozesse und Entwicklungspotenziale im Verlauf der Alzheimerdemenz. 14:35 – 14:47 S39-07 Möglichkeitsräume zur Mitgestaltung erlebter Lebensqualität demenzkranker Menschen in Pflegeeinrichtungen eine Mehr-Ebenen-Analyse R. Kaspar, S. Becker 1, A. Kruse 2; Frankfurt a. M., 1Bern/CH, 2Heidelberg In der Diskussion um die Möglichkeiten einer selbstverantworteten Lebensgestaltung im Angesicht demenzieller Erkrankung wurde in den letzten Jahren eine stärkere Berücksichtigung der individuellen Deutungen und Bewertungen durch die Betroffenen selbst gefordert. Mit sinkenden individuellen Ressourcen im Verlauf der Erkrankung stellt sich zunehmend die Frage, wie die Herstellung und Aufrechterhaltung von Lebensqualität als eine auch von verschiedenen Akteuren in stationären Versorgungskontexten geteilte Mitverantwortlichkeit verstanden und dieser Anspruch bestmöglich eingelöst werden kann. Für Entscheidungsträger auf allen Organisationsebenen pflegerischer Versorgung ist es nicht zuletzt aufgrund der begrenzten personellen und wirtschaftlichen Mittel von allergrößter Bedeutung, die vorhandenen Gestaltungsspielräume zur Förderung der individuellen Lebenslage der betreuten Menschen zu erkennen und möglichst effektiv zu nutzen. Dieser Beitrag nutzt die multidimensionale Einschätzung der realisierten Lebensqualität von 1784 demenzkranken Bewohnern aus 169 an den beiden letzten Feldphasen des H.I.L.DE.-Projektes beteiligten Pflegeeinrichtungen, um die Determinanten erlebter Lebensqualität auf der Ebene der Betroffenen selbst, aber auch die Bedeutung übergeordneter Merkmale des Versorgungskontextes bei der Generierung von Wohlbefinden und Lebensqualität herauszuarbeiten. Die Ergebnisse der Mehr-EbenenAnalysen zeigen beispielsweise, dass durch demenzspezifische Angebote oder die Beteiligung erfahrener Pflegemitarbeiter die negativen Effekte belastender Sozialkontakte auf das habituelle Wohlbefinden der Bewohner abgepuffert werden können. Andere Ressourcendimensionen scheinen ihren Effekt auf die erlebte Lebensqualität über die betrachteten Einrichtungen hinweg in sehr vergleichbarer Weise auszuüben, und bieten damit weniger Gelegenheiten, Merkmale der Versorgungsumwelt als Stellgrößen für die Förderung des Bewohnerbefindens nutzbar zu machen.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 6 13:30 – 15:00 PS16 Papersession der Sektion II Geriatrische Interventionen II Moderation: M. Decker-Maruska, Attendorn; Lerch, Michael (Iserlohn)
13:30 – 13:45 PS16-01 Bedarf es eines Comebacks der „alten Oberschwester“ in der geriatrischen Versorgung? M. Decker-Maruska, M. Lerch1; Attendorn, 1Iserlohn Fragestellung: Vor dem Hintergrund der vieldiskutierten „Professionalisierung“ der pflegerischen Strukturen erscheinen im geriatrischen Setting die Aspekte der herabgesetzten schulischen Zugangsvoraussetzungen in der Kranken-und Altenpflege, die Selbst-und Fremdwahrnehmung der Pflege und ein schwindender Berufsethos,aus Sicht der Praxis, nicht hinreichend hinterfragt.
Methoden: Eine strukturierte Befragung von insgesamt 100 Personen (Auszubildenden der Gesundheits- und Krankenpflege, sowie der Altenpflege und Mitarbeitern der unterschiedlichen Berufsgruppen des geriatrischen Versorgungsnetzes) zur Fach -und Sozialkompetenz, Kommunikationskompetenz, empfundener Wertschätzung, Belastetheit und zum beruflichen Selbstverständnis. Ergebnisse: Die Auszubildenden schilderten Probleme, einerseits aufgrund einer unzureichenden schulischen Vorbildung der Theorie nicht folgen zu können und andererseits das Manko der Vermittlung eines ganzheitlichen Pflegetherapiekonzeptes. Die Antworten der Pflegenden fokussierten auf einen Mangel an Führung, Struktur, Perspektive und Kommunikation“ auf Augenhöhe“. Darüber hinaus fehlte es an der Fähigkeit Annerkennung aus dem eigenen beruflichen Selbstverständnis zu schöpfen. Die übrigen Berufgruppen des geriatrischen Team vermissen in der Pflege die Fähigkeit eigenverantwortlich zu arbeiten, Kooperations-, Kritikfähig-, Organisations- und Teamfähigkeit sowie eine unzureichende „Kundenorientierung“ Interpretation: Die Ergebnissen der Befragung lassen den Schluss zu, das es nicht selten an einem „Vorbild“ fehlt, das, vergleichbar der „alten Oberschwester“ aufgrund seines fachlichen Hintergrundes, seiner Organisationverantwortung, seiner Kommunikationfähigkeit und nicht zuletzt wegen seines beruflichen Selbstverständnisses einen integrativen Bestandteil des geriatrischen Pflegeprozesses darstellt. 13:45 – 14:00 PS16-02 Integrierte Geriatrie W. Schmidt-Barzynski, Bielefeld Fragestellung: Das Fallpauschalensystem honoriert außerhalb der Geriatrie die Behandlung einzelner Diagnosen. Eine wachsende Zahl von Patienten weist jedoch zusätzlich ein geriatrisches Problemspektrum auf. Diese zusätzlichen Probleme können während der stationären Behandlung nicht ignoriert werden, obwohl ihre Berücksichtigung durch die Finanzierung nicht abgedeckt wird. Die Geriatrische Komplexbehandlung berücksichtigt diese besonderen Umstände. Im Klinikum Bielefeld wird eine große Zahl von Patienten behandelt, eine Geriatrische Komplexbehandlung benötigt hätten, jedoch niemals mit der geriatrischen Fachabteilung in Kontakt kamen. Methoden: Zur Bewältigung dieser Situation wurde ein alternativer Lösungsansatz gewählt, der darin besteht, die geriatrische Leistung zum Patienten zu bringen, um Schnittstellen (Verlegungen) zu vermeiden. Durch die Integration geriatrischer Strukturen in andere Fachabteilungen wird es zweitrangig, in welcher Abteilung ein Patient (zufällig) aufgenommen wurde. Er kann adäquat geriatrisch behandelt werden und das Klinikum die adäquate (geriatrische) Fallpauschale erlösen. Die Umsetzung erfolgt in verschiedenen Dimensionen (medizinischfachlich, personell, im Bereich der Sachmittel und räumlichen Ausstattung) im Rahmen einer komplexen Projektarbeit. Ergebnisse: Am Ende der Integration sollen im Klinikum Bielefeld mehrere geriatrische Strukturen neben der Kernabteilung existieren, die gemeinsam auf einer gleichen hierarchischen Ebene an der Weiterentwicklung geriatrischer Kompetenz arbeiten. Jede Struktur soll so aufgebaut sein, dass sie für sich genommen als geriatrische Abteilung zertifiziert werden könnte. 14:00 – 14:15 PS16-03 Die zukünftige Entwicklung von Übergewicht und Adipositas in Deutschland bis zum Jahr 2045 C. Westphal, G. Doblhammer-Reiter; Rostock Fragestellung: Der Anteil übergewichtiger Personen in Deutschland ist innerhalb der letzten Jahrzehnte stark angestiegen. Um den mit Übergewicht und Adipositas verbunden Herausforderungen an die Gesundheitswirtschaft angemessen begegnen zu können, ist es unverzichtbar zu wissen, wie sich die Zahl der Übergewichtigen und Adipösen in Zukunft entwickeln wird. Der vorliegende Beitrag prognostiziert die Zahl der
übergewichtigen und adipösen Personen im Alter 50+ bis zum Jahr 2045. Dabei berücksichtigen wir im Gegensatz zu herkömmlichen Prognosen nicht nur die Altersstruktur der untersuchten Bevölkerung, sondern beziehen auch Unterschiede in der Prävalenz von Adipositas und Übergewicht zwischen zwölf verschiedenen Geburtskohorten in die Vorausberechnung ein. Methoden: Die Analyse basiert auf Daten der Mikrozensen 1995, 1999, 2003 und 2005 sowie der 12. koordinierten Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes. Die Daten für Übergewicht und Adipositas wurden auf Basis von Körpergewicht und Körpergröße generiert. Ergebnisse: Insgesamt wird sich der Anteil der über 50-Jährigen Übergewichtigen an der Gesamtbevölkerung bis 2025 von 23,7 auf 26,5 Prozent erhöhen und danach wieder leicht absinken. Für das Jahr 2045 wird der Anteil der Übergewichtigen auf 25 Prozent geschätzt. Der Anteil adipöser Personen wird von gegenwärtig 12.8 Prozent auf 14,2 Prozent im Jahre 2025 und 14.5 Prozent im Jahre 2045 erhöhen. Dabei ist der Anstieg für Frauen stärker als für Männer. Ferner sind die neuen Bundesländer auch zukünftig stärker von Übergewicht und Adipositas betroffen als die alten. Interpretation: Durch die Kohortenprognosen zeigt sich, dass in den einzelnen Kohorten der Anteil Übergewichtiger sehr wohl zurückgeht, jedoch durch die Bevölkerungsalterung insgesamt mehr Personen in das Alter kommen, in dem Übergewicht wahrscheinlicher ist. Um diesem Trend entgegenzuwirken, ist ein noch stärkerer Fokus auf gewichtsreduzierende, gesundheitsfördernde Maßnahmen unverzichtbar. 14:15 – 14:30 PS16-04 Evaluation komplexer Interventionen: Entwicklung eines Kriterienkatalogs zur Berichterstattung R. Möhler, G. Meyer; Witten Fragestellung: Zahlreiche Interventionen im Gesundheitswesen zeichnen sich durch hohe Komplexität aus und intervenieren ihrerseits in komplexe Systeme. Sie bestehen aus mehreren, voneinander abhängigen oder unabhängigen Teilkomponenten, die sich gegenseitig beeinflussen und bedingen. Die Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen ist Gegenstand eines regen methodischen Diskurses. Das britische Medical Research Council (MRC) hat bereits im Jahr 2000 ein entsprechendes Modell vorgelegt, das kürzlich erweitert wurde. Die Qualität der Berichterstattung zur Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen in Originalarbeiten ist unzureichend. Ein konsentierter Standard von Kriterien zu ihrer Berichterstattung liegt bislang nicht vor. Methoden: Auf Grundlage der Publikationen des MRC-Modells und einer systematischen Literaturrecherche in den einschlägigen Datenbanken erfolgte die Entwicklung einer Liste mit 18 Kriterien zur Berichterstattung der Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen. Nach einem Test auf Anwendbarkeit durch zwei unabhängige Wissenschaftler wurde die Liste durch vier Experten begutachtet. Ergebnisse: Die letzte Version der Liste beinhaltet 17 Kriterien in 4 Kategorien. Spezifische Erläuterungen und Beispiele illustrieren die Kriterien. Die Liste stellt eine Mindestanforderung an die Berichterstattung komplexer Interventionen dar und ist als Zusatz zu etablierten Reporting Statements zu sehen. Interpretation: Die Kriterienliste zur Berichterstattung der Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen stellt ein notwendiges Hilfsmittel zur Qualitätssteigerung von Publikationen dar. Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines eigenen Reporting Statements für komplexe Interventionen. 14:30 – 14:45 PS16-05 Telematik in der klinischen Anwendung N. Wrobel, M. Borchelt1; Bremen, 1Berlin Fragestellung: Demographische und soziokulturelle Veränderungen, Fortschritte in medizinischer Forschung und Medizintechnik und nicht zuletzt der europäische Integrationsprozess und die Globalisierung stellen die Gesundheitssysteme vor weiter wachsende Herausforderungen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts In diesem Kontext haben die Akteure der Gesundheitsversorgung aktiv mit der Einführung und Weiterentwicklung moderner Informationsund Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen begonnen. Dabei bezeichnet Gesundheitstelematik (international „health telematics“) Anwendungen von Telekommunikation und Informatik im Gesundheitswesen. Als engerer Begriff bezeichnet Telemedizin den Einsatz von Telematikanwendungen (Telediagnostik, Telekonsultation, Teleradiologie etc.) zur Überwindung einer räumlichen Trennung von Patient und Arzt oder zwischen mehreren Ärzten. Methoden: Als ein Pilotprojekt in der Klinik für Geriatrie und Frührehabilitation am Klinikum Bremen-Nord wurde das System „Telerehabilitation“ im Rahmen einer Medizinproduktprüfung (DIMIDI) überprüft. Ergebnisse: Ein speziell für diese Zwecke entwickelter Sensor, den der Patient in einem Brustgurt am Körper trägt, ermittelt seine Bewegungen. Ein integrierter Minirechner vergleicht normale Bewegungsabläufe sowie Sturzsituationen mit den Daten der Patienten. Per Funk werden diese an ein PDA am Patienten übermittelt. Von dort gelangen die Bewegungsdaten via WLAN oder GRPS an eine Zentrale. An diesem ‚Backend’ laufen alle Informationen zusammen. Wird ein Sturz gemeldet, kann der Patient das Ereignis an seinem Taschengerät bestätigen oder bei Irrtum widerrufen. Webbasiert kann über einen datengesicherten Internetzugang jederzeit und an jedem Ort das Bewegungsprofil des Patienten eingesehen werden. Interpretation: Bei einer geplanten Weiterentwicklung des Systems sollen auch drohende Stürze erkennbar werden. Ebenso wird die genaue Kenntnis der Bewegungsmuster eine Aussage über die Wirksamkeit und Ergebnisqualität einer Behandlung erlauben. 14:45 – 15:00 PS16-06 Prognose der Krankenhausbehandlungen wegen Koronarer Herzkrankheit bis 2030 E. Nowossadeck, Berlin Fragestellung: Die steigende Lebenserwartung führt zu einem zunehmenden Anteil älterer und alter Menschen. Mit zunehmendem Alter steigt die individuelle Wahrscheinlichkeit einer Krankenhausbehandlung wegen einer Koronaren Herzkrankheit (KHK, z.B. Herzinfarkt, Bypass-OP). In den letzten Jahren wurde ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen beobachtet. Hier wird die Frage untersucht, welche Entwicklung der KHK-Krankenhausfallzahlen bis 2030 erwartet werden kann. Methoden: Datengrundlage sind die Ergebnisse der Krankenhausstatistik und der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes. Zur Berücksichtigung der Unsicherheit über die künftige Entwicklung wurden 3 Szenarien berechnet. Ergebnisse: Szenario 1 berücksichtigt den beobachteten Rückgang der Morbiditätsraten, so dass sich die rückläufige Tendenz der Fallzahlen fortsetzt (ca. -30%). In Szenario 2 wird ein im Vergleich zu Szenario 1 verlangsamter Rückgang der Morbiditätsraten erwartet, so dass sich ein Fallzahl-Rückgang um ca. 7% bis 2020 ergibt, gefolgt von einem Anstieg auf das Ausgangsniveau bis 2030. Szenario 3 (das nicht als wahrscheinlich angesehen wird) berücksichtigt den demographischen Wandel, geht aber von konstanten Morbiditätsraten aus. Hier ergibt sich ein Anstieg der Fallzahlen um ca. 30%. Interpretation: Sehr wahrscheinlich wird die Zahl der KHK-Krankenhausfälle trotz des demographischen Wandels künftig nicht ansteigen. Vielmehr sind wegen Verbesserungen infolge des medizinischen Fortschritts, einer zunehmenden Prävention, einer sich verändernden Gesundheitsversorgung und eines veränderten Gesundheitsverhaltens konstante oder weiterhin rückläufige Krankenhausfallzahlen zu erwarten. Abweichend zum Gesamttrend ist ein Anstieg der Fallzahlen älterer Patienten (älter als 65) sehr wahrscheinlich, jedoch erst ab etwa 2020. Prognosen oder Projektionen der KHK-Krankenhausfälle, die ausschließlich auf die Folgen des demographischen Wandels rekurrieren, können v.a. für die unmittelbare Zukunft in die falsche Richtung weisen.
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Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 1 15:30 – 17:00 PS17 Papersession der Sektionenen II, III und IV Regionale und quartiersbezogene Aspekte des Alterns Moderation: U. Otto, St. Gallen/CH
15:30 – 15:45 PS17-01 Regionale Typen der demografischen Alterung S. Menning, E. Nowossadeck; Berlin Fragestellung: Die demografische Alterung ist ein weltweites Phänomen. Auf nationaler Ebene sind die steigende Lebenserwartung und ein niedriges Geburtenniveau ihre wichtigsten Ursachen. Dagegen sind in den Regionen die Alterungsprozesse differenzierter. Der Beitrag typisiert Muster der demografischen Alterung auf der Ebene der Bundesländer und der Kreise des Bundeslandes Sachsen und stellt regionalspezifische demografische Ursachen der Alterung dar. Methoden: Für die Bundesländer und die 13 Kreise von Sachsen wurden jeweils Cluster für das Fortschreiten der demografischen Alterung gebildet. Als Variablen wurden verwendet: Bevölkerung im Alter 65 Jahre+, Greying-Index, Durchschnittsalter und Veränderung seit 1990 sowie Geburten- bzw. Gestorbenenüberschuss je 1000 d. Bev. Datenbasis waren die amtliche Bevölkerungsstatistik und Regionaldaten des Bundeslandes Sachsen. Ergebnisse: Für die Bundesländer wurden vier Cluster mit typischen Alterungsmerkmalen gefunden. Auffallend sind die neuen Bundesländer, die seit 1990 stark gealtert sind. Eines dieser Bundesländer ist Sachsen. Auch hier differenziert sich der Alterungsprozess aus. Für die sächsischen Kreise wurden drei Cluster der demografischen Alterung identifiziert, die mit weiteren Indikatoren der Bevölkerungsstruktur, der Sterblichkeit und der Wanderungsbewegungen untersucht wurden. Es zeigte sich, dass es auf Kreisebene vor allem die mittelfristigen Wanderungsverluste und -gewinne sind, die die Bevölkerungsstrukturen prägen und damit das Fortschreiten der demografischen Alterung determinieren. Interpretation: Die demografische Alterung ist regional unterschiedlich weit fortgeschritten. In enger räumlicher Nähe finden sich Kreise, die überdurchschnittlich schnell altern und Kreise, die durch vergleichsweise junge Bevölkerungsstrukturen auffallen. In Regionen mit starken Wanderungsverlusten bzw. -gewinnen ist es vor allem die Altersselektivität von Wanderungen, die das Tempo der Alterung prägt, stärker als andere demografische Prozesse. 15:45 – 16:00 PS17-02 Beeinflusst die Beziehung älterer Menschen zu ihren Kindern die räumliche Nähe zwischen den Generationen? Wechselbeziehungen zwischen Kontakthäufigkeit, Beziehungsenge und Wohnentfernung im Längsschnitt H. Engstler, O. Huxhold; Berlin Fragestellung: Ausgehend von der Annahme, dass die Wohnentfernung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern nicht nur Faktor sondern auch Resultante der Eltern-Kind-Beziehung ist, wird untersucht, welchen Einfluss die Kontakthäufigkeit und Beziehungsenge zwischen den beiden familialen Generationen auf deren räumliche Mobilität hat. Erwartet wird, dass (1) häufiger Kontakt und enge Verbundenheit die Neigung erhöhen, die Wohnentfernung gering zu halten, und (2) die Enge der Beziehung einen moderierenden Einfluss darauf hat, wie sich die Kontakthäufigkeit bei größer werdender Wohndistanz entwickelt. Methoden: Empirische Grundlage sind die für Deutschland repräsentativen Längsschnittdaten des Deutschen Alterssurveys 1996 (t1) bis 2002 (t2). Analysestichprobe sind alle Eltern-Kind-Dyaden der Geburtsjahrgänge 1911-1956, beschränkt auf die Beziehung zu ihren Kindern ab 16 Jahren (n=2.173). Die Analyse erfolgt mittels Pfadmodellen im Design des cross-lagged-Panels.
Ergebnisse: Es gibt eine interagierende Dynamik zwischen Generationenbeziehung und Wohnmobilität bei zwischen t1 und t2 im Durchschnitt steigender Wohndistanz und abnehmender Kontakthäufigkeit und Beziehungsenge. Der Effekt der Kontakthäufigkeit zu t1 auf die Wohndistanzentwicklung ist stärker als der Effekt der Wohndistanz zu t1 auf die Entwicklung der Kontakthäufigkeit. Die Beziehungsenge wirkt hauptsächlich indirekt auf die Wohnentfernung, indem sie die Kontakthäufigkeit beeinflusst. Enge Beziehungen mildern den negativen Einfluss steigender Wohndistanz auf die Kontakthäufigkeit der Generationen. Interpretation: Die gängige Deutung des Zusammenhangs zwischen Generationenbeziehung und Wohnentfernung als Ausdruck räumlicher Gelegenheitsstrukturen muss ergänzt werden durch die Deutung einer beziehungsabhängigen Wohnstandortwahl. Struktur und Qualität der Generationenbeziehung bestimmen mit darüber, wie weit alternde Eltern und erwachsene Kinder voneinander entfernt wohnen. 16:00 – 16:15 PS17-03 Selbstständig lebende kognitiv beeinträchtigte und unbeeinträchtigte Ältere: Eine Analyse außerhäuslicher Aktivitäts- und Mobilitätsmuster auf der Basis von Tagebuchdaten E. Voß, H.-W. Wahl, F. Oswald 1, M. Wettstein; Heidelberg, 1 Frankfurt a. M. Fragestellung: Die Teilhabe an außerhäuslicher Mobilität und Aktivität im Alter gilt als zentral für Wohlbefinden und die gesundheitliche Entwicklung. Wenig untersucht wurde bislang, in welchen spezifischen Mobilitätsleistungen und Aktivitäten Unterschiede zwischen kognitiv gesunden und kognitiv beeinträchtigten älteren Erwachsenen auftreten. Methoden: Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten interdisziplinären Forschungsprojekts SenTra („Senior Tracking“) werden die außerhäusliche Aktivität und Mobilität älterer Menschen GPS- und tagebuchbasiert über einen Zeitraum von vier Wochen erfasst. Die Studienteilnehmer gehören drei verschiedenen Diagnosegruppen an: Kognitiv Unbeeinträchtigte sowie Personen mit Demenz und leichter kognitiver Beeinträchtigung. Sie protokollieren tageweise ihre außerhäuslichen Wege und Aktivitäten sowie ihr Befinden. Im Rahmen von Hausbesuchen werden zudem auch psychosoziale und psychiatrische Daten sowie Selbstauskünfte zu ausgeübten Freizeitaktivitäten erhoben. Ergebnisse: In ersten Analysen mit einer vorläufigen Stichprobe von 116 Teilnehmern im Alter von 60 bis 84 Jahren (M = 70.2, SD = 4.4) zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Diagno-segruppen im Mobilitätsverhalten und dem täglichen Wohlbefinden zu Gunsten der kognitiv Unbeeinträchtigten. Unterschiede zwischen den Gruppen in der durchschnittlichen Zahl der Wege sowie in der Zahl der Tage mit außerhäuslicher Mobilität blieben auch bei Kontrolle psychosozialer Variablen wie Alter, Bildung und Zahl der Mitbewohner bestehen. Zudem zeigten die gesunden Studienteilnehmer im Messzeitraum eine höhere Anzahl ausgeübter physischer sowie kognitiver Aktivitäten. Interpretation: Diese Ergebnisse zeigen, dass differentielle Zusammenhänge zwischen Mobilität/Aktivität und dem Grad kognitiver Beeinträchtigung bestehen. 16:15 – 16:30 PS17-04 Alters- und geschlechtsbedingter Zusammenhang zwischen Wohnungs- und Quartierszufriedenheit im Vergleich urbaner und suburbaner Strukturen J. Hahmann, A. Siuda; Aachen Fragestellung: Wovon hängt die Zufriedenheit älterer Menschen mit ihrer Wohnsituation ab, gibt es Unterschiede aufgrund der räumlichen Lage innerhalb des Stadtgebietes (inner- und außerstädtisch) und inwieweit besteht ein Zusammenhang bei der Bewertung des weiteren (Quartier) und des näheren (Wohnung) räumlichen Umfeldes? Methoden: Im Rahmen des durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderten Projektes City2020+ werden in der Stadt
Aachen 8500 Menschen ab einem Alter von 50 Jahren postalisch befragt, wobei unter anderem Wohnungs- und Quartiersausstattung sowie Wohnungs- und Quartierszufriedenheit erfasst werden. Neben diesen Variablen werden ebenfalls nachbarschaftliche Beziehungen analysiert. Ergebnisse: Die Varianz zwischen städtischer und ländlicher Umgebung wird neben infrastrukturellen insbesondere durch altersbedingte und genderbezogene Unterschiede verursacht. Ein wichtiger Faktor zur Erklärung dieser Differenz liegt in der Einbettung in soziale (nachbarschaftliche) Strukturen. Interpretation: Die wachsende ältere Bevölkerung Deutschlands lebt zu einem Großteil in privaten Strukturen und möchte ihre Eigenständigkeit so lange wie möglich bewahren. Daher ist es wichtig, unsere Städte so zu gestalten, dass ein gesundes und selbstständiges Altern in Wohlbefinden möglich ist. Aufgrund physischer und psychischer Umbrüche in höheren Lebensjahren reagieren ältere Menschen besonders sensibel auf ihr räumliches Umfeld. Idealerweise fördert das räumliche Unmfeld Aktivität und Teilnahme in allen Lebenslagen. Verstärkt wird dieser Effekt der Sensibilität durch die vermehrte Anwesenheit in der eigenen Wohnung und deren näheren Umgebung. 16:30 – 16:45 PS17-05 Subjektive Ressourcen für guten Schlaf aus Sicht von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohnern W. Herrmann, U. Flick; Berlin Fragestellung: Schlaf im Pflegeheime ist ein relevantes Problem für Bewohner und Professionelle. Ein Handlungsansatz für Professionelle wäre es die Bewohner zu befähigen ihre eigenen Ressourcen zu aktivieren um ihren Schlaf zu verbessern. Dafür ist es jedoch notwendig die selbstwahrgenommenen Ressourcen für guten Schlaf von Pflegeheimbewohnern zu kennen. Unsere Fragestellung lautet daher: Was sind subjektive Ressourcen für guten Schlaf aus Sicht von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohnern? Methoden: Zur Exploration dieser Ressourcen haben wir ein qualitatives Forschungsdesign gewählt. Wir haben 30 Pflegeheimbewohner (min. 64J) in fünf verschiedenen Pflegeheimen mit episodischen Interviews interviewt. Die Interviews wurden basierend auf Thematischem Kodieren ausgewertet. Die Studie wurde von der universitären Ethikkommission genehmigt. Ergebnisse: Obwohl subjektive Ressourcen individuell sind, lassen sich übergreifende Punkte feststellen: Innere Ruhe ist die zentrale subjektive Ressource von Pflegeheimbewohnern für guten Schlaf. Ruhig werden und nicht zu grübeln sehen Pflegeheimbewohner als wichtigste Vorraussetzung für guten Schlaf an. Eine andere wichtige Ressource für guten Schlaf ist für Pflegeheimbewohner tägliche körperliche und geistige Aktivität. Förderliche Faktoren aus dem Umfeld des Pflegeheimes wie nächtliche Ruhe sind weitere Ressourcen für guten Schlaf aus Sicht der Bewohner. Interpretation: Unsere Ergebnisse geben einen Einblick in die subjektiven Ressourcen von Pflegeheimbewohnern für guten Schlaf und ermöglichen damit Ärzten, Pflegekräften und anderen Professionellen diese zu aktivieren. Beim Umgang mit Schlafstörungen im Pflegeheim ist es wichtig auf körperliche Aktivität und vor allem die psychischen Bedürfnisse von Pflegeheimbewohnern zu achten. 16:45 – 17:00 PS17-06 Analyse der Lebens- und Wohnsituation von Senioren aus medizinischer und kommunalwissenschaftlicher Sicht – das Beispiel des Marktes Heiligenstadt/Ofr. (Landkreis Bamberg) G. Troeger-Weiß, P. Landendörfer1; Kaiserslautern, 1Heiligenstadt Fragestellung: Der demographische Wandel stellt eine der größten Herausforderungen sowohl in medizinischer als auch in regional-und kommunalwissenschaftlicher Hinsicht dar. In besonderer Weise wird dies in ländlichen Regionen deutlich. Am Beispiel von Oberfranken wurde eine interdisziplinäre empirische Untersuchung zur Lebens- und Wohnsituation von Senioren aus medizinisch-geriatrischer und kommunal-wissenZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts schaftlicher Sicht durchgeführt. Ziel der Untersuchung im Markt Heiligenstadt und im Landkreis Bamberg ist es, die derzeitige Wohn- und Lebenssituation der Bevölkerungsgruppe über 50 Jahren darzustellen und somit die Aspekte der Alterung im Rahmen des demographischen Wandels zu untersuchen. Methoden: Der Aufbau der Studie untergliedert sich in verschieden Bausteine. Grundlage ist die Analyse der demographischen Struktur. Wichtigster methodischer Ansatz war die mündliche Befragung aller über 50-Jährigen in der Gemeinde. Der zweite Baustein umfasst die Erfassung, Analyse und Bewertung seniorenspezifischer Angebotsformen und der Nachfrage in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung, Einzelhandel und Versorgung, Bildung und Kultur, seniorenspezifische Infrastruktur sowie Freizeit und Erholung. Der dritte Baustein beinhaltet den medizinischen Teil der Analyse. Im Weiteren definiert sich lebenswertes Alter eher durch Fehlen von Funktionsdefiziten als durch Fehlen von Krankheiten. Gleichwohl sind Krankheiten früherer Jahre als Indikatoren für die so genannte „Restlebenszeit“ durchaus relevant. So minimieren prädiktive Faktoren, wie die bekannten „Volkskrankheiten“ (z.B. Bluthochdruck und Zuckerkrankheit), aber auch Defizite beim Hören oder Sehen, übermäßiger Medikamentenverbrauch, seltene soziale Kontakte und fehlende Freizeitaktivitäten die Restlebenszeit. Ergebnisse: Die Ableitung von Handlungsansätzena su geriatrischer und kommunaler Sicht steht im Vordergrund. Interpretation: Modellprojekt, das auf andere regionale und kommunale Beispiele übertragen werden kann.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 2 15:30 – 17:00 PS18 Papersession der Sektionen III und IV Lebensqualität im Heim Moderation: F. Oswald, Frankfurt a. M.
15:30 – 15:45 PS18-01 Die Erfassung von Lebensqualität im institutionellen Kontext mit dem Instrument INSEL: Ergebnisse quantitativer Analysen F. Oswald, H.-W. Wahl1, O. Schilling1, C. Koniecny1, A. Maurer2, C. Heusel2; Frankfurt a. M., 1Heidelberg, 2Sindelfingen Fragestellung: Im Projekt INSEL wurde ein Instrument zur Erfassung von Lebensqualität im institutionellen Kontext entwickelt. In halb-strukturierten Interviews werden in 12 Dimensionen Aspekte der Lebensqualität aus Sicht der Bewohner und des Betreuungspersonals erfasst. Fragestellungen: (1) Wie verteilen sich die Äußerungen über die 12 Dimensionen? (2) Wie korrespondieren Häufigkeit von Äußerungen mit der Wichtigkeitseinschätzung der 12 Dimensionen? (3) Unterscheiden sich Bewohner in ihrer Wichtigkeitseinschätzung der 12 Dimensionen? Methoden: Das Instrument wurde in 21 Einrichtungen der Paul-Wilhelm von Keppler Stiftung eingesetzt. Es liegen Daten für 634 Bewohner vor (MW Alter: 82; Frauen: 78%; 32% mit Pflegestufe 2 oder 3). Das Gespräch erfolgte im Mittel 4.0 Monate nach Einzug. Ergebnisse: Jeweils über 10% aller Äußerungen entfallen auf die Dimensionen „Körperliches und psychisches Wohlbefinden“, „Essen und Trinken“, „Soziale Kontakte“ und „Anregung und sinnvolle Beschäftigung“. Häufigkeiten und Wichtigkeitseinschätzungen korrespondieren nur teilweise. So wird das Wohlbefinden auch sehr wichtig eingeschätzt, jedoch ebenso die Dimensionen „Würde“, „Sicherheit“ oder „Selbstbestimmung“, die mit wenigen Äußerungen belegt werden. „Essen und Trinken“ ist für jüngere Bewohner und „Religiosität“ für Frauen wichtiger,
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„Wohnkomfort“ wird als unwichtiger eingestuft bei vorliegender Demenz. Interpretation: Die Befunde verweisen darauf, dass mit Hilfe von INSEL Lebensqualitätsaspekte auch bei gesundheitlich teilweise stark beeinträchtigten Heimnbewohnern abgebildet werden kann. Inhalte, über die viel gesprochen wird, werden nicht immer als besonders wichtig eingestuft werden (vice versa), und innerhalb der Bewohner gibt es differenzierte Muster von Lebensqualitätserleben. 15:45 – 16:00 PS18-02 Die Erfassung von Lebensqualität im institutionellen Kontext mit dem Instrument INSEL: Ergebnisse einer qualitativen Vertiefungsanalyse I. Himmelsbach, F. Oswald, H.-W. Wahl1, R. Kaspar, A. Maurer2, C. Heusel2; Frankfurt a. M., 1Heidelberg, 2Sindelfingen Fragestellung: Im Projekt INSEL wurde ein Instrument zur Erfassung von Lebensqualität im institutionellen Kontext entwickelt, mit dem Ziel die Perspektive von Bewohnern und Personal zu erfassen. In individuellen Gesprächen mit Bewohnern werden entlang von 12 Dimensionen relevante Aspekte von Lebensqualität dokumentiert. Ein Mitarbeitergespräch und die Ableitung von Maßnahmen für die Praxis runden das Instrument ab. Das Instrument wird in 21 Einrichtungen der Paul-Wilhelm von Keppler Stiftung eingesetzt. Die Auswertung der Befunde erfolgt quantitativ und qualitativ. Dieser Beitrag thematisiert die Mitschriften der Bewohneräußerungen in einer qualitativ-heuristischen Annäherung anhand zweier Fragen: 1) Lässt sich über die Analyse der Inhalte eine übergeordnete Systematik der 12 Dimensionen aufzeigen? 2) Erlaubt die weitere inhaltliche Differenzierung der Dimensionen Aussagen über Unterschiede und Ähnlichkeiten der Bewohner? Methoden: Aus den transkribierten Mitschriften wurden 8441 Äußerungen von 250 Bewohnern inhaltsanalytisch (Mayring) ausgewertet. Ergebnisse: Die Identifikation einer übergeordneten Systematik (Frage 1) erbrachte in jeder Dimension 8-13 induktiv gewonnene Subdimensionen. Diese bilden ein neues Kategoriensystem, das die 12 Ursprungsdimensionen neu beleuchtet: Der strukturelle Vergleich der Subdimensionen führt zu vier übergeordneten Gruppen: handlungs-, organisations, personbezogene Dimensionen und die eigenständige Dimension Wohlbefinden. Zu Frage 2 fokussieren wir auf die Gruppe der handlungsbezogenen Dimensionen (z.B. Soziale Kontakte und Beziehungen, Anregung und sinnvolle Beschäftigung, Unterstützung bei Einschränkung). Diese Gruppe markiert inhaltlich die Ambivalenz von Aufrechterhaltung und Aufgabe von Handlungen. Interpretation: Insgesamt verweist die proaktive Beteiligung der Bewohner an der Porträtierung ihrer Lebensqualitätsvorstellungen auf ein vielfältiges Lebensqualitätserleben im institutionellen Kontext und auf die Notwendigkeit dieses differenziert zu erfassen. 16:00 – 16:15 PS18-03 Möglichkeitsräume zur Mitgestaltung erlebter Lebensqualität demenzkranker Menschen in Pflegeeinrichtungen – eine Mehr-Ebenen-Analyse R. Kaspar, S. Becker1, A. Kruse2; Frankfurt a. M., 1 Bern/CH, 2Heidelberg Fragestellung: In der Diskussion um die Möglichkeiten einer selbstverantworteten Lebensgestaltung auch im Angesicht demenzieller Erkrankung wurde in den letzten Jahren vermehrt eine stärkere Berücksichtigung der individuellen Deutungen und Bewertungen durch die Betroffenen selbst gefordert. Mit sinkenden individuellen Ressourcen im Verlauf der Erkrankung aber stellt sich zunehmend die Frage, wie die Herstellung und Aufrechterhaltung von Lebensqualität als eine auch von verschiedenen Akteuren in stationären Versorgungskontexten geteilte Mitverantwortlichkeit verstanden und dieser Anspruch bestmöglich eingelöst werden kann. Für Entscheidungsträger auf allen Organisationsebenen pflegerischer Versorgung ist es nicht zuletzt aufgrund der begrenzten personellen und wirtschaftlichen Mittel von allergrößter Be-
deutung, die vorhandenen Gestaltungsspielräume zur Förderung der individuellen Lebenslage der betreuten Menschen zu erkennen und möglichst effektiv zu nutzen. Methoden: Dieser Beitrag greift auf die mehrdimensionale Einschätzung der realisierten Lebensqualität von 1784 demenzkranken Bewohnern aus 169 an den beiden letzten Feldphasen des H.I.L.DE.-Projektes beteiligten Pflegeeinrichtungen zurück, um wesentliche Determinanten erlebter Lebensqualität auf der Ebene der Betroffenen selbst, aber auch die Bedeutung übergeordneter Merkmale des Versorgungskontextes bei der Generierung von Wohlbefinden herauszuarbeiten. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Mehr-Ebenen-Analysen zeigen beispielsweise, dass durch demenzspezifische Angebote oder erfahrenes Pflegepersonal negative Effekte belastender Sozialkontakte auf das habituelle Wohlbefinden der Bewohner „abgepuffert“ werden können. Interpretation: Andere Ressourcendimensionen scheinen ihren Effekt auf die erlebte Lebensqualität dagegen über die betrachteten Einrichtungen hinweg in vergleichbarer Weise auszuüben, und bieten damit weniger Gelegenheiten, Merkmale der Versorgungsumwelt als Stellgrößen für die Förderung des Bewohnerbefindens nutzbar zu machen. 16:15 – 16:30 PS18-04 „geri-AKTIV“ – Ein Projekt zur Förderung der Selbstbestimmung und Autonomie von Heimbewohner/inne/n unter Berücksichtigung von Arbeitsbelastungen bei Pflegekräften und Problemstellungen der Angehörigen B. Jenull, Klagenfurt/A Fragestellung: Das Pflegeheim ist ein Ort, der uns mit der Realität des Altseins konfrontiert. Es sind nicht mehr die aktiven, jungen Alten, die das Alltagsbild prägen, sondern die deutlich gealterten, gebrechlichen Menschen, die ohne Aussicht auf Besserung geschweige denn Heilung gepflegt und in den Tod begleitet werden sollen. Das hier vorzustellende Projekt „geri-AKTIV“ widmet sich der Lebenssituation instituionalisierter, mehrfach beeinträchtigter alter Menschen. Die dem Projekt zugrundeliegenden Fragestellungen untersuchen allgemein formuliert Aktivität, Autonomie und Anregbarkeit der Heimbewohner/innen (n = 398), Arbeitsbedingungen im Setting Pflegeheim und das individuelle Bewältigungsverhalten hinsichtlich Belastungen und Stress (n = 896 Pflegekräfte), sowie das emotionale Erleben der Angehörigen (n = 77) und deren Integration in den Pflegeheimalltag. Methoden: Um der Komplexität der Fragestellungen gerecht zu werden, wurden Forschungsperspektiven und Methoden kombiniert, um möglichst vielfältige Aspekte der Lebens- und Arbeitswelt Pflegeheim erfassen zu können. Ergebnisse: Über eine Triangulation der erhobenen Daten konnte ein Modell zur bedürfnisorientierten Aktivierung von Pflegeheimbewohner/inne/n entwickelt und auf dessen Praxistauglichkeit hin überprüft werden. Mittels Latent Class Analysen wurden drei Gruppen von Pflegekräften identifiziert, die sich in ihrem Belastungserleben und hinsichtlich ihrer Bleibemotivation stark unterscheiden. Diese Typisierung kann ausschlaggebend dafür sein, gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln, denen unter anderem auch die Überlegung zugrunde gelegt werden kann, ob künftig in die besonders hoch belasteten Mitarbeiter/innen investiert wird, damit sie gegebenenfalls im Beruf bleiben oder jene unterstützt werden sollen, die eine höhere Bleibemotivation aufweisen. Interpretation: Spannungsfelder, Paradoxien und Anforderungen, die für die jeweiligen Zielgruppen besonders kennzeichnend sind, werden zusammenfassend dargestellt und mögliche Handlungskonsequenzen diskutiert.
der räumlichen Ausstattung (Einzel- vs. Doppelzimmer) und die Frage inwieweit sich unterschiedliche Heimleitungsmodelle auf die Bewertung der Lebenssituation im Pflegheim auswirken noch nicht ausreichend erforscht. Methoden: Von 2007-2009 wurden zwei explorative Feldstudien mit multimodalen (Fragebögen, Interviews, Beobachtungen) und multiperspektivischen (Bewohner, Personal, Angehörige, Leitungsebene) Erhebungsansätzen in N=12 und N=75 bayerischen Pflegeheimen durchgeführt. Ergebnisse: Die Bewohner von Doppelzimmern sind häufiger auf Sozialhilfe angewiesen, verbringen weniger Zeit in ihren Zimmern und sind durch ein eher passiveres Verhalten gekennzeichnet. Deren Angehörigen bewerten die Lebensqualität schlechter, verbringen weniger Zeit in den Zimmern, und monieren häufiger fehlende Privatsphäre. Auch das Pflegepersonal sieht mehr Vorteile bei Einzelzimmern. Mögliche Nachteile von Einzelzimmern, etwa bei Betriebskosten, erweisen sich als nicht belegbar. Bezüglich der Heimleitungsmodelle zeigt sich, dass auf allen Erhebungsebenen das Leitungsmodell mit zwei Personen für Heim- und Pflegedienstleitung pro Heim am besten eingeschätzt wird. Sowohl Bewohner als auch Angehörige und Personal beurteilen den Kontakt zur Leitungsebene in solchen Heimen in der Regel am besten. Interpretation: Die Studienergebnisse zeigen, dass die Vorteile von Einzelzimmern in der Regel überwiegen. Allerdings gibt es auch Hinweise, dass bei Wahlfreiheit und guter Beziehungsqualität zwischen den Mitbewohnern das Doppelzimmer eine hohe Lebensqualität gewährleisten kann. In der zweiten Studie konnte deutlich gemacht werden, dass die klassische Trennung der Funktion von Heim- und Pflegedienstleitung zu bevorzugen ist. Für kleinere Heime, kann aber auch eine Personalunion von Heimund Pflegedienstleitung sinnvoll sein und zu einer hohen Zufriedenheit der Bewohner beitragen. 16:45 – 17:00 PS18-06 Lebensqualität bei Demenz – Beiträge nicht-pharmakologischer Interventionen zur Verbesserung der Lebensqualität demenzkranker Menschen – Ergebnisse einer systematischen Literaturübersicht M. Weidekamp-Maicher, Dortmund Ziel des Vortrags besteht in der systematischen Darstellung aktueller Forschung zum Beitrag nicht-pharmakologischer Interventionen zur Lebensqualität bei demenziellen Erkrankungen. Seit ca. 10 Jahren lässt sich ein intensives und fruchtbares Bemühen um die Konzipierung von Instrumenten beobachten, die der Messung der Lebensqualität demenzkranker Menschen dienen. Trotz enormer Fortschritte, d.h. der Entwicklung einer Reihe von Instrumenten mit zum Teil hoher Reliabilität und Validität, ist deren Einsatz bei der Überprüfung des Beitrags nicht-pharmakologischer Interventionen zur Lebensqualität der Betroffenen eher spärlich gewesen. Der Vortrag greift dieses Thema auf und zeigt, ausgehend von den Ergebnissen einer systematischen Literaturauswertung, welche Interventionsmaßnahmen einen evidenzbasierten Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität bei Demenz leisten. Diskutiert werden zudem die damit verbundenen Probleme der Messbarkeit von Lebensqualität, die potenziellen Differenzen zwischen der Effektivität einzelner Verfahren im Hinblick auf die Verbesserung einzelner Funktionen und ihren (bisher empirisch ermittelten) Beiträgen zur Lebensqualität sowie die potenziellen Zusammenhänge zwischen den Spezifika einzelner Messverfahren und der empirisch ermittelten Evidenz einzelner Therapiemaßnahmen.
16:30 – 16:45 PS18-05 Effekte räumlicher Ausstattung und administrativer Modelle auf die Lebensqualität im Pflegeheim R. Rupprecht, F. R. Lang; Erlangen Fragestellung: Zur Lebensqualität von Pflegeheimbewohnern liegen zahlreiche Forschungsarbeiten vor. Trotzdem sind insbesondere Effekte Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 3 15:30 – 17:00 PS19 Papersession der Sektionen I, III und IV Prävention und Gesundheitsförderung Moderation: S. Kümpers, Berlin
15:30 – 15:45 PS19-01 Prävention und Rehabilitation innerhalb der Langzeitbetreuung Älterer: eine thematische Exploration in sieben europäischen Ländern S. Kümpers, G. Ruppe1; Berlin, 1Wien/A Fragestellung: Im Zeichen demografischer Veränderungen und unsicherer finanzieller Rahmenbedingungen sehen sich Regierungen und Akteure der Gesundheits- und Pflegesysteme gezwungen, nach nachhaltigen Strategien im Umgang mit diesen Entwicklungen zu suchen. Ein wichtiges Thema der politischen und gesellschaftlichen Debatte ist das Potential von Prävention und Rehabilitation (P&R) für ältere Menschen. Neben einem Fokus auf jüngere und gesündere Ältere erstreckt sich die Debatte zunehmend auf Ältere mit bereits vorhandenem Pflege- und Hilfebedarf. Im EU-Projekt (7.RP) INTERLINKS werden P&R als zentral für die Gestaltung von Systemen umfassender und nachhaltiger Langzeitpflege- und -betreuung (LZPB) bearbeitet. Methoden: Wissenschaftlerteams aus sieben Ländern in Nord-, Süd-, West-, Ost- und Mitteleuropa (AU, DE, DN, EL, NL, UK, SI) haben anhand der Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, politischer Debatten, gesetzlicher und institutioneller Rahmenbedingungen und von Beispielen erfolgreicher Praxis den Entwicklungsstand dieses Themas in ihren Ländern erhoben. In allen Ländern wurden nationale Expertenpanels zur Validierung eingesetzt. Nationale Befunde wurden vergleichend und synthetisierend ausgewertet. Ergebnisse: Neben dem Befund, dass P&R in LZPB in Politik, Forschung und Praxis in einigen dieser Länder erst am Anfang einer Entwicklung steht, wurden einige länderübergreifende Themen identifiziert: explizite Interventionen vs. systemische Strategien, Ungleichheit der Zugänge, kultureller Kontexte als hinderlich oder förderlich für präventive und rehabilitative Orientierungen, Versorgungspfade als konzeptuelle und praktische Instrumente, Steuerung durch wettbewerbliche Anreize vs öffentliche integrierte Versorgung(systeme) sowie Selbstbestimmung und Selbstsorge als normative Orientierungen. Interpretation: Der Vortrag wird diese Felder explorieren, und Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den Ländern unter Bezug auf wohlfahrtsstaatliche und steuerungspolitsche Kontexte zu beschreiben und zu erklären suchen. 15:45 – 16:00 PS19-02 Gesundheitsförderung in der stationären Langzeitversorgung (LTC) – Ergebnisse einer Expertenbefragung A. Horn, M. Brause, D. Schaeffer; Bielefeld Fragestellung: Gesundheitsförderung in der stationären Langzeitversorgung ist in Deutschland ein bis heute wenig bearbeitetes Thema. In einem auf sieben Jahre angelegten Projekt der Universität Bielefeld und dem LBIHPR in Wien sollen auf der Basis einer empirischen Untersuchung der Nutzer-, Angehörigen- und Mitarbeitergesundheit passgenaue Strategien zur Gesundheitsförderung in der Langzeitversorgung entwickelt, erprobt und evaluiert werden. Methoden: Die in einem ersten Schritt durchgeführte Literatur- und Strukturanalyse zeigt, dass eine Übertragbarkeit von gesundheitsförderlichen Strategien in das Praxisfeld „stationäre Langzeitversorgung“ in Deutschland ausgeschlossen zu sein scheint, ohne zuvor einen Blick in die Praxis zu richten und dort die Bedeutung, vorhandene Bedingungen und den Umsetzungs- bzw. Entwicklungsstand von Gesundheitsförderung in der stationären Altenhilfe zu analysieren. In einem weiteren Schritt wur-
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den Experteninterviews mit Akteuren aus der stationären Langzeitversorgung durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse stehen im Mittelpunkt des Vortrags. Ergebnisse: Gesundheitsförderung hat in diesem Versorgungssektor einen hohen Stellenwert und der Bedarf an Gesundheitsförderung wird gerade für pflegebedürftige und hochaltrige Menschen als hoch eingeschätzt. Diese Aussagen stehen in Kontrast zu den Voraussetzungen, mit denen sich die Einrichtungen auseinander setzen müssen und die die Umsetzung von gesundheitsförderlichen Maßnahmen erschweren: die Nutzer werden immer älter und kränker, das Personal ist knapp und die Fachkraftquote gering. Dennoch existieren vielfältige Angebote, das Konzept Gesundheitsförderung ist allerdings noch nicht in der stationären Langzeitversorgung angekommen. Interpretation: Diese (Problem-)Analyse ermöglicht eine Einschätzung der Implementationsbedingungen von Gesundheitsförderungsinterventionen in der stationären Langzeitversorgung, die künftig bei der Umsetzung gesundheitsförderlicher Projekte zu beachten sind. 16:00 – 16:15 PS19-03 Bewegungsförderung trotz Multimorbidität im Pflegeheim S. Kalinowski, K. Kopke, I. Wulff, M. Kölzsch, S. Ellert, D. Dräger, R. Kreutz; Berlin Fragestellung: Mehrfacherkrankungen im Alter führen häufig zur Beeinträchtigung alltagsrelevanter motorischer Funktionen. Bei einer defizitären Heimversorgung hinsichtlich der Bewegungsförderung kann ein verstärkter Autonomieverlust resultieren. Welche Interventionen und räumlich-ausstattungsbezogenen Voraussetzungen bieten Heime an? Wie werden diese genutzt bzw wahrgenommen? Welche Potenziale zur Bewegungsförderung sind ableitbar? Methoden: Die Fragestellung ist Bestandteil des Projekts „Pain and Autonomy in the Nursing Home (PAiN)“ im Forschungsverbund „Autonomie trotz Multimorbidität im Alter“ (AMA). In 41 zufällig ausgewählten Pflegeheimen in Berlin/ Brandenburg wurden quantitative Daten über institutionelle Rahmenbedingungen (Befragung der Einrichtungsleitungen, räumliche Inspektion) und auskunftsfähige Bewohner (N=218) mittels Interviews, Assessments und Pflegedokumentation erhoben. Ergebnisse: 19 Heime halten therapeutisches Personal vor und ca. ein Drittel setzt Konzepte wie Bobath/ Kinästhetik um. Versorgungslücken zeigen sich bei 11 Heimen in fehlenden individuellen Maßnahmenplänen zur Bewegungsförderung und bei 24 Heimen in nicht durchgeführten Bewohner-/ Angehörigenschulungen. Nur 14 Heime bieten Sturzprävention an, nur 5 haben Bewegungstrainer/ Ergometer. Zwei Drittel der Bewohner gibt an, dass ihnen nicht gezeigt wurde, was sie tun können, um ihre persönlichen Bewegungsfähigkeiten zu verbessern und dass sie nicht zur Bewegung angeregt werden. 75 % von ihnen sind aber motiviert. Am häufigsten in Anspruch genommene Angebote sind wenig spezifisch: Gymnastik, Spaziergänge/ Ausflüge. Die Analyse zeigt Kommunikationsdefizite: Knapp 60 % der Bewohner haben keine ausreichende Kenntnis über bestehende Angebote. Potenziale zur Bewegungsförderung werden aufgezeigt. Interpretation: Bedeutsam ist bei untersuchter Versorgungssituation auch die Identifikation für die Bewegung relevanter Ressourcen aus Umwelt und Person, welche zugleich Untersuchungsgegenstand des Projekts sind und in Handlungsempfehlungen münden sollen. 16:15 – 16:30 PS19-04 Förderung körperlicher Aktivität bei älteren Menschen in Altenpflegeheimen Dissertation zur Erlangung des Titels „Doktorin der Philosophie“. I. Nöbel, Holzkirchen Fragestellung: Ist es möglich, bei pflegebedürftigen Bewohnern von Altenpflegeheimen durch körperliches Training die Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL´s) zu erhalten oder sogar zu verbesseren?
Methoden: Um die Frage zu beantworten, wurde ein Forschungsprojekt als kontrollierte Interventionsstudie im Prä- Postdesign durchgeführt. Teilnehmer waren ausschließlich Pflegebedürftige in Altenpflegeheimen. Fokus war, die Selbständigkeit zu verbessern bzw. zu erhalten. Die Hypothesen wurden auf der Grundlage des Minimum-Data-Sets, welches die Möglichkeit eröffnet, Eigenleistung und Fremdhilfe zu bewerten, formuliert. Dafür wurden die zehn Einzelleistungen der ADL´s als Kriterien herangezogen. Bei den formulierten Hypothesen handelt es sich um zehn Einzelbetrachtungen, wiederum aufgeteilt in Eigenleistung und Fremdhilfe. Ausgewählte pflegebedürftige Bewohner wurden je einer Interventionsoder Kontrollgruppe zugeordnet. Mit der Interventionsgruppe wurde zweimal in der Woche über einen Zeitraum von zehn Wochen trainiert, während die Kontrollgruppe keinerlei sportliche Aktivitäten ausübte. Die Übungsauswahl konzentrierte sich auf die Bewegung und Kräftigung der für die Selbständigkeit relevanten Funktionskomplexe (Beine, Arme...). Ergebnisse: Die statistischen Ergebnisse besagen, dass sich die Mittelwerte der Interventionsgruppe, verglichen mit der Kontrollgruppe positiv entwickelt haben. Die nach jeder Trainingseinheit durchgeführte Befragung spiegelt wider, dass die Teilnehmer der Interventionsgruppe ihre subjektive Gesundheit und damit verbunden die Selbständigkeit als wesentlich verbessert ansehen. Die subjektive Gesundheit gilt als zuverlässigerer Prädiktor für eine mögliche Hilfs-und Pflegebedürftigkeit im forschreitenden Alter als die objektive Gesundheit. Interpretation: Die Ergebnisse belegen, dass sich der Fokus bei pflegebedürftigen Bewohnern auf den Erhalt der Selbständigkeit richten muss und nicht auf den messbaren Zuwachs der Muskulatur. Es bedarf eines sensiblen Erhebungsinstruments. 16:30 – 16:45 PS19-05 Gesundheitsfördernde Angebote für ältere pflegende Angehörige – Erste Ergebnisse zur Problematik der Nichtinanspruchnahme A. Budnick, K. Kummer, S. Blüher, D. Dräger; Berlin Fragestellung: Ältere pflegende Angehörige sind eine Zielgruppe, die aufgrund erheblicher Belastungen und erhöhter gesundheitlicher Risiken einen hohen Bedarf an Gesundheitsförderung aufweist. Im Projekt „Gesundheitsförderung für ältere pflegende Angehörige“ wurde ein Assessment zur Ermittlung von Ressourcen- und Risikoprofilen pflegender Angehöriger (ARR) entwickelt. Daraus wird der individuelle Bedarf an Gesundheitsförderung abgeleitet und auf dieser Grundlage ein Angebot unterbreitet. Trotz einer zugehenden und am Bedarf orientierten Angebotsstruktur blieb die Inanspruchnahme gesundheitsfördernder Angebote hinter den Erwartungen zurück. Methoden: Im Rahmen einer Nichtnutzeranalyse werden hemmende Einflussfaktoren, die die Inanspruchnahme gesundheitsfördernder Angebote verringern, untersucht. Aus dieser Teilstudie, die qualitative und quantitative Methoden kombiniert, werden erste Befunde vorgestellt. Ergebnisse: Von 190 pflegenden Angehörigen, die ein gesundheitsförderliches Angebot nicht genutzt haben, beteiligten sich 128 an der Nichtnutzeranalyse. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass – wie bereits bekannt – fehlende Zeit ein Hemmfaktor ist, jedoch spezifisch Überforderung und mangelnde Mobilität eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Nichtinanspruchnahme der unterbreiteten Angebote spielen. Zudem werden im Vortrag u. a. Aspekte wie die Bewertung der Kontaktaufnahme durch die Krankenkasse, detaillierte Deskription von Gründen für die Nichtnutzung eines Angebotes und das Ausmaß körperlicher Aktivität pflegender Angehöriger vorgestellt. Interpretation: Die Ergebnisse bieten u. a. eine Grundlage für eine Anpassung des ARR und können erste Hinweise zur Modifikation der Angebotsstruktur für diese Zielgruppe geben.
16:45 – 17:00 PS19-06 Konzeption und Evaluation gesundheitsbezogener Informationsveranstaltungen als Bestandteil stadtteilbezogener aktivierender Gesundheitsförderung im Leipziger Osten C. Kluge, M. Romppel, G. Grande; Leipzig Fragestellung: Informationsveranstaltungen zum Thema Gesundheit sind ein Element eines umfangreicheren stadtteilbezogenen Projekts zur Gesundheitsförderung sozial benachteiligter älterer Menschen im Leipziger Osten. Welche Ergebnisse zeigt die Evaluation des bedarfsorientierten, niedrigschwelligen und partizipativ konzipierten Angebots hinsichtlich Akzeptanz und Zielgruppenerreichung? Methoden: Der Informationsbedarf der Zielgruppe wurde mit einem standardisierten Kurzfragebogen im Stadtteil erhoben. Auf dieser Grundlage wurde eine kostenfreie monatliche Veranstaltungsreihe „Gesundheit im Alter“ konzipiert. Veranstaltungsort war der „Gesundheitsladen“ als zentrale Anlaufstelle im Stadtteil. Die ehrenamtlichen Referenten rekrutierten sich aus Akteuren des Stadtteils und lokalen Experten. Die Evaluation des Informationsangebots erfolgte durch regelmäßige Teilnehmerbefragung und teilnehmende Beobachtung. Ergebnisse: Den größten Informationsbedarf zeigte die Zielgruppe in den Themenfeldern Vorsorge, Ernährung, Krankheit und Pflege. An sieben Veranstaltungen seit September 2009 nahmen 73 Interessenten teil. Themen waren u.a. die Bedeutung von Patientenverfügungen, Sicherheit im Alltag, Gesunde Ernährung/Diabetes, Umgang mit Demenz und alternative Wohnformen. Die TeilnehmerInnen (über 80 % Frauen) waren überwiegend zwischen 50 und 60 Jahren alt, knapp 60% hatten einen niedrigen Schulabschluss, über 80% waren den eher einkommensschwachen Sozialschichten zuzuordnen. Die Zufriedenheit der TeilnehmerInnen mit den Rahmenbedingungen, mit der Beteiligung an der Veranstaltung und mit der Expertise der Dozenten war sehr hoch. Interpretation: Sozial benachteiligte ältere Menschen können durch gesundheitsbezogene Informationsangebote gut erreicht werden, wenn diese auf den Bedarf der Zielgruppe ausgerichtet, niedrigschwellig und partizipativ gestaltet sind.
Freitag, 17. September 2010 – Hörsaal 6 15:30 – 17:00 PS20 Papersession der Sektionen III und IV Ältere Belegschaften und Arbeitnehmer Moderation: D. Naumann, Berlin
15:30 – 15:45 PS20-02 Partizipation in Erwerbsleben, Ehrenamt und Bildung: Konkurrierende Dimensionen gesellschaftlicher Partizipation? Aktuelle Befunde des Deutschen Alterssurveys (DEAS) von 1996-2008 D. Naumann, L. Romeu-Gordo, A. Motel-Klingebiel; Berlin Fragestellung: Im letzten Jahrzehnt zielten diverse renten-, arbeitsmarkt, alten- und engagementpolitische Maßnahmen darauf ab, die Erwerbspartizipation, das ehrenamtliche Engagement und das lebenslange Lernen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu stärken. In engagement- und altenpolitischen Initiativen schwingt die implizite zeit- und rollentheoretische Annahme mit, dass ältere Menschen gerade beim Übergang in den Ruhestand nach Wegen suchen, die neu gewonnene Zeit zu füllen und die verlorenen gesellschaftlichen Rollen zu ersetzen. In diesem Falle müsste die Ausweitung und Verlängerung der Erwerbstätigkeit in der zweiten Lebenshälfte die gesellschaftliche Teilhabe Älterer weiter nach hinten in den Lebensverlauf verdrängen. Anhand der Daten des Deutschen Alterssurveys (DEAS) von 1996, 2002 und 2008 wird untersucht, inwiefern die in der zweiten Lebenshälfte zunehmende und sich verlängernde Erwerbstätigkeit mit der in der Alten- und EngageZeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts mentpolitik angestrebten Ausweitung des ehrenamtlichen Engagements und Bildung im Alter konfligiert. Methoden: Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ) finanzierte und am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) durchgeführte bundesweite repräsentative, persönliche Befragung von privatwohnenden Menschen ab 40 Jahren, die seit 1996 alle sechs Jahre durchgeführt wird. Ergebnisse: Während zwischen 1996 und 2008 die Erwerbspartizipation unter den 55- bis 64-Jährigen deutlich steigt, nehmen das ehrenamtliche Engagement und außerhäusliche Bildungsaktivitäten unter den 55- bis 85-Jährigen nur leicht zu. Im Vergleich zu Nicht-Erwerbstätigen nutzen Erwerbstätige eher außerhäusliche Bildungsangebote und sind ehrenamtlich engagiert. Interpretation: Diese Befunde geben keine Anhaltspunkte für eine gegenläufige Auswirkung der arbeitsmarkt- und rentenpolitischen Reformen auf die Alten- und Engagementpolitik. 15:45 – 16:00 PS20-03 Älterwerden in Arbeit: Wünsche und Perspektiven von Beschäftigten S.-F. Bender, Frankfurt Fragestellung: Industriegesellschaften werden alt, doch ihre EinwohnerInnen altern auf unterschiedliche Weise. Der Vortrag fokussiert auf Genderaspekte des Alter(n)s im Feld der Erwerbsarbeit. Im Vordergrund steht dabei, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Umgang und die Bewertung des „Älterwerdens“ in ihrem Unternehmen erleben und welche Erfahrungen sie mit Karriereentwicklung und betrieblichen Maßnahmen im Arbeitsalltag machen. Methoden: Die theoretische Basis bilden die interdisziplinär verstandenen Ansätze „Diversity“ und „Intersectionality“, mit deren Hilfe die sozialgerontologische Forschungslücke der Interaktion von Alter(n) und Geschlecht in der Arbeitswelt bearbeitet wird. Empirisch bilden hierbei selbst geführte Interviews mit 40-64jährigen Beschäftigten aus dem Bankensektor die Basis. Ergebnisse: Die Befragten vertreten die Ansicht, dass Unternehmen nicht um den Wert älterer Beschäftigter wissen. Die Interviews zeigen ebenso, dass sie sich ihrer Potenziale bewusst sind, ihr „Erfahrungswissen“ erleben sie jedoch oftmals umgekehrt als Vorurteil Jüngerer, „alles besser zu wissen“. Zum Teil beschreiben sich die 55-64jährigen als „Exoten“, „Fossile“ oder „Außenseiter“ in ihrem Unternehmen. Interpretation: Die Befragten wissen um bestehende Arbeitsmarktrisiken und gehen mit fehlender Anerkennung ihrer Leistungsfähigkeit und Bevorzugung jüngerer KollegInnen resignativ bis pragmatisch um. Ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Erwerbsarbeit wird ambivalent wahrgenommen, bei finanzieller Absicherung aber auch positiv bewertet. Im Vergleich zu männlichen Kollegen sehen ältere Arbeitnehmerinnen ihr Alter(n) im Betrieb in verstärkt negativer Weise, schätzen sich früher als „älter“ ein und sehen ihre Aufstiegschancen früher als beendet an. Dabei werden insbesondere fehlende Rollenvorbilder erfolgreicher älterer Frauen thematisiert. Für ein gutes Älterwerden im Unternehmen wünschen sich die Befragten, dass ihnen Entwicklungsperspektiven aufgezeigt und ihnen mehr Gelegenheiten, sich zu beweisen, zugestanden werden. 16:00 – 16:15 PS20-04 Institutionelle und betriebliche Rahmenbedingungen für eine Verlängerung des Erwerbslebens P. Aleksandrowicz, Vechta Fragestellung: Welchen Einfluss übt der institutionelle Kontext (das System der Arbeitsbeziehungen, die Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik) und die betriebliche Personalpolitik auf das Frühverrentungsgeschehen aus? Methoden: Qualitative Betriebsfallstudien zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten, Literatur- und Dokumentenanalyse, Sekundärauswertun
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gen von offiziellen Statistiken, Ergebnisse einer aktuellen eigenen Betriebsumfrage Ergebnisse: Die institutionellen Rahmenbedingungen in Deutschland bieten mehr Chancen als Barrieren für eine Verlängerung des Erwerbslebens, was sich an den gestiegenen Beschäftigungsquoten der älteren Arbeitnehmer in den letzten Jahren ablesen lässt. Trotz der weit entwickelten Frühverrentungskultur hat die deutsche Politik es weitgehend geschafft, eine Abkehr vom Frühverrentungstrend zu vollziehen. Die betriebliche Personalpolitik bietet jedoch noch ungenügend Anreize und Möglichkeiten für einen Rentenaustritt im gesetzlichen Rentenalter oder darüber hinaus. Interpretation: Die zögerliche Anpassung der betrieblichen Verrentungspolitik an die gestiegenen Renteneintrittsgrenzen resultiert aus dem Vorhandensein einer ´alternativen Rolle´ (Offe/Hinrichs 1984) für ältere Arbeitnehmer in Form des Rentnerdaseins und aus dem häufig harmonischen Zusammenspiel zwischen den betrieblichen Entscheidungsträgern, der Arbeitnehmervertretung und der Arbeitnehmerschaft in Fragen der Frühverrentung. Die betriebliche Personalpolitik ist eher kurzbis mittelfristig ausgerichtet, was keine Anpassung an die Alterung der Gesellschaft zulässt. Zudem ist zu beobachten, dass Betriebe weniger auf institutionelle Anreize (die Anhebung des Renteneintrittsalters) als auf ökonomische Faktoren reagieren, daher ist im Zuge der aktuellen ökonomischen Krise mit einer Kontinuität der Frühverrentungspolitik zu rechnen. 16:15 – 16:30 PS20-05 Befristete Beschäftigung als beschäftigungspolitisches Instrument für ältere Arbeitssuchende S. Donnerbauer, Vechta Fragestellung: Angesichts des demografischen Wandels und den daraus resultierenden Folgen hat die Frage, wie ältere Erwerbslose besser wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, in der arbeitsmarktpolitischen Debatte an Bedeutung gewonnen. Neben dem Angebot klassischer, beschäftigungspolitischer Maßnahmen und der Re-Integration in Normalarbeitsverhältnisse wurden in diesem Zusammenhang vermehrt Forderungen nach einer Erleichterung der befristeten Einstellung Älterer geäußert. Welchen Beitrag befristete Arbeitsverhältnisse jedoch zur Arbeitsmarktintegration dieser Gruppe leisten, ist bislang noch eine weitgehend offene Forschungsfrage. Der Vortrag befasst sich deshalb mit den Konsequenzen befristeter Arbeitsverträge im Anschluss an Nichterwerbstätigkeit auf die nachfolgende Erwerbsbeteiligung und den Zeitpunkt des endgültigen Erwerbsaustritts. Methoden: Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung stehen zwei Teilgruppen aus der älteren Erwerbsbevölkerung: Personen, die ihre Arbeitssuche entweder durch die Aufnahme einer unbefristeten oder aber einer befristeten Beschäftigung beendet haben. Zur Ermittlung des Integrationspotenzials befristeter Beschäftigungsverhältnisse werden die Erwerbsmuster der beiden Teilpopulationen kontrastierend gegenüberstellt. Mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels soll anhand deskriptiver Analysen und ereignisanalytischer Verfahren folgenden Fragestellungen nachgegangen werden: Was sind die Gründe für eine Nichterwerbstätigkeit in der späten Erwerbsphase? Wie viele ältere Arbeitssuchende können ihre Erwerbslosigkeit durch einen Übergang in ein befristetes bzw. unbefristetes Arbeitsverhältnis durchbrechen? Begünstigen befristete Anstellungsverhältnisse eine lang-fristige Arbeitsmarktintegration älterer Erwerbsloser bis zum regulären Renteneintritt oder verschärfen sie im Vergleich zu unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen eher das Risiko eines vorzeitigen, endgültigen Erwerbsaustritts? 16:30 – 16:45 PS20-06 Arbeitsfähigkeit erhalten – AGE CERT als Gesamtkonzept zur Bewertung alternsgerechter Personalpolitik F. Frerichs, Vechta Fragestellung: Mit dem Qualitätssiegel AGE CERT sollen zukünftig vorbildliche Ansätze von Betrieben im Umgang mit alternden Belegschaften
sichtbar gemacht und fundiert an Hand eines wissenschaftlichen Kriterienkataloges bewertet werden. Weitere Unternehmen sollen so zur Umsetzung und Etablierung altersintegrativer Maßnahmen angeregt werden. Methoden: Da sich bisher weder im wissenschaftlichen Diskurs noch in der betrieblichen Praxis eine einheitliche Konzeption für altersgerechten Personalpolitik durchgesetzt hat, wurden im Rahmen der Entwicklung von AGE CERT die vorliegenden Forschungsbefunde und Gestaltungsvorschläge in einem ersten Schritt neu systematisiert. Darauf aufbauend wurde im Rahmen einer Delphi-Befragung eine Gewichtung der daraus entwickelten Bewertungsitems vorgenommen und in ein Ranking zur Vergabe des Qualitätssiegels überführt. Schließlich wurde im Rahmen von Pilotstudien in Betrieben die Verläßlichkeit und Umsetzbarkeit des Verfahrens überprüft. Ergebnisse: Dem Qualitätssiegel AGE CERT werden zum Erhalt und zur Entwicklung der Arbeitsfähigkeit über die gesamte Erwerblaufbahn drei Zieldimensionen zugrunde gelegt: Gesundheit, Qualifikation und Motivation. Auf Basis der vorliegenden Forschungsbefunde und Gestaltungsempfehlungen aus der Praxis und bezogen auf die genannten Dimensionen der beruflichen Leistungsfähigkeit werden im AGE CERT folgende Handlungsfelder bewertet: – alternsgerechte Arbeitsgestaltung – alternsgerechte Laufbahngestaltung – alternsgerechte Förderung des Gesundheitsverhaltens – alternsgerechte Weiterbildung Interpretation: Insgesamt ist mit AGE CERT ein praktikables und transparentes Instrument zur Bewertung alternsgerechter Personalpolitik in Betrieben entwickelt worden, das zudem über die vorgesehenen Wiederholungprüfungen die Nachhaltigkeit der Maßnahmen sichert. Weitere Differenzierungen für bestimmte Betriebsgrößen oder Branchen werden derzeit entwickelt, eine kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung des Zertifizierungsprozesses ist in Planung.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 1 15:30 – 17:00 PS21 Papersession der Sektionen III und IV Ältere Menschen mit Migrationserfahrung Moderation: S. Kühnert, Bochum
15:30 – 15:45 PS21-01 Kultursensible Altenpflege als Antwort auf eine heterogene Gesellschaft: Ein Werkstattbericht über die Evaluation von Konzept und Umsetzung A. S. Esslinger, T. Duwe; Nürnberg Fragestellung: Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland ist insb. die pflegerische Versorgung für Menschen mit Migrationshintergrund zu überdenken und spezifisch zu gestalten. Konzepte der kultursensiblen Altenpflege erhalten Einzug in die Dienstleistungsorganisationen, um die Versorgungs- und Lebensqualität aller Bürger sicher zu stellen. In diesem Werkstattbericht wird auf die Erfordernisse der kultursensiblen Altenpflege eingegangen und anhand eines Praxisbeispiels erörtert, wie sie in der Organisation konzeptionalisiert und umgesetzt wird. Methoden: Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Evaluation des seit 2005 bestehenden Konzeptes und das Herausarbeiten von generellen Erfolgsfaktoren einer kultursensiblen Altenpflege in einer Organisation. Auf Basis der Literatur konnten drei Bausteine mit 19 verschiedene Anfor derungen an ein Konzept kultursensibler Altenpflege erörtert werden, die als Evaluationsgrundlage dienten. Es handelte sich um Anforderungen an die Organisation als Ganzes, an den Prozess und das Personal.
Ergebnisse: Es wird deutlich, dass insb. Mitarbeiter eine wesentliche Rolle in der Klientenbeziehung und der Außendarstellung bzw. im Hinblick auf Außenkontakte spielen. Die Einrichtung muss somit im Rahmen des Management und der Personalentwicklung den Anforderungen an eine kultursensible Altenpflege Rechnung tragen. Hierbei sind Ansätze des interkulturellen und des Diversity Managements wesentlich. Vor allem Trainingsprogramme, die einen effizienten Umgang mit und die Entwicklung von multikulturellem Personal unterstützen, werden relevant. Interpretation: Wenn Dienstleistungsorganisationen sich strategisch mit kultursensibler Altenpflege auseinandersetzen und entsprechend v. a. ihre Mitarbeiter qualifizieren, hat dies zur Folge, dass die Dienstleis tungsqualität gegenüber alternden Menschen mit Migrationshintergrund steigt und sie über die Zeit die Angebote selbstverständlicher wahrnehmen wollen und können. Es steigt so insgesamt die Versorgungsqualität der Bevölkerung. 15:45 – 16:00 PS21-02 Subjektive Einschätzung der ökonomischen Lage älterer Türkinnen und Türken im Zusammenhang mit ihrer sozialen Einbindung R. Naderi, F. Micheel; Wiesbaden Fragestellung: Vor dem Hintergrund einer alternden ausländischen Bevölkerung und im Zusammenhang mit den Fragen der Alterssicherung ist es interessant zu wissen, wie die ökonomische Lage der älteren in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken, bekanntlich die größte ausländische Gruppe in Deutschland, zu bewerten ist. Dabei steht die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen der Selbsteinschätzung der finanziellen Situation und dem Grad der sozialen Einbindung im Vordergrund. Die Ausgangsfrage lautet folglich: Wie hängt das Vorhandensein einer guten sozialen Einbettung mit der subjektiven Einschätzung der finanziellen Haushaltssituation bei Türkinnen und Türken sowie bei Deutschen im Alter von 55 bis 79 Jahren zusammen? Methoden: Konstruiert wird die soziale Einbettung durch die tatsächliche familiäre Haushaltskomposition, durch den Kontakt zu eigenen, nicht im Haushalt lebenden Kindern und durch den Ausdruck emotionaler Verbundenheit mit Menschen im Umfeld bzw. durch das allgemeine Vertrauen zu anderen Menschen. Als Kontrollvariablen fungieren das tatsächliche Haushaltseinkommen und weitere sozioökonomische Merkmale. Nach einer deskriptiven bivariaten Analyse der relevanten Merkmale folgen multivariate Analysen mittels logistischer Regressionen. Die Datengrundlagen sind die Hauptbefragung (Welle 1, 2005) des Gender and Generations Surveys sowie die Zusatzerhebung türkischer Staatsbürger (Welle 1, 2006). Ergebnisse: Erstens spielt die Höhe des Einkommens eine wichtige Rolle bei der subjektiven Bewertung der finanziellen Haushaltssituation, was jedoch nicht überraschen sollte. Zweitens sind die Effekte des emotionalen Ausdrucks der sozialen Einbettung auf die Einschätzung der Einkommenssituation signifikant. Das zentrale Ergebnis ist, dass soziale Netzwerke für ältere Türkinnen und Türken im Hinblick auf die Kompensation von ökonomischen Nachteilen wichtiger sind als für ältere Deutsche. 16:00 – 16:15 PS21-03 Die Gesundheit und Zufriedenheit von Migranten S. Sussujew, G. Doblhammer-Reiter, N. Milewski; Rostock Fragestellung: Beeinflusst das gesellschaftliche Klima die Gesundheit und Lebenszufriedenheit türkischer Migranten in Deutschland? Methoden: Auf Datengrundlage des Sozio-oekonomischen Panels werden die Variablen gegenwärtige Lebenszufriedenheit und Zufriedenheit mit der Gesundheit von Türken und Deutschen verfolgt. Im Fokus steht die Entwicklung der beiden Gesundheitsindikatoren vor dem Hintergrund des sich verschlechternden gesellschaftlichen Klimas nach Mölln und Solingen zu Beginn der 1990er Jahre. Über zwei Zeiträume wird die Alterskohorte der 50 bis 65-jährigen beobachtet. In einer ersten Analyse wird die Entwicklung der beiden Variablen sechs Jahre vor und nach Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts 1993 verfolgt. In einer Vergleichsanalyse ist der Zeitraum von 1996 bis 2008 gewählt worden. Ergebnisse: Erste Analysen zeigen, dass sowohl die Lebenszufriedenheit als auch die Zufriedenheit mit der Gesundheit türkischer Migranten geringer ist. Ihre Lebenszufriedenheit nimmt zu Beginn der 1990er Jahre stärker ab als die der Vergleichsgruppe. Auch nach 1993/1994 bewegen sich die Werte von Türken auf einem deutlich niedrigeren und weiterhin sinkenden Niveau und steigen erst zum Ende des Jahrzehnts wieder an. Im zweiten Beobachtungszeitraum ist die Variabilität deutlich geringer; dafür sinkt der Wert bei den Türken 2008 auf einen Tiefpunkt. Auch die Zufriedenheit mit der Gesundheit nimmt bei türkischen Migranten ab. Es zeigt sich hier jedoch ein weniger ausgeprägtes Muster als bei der Lebenszufriedenheit. Interpretation: Auch unter Berücksichtigung des Einflusses von Alterseffekten lässt die Veränderung in der Lebenszufriedenheit den Rückschluss zu, dass sich das gesellschaftliche Klima auf Migranten auswirkt. Die im Vergleich geringere Veränderung der Zufriedenheit mit der Gesundheit steht dem nicht entgegen. Vielmehr ist es möglich, dass sich gesundheitliche Auswirkungen erst zu einem späteren Zeitpunkt zeigen bzw., dass es Unterschiede in der Wahrnehmung von Gesundheit und Zufriedenheit gibt. 16:15 – 16:30 PS21-04 In Gesundheit und Krankheit: Eine Analyse zur ‚gesunden Lebenserwartung‘ von alternden türkischen Migranten in Deutschland M. Carnein, N. Milewski, G. Doblhammer-Reiter; Rostock Fragestellung: Fünfzig Jahre nach dem ersten Anwerbeabkommen steht eine stetig steigende Zahl von großteils türkischstämmigen Gastarbeitern in Deutschland vor dem Renteneintritt oder befindet sich bereits im Ruhestand. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir, ob die verbleibenden Lebensjahre von über 50-jährigen türkischen Migranten und der gleichaltrigen deutschen Bevölkerung in guter oder in schlechter Gesundheit verbracht werden. Methoden: Um die Qualität der Lebensjahre bewerten zu können, wird die ‚gesunde Lebenserwartung‘ nach der Sullivan-Methode berechnet. Angaben dazu stammen von Sterbetafeln sowie von altersspezifischen Prävalenzen aus dem ‚Generations and Gender Survey‘ und dem ‚Soziooekonomischen Panel‘. Der Einfluss, den Mortalität und funktionale Beeinträchtigungen auf die gesunde Lebenserwartung haben, wird mit Hilfe der Dekompositionsmethode berechnet. Einschränkungen bei der Analyse von Mortalität von Migranten in Deutschland auf Basis der amtlichen Statistik resultieren aus der Überschätzung des Bevölkerungsbestands der Migranten und einer selektiven Unterschätzung der Sterbezahlen vor allem bei älteren Migranten. Ergebnisse: Wir zeigen, dass ältere türkische Migranten in Deutschland ihre restliche Lebenserwartung eher in Krankheit verbringen als die deutsche Untersuchungsgruppe. Frauen weisen innerhalb der türkischen Bevölkerung zwar eine höhere Lebenserwartung auf als Männer; jedoch verbringen auch sie ihre gewonnenen Lebensjahre in schlechter Gesundheit. Interpretation: Studien belegen, dass die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland nicht auf die Belange von Migranten ausgerichtet sind. Unsere Ergebnisse zeigen, dass türkische Migranten in Zukunft auf adäquate Sicherungsleistungen angewiesen sind. So ist detailliertes Wissen über den Gesundheitsstand und die Faktoren der Gesundheit der Migranten notwendig, um die soziale und gesundheitliche Versorgung einer zunehmend heterogenen Bevölkerung zu sichern und ein gutes und aktives Altern zu ermöglichen.
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16:30 – 16:45 PS21-05 Regionale Ungleichheit der Gesundheit von (Spät-)Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland. Eine vergleichende Analyse von kontextuellen Effekten zur Erklärung regionaler Gesundheitsunterschiede. D. Kreft, G. Doblhammer-Reiter; Rostock Fragestellung: Im Jahr 2005 stellt die Gruppe der (Spät-)Aussiedler, zugewandert aus den verschiedenen Ländern Ost- und Südosteuropas, die größte Migrantengruppe in der Bundesrepublik Deutschland dar. Aufgrund der Größe und der Besonderheiten der Gruppe, z.B. in Bezug auf Altersstruktur und Wanderungsgründe, sind Aussiedler im Bereich der Gesundheitswissenschaften von besonderem Interesse. Es gilt in dieser Studie der Frage nachzugehen, ob sich regionale Gesund heitsunterschiede und darauf Einfluss nehmende Kontextfaktoren (wie die regionale Deprivation) nachweisen lassen. Des Weiteren soll interes sieren, ob sich die Kontexteffekte anders auf die Gesundheit der Aussiedler darstellen als für die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (oMH) und folglich gesundheitliche Ungleichheit mitbefördern. Methoden: Aufbauend auf dem Mikrozensus 2005 wird mittels logistischer Regressionsmodelle die geschlechtsspezifische alterstandardisierte Prävalenz der Morbidität berechnet. Korrelationsanalysen sollen zu Iden tifikation von regionalen Divergenzen zwischen den Geschlechtern und in Bezug zur Bevölkerung oMH verwendet werden. Logistische Mehrebe nenmodelle, getrennt nach Geschlecht und Bevölkerungsgruppe (Aussiedler vs. Personen oMH) sollen zur Analyse der Einflüsse ausgewählter Kontextfaktoren (wie Wohlstand oder Siedlungsstruktur der Wohnregion) genutzt werden. In allen Modellen wird neben den regionalen Merkmalen auch auf Individualmerkmale (wie Rauchverhalten und den sozialen Status) kontrolliert, um Effekte der Komposition auf die regionale Gesundheit auszuschließen. Ergebnisse: In Voranalysen konnten starke regionale Unterschiede in der Gesundheit von Aussiedlern ausgemacht werden, die sich geschlechtsspezifisch und im Vergleich zu den Personen oMH unterschiedlich darstellen. Erste logistische Regressionsanalysen bestätigten das Vorhanden sein kontextueller Einflüsse auf die Gesundheit. Diese Kontexteffekte sollen im weiteren Studienverlauf mit Hilfe von Mehrebenenmodellen näher analysiert und ausgewertet werden. 16:45 – 17:00 PS21-06 Kultursensibel Pflegen – ältere zugewanderte Menschen im deutschen Altenhilfesystem U. Zabel, Berlin Fragestellung: Wie können institutionelle Voraussetzungen genutzt werden, damit bestehende Standards in ein neues Pflegekonzept konsequent umgesetzt werden kann? Methoden: Im Mittelpunkt des Vortrages steht ausschließlich die Darstellung der Umsetzung eines kultursensiblen Pflegekonzeptes in einer stationären Einrichtung in Berlin. An Hand dieses modellhaften und theoriegeleiteten Prozesses durch das KompentenzZentrum für die Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe wird in einzelnen Schritten aufgezeigt, wie der der Lernprozess in der pflegerischen Arbeit angewandt und in den Pflegealltag integriert wird. Ergebnisse: Der Prozess beruht auf zwei Säulen: Zum einen werden die internen Umstrukturierungen in der Angebotsstruktur, in der Schulung der Mitarbeiter/-innen sowie der Öffentlichkeitsarbeit beschrieben. Zum anderen wird die Öffnung nach außen zum Gemeinwesen als ein zweiter wichtiger Bestandteil bei der Umsetzung des kultursensiblen Pflegekonzepts dargestellt. Anhand der einzelnen Umsetzungschritte aus dem bisherigen Prozess wird gezeigt, welche Erfolge zu erzielen sind, wenn das kultursensible Handlungskonzept zu einem essentiellen Bestandteil der Organisationsentwicklung in stationären Pflegeinrichtungen wird. Interpretation: Um eine bedarfsgerechte Betreuung in einer stationären Pflegeeinrichtung am Beispiel von Personen mit besonderen Bedürfnissen, dazu zählen ältere zugewanderte Menschen, ältere Personen mit
geringeren Deutschkenntnissen sicher zu stellen, ist darauf ein entsprechendes Pflegehandeln abzustimmen.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 2 15:30 – 17:00 PS22 Papersession der Sektionen II und III Prädiktoren und Facetten von Wohlbefinden Moderation: M. Holzhausen, Berlin
15:30 – 15:45 PS22-01 Individuelle Determinanten von Lebenszufriedenheit und differentielle Struktur von Prioritäten bei älteren Berliner Frauen und Männern M. Holzhausen, C. Scheidt-Nave, A. Schneider, P. Martus; Berlin Fragestellung: Welche individuell unterschiedlichen Lebensbereiche determinieren aus subjektiver Sicht die Lebenszufriedenheit älterer Menschen? Lässt sich eine Verschiebung der Prioritäten mit zunehmendem Alter beobachten? Gibt es differentielle Zusammenhänge zwischen Prioritäten und ihrer Adaptivität für die Lebenszufriedenheit insgesamt? Methoden: Es handelt sich um eine querschnittliche, repräsentative Studie mit in Privathaushalten lebenden Berliner Frauen und Männer (65+ Jahre). Zur Anwendung kam ein gemischt qualitativ-quantitatives Verfahren (FLQM), das eine individuelle Generierung von Lebensbereichen, Bewertung (quantitative Ist-Soll Diskrepanz je Lebensbereich) und Gewichtung (quantitative subjektive Bedeutsamkeit je Lebensbereich) ermöglicht. Zunächst wurden die Freitextnennungen kategorisiert. Es wurden dann alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Häufigkeit von Prioritätensetzungen (Kategorien) betrachtet. Zudem wurden Unterschiede in der Adaptivität der spezifischen Kategorien hinsichtlich der Lebenszufriedenheit insgesamt untersucht. Ergebnisse: Ältere betonten im Gegensatz zu Jüngeren die Bereiche ‚Gesundheit‘, ‚Partner‘ und ‚Wohnung‘; Jüngere nannten häufiger ‚Teilhabe‘, ‚Wohlergehen anderer‘, ‚Freunde‘ und ‚Familie‘. Frauen nannten häufiger ‚Weiterbildung‘, ‚Familie‘, ‚Freunde‘, ‚Gedächtnis‘ und ‚Wohnung‘; Männer häufiger ‚Naturerleben‘ und ‚Hobbies‘. Insgesamt gab es eine Tendenz, Quellen von Zufriedenheit und weniger von Unzufriedenheit zu nennen. ‚Gesundheit‘, ‚Finanzen‘, ‚Wohlergehen anderer‘, ‚kulturelle Aktivitäten‘, ‚Mobilität‘ und ‚Reisen‘ wiesen die stärkesten Anteile negativer Zufriedenheitsurteile auf (28-43%). Interpretation: Es gibt eine alters- und geschlechtsabhängige Heterogenität der Lebensbereiche, die für Lebenszufriedenheit insgesamt besonders bedeutsam sind. Die Ergebnisse weisen auf kognitive Adaptionsprozesse hin, die eine Präferenz zufriedenheitsförderlicher Bereiche begünstigen und damit zur Aufrechterhaltung eines positiven Selbst- und Lebensbildes beitragen.
tiven Lebensbewertungsskala nach Lawton (13 Items) erhoben. Als Prädiktoren wurden soziodemografische Variablen, soziale und körperliche Freizeitaktivitäten sowie das Vorliegen bestimmter Beeinträchtigungen und Erkrankungen verwendet. Es wurden bereichspezifische sowie bereichsübergreifende multiple Regressionsanalysen gerechnet. Ergebnisse: Personen im 3. Alter wiesen signifikant höhere VOL-Werte auf als Personen im 4. Alter. Geschlechtsunterschiede traten nicht zutage. In den bereichsübergreifenden Regressionsanalysen verschwand die Beziehung zum Alter nahezu komplett. Bedeutsame positive Prädikoren waren im 3. Alter das Ausmaß sozialer Kontakte und das Nichtvorliegen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im 4. Alter waren dies sportliche Aktivitäten und das Freisein von Aktivitätsbeeinträchtigungen. In beiden Altersgruppen wirkten sich Stürze negativ auf VOL aus. Interpretation: Entgegen Lawtons Hypothese traten signifikante Beziehungen zwischen VOL und Gesundheitsmaßen auf. Personen im 3. Alter scheinen Herz-Kreislauf-Erkrankungen schlecht zu bewältigen, Hochaltrige dagegen gut. Stürze stellen für beide Altersgruppnen eine ernste Bedrohung der Lebensbewertung dar. Interessanterweise scheinen sportliche Aktivitäten im 4. Alter eine besondere sinnstiftende Funktion zu besitzen. 16:00 – 16:15 PS22-03 Subjektives Wohlbefinden im Alter: Aktuelle Forschungstrends und -desiderate D. Ferring, T. Boll; Walferdange/L Fragestellung: SWB im Alter ist nicht nur als Indikator der Person-Umwelt-Passung, so wie sie vom Individuum erlebt wird, bedeutsam, sondern auch wegen der Folgen des SWB für das Individuum (z.B. Gesundheit, Langlebigkeit) und für soziale Gemeinschaften (z.B. altruistisches Verhalten, soziales Engagement). SWB wird aufgrund seiner eminenten Bedeutsamkeit aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven thematisiert und neben der psycho-gerontologischen finden sich auch soziologische, sozio-ökonomische wie auch sozialpolitische Zugänge. Der vorliegende Beitrag untersucht, welche Fortschritte in den letzten Jahren in diesem Forschungsbereich in inhaltlicher und methodischer Hinsicht gemacht wurden. Methoden: Literaturrecherche in Datenbanken und einschlägigen Zeitschriften und Monographien. Ergebnisse: Ergebnisse beinhalten aktuelle Trends in der Konzeptualisierung und Erfassung von SWB, die Verlaufsanalyse des SWB über die Lebensspanne bis ins höchste Alter, Ursachen und Folgen von SWB, Interventionen zur Förderung des SWB, sowie die Darstellung von Wissenslücken und Forschungsdesideraten. Interpretation: Die Befundlage wird mit Blick auf zwei ausgesuchte Entwicklungen im psychogeriatrischen und sozialpolitischen Bereich diskutiert. Zum einen wird dabei die Notwendigkeit thematisiert, Messinstrumente des SWB für alte Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen weiter zu entwickeln. Zum anderen wird thematisiert, inwieweit sozialpolitische Massnahmen zur Förderung des SWB im Alter beitragen können.
15:45 – 16:00 PS22-02 Prädiktoren der positiven Lebensbewertung im dritten und vierten Alter C. Rott, U. Bullinger1, D. Jopp2; Heidelberg, 1Darmstadt, 2New York/USA
16:15 – 16:30 PS22-04 Generativität als Ressource im Alter? A. Schoklitsch, Salzburg/A
Fragestellung: Wohlbefinden im Alter wird häufig im Kontext gesundheitsbezogener Lebensqualität betrachtet. In Abgrenzung dazu hat Lawton das Konzept der positiven Lebensbewertung (valuation of life, VOL) entwickelt, in welchem körperlicher Gesundheit nur eine untergeordnete Rolle zugewiesen wird. VOL als vom Individuum erfahrener Wert des eigenen Lebens sollte eher von positiven sozialen Beziehungen und der Ausübung bedeutsamer Aktivitäten beeinflusst sein. Methoden: An 1002 in Privathaushalten lebende Personen im Alter von 65 bis 94 Jahren wurde ein Fragebogen verschickt. Der Rücklauf betrug 35% für Männer und 25% für Frauen (n = 300). VOL wurde mit der posi-
Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, das Konstrukt der Generativität für das höhere Lebensalter zu spezifizieren, neue Fragebögen zu entwickeln, diese zu validieren und differentielle Aspekte (Alter x Geschlecht) des Zusammenhangs zwischen Generativität und Gesundheit zu untersuchen. Methoden: Bei dieser Untersuchung handelt sich um eine Feldstudie, die durch Einpunkterhebung mittels Befragung (in Form von Fragebögen) realisiert wurde. Die Stichprobe besteht aus 195 älteren Erwachsenen (110 Frauen, 85 Männer) im Alter zwischen 60 und 94 Jahren (M = 72.5, SD = 8.8 Jahre). Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Ergebnisse: Eine Faktorenanalyse der drei neu entwickelten Fragebögen belegt die angenommene Faktorenstruktur; das Cronbach´s Alpha der Subskalen liegt zwischen α = .68 und .83. Zwischen der Loyola Generativity Scale und den Subskalen ergeben sich Korrelationen zwischen r = .20 (p <.05) und .57 (p <.01), was ein positives Validierungsergebnis darstellt. Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Generativität und Gesundheit konnten etwa eine negative Korrelation zwischen sozialer Generativität im Lebensrückblick und Furcht vor der Endlicheit des Lebens (r = -.22, p <.01) sowie ein positiver Zusammenhang zwischen gegenwärtiger ökologischer Generativität und Wohlbefinden (r= .17, p<.05) gefunden werden. Bei der Aufteilung der Stichprobe nach Alter und Geschlecht kamen weitere und deutlichere Zusammenhänge zum Vorschein, wie etwa eine positive Korrelation zwischen aktueller ökologischer Generativität und Wohlbefinden (r = .37, p <.05) ausschließlich bei Männern über 75 Jahre und ein negativer Zusammenhang zwischen biologischer Generativität und Suizidalität (r = -.44, p<.01) bei den jungen alten Frauen (60-74 Jahre). Interpretation: Die Multidimensionalität des Konstrukts Generativität konnte empirisch bestätigt werden. Bezüglich des Zusammenhangs mit Gesundheit erwiesen sich Alter und Geschlecht als bedeutsame Differenzierungen. Insgesamt scheint Generativität in seiner Vielschichtigkeit ein vielversprechendes Konzept für das höhere Lebensalter zu sein. 16:30 – 16:45 PS22-05 Einstellungen gegenüber Sterben und Tod im hohen Alter: Akzeptanz oder Angst? Erste Befunde des DFG-Projekts LateLine O. Reidick, O. Schilling, H.-W. Wahl, F. Oswald1; Heidelberg, 1Frankfurt a. M. Fragestellung: Der Beitrag stellt erste Befunde des DFG-Projekts Längsschnittliche Analyse des subjektiven Wohlbefindens im sehr hohen Alter: Die Rolle von Gesundheit, Wohnumwelt und Angst im Angesicht eines nahen Todes (LateLine) zu Einstellungen gegenüber Sterben und Tod im hohen Alter vor, einem trotz gesellschaftlicher Brisanz bislang unterrepräsentierten Forschungsthema. Insbesondere interessiert die Binnenstruktur des Konstrukts Todesängstlichkeit und -akzeptanz in Bezug zu Gesundheit und Wohlbefinden. Methoden: Im Rahmen von Hausbesuchen wurden 2009 N=113 zumeist alleinlebende, privat wohnende Teilnehmer im Alter von 87 bis 97 Jahren befragt (MMST=27,3; SD=2,8). Zur Messung der Todesängstlichkeit wurde das Fragebogeninventar zur mehrdimensionalen Erfassung des Erlebens gegenüber Sterben und Tod (FIMEST-E) angewendet. Ergebnisse: Die Ergebnisse bestätigen die multidimensionale Struktur der Einstellungen gegenüber Sterben und Tod. Für Angst vor dem eigenen Tod sowie Innerliche Ablehnung des eigenen Todes ergaben sich geringe Werte, Angst vor dem eigenen Sterben lag im mittleren Bereich, Akzeptieren des eigenen Sterbens und des eigenen Todes war hingegen hoch ausgeprägt. Beträchtliche interindividuelle Varianz zeigte sich für Angst vor dem eigenen Sterben; es fanden sich signifikant positive Zusammenhänge z.B. mit Depressivität sowie der Anzahl berichteter Symptome und Krankheiten. Religiosität, Geschlecht und Alter hingen nicht mit Einstellungen gegenüber Sterben und Tod zusammen. Interpretation: Erste Befunde verdeutlichen die Komplexität der Einstellungen zu Sterben und Tod bei Hochaltrigen. Insbesondere die Verbindung zu Aspekten des Subjektiven Wohlbefindens ermöglicht ein besseres Verständnis des alltäglichen Lebens hochaltriger Menschen, sowie diesbezüglicher Interventionspotentiale im Angesicht eines nahen Todes. 16:45 – 17:00 PS22-06 Religiosität im Alter – Eine Ressource für Gesundheit und Wohlbefinden? U. Sperling, C. Sattler1, B. Wendelstein1; Mannheim, 1Heidelberg Fragestellung: Aktuelle religionssoziologische Zahlen zeigen die hohe Bedeutung der Religiosität im Alter. Vor allem Studien aus den USA haben einen Zusammenhang zwischen Religiosität und Gesundheit nachgewiesen. Im europäischen Raum sind die Ergebnisse ambivalent. Wie stellt sich die Religiosität älterer Menschen in Deutschland gegenwärtig
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und künftig dar? Wie hängen Religiosität, Gesundheit und Wohlbefinden miteinander zusammen? Methoden: Die Daten wurden beim 3. Messzeitpunkt (2005-2009) der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) erhoben. Die 798 Teilnehmenden der Jahrgänge 1930-32 (K30) und 1950-52 (K50) wohnten im Raum Heidelberg, Mannheim oder Leipzig. Der verwendete Religionsstrukturtest (N=632) bildet Religiosität multidimensional ab und ermöglicht Vergleiche mit dem Religionsmonitor. Ergebnisse: Im Westen Deutschlands gehörten 82% (K30) bzw. 60% (K50) der evangelischen oder katholischen Kirche an, im Osten waren es 24% (K30) und 12% (K50). Hohe Religiosität (Zentralität) wurde im Westen bei 24% (K30) und 9% (K50), im Osten bei 7% (K30) und 2% (K50) gefunden. Zusammenhänge zwischen Religiosität und globalen Gesundheitsmaßen konnten nur in geringem Maß und mit widersprüchlichen Ergebnissen nachgewiesen werden. So waren Erkrankungen des Magens und Zwölffingerdarms bei den hoch religiösen Älteren im Westen etwas geringer als bei den nicht religiösen, neurologische und psychiatrische Erkrankungen bei den Jüngeren dagegen etwas häufiger. Interpretation: Religiosität spielt bei einem erheblichen Teil der deutschen Bevölkerung eine teilweise bedeutende Rolle. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass im Vergleich zu den jetzt 80-Jährigen bereits in der Generation der 60-Jährigen deutlich weniger Personen einer Kirche angehören und als hoch religiös angesehen werden können. Die Ergebnisse dieser Studie stützen das im europäischen Raum ambivalente Bild des Zusammenhangs zwischen Religiosität, Gesundheit und Wohlbefinden. Derzeit finden differenzierende und spezifizierende Datenanalysen statt.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 3 15:30 – 17:00 PS23 Papersession der Sektion IV Neue Herausforderungen im Pflegealltag Moderation: U. M. Fichtmüller, Dresden
15:30 – 15:45 PS23-01 Wissensbasierte Qualitätsindikatoren in ambulant betreuten Wohngemeinschaften – „ WGQual“ J. Gräske, T. Fischer, A. Worch, S. Meyer, K. Wolf-Ostermann; Berlin Fragestellung: Ambulant betreuten Wohngemeinschaften (WG) für ältere pflegebedürftige Menschen stellen einen Wechsel in der Auffassung von Betreuungskonzepten und damit auch neue Anforderungen an alle Akteure in der Versorgung dar. Ein fundiertes und evaluiertes Qualitätskonzept fehlt bislang. Ziel der Studie ist die Schaffung und Evaluation eines wissensbasierten Qualitätsentwicklungskonzeptes. Methoden: Auf Basis eines Literaturreview werden wissensbasierte Qualitätsindikatoren (QI) entwickelt, die anschließend in der Praxis implementiert und erprobt werden. Für die Qualitätsentwicklung ist im WGSetting die Einbeziehung aller Akteuren unerlässlich. Zur Evaluation dienen gesundheitsbezogene und soziale Parameter wie bspw. Lebensqualität oder soziale Einbindung welche auf Bewohnerebene in den teilnehmenden WG erhoben werden. Ergebnisse: In die Studie sind 30 WG mit durchschnittlich 6-8 Bewohner(innen) eingeschlossen. Das Durchschnittsalter liegt bei ca. 80 Jahren. Die Mehrzahl der Bewohnerschaft hat kognitive Beeinträchtigungen. Über alle WG wurden moderate Lebensqualitätswerte erhoben. Die Bewohner(innen) von WG, in denen anhand der QI eine Qualitätsentwicklung stattfindet , weisen eine höhere Lebensqualität und einen höheren Grad an Sozialteilhabe auf. Dies hängt eng mit der Einbindung der Angehörigen zusammen. Interpretation: Die entwickelten QI sind eine Basis für die Qualitätsentwicklung in ambulant betreuten WG. Sie ermöglichen erste valide Beur-
teilungskriterien in Bezug auf verschiedene Akteursgruppen und tragen so zu einer größeren Transparenz für alle Beteiligten, in diesem Versorgungssektor bei. 15:45 – 16:00 PS23-02 Gerontologische Beiträge zur Konzeption einer körper-gendersensiblen Altenpflege G. M. Backes, M. Wolfinger; Vechta Fragestellung: Woraus begründet sich die Notwendigkeit einer körpergendersensiblen Altenpflege und welche konzeptionellen Grundlinien leiten sich daraus ab? Methoden: Theoretisch-konzeptionelle sowie empirische Erkenntnisse der (inter)nationalen kritischen Gerontologie, der Körpersoziologie und körperbezogenen sowie feministischen Gerontologie werden diskutiert. Vor diesem Hintergrund wird die Altenpflege analysiert, insbesondere die normative Ebene und die damit interagierende Praxis der Pflege/ Pflegebedürftigkeit. Ergebnisse: Die Pflege alter Frauen und Männer, die sie direkt körperlich betrifft und unmittelbar körperlich vollzogen wird, erfordert einen differenzierten Zugang. Mittels der (gesellschafts-)kritischen Perspektive werden Leitbilder und Ideologien des Alter(n)s diskutiert, die das Feld der Altenpflege strukturieren. Manifest werden sie in gesetzlichen und insititutionellen Rahmenbedingungen, wie in der Ausbildung von geschlechtsspezifischen und an körperliche Materialität gebundene Opportunitäts- und Verpflichtungsstrukturen. Die aus der verkörpert-geschlechtsspezifischen Vergesellschaftung resultierenden Macht- und Ungleichheitsstrukturen beinhalten Risiken und Chancen für die Lebenslage Pflegebedürftiger und privat/beruflich Pflegender. Daraus entstehende ungleiche Verteilungs- und Partizipationschancen sind offenzulegen und konzeptionell zu hinterfragen. Interpretation: Die kritisch-reflexive Diskussion eines gerontologischen Beitrags zur Konzeption einer körper-gendersensiblen Altenpflege, verweist auf eklatante Wissens- und Forschungslücken. Sie ermöglicht auch die Entwicklung einer sensiblen Altenpflege die den sozialen Wandel und körperliche sowie geschlechtsspezifische Realitäten Pflegender und Pflegebedürftiger integriert. 16:00 – 16:15 PS23-03 Förderliche Konstellationen für rehabilitativ-wirksames Pflegehandeln in der stationären Langzeitpflege Y. Selinger, S. Fleischer, M. Schubert, J. Behrens; Halle (Saale) Fragestellung: Rehabilitatives Handeln bei Pflegebedürftigkeit zur Vermeidung oder zum Hinauszögern des Voranschreitens der Pflegeabhängigkeit in der stationären Langzeitpflege wurde bisher kaum beleuchtet. In einer Untersuchung innerhalb des Teilprojekts C5 des SFB 580 wird den Fragen nachgegangen, unter welchen Konstellationen wirksames rehabilitatives Pflegehandeln in der stationären Langzeitpflege möglich wird und wie dieses Handeln zur Verbesserung der Autonomie und Selbständigkeit von Pflegebedürftigen beiträgt. Methoden: In zunächst acht Einzelfallstudien wurden die Pflegeverläufe von Bewohnern verschiedener Pflegeheime rekonstruiert, in denen deutliche Verbesserungen der Autonomie und Selbstständigkeit erreicht wurden, die nicht auf einen selbstverständlich zu erwartenden Genesungsprozess oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt zurückzuführen waren. Hierfür erfolgten leitfadengestützte Interviews mit den primären Bezugspflegenden, Pflegedokumentationsanalysen und Pflegebedarfseinschätzungen mit dem Minimum Data Set des Resident Assessment Instrument (RAI-MDS). Ergebnisse: Die Ergebnisse weisen deutlich auf die Relevanz personenbezogener Merkmale des Pflegebedürftigen und der individuellen Bezugspflegenden sowie der sie unterstützenden weiteren Personen aus Pflege, Betreuung und Therapie hin. Sie beeinflussen wesentlich eine auf Empathie, Fallverstehen und Interaktion gerichtete, dauerhafte und dadurch rehabilitativ-wirksame Pflegebeziehung.
Interpretation: Besonders die sog. zusätzlichen Betreuungsleistungen, die durch die Vergütungszuschläge für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf nach § 87 SGB XI seit 2008 möglich sind, konnten als eine bedeutsame Ressource identifiziert werden, die zur Verbesserung der Teilhabe am Leben in der Institution Pflegeheim und darüber hinaus beitragen. Bedenklich ist, dass den Pflegenden überwiegend nicht bewusst ist, welche Rehabilitionsmöglichkeiten im SGB XI sowie in Verknüpfung zum SGB V und IX bestehen. Diese werden folglich nicht ausgeschöpft. 16:15 – 16:30 PS23-04 Somatische und psychosoziale Bedürfnisse von Menschen in ihrer letzten Lebensphase Begleitung Sterbender auf Basis professioneller pflegerischer Diagnostik und Intervention U. Schulze, S. Driebold, H. Blumenauer; Frankfurt a. M. Fragestellung: Ziel dieser Pilotstudie war die Entwicklung eines Untersuchungsdesigns auf Grundlage der Grounded Theory, welches auf die Eruierung der Bedürfnisse sterbender Menschen abzielt. Es sollen Möglichkeiten professioneller pflegerischer Diagnostik aufgezeigt werden, um daraus pflegerische Intervention abzuleiten, die auf eine bedürfnisorientierte Sterbebegleitung hoffen lassen. Methoden: Das methodische Vorgehen war dahingehend konzipiert, dass Pflegewissenschaftlerinnen im Sinne der teilnehmenden Beobachtung den Sterbeprozess begleiten. In sieben Beobachtungssequenzen wurden vor dem Hintergrund von vorherigen Beobachtungen Interventionen geplant, durchgeführt und evaluiert. Ergebnisse: Grundlegend für die bedürfnisorientierte Begleitung und Pflege von sterbenden Menschen ist die Beobachtung. Dabei spielen quantitative und qualitative Parameter eine Rolle. Als diagnostisch relevant konnten beispielsweise die Beobachtungsparameter Atemfrequenz (quantitativ) und Mimik (qualitativ) identifiziert werden. Textanalytisch ließen sich exemplarisch gelungene pflegerische Interventionen wie „Erleichtern“, „Anbieten“ oder „Muster unterbrechen“ ableiten. Die Evaluationsdaten bestätigten obiges Ergebnis weitgehend und führten zu einer letztendlichen Codierung, zu Arbeitsdefinitionen und Beschreibungen der Codes. Interpretation: In diesem Zusammenhang ist unabdingbar, das interpretative Paradigma der qualitativen Sozialforschung mit dem naturwissenschaftlichen Paradigma zu verknüpfen. Wenn also Einstellungen von (Pflege)Expert/inn/en und von Angehörigen erfragt und interpretativ ausgewertet werden, wenn ebenso Patientenverhalten beobachtet und gedeutet werden muss, so gibt es darüber hinaus Parameter, die objektiv erhoben werden müssen. Ihre Auswertung folgt dem naturwissenschaftlichen Paradigma, welches das Herstellen von kausalen Zusammenhängen zum Ziel hat. 16:30 – 16:45 PS23-05 Die gesundheitliche und soziale Situation alleinlebender demenzkranker Menschen eine multiprofessionelle Perspektive S. Schniering, Ä.-D. Jahncke-Latteck, A. Ernst, U. Schramm, H. van den Bussche; Hamburg Fragestellung: Studienergebnisse des KOVERDEM-Projektes zur Kooperationsverbesserung zwischen Hausärzten und Pflegediensten bei Menschen mit Demenzerkrankung (MmD) zeigen, dass ca. 40% der von ambulanten Pflegediensten betreuten MmD alleine leben. In der Literatur wurde die Situation von alleinlebenden MmD bisher kaum berücksichtigt. Die Studie zur Situation alleinlebender MmD hat zum Ziel, die gesundheitlichen und sozialen Probleme und Risiken von alleinlebenden MmD sowie die Strukturen des Versorgungssystems zu ermitteln. Methoden: Es wurden leitfadengestützte Experteninterviews mit insgesamt 39 Akteuren des professionellen Unterstützungssystems von alleinlebenden MmD geführt (z.B. Hausärzte, Pflegende, Pastoren, Berater, Polizei). Die Auswertung erfolgte nach dem interpretativen Verfahren des thematischen Vergleichs von Meuser und Nagel. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Abstracts Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass zur Verbesserung der Situation von alleinlebenden MmD ein großer Handlungsbedarf besteht. Die Betroffenen sind besonderen Risiken ausgesetzt. Aufgrund des häufigen Fehlens einer festen Bezugsperson und des nicht ausreichenden ambulanten Versorgungssystems kommt es verstärkt zu gesundheitlichen und sozialen Einschränkungen, bis hin zu Verwahrlosung und sozialer Isolation. Interpretation: Alleinlebende MmD bedürfen einer speziellen Unterstützung. Sie benötigen vermehrte Ansprache, eine Bezugsperson und Koordination der Hilfen. Zu den Interventionsmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation alleinlebender MmD gehören eine verbesserte Vernetzung der professionellen Helfer, z.B. durch Fallkonferenzen, der Ausbau von zugehenden Hilfen, um die Betroffenen bereits frühzeitig zu erreichen, die Einrichtung einer Koordinationsinstanz zur langfristigen Begleitung und eine bessere Aufklärung der Gesellschaft. 16:45 – 17:00 PS23-06 Die Kultivierung von personenbezogenen Dienstleistungen als Schlüssel für eine zukunftsfähige Pflege D. Bieber, M. Geiger; Saarbrücken Pflege ist im Kern immer auch als dialogisch-interaktiv angelegte Dienst leistungsarbeit zu begreifen. Das gilt insbesondere mit Blick auf die kom munikative Einbindung der somatischen Pflege, die Initiierung und Gestaltung von sozialräumlichen Arrangements, die Angehörigen-, Bera tungs- und Vernetzungsarbeit, die Aktivierung des sozialen Umfeldes. Bei diesen Bemühungen spielen subjektivierendes Arbeitshandeln, Emotions- und Gefühlsarbeit, das eng an die Persönlichkeit der Mitarbeiter/innen gebundene Erfahrungswissen, die Koproduktion mit den Patienten und Angehörigen sowie mit den hier relevanten Akteuren des politisch-administrativen Feldes eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang stellt die beruflich-erwerbsförmige Gestaltung, und damit auch die konzeptionelle bzw. organisatorisch-institutionelle Einbettung eine große Herausforderung dar. Denn hier muss es gelingen, für eine Reihe von zunächst widersprüchlich scheinenden Erfordernissen tragfähige Lösungen zu finden. Das betrifft z.B. die nur schwer kalkulierbare Dynamik dieser Art von Dienstleistungsarbeit, die Kompatibilität von im Einzelfall notwendigen Spezifizierungen und Individualisierungen einerseits sowie Standardisierungsbemühungen andererseits, von Berechenbarkeit und Controllingbedarf auf der einen Seite sowie den Umgang mit Ungewissheiten auf der anderen, die Nutzung von Synergieeffekten, die sich aus neuen Symbiosen von Technologie, sozialen Konstellationen und Dienstleistungsarbeit ergeben. In dem Beitrag werden Erkenntnisse, die zurzeit in den beiden vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben über „Personenbezogene Dienstleistungen am Beispiel seltener Krankheiten“ einerseits und „Technologie und Dienstleistungen im demografischen Wandel“ andererseits gewonnen werden, mit grundlegenden Überlegungen zu einer stärker sozialökologisch ausgerichteten Pflegeinfrastruktur, zusammengeführt.
Freitag, 17. September 2010 – Kursraum 6 15:30 – 17:00 PS24 Papersession der Sektion I Molekulare Medizin Moderation: J. Händeler, Düsseldorf; A. Simm, Halle (Saale)
15:30 – 15:45 PS24-01 Einfluss von Diabetes mellitus auf das Nichtkleinzellige Bronchialkarzinom B. Bartling, A. Sohst, H.-S. Hofmann1, R.-E. Silber, A. Simm; Halle (Saale), 1 Regensburg Fragestellung: Das Nichtkleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) und Diabetes mellitus zählen zu den altersbedingten Erkrankungen. Ein Teil der Diabetes-assoziierten pathophysiologischen Mechanismen wird auf die Ansammlung von Glykierungsendprodukten in den Gefäßen und anderen Gewebe zurückgeführt, welche auch bei einer chronischen Niereninsuffizienz auftreten. Da aber Glykierungsendprodukt-modifizierte Gewebematrix die Migration von NSCLC-Zellen vermindert, könnte Diabetes einen positiven Einfluss auf die Prognose von NSCLC-Patienten haben. Daher wollten wir in einer retrospektiven Studie den prognostischen Einfluss von Diabetes auf Patienten mit einem operablen NSCLC untersuchen. Methoden: Es wurden 111 Tumor-Patienten ohne Diabetes und 55 NSCLC-Patienten mit Diabetes in die Studie eingeschlossen, die aufgrund eines NSCLC operiert worden sind. Die Follow-up Zeit betrug 60 Monate. Ergebnisse: Nach einer Follow-up-Zeit von 20 Monaten war das Überleben von NSCLC-Patienten mit Diabetes signifikant höher als das von NSCLC-Patienten ohne Diabetes (76% vs. 59%; P<0,05). Dieses höhere Überleben der NSCLC-Patienten mit Diabetes war insbesondere auf die 11 Patienten zurückzuführen, die zusätzlich an einer Niereninsuffizienz litten (91% Überleben nach 20 Monaten). Nach 60 Monaten Follow-up konnte allerdings kein signifikant verändertes Überleben zwischen den NSCLC-Patienten mit und ohne DM mehr festgestellt werden (35% vs. 32%; P=0,556). Dennoch war nach 60 Monaten der Tumor-induzierte Tod in der NSCLC-Studiengruppe mit Diabetes (51%) und insbesondere in der Subgruppe mit Diabetes und Niereninsuffizienz (28%; P=0.03 vs. Patienten mit Diabetes ohne Niereninsuffizienz) geringer als in der NSCLC-Studiengruppe ohne Diabetes (64%). Interpretation: Unsere Daten zeigen, dass Diabetes mellitus das Wiederauftreten eines Tumors bei NSCLC-Patienten verzögert. 15:45 – 16:00 PS24-02 Transplantation of bone marrow derived stem cells into Alzheimer mice A. Hinze, A. Stolzing; Leipzig Objective: Mesenchymal stem cells (MSC) are the most commonly used cell population in regenerative medicine. We examined mesenchymal stem cells (MSC) from a different cultivation method, so-called non adherent mesenchymal stem cells. Non adherent MSC have previously demonstrated to have high regenerative potential. Non adherent MSC were analysed for their potential to alter neurogenesis and inflammation in Alzheimer mice an aged controls. Method: Mouse bone marrow was used to produce the non-adherent MSC. These cells were extensively phenotyped, analysed for pluripotency and their differentiation status tested. 5 x 10 6 cells were transplanted into aged (12 month) or Alzheimer mice (APP/PS). Cells were tracked using RT-PCR for the y-chromosome. For tracking changes in either inflammatory response or neurogenesis gene expression RT2 ProfilerTM PCR Array Systems were used. Results: Using a real-time PCR on the Y-chromosome we could detect chimerism in bone marrow of pour-off transplanted animals. Perform-
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ing real-time PCR arrays on neurogenesis-related genes we could detect some genes significantly changed compared to control groups, including Bmp4 and Rac1, which have already been reported in connection with Alzheimer. Anti-inflammatory gene expression was down-regulated. Conclusion: We demonstrate that non-adherent MSC do have the potential to alter neurogenesis and inflammation in Alzheimer animals. Bmp4 was found down-regulated in the transplanted animals. It was previously shown that Bmp4 was highly expressed in Alzheimer mice, inhibiting hippocampal cell proliferation (Li et al., 2004). Non-adherent MSC can decrease inflammation and promote neurogenesis in Alzheimer animals after 7 days. Additional follow up studies demonstrating behavioural benefits are underway. 16:00 – 16:15 PS24-03 Accumulation of mitochondrial DNA deletions during aging R. Wiesner, J. Neuhaus, O. Baris; Köln Objective: Accumulation of mitochondrial DNA (mtDNA) deletions has been widely described in the context of normal aging and age-related pathologies. However, little is known about the molecular mechanisms involved in their generation and expansion over time. In particular, it is still unclear why some tissues seem to preferentially accumulate these DNA alterations such as dopaminergic neurons in the substantia nigra of humans, where a drastic increase in deleted mtDNA molecules has been observed in Parkinsonism and during normal aging. We tested the hypothesis wether (i) accumulation of neuromelanin, the black pigment of the S. nigra and/or (ii) a high catecholamine turnover are involved in this process. Method: Various mouse brain regions were screened for mtDNA deletions by quantitative PCR. Results: MtDNA deletions were not found in young mice (12 weeks), but were detectable at week 50 and further increased with age. Deletions were most prominent in s. nigra, followed by striatum, cerebellum and cortex, as previously described in humans. Additionally analysed adrenal gland displayed a 5-fold higher deletion load when compared to S. nigra. Conclusion: Since s. nigra of mice does not contain neuromelanin, (i) this intracellular protein aggregate can be excluded as being causative. The high levels of deletions in adrenal gland support the hypothesis that (ii) a high turnover of catecholamines stimulates their generation and/or their clonal expansion. Interestingly, during aging as well as in Parkinsons disease, only a vulnerable subset of S. nigra neurons are prone to neurodegeneration, while dopaminergic neurons from other midbrain regions are spared. To further investigate this, we currently use a combination of electrophysiological techniques and gene expression signatures to differentiate between those different neuron types. This single-cell approach not only confirmed our previous data on whole tisue, but also will help to understand differential vulnerability. 16:15 – 16:30 PS24-04 Zell-basierte Modelle für Morbus Parkinson M. Jendrach, M. Klinkenberg, S. Gispert, S. Mai, J. Bereiter-Hahn, G. Auburger; Frankfurt a. M.
Ergebnisse: Drei Zellsysteme (murine kortikale Neuronen, humane Hautfibroblasten, HUVEC) durchlaufen auch in vitro den Alterungsprozess, welcher im Falle der HUVEC mit einer vermehrten Expression von PINK1 korrelierte. In den murinen kortikalen Neuronen sowie den Zelllinien konnte eine Aggregation von α-Synuklein nachgewiesen werden wie sie auch in Lewy bodies im Hirn von MP-Patienten beobachtet wurde. Als Interventionsmaßnahme konnte die α-Synuklein-Aggregation durch Überexpression eines rekombinanten Proteins reduziert werden. In humanen Hautfibroblasten wirkte sich die PARK6 Mutation G309D negativ auf die Expression von Parkin aus. Weiterhin führte der Verlust von funktionalem PINK1 in mehreren Zellsystemen zu mitochondrialer Dysfunktion, verminderter Parkin-vermittelter Degradation geschädigter Mitochondrien und erhöhter Sensitivität gegen Stressoren. Interpretation: In Zellmodellen können Signalpfade und Interaktionen der verschiedenen PARK-Gene in vitro modelliert werden. Die vorgestellten Modellsysteme zeigen Symptome von MP deutlich schneller als die bisher vorhandenen Mausmodelle und können für therapeutische Interventionen verwendet werden. 16:30 – 16:45 PS24-05 Morbus Parkinson assoziierte Serin Threonin Kinase PINK1 protektiert postmitotische Endothelzellen. S. Mai, M. Klinkenberg, G. Auburger, J. Bereiter-Hahn, M. Jendrach; Frankfurt a. M. Fragestellung: Hat die Zunahme der mitochondrialen Länge in alternden Zellkultursystemen einen funktionalen Effekt? Methoden: Humanes, alterndes Zellkultursystem: humane Endothelzellen der Nabelschnur-Vene (HUVEC); gezielte Schädigung der Mitochodnrien durch Bestrahlung; Transfektion; RT-PCR; Western-Blot; Mikroskopie. Ergebnisse: Eine gezielte Schädigung der Mitochondrien durch Kombination eines mitochondrial selektiven Farbstoffs (MitoTracker Red) und Bestrahlung mit grünem Licht, zeigte, dass Mitochondrien junger HUVEC fragmentierten und ihr Membranpotential verloren. Mitochondrien alter HUVEC hingegen behielten ihr Membranpotential und fragmentierten kaum. Postmitotische Zellen wiesen eine Zunahme der mitochondrialen Länge und Interkonnektivität auf. Die Zunahme der mitochondrialen Länge war auf eine Abnahme der mitochondrialen Teilungsfaktoren Fis1 und Drp1 auf mRNA- und Protein-Ebene zurückzuführen. Eine Zunahme der PINK1 mRNA Menge konnte in alten Zellen nachgewiesen werden. Modulation der Fis1 und Drp1 Expression durch knockdown oder Überexpression zeigte eine Erhöhung oder Minderung des PINK1 mRNA Gehalts. Knock-Down und Überexpression einer dominant negativen Mutante von PINK1 sensibilisierte Mitochondrien auf gezielte Schädigung. Interpretation: Die Reduktion von Fis1 und Drp1 verlängert die mitochondriale Länge im Alter. Zudem beeinflussen beide Proteine die Expression von PINK1, einer Morbus Parkinson assoziierte Serin-Threonin-Kinase. Die mitochondriale Sensibilität junger und alter Zellen wird durch das PINK1 Gehalt beeinflußt. Die Zunahme der Mitochondrienlänge hat einen protektive Role der Zelle im Alter in Hinsicht auf Stress-Resistenz.
Fragestellung: Morbus Parkinson (MP) ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach Morbus Alzheimer (MA) und ebenso wie MA eine progressive Alterskrankheit. Die Auswirkungen der Mutationen verschiedener MP-assoziierter Gene ( -Synuklein (PARK1), Parkin (PARK2) und PINK1 (PARK6)) wurden in verschiedenen Zell-basierten Modellen untersucht. Methoden: In murinen kortikalen Neuronen sowie humanen PatientenHautfibroblasten, humanen Endothelzellen (HUVEC) und verschiedenen Zelllinien wurden Parameter wie -Synuklein-Aggregation, Veränderungen der Genexpression, mitochondriale Dysfunktion, Resistenz gegen oxidativen Stress und Apoptose analysiert.
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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Autorenregister
Moderatoren und Referenten
Schaeffer, D. 187
van Dyk, S. 116
Schmidt, R. 13
von Zglinicki, T. 6
Schmitt, M. 34, 85, 115
Vosseler, B. 37
Schröder, J. 31 Schuhmacher, B. 247
Wahl, H.-W. 116, 185, 186 Walter, U. 117, 298
Ahlsdorf, E. 182
Klie, T. 13, 23, 72, 163, 197, 207, 247
Schulz, R.-J. 235
Amrhein, L. 13
Kliegel, M. 185
Schwarzer, R. 27
Asam, W. 209
Kopke, K. 41
Sieber, C. C. 163, 235
Kornadt, A. E. 214
Siegel, N.-R. 235
Köster, D. 20
Simitis, S. 73
Krampe, L. 295
Simm, A. 5, 6, 71, 163, 186, 339
Kricheldorff, C. 37, 71, 72, 209, 210, 285
Steffen, G. 210
Ziegelmann, J. P. 115
Stein, M. 13
Ziegler, U. 193
Kröger, K. 200
Steinhagen-Thiessen, E. 119
Zimmer, B. 34
Kruse, A. 34, 182, 186, 211, 305
Stoppe, G. 27
Zimmermann, M. 243
Backes, G. M.. 13 Becker, C. 165, 185, 243 Behrend, C. 74 Bereiter-Hahn, J. 7 Berner, F. 117 Bleker, J. 8 Buhl, A. 14, 172 Cellerino, A. 8 Decker-Maruska, M. 308 Deller, J. 129 Diehl, M. 136 Doblhammer-Reiter, G. 26 Dräger, D. 35 Ehreke, L. 291 Eichberg, S. 115 Engel, S. 133 Englert, C. 8
Kruse,A. 117 Krutmann, J. 7 Kuhlmey, A. 41 Kühnert, S. 172, 327 Kümpers, S. 320 Künemund, H. 204 Kurth, B.-M. 26 Ladwig, K.-H. 168 Laurischk, S. 13 Leipold, B. 182 Lerch, M. 308 Leser, M. 5, 197
Falkenstein, M. 82
Lessenich, S. 116
Fichtmüller, U. M. 14, 126, 335
Leve, V. 34
Förstel, H. 133
Lüttje, D. 235
Freiberger, E. 165
Mally, K. 230
Garms-Homolová, V. 77
Marzluff, S. 13
Gellert, P. 115
Mechling, H. 115
Giercke, K. I. 207
Meyer, G. 186
Gogol, M. 207, 234
Motel-Klingebiel, A. 28
Göschel, A. 13
Müller, B. 218
Gövercin, M. 87 Gronemeyer, R. 164 Grosse, T. 302 Grune, T. 163 Händeler, J. 339 Hartogh, T. 302 Heinze, R. 284 Heitlinger, S. A. 242 Herrlich, P. 6 Heusinger, J. 209, 237
Naegele, G. 115 Naumann, D. 324 Neubart, R. 71, 81, 222, 234 Oppikofer, S. 240 Oswald, F. 8, 71, 115, 185, 186, 316 Otto, U. 16, 44, 190, 209, 210, 284, 312 Perrig-Chiello, P.-C. 72 Platzer, M. 8
Himmelsbach, I. 179
Reichert, M. 34, 115, 223
Holzhausen, M. 331
Renteln-Kruse, W. 41
Horn, A. 187
Riedel, A. 226
Hüther, M. 117
Rückert, W. 247
Huxhold, O. 9
Rudolph, L. 5, 6
Kaiser, C. 204
Rupprecht, R. 133
Kirchen-Peters, S. 253
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
Tesch-Römer, C. 5, 26, 136, 207 Thiesemann, R. 234 Tippelt, R. 13, 118
Wehkamp, K.-H. 72 Wiesmann, U. 123 Wirth, R. 39 Wolf-Ostermann, K. 175 Wurm, S. 288
Autorenregister
Autorenverzeichnis der freien Symposien, Poster- und Papersessions
Briel, S. P070 Brose, A. P040 Brühl, A. S36-06 Brunner, E. P027 Brunnett, R. PS04-02, S32-02 Bubolz-Lutz, E. S03-01 Buch, B. S20-06
A
Doblhammer-Reiter, G. IV01-02, P034, PS06-01, PS06-04, PS16-03, PS21-03, PS21-04, PS21-05 Doh, M. PS07-06 Döhner, H. PS04-02, S33-03, S33-05 Dölker, F. P091 Donath, C. P086 Donnerbauer, S. PS20-05
Behrens, J. PS09-05, PS23-03, S35-04
Bucholtz, N. S15-04
Beil, J. P063
Buhl, A. S21
Bender, S.-F. PS20-03
Bulgay, B. P091
Bennett, J. PS09-01
Bullinger, U. PS22-02
Benton, S. P108
Bureick, G. S22-02
Aleksandrowicz, P. PS20-04
Bereiter-Hahn, J. ES01-04, P004, PS24-04, PS24-05
Burger, M. P011, P012
Alisch, M. P091
Berendonk, C. S25-04, S39-03
Allmer, H. S37-04
Berger, K. S10-01, S10-04
Altemeyer, B. P108
Bergner, A. S20-05
Althaus, E. P087, PS02-04
Bernecker, K. P082
Amadori, K. P014
Berthold, H. K. S15-06
Amrhein, L. Sat01-02, PS07-03
C
Bertermann, B. P103
Aner, K. PS12-05
Carnein, M. PS21-04
E
Bertram, L. S15-02
Angermeyer, M. C. P049, P051, P068, P071, PS14-01
Cihlar, V. PS08-03
Berzlanovich, A. P092, S04-02, S04-03, S04-04
Eggeling, T. Sat02-03
Claßen, K. P064
Ehlers, A. S07-01
Anliker, M. S35-01
Besselmann, K. S22-04
Clemens, W. S05-04, S09-03
Ehreke, L. P057, PS14-01
Apelt, G. P094
Beutner, K. PS09-05
Conrad, I. P049, P050
Ehret, S. S39-04
Apfelbacher, C. PS10-04
Beyer, A. P030
Cramer, B. PS14-05
Eichberg, S. ES02-02
Arima, A. P023
Beyer-Kutzner, A. P079
Cuhls, K. P079, PS06-02
Eichenseer, B. P007, P086
Asam, W. ES03-01
Bickel, H. PS14-03
Czepek, J. S06-05
Eichhorn, M. PS11-03
Auburger, G. PS24-04, PS24-05
Bidlingmaier, M. S20-02
Cziborra, A.-L. P060
Eifflaender-Gorfer, S. PS14-01
Autenrieth, C. S20-03
Bieber, D. PS23-06
D
B
Bierwagen, S. S21-05
Dahmann, S. S18-02
Billen, W. P097
Daiber, S. PS11-03, PS11-04
Bischofberger, G. PS11-06
El-Zidy-Ibrahim, N. S15-01, S15-05, S15-06
Damkröger, A. S35-02
Blaser, R. PS02-04
Emeny, R. T. S20-02
Dapp, U. S08-03
Blessing-Kapelke, U. S19-01
Emmert, M. P020, PS04-03
DA-Study Team, S15-03
Block, J. P026
Engel, S. PS14-04, S18-04
Dätwyler, B. P056
Blüher, S. P041, PS09-04, PS19-05
Engelhard, H. P. S02-03
Blumenauer, H. PS23-04
Decker-Maruska, M. P009, PS16-01, S30-04
Engels, D. P055
Blum-Lehmann, S. S34-03
Deeken, I. P035
Bode, M. S24-03
Deindl, C. PS05-02
Boggatz, T. PS02-05
Deitermann, B. S37-05
Baron, S. P025
Böhnke, U. PS12-04
Deller, J. S17-01, S17-04
Bartholomeyczik, S. PS06-02, S22-02
Boll, T. PS22-03
Deneke, C. S32-02
Borchelt, M. PS16-05
Bartling, B. PS24-01
Borchers, A. S24-03
Dettbarn-Reggentin, J. P052, S36-04
Baumeister, S. S20-01
Borgloh, B. S04-05
Becker, C. IV04-02, P064, S19-04
Bott, J. M. P077
Becker, C. S35-03, S35-04
Brandenburg, H. S36-06
Becker, M.-L. S16-02
Brandt, M. PS05-02
Becker, S. PS18-03, S36-03, S39-02, S39-07
Brauer, K. S05-04, S09-03
Beckert, B. PS06-02
Brause, M. PS19-02
Behr, J. S20-05
Bredthauer, D. S04-05
Behrend, C. S09
Brenner, H. PS10-06
Adam-Paffrath, R. S36-06 Ahlsdorf, E. S13-02, S24-01 Alber, J. PS08-02 Albert, I. PS08-04 Albrecht, P.-G. PS12-01
Bachmann, C. PS14-01 Backes, G. M. Sat01-02, P076, PS2302, S05-04, S09-03 Bal, A. P083 Ballüer, K. P015 Baltes, B. P083 Bär, M. S39-05, S39-06 Baraulina, T. S28-02 Barchmann, F. S27-04 Baris, O. PS24-03
Braun, M. P038
Budnick, A. PS09-04, PS19-05
Burkhardt, H. P011, P012, P013
Dorbritz, J. S17-02 Döring, A. S20-01, S20-02, S20-03 Dörner, O. S23-02 Doumas, M. PS15-01 Dräger, D. P036, PS09-04, PS19-03, PS19-05, S08-02, S10-05 Driebold, S. P039, PS23-04
Busch, B. P031
Drobetz, R. P002, PS15-03, PS15-04, PS15-05
Busch, M. S10-02
Duisberg, M. PS12-02
Büsch, V. S17-03
Duwe, T. PS21-01 Dyck, W. PS12-03
Eisele, M. PS11-02, PS14-01
Dettmer-Flügge, A. P016, P017, P018 Dieckmann, F. S21-01 Diederichs, C. S10-01, S10-04 Diehl, M. KV02
Ellert, S. P036, PS19-03
Engstler, H. PS17-02 Erdmann, B. S27-01 Erlemeier, N. P022 Erler, D. PS09-03 Ernert, A. S10-02 Ernst, A. PS06-03, PS23-05 Ernst, B. PS10-02 Ernst, K. S20-05 Esch, F.-J. P039 Esslinger, A. S. P020, PS04-03, PS21-01 Euskirchen, J. S37-04
Dikken, J. P045
F
Dirb, C. P076
Fachinger, U. S27-02
Dittmar, M. P005, PS10-01 Dittrich, D. A. V. S17-03
Falk, K. PS03-06, S05-03, S32-01 Falkenstein, M. S12-05
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
| 139
Autorenregister Fankhauser, S. PS06-06, PS15-04
Grass-Kapanke, B. S18-03
Herrlich, P. ES01-03
Jenull, B. P028, P037, PS18-04
Feldkötter, A.-L. P060
Greve, W. P006
Herrmann, W. PS11-05, PS17-05
Jessen, F. PS14-01
Ferrara, P. S14-03
Griffith, L. S. P010
Hertzsch, C. P003
Jopp, D. PS13-02, PS22-02
Ferring, D. PS08-04, PS22-03
Grill, E. S20-01, S20-04
Herzog, W. PS10-06
Jörres, R. A. S20-05
Fichtmüller, U. M. S02-02
Gronemeyer, R. IV03-04
Heß, M. P045, PS08-02
Jung, M. PS04-03
Fischer, E. PS10-02
Gröppel-Klein, A. S29-06
Heusel, C. P064, PS18-01, PS18-02
Jürges, H. PS08-06
Fischer, T. PS23-01, S22-05
Grosse, T. S38
Fleischer, S. PS09-05, PS23-03
Grune, T. IV03-01
Heusinger, J. ES03-02, S32-01, S37-03
K
Flick, U. PS17-05, S10-03, S10-06
Grüttner, J. P013
Heyl, V. PS15-02
Kada, O. P027, P028
Förstel, H. S18
Guenter, M. P010
Hildebrand, J. S24-03
Kaduszkiewicz, H. P072, PS11-02
Forstmeier, S. PS06-05, PS06-06, PS14-06, PS15-03, PS15-04, PS1505, S33-02
Gula, B. P037
Himmelsbach, I. P039, PS18-02, S23
Kaiser, C. S28-04
Hinze, A. PS24-02
Kalbermatten, U. PS02-04
Hirsch, R. D. P022
H
Kalinowski, S. P036, PS19-03
Hoben, M. S35-03, S35-04, S39-05
Kammerer, K. S32-01
Haas, B. S07-02
Hochheim, E. P046
Kappes, C. P006
Haesner, M. S14-04
Hoedt-Schmidt, S. S38-02
Karner, S. S04-05
Hagiwara, S. P023
Hoevels, R. P095
Karrasch, S. S20-03, S20-05
Hahmann, J. PS17-04
Hoffmann, E. PS13-04
Hahn, C. P060
Hoffmann, K. S15-04, S15-05
Kaspar, R. PS18-02, PS18-03, S3902, S39-07
Hahn, M. S12-02
Hoffmann, K. P093
Kehrer, E. S38-03
Halek, M. S22-02
Hoffmann, V. S08-03
Keller, S. P013
Hallwirth-Spörk, C. P002
Hofmann, H.-S. PS24-01
Kessler, E.-M. P075
Hamers, J. S04-01
Hofreuter-Gätgens, K. S37-01
Kilian, R. P049
Hämmerer, D. S12-01
Hofrichter, N. S18-02
Kirchberger, I. S20-06
G
Hänggi, J. PS15-04
Holenstein, H. S34-05
Kirchen-Peters, S. PS11-01
Gajewski, P. S12-04
Hank, K. PS08-06
Holle, R. S20-06
Klapper, A. P047
Hannich, H.-J. S16-01, S16-02, S1603, S16-04
Holt, S. S08-03
Klauber, J. PS06-04
Holzhausen, M. PS22-01, S10-02
Hannig, C. P044
Horn, A. PS19-02, S25
Klie, T. Sat01-07, IV03-03, S04-05, S26-04, S36-01
Hardenacke, D. S22-02
Hornung, R. P038
Kliegel, M. IV04-01
Hartmann, A. P008
Howe, J. S12-03
Klietz, H. S09-04
Hartmann, H. S02-04
Hoy, L. P015
Klinkenberg, M. PS24-04, PS24-05
Hartogh, T. S38-04
Huber, R. M. S20-05
Klinkhammer, J. S06
Hasford, J. S08-03
Hülsken-Giesler, M. PS01-05
Kluge, C. PS19-06
Hasseler, M. S32-02
Hummers-Pradier, E. S37-05
Knee, R. S22-02
Hastedt, I. S02-03
Hürny, C. PS11-06
Kneib, C. P007
Haut, A. P019
Hüsing, B. P079, PS06-02
Knopf, H. S10-02
Haverkamp, W. S15-01
Huxhold, O. P061, PS17-02, S01-01, S01-02
Koch, U. P067
Francisci, N. P028 Franke, A. S13-01, S17-05, S31-01, P103 Freiberger, E. S19-03 Freitag, S. P044 Frerichs, F. PS20-06 Freude, G. S12-05 Fröba, S. P091 Froböse, I. S37-04 Fuchs, A. PS14-01 Fuchs, J. S10-02 Fuchs-Frohnhofen, P. PS12-02
Garms-Homolová, V. P094, S10-03, S10-06 Gatti, S. PS02-02 Geiger, M. PS23-06 Gellert, P. ES02-01, PS08-05 Georgieff, P. P079 Gerber, M. S34-04 Gerlach, A. P019 Gerlach, F. P010 Geyer, S. PS11-03, PS11-04 Giovis, C. S21-01 Gispert, S. PS24-04 Glaeske, G. PS11-02 Glaesmer, H. P068 Glodny, S. S25-01
Günster, C. PS06-04 Gutzmann, H. S22-03
Hedtke-Becker, A. P095 Heidenblut, S. P054 Heier, M. S20-03
I
Köhler, L. S07-03
Isfort, M. PS12-02
Kohls, N. P092, S04-02, S04-03, S04-04
Heinz, A. S18-02, S22-03, P082
Golgert, S. S08-03
Heinze, C. P090
Gorzelniak, L. S20-03
Heinze, R. KV03
J
Göschel, A. Sat01-06
Heitlinger, S. A. S34-02
Gövercin, M. S14-04
Heller, M. PS10-01
Jahncke-Latteck, Ä.-D. PS06-03, PS23-05
Graefe, S. P046, S23-01
Hellmers, S. P006
Janig, H. P028
Graimann, B. S14-03
Hellweg, R. S18-02
Jansen, S. C. P021
Grande, G. PS19-06
Hensel, A. P051, P073
Jelitte, M. PS10-02
Granzin, U. PS09-06, S07-02
Hermann, M.-L. PS07-05
Gräske, J. PS23-01
Herold-Majumdar, A. P092, S04-02, S04-03, S04-04
Jendrach, M. P004, PS24-04, PS24-05
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
Kohler, S. S31-04 Köhler, K. S07-04
Gold, C. PS03-01
140 |
Kohlbacher, F. P023
Iller, C. S06
Heim, S. S37-05
Gräßel, E. P007, P086
Koeppe, C. S21-02
Icks, A. S19-02
Gogol, M. ES04-01, P015, P016, P017, P018
Heinrich, S. P073, PS09-05
Kaiser, P. PS05-03
Ißelburg, A. P082
Jenewein, R. P008
Kolland, F. S03-02 Koller, D. PS11-02 Köller, R. P055 Kölzsch, M. P036, PS19-03, S08-02 Koniecny, C. PS18-01 König, H.-H. P057, P068, P069, P070, P071, P073, P074, PS09-05, PS14-01, PS14-03 Kopke, K. P036, PS19-03, S10-05 Köpke, S. P019
Autorenregister Kopp, B. S12-03
Lekkos, K. P016, P018
Maxin, L. S17-01, S17-04
Neumann, E.-M. S27-04
Kornadt, A. E. P046, PS07-01
Leppert, K. P046
May, M. P091
Neumann, L. S08-03
Köster, D. S03-02
Lerch, M. P009, PS16-01
Mayer, H. S22-02
Neumeyer, C. S35-03
Kovacevic, M. P091
Leser, M. S26
Mayeres, M. S35-03
Nickel, A. S37-05
Kraft, M. S07-03
Lessenich, S. ES02-03, P046, S23-01
Mechling, H. ES02-02
Niehoff, D. PS10-06
Krammer, S. P101
Leutgeb, I. P028
Niemann-Mirmehdi, M. P082
Krampe, R. T. PS15-01
Leve, V. S03-03, S07-04
Meierkord-Palme, D. S15-01, S15-04
Krauth, C. S37-05
Li, S.-C. S12-01, S15-03
Meisinger, C. S20-06
Nöbel, I. PS19-04
Kreft, D. P034, PS21-05
Liebich, M. S22-01
Menning, S. PS17-01
Nordheim, J. S22-01, S22-05
Krettek, C. P015
Likar, R. P028
Menzen, K.-H. P001
Nowak, D. S20-05
Kreutz, R. P036, PS19-03, S08-02, S10-05
Lindenberger, U. P040, P058, S0104, S12-01
Metrailler, M. PS02-04
Nowossadeck, E. PS16-06, PS17-01
Kricheldorff, C. ES03-04
Lindmeier, B. P089
Metzler, K. P039
O
Kröger, K. S27-01
Lindner, R. P022
Meye, S. S22-05
Oermann, L. P089
Kropp, P. PS08-01
Lindpaintner, L. S. S30-02
Meyer, G. P019, PS16-04
Olbermann, E. S37-02
Kruse, A. IV04-05, PS18-03, S29-01, S39-01, S39-02, S39-05, S39-07
Linhart, M. PS14-02
Meyer, S. PS09-03
Olbrich, D. PS14-01
Lis, K. P081
Meyer, S. PS23-01
Olbrich, D. P005
Kruse, J. P010
Litaker, D. P093, PS10-04
Michaelis, H. PS03-04
Oppikofer, S. S33-04
Krutmann. J. ES01-05
Loepthien, T. S24-02
Micheel, F. PS21-02, S17-02
Kryspin-Exner, I. P002
Loerbroks, A. P093, PS10-04
Mickley, F. P008
Kubenz, S. S15-01, S15-04
Löhken-Mehring, G. S21-04
Milewski, N. PS21-03, PS21-04
Oswald, F. IV04-04, P039, P064, PS18-01, PS18-02, PS17-03, PS2205, S13
Kuck, J. S10-03
Lottes, J. S17-06
Mnich, E. S37-01
Kühl, K.-P. P047
Lottmann, R. PS07-02
Modreker, M. S08-03
Kuhlmey, A. P094, S32
Luck, T. P051
Möhler, R. PS16-04
Kuhn, C. S36-02
Moisl, D. S07-03
P
Moor, C. S33-02
Pannasch, A. S22-05
Külbel, K. S15-06
Luck, T. P068, P069, P070, P071, P072, P073, P074, PS09-05, PS14-01
Panke-Kochinke B. P102
Kult, J. PS10-05
Lucke, C. PS07-04
Moreno, J. S14-01, S14-02
Panzica, M. P015
Kummer, K. PS09-04, PS19-05
Lucke, M. PS07-04
Mortby, M. PS06-05
Pattloch, D. P077, PS13-03
Kümmerling, A. S31-03
Lüdecke, D. S33-03, S33-05
Moskiou, V. S15-05, S15-06
Luppa, M. P051, P057, P068, P069, P070, P071, P072, P073, P074, PS06-06, PS14-01, PS14-03
Patzelt, C. S37-05
Kümpers, S. PS03-06, PS19-01, S05-03, S32-01
Motel-Klingebiel, A. PS20-02, S05-01 Mühlhauser, I. P019
Penz, H. P027
Müller, B. PS08-01
Perrig-Chiello, P.-C. IV02-01
Lüttje, D. ES04-04
Müller, E. P037
Peters, A. S20-03, S20-05
Kurth, B.-M. IV01-01
M
Müller, F. P086
Peters, B. S10-02
Müller, H. PS10-06
Kurz, A. PS14-05
Pfeiffer, B. P028
Maeck, L. S33-01
Müller, M. S20-04
Philipp-Metzen, H. E. P054
Maercker, A. PS06-05, PS06-06, PS14-06, PS15-03, PS15-04, PS15-05
Müller, V. S12-01
Pilgrim, R.-R. P084, S11-02
Müller-Ebner, H. S26-03
Pinter, G. P028
Müller-Mundt, G. S25-02 Muster, B. P004
Plischke, H. P092, S04-02, S04-03, S04-04
Mylaeus-Renggli, M. S35-05
Pokora, A. P093
Kühnert, S. S02-01, S21
Kumpfmüller, M. PS14-02 Künemund, H. S28 Künzel, A. PS02-06
Kuzma, E. P065 Kynast, A. P099
L
Luttenberger, K. P086
Mahlberg, R. PS14-04
Métrailler, M. L. D. S. E. P087
Nittel, D. S23-03
Otto, C. PS04-04, PS04-05 Otto, U. ES03-03, P046, P095, P096, S23
Pentzek, M. PS14-01, PS14-03
Laabdallaoui, N. P091
Mahne, K. PS05-01
Lacour, S. P088
Mai, S. P004, PS24-04, PS24-05
Lacruz, M. E. S20-02
Maier, W. P072, PS14-01, PS14-03
N
Ladwig, K.-H. S20-02
Mally, K. PS10-01
Naderer, R. S14-03
Lahmann, N. PS10-03, S10-06
Manning, B. P108
Naderi, R. PS21-02
Lämmler, G. S15-04
Maretzke, S. S27-03
Landendörfer, P. PS17-06
Martin, M. P038, S33-02
Naegele, G. ES02-03, S03-03, S37-02, P103
Lang, F. R. P030, PS18-05, S18-04, S29-02
Martus, P. PS22-01, S10-02
Nagel, J. P039
Q
Naumann, D. PS20-02
Laurischk, S. Sat01-01
Marx, C. P043
Quack, E. P007
Marzluff, S. Sat01-07
Navarrete Santos, A. P003
Mascherek, A. S01-05
Neal, M. B. S17-06
R
Neubart, R. P084, S11-01, S30-01
Radisch, J. S37-05
Leipold, B. P060, S24-02, S24-03
Matschinger, H. P049, P050, P068, P070, P073, P074
Neuhaus, J. PS24-03
Leist, A. K. PS08-04
Maurer, A. PS18-01, PS18-02
Neuhauser, H. S10-01
Randzio, O. P092, S04-02, S04-03, S04-04
Lechner, S. PS10-06 Lehfeld, H. S18-01
Pons, J. L. S14-01, S14-02 Pospiech, S. PS03-01 Preschl, B. PS14-06 Prieler, M. P023 Püllen, R. P014
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
| 141
Autorenregister Ranga, M.-M. S03-02
Schäper, S. P042
Scileppi, K. S15-01, S15-04
Sussujew, S. PS21-03
Rapp, I. S06-02
Schapkin, S. S12-05
Seibt, G. PS04-01
Szydlik, M. PS05-04, PS05-05
Rapp, M. PS15-01, S18-02, S22-03, P082
Scheidt-Nave, C. PS22-01, S10-02
Seidl, H. S20-06
Schellenbach, M. P058
Seifert, A. P080
T
Rauh, E. PS11-04
Schelling, H. R. P080
Seither, C. PS09-04
Tabert, I. P018
Raum, E. PS10-06
Schiele, G. PS02-01
Selinger, Y. PS23-03, S35-04
Talasz, H. P021
Razum, O. S25-01
Sengpiel, M. PS01-06
Targan, K. S35-04
Reggentin, H. P053
Schilling, O. PS18-01, PS15-02, PS22-05, S01-03
Sesselmann, Y. PS09-05
Teising, M. P022
Reichel, C. S24-03
Schippmann, N. P089
Sieber, C. C. IV03-02, ES04-03
Tepperwien, S. P077
Reichert, M. ES02-02, S07-01, S31-02
Schmid, M. P007
Siegel, N.-R. ES04-05
Schmidt, B.-O. P029
Reidick, O. PS22-05
Silber, R.-E. P003, PS24-01
Schmidt, D. P016, P017, P018
Remmers, H. PS01-05, S29-04
Simitis, S. IV02-03
Tesch-Römer, C. P033, P043, P061, PS13-01, S01-01, S01-02, S08-04, S29-05
Schmidt, S. P044
Renteln-Kruse, W. S08-01, S08-03
Schmidt, R. Sat01-05
Simm, A. IV04-03, Sat02-01, P003, PS24-01
Richter, A. S16-03
Schmidt-Barzynski, W. PS16-02
Simm, F. P003
Riecken, A. P089
Schmiedek, F. P040, S01-04
Simonson, J. S09-01
Riedel, M. PS09-01
Schmieder, L. P060
Siuda, A. PS17-04
Riedel-Heller, S. G. P049, P050, P051, P057, P068, P069, P070, P071, P072, P073, P074, PS06-06, PS09-05, PS14-01, PS14-03
Schmiemann, G. S37-05
Slotta-Bachmayr, B. P002
Schmitt, M. S03-03, S13-01
Smolders, C. PS15-01
Schnalzer, K. P079
Soellner, R. P082
Riediger, M. S01-04
Schneider, A. PS22-01
Sohst, A. PS24-01
Risse, T. S22-04
Schneider, B. P022
Söthe-Röck, A. S24-04, S38-01
Rittersberger-Tilic, H. S28-02
Schneiders, K. PS02-03
Sperling, U. P022, PS22-06
Roehnsch, G. S10-06
Schneider-Schelte, H. PS03-05
Spira, D. S15-01, S15-05, S15-06
Roling, G. PS09-05
Schniering, S. PS23-05
Stanek, S. S25-04
Romeu-Gordo, L. PS20-02
Schoklitsch, A. PS22-04
Stanjek, P. S21-03
Romppel, M. PS19-06
Schöllgen, I. PS13-01, S01-01
Stärck, B. P085
Roth, G. S35-02, S35-03
Scholz, U. P038
Stecker, C. S09-02
Rothermund, K. P046, PS07-01
Schön, G. PS11-02
Rothgang, H. S35-02, S35-03
Schönemann-Gieck, P. S07-02
Stein, J. P051, P068, P069, P070, P072, P073, P074, PS14-03
Rott, C. PS08-03, PS13-02, PS22-02
Schorro, E. P100
Stein, M. Sat01-03
Rückert, W. S36
Schramek, R. S03-01
Steinberg, J. P034
Rückschloss, U. Sat02-02
Schramm, U. PS06-03, PS23-05
Steiner, S. P002
Rudolph, C. P083
Schröder, J. S06
Steinfurt, J. S03-04
van den Bussche, H. P072, PS06-03, PS11-02, PS14-01, PS14-03, PS23-05
Rudolph, K. L. KV01, ES01-02
Schubert, M. PS23-03
Ruedin, D. P100
Schuett, N. S27-01
Steinhagen-Thiessen, E. S15-01, S15-04, S15-05, S15-06
Verschure, P. S14-05
Ruhnke, H. S24-03
Schuhmacher, B. S04-05, S36-05
Steinhusen, C. P054
Villringer, A. P057, P070, P071
Ruppe, G. PS19-01
Schüller, S. P042
Stelling, C. PS03-03
Vogel, C. S05-01, S28-01
Rupprecht, R. PS18-05, PS14-04, S18-04
Schulte, B. S26-01
Stemmer, R. P007, P086
Vogel, H. PS10-02
Stiens, G. S33-01
Vollmar, H. C. P079, PS06-02
Ruths, S. PS11-05
Schulz, H. S20-05
Stiller, A. S27-05
von dem Knesebeck, O. S37-01
Ryser, L. PS01-02
Schulz, J. S16-04
Stöber, C. PS01-04
S
Schulz, R.-J. ES04-06
von Laufenberg Beermann, A. P088
Sahyazici, F. P061 Sallmon, S. S05-02
Schulz, A. PS06-04
Schulze, T. S18-02 Schulze, U. PS23-04
Stock, C. M. PS10-04
Teti, A. P041 Teves, N. PS01-03 Theile, G. S37-05 Theiss, K. S10-06 Thiele, J. P008 Thiem, U. S10-04 Thiemann, A. PS01-01 Thiesemann, R. ES04-02 Thöne-Otto, A. PS14-05 Thorand, B. S20-01 Thürmann, P. S08-03 Tippelt, R. Sat01-04 Töpper, A. S15-01 Treusch, Y. S22-03 Troeger-Weiß, G. PS17-06 Trommer, K. S09-05 Tyll, S. S11-03
V Vahrenhorst, V. P084
van Dyk, S. ES02-03, P046, S23-01
Stöcker, G. S30-03
von Zglinicki, T. ES01-01
Stolle, C. S35-02, S35-03
Voß, E. PS17-03
Stolzing, A. PS24-02
Vosseler, B. S11-04
Sattler, C. PS22-06, S06-03
Schüz, B. P043, S01-02, S08-04, S32-03
Sauer, A. PS11-06
Schwab, M. PS10-02
Strauß, B. P046
W
Sauer, S. S04-02, S04-03
Schwarze, T. PS09-01
Strauß, K. P044
Wächtler, C. P022
Schaan, B. PS08-06
Schwarzer, C. P031
Strecker, V. P004
Wagner, B. PS14-06
Schacke, C. P054
Strobl, R. S20-04
Wagner, G. G. S01-04
Schaefer, S. P058
Schwarzer, R. IV01-03, S08-04, S32-03
Strotzka, S. P002
Wagner, M. PS14-01
Schaeffer, D. PS19-02, S25-02
Schwender, C. P075
Strumpen, S. S28-03
Schäffer, B. S23-02
Schwenk, B. PS11-06
Strupeit, S. S32-02
Schaller, S. P022
Schwieger, A. L. P098
Stumpp, G. P095
Wahl, H.-W. IV04-04, P064, PS18-01, PS18-02, PS15-02, PS17-03, PS2205, S29-01
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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
Stoppe, G. IV01-04, S29-03, S33-01
Wallmann, B. S37-04
Autorenregister Walschek, R. S37-04
Wipking, C. S12-04
Walter, U. S37-05
Wiskott, J. S10-02
Wappenschmidt-Krommus, E. PS12-02
Wolf, S. P025
Warner, L. M. P043, S08-04, S32-03
Wolff, J. P040
Wartzack, S. PS01-04
Wolfinger, M. PS23-02
Wasel, W. PS03-02 Weber, J. S07-02
Wolf-Ostermann, K. PS23-01, S22-05
Wedler, H. P022
Wolter, B. S37-03
Weeg, D. PS14-01
Woollacott, M. P058
Wegscheider, K. PS11-02
Worch, A. PS23-01, S22-05
Wehkamp, K.-H. IV02-02
Wozniak, D. PS13-02
Weidekamp-Maicher, M. PS18-06, P103
Wrobel, N. PS16-05
Weigel, R. PS12-03
Wulff, I. P036, PS19-03, S22-05
Weinz, S. P033
Wurm, S. P033, P043, PS13-01, S01-02, S08-04, S32-03
Wendelstein, B. PS22-06, S06-04 Werheid, K. P025, P047, PS14-05
Wolf, S. P077
Wulf, M. S13-03
Wesche, D. PS10-06
Y
Wessel, K. S12-03
Yilmaz-Aslan, Y. S25-01
Westphal, C. PS16-03
Z
Wettstein, M. P066, PS17-03 Weyerer, S. P069, PS14-01, PS14-03 Wider, D. S26-02 Wienberg, J. P032, S06-01 Wiese, B. P072, PS11-02, PS14-01, PS14-03 Wiesmann, U. S16-01, S16-02, S16-03, S16-04 Wiesner, R. PS24-03 Wiest, M. S01-02 Wild, B. PS10-06 Wild-Wall, N. S12-02 Wilkes, B. S32-04 Wilm, S. PS06-02, S22-02 Windheuser, J. P089 Wingenfeld, K. S25-03
Zabel, U. PS21-06 Zander, L. P082 Zander, M. PS09-02, S05 Zank, S. P054 Ziegelmann, J. P. ES02-01, PS08-05, S08-04, S32-03 Ziegler, M. P047 Ziegler, U. P034, PS06-01 Zimmer, B. S03-03, S07-04 Zimmermann, A.-K. S20-01 Zimmermann, G. S35-03 Zimmermann, M. S35-04 Zimmermann, R. S34-01 Zimprich, D. S01-06 Zuber, F. P062
Winkler, S. P077
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie · Supplement 1 · 2010
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