Sven Schwarz, Gilad Riedl, Miroslav Ures
Innerbetriebliches Innovationsmanagement als Prozess Gestaltung, Toolunterstützung und Erkenntnisse Die größte Innovationskraft in Unternehmen liegt heute nicht mehr im Bereich der Forschung und Entwicklung. Es sind das Wissen und die Expertise aller Mitarbeiter eines Unternehmens, die die Basis für Innovationen liefern. Die richtige und gezielte Einbindung der Mitarbeiter stellt hierbei den wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Zu diesem Zweck wurde mit einer Organisationseinheit der Siemens AG ein innerbetrieblicher Innovationsprozess entwickelt. Im vorliegenden Beitrag wird dieser Prozess vorgestellt. Darüber hinaus wird eine Toolunterstützung dargestellt, die einen effektiven und effizienten Einsatz des Prozesses sicherstellt. Neben dem fachlichen Konzept dieser Toolunterstützung werden abschließend Erkenntnisse aus dem praktischen Einsatz der Anwendung skizziert.
Inhaltsübersicht 1 Innerbetriebliches Innovationsmanagement 2 Innovationsprozess 3 Design des Innovationsprozesses bei der Siemens AG I IA CE ITS 3.1 Explorationsphase 3.2 Produktionsvorbereitungsphase 3.3 Realisierungsphase 4 Toolunterstützung 4.1 Benutzerrollen 4.2 Softwarearchitektur 4.3 Anwendungsfälle 5 Erkenntnisse aus der Praxis 6 Literatur
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement
Innovationen sind notwendig, um den langfristigen Erfolg eines Unternehmens zu gewährleisten. Durch sich ständig ändernde Wettbe-
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werbsbedingungen und die damit verbundenen Wandlungen im Wettbewerbsumfeld werden Innovationen für Unternehmen immer wichtiger und notwendig. In diesem Zusammenhang kommt dem Umgang mit Innovationen – dem Innovationsmanagement – eine wachsende Bedeutung zu. Beim innerbetrieblichen Innovationsmanagement handelt es sich um einen abteilungsübergreifenden Ansatz innerhalb bestehender Unternehmensgrenzen. Hierbei sollen Ideen systematisch erfasst, bewertet, weiterentwickelt, umgesetzt und kontrolliert werden. Es wird davon ausgegangen, dass das unternehmensinterne, domänenspezifische Wissen der Mitarbeiter die optimalen Voraussetzungen zum Innovieren bietet. Es kann nicht sichergestellt werden, dass unternehmensextern Ideen mit ausreichender Qualität verfügbar sind [Herzog 2008, S. 19]. Zusätzlich birgt das innerbetriebliche Innovationsmanagement die Möglichkeit, das Wissen zu halten und auszubauen, ohne wesentliche Bestandteile extern preiszugeben.
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Innovationsprozess
Das Innovationsmanagement zielt darauf ab, Ideen zu verwerten. Hierzu ist dem Innovationsmanagement ein klarer, strukturierter Prozess zugrunde zu legen. In der Literatur gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Innovationsprozesse, eine Übersicht findet sich bei [Verworn & Herstatt 2000, S. 2 ff.]. Unternehmen orientieren sich an den generischen Modellen der Innovationsprozesse, entwickeln daraus jedoch ihre eigenen Prozesse. Dies ist einerseits notwendig wegen der unterschiedlichen Anforderungen in unterschiedlichen wirtschaftlichen Sektoren,
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement andererseits aber auch aufgrund unterschiedlicher interner Strukturen. Die Vielzahl von Ideen, die zu Beginn in einen solchen Innovationsprozess eingebracht werden, muss stufenweise reduziert werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass zum Schluss eine Konzentration der Ressourcen auf potenzialreiche Ideen erfolgt [Cooper 1988, S. 241 f.]. Aufgabe des Innovationsprozesses ist es, Ideen unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen zeitgerecht umzusetzen [Vahs & Burmester 2002, S. 134]. Hierzu muss ein Innovationsprozess im Kern zwei Anforderungen erfüllen. Neben der Auswahl Erfolg versprechender Ideen muss der Innovationsprozess auch dafür Sorge tragen, dass Ideen gezielt weiterentwickelt werden und so ihre Umsetzungsreife erlangen. Innerhalb der Weiterentwicklung muss sichergestellt werden, dass die Anreicherung der Idee derart erfolgt, dass das volle Potenzial der Idee gehoben wird. An dieser Stelle spielt die Verknüpfung des Innovationsmanagements mit einem standardisierten Prozess eine wichtige Rolle.
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Design des Innovationsprozesses bei der Siemens AG I IA CE ITS
Zur effektiven und effizienten Unterstützung des Innovationsmanagements im industriellen Umfeld der Siemens AG I IA CE ITS1 entstand das in
diesem Beitrag vorgestellte Konzept. Es besteht grundsätzlich aus neun aufeinanderfolgenden Schritten (vgl. Abb. 1), die in drei Phasen gegliedert sind: Exploration, Produktionsvorbereitung und Realisierung. Die Explorationsphase dient neben der Ideenfindung und -priorisierung auch dazu, mittels geeigneter Prüfmethoden die technische und wirtschaftliche Machbarkeit zu evaluieren. Eine erfolgreiche Machbarkeitsstudie führt zur Übergabe der Idee an ein Projektteam, das in der Produktionsvorbereitungsphase ein Konzept der späteren Lösung realisiert. Aufbauend auf das Lösungskonzept ist dann eine erste Projektplanung durchzuführen. Diese ist abschließend in Form einer konkreten Einführungsplanung zu verfeinern. Die Einführungsplanung liefert erneut Kenntnisse über benötigte Ressourcen und Nutzenpotenziale. Diese bilden die Basis für eine neue Entscheidung über »stop or go«. Eine Weiterverfolgung führt schließlich zur Realisierungsphase. Hier spielt neben der technischen Umsetzung der Lösung die Einführung eine wesentliche Rolle. Mit Abschluss dieser Aktivitäten ist eine laufende Erfolgskontrolle durchzuführen, die den Lösungserfolg und -fortschritt überwacht. 1. Siemens AG I IA CE ITS ist die Abkürzung für Siemens AG – Sector: Industry – Division: Industry Automation – Business Unit: Control Components and Systems Engineering – Business Segment: Information and Translation Services.
Operatives Innovationsmanagement (I)
Exploration (IE)
Produktionsvorbereitung (IP)
Realisierung (IR)
Ideenfindung (IE1)
Konzept (IP1)
Umsetzung (IR1)
Ideenpriorisierung (IE2)
Projektplanung (IP2)
Einführung (IR2)
Machbarkeitsstudie (IE3)
Einführungsplanung (IP3)
Erfolgskontrolle (IR3)
Abb. 1: Industrieller Innovationsprozess der Siemens AG I IA CE ITS
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement
3.1 Explorationsphase Zur Generierung von Ideen lassen sich grundsätzlich zwei Wege identifizieren [Wahren 2004, S. 29 f.]: eine probleminduzierte Vorgehensweise und eine strategisch-proaktive. Erstgenannte baut darauf auf, dass die Generierung von Innovationen durch vorhandene Probleme veranlasst wird. Sofern ein Problem identifiziert ist, ist anhand gängiger Problemlösungsmethoden wie der TRIZ-Methode (TRIZ – russisches Akronym für Theorie des erfinderischen Problemlösens) oder des Mindmappings eine prozessorientierte Problemlösung möglich. Der hierzu nötige Schritt, die Problemidentifikation, kann ebenfalls systematisch angegangen werden. Da für Innovationen aber nicht immer Probleme vorhanden sein müssen, konzentriert sich der erste Schritt des vorliegenden Innovationsprozesses auf die strategisch-proaktive Ideenfindung, unabhängig, ob diese probleminduziert oder frei erfolgt. Bei dieser Vorgehensweise bilden eine definierte Innovationsstrategie sowie klare Innovationsziele die Grundlage. Hierauf aufbauend werden notwendige Res-
sourcen zur Generierung von Innovationen aus diversen Quellen bereitgestellt. Abbildung 2 veranschaulicht Quellen für Ideen im industriellen Bereich, die von der Siemens AG I IA CE ITS genutzt werden. Die Quellen sind hierbei hinsichtlich zweier Dimensionen klassifiziert. Eine Dimension ordnet die Ideen danach ein, ob die Quellen außerhalb oder innerhalb des Unternehmens liegen. Die zweite Dimension unterscheidet die Aktivität der Quellennutzung in aktiv und passiv. Unter aktiv wird hierbei eine durch das Unternehmen angestoßene Nutzung von Quellen zur Ideengenerierung verstanden. Für passiv genutzte Quellen muss das Unternehmen meist eine Infrastruktur bereitstellen, hat jedoch keinen direkten Einfluss auf die Ideengenerierung. Eine oft ungenutzte Quelle zur Identifikation von Innovationen stellen beispielsweise Beschwerden oder Reklamationen dar [Haeske 2001, S. 20]. Aber auch die internen, aktiv angegangenen Ideenworkshops können einen Beitrag zu diesem Prozessschritt leisten. Nach erfolgreicher Ideenfindung und -sammlung ist
Messen
extern
Literaturrecherche Internetrecherche
Lieferantenbefragungen Tagungen T gen Kundenbefragungen Vorträge äge wissenschaftliche e Arbeiten
intern
Beschwerden/ Reklamationen Kundenanfragen
Hinweise von Partnern
Ideenspeicher Ideenworkshops
aktiv
Vorschlagswesen
passiv
Abb. 2: Potenzielle Quellen für Ideen im industriellen Bereich
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement Im Anschluss an die Projektplanung ist die Einführungsplanung durchzuführen. Hierbei sind mit dem Einführungskonzept auf der Vertriebsseite und dem Produktionskonzept auf der Produktionsseite zwei Konzepte zu erarbeiten (vgl. Abb. 3). Das Einführungskonzept beinhaltet zwei wesentliche Aspekte: zum einen die zielorientierte Einführungsplanung und zum anderen die Preisgestaltung. Für das Lösungskonzept lassen sich ebenfalls zwei Kernpunkte identifizieren: die Ressourcenplanung sowie die Sicherstellung der benötigten Fähigkeiten. Die Produktionsvorbereitung endet schließlich mit der Freigabe des Einführungs- und Produktionskonzepts durch den Leitkreis. Mit dieser Freigabe wird das Projekt in die Realisierungsphase übergeben. Einführungskonzept
Vertrieb
eine Ideenpriorisierung durchzuführen. Im vorliegenden Fall werden Ideen in drei Kategorien eingeteilt. Ideen der ersten Kategorie werden direkt weiterverfolgt, wohingegen die Ideen der zweiten Kategorie gespeichert werden, um evtl. später erneut aufgegriffen werden zu können. Ideen der Kategorie drei werden verworfen. Zu dieser Priorisierung ist eine klare Kommunikation der Auswahlkriterien nötig. Andernfalls drohen Manipulation, politische Grabenkämpfe oder Demotivation [Stern & Jaberg 2007, S. 179]. Ideen, die direkt weiterverfolgt werden, gelangen anschließend in den letzten Schritt der Explorationsphase, die Machbarkeitsstudie. Innerhalb der Machbarkeitsstudie wird eine Vorentwicklung durchgeführt, die einen ersten Konzepttest erlaubt. Für Ideen, die diesen Test erfolgreich bestanden haben, wird anschließend ein Finanzierungskonzept erstellt. Von diesem ist es abhängig, ob eine Budgetfreigabe für die anschließende Produktionsvorbereitung erfolgt.
Einführungsroadmap
Preiskonzept
Die Budgetfreigabe zur Produktionsvorbereitung stellt bei der betrachteten Organisationseinheit der Siemens AG die Übergabe des vorentwickelten Konzepts an ein Projektteam dar. Dieses verfeinert dann das Konzept und erstellt eine klare Lösungsdefinition. Basierend auf dieser Definition sind intern und extern orientierte Nutzenargumente abzuleiten. Externe Nutzenargumente sind Nutzenpotenziale, die dem Kunden durch die Lösung eröffnet werden. Interne Nutzenargumente müssen im Einklang mit den Unternehmenszielen stehen. Auf diese Weise wird der strategische Fit der Lösung mit dem Unternehmen bzw. der Einheit sichergestellt. Dieser Fit bildet die Voraussetzung zur Erstellung des Projektplans für das Konzept. Neben der eindeutigen Festlegung von Budgets, Meilensteinen und Arbeitspaketen ist hier auch die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten durchzuführen. Diese frühe Phase des Projekts ist erfolgsentscheidend [Holzbauer 2007, S. 192].
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Produktion
3.2 Produktionsvorbereitungsphase Produktionskonzept Ressourcenplan
Fähigkeitsbedarfsplan
Abb. 3: Bestandteile und Ergebnistypen der Einführungsplanung
3.3 Realisierungsphase Die abschließende Realisierungsphase des Innovationsprozesses der Siemens AG I IA CE ITS unterscheidet sich kaum von herkömmlichen Prozessen der Lösungsrealisierung. Aus diesem Grund soll auf eine detaillierte Betrachtung an dieser Stelle verzichtet werden. Das in der vorherigen Phase gestartete Projekt wird in einem ersten Schritt technisch umgesetzt. Anschließend wird die Lösungseinführung entsprechend dem Einführungskonzept durchgeführt. Der letzte Schritt, die Erfolgskontrolle, ist ein Controlling-Thema, bei dem die Istwerte der
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement innovativen Lösung mit den zuvor erstellten Planwerten verglichen werden. Hieraus lässt sich die Wirtschaftlichkeit der Lösung erkennen. Durch den Plan-Ist-Vergleich können aber auch Implikationen für zukünftige Innovationsprojekte abgeleitet werden.
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Toolunterstützung
Im Rahmen des Projekts bei der Siemens AG I IA CE ITS wurde zur Unterstützung des Innovationsprozesses eine Lösung auf der Basis von Microsoft Office SharePoint Server® (MOSS) umgesetzt. Hierbei wurde in einem ersten Schritt eine Toolunterstützung für die Explorationsphase konzipiert und implementiert. Für die Umsetzung mit MOSS sprach neben der weiten Verbreitung beim Praxispartner vor allem die einfache Erweiterbarkeit [Mollien et al. 2008, S. 218]. MOSS bietet standardmäßig Funktionen zum kollaborativen Arbeiten, die für ein abteilungsübergreifendes, innerbetriebliches Innovationsmanagement notwendig sind. Des Weiteren bestätigt ein Vergleich der jährlich durchgeführten Studie von Gartner zu EnterpriseContent-Management-Systemen, dass mit MOSS ein zukunftsfähiger Ansatz gewählt wurde [Bell et al. 2009, S. 2 ff.]. Im Folgenden soll die beim Praxispartner eingeführte Lösung anhand der Benutzerrollen, der Softwarearchitektur und der Anwendungsfälle skizziert werden. Die Funktionen sowie die Navigation richten sich nach den Vorgaben des in Abschnitt 3 beschriebenen Prozesses.
4.1 Benutzerrollen Der Praxispartner unterscheidet beim Innovationsmanagement vier Rollen. Diese sowie eine weitere administrative Rolle wurden im SharePoint wie folgt implementiert: ! Die Leitung ist zuständig für die Überwa-
chung und Auswertung des Prozesses. ! Das Mitglied des Leitkreises sitzt im Entschei-
dungsgremium. Dieses hat im Wesentlichen die Aufgaben, Themengebiete für die Ideensuche
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zu verabschieden sowie die durch die Innovationsentwickler erarbeiteten Ideen zu priorisieren. ! Der Innovationsmanager stellt den zentralen Ansprechpartner und Koordinator für Innovationen dar und ist Moderator der zyklisch stattfindenden Abstimmungsgespräche. ! Der Innovationsentwickler ist verantwortlich für ein oder mehrere Themengebiete. Seine Hauptaufgabe ist die Überwachung der Ideenquellen. Die Ergebnisse der Quellenüberwachung muss er an den Leitkreis berichten. Hierzu pflegt er die Informationen kontinuierlich in den laufenden Prozess ein. ! Der Administrator ist nicht aktiv am Prozess beteiligt. Er übernimmt alle administrativen Aufgaben, wie beispielsweise die Verwaltung von Nutzerrechten.
4.2 Softwarearchitektur Das System teilt sich in zwei Bereiche. Neben Webseiten zur operativen Durchführung des Innovationsprozesses wurden auch Seiten zum Controlling des Prozesses (Prozess-Cockpit) implementiert (vgl. Abb. 4). Die Prozessunterstützung erfolgt in erster Linie durch Formulare zur Erfassung von Informationen und zur Sammlung von Dokumenten. Die Formularvorlagen wurden mit Microsoft InfoPath® erstellt. Hierbei musste darauf geachtet werden, dass die Formulare browserkompatibel2 und im Format DIN A4 druckbar sind. Die Erfüllung dieser Anforderungen ermöglicht es den Beteiligten, Informationen auf drei verschiedenen Wegen zu sammeln. Neben den digitalen Möglichkeiten, Informationen online im Browser und offline in den InfoPath-Formularen zu sammeln, kann die Informationssammlung auch in Papierform erfolgen. Die InfoPathFormulare werden in sogenannten Formular2. InfoPath-Formulare versetzen den Benutzer mithilfe der Servertechnologie InfoPath Forms Services in die Lage, Microsoft-InfoPath-2007-Formulare mit einem Webbrowser auszufüllen (http://office.microsoft.com/de-de/sharepointser ver/HA101672841031.aspx).
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement Webzugang Mobiler Zugang Arbeitsplatzrechner
Internet
Grafische
Analysen/
e
Abb.4:Softwarearchitektur
bibliotheken abgelegt. Dies ermöglicht den Datenaustausch zwischen InfoPath-Formularen und SharePoint, sodass die von den Formularen übertragenen Informationen in eigens entwickelten WebParts3 ausgewertet werden können. Um die Konsistenz des Prozesses zu sichern und die Effizienz zu verbessern, werden die Formulare mithilfe von Workflows sowie gefilterten Sichten (z.B. »Mir zugewiesene Formulare«) durch die Bearbeitung geroutet. Mitarbeiter werden zudem per E-Mail auf die ihnen zugewiesenen Aufgaben aufmerksam gemacht. Im Prozess-Cockpit wird der Status laufender Vorgänge abgebildet. Weitere Analysen
und grafische Auswertungen, beispielsweise zu den Durchlaufzeiten und der Anzahl an entwickelten Ideen, erlauben es den Rollen Leitung und Mitglied des Leitkreises, Engpässe zu erkennen und die Effizienz des Prozessdurchlaufs zu optimieren. Verfahrensanweisungen, Vorlagen sowie Hilfe- und Beispieldokumente unterstützen die Nutzer beim Ablauf. Eine mobile Version der Seite ermöglicht es den Nutzern, auch ohne vollwertigen Browser auf alle nötigen Informationen zuzugreifen. SharePoint erlaubt außerdem die Synchronisation von Listen und Bibliotheken mit dem Microsoft Office Outlook Client.
3. WebParts: Eine modulare Informationseinheit, die aus einer Titelzeile, einem Rahmen und Inhalt besteht (http://office.microsoft.com/de-de/share pointserver/HA100240521031.aspx?pid=CH101021 211031).
4.3 Anwendungsfälle
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Die Funktionalitäten der Webseiten sind am Prozess orientiert. Das Anwendungsfalldiagramm ist in Abbildung 5 dargestellt. Zunächst
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement müssen Ideenquellen definiert, zugewiesen und beobachtet werden. Aus den Quellen können dann Ideen extrahiert werden. Die Ideen werden anschließend weiterentwickelt, bewertet und priorisiert. Ausgewählte Ideen müssen danach einer Machbarkeitsstudie unterzogen werden. Um die Anwendungsfälle verständlicher zu beschreiben, werden diese jeweils an einem Beispiel veranschaulicht. Hierzu dient die Idee, noch nicht übersetzte Textbestandteile mittels Machine Translation (MT) vorzuübersetzen und an die Übersetzer zur Prüfung weiterzuleiten. Die Übersetzer korrigieren nur die übersetzten Teile, die nicht korrekt übersetzt wurden oder den Stilmitteln nicht entsprechen. Dadurch wird die aufgewendete Zeit für die Übersetzung reduziert und die Übersetzungskosten werden deutlich gesenkt.
Optional gefilterte Listen helfen dem Nutzer, durchgängig die ihm zugewiesenen Aufgaben, aber auch Dokumente zu finden. Mithilfe von Icons werden fällige Aufgaben hervorgehoben. Zur weiteren Eskalation besteht die Möglichkeit, den Verantwortlichen eine automatisierte E-Mail zu senden. Im Prozessschritt der Ideenfindung werden die zu beobachtenden Ideenquellen definiert. Anschließend werden sie thematisch einem Innovationsentwickler zugeordnet. Für jede Ideenquelle wird ein Formular erzeugt, das der zugewiesene Innovationsentwickler zur fortlaufenden Informationensammlung nutzt. Da die zu erfassenden Informationen sowie die Erfassungshäufigkeit vom Typ der Ideenquelle abhängen, existieren verschiedene Formularvorlagen. Der Innovationsentwickler hat die Möglichkeit, Ideenvorschläge aus den Formularen zu
ExplorĂƟŽŶ;/) Auswertungen anzeigen
HilfsmiƩel nutzen (alle)
/ĚĞĞŶĮŶĚƵŶg;/1)
Ideenquellen anlegen
zuweisen Ideenquellen auŇisten
Ideenquellen ƉŇegen deĮnieren
Webformular
Leitung Themengebiete freigeben
mobile Version des Webformulars
Formulare zum Druck
Ideenvorschlag generieren
Themengebiete anlegen
InnoǀĂƟŽŶƐͲ entwickler
»extends« /ĚĞĞŶƉƌŝŽƌŝƐŝĞƌƵŶŐ;/2)
Ideen auswerten
Porƞolioansicht
Ideen bewerten
Nutzwertanalyse
DĂĐŚďĂƌŬĞŝƚƐƐƚƵĚŝĞ;/3) Ideen Kat. A auŇisten
Leitkreis
StatuƐƉŇĞŐen
Machbarkeitsstudien freigeben
Budget freigeben
Machbarkeitsstudien Ideen anhängen
/ŶŶŽǀĂƟŽŶƐͲ manager
Marktstudie Ideen anhängen
Abb. 5: Anwendungsfalldiagramm
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement generieren. Abschließend werden die Ideenvorschläge kommentiert und anhand verschiedener Faktoren vom Leitkreis bewertet. Für das MT diente der Besuch der TAUS (Translation Automation User Society) User Conference als Ideenquelle. Der Innovationsentwickler stieß beim Besuch der Konferenz auf das Thema MT und pflegte die Informationen hierzu über sein Smartphone in das entsprechende Formular ein. Zurück im Büro holte der Innovationsentwickler weitere Informationen zum Thema MT ein und erzeugte einen Ideenvorschlag. Der Leitkreis bewertete diesen anschließend mit hoher Relevanz und hoher Dringlichkeit. Darüber hinaus wurde der Aufwand sowohl monetär als auch personell als sehr hoch eingestuft. In iterativen Workshops werden die eingegangenen Ideen anhand der zuvor vorgenommenen Bewertungen priorisiert. Hierzu werden eigens entwickelte WebParts eingesetzt. So steht u. a. ein WebPart zur Visualisierung der Ideen in
Form eines Portfolios zur Verfügung. Die Achsen des Portfolios können beliebig aus den vorhandenen Kriterien ausgewählt werden (vgl. Abb. 6). Ein weiterer WebPart bietet die Möglichkeit, Ideen mittels einer Nutzwertanalyse detailliert zu beurteilen. Die Gewichtung der Bewertungskriterien lässt sich variieren. Den Abschluss der Priorisierung bildet die Einstufung der einzelnen Ideen in eine der folgenden drei Kategorien: ! Ideen der Kategorie A werden einer Machbar-
keitsstudie unterzogen. ! Ideen der Kategorie B sind noch nicht reif ge-
nug und müssen zunächst weiterentwickelt werden, bevor sie erneut eingestuft werden. ! Ideen der Kategorie C sind nicht weiterzuverfolgen. Sie werden ins Archiv verschoben. Die MT-Idee wurde vom Leitkreis in die Kategorie A eingestuft. Der monetäre und der personelle Aufwand wurden zwar als sehr hoch eingeschätzt, durch die in der Nutzwertanalyse
Abb. 6: Ideenpriorisierung – Portfolio und Nutzwertanalyse
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement höhere Gewichtung der Kriterien Dringlichkeit und Relevanz sollte die Idee des MT jedoch weiterverfolgt werden. Die durchzuführenden Machbarkeitsstudien werden im SharePoint in Listenform abgelegt. Jedem Listeneintrag einer Machbarkeitsstudie können Dokumente zugewiesen werden und es kann deren Status gepflegt werden. Dokumente, wie z.B. das Finanzierungskonzept, können mittels eines Freigabe-Workflows genehmigt werden. Um den Status von Machbarkeitsstudien zu ändern, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Der finale Status »abgeschlossen« kann nur erreicht werden, wenn die hierfür benötigten Dokumente – Konzepttestdokument, Finanzierungskonzept und Budgetplan – abgelegt und genehmigt sind. Im Prozess-Cockpit lassen sich die zuvor definierten Kennzahlen überwachen. Klar strukturierte Grafiken ermöglichen eine schnelle und übersichtliche Darstellung. Um die Daten auch außerhalb des SharePoints verfügbar zu machen, besteht die Möglichkeit, die Auswertung als Report zu speichern (vgl. Abb. 7). Dabei stehen verschiedene gängige Dateiformate, wie Excel, Word, PDF etc., zur Verfügung.
Die für das MT durchzuführende Machbarkeitsstudie wurde unter Zuhilfenahme einer im SharePoint verfügbaren Vorlage erstellt. Das Dokument sowie die Dateien der zugrunde liegenden Kalkulation wurden im SharePoint an die Idee angehängt. Die anschließende Freigabe des Finanzierungsvorschlags für das Projekt wurde erteilt. Die nötigen Ressourcen konnten bereitgestellt werden. Dies konnte die zuständige Person im Prozess-Cockpit schnell erfassen, da in der vorgesehenen Periode ausreichend Ressourcen verfügbar waren. Eine Pilotierung wird in den kommenden Monaten durchgeführt.
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Erkenntnisse aus der Praxis
In der Vergangenheit konnte bereits gezeigt werden, dass ein ProcessSharePoint® eine gute Möglichkeit bietet, definierte Sollprozesse in der täglichen Praxis zu implementieren [Hilgarth et al. 2009, S. 98]. Wichtig sind hierbei die klare Definition des Prozesses sowie die damit verbundene Rollenverteilung. Nach der Definition des Sollzustandes wurde eine Toolunterstützung für die ersten drei Schritte bei der
Abb. 7: Auszug zu Analysen und Berichten
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement Siemens AG I IA CE ITS implementiert. Es konnte hierbei gezeigt werden, dass die Unterstützung des innerbetrieblichen Innovationsmanagements mithilfe von MOSS sehr gute Ergebnisse liefert. Die folgenden Schritte des Innovationsprozesses sollen aufgrund der erreichten Verbesserungen in nachfolgenden Projekten in das System integriert werden. Der neue Innovationsprozess wurde erfolgreich eingeführt und wird von den Mitarbeitern aktiv genutzt. Die Toolunterstützung findet hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Durch den täglichen Umgang der Mitarbeiter mit Microsoft-Produkten ist die Bedienung bekannt und erforderte keine intensiven Schulungen. Darüber hinaus haben visuell ansprechende WebParts die Akzeptanz steigern können. Zu den wesentlichen Verbesserungen innerhalb des Prozesses selbst zählen der reduzierte Steuerungsaufwand aufseiten des Managements, das vereinfachte Monitoring von Ideenquellen, das verbesserte Ideentracking und die gesteigerte Mitarbeitermotivation zur Teilnahme. Der Steuerungsaufwand des Managements konnte durch eine gesteigerte Transparenz des Prozesses verringert werden. Zur Aufwandsreduktion beim Quellenmonitoring hat neben den implementierten Formularen z.B. auch die Anbindung mobiler Endgeräte beigetragen. Das Ideentracking ist durch die Eingabe aller Ideen in ein gemeinsames Tool deutlich verbessert worden. Hierdurch und durch die Verwendung eines Archivs gehen keine Ideen verloren. Ideen, die ihrer Zeit voraus oder aktuell nicht relevant sind, können ebenfalls im Archiv verwahrt und zu gegebener Zeit reaktiviert werden. Abschließend lässt sich sagen, dass die transparente Übersicht, die das System ermöglicht, den Vergleich von Ideen verbessert hat. Die resultierenden, objektiveren und transparenten Bewertungen der Ideen haben die Motivation der Mitarbeiter zur Teilnahme am Innovationsmanagement gesteigert. Dies
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ist deutlich an der erhöhten Einreichung von Ideen seit Einführung des Prozesses und der damit verbundenen Toolunterstützung zu erkennen.
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Literatur
[Bell et al. 2009] Bell, T.; Shegda, K. M.; Gilbert, M. R.; Chin, K.; MacComascaigh, M.: Magic Quadrant for Enterprise Content Management. Gartner RAS Core Research Note G00170685, 2009. [Cooper 1988] Cooper, R. G.: Predevelopment Activities Determine New Product Success. Industrial Marketing Management 17 (1988), 3, p. 237-247. [Haeske 2001] Haeske, U.: Beschwerden und Reklamationen managen. Beltz Verlag, Weinheim, 2001. [Herzog 2008] Herzog, P.: Open and Closed Innovation: Different Cultures for Different Strategies. Gabler Verlag, Wiesbaden, 2008. [Hilgarth et al. 2009] Hilgarth, B.; Purucker, J.; Mayer, H.; Göldner, F.: ProcessSharePoint® – ein Praxisbericht zur Lösung des Last-Mile-Problems in der Prozessimplementierung. HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik 46 (2009), 266, S. 90-99. [Holzbauer 2007] Holzbauer, U.: Entwicklungsmanagement: Mit hervorragenden Produkten zum Markterfolg. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2007. [Mollien et al. 2008] Mollien, T.; Hauser, T.; Scharnagl, D.: Microsoft SharePoint 2007 im Einsatz. Addison-Wesley, München, 2008. [Stern & Jaberg 2007] Stern, T.; Jaberg, H.: Erfolgreiches Innovationsmanagement. 3. Aufl., Gabler Verlag, Wiesbaden, 2007. [Vahs & Burmester 2002] Vahs, D.; Burmester, R.: Innovationsmanagement. 2. Aufl., Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2002. [Verworn & Herstatt 2000] Verworn, B.; Herstatt, C.: Modelle des Innovationsprozesses. Arbeitspapier Nr. 6, Technische Universität HamburgHarburg, 2000. [Wahren 2004] Wahren, H.-K.: Erfolgsfaktor Innovation. 1. Aufl., Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2004.
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Innerbetriebliches Innovationsmanagement Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sven Schwarz Universität Erlangen-Nürnberg Wirtschaftsinformatik II Lange Gasse 20 90403 Nürnberg
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