ÖZS 35 (2010) 4:62–82 DOI: 10.1007/s11614-010-0084-6 HAUPTBEITRÄGE Gerit Götzenbrucker · Barbara Franz Integrationspotenziale des Internets für türkische Jugendliche in Wien am Beispiel von Online-Spielen und digitalen Freundschaftsnetzwerken
Integrationspotenziale des Internets für türkische Jugendliche in Wien am Beispiel von Online-Spielen und digitalen Freundschaftsnetzwerken Gerit Götzenbrucker · Barbara Franz
Zusammenfassung: Der Beitrag soll das Spannungsfeld der Potenziale und Risiken des Internets für türkischstämmige Jugendliche in Wien ausloten. Im kontroversiellen Diskurs um die integrativen vs. segregierenden Effekte der Technologiezuwendung und -nutzung stellt sich die Frage, in welcher Weise Internetangebote wie digitale Freundschaftsnetzwerke, Foren, Chats oder OnlineSpiele die Integration jugendlicher MigrantInnen in die Mehrheitsgesellschaft begleiten und unterstützen können. Den Erklärungsrahmen bilden dabei die Sozialkapitaltheorie und Netzwerkforschung sowie Theorien sozialer Ungleichheit und Integration. Im Zuge von semistrukturierten Medien-Interviews wurden Medienvorlieben, Nutzungspraxen und soziale Beziehungsstrukturen mit dem Ergebnis erfasst, dass jugendliche türkische Zuwanderer der 2. und 3. Generation in Wien mehrheitlich defizitäre Varianten der Internetnutzung zeigen, die hauptsächlich auf visuelle Angebote resp. Bildmedien, Musik und niederschwellige Chat- sowie Netzwerkangebote ausgerichtet sind. Dabei zeigen sich markante Geschlechterunterschiede. Ein Drittel der männlichen Befragten kann vom Internet resp. Online-Spielen profitieren und alternative soziale Kontakte lukrieren. Schlüsselwörter: Migration · Internet · Online-Spiele · Soziale Netzwerke · Freundschaftsstrukturen
Internet Integration Possibilities for Turkish Youth in Vienna: Online Games and Digital Friendships Abstract: Based on a cohort of young Austrians of Turkish descent, this paper links the debate on the integration of the second generation (or the lack thereof) with the controversial discourse about the potential usefulness and risks of new media and technologies, specifically the Internet. Various studies have concluded either that the new media and technologies are positive integrative aspects of the society or have devastating impacts on different groups. On the one hand, the Inter-
Gerit Götzenbrucker, PD Dr. (*) Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Fakultät für Sozialwissenschaften Universität Wien Schopenhauerstraße 32 1180 Wien, ÖSTERREICH E-Mail:
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Barbara Franz, Ph. D. (*) Associate Professor of Political Science Rider University 2083 Lawrenceville, NJ 08648, USA E-Mail:
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net allows young people to discover new experiences and gain additional often unorthodox knowledge; on the other hand, observers have warned about the segregating effects of new technologies. A “digital divide” has been opened between privileged users and the underprivileged masses, according to these more cautious voices. This divide has caused social deprivation and disintegration amongst the most vulnerable groups, in particular, older people, economically insecure groups and immigrants. Thus, various media life-styles establish a continuum between a media and information elite on the one end and the entertainment under-class on the other. Semi structured interviews with young Turks in Vienna show the positive and negative effects of playing Online Role Playing Games on the Internet in opposition to so-called Social Network Sites such as Netlog. Keywords: Migration · Internet · Online Games · Social Networks · Friendship Structures
1 Chancen und Risiken des Internets für MigrantInnen Während in den letzten Jahren eine Reihe von Studien zu den Integrationsproblemen und Potentialen der zweiten Generation in Österreich veröffentlicht wurden (BMI 2008; ÖIBF 2008; Fassmann et al. 2007; Thompson/Crul 2007; Weiss 2006; Herzog-Punzenberger 2006; Biffl/Bock-Schappelwein 2003), bleiben die medialen Aspekte von Integration – im Speziellen die Potenziale des Internets – weitgehend ausgespart. Aus diesem Grund greift der vorliegende Beitrag die kontroversielle sozialwissenschaftliche Diskussion über die Potenziale und Risiken der Nutzung Neuer Medien und Technologien – im Speziellen des Internets – für jugendliche MigrantInnen auf. Einerseits wird davon ausgegangen, dass Neue Medien und Technologien positive integrale Bestandteile der Gesellschaftsentwicklung sind und Jugendlichen ermöglichen, sich neue Lebens- und Erfahrungsräume zu erschließen und davon zu profitieren. (Turkle 1998; Stegbauer 2000; Vogelgesang 2000; Thimm 2000; Utz 2001; Götzenbrucker 2001; Götzenbrucker/Köhl 2009; Kuhn 2009) In diesem Zusammenhang kann auch von positiv prägenden MedienLebensstilen (Saxer/Landolt 1995) gesprochen werden. Andererseits wird von den segregierenden Effekten der Neuen Technologien ausgegangen, wonach sich zwischen privilegierten und deprivilegierten Nutzerschichten ein „digital divide“ auftut, der soziale Benachteiligungen verstärkt und Desintegration fördert. Als gefährdete Gruppen gelten Ältere, Einkommensschwache und MigrantInnen. Demnach etablieren sich unterschiedliche mediengebundene Lebensweisen auf einem Kontinuum zwischen Informationselite und Unterhaltungsproletariat (Eichmann 2000; Donsbach 1998; Kombüchen 1999; Weinmann 2000; Kissau 2008; Paus-Hasebrink 2009). Es wird auch von einer „ethnischen digitalen Kluft“ als Folge sozialer Benachteiligung gesprochen (E-Migra 2006, S. 22 f.). Einstiegshürden in die Welt der digitalen Technologien sind immer noch der finanzielle Aufwand, die Chancenungleichheit am Arbeitsmarkt (Korupp/Szydlik 2005) und die hohen Leistungsanforderungen im Umgang mit der Technik. Demgegenüber verweisen Studien auf positive Effekte der Internetnutzung bezüglich der Verbesserung von Sprachkompetenzen (Esser 2000, S. 30; Kissau 2008, S. 170), des Kontakterhaltes mit Personen in und aus den Herkunftsländern, dem Aufbau länderübergreifender ethnischer Communities (Hepp 2009) und der Identitätsbildung innerhalb der ethnischen Kultur. Zudem stärken Web 2.0-Angebote das Selbstermächtigungspotenzial
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jugendlicher MigrantInnen (Elias/Lemisch 2006; Brouwer 2004) und erweitern die Kommunikations- und Kontaktpotenziale. Laut Kim (2002) vollzieht sich sogar eine Stärkung des sozialen Kapitals von MigrantInnen. Der Auf- und Ausbau von sozialem Kapital als Produkt der elektronischen Vernetzung wurde auch in den Forschungsarbeiten von Quan-Haase/Wellman (2002, S. 11 ff.) nachgewiesen. Laut „Add-on-Modell“ lassen sich aufgrund geringer finanzieller und sozialer Kosten sowie der Möglichkeit asynchroner Kommunikation bereits vorhandene Beziehungen mittels Internet leichter pflegen. Zudem erschließen sich neue Kontaktchancen, die über das unmittelbare soziale Umfeld hinausgehen und horizonterweiternd wirken können. Derart lose Kontakte bewähren sich unter anderem bei der Suche nach Arbeit (Granovetter 1985) oder Geschäftspartnern (Christakis/Fowler 2010). Auch Wellman et al. (2003) zufolge beschränkt sich das „Strukturprinzip von Integration“ nicht auf enge soziale Kontakte (bonding), sondern betont den Aufbau neuer Kontakte (bridging) und die Integration in weitere soziale Netzwerke als gewinnbringend. Bezogen auf die Situation von MigrantInnen können so wichtige inter-ethnische Kontakte lukriert werden. Zur Stützung dieser netzwerkbezogenen These von Integration sind auch Überlegungen von Giddens (1991) anzuführen, der im Zuge der Globalisierung drei komplementäre Prozesse identifiziert, welche auch für MigrantInnen relevant sind, da sie Multioptionalitäten und Hyperidentitäten (Hugger 2009, S. 24) fördern: Erstens kann auf der Grundlage Neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zeit- und raumungebunden agiert werden, was zu Reorganisation von sozialen Handlungen führt; zweitens sind soziale Beziehungen aus gegebenen lokalen Interaktionseinheiten herausgelöst und können gegebenenfalls über Distanzen hinweg restrukturiert werden; und drittens werden die Handelnden im Lichte der sich ständig ändernden Anforderungen dazu gezwungen, das eigene Handeln permanent zu reflektieren (Beck/Lash/Giddens 1996). Dieser Effekt der Entkoppelung raumzeitlicher Zusammenhänge wird in der Migrationsforschung auch als „transnationale Perspektive“ besprochen (Glorius 2009), die Migration nicht als einmaliges individuelles Ereignis, sondern als multiple, multidirektionale, internationale Wanderung begreift, die transnationale Sozialräume schafft (vgl. Pries 1996). So verbinden Communities im Internet beispielsweise mehrere migrantische „Standorte“ zu einem gemeinsamen „sozialen Raum“. Das Potenzial der Internetnutzung für die Integration von MigrantInnen hängt aber von deren grundlegender Motivation und nicht zuletzt ihrer Sozialisation resp. Milieuzugehörigkeit ab. Zudem gilt als gesicherte Erkenntnis, dass das virtuelle Leben im Netz sehr eng an reale Lebenssituationen geknüpft ist (u. a. Wellman et al. 2003; Stegbauer 2008) und Integration nicht per se schaffen kann. In diesem Kontext soll Integration nicht als endgültiges Ziel im Sinne der Assimilation mit der Aufnahmegesellschaft, sondern als Akkulturationsprozess, dem Herkunftskultur und Aufnahmekultur gleichermaßen identitätsstiftend zugrunde liegen, verstanden werden. Dann stellt sich die Frage, welche integrativen Aspekte Internetkommunikation resp. die Partizipation in OnlineSpielwelten und digitalen Freundschaftsnetzwerken für junge türkischstämmige WienerInnen der 2. und 3. Generation haben kann. Vorerst sollen die integrativen Aspekte des sozialen Kapitals und sozialer Netzwerke vor dem Hintergrund der Theorien sozialer Ungleichheit ausgelotet werden.
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2 Integration als Akkulturation im Lichte der Sozialkapitaltheorie Für die vorliegende Forschungsarbeit liefert die Akkulturationstheorie von Berry (2001) einen Erklärungsrahmen, wie sich Menschen aus anderen Kulturkreisen in Mehrheitsgesellschaften eingliedern können. Dabei stehen vier mögliche Muster der eigen- und fremdkulturellen Anpassung von Einwanderern und ihrer Nachkommenschaft zur Diskussion: Das erste und erstrebenswerte Konzept beschreibt Integration auf der Basis von Akkulturation, indem sowohl die Herkunftskultur beibehalten wird, als auch eine konstruktive Annäherung an die Aufnahmekultur stattfindet. Integration gestaltet sich hier als ganzheitlicher Prozess, der sowohl soziale und kulturelle als auch politische und ökonomische Dimensionen umfasst. Vor allem wird hier auf die Bereitschaft fokussiert, über „in-group relations“ hinausgehende soziale Beziehungen zu Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft aufzubauen. In diesem Zusammenhang wird von erstrebenswertem Multikulturalismus gesprochen. Wird allerdings nur die Herkunftskultur weiterverfolgt und gruppeninterne/inner-ethnische Sozialkontakte bevorzugt, so ist die Separation/Segregation der MigrantInnen vorprogrammiert und bestenfalls eine wirtschaftliche Integration möglich. Erfolgt hingegen eine Aufgabe der Herkunftskultur zugunsten der Aufnahmekultur, wird von Assimilation gesprochen. Werden beide Kulturen aufgegeben, droht gänzliche Marginalisierung und Exklusion. Erweiternd muss hier festgehalten werden, dass auch die Gesellschaft und nicht nur das Individuum in die Pflicht genommen werden soll. Heute bemisst sich erfolgreiche Integration demnach nicht nur am Faktor der kulturellen Annäherung, sondern auch an der Beschaffenheit von sozialen Beziehungen und Netzwerken sowie dem daraus entwachsenden sozialen Kapital. Wie bereits eingangs erwähnt, sagen soziale Kontakte – deren Anzahl, Stärke, Wechselseitigkeit oder Dichte – viel über die Position von Individuen in der Gesellschaft aus; wie stark die Einbindung in Solidarnetzwerke und wie groß der individuelle Handlungsspielraum ist, wie viele Kontakte zu Außenstehenden existieren und wie sich die einzelnen Kontakte für diverse Aufgaben oder Ziele „aktivieren“ lassen. Denn: Soziale Beziehungen werden nicht nur aus altruistischen und solidarischen, sondern auch aus strategischen Gründen geknüpft und gepflegt. Bourdieu (1983) zufolge entsteht soziales Kapital aus der Summe aller Beziehungen, die ein Individuum oder eine Gruppe binden kann, um ein dauerhaftes Netzwerk von mehr oder weniger institutionalisierten, wechselseitigen Kontakten und sozialer Anerkennung aufzubauen und zu erhalten. Soziale Beziehungen sind nämlich nicht gleich zu setzen mit sozialem Kapital: Sie lassen sich je nach speziellem sozialen Kontext in soziales Kapital umwandeln oder nicht. So erwachsen Jugendlichen kaum Vorteile unter Mitschülern, wenn sie ihre Beziehungen zum Elternhaus oder zur Verwandtschaft ins Treffen führen. Beeindruckender finden Jugendliche anerkannte Meinungsführer aus dem eigenen Referenzsystem der Schule (z. B. der Schul-Band oder von attraktiven Szenegängern wie z. B. Hip Hoppern). Das Potenzial von sozialen Beziehungen kann unterschiedlich unterstützt werden: einerseits durch den strategischen Aufbau und Erhalt der Beziehungen (Strukturprinzip von Integration), andererseits durch Praktiken von (Selbst-)Zuschreibungen und Deutungen (symbolische Qualität des sozialen Kapitals, vgl. Hollstein 2007, S. 54). Das bedeutet, dass sich Jugendliche nicht nur auf dem Schulhof, sondern bequemerweise auch
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auf digitalen Freundschaftsseiten im Internet (z. B. Netlog) gezielt in Szene setzen, „von der besten Seite zeigen“ und Reputationsmanagement betreiben können. Hier werden sowohl Freundeskontakte gesammelt, ausgestellt und bewertet, als auch der eigene Stil zur Schau gestellt. In Online-Spielen werden neben den Spieler-Kontakten und Gildenmitgliedschaften auch häufig alternative Handlungsmöglichkeiten und Identitätsfacetten ausprobiert. Soziale Beziehungen (ob Bekanntschaften, Freundschaften oder romantische Partnerschaften) werden demnach in sozialen Netzwerken der Jugendlichen gebündelt und bilden die Grundlage für den Aufbau und Erhalt von sozialem Kapital. Insbesondere das Internet kann Jugendlichen helfen, soziale Beziehungen außerhalb des Einflussbereiches der Erwachsenen (Eltern, Lehrern etc.) und über ihren eigenen Horizont hinausgehend zu lukrieren. An dieser Stelle soll darauf verwiesen werden, dass soziales Kapital nicht nur positive, sondern auch negative Seiten haben kann (vgl. Portes 1998): Im Fall von MigrantInnen wurde beobachtet, dass ein hohes Maß an Verbindlichkeiten und sozialem Druck innerhalb der Netzwerke nicht nur Solidaritäten im Handeln entstehen lässt, sondern – durch Abgrenzung nach Außen – auch Kapital schmälernd und ausgrenzend wirken kann. Zhou/Bankston (1996) zeigten innerhalb einer Vietnamesen-Community, dass enge Beziehungen zur sozialen Kontrolle und Einhaltung inner-ethnischer Normen eingesetzt werden. Valdez (2008) zufolge ist auch eingeschränkte Arbeitsplatzmobilität ein Resultat mangelhafter inter-ethnischer Beziehungen. Sind die sozialen Netzwerke also zu binnenorientiert und auf interne Macht und Kontrolle ausgerichtet (vgl. Colemans Konzept des Normenerhalts 19881), reduzieren sich die Kontaktmöglichkeiten zu anderen gesellschaftlichen Gruppen. Dieser sozialen Exklusion kann u. a. mit der Öffnung von Kommunikationskanälen begegnet werden, die lose Kontakte über Netzwerkgrenzen hinweg ermöglichen. Als Vorteile dieser lose geknüpften sozialen Netzwerke lassen sich die relativ geringen sozialen Kosten der Teilnahme ins Treffen führen, was Unverbindlichkeit garantiert und den Akteuren erleichtert, soziale Vergleiche anzustellen und Handlungsalternativen kennenzulernen. Zudem sind lose geknüpfte Netzwerke diverser und erhöhen die Zugangschancen zu alternativen Ressourcen. Im konkreten Fall der türkischstämmigen Wiener Jugendlichen hieße eine Ausweitung ihrer losen sozialen Beziehungen auch die Chance, andere Facetten von Kultur (u. a. der Aufnahmekultur und anderer MigrantInnenkulturen) kennenzulernen. Zwar sind Freundschaften von Jugendlichen grundsätzlich durch Ähnlichkeit (Homophilie vgl. Lazarsfeld/Merton 1954; McPherson et al. 2001) geprägt (Alter, Geschlecht, Ethnie, soziales Milieu etc.) und Beziehungen über die Kontakte der Freunde vermittelt (Transitivität vgl. Heider 1979), doch können neue Kommunikationsmöglichkeiten, wie sie in Online-Spielen existieren, durch die Bündelung von Interessen oder die Schaffung gemeinsamer Sozialräume Anstöße zur Ausweitung der sozialen Netzwerke geben. Online-Spiele oder Internet-Communities bieten prinzipiell eine Folie für unverfängliche soziale Annäherungen und inter-kulturelle Kontakte. Da diese auch nicht „von oben“ (z. B. Schule, Jugendzentrum) oktroyiert sind, sondern der Nutzung des Social Web selbst entspringen, kann auch mit Nachhaltigkeit dieser sozialen Beziehungen und insgesamt positiven Folgen für den Prozess der kulturellen Annäherung gerechnet werden.
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Zahlreiche Studien der Spieleforschung verweisen auf positive Effekte des OnlineSpiels; so beschreibt Kuhn (2009) die sozialräumliche Verortung von SpielerInnen in einem Universum der gemeinsamen Sinnbezüge mit daran gekoppelten Sozialisationseffekten – u. a. dem Aufbau sozialer Beziehungen. Zudem wurde empirisch nachgewiesen, dass Online-Spiele auch Werte und Normen von SpielerInnen spiegeln und somit nahe an die Realität des Zusammenlebens rücken (Schumann et al. 2009; Käfer 2008). Vor allem die Langzeitteilnahme in MMORPGs führt im Laufe einer Spielerkarriere zu verstärkter sozialer Einbindung. SpielerInnen berichten von der großen Bandbreite und auch internationalen Ausrichtung ihrer sozialen Beziehungen – von losen Bekanntschaften bis hin zu „echten Freundschaften“, die sich auch über mehrere Jahre erstrecken können (Götzenbrucker/Köhl 2009). In der amerikanischen Spieleforschung wird demgegenüber auch von (negativen) Kultivierungseffekten gesprochen, meist im Zusammenhang mit gewalthaltigen Shooter-Spielen. So stellten Buckley/Anderson (2006) oder Williams (2006) Kultivierungsund Lerneffekte bis hin zu Veränderungen der Persönlichkeit fest. Bushman/Anderson (2009) zufolge ist auch herabgesetzte Hilfsbereitschaft durch gewalthaltige Spielinhalte zu beobachten. Wenn diese negativen Effekte wirklich existieren, so könnten gewaltfreie Spielplots ebenfalls Kultivierungseffekte erzeugen: Seriöse „games of learning“ (Lee et al. 2009, S. 556 ff.) könnten Jugendlichen helfen, soziale, politische und ökonomische Prozesse besser zu verstehen: z. B. soziales Verhalten (im Straßenverkehr), politische Intervention („Peacemaker“ spielen zwischen Israel und Palästina), ungleiche Chancen von ImmigrantInnen („Points of Entry“) oder Probleme ethnischer Diskriminierung. Allerdings müssen abermals spezifische Einschränkungen bezüglich der Integrationspotenziale Neuer Technologien betont werden. Theorien sozialer Ungleichheit zufolge (fokussierend auf jene, die wie Rainer Geissler den „Paradismus strukturierter sozialer Ungleichheit“ vertreten, vgl. Eichmann 2000) ergeben sich neben verminderten Zugangs- und Nutzungschancen von Technologien auch Defizite bezüglich der Medienkompetenz. Soziale Benachteiligung (Paus-Hasebrink 2009) erzeugt generell Defizite in der Vermittlung von Medienkompetenz, denn je zeitknapper und weniger bildungsaffin die Eltern sind, desto eher greifen Kinder und Jugendliche auf Sozialisationsangebote der Medien zu. Jugendliche sind aber selten in der Lage, selbständig einen kompetenten Umgang mit Medienangeboten zu erwerben, da Medienkompetenz (das Wissen darüber, welchen Produktions- und Verwertungsbedingungen diese Medien gehorchen und welche Konsequenzen mit deren Nutzung verbunden sind) als ein bildungsähnliches und daher „meritorisches Gut“ einzustufen ist, das verpflichtend (u. a. als schulische Erziehung) angeboten werden muss, um Unterversorgung zu vermeiden. Zudem greifen hier auch noch institutionelle Diskriminierungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (u. a. durch die Schule, Vereine, vgl. Hollstein 2007), da von ihnen weniger erwartet wird und Fördermaßnahmen ausbleiben. Die Nutzung des Internets gleicht sich zwar im Zeitverlauf zunehmend an – d. h., auch in den eher deprivilegierten MigrantInnen-Milieus hält die Technologie mit einem gewissen Zeitabstand Einzug (vgl. Rogers/Shoemakers Diffusionsmodell von 1971, das eine Normalverteilung der Innovation/Technologie im Zeitverlauf annimmt) –, doch ist dies nicht unbedingt für die Technologiekompetenzen anzunehmen: Der Faktor Bil-
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dung2 kann hier einen großen Einfluss ausüben. Der Wissenskluftthese zufolge (Wirth 1999) sind nämlich eher habituelle als materielle Zugangsbarrieren als problematisch einzustufen, da diese einem möglichen Ausgleich von ungerechten Vorbedingungen (Status, Bildung) im Wege stehen. Auch sind nutzungsbedingte Wissensklüfte kaum aufzulösen, da NutzerInnen im Internet ihren spezifischen Präferenzen nachgehen – selbst bei Vielmediennutzung kommt es daher zu sog. „thematischen Monokulturen“ (vgl. Kiefer 2001). Digitale Wissensklüfte begleiten zumindest mittelfristig den Prozess der (Medien-)Integration und führen zu spezifischen Aneignungs- und Nutzungspraxen, die sich in spezifischen „Medien-Lebensstilen“ festschreiben: Saxer/Landolt (1995) zufolge sind Medienangebote vor dem Hintergrund interaktionistischer Identitäts- und Wirklichkeitskonstruktionen als Sozialisationsstützen ersten Ranges zu betrachten: sowohl im Zuge der Personalisation (Ausbildung individueller Dispositionen), Sozialisation (gruppenspezifischem Zusammenleben) und Enkulturation (kultureller, gesellschaftlicher Identifikation), z. B. durch Medieninhalte, Werbung und Marketing. Wie sich nun Online-Spielangebote und digitale Freundschaftsnetzwerke auf die Beziehungen und Lebensstile der türkischstämmigen Jugendlichen in Wien auswirken, wird die Analyse der Interviews zeigen.
3 Fakten zur Internetnutzung von jungen MigrantInnen In Österreich existieren kaum Zahlen zur Nutzung Neuer Medien in Migrantenmilieus, lediglich allgemeine Marktforschungsergebnisse wie die der ORF Medienforschung resp. des AIM (Austrian Internet Monitor). Die österreichische Gesamtbevölkerung nutzte beispielsweise im dritten Quartal 2009 zu je 74% Computer und das Internet. Aus diesem Grund soll ein Blick auf aktuelle deutsche und Schweizer Studienergebnisse den Stellenwert der Nutzung von Neuen Medien in Migrantenmilieus erhellen. Klingler/ Kutteroff (2009) beschreiben, basierend auf der SINUS Milieustudie 2008 mit n = 2072 Interviews, dass die Medienausstattung deutscher MigrantInnen ähnlich wie die der deutschen Bevölkerung ist. Je jünger, desto eher nutzen die MigrantInnen das Internet und PC/Laptop. Die meistbesuchten Internetangebote sind die Suchmaschine Google, ebay, yahoo, youtube und Online-Communities. Einer Erhebung von Lins (2009) zufolge nutzt in Deutschland die 2. Generation der Zugewanderten das Internet am häufigsten; auch MigrantInnen mit geringem Einkommen. Eimeren/Frees beobachten bereits 2007, dass sich der Anteil der InternetnutzerInnen unter den jungen Türken dem Anteil der Gesamtnutzerschaft der Jugendlichen in Deutschland annähert: 95% der 14–19-jährigen Türken nutzten das Internet. OnlineCommunities werden laut Hugger (2009) von fast 60% aller deutsch-türkischen Onliner genutzt, insbesondere von Jugendlichen. Neben digitalen Freundschaftsnetzwerken befinden sich darunter auch sog. „Ethnoportale“ (vaybee.de oder aleviler.de). Auch in der Schweiz hat sich der Computer bereits fix in die Lebensweisen der Jugendlichen eingeschrieben: Online-Spiele, Musik oder Chats bereichern das Leben von jungen MigrantInnen (Moser 2009), wobei Google, Netlog, youtube und MSN dominieren; aber auch Online-Rollenspiele wie z. B. „Die Stämme“ oder „Tagoria“ sind beliebt. Das Chatten spielt im Gegensatz zu E-Mail und SMS eine überdurchschnittlich große
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Rolle. Sogar die Community-Plattform Netlog wird vorzugsweise genutzt, um zu „plaudern“ (95,4%). Die NutzerInnen kennen sich dabei meist persönlich und chatten zu 95,4% auf Schweizerdeutsch. Zur Nutzung von Online-Spielen in MigrantInnenmilieus liegen weder in Österreich noch im deutschsprachigen Raum Studien vor.
4 Studiendesign und Methoden Dieser Beitrag basiert auf Forschungsinitiativen des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien in Kooperation mit dem Department of Political Science der Rider University, NJ und ist an zwei Forschungsrichtungen angelehnt: zum einen die amerikanische Tradition der Migration Studies, die vorwiegend kultur- und politikwissenschaftlich geprägt eher auf qualitative Erhebungsmethoden und sensitive Forschungsdesigns setzt, zum anderen die – auf der Kritischen Theorie fußende – europäische Tradition der Medienkritik und strukturellen Theorie der sozialen Integration. Diese schließen sowohl ethnografische Studien als auch qualitativ/quantitative Erhebungen sozialer Netzwerke im Rahmen der Sozialkapitaltheorie mit ein. Das Erhebungsdesign kombiniert die Vorteile des offenen Interviews mit einer Leitfadenstruktur und der qualitativen Netzwerkkarte3. Im Gegensatz zu quantitativen Fragebogen-Erhebungen haben die Jugendlichen im Zuge der Interviews das Gefühl, selbst aktiv den Prozess zu gestalten („. . . endlich kommt ihr und fragt uns, wie’s uns so geht und was uns gefällt am Internet“), und verlieren nicht so schnell das Interesse. Fokussierend auf die Forschungsfrage, welche integrativen Aspekte Internetkommunikation resp. die Partizipation in digitalen Online-Spielewelten und Freundschaftsnetzwerken für junge türkischstämmige WienerInnen haben kann, wurden Analysen ihrer Internet- und Mediennutzung, realer und virtueller Freundschaften sowie sozialer Netzwerke durchgeführt. Dabei wurde nach Integrationsparametern in virtuelle Welten als auch in die reale Aufnahmegesellschaft gesucht. Insgesamt wurden 19 Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren interviewt. Die in Streetwork- und Betreuungseinrichtungen der Stadt Wien (Back Bone; Back on Stage; Base 20 und Jugendzone Ottakring)4 und anliegenden Internetcafés durchgeführten semistrukturierten Leitfadengespräche dauerten im Durchschnitt eine Stunde und wurden als sog. Medien-Interviews geführt (die Befragten sitzen dabei gemeinsam mit der Interviewerin vor dem Computer/Internet und Mobiltelefon und zeigen ihre favorisierten Angebote resp. Dienste). Die InterviewpartnerInnen wurden strategisch aus dem Arbeiterzuwanderungsmilieu (türkischer Abstammung der 2. und 3. Generation) ausgewählt, da diese Gruppe am stärksten gefährdet ist, in die Unterschicht des Aufnahmelandes zu assimilieren. Die Jugendlichen gehen zumeist ohne das Wissen ihrer Eltern nach der Schule in diese Einrichtungen, wo ihnen u. a. PCs mit Internetzugang oder Tonstudios und Videokameras zur Verfügung stehen. Die beiden Forscherinnen rekrutierten nach Wochentagen und Uhrzeiten gestreut pro Besuch je zwei InterviewpartnerInnen. Bedauerlicherweise konnten kaum junge Frauen erreicht werden, da sie diese Einrichtungen unterdurchschnittlich frequentieren. Dieses Defizit federt die Arbeit von Sehidoglu (2009) mit insgesamt sieben qualitativen Leitfadeninterviews ab: Die türkische Studentin be-
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fragte sieben jungen Frauen zu ihrer Technologie- und Mediennutzung, womit zu diesem Thema insgesamt 26 Interviews vorliegen. Die Interviews wurden paraphrasiert und nach dem dreistufigen Verfahren von Mayring (1993) ausgewertet: einer nach thematischen Schwerpunkten geordneten zusammenfassenden wie explikativen Inhaltsanalyse folgte die strukturelle Auswertung mit dem Ziel der Erstellung von Kategorien, die sich an den Fragedimensionen orientierten. Dazu wurden bestimmte Themen, Inhalte und Typen herausgearbeitet und anschließend gewichtet: z. B. beliebteste Aktivitäten im Internet, Medienformate (Spiel, Video, Chat, digitale Freundschaftsnetzwerke etc.), Motive der Nutzung Neuer Technologien, Freizeitaktivitäten, Beschaffenheit des Freundeskreises, Definition von Freundschaft und Visionen/Zukunftswünsche. Die sozialen Netzwerke wurden hinsichtlich der Zahl der Freunde, deren Herkunft resp. Nationalität, Stärke der Beziehungen und Homophilie-Parametern (Geschlecht, Alter, Schulbildung) erfasst. Die Jugendlichen wurden aufgefordert, einen Grobentwurf ihres Beziehungsnetzwerks aufzuzeichnen – ähnlich einer qualitativen Netzwerkkarte. Die erzielten Ergebnisse sind nur bedingt generalisierbar, da auf ein spezielles Milieu (Blue Collar mit geringerer Bildungsaffinität) abgezielt wurde.5 Intuitiven und impressionistischen Deutungen wurde insofern vorgebeugt, als die Ergebnisse u. a. auf Konferenzen mit ForscherInnen der Sozial-, Politik- und Kulturwissenschaft diskutiert und einschlägige Studien zur Interpretation der Ergebnisse herangezogen wurden. Ausführliche Gespräche mit den Streetworkern und Sozialarbeitern, Beobachtungen vor Ort zur Internetnutzung und zum Verhalten in der Peer Group lieferten wertvolle Zusatzinformationen für die Interpretation der Interviewdaten. Was jedoch zukünftig notwendig erscheint, ist eine auf empirischen Verfahren und repräsentativen Erhebungen aufbauende (qualitativ-quantitative) Methodentriangulation, um innerhalb der betreffenden Einwanderungsgruppe mögliche Unterschiede festzustellen und sie auch mit der Aufnahmegesellschaft und anderen Gruppen zu vergleichen.
5 Online-Spiele und digitale Freundschaftsnetzwerke als Tor zur Welt? Unsere erste These besagt, dass sich Jugendliche in Online-Welten generell – über ihre physische Existenz hinausreichende – neue digitale Lebens- und Erfahrungsräume erschließen können. In Internet-Spielewelten beispielsweise entwerfen sie „ludische Identitäten“, erwerben „medienkulturelles Symbolkapital“ (Vogelgesang 2000) und treten in kommunikative wie soziale Beziehungsgefüge ein (Kuhn 2009). Die Pseudonymität der Internetkommunikation begünstigt dabei sowohl den Aufbau neuer Beziehungen als auch die Pflege bestehender sozialer Beziehungen resp. den Aufbau von Sozialkapital. In diesem Zusammenhang wurden – über einfache Chat-Aktivität hinausgehend – zwei Medientypen der Beziehungsanbahnung und Beziehungsarbeit im Internet identifiziert: Online-Spiele und digitale Freundschaftsnetzwerke à la Facebook. Online-Spiele sind eine Domäne der männlichen Befragten, Mädchen zeigen generell wenig Interesse an Computerspielen (Sehidoglu 2009). Die Jungen spielen neben den – ohnehin in den Top Ten des Spielemarktes platzierten – Sportspielen („Fifa 09“) und Rennspielen („Need for Speed“) auch „Grand Theft Auto“ („jetzt gibt’s auch ein
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GTA Istanbul“, erzählt Mohamed) und den Online-Shooter „Counter Strike“. Diese Angaben decken sich laut JIM-Studie 2009 mit den Spielvorlieben von deutschen Jugendlichen. Online-Rollenspiele sind ebenfalls populär, jedoch werden nicht die großen, kostenpflichtigen, phantasiebetonten Spiele wie „World of Warcraft“ gespielt, sondern kostenfreie und realitätsnahe Plots mit Mensch-ähnlichen Avataren bevorzugt. Ali6 meint „World of Warcraft is blöd, alles nur Fantasie“, wohingegen Mohamed bestätigt: „Autofahren in GTA is wie in echt“. Es ist als interessante Erkenntnis zu verbuchen, dass die Wahl des Avatars stark an realweltliche Zusammenhänge (Autofahren, Wettkampf/Sport, Jagd) geknüpft ist und Phantasiegestalten (z. B. Gnome, Fabelwesen etc.) abgelehnt werden. Die Präsentation im Internet dient also eher dem Self-enhancement als der Alltagsflucht. Phantasiewelten ziehen andere Spielertypen an, die weniger an Wettbewerb und persönlichen Erfolgen als dem Spielerleben und der Spielumwelt interessiert sind. Selbst in Online-Rollenspielen wie „RuneScape“, „Metin 2“ oder „Cabal“ wählen die Befragten menschenähnliche Spielfiguren. Hier können sie Beziehungen zu einer prinzipiell sehr großen Zahl von fremden Mitspielern aufbauen, wobei das Spielsystem die Gemeinschafts- und Gruppenbildung (in Gilden, Horden) unterstützt, zumal viele Spielaktionen alleine undurchführbar sind. Die Bandbreite solcher Online-Beziehungen erstreckt sich von eher kurzfristig geschmiedeten strategischen Allianzen bis hin zu lange andauernden, tiefer gehenden Spielerfreundschaften. (Götzenbrucker/Köhl 2009) „Counter Strike“ – als kompetitives Online-Shooter-Game – bietet prinzipiell nur Mensch-Avatare als Spielfiguren an (Soldaten, Söldner) und wird ebenfalls im Team (einem „Clan“) von vier bis sieben Personen gespielt. Hierbei ist vorab zu erwähnen, dass – entgegen den Vorbehalten der Verrohung oder Nachahmung – die positiven Effekte solcher Spiele nicht zu vernachlässigen sind (Olsen 2009), da die Jugendlichen andere Identitäten ausprobieren können und selbst erleben, wie sich Stress oder Macht anfühlen. Des Weiteren werden Spiele als soziale Aktivität erlebt, die nicht nur Freundschaften stärken, sondern auch zur Ausweitung des Bekanntenkreises beitragen – insbesondere wenn neue SpielerInnen für den Clan rekrutiert werden müssen. Prinzipiell haben also sowohl soziale als auch kompetitive Online-Spiele Beziehungs-Anbahnungsmöglichkeiten und können helfen, das soziale Kapital der SpielerInnen zu steigern. Als zweite wesentliche Internetaktivität wurde von den befragten Jugendlichen die Teilnahme in digitalen Freundschaftsnetzwerken genannt. Alle männlichen Befragten konnten auf ein sog. „Profil“ in Netlog verweisen, die jungen Frauen hingegen meiden diese öffentlichen Varianten der Selbstdarstellung. Als Hauptmotive der Teilnahme in Netz-Communities gelten gemeinhin der Kontakterhalt (Ellison et al. 2007), Kontrolle des eigenen Lebens und des Lebens der Anderen resp. „lifelogging“ (Smart et al. 2007) und das Reputationsmanagement (Götzenbrucker 2010). Die türkischstämmigen Jugendlichen der 2. und 3. Generation nutzen diese Selbstdarstellungs- und Vernetzungsmöglichkeiten massiv – wobei von den männlichen Jugendlichen „standesgemäß“ das „Ghetto Image“ nach dem Vorbild populärer Musikvideos gepflegt wird. Tendenziell wird auf der Netlog-Plattform gechattet und Kontakte in Form von Fotogalerien gesammelt. Dabei zählen nicht nur die Freundschaften innerhalb der Peer-Gruppe als wertvoll, vielmehr werden neue Kontakte gesucht, insbesondere zum anderen Geschlecht: „Net-
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log is gut zum Aufreißen“, betont Osman. Facebook als Alternative können sich die meisten nicht vorstellen, da es zu „international“ und „ernst“ ist. Die jungen Türkinnen nutzen diese Plattformen nicht: „Ich kann nicht da sein, wo meine Brüder sind“, erklärt Fatima. Die Mädchen fühlen sich überwacht und weichen daher auf Privatchats wie MSN und E-Mails aus. Auch dem Mobiltelefon kommt eine vergleichsweise bedeutende Rolle zu, da „private“ Kommunikation möglich ist. Wenn sie dennoch Internetforen nutzen, dann eher „Ethno-Plattformen“ und solche, die keine Registrierung mit echtem Namen erfordern (z. B. cingene oder karizmatik). Den Mädchen erwachsen aus den Möglichkeiten des Internets (z. B. den geschlechterübergreifenden Kommunikationsalternativen) jedenfalls weniger Vorteile im Hinblick auf soziale Vernetzung, Ausweitung des Aktionsradius und Selbstdarstellung als den jungen Männern. 5.1 Freundschaft ist (un)gleich soziales Kapital Die befragten türkischstämmigen Jugendlichen rekrutieren ihre sozialen Beziehungen zumeist im regionalen Umfeld (Wohnumfeld, Parks, Jugendbetreuungseinrichtungen, Internetcafés sowie Schulen) und aus der eigenen Herkunftskultur resp. dem sozialen Milieu. Zudem ist, wie in der Arbeit von Janßen/Polat (2006) ausgewiesen, eine starke Familienzentriertheit zu beobachten. Freundschaften unter den Jugendlichen etablieren sich auch zumeist in geschlechterhomogenen Strukturen. Diese Muster zeigen sich sowohl als enge Freundschaften (Cliquen) als auch in lose geknüpften Bekanntschaften. Aber auch diese reichen nur selten über die Bezirks- oder Stadtgrenze hinaus. Eine Ausnahme ist Seci, der von sich behauptet: „Mich kennt aus jedem Bezirk die Hälfte (der Jugendlichen).“ Enge Freundschaft beruht für die Befragten auf persönlicher Bekanntschaft (Transitivität), räumlicher Nähe (Mik meint „man kennt sich aus dem Wohnblock“), umfasst hohe Vertrauensanteile und Unterstützungsleistungen und basiert zudem auf direkter Akzeptanz durch die anderen Cliquenmitglieder. D. h., die Jugendlichen müssen dauerhaft viel Commitment investieren, um sich diese Beziehungen zu erhalten. Zudem ist Alters- und Interessenhomogenität feststellbar (Homophilie, wonach soziale Beziehungen vorwiegend auf der soziodemografischen Ähnlichkeit von Personen beruhen, McPherson et al. 2001) und schließen nur wenige Nicht-Türkischstämmige ein. Diese starken Beziehungen versprechen jedoch ob ihrer „Enge“ weder neue Sichtweisen noch Zugang zu anderen gesellschaftlichen Ressourcen oder sozialen Gruppen, wie dies im Sinne von Berrys (2001) Integrationskonzept für eine intensivere Annäherung an die Kultur des Aufnahmelandes nötig wäre. Es besteht sogar das Risiko der sozialen Isolation, wenn nur kleine, enge soziale Netzwerke zur Unterstützung vorhanden sind. Aus diesem Grund kommt u. a. den im Internet geknüpften schwachen, lockeren Bindungen ein besonderer Stellenwert im Hinblick auf die gesellschaftliche Integration zu. Diese schwachen Beziehungen sind weniger emotional und intim, können auf diversen Interessen beruhen, erfordern nur temporäres Engagement und sind leichter zu kündigen. Aufgrund des geringeren Verpflichtungscharakters lassen sich zwar nur bescheidene Beziehungserträge erzielen, doch bringen diese Beziehungsformen Kontakte mit Menschen, die außerhalb des persönlichen Erfahrungshorizontes stehen (also nicht schicht-, bildungs- und kulturhomogen sind). Sie sind „lokale Brücken“ in die Umwelt
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und verkürzen resp. beschleunigen die Diffusion von Information und Kommunikation. Somit befördern schwache Beziehungen neue Informationen, Orientierungen oder Rollenangebote und können somit das Set an eingefahrenen Rollenmustern erweitern und die kognitive Flexibilität steigern. Das aus den Beziehungen generierte soziale Kapital bestimmt auch den Grad der Integration. Bestehen kaum Brücken zu anderen Cliquen (d. h. inter-ethnische Kontakte), so ist auch die soziale Mobilität eingeschränkt. Die meisten befragten Jugendlichen haben zwar einen ethnisch gemischten Freundeskreis (nur drei sind ethnisch homogen), doch kommen die nicht-türkischen Kontakte selten über 15% hinaus. Diese inter-ethnischen Beziehungen entstammen wiederum der Schule resp. dem „Grätzel“, d. h. der unmittelbaren Umgebung, und verweisen auf geringe räumliche Mobilität. Die engeren Freundeskreise umfassen im Durchschnitt 14 Personen – und sind bei den Jungen etwas kleiner, da sie von einem starken Ehrenkodex ausgehen und Freundschaften in „echte und falsche“, so Sercan, unterscheiden. Die weiteren Bekanntenkreise erstrecken sich mit großer Varianz auf zwischen fünf und 40, in einem Fall sogar über 100 Personen. Interessanterweise nennen jene Befragten, die Online-Spiele frequentieren, häufiger Internetbekanntschaften, die weder ihrem sozialen Milieu noch der Ethnie oder dem regionalen Umfeld entspringen. Beziehungsdefizite könnten demnach mittels computervermittelter Kommunikation kompensiert resp. neue Beziehungen erschlossen werden (siehe u. a. Studien von Götzenbrucker 2001, 2009 und Utz 2001; Hemminger 2009; Vogelgesang 2000; Wellman 2001; Ellision et al. 2007). Vor allem die Deterritorialisierung von Beziehungen und Identitäten (Hepp 2003; 2009) wird als Chance für soziale Integration gesehen. Folglich soll hier gezeigt werden, inwieweit Online-Spiele und digitale Freundschaftsnetzwerke den Integrationsprozess fördern können. 5.2 Internet-Spielewelten als Integrationsfolie? In Online-Spielen, genau genommen MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role Playing Games), besteht die Spielercommunity häufig aus SpielerInnen unterschiedlicher regionaler und/oder ethnischer oder nationaler Herkunft. SpielerInnen lernen einander u. a. durch die im Spiel erforderlichen Kooperationsleistungen kennen, was bis zur Mitgliedschaft in einer Gilde gehen kann. Unweigerlich werden hier neue Sichtweisen eröffnet sowie soziales Handeln, Einstellungen und Werte verhandelt. (Schumann et al. 2009) Zudem sind Sprachkompetenzen in Deutsch und Englisch erforderlich. Die befragten Jugendlichen spielen ausnahmslos nicht auf türkischen, sondern auf deutschund englischsprachigen Servern. Zwei Spielerportraits aus der Befragtengruppe sollen dies erläutern: Der 15-jährige Sani spielt seit eineinhalb Jahren das Online-Rollenspiel „RuneScape“ und berichtet von zahlreichen Spielerbekanntschaften, die er im Laufe der Teilnahme geschlossen hat „. . . man kennt sich einfach“. Er hat ca. zehn sehr gute Freunde im Spiel, die einander auch helfen. Einer dieser Spielerfreunde ist ein junger Österreicher, zu dem er auch persönlichen Kontakt aufgebaut hat. Der wohnt in einem anderen Bezirk und besucht eine andere Schule. Sani berichtet darüber hinaus, dass er als Spieler in „RuneScape“ keinen Ramadan praktiziert (sein
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Avatar, ein Jäger, „denkt nicht einmal daran“) und sich seine Sprachkenntnisse v. a. in Englisch aufgrund der Spielsprache deutlich verbessert haben. Er möchte zukünftig zu einem Game-Administrator aufsteigen. Isam (16 Jahre) spielt seit 2007 zwei bis drei Stunden pro Tag vorzugsweise „RuneScape“ und wollte eigentlich aufhören. Sein Avatar ist ein „Fernkämpfer“, der nicht in allen Skills auf dem höchsten Level, aber schon relativ weit ist – allerdings nicht so weit, wie er es gerne hätte: Wegen Beleidigungen wurde Isam nämlich mehrmals aus dem Spiel ausgeschlossen und auch einmal ganz ausgesperrt (u. a. zehn Tage stumm gestellt, weil er andere als „nerds“ beschimpft hatte). Erst durch den Bittbrief eines Freundes wurde der Account wieder aktiviert. Wichtig im Spiel sind ihm Stärke, Geld und Arbeit (die er im realen Leben noch nicht gefunden hat). Er geht mit seinem Avatar in die Kirche, um Kraft zu tanken. Im Zuge der Erklärung des Spiels benutzt Isam englische Wörter und Spezialausdrücke. Er hat eine umfangreiche Freundesliste im Spiel (mehr als 20 Freunde), von denen er einige auch persönlich kennt, v. a. die spielenden Burschen aus dem Streetwork-Zentrum in seinem Wiener Bezirk. Isam kennt aber auch deutsche Spieler und einen Österreicher („Johan“), mit dem er häufig gemeinsam spielt. Obwohl sie einander regelmäßig helfen und viel Zeit miteinander verbringen, haben sie sich noch nicht persönlich getroffen.
Beide Spieler kreieren Avatare mit menschlicher Prägung, die einen westeuropäischen Lebensstil in gehobenem sozialen Milieu pflegen. Sie zelebrieren mit ihren Avataren weder Ramadan, noch gehen sie in die Moschee. Zudem erweitern sie ihre realweltlichen, eher sehr kleinen Freundeskreise (Sani hat fünf und Isam drei enge Freunde) mit inter-ethnischen Kontakten zu österreichischen und deutschen Spielern. Isam legt Wert auf die Arbeit und das Geldverdienen im Spiel und testet zudem moralische Grenzen aus. Im realen Leben würde es der schüchterne Junge nie wagen, ungestüm zu sein. Die durch das Spiel ermöglichte Herauslösung aus der physischen Existenz, die bisweilen geprägt ist durch Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung, schafft einen Möglichkeitsraum, der soziale Experimente, persönliche Wirkungsabschätzungen und auch soziale Vergleiche ungestraft und einfach zulässt. Diesem Möglichkeitsraum entspringt z. B. auch die Aufstiegsorientierung von Sani – seinen eigenen Eindrücken zufolge vor allem, weil ihm „hier auch was zugetraut wird“. Insgesamt spielt ein Drittel der männlichen Interviewten Online-Spiele und berichtet über ähnliche Erfahrungen wie den Aufbau neuer Kontakte und soziale Unterstützung. Beispielsweise schwärmt Mohamed von der Hilfsbereitschaft und Solidarität, die er im Online-Spiel „Last Chaos“ kennen gelernt hat: „. . . einen Heiltrank aus(zu)geben“ oder „in einer Gruppe zu spielen, wenn du wenig Leben hast, ist schön“. Die Online-Spieler sind etwas höher gebildet als die anderen, d. h. haben zumeist die Schulpflicht erfüllt oder gehen in die Hauptschule/Polytechnikum und nicht in die Sonderschule; ein Junge ist sogar an einer Höheren Technischen Lehranstalt. Auch ihre Eltern sind vergleichsweise besser gebildet und die Mütter zumeist ins Erwerbsleben integriert. Die Spieler besitzen bis auf eine Ausnahme ihre eigenen Computer und haben multiplen Internetzugang (zu Hause, in der Schule, im Jugendzentrum oder Internetcafé, bei Freunden). Hier stellt sich allerdings die Frage, ob nicht bereits die minimale soziale Besserstellung der Eltern (und nicht die Nutzung des Online-Spiels) die Kontaktchancen im Internet prinzipiell erhöht. Diesem Problem muss in weiteren Studien auf den Grund
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gegangen werden. Zudem gilt, dass Medienkompetenz ein Schichtphänomen ist (PausHasebrink 2009) und höher Gebildete über bessere Kompetenzen verfügen – die in Online-Spielen jedenfalls von Vorteil sind. Umgekehrt kann die Teilnahme an Online-Spielen jedoch auch die Medienkompetenzen verbessern. Sani beispielsweise hat „viel Englisch gelernt“ und hat „. . . fast schon in paar Admin-Skills“. 5.3 Soziale Netzwerkseiten als Kommunikationsalternative Wie bereits zu Beginn des Beitrags erwähnt, sind Netzwerk-Services auch unter türkischstämmigen Jugendlichen eine sehr populäre Variante der Selbstdarstellung, Vernetzung und Kommunikation. Auch hier ist die Teilnahmebereitschaft der jungen Frauen und Mädchen deutlich geringer. Unserer zweiten These zufolge ergeben sich anhand demographischer Faktoren und Lebensbedingungen unterschiedliche, an Medien und Technologien ausgerichtete „Medien-Lebensstile“ (Saxer/Landolt 1995; Eichmann 2000)7, wobei von einer dialektischen Entwicklung ausgegangen werden kann: Einerseits sind Medienzugang und -nutzung geprägt durch Lebensverhältnisse, woraus sich soziale Ungleichheiten im Zugang zu Technologie und bezüglich der Medienkompetenzen ergeben. Andererseits kreieren Medieninhalte auch spezifische ästhetische Praxen bis hin zu Lebenskonzepten; wobei Technologien auch sozial überformt werden. So entstehen Aneignungsweisen, Rezeptions- und Interaktionspraktiken mit Medientexten. Da Medienkompetenz an das Bildungskapital gekoppelt ist, stellt das Internet eine mögliche Alternative zu traditionellen Bildungsprozessen, in denen MigrantInnen zumeist schlechte Chancen8 haben, dar. Laut Hugger (2008) fungiert das Internet „als transnationaler Bildungsraum für junge Migranten“, zumal in diesen „national-ethnischkulturellen Hybrid-Umgebungen“ soziale Anerkennungsprobleme kompensiert werden und fehlende „identitäre Vergewisserung“ eingeholt werden kann. Bildungstheoretisch ausgedrückt unterstützt das Internet die „orientierte Reflexion“ und hilft, „prekäre Zugehörigkeit . . . (zu) verarbeiten“. Bezüglich der durch Medienzugang und -nutzung geprägten Lebensverhältnisse kann die deutsche SINUS-Studie 2008, die MigrantInnen und Zuwanderer hinsichtlich unterschiedlicher sozialer Milieus einteilt, als Interpretationsfolie herangezogen werden:9 Die Interessenprofile der jungen Menschen mit Migrationshintergrund sind allem voran Musik (89%), Freundschaft/Liebe/Partnerschaft (80%), Kino/Film (77%) und Computer/Internet (71%), wobei hier v. a. das große Interesse an Computer und Internet durchschlägt, zumal diese Technologien die Jugendlichen in der Ausübung all dieser Interessen unterstützen. Die Lieblingsaktivitäten der Wiener Befragten im Internet sind ebenfalls Musik, „Lieder hören“, so Nagi (auf Youtube und Mobiltelefon), Chatten zum „Kennenlernen“, meint Seci (auf MSN und auf Netlog) und „lustige Filme gemeinsam ansehen“, bestätigen Ahmed und Mohammed (auf Youtube). Abgesehen von erheblichen geschlechterspezifischen Differenzen zeigt sich auch, dass die Befragten im Vergleich weniger Vorteile aus digitalen Freundschaftsnetzwerken ziehen als österreichische Jugendliche. Sie nutzen Netlog weder zur Internationalisierung ihrer Kontakte noch als Plattform für kollaboratives Lernen oder zur (politischen) Mobilisierung und haben auch hinsichtlich des Datenschutzes kaum Bedenken. Großegger (2010) zufolge
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haben junge MigrantInnen auch weniger Ahnung bezüglich der Sicherheitseinstellungen der Plattformen und machen ihre Profile häufiger für alle einsehbar. Sie berichten auch öfter von negativen Erfahrungen in digitalen Freundschaftsnetzwerken. Die Internetnutzung der befragten türkischstämmigen Jungen ist sehr stark auf auditive und visuelle Inhalte (v. a. Youtube) ausgerichtet. Chatten (mit MSN oder Netlog.de) ist ebenfalls populär, weil niederschwellig: Hier muss nicht auf die richtige Schreibweise oder Grammatik geachtet werden. Angebote wie Blogs, Wikis oder reine Textseiten (z. B. Nachrichten) werden nicht genutzt. Der Computer resp. das Internet ist ein unverzichtbares alltägliches „Gebrauchsgut“ im – ausschließlich – freizeitlichen Lebenszusammenhang. Aber das Mobiltelefon ist für die meisten Befragten wesentlich wichtiger, weil es einfacher, unmittelbarer und immer verfügbar ist und Anschluss an den Freundeskreis gewährleistet. Mikail bringt es auf den Punkt: „Ich hab manchmal sogar Kopfweh vom vielen Telefonieren“. Dieser Freundeskreis ist jedoch bereits vorselektiert (Nummernspeicher) und kann mittels Medium/Technologie nicht einfach erweitert werden. Auch Netlog10 dient mittlerweile dem Zusammenhalt des Freundeskreises. Abdullah erzählt, dass er seinen Netlog-Account eigentlich aus Desinteresse schließen wollte, jedoch von seinen Freunden „gezwungen“ wurde, diesen wieder zu aktivieren. Sie hatten ihn auf der Plattform „vermisst“. Ahmed hat ein Profil mit 153 FreundInnen, obwohl er erst „vor einem Jahr (von Freunden auf Netlog) eingeschult“ wurde. Für ihn ist sein Netlog-Netzwerk unverzichtbar und wichtig, vor allem, um „Fragen stellen“ zu können: „Wo ist der und der? Was macht’s ihr gerade? Wer weiß das?“ etc. Die Befragten pflegen einen eher spielerischen Umgang mit der Netlog-Plattform, kreieren ihre Profilseiten detailreich und bemühen sich mittels hochgeladener Fotos, Videos und Reime auch um ein „cooles“ Image. Wächter (2009) belegt, dass MigrantInnen wesentlich häufiger als andere WienerInnen ihre Profilfotos ändern und auch häufiger (Kurz-)Kommentare verfassen. Neben dem Identitätsmanagement und Kontaktaufbau wird die Plattform „massiv“ für Reputationszwecke genutzt: je mehr FreundInnen, desto besser. Emir, 16 Jahre alt, hat 50 Freundeskontakte, darunter 40 junge Frauen. Eine Untersuchung von 92 Netlog-Profilen türkischstämmiger Jugendlicher zeigt, dass im Durchschnitt nur 22% aller geaddeten FreundInnen einen türkischen Migrationshintergrund haben, d. h. das Homophilie-Prinzip auf Netlog durchbrochen wird. Burschen tendieren allerdings eher zu innerethnischen Kontakten. Allerdings gelten die hier identifizierten sozialen Vernetzungen nicht als echte „weak ties“, zumal technische Empfehlstrukturen die Auswahl der potenziellen Freunde präformieren. Das System schlägt vor, wer sich aufgrund von gleichen Interessen oder gemeinsamen Freunden noch kennenlernen sollte, d. h. verhindert diverse Kontakte. Es zeigen sich bezüglich der Netlog-Nutzung große Geschlechterunterschiede (Sehidoglu 2009). Während die männlichen Jugendlichen diese Plattform hauptsächlich zur Selbstdarstellung und zum Kennenlernen von Frauen nutzen, gehen die Mädchen sehr sorgsam mit ihren digitalen Daten um. Sie nutzen lieber den Chat und E-Mail, sehr gerne auch das Mobiltelefon. Hauptargument der eingeschränkten Nutzung von Netlog oder Facebook ist die Angst, dass ihre privaten Daten und Selbstoffenbarungen (Fotos, soziale Beziehungen, Gefühlsäußerungen) öffentlich werden und ihre Familie diese sehen könnte – was sie in einen Konflikt mit dem Verhaltenskodex ihrer türkischen Herkunftskultur bringen würde.
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6 Resümee Dieser Beitrag thematisiert die Chancen und Risiken der Integration türkischstämmiger Jugendlicher aus dem Arbeiterzuwanderungsmilieu in die österreichische Gesellschaft mittels Online-Spielen und digitalen Freundschaftsnetzwerken. Hauptergebnis der semistrukturierten Medien-Interviews ist, dass v. a. die höher gebildeten Jugendlichen, die beispielsweise auch Online-Spiele frequentieren, bessere Potenziale zur Generierung von neuen, inter-ethnischen Kontakten aufweisen als Jugendliche mit geringerem Bildungskapital. Sie sind beispielsweise in der Lage, heterogene Freundschaften und Bekanntschaften aus den Internetangeboten zu lukrieren und lernen auch alternative soziale Konventionen und Werte in den Spielen kennen. Dies integriert sie jedoch nicht nur in die Spielwelten an sich, vielmehr haben diese schwachen Beziehungen auch Brückenfunktionen und können sich in das reale Leben der Jugendlichen einschreiben. Online-Spiele sind demnach auch zur Ausweitung des sozialen Handlungsspielraumes prädestiniert. Das erscheint umso gewinnbringender, als sich die realweltlichen sozialen Beziehungen der befragten Jugendlichen eher auf direkte, reziproke, unterstützende Beziehungen beschränken, die in erster Linie auf Bewahrung und nicht auf Veränderung ausgerichtet sind. Mittels Internet lässt sich die Beziehungsmobilität und Diversität erhöhen. Im Vergleich zu Online-Spielen und den angeschlossenen Spieler-Communities (z. B. Gilden) sind digitale Freundschaftsnetzwerke wie Netlog allerdings weniger geeignet, alternative Lebenserfahrungen zu sammeln: Aufgrund der technisch prädeterminierten Empfehl- und Vernetzungsstruktur sind sie keine guten Ressourcen für den Aufbau jener schwachen Beziehungen, die als horizonterweiternd gelten. Sie unterstützen eher das Gleichheitsprinzip (Fuhse 2009), zumal der „Friendfinder“ auf Netlog den NutzerInnen neue Kontakte nur auf der Basis von Ähnlichkeiten (gemeinsame Freunde, gleiche Ethnie oder gleiche Interessen) vorschlägt. Darüber hinaus wird von den jungen türkischstämmigen WienerInnen gezielt Kontaktsuche (Flirt, Partnerschaft) betrieben, was die Netzwerke auf bestimmte Beziehungsdimensionen einschränkt. Zwei Drittel der befragten Jugendlichen nutzen das Internet eher für niederschwellige Aktivitäten wie Musikvideo-Rezeption auf YouTube oder Chatten. Dies tun sie auch zumeist im Kreise ihrer engen Freunde. Sie nutzen die Möglichkeiten des Internets, mit anderen Akteuren, Kulturen oder Sichtweisen in Kontakt zu kommen, nur bedingt. Insbesondere die jungen Frauen aus dem Arbeiterzuwanderungsmilieu haben Probleme, die Vernetzungsoptionen des Internets positiv für sich zu nutzen; zu stark sind die an traditionelle Werte und Ethiken angelehnten Erfordernisse der elterlich verordneten Lebensführung. Internetplattformen (z. B. Ethno-Portale) werden nur anonym aufgesucht, viel wichtiger ist der private Chat und die Kommunikation mit dem Mobiltelefon – da „abhörsicher“. Die Bandbreite der Kontrolle reicht von Fatima, der beispielsweise von den Eltern alle technischen Kommunikationsmittel verboten werden, weil sie mit dem „falschen Jungen gechattet“ hat, bis hin zu Sibel, die mit ihren „Jungs“ quasi im Internetcafé „wohnt“ und nur aufpassen muss, dass sie ihren Brüdern ausweicht. Das Mobiltelefon spielt für sie eine wesentlich wichtigere Rolle für die Beziehungsarbeit; allerdings sind damit die Chancen auf Diversifizierung der Beziehungen abermals eingeschränkt, da sich mittels Telefon kaum neue Kontakte ergeben (eine Ausnahme ist das u. a. in Thailand beobachtete „miscalls“-Phänomen11, das aber in Österreich so gut wie unbekannt ist).
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Anmerkungen 1 Nach Coleman (1988) ist „closure“ über Existenz von ausreichenden sozialen Beziehungen innerhalb einer Gruppe definiert, um soziale Normen zu erhalten. Seiner Meinung nach sind dichte soziale Netzwerke essentiell, um Normen zu erhalten. Dieses Konzept steht in Opposition zu Bourdieu (1983), der eher den Aspekt der Zuschreibung betont, und zu Burt (1992), der auf ökonomische Aspekte des sozialen Kapitals nach dem Prinzip der Ressourcenschonung fokussiert. 2 Gans’ (1992) These des „second generation decline“ besagt, dass Jugendliche der zweiten Generation, die in ärmeren sozioökonomischen Verhältnissen aufwachsen, größere schulische Schwierigkeiten haben als Mittelstandskinder. Auch haben Studien aus Deutschland und Österreich gezeigt, dass die Nachkommen von türkischen Gastarbeitern im mitteleuropäischen Bildungssystem am wenigsten erfolgreich sind (Herzog-Punzenberger 2006). 3 Rund um Ego (die befragte Person) werden die sozialen Beziehungen je nach Nähe/Distanz in eine „target“ eingetragen. 4 Hierher kommen viele Jugendliche, die zu Hause zu wenig Platz und Eigenraumanteil resp. Intimsphäre haben; zudem haben sich die Zentren und Parks als Treffpunkte für Jugendgruppen etabliert. 5 Dieses Milieu findet sich nicht nur in Wien, sondern auch in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt. 6 Alle Namen wurden aus Anonymitätsgründen geändert. 7 Kombüchen (1999) weist einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Nutzung neuer Medien und dem sozialen Milieu nach; d. h., Neue Medien werden vorwiegend von höheren „Selbstverwirklichungsmilieus“ genutzt, und passive Mediennutzung sowie Medienvielnutzung ist eher den weniger gebildeten Milieus affin. Eichmann (2000) konkretisiert diesen „gap“ anhand der Analyse zahlreicher Studien zur Medien- und Technologienutzung, wobei sich ein eindeutiges Bild unterschiedlicher Zugangschancengerechtigkeiten und Kompetenzniveaus der NutzerInnen je nach Herkunftsmilieu ergibt. 8 Hinsichtlich der Bildungschancen sind in Österreich MigrantInnen im Allgemeinen und türkische MigrantInnen und Zuwanderer der 2. Generation im Speziellen als eindeutig deprivilegiert zu bezeichnen. (Unterwurzbacher 2006, S. 71 ff.; Herzog-Punzenberger 2006) 9 Die befragten türkischen Jugendlichen stehen dem Sinus BC3 Milieu (hedonistisch subkulturelles Milieu) am nächsten: „Die unangepasste 2. Generation mit defizitärer Identität und Perspektive, die Spaß haben will und sich den Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft verweigert“. (Klingler/Kutteroff 2009) 10 Netlog ist in 27 Sprachen verfügbar und hat europaweit über 60 Millionen registrierte Mitglieder hat. Die Plattform wird von den Jugendlichen, obwohl es auch eine türkische Version gibt, ausschließlich auf Deutsch genutzt. 11 Miscalls sind willkürliche Telefonanrufe, die an Unbekannte gerichtet sind – mit dem Ziel des Gesprächs und/oder Kontaktaufbaus.
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Gerit Götzenbrucker ist Privatdozentin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Neue Medien und Technologien, Technikfolgenabschätzung; Soziale Netzwerkanalyse; Digitale Spiele; Journalismus; Berufsforschung und Organisationskommunikation; Differenz und Migration. Barbara Franz ist Assoziierte Professorin am Department für politische Wissenschaften an der Rider University, New Jersey, USA. Forschungsschwerpunkte: Migrationsforschung, International Relations.