uwf (2008) 16:237–243 DOI 10.1007/s00550-008-0101-4
Schwerpunktthema
Kompetenzentwicklung zum Nachhaltigen Wirtschaften Holger Rohn · Anna Bliesner
Online veröffentlicht: 28. 10. 2008 © Springer-Verlag 2008
dung aus Projektarbeiten im Bereich der Ernährungsbranche und deren Beitrag zu einem NHRM vorgestellt und reflektiert. Herausforderung Kompetenzentwicklung für Nachhaltiges Wirtschaften Holger Rohn
Anna Bliesner
Der vorliegende Beitrag greift das Schwerpunktthema „Nachhaltiges Human Resource Management“ (NHRM) am Beispiel der Ernährungs-/Lebensmittelbranche auf und fokussiert dabei auf den Bereich der beruflichen Kompetenz entwicklung. Dazu wird die Relevanz des Bedarfsfeldes Ernährung vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen Nachhaltigen Wirtschaftens und die Rolle der Kompetenzentwicklung für Nachhaltigkeit eingeordnet. Exemplarisch werden Methoden und Instrumente zur Kompetenzentwicklung in der beruflichen Aus- und Weiterbil-
Holger Rohn (), Geschäftsführender Gesellschafter der Trifolium – Beratungsgesellschaft mbH und Senior Consultant/Koordinator in der FG Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Trifolium – Beratungsgesellschaft mbH, Hanauer Str. 10, 61169 Friedberg E-Mail:
[email protected] Anna Bliesner, Junior Research Fellow, FG Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Döppersberg 19, 42103 Wuppertal E-Mail:
[email protected]
Das Leitbild Nachhaltigkeit hat international wie national in den vergangenen 15 Jahren deutlich an Bedeutung zugenommen und Eingang auf unterschiedlichen Ebenen gefunden. Dennoch muss auf Basis der Entwicklungen konstatiert werden, dass trotz einer Vielzahl an positiven Aktivitäten unterschiedlicher Akteure national und international noch erheblicher, drängender Handlungsbedarf besteht. Aktuell sind wir sowohl unter ökonomischen, sozialen als auch ökologischen Aspekten weit entfernt von einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Wie weit wir von einer nachhaltigen Nutzung unserer Ökosysteme und von einem nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen entfernt sind, ist exemplarisch in Abbildung 1 dargestellt. So dürfen wir demnach als globale Ziele bis 2050 z. B. den ökologischen Fußabdruck pro Person von 1,2 Hektar nicht überschreiten und der weltweite Verbrauch pro Person an nicht erneuerbaren Ressourcen darf 6 t/Jahr nicht überschreiten. Diese Ziele implizieren eine enorme Steigerung der Ressourceneffizienz in den industrialisierten Ländern (für Deutschland z. B. um ca. den Faktor 10). Mit dem Bedarfsfeld Ernährung sind eine Vielzahl wichtiger sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte verbunden: Die Ernährungsbranche gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen in Deutschland. So erwirtschafteten die ca. 5.700 Betriebe der Ernährungsindustrie im Jahre 2007 einen Umsatz von 147,6 Milliarden Euro und beschäftigten 516.700 Menschen [1].
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Abb. 1 Ziele Nachhaltigen Wirtschaftens bis 2050: Welt, EU, Deutschland. Quelle: Wuppertal Institut
Am Beispiel des Ressourcenverbrauchs nach Bedarfsfeldern zeigt sich, dass der Anteil unserer Ernährung bei ca. 20 % liegt [2]. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt die Erzeugung von Nahrungsmitteln zudem für den Klimawandel. Eine aktuelle Studie [3] zeigt, das z. B. der Treibhausgaseffekt von 1 kg Rindfleisch (konventionell) vergleichbar ist mit 70,6 gefahrenen Autokilometern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass eine gesunde bzw. ungesunde Ernährung unmittelbaren Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden jedes einzelnen Menschen und dadurch auch auf Folgeindikatoren wie z. B. Arbeitsproduktivität oder Krankheitskosten hat. Für Unternehmen der Ernährungsbranche liegt es daher auf der Hand, dass sie eine große Verantwortung im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung tragen: Einerseits durch die Art und Inhaltsstoffe der produzierten Produkte, andererseits durch die Prozesse, die mit den Produkten über die gesamte Wertschöpfungskette verbunden sind. Im Sinne Nachhaltigen Wirtschaftens gilt es beides unter ökologischen, sozialen und ökonomischen Gesichtpunkten zu optimieren, von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, Distribution/Handel, Nutzungsphase bis hin zu Recycling und Entsorgung. Für die Ziele einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist es notwendig Menschen dazu zu befähigen, das Leitbild Nachhaltige Entwicklung in ihrer alltäglichen und auch beruflichen Lebenswelt aktiv und gestaltend umzusetzen. Mit Blick auf das Human Resource Management (HRM) in Unternehmen bedeutet dies, dass sie, um zukunftsfähig wirtschaften zu können, entsprechend ausgebildete Beschäftigte benötigen. Dazu ist – heute schon und künftig noch viel stärker – eine ganzheitliche Kompetenzentwicklung für Nachhaltiges Wirtschaften in der beruflichen Aus- und Weiterbildung erforderlich, die sowohl Unternehmer als auch
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Beschäftigte befähigt, diese Wirtschaftsweise tagtäglich in ihren Entscheidungen und bei der Umsetzung ihrer Arbeitsaufgaben zu beachten. Für die Kompetenzentwicklung im Rahmen des HRM bedeutet dies ferner, dass sie eingebettet sein muss in ganzheitliche Konzepte zur Unternehmens-/Organisationsentwicklung [4]. Das Lernen von und in Unternehmen stößt dabei immer wieder an Grenzen, die Blockaden des Lernens sind vielfältig und systematisch zugleich [5]. Josef Scheff [6] konstatiert insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), dass meist höchst „unsystematisch“, „ad hoc“ und „unkontrolliert“ gelernt wird und zählt sechs Lernbarrieren auf, die es im Zuge einer systematischen Kompetenzentwicklung zu überwinden gilt: 1. Bedeutung von Wissen als Ressource wird verkannt 2. Konzentration auf das Tagesgeschäft und mangelnde strategische Orientierung 3. Organisationale Lernprozesse vollziehen sich sehr oft unbewusst und ungesteuert 4. Ausrichtung des Lernens nur auf fachliche Inhalte und schnelle Umsetzbarkeit 5. Lernaktivitätsniveau ist stark von der Einstellung der Führungskräfte und der Leitungsebene abhängig 6. Lerninstrumentarien nur rudimentär vorhanden, hohe Transferverluste Doch welche Kompetenzen sind es, die für die Umsetzung und Gestaltung des betrieblichen Alltags auf eine zukunftsfähige Art und Weise gefördert werden müssen? Die Dinge im betrieblichen Kontext „richtig zu tun“ (Effizienz) und darüber hinaus im Sinne einer zukunftsfähigen Wirtschaftsweise auch „die richtigen Dinge“ zu tun (Effektivität), stellt hohe Anforderungen an die zu entwickelnden Qualifizierungsmaßnahmen und ihre didaktische Aufbereitung [7].
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Neben dem Willen des Menschen, nachhaltig zu handeln, kommt vor allem dem Faktor Können eine wesentliche Bedeutung zu. Der vielzitierte Leitspruch „Vom Denken zum Handeln“ kann demnach als verkürzt betrachtet werden und könnte wie folgt erweitert werden: „Vom Denken über das Wollen und Können zum Handeln“ [8]. Nachhaltig zu denken und zu handeln ist eine Herausforderung, deren Bewältigung es spezifischer Kompetenzen (lat.: competere, zu etwas fähig sein) bedarf. Kompetenzentwicklung stellt dabei eine wesentliche Stellschraube auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Entwicklung dar. Um Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung zu betreiben, sollte diese professionalisiert und theoretisch fundiert betrieben werden. Kompetenz-Konzepte und -Systematiken geben dafür den Rahmen der Bildungsarbeit vor. Kompetenzentwicklung für Nachhaltigkeit in der Ernährungsbranche Ein ausdifferenziertes, konsensfähiges Kompetenz-Konzept für eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung existiert derzeit noch nicht. Betrachtet man bestehende Konzepte der Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung, kann festgehalten werden, dass im Zuge der Bemühungen zur Umsetzung des Leitbildes Nachhaltige Entwicklung bislang erst einige wenige Kompetenzkonzepte entwickelt wurden. Für den nationalen Bildungsbereich wurde das Leitbild der Nachhaltigkeit über die Formulierung von Kompetenz-Katalogen insbesondere durch die Bund-Länder-Kommission fassbar gemacht. Der auf den allgemeinbildenden Bereich Bezug nehmende „Orientierungsrahmen Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung“ fasst wesentliche Fähigkeiten und Kompetenzen zur Umsetzung des Leitbildes Nachhaltigkeit zusammen [9], ist aber nur begrenzt für die berufliche Bildung einsetzbar. Kompetenzen für Nachhaltigkeit, die sich speziell auf die berufliche Bildung beziehen, wurden erstmals 2003 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Zuge der ersten bundesweiten Fachtagung „Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung“ erwähnt. Die dort erwähnten Kompetenzen wurden allerdings zum überwiegenden Teil umschrieben und nicht in einer Kompetenz-Systematik ausgearbeitet [10]. Auch bzgl. der Angebote zur Qualifizierung und Kompetenzentwicklung für eine nachhaltige Entwicklung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung [11] der Ernährungsbranche lässt sich eine Lücke feststellen. So wird der Themenbereich des Nachhaltigen Wirtschaftens in den Ausbildungsverordnungen des Berufsfeldes Ernährung derzeit lediglich in Ansatzpunkten berücksichtigt (z. B. im Einzelhandel). Auch im Tertiärbereich des Deutschen Bildungssystems sind Aspekte Nachhaltigen Wirtschaftens mit einem Bezug zur Ernährungsbranche wenig vertreten. Zwar
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hat zwar das Angebot an nachhaltigkeitsrelevanten Studienangeboten stetig zugenommen – derzeit werden über 100 eigenständige umweltbezogene Studiengänge und etwa 300 Studiengänge mit einem maßgeblichen Anteil an Nachhaltigkeitsthemen angeboten [12], – dennoch ist die Verbindung von Ernährungsthemen und nachhaltiger Entwicklung als Schwerpunkt z. B. eines Masterstudiengangs eher die Ausnahme (z. B. Fachhochschule Münster „Nachhaltige Ernährungs- und Dienstleistungswirtschaft“). Als Randthema wird die Leitidee Nachhaltigkeit in Studiengängen häufiger, aber immer noch unterrepräsentiert, behandelt. Abschließend stellt sich auch für den Bereich der beruflichen/betrieblichen Weiterbildungsangebote das Bild ähnlich dar. Angebote, die Nachhaltiges Wirtschaften in der Ernährungsbranche in den Mittelpunkt stellen, sind nur sehr begrenzt vorhanden. So kann abschließend festgehalten werden, dass Personen mit Qualifikationen und Kompetenzen im Bereich Nachhaltiges Wirtschaften in der Ernährungsbranche derzeit auf dem Personalmarkt noch zu wenig vertreten sind und entsprechende Kompetenzen im Rahmen betrieblicher Weiterbildung über Personalentwicklung noch zu wenig gefördert werden. An dieser Stelle setzen Pilotprojekte wie „kompakt – Zukunftssicherung durch nachhaltige Kompetenzentwicklung in KMU der Ernährungswirtschaft“ [13, 14] und das aus dem Teilprojekt „Fachberater für Nachhaltiges Wirtschaften (FANWI)“ [15] entwickelte „Leonardo da Vinci“-Projekt EuKoNa „Europäische Kompetenzentwicklung zum nachhaltigen Wirtschaften – Curricula und Lehr-/Lernmaterialien für die Berufsbildung in der Ernährungsbranche“ [16] an. Auf das Projekt EuKoNa wird nachfolgend beispielhaft eingegangen. Die primäre Zielgruppe des Projektes EuKoNa sind Lehrkräfte und Ausbilder in den beteiligten Partnerländern und, abgeleitet davon, auch im europäischen Raum. Demnach sind die Ziele des Projektes die Erprobung neuer Lernkonzepte und die Förderung der Weiterbildung von Lehrkräften, Ausbildern und Dozenten sowie – damit verbunden – eine Qualitätsförderung der europäischen Systeme in der Berufsbildung für den Bereich „Nachhaltiges Wirtschaften“. Dazu werden Curricula und Lehr-/Lernmaterialien sowie Lernmedien für eine nachhaltige berufliche Aus- und Weiterbildung in der Ernährungsbranche entwickelt und erprobt. EuKoNa wird in einer konkreten Branche, der Ernährungsbranche, mit verschiedenen Zielgruppen in der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung pilothaft umgesetzt. Weitere Ziele von EuKoNa liegen in der Identifikation von nachhaltigkeitsrelevanten Kompetenzen und der Erarbeitung von Empfehlungen für den Transfer auf andere länderspezifische Zielgruppen. Die Projektpartner von EuKoNa kommen aus unterschiedlichen Bereichen der beruflichen Bildung, wie Abbildung 2 verdeutlicht. So kann das Projekt eine große Bandbreite von Bildungsbereichen, von der Dualen Ausbildung
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Abb. 2 Bildungsbereiche und Zielgruppen entlang der Wertschöpfungskette (Quelle: eigene Darstellung)
bis hin zu dem Bereich des beruflichen Management-Trainings, bedienen [17]. Zugleich fasst EuKoNa für den Bereich der Ernährungsbranche die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick. So wird das Thema Ressourceneffizienz ebenso in den Lehr-/ Lernmaterialien bearbeitet wie das Thema nachhaltiger Konsum (zum Beispiel soziale und ökologische Produktlabel). Wesentliche Herausforderungen und zugleich Handlungsoptionen für eine Kompetenzentwicklung im Bereich Supply Chain Ernährung liegen sowohl in den unterschiedlichen Phasen der Produkterstellung und des Handels als auch in der Konsumphase durch die jeweiligen Konsumstile. Nachfolgend soll der Fokus auf den Bereich der beruflichen Kompetenzentwicklung in Bezug auf Nachhaltiges Wirtschaften gelegt werden. Umsetzungsbeispiele zur nachhaltigen Kompetenzentwicklung Um die Belange der Nachhaltigkeit und des Nachhaltigen Wirtschaftens in die Inhalte der beruflichen Bildung auf den verschiedenen Ebenen von der Ausbildung im Dualen Sytem bis zum Bereich Management-Training zu inte grieren, hat sich EuKoNa u. a. auf die Erstellung von Lehr-/ Lernmaterialien und Medien konzentriert. Diese dienen der Kompetenzentwicklung und folgen ausgewählten didaktischen Prinzipien. Die zu fördernden Kompetenzen, welche die Zielgruppen von EuKoNa zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise befähigen, wurden dabei auf der Grundlage der Lernergebnisse beschrieben. Abstand nehmend von dem weit verbreiteten Vorgehen, Kompetenzen hauptsächlich über Begrifflichkeiten zu erfassen, wurden die Kompetenzbeschreibungen am sogenannten „learning outcome“, am Lernergebnis, ausgerichtet. Die Beschreibungen geben Auskunft darüber, was der Lernende nach Abschluss der
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Lernphase weiß, in der Lage zu tun ist und verstehen bzw. umsetzen kann. Damit ist das Projekt EuKoNa auch auf europäischer Ebene anschlussfähig in Hinblick auf die Bemühungen zur Vergleichbarkeit von Kompetenzen und Qualifikationen. Im Rahmen des Projektes sollen die erworbenen Kompetenzen an die Systematik des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) angeschlossen werden. Der Europäische Qualifikationsrahmen, dessen Ziel die Erhöhung der Mobilität auf dem Arbeitsmarkt ist, ist ein Instrument, mit dessen Hilfe Aussagen zu verschiedenartigen Lernergebnissen getroffen werden können. Er ist als ein neutrales europäisches Übersetzungssystem für das Niveau von Qualifikationen und die zu ihnen hinführenden Bildungsgänge zu verstehen [18]. Der Referenzrahmen lässt es zu, nach Abschluss eines Lernprozesses Aussagen über das (auch informell erworbene) Wissen eines Lernenden zu treffen. Die Beschreibung der Kompetenzen bei EuKoNa geht von dem didaktischen Prinzip der vollständigen Handlung aus, welches alle relevanten Kompetenzbereiche beinhaltet [19]. Konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass Lernende in die Lage versetzt werden, Problem- und Handlungssituationen des Nachhaltigen Wirtschaftens zu erkennen und sich unter Bezugnahme auf Nachhaltigkeitsaspekte darüber auszutauschen sowie betriebliche Handlungssituationen und betriebliche Systeme, Produkte und Prozesse unter Nachhaltigkeitsaspekten zu analysieren. Abbildung 3 zeigt exemplarisch das EuKoNa-Raster für die Dokumentation von Bildungsmodulen anhand eines Modules aus dem Curriculum des Einzelhandels. Dem Dokumentationsraster aus Abb. 3 folgend, wurden in allen Partnerländern mit curricularem Bezug entsprechende Curricula formuliert. Auf diese Weise kann eine breite Implementierung des Nachhaltigen Wirtschaftens in die verschiedenen Bereiche der Ernährungsbranche erreicht werden. Im einzelnen beziehen sich die Curricula auf:
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Abb. 3 Lernergebnis-orientierte Kompetenzbeschreibung in EuKoNa [20]
• „Nachhaltiges Wirtschaften im Handel“ (Dortmund, Unna, Ungarn) • „Nachhaltiges Handeln im Hotel- und Gaststättengewerbe“ (Krefeld, Ungarn) • „Fachberater für nachhaltiges Wirtschaften – Schwerpunkt Ernährung“ (Wuppertal) • „Sustainability Management für Führungskräfte der Nahrungsmittelbranche – das wertebasierte Nachhaltigkeitsprogramm“ (Österreich) • „Environmental operative in vocational training“ (Finnland) • „Sustainability for Fish Canning Processing in further management education“ (Spanien) Wesentlich bei der Konzeptionierung von Lehr-/Lernmaterialien ist die Verwendung von didaktisch abgestimmten Medien und Methoden zur Kompetenzentwicklung. So wurden im Rahmen von Pilotierungen der Lehr-/Lernmaterialien z. B. Kurzfilme zur Nachhaltigkeit eingesetzt [21], welche das Thema zielgruppenspezifisch und eindringlich aufbereiten. Des Weiteren wird der Nachhaltigkeitskoffer [22], mit welchem anschaulich das Thema Nachhaltigkeit gemeinsam mit unterschiedlichen Zielgruppen erarbeitet werden kann, im Projekt eingesetzt. Neben der Verwendung bereits bestehender Medien und Materialien werden im EuKoNaProjektzusammenhang auch eigene Medien entwickelt. Zu nennen ist hier beispielsweise das EuKoNa-mapping, welches in spielerischer Form die komplexen (Wirkungs-)Zusammenhänge der Nachhaltigkeit und des Nachhaltigen
Wirtschaftens aufzeigt. Das selbst entwickelte Spiel wird den Projektpartnern und der Öffentlichkeit in unterschiedlicher Form zugänglich gemacht und in die Sprachen der Projektpartner übersetzt werden. EuKoNa-mapping wird sowohl elektronisch als auch als printversion im Posterformat zur Verfügung gestellt. Ein eigener EuKoNa-Film wird begleitend über das Projekt und dessen Ergebnisse erstellt. Er wird sowohl als Lehr-/Lernmedium als auch für die Verbreitung der Projektprodukte genutzt werden. Das Informationsportal für eine zukunftsfähige Ernährungswirtschaft www.csr-food.com stellt in deutscher und englischer Sprache umfangreiche Angebote insbesondere für die Zielgruppe Unternehmen, aber auch für weitere Interessierte (z. B. die Lehrer/-innen und Dozenten/-innen in der beruflichen Bildung) zur Verfügung. Der Fokus liegt auf Labeln und Standards in der Ernährungsbranche. Darüber hinaus umfasst das Informationsportal weitere Instrumente zum Nachhaltigen Wirtschaften, umfangreiche Links runden das Angebot ab. Ein Instrument zur Sensibilisierung der Beschäftigten für Nachhaltigkeitsaspekte im eigenen Unternehmen, das im Projektzusammenhang z. T. adaptiert und für den Einsatz in allen Projektpartnerländern übersetzt wurde, ist der Initiale Nachhaltigkeits-Check (INC) [23]. Weitere typische Instrumente, die im Rahmen der Lehr-/ Lernmaterialien aufbereitet und eingesetzt werden, sind z. B. Stakeholderanalyse, Nachhaltigkeitsbewertung, Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie Sustainable Balance Scorecard.
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Fazit und Ausblick Der nachhaltigen Kompetenzentwicklung im Bereich Supply Chain Ernährung kommt, wie eingangs aufgezeigt, aufgrund ihrer großen sozialen, ökologischen und ökonomischen Bedeutung einerseits, und zugleich aufgrund der Herausforderungen national wie international andererseits, eine hervorgehobene Rolle zu. Ansatzpunkte zur Kompetenzentwicklung gibt es dabei entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, den Handel, den Konsum sowie das Recycling/ die Entsorgung. Im betrieblichen HRM bietet die Kompetenzentwicklung einen entscheidenden Hebel, um innerbetriebliche Verbesserungspotenziale zu schöpfen, aber auch um die Wertschöpfungskette zu optimieren. Betriebliche Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung für Nachhaltigkeit in der Ernährungsbranche können zudem ein wichtiger Impulsgeber für die Stellgröße „Nachhaltiger Konsum/-stile“ sein. Es wurde dargestellt, dass Angebote zur beruflichen Kompetenzentwicklung und hier speziell im Bereich der Ernährungsbranche nur in Ansätzen bestehen. Am Beispiel des im Februar 2008 von der deutschen UNESCO-Kommission als „offizielles Projekt der Weltdekade“ Bildung für Nachhaltigkeit ausgezeichneten Projekts EuKoNa sollte exemplarisch aufgezeigt werden, wie entsprechende Lücken hierzu gefüllt werden können. Ein Zwischenfazit zu den bislang erzielten Projektergebnissen, der Zielgruppenresonanz und der bis Projektende zu erwartenden Produkte lässt auch längerfristig positive Wirkungen erwarten, z. B.: • Die zentralen Ergebnisse der Erprobung werden so aufbereitet, dass sie allen beruflichen Bildungseinrichtungen und Unternehmen zur Verfügung stehen (in Englisch und in den jeweiligen Landessprachen). Dies trifft insbesondere auf die verschiedenen nationalen Curricula sowie die ausgewählten Lehr-/Lernmaterialien und Medien zu. • Die beteiligten Bildungseinrichtungen bzw. Projektpartner beabsichtigen die erarbeiteten Produkte weiter zu nutzen und kontinuierlich in ihren Bildungsangeboten anzubieten bzw. einzusetzen. • Durch gezielte Qualifizierung zum Beispiel von Lehrer/ -innen (wie im Bereich Handel, Hotel- und Gastgewerbe) oder in der beruflichen Ausbildung (z. B. Übernahme von Lehrtätigkeit im Masterstudiengang „Nachhaltige Dienstleistungs- und Ernährungswirtschaft“ der FH Münster) erfolgt eine längerfristige Valorisierung der Projektergebnisse. Aus dem Projektkontext heraus ergibt sich neben den zahlreichen positiven Ergebnissen und Produkten eine Vielzahl weiterer Handlungsbedarfe, z. B. hinsichtlich der Übertragung der Ergebnisse auf weitere Teilbranchen der Ernährungsbranche, unterschiedliche Bereiche der Wertschöpfungskette und Zielgruppen der Kompetenzentwick-
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lung (vgl. Abb. 2) sowie einen weiteren Transfer in z. B. Bildungseinrichtungen/-angebote der Partnerländer und weiterer Transferländer. Über die berufliche Kompetenzentwicklung zum Nachhaltigen Wirtschaften in der Ernährungsbranche hinaus wird es in Zukunft angesichts eines weltweiten Bevölkerungswachstums und zunehmenden Nutzungskonkurrenzen von nachwachsenden Rohstoffen verstärkt darauf ankommen, gezielt zu einer Veränderung der Konsumstile im Bedarfsfeld Ernährung beizutragen. Die berufliche Kompetenzentwicklung kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten. Literatur [1] http://www.bve-online.de/markt_und_statistik/tabellen_grafiken/ konjunkturdaten/deutsche_ernaehrungsindustrie/ (6. 10. 2008) [2] Bringezu S, Schütz H (2001) Material use indicators for the European Union, 1980 –1997. Eurostat Working Paper 2/2001/B/2. Eurostat, Luxemburg [3] Foodwatch (2008) Klimaretter Bio? Der foodwatch-Report über den Treibhauseffekt von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft in Deutschland. Berlin [4] Brentel H, Klemisch H, Rohn H (Hrsg.) (2003) Lernendes Unternehmen. Konzepte und Instrumente für eine zukunftsfähige Unternehmens- und Organisationsentwicklung. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden [5] Hartmann D, Brentel H, Rohn H (2006) Lern- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Organisationen. Kriterien und Indikatoren. Wuppertal Paper 156. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal [6] Scheff J (2001) Die organisationale Lernorientierung kleiner und mittlerer Unternehmungen. Entwicklungsstand und Gestaltungsperspektiven. Deutscher Universitäts-Verlag und Gabler, Wiesbaden [7] Rohn H, Tiemeyer E (2008) Berufsbildung in der Ernährungsbranche. factor Y Journal für nachhaltiges Wirtschaften 1:23 [8] Bliesner A, Rohn H, Lemken T (2008, i. E.) Kompetenzentwicklung für eine (Berufs-)Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Wuppertal Papers. Wuppertal Institut [9] Bund-Länder-Kommission (BLK) für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Hrsg.) (1998) Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Orientierungsrahmen. Materialien zur Bildungsplanung und Forschungsförderung. H. 69. Bonn [10] Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2003) Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung. Erste bundesweite Fachtagung. Bonn [11] Tiemeyer E, Wilbers K (2006) Berufliche Bildung für nachhaltiges Wirtschaften. Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn [12] De Haan G (Hrsg.) (2007) Studium und Forschung zur Nachhaltigkeit. Bertelsmann Verlag, Bielefeld [13] Baedeker C, Rohn H (2005) Die Entwicklungspartnerschaft kompakt – Nachhaltigkeit durch Kooperation und Netzwerkbildung fördern. In: kompakt (Hrsg.) Zukunftssicherung durch nachhaltige Kompetenzentwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen der Ernährungswirtschaft [14] Baedeker C, Rohn H, Busch T (2005) Entwicklungspartnerschaft kompakt – Nachhaltigkeit in der Ernährungswirtschaft. uwf (UmweltWirtschaftsForum) 3:55–59 [15] Tiemeyer E (2005) Fachberater für nachhaltiges Wirtschaften (FANWI). In: Landesinstitut für Schule/Qualitätsagentur (Hrsg.) Curriculumentwicklung und Erprobung, Projektevaluation und Ergebnistransfer. Soest
uwf (2008) 16:237–243 [16] vgl. www.EuKoNa.de [17] Rohn H, Tiemeyer E, Bliesner A, Baedeker C (2008) Development of European Competences for Sustainability: Vocational Training in the Sector of Food and Nutrition. Paper accepted for presentation at the SCORE conference, 10.–11. 3. 2008, Brussels [18] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BIBB) (Hrsg.) (2008) Neues aus Europa. Ausgabe 14, Bonn [19] Vgl. Tiemeyer E, Rickes M (2008) Leonardo-Projekt EuKoNa. Integriertes Curriculum und Lernarrangements für eine nachhal-
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