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Crashsicherheit
Aktuelles Anwendungsbeispiel des Stahls BAS100 als VorderachsIntegralträger der Mercedes-Benz C-Klasse (Modelljahr 2007) Current example of application of the steel grade BAS100 as a chassis subframe assembly of the Mercedes-Benz C-Class (model year 2007)
Luftvergütende hochfeste Stähle für mehr Crashsicherheit Legierungskonzepte, Eigenschaften und Anwendungen Steigende Rohstoffpreise und hohe Energiekosten sind Triebfedern für Innovationen im Automobilbau. Neue hochfeste und kosteneffiziente Stahlsorten können im Leichtbau einen wichtigen Beitrag leisten. Ein Innovationsbeispiel ist der bei Benteler gefertigte Achsträger aus lufthärtendem Stahl BAS100 der neuen Mercedes-Benz C-Klasse, bei dem eine Leichtmetallkonstruktion aus Aluminium durch Stahl-Leichtbau abgelöst wurde.
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1 Einleitung Herausragende Motivation für die Entwicklung neuer Fahrzeugstrukturen ist neben der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs die immer relevanter werdenden Anforderungen hinsichtlich Crashfestigkeit und damit der Personensicherheit. Die Anwendung hoch- und höchstfester Stähle kann hierzu einen erheblichen Beitrag leisten. Durch den Einsatz dieser Stahlwerkstoffe können Wandstärken und damit Bauteilmassen weiter reduziert werden, was sich auf den Kraftstoffverbrauch und die daraus resultierenden CO2-Emissionen auswirkt. Zusätzlich zeigen diese Werkstoffe hohe Energieabsorptionspotenziale bei hohen Belastungsgeschwindigkeiten, so dass die Crashfestigkeit und damit die Personensicherheit mit der Anwendung dieser Stähle vor allem in crashrelevanten Bauteilen weiter gesteigert werden kann [1–3]. In den vergangenen Jahren wurden von der Stahlindustrie diverse Hochfest-Stahlkonzepte neu- beziehungsweise weiterentwickelt. Als Werkstoff für die Kaltumformung seien die Gruppe der Mehrphasenstähle (CP, DP, FB, TRIP und MS) sowie die gerade in den Markt drängenden hochmanganhaltigen TWIP/XIP-Stähle genannt, wobei sich letztere durch außergewöhnliche Umformbarkeit bei gleichzeitig sehr hohen Festigkeiten auszeichnen [4–5]. Presshärten ist eine alternative Prozessund Werkstofftechnik, die zunehmend in der industriellen Fertigung eingesetzt wird. Eingesetzte Werkstoffe sind üblicherweise die kostengünstigen Mangan-Bor-Vergütungsstähle (22MnB5, BTR165 und USIBOR1500). Beim Presshärten werden Bleche auf Austenitisierungstemperatur gebracht und anschließend in einem Schritt in einem wassergekühlten Werkzeug geformt und vergütet. Dadurch können zum einen Rückfederungseffekte stark reduziert und zum anderen höchste Festigkeiten im fertigen Bauteil eingestellt werden [6–7]. Beide Konzepte – Kaltformen und Presshärten – weisen jedoch einige Nachteile auf. Bei den kaltumformbaren Stählen führt der allgemein bekannte Zusammenhang zwischen Festigkeit und Umformbarkeit bei immer höheren Festigkeitsniveaus zu einer reduzierten Verformbarkeit, was die Darstellung sehr komplexer Bauteile erschwert beziehungsweise unmöglich macht. Zusätzlich nimmt die Rückfederung mit steigender Festigkeit immer weiter zu, so dass Einschränkungen bezüglich der erreichbaren Toleranzen bestehen. Diese ist bei den Stählen für das Presshärten, wie bereits beschrieben, kein Problem;
doch sind zum einen komplexe Werkzeuge und die Entfernung von entstehendem Zunder auf den Bauteiloberflächen notwendig. Beide Werkstoffgruppen haben einen gemeinsamen Nachteil bezüglich ihrer Schweißbarkeit. Bei üblichen Schweißverfahren kommt es durch unterschiedliche ZeitTemperatur-Verläufe zu Aufhärtungs- und Anlasseffekten. Die kaltumformbaren hochfesten Stähle zeigen durch hohe Anteile an festigkeitssteigernden Elementen wie Kohlenstoff, Mangan oder Chrom starke lokale Aufhärtungen. Bei den pressgehärteten Bauteilen kommt es hingegen zu einem Härteverlust, weil in den Zonen des Wärmeeintrags ein Anlassprozess zum Tragen kommt [8]. Solche Härtesprünge sind in Bauteilen für schwingungsbeanspruchte Bauteile unerwünscht, weil sie infolge der hervorgerufenen Kerbwirkung für ein vergleichsweise frühes Versagen sorgen können. Infolge dieser Problematik wurde eine Stahlwerkstofffamilie entwickelt, die in den letzten Jahren eine wachsende Bedeutung für verschiedenste Automobil-Anwendungen erlangt hat. Es handelt sich um die luftvergütenden Stähle, die ursprünglich für Anwendungen in der Luftfahrtindustrie konzipiert wurden, inzwischen aber durch Legierungsoptimierungen auch für Anwendungen im Automotive-Bereich interessant sind. Diese Stahlsorten werden an anderer Stelle auch als PFHS (post forming heat treatable steels) bezeichnet [9]. Luftvergütende Stähle zeigen durch ihr Legierungskonzept allgemein ein bainitisches und/oder martensitisches Gefüge nach der Luftabkühlung von der Austenitisierungstemperatur. Durch dieses Verhalten sind unterschiedliche Eigenschaften durch Prozessvariationen möglich. Beispielsweise können durch hohe Haspeltemperaturen und langsame Abkühlbedingungen weiche und duktile Bänder hergestellt werden, die erst nach der Formung zum Bauteil durch Luftabkühlung gehärtet werden. Alternativ können jedoch auch im Band Festigkeiten von höchstfesten Stählen, zum Beispiel die der CP- oder MS-Stähle, durch Variation der Walzbedingungen hergestellt werden.
Die Autoren
Dr.-Ing. Uwe Diekmann ist Projektleiter Werkstofftechnologie im CC Innovationsmanagement bei der Benteler Stahl/Rohr GmbH in Paderborn.
Dr.-Ing. Thomas Säuberlich leitet das Technologiemanagement der Schweißrohrfertigung bei der Benteler Stahl/Rohr GmbH in Paderborn.
Dr.-Ing. Andreas Frehn ist Projektleiter Werkstofftechnologie in der Produktgruppe Chassis der Benteler Automobiltechnik GmbH in Paderborn.
2 Entwicklungsschritte Der CrMoV-Vergütungsstahl mit der Bezeichnung 15CDV6 (nach AFNOR) beziehungsweise 1.7734 (nach DIN) hat sich seit längerer Zeit in der Luftfahrtindustrie für den Einsatz in hochfesten Schweißbaugruppen bewährt. Als Vorteil dieses WerkATZ 12I2007 Jahrgang 109
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Bild 1: Anwendungsbeispiel für den luftvergütbaren Stahl 15CDV6 in der Luftfahrtindustrie (links) und als Sicherheitskäfig im Rennsport (DTM) in der Automobilindustrie (rechts) – Quelle: Heggemann Aerospace AG Figure 1: Example of application of the air-hardening steel 15CDV6 in aerospace industry (left) and as a safety cage for motor sports (DTM) in automotive industry (right) – source: Heggemann Aerospace AG
stoffs wird die hohe Festigkeit bei gleichzeitig guter Umformbarkeit und Zähigkeit im luftvergüteten Zustand genannt. Zudem ist im geschweißten Zustand keine weitere Wärmebehandlung notwendig. Eine Wasser- oder Ölvergütung ist nicht erforderlich, so dass die entsprechenden Prozesskosten entfallen. Ein Anwendungsbeispiel ist das in Bild 1 (links) abgebildete Bugfahrwerk eines in Serie gebauten Business-Jets, das von der Firma Heggemann Aerospace AG entwickelt und produziert wurde. Seit einigen Jahren wird dieser Werkstoff von Heggemann auch für die Herstellung von Sicherheitskäfigen bei Fahrzeugen für den Rennsport verwendet, Bild 1 (rechts), so dass sich bereits eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Automobil-Anwendungen abgezeichnet hat. Durch den vergleichsweise hohen Gehalt an teuren Legierungselementen (zum Beispiel Molybdän und Vanadium) ist der Werkstoff 15CDV6 nicht wirtschaftlich im Großserien-Automobilbau einsetzbar. Demzufolge wurde in einem Projekt bei Benteler die chemische Zusammensetzung dahingehend modifiziert, dass genau diese teuren Legierungselemente reduziert beziehungsweise ganz eliminiert wurden, ohne die gewünschte Charakteristik eines luftvergütenden Stahls zu verändern. Die Tabelle zeigt die chemischen und mechanischen 1130
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Anwendungen überschritten. Bild 2 (links) zeigt beispielhaft den Türaufprallträger aus dem Stahl BTR 90 aus dem Jahr 1985. Der Stahl BTR120 wurde nach erfolgreicher Anwendung als Türaufprallträger auch für andere Bauteile als Werkstoff ausgewählt. So wurde diese Stahlsorte beispielsweise auch für Stabilisatoren aus nahtlosen Rohren verwendet. Durch weiter steigende Anforderungen an crashrelevante Bauteile wurde in der Stahlsorte BTR155 der Anteil an festigkeitssteigernden
Eigenschaften der von Benteler durchgeführten Weiterentwicklung. Die erste Anwendung luftvergütbarer Stähle nach der beschriebenen Sicherheitszelle waren Türaufprallträger aus nahtlosem Rohrmaterial. Für diese Anwendung wurden vor mehr als 15 Jahren die Stahlsorten BTR90 und BTR120 entwickelt und für Serienprojekte verwendet. Diese Stähle waren vermutlich die ersten höchstfesten und gleichzeitig schweißbaren Stähle, die eine Zugfestigkeit von 1000 MPa in Automotive-
Tabelle: Chemische Zusammensetzung und mechanische Eigenschaften ausgewählter luftvergütbarer Stähle (Zustand +A: weichgeglüht, Zustand +QT: luftvergütet) Table: Chemical composition and mechanical properties of selected air hardening steels (state +A: annealed, state +QT: air quenched and tempered) Stahlsorte
15CDV6
Chemische Zusammensetzung (typisch) C
Si
Mn
Cr
Mo
Andere
0,15
0,15
1,0
1,4
1,0
V, N
Zustand
Rp0,2 in MPa
Rm in MPa
A5 in %
+ QT (Luft)
850
1050
16
BTR90
0,13
0,25
1,5
1,4
0,5
V, N
+ QT (Luft)
800
900
14
BTR120
0,16
0,25
1,7
2,0
0,5
V, N
+ QT (Luft)
900
1200
12
BTR155
0,25
0,60
2,2
0,6
0,5
Ni, Ti, Nb, B
warm gewalzt
1200
1600
8
BAS100
0,11
0,25
1,4
1,4
0,5
V, N
+A +QT (Luft)
460 720
575 935
30 14
BNX120
0,15
0,25
2,0
1,4
0,0
Ti, B, Nb, N
+A +QT (Luft)
500 800
620 1120
29 13
Bild 2: Türaufprallträger aus dem Werkstoff BTR90 (links) und Seitenaufprallträger aus dem Werkstoff BTR155 (rechts) Figure 2: Door impact protector made of the steel grade BTR90 (left) and side impact protector made of the steel grade BTR155 (right )
3 Entwicklung des Stahls BAS100 und seine Eigenschaften Basierend auf den bis dato verfügbaren Stahlsorten der BTR-Werkstoffe und dem zunehmenden Bedarf an noch kostengünstigeren Lösungen für Automobilanwendungen, wurde bei Benteler die Entwicklung in Richtung luftvergütende Stahlwerkstoffe weiter forciert. Im Blickpunkt standen zunächst Anwendungen im Airbag- und Fahrwerksbereich. Aufgrund von gesetzlichen Reglementierungen im Airbag-Bereich wurde der Kohlenstoff-Gehalt auf 0,12 % begrenzt, um eine sehr gute Zähigkeit bei tiefen Temperaturen zu gewährleisten. Zusätzlich wurde aus Kostengründen der Gehalt an Molybdän weiter reduziert. Eine Limitierung des Siliziumgehalts ermöglichte die Anwendung von verschiedenen Stückverzinkungsverfahren, beispielsweise für Chassis-Bauteile. Durch die Abstimmung der Legierungselemente Mn,
Cr, Mo und V wurde die Charakteristik eines Luftvergüters beibehalten. Das Legierungskonzept des neuen Werkstoffs BAS100 und typische Eigenschaften zeigt ebenfalls die Tabelle.
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Elementen (hier: Kohlenstoff, Silizium und Mangan) erhöht. Dieser Stahl wird als warmgewalztes nahtloses Rohr produziert und weist aufgrund seiner hohen Festigkeit nur eine begrenzte Kaltumformbarkeit in diesem Zustand auf. Verwendet wird dieser Stahl heute als Werkstoff für Türaufprallträger und andere crashrelevante Strukturbauteile. Bild 2 (rechts) zeigt den Seitenaufprallträger des Porsche Cayenne aus BTR155, der in dieser Anwendung dazu beigetragen hat, den Stahl-Innovationspreis 2003 zu erhalten. Das verwendete höchstfeste Rohr deckt den gesamten Schwellerbereich ab und stützt sich über Querträger an der Längsträger- und Tunnelstruktur ab [10].
Das Eigenschaftsprofil vom BAS100 in Abhängigkeit von der Wärmebehandlung zeigt Bild 3. In Form von Spannungs-Dehnungs-Kurven aus dem quasi-statischen Zugversuch wird hier der Stahl BAS100 im weichgeglühten und luftvergüteten Zustand untereinander sowie mit zwei konventionellen mikrolegierten Stählen (S355MC und S420MC gemäß DIN EN 10149-2) verglichen. Die Festigkeiten und Dehnungen des weichgeglühten BAS100 liegen auf dem Niveau des S420MC. Die Verfestigung des Luftvergüters ist insgesamt größer als bei den mikrolegierten Stählen, was auf das ferritisch-perlitische Gefüge zurückgeführt werden kann, während die mikrolegierten Stähle ein nahezu vollständig ferritisches Gefüges aufweisen. Durch eine Luftvergütung (nach dem Bauteilherstellungsprozess) können die Streckgrenzenwerte auf über 700 MPa gesteigert werden, während die Dehnung erwartungsgemäß reduziert wird. Diese Eigenschaftsänderung wird durch ein Aufheizen auf Austenitisierungstemperatur (ober-
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Bild 3: Spannungs-Dehnungs-Kurven für den neuen Stahl BAS100 aus dem quasistatischen Zugversuch für verschiedene Stahlwerkstoffe – luftvergütet und weichgeglüht verglichen mit zwei konventionellen mikrolegierten (MC) Stählen Figure 3: Stress-strain diagrams for the new steel BAS100 from isostatic tensile tests of different steel grades – air-hardened and soft annealed compared to two conventional high strength lowalloy (MC) steels
Bild 4: Gefügeausbildung des Stahls BAS100 für verschiedene Anlasszustände – weichgeglüht (oben) und luftvergütet (unten) Figure 4: Microstructure of the steel grade BAS100 at different tempering conditions – soft annealed (top) and air-hardened (down)
halb von 900 °C), eine anschließende Abkühlung an Luft sowie eine sich anschließende Anlassbehandlung bei Temperaturen oberhalb von 600 °C erreicht. Diese Luftvergütung führt zu einem hauptsächlich bainitischen Gefüge mit hohen Anteilen an Vanadium-Ausscheidungen. Die Gefügeausbildung für den weichen und den luftvergüteten Zustand von BAS100 zeigt Bild 4. Einen Vergleich der Werkstoffeigenschaften des BAS100 mit anderen Stahlsor-
Die chemische Zusammensetzung bestimmt vornehmlich die Umwandlungscharakteristik des Gefüges während der Wärmebehandlung. Diese wird in Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubildern (ZTU) visualisiert. In Bild 6 ist das kontinuierliche ZTU-Schaubild für BAS100 dargestellt. Es wurde mit dem Software-Tool JMatPro erzeugt und ist mit gemessenen Diagrammen nahezu deckungsgleich. Durch die Legierungselemente des BAS100 wird der Ferrit- und Perlitbereich nach rechts, also zu größeren Zeiten verschoben. Dies bedeutet, dass niedrige Abkühlgeschwindigkeiten (an Luft) ausreichen, um einen Vergütungseffekt und das nahezu vollständige bainitische (Ziel-)Gefüge zu erzielen. Im Allgemeinen sind Abkühlgeschwindigkeiten von 2–5 K/s ausreichend. Neben den bisher beschriebenen Vorteilen zeichnet sich der Stahl BAS100 zusätzlich durch eine konstant hohe Festigkeit über den gesamten Querschnitt von Schweißnähten aus. Die meisten Stähle zeigen im Bereich der Wärmeeinflusszonen Härtezu- oder -abnahmen, was zu einer reduzierten Festigkeit (und Zähigkeit) der gesamten Schweißnaht führt. Bild 7 zeigt die Härteverteilungen verschiedener Stähle über die Querschnitte einer MAG-Schweißnaht. Die Schweißnaht des BAS100 im luftvergüteten Zustand zeigt einen recht homogenen Härteverlauf, ähnlich zum konventionellen mikrolegierten Stahl S420MC,
ten bezüglich Bruchdehnung und Festigkeit zeigt Bild 5. BAS100 bewegt sich im weichgeglühten Zustand im Bereich von konventionellen mikrolegierten und DPStählen, während er im luftvergüteten Zustand ähnliche Werte wie CP-Stähle zeigt. Der Stahl BAS100 ermöglicht hiermit die Einstellung von mechanischen Eigenschaften in einem sehr weiten Bereich durch eine abgestimmte und prozesssichere Wärmebehandlung.
Bild 5: Bruchdehnung in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit für verschiedene Stahlfamilien mit BAS100 (Zustand +A: weichgeglüht, Zustand +QT: luftvergütet) Figure 5: Ultimate elongation and ultimate tensile stress of different steel grades in comparison to BAS 100 (state +A: annealed, state +QT: air quenched and tempered) 1132
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der allerdings auf einem sehr viel niedrigeren Festigkeitsniveau liegt. Im Gegensatz dazu zeigt der TRIP-Stahl TRIP800 bedingt durch seinen hohen Kohlenstoffgehalt einen unerwünschten Härteanstieg im Bereich der Wärmeeinflusszone. Härteanstiege von 250 HV 0,5 auf Werte über 450 HV 0,5 sind für einige Fahrwerksanwendungen aufgrund der Kerbwirkung bei schwingender Beanspruchung nicht nur ungünstig, sondern von einigen OEMs schlichtweg nicht zugelassen. Eine weitere wichtige Anforderung ist die nach hoher Festigkeit bei hohen Beanspruchungsgeschwindigkeiten. Diese Eigenschaft wurde unter anderem in dynamischen Zugversuchen in einem Dehnratenbereich bis 300/s untersucht. Bild 8 zeigt die SpannungsDehnungs-Kurven für den BAS100 im luftvergüteten Zustand bei unterschiedlichen Belastungsgeschwindigkeiten. Es ergibt sich das für Stahlwerkstoffe typische Bild. Mit steigender Dehnrate nehmen die Festigkeitskennwerte signifikant zu und erreichen bei Dehnraten von 300/s Zugfestigkeiten von rund 1100 MPa. Weiterhin wurden an entsprechenden Proben instrumentierte Kerbschlagbiegeversuche (auch bei niedrigen Temperaturen) durchgeführt. Es zeigten sich hohe dynamische Bruchlasten bei relativ hohen plastischen Verformungen und duktiles Bruchverhalten auch bei –40 °C. Die hochfeste Schweißnaht lufthärtender Stähle zeigt ebenfalls sehr gute Eigenschaften bei CrashBeanspruchungen, wie verschiedene praktische Bauteilversuche und Erfahrungen gezeigt haben. Eine wichtige Anforderung an den Stahlwerkstoff BAS100 ist zudem die Stückverzinkbarkeit. Diese Anforderung resultiert aus der Anwendung dieses Stahlwerkstoffs im Vorderachsträger der aktuellen Mercedes-Benz C-Klasse. Hier wurden die Halbzeuge Warmband, Kaltband und HFgeschweißte Rohre zu Bauteilen verformt und diese im geschweißten Zustand zur besseren Korrosionsbeständigkeit (im Vergleich mit einer normalen KTL-Beschichtung) stückverzinkt. Im Vorfeld wurden die Einflussgrößen sowie einzelne Prozessparameter in diversen Testreihen an Proben sowie an Bauteilen untersucht und der Verzinkungsprozess optimiert. Bild 9 zeigt die untersuchten Stückverzinkungsverfahren.
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4 Luftvergütende Stähle – die nächste Generation Das Beispiel BAS100 hat gezeigt, dass luftvergütbare Stähle vielfältige Eigenschaftsprofile für verschiedene Anwen-
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Bild 6: Zeit-Temperatur-Umwandlungs(ZTU)-Schaubild des Stahls BAS100 Figure 6: Continuous cooling-transformation (CCT) diagram of the steel grade BAS100
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Internationaler Konstruktionswettbewerb International Design Competition
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Bild 7: Härteverteilung verschiedener Stahlwerkstoffe für eine MAG-Schweißnaht Figure 7: Distribution of hardness in MAG-welded seams of different steel grades
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Bild 8: Spannungs-Dehnungs-Kurven aus dynamischen Zugversuchen (Dehnratenbereich: von quasistatisch bis 300/s), ermittelt am BAS100 (luftvergütet) Figure 8: Stress-strain diagrams of dynamic tensile tests (strain rate area: from quasi-static to 300/s) of BAS100 (air quenched and tempered)
lungen vervollständigt. Durch Variation der chemischen Zusammensetzung werden Zielgefüge nach dem Luftvergüten eingestellt, die einen Festigkeitsbereich von 800 bis über 1500 MPa bei jeweils korrespondierenden Umformverhältnissen abdecken.
Literaturhinweise
Bild 9: Eigenschaften von unterschiedlichen Zinkbeschichtungen für BAS100 Figure 9: Properties of different Zinc coatings for BAS100
dungsbereiche aufweisen und durchaus in der Lage sind, Leichtmetalle wie Aluminiumlegierungen zu verdrängen. Allerdings sind die Kosten für die Legierungselemente, die in diesem Stahlwerkstoff vorhanden sein müssen (allen voran Molybdän und Vanadium), deutlich angestiegen. Seit 2005 wird daher bei Benteler an Entwicklungen hin zu kostengünstigeren lufthärtenden Stählen gearbeitet. Als erste Anwendung für diese Stähle wurde der Bereich Karosseriestruktur- und Fahrwerksanwendungen gewählt. Die Entwicklungen stützen sich einerseits auf die breiten Erfahrungen und breite Datenbasis früherer Arbeiten und nutzen zusätzlich eine neu eingeführte Entwicklungsumgebung, die eine große Bandbreite von Werkzeugen von Simulation über Erschmelzen und Verarbeiten bis zur Charakterisierung abdeckt. Das erste Ergebnis dieser Entwicklung ist der neue Stahl BNX120, der ohne Molybdän, Nickel und Vanadium auskommt und seinen Luftvergütungscharakter durch eine ausgewogene Zusammensetzung der Legierungselemente Mn, Cr, Ti und B erhält. Die Tabelle zeigt die chemische Zusammensetzung von BNX120 mit typischen mechanischen Eigenschaf-
ten aus dem quasistatischen Zugversuch für unterschiedliche Zustände. Der Stahl BNX120 wurde in diversen Versuchsschmelzen, ergänzt durch Schmelzen in industriellem Maßstab, erzeugt und als Warmband, Kaltband sowie in Form nahtloser und geschweißter Rohre charakterisiert. Je nach Verarbeitungsprozess konnten Zugfestigkeitswerte von über 1400 MPa in Kombination mit ausreichender Umformbarkeit und Zähigkeit erreicht werden. Im weichen Zustand zeigte der Stahl eine hohe Bruchdehnung und Plastizität, so dass eine Fertigung von Bauteilen mit komplexerer Geometrie möglich ist. Die Schweißbarkeit von BNX120 ist mit der des Stahls BAS100 zu vergleichen, das heißt eine Aufhärtung oder ein Härteabfall in der Schweißnaht im luftvergüteten Zustand ist nicht festzustellen. Die hohe Anlassbeständigkeit ermöglicht zudem Folgeprozesse wie Schmelztauchverzinken und Plasmanitrieren bei Erhalt eines hohen Festigkeitsniveaus. Der Stahl BNX120 ist aktuell in der Felderprobung für verschiedenste Produkte, zum Beispiel für Stabilisatoren, Antriebswellen und Strukturbauteile im Kraftfahrzeug. Die Familie der kosteneffizienten BNXLuftvergüter wird durch weitere Entwick-
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[1] Steinbeck, G; Fritzsche, C.; Hoffmann, O.; Pichler, A.; Kotzschmar, A.; Richter, A.: Heutige und zukünftige Stahllösungen für Karosserien. DVM-Tag 2005 „Dünnwandige Strukturbauteile“. Tagungsband, S. 19–30, Berlin, 2005 [2] Klasing, J.: Das ULSAB-AVC-Projekt: Neue Stahlwerkstoffe und -produkte für das Auto der Zukunft? In: ATZ 104 (2002), Nr. 12, S. 1128–1131 [3] Otto, M.: Potentiale von höchstfesten Feinblech-Stahlwerkstoffen. Sächsische Fachtagung Umformtechnik 2006. Tagungsband, S. 167–182, Chemitz, 2006 [4] ThyssenKrupp Steel AG: Umformverhalten höher- und höchstfester Mehrphasenstähle. TKS-Broschüre, Duisburg, 1999 [5] Grässel, O.; Krüger, L.; Frommeyer, G.; Meyer, L. W.: High Strength Fe-Mn-(Al, Si) TRIP/TWIP Steels Development, Properties, Application. In: International Journal of Plasticity 16 (2000), pp 1391–1409 [6] Laurent, J. P.: Warmumformbare vorbeschichtete ultrahochfeste Bor-Stähle – eine Lösung für das Festigkeits-Umformbarkeits-Dilemma? 4. Industriekolloquium SFB362 „Fertigen in Feinblech“, Clausthal, 2004 [7] Altan, T.: Hot-stamping Boron-alloyed Steels for Automotive Parts. In: Stamping Journal, No 1/2007, pp 14–15 [8] Ghandehari, A.: Auswirkungen verschiedener Strahlschweißverfahren auf die mechanisch-technologischen Eigenschaften moderner Karosseriestähle. Aachen, Technische Hochschule, Dissertation, 2001, S. 64–67 [9] Opbroek, E. G. (Ed.): Advanced High Strength Steel (AHSS) Application Guidelines. Version 3. International Iron & Steel Institute, 2003, online: www. autosteel.org [10] N. N.: Stahl-Innovationspreis 2003. VDI-Z Integrierte Produktion, Nr. 9/2003, S. 14
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