List Forum fur Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 34 (2008), Heft 4, S. 287-304
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Bologna und die Folgen Ergebnisse einer Online-Befragung von Fachhochschulprofessoren aus dem Bereich Betriebswirtschaftslehre / Marketing Christa Wehner / Helmut Wienert Zusammenfassung / Abstract Der Beitrag beschreibt die Umstrukturierung der europaischen Hochschullandschaft im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses und berichtet iiber die Ergebnisse einer Befragung von MarketingProfessoren an deutschen Fachhochschulen zu diesem Prozess. Die Umstellung auf Bachelor-lMasterAbschliisse ist an Fachhochschulen wesentlich weiter vorangeschritten als an Universitliten; die Hoffuungen, dass sich durch die Umstellung die Studienabbrecherquoten verringern werden, haben sich bislang nicht erfullt. Die Befragten bewerten den Bologna-Prozess insgesamt zwar positiv, sehen aber bei der Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses noch Defizite. Die Akkreditierungsverfahren werden kritisch gesehen, die Lehrevaluation wird als Qualitatssicherungsinstrument schon iiberraschend stark verwendet. Beziiglich der Wettbewerbssituation zwischen Universitliten und Fachhochschulen wird erwartet, dass sich die beiden Hochschultypen in Zukunft ahnlicher werden; das Promotionsrecht aber den Universitliten vorbehalten bleiben wird. This study is concerned with the implementation of the Bologna Process at German Universities. After providing a brief overview of the most important aspects of the Process we shall present the results of a survey of marketing professors at German Universities of Applied Sciences. The introduction of two-tier degrees (BachelorlMaster) has been much faster in Universities of Applied Sciences than in researchorientated universities. It was hoped that the Bologna Process would lead to a decline in the number of students dropping out. However, this has not been the case. On the whole, the Process has been received positively although there has been much criticism about certain details (especially concerning accreditation). Surprisingly, there has been comprehensive evaluation of teaching. In comparison to traditional universities, it is expected that both types of university will become more similar in future; however, research universities will still reserve the right to award doctorates.
I. Einfiihrung
Die Wettbewerbsfahigkeit hochentwickelter Lander auf dem Weltmarkt hangt entscheidend von ihrer Fahigkeit ab, neue Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln, denn nur durch Innovationen konnen sie die Nachteile ihrer hohen Lohnkosten kompensieren. Erfolge im Bereich der Forschung setzen ein leistungsfahiges Bildungssystem voraus, wobei der akademischen Ausbildung eine besondere Bedeutung zukommt. Die europaischen Hochschulen haben sich im Zuge der Aufklarung von kirchlieher und landesherrlieher Bevorrnundung emanzipiert und zu Statten der zweekfreien Forschung entwiekelt. Spatestens seit Beginn der Industrialisierung ist allerdings auch die okonomiseh verwertbare Forsehung und die Ausbildung von akademiseh gesehulten Faehkraften flir die Untemehmen ein wiehtiger hoehsehulpolitiseher Auftrag geworden.
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Die langjahrige Dominanz der Nationalstaaten hat landerspezifische Auspragungen der Hochschulen entstehen lassen, deren Abschliisse zum Teil nur eingeschrankt vergleichbar sind. Vor dem Hintergrund der europaischen Einigung, aber auch wegen der Konkurrenz der kontinentaleuropaischen Hochschulen mit dem anglo-amerikanischen System, entstanden Forderungen nach einem einheitlichen europaischen Hochschulraum, der Bildungsabschliisse vergleichbar macht und die Wettbewerbsfahigkeit Europas auf dem zunehmend intemationaler werdenden Bildungsmarkt verbessert. Seit 1998 sind diese Forderungen als sogenannter Bologna-Prozess 1 politische Beschlusslage. Ziel ist es, bis 2010 einen einheitlichen europaischen Hochschulraum auf Basis zweistufiger Bachelor-/Master-Abschliisse zu schaffen, was eine erhebliche Umstrukturierung des deutschen Hochschulsystems zur Folge hat. Die Notwendigkeit, die Leistungsfahigkeit der deutschen Hochschulen zu verbessem, ist weitgehend unstrittig, doch iiber den von der Politik beschlossenen Weg gehen die Meinungen sowohl in der interessierten Offentlichkeit als auch in den Hochschulen weit auseinander. Ein Teil der groBen Differenzen beziiglich der Sinnhaftigkeit der Reform ist grundlegender Art: Wie weit sollen die Hochschulen ihr Lehrangebot auf die unmittelbare berufliche Verwertbarkeit ausrichten? Wie weit sollen die AusbildungsinhaIte standardisiert und in einen engen zeitlichen Rahmen gepresst werden? Das sind letztlich normative Fragen, und die Antwort darauf wird je nach "ideologischer" Grundposition unterschiedlich ausfallen. Ein Teil der Differenzen ist aber auch durch Unsicherheiten iiber den konkreten Weg bedingt: Wie ist die Umstellung zu bewerkstelligen? Werden die Untemehmen die so ausgebildeten Absolventen bereitwillig aufnehmen? So1che Fragen werden in den Hochschulen selbst naturgemaB besonders intensiv diskutiert, zumal sie zusammen mit anderen Anderungen wie der Einfiihrung von Studiengebiihren und einer Reform der Professorenbesoldung umgesetzt werden. Weil der Bologna-Prozess so viele Fragen aufwirft, ist eine wissenschaftliche Begleitforschung unerlasslich, die inzwischen auch schon beachtliche Ergebnisse vorweisen kann. 2 Die vorliegende Arbeit steht in diesem Kontext und berichtet iiber die Ergebnisse einer Online-Befragung der Marketing-Professoren3 an deutschen Fachhochschulen zum Bologna-Prozess.
12
Der Bologna-Prozess ist yom Bologna-Zentrum der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in allen wichtigen Aspekten dokumentiert. Vgl. http://www.hrk.de/bolognalde/home/index.php.
12
Die rasch wachsende Literatur zu verschiedenen Teilaspekten wird yom Bologna-Zentrum der HRK dokumentiert, vgl. HRK (URL!). Was bislang - angesichts des vergleichsweise kurzen Weges nicht verwunderlich - fehlt, sind zusammenfassende Ubersichten und Bewertungen.
12
In der Arbeit wird der Einfachheit halber die miinnliche Grundform unabhiingig von der konkreten Besetzung der Professur verwendet.
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II. Grundziige des Bologna-Prozesses
Der Grundstein fUr den Bologna-Prozess wurde 1998 mit der Sorbonne-Deklaration gelegt. Darin bekundeten die Bildungsminister aus Deutschland, Frankreich, Italien und GroBbritannien den Willen zur Schaffung von vergleichbaren zweistufigen Abschliissen (BachelorlMaster) und deren gegenseitige Anerkennung. Ais Foige dieser Initiative unterzeichneten am 19. Juni 1999 die Bildungsminister aus 29 europaischen Staaten die Bologna-Deklaration zur Schaffung eines einheitlichen europaischen Hochschulraums bis zum Jahr 2010, inzwischen wird dieser Prozess von 46 Staaten unterstUtzt. 4 Das fUr die deutsche Offentlichkeit auffalligste Element des Bologna-Prozesses ist zweifellos die EinfUhrung der neuen Studienabschliisse Bachelor und Master. Beide Begriffe tauchen zwar in keinem der vielen Kommuniques auf, sie stellen jedoch das europaweit verbreitete Synonym fUr die zweistufige Studienstruktur dar. Durch sie soli eine Verkiirzung des Studiums, eine Verringerung der Studienabbrecherquoten und eine vereinfachte Anerkennung der Studienleistungen erreicht werden. 5 Mit dem Bachelor kann ein erster berufsbefahigender Studienabschluss bereits nach drei lahren erworben werden, danach kann ein bis zu zweijahriges Masterstudium angeschlossen werden. 6 Die AblOsung des Diploms als Grundabschluss an Universitaten und Fachhochschulen ist inzwischen in vollem Gange: 1m Wintersemester 2007/08 fUhrten 61 % aller Studiengange zu den Abschliissen Bachelor oder Master; an den Universitaten waren es 55 %, an den Fachhochschulen dagegen schon 86 %.7 BachelorlMaster-Abschliisse werden mit dem Erwerb einer bestimmten Anzahl von sogenannten Leistungspunkten erreicht. Deren Vergleichbarkeit soli durch das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) hergestellt werden. Das ECTS ist ein System zur Messung und Ubertragung von Studienleistungen. Es wurde bereits in den 1980er lahren von der Europaischen Kommission im Rahmen des ERASMUS-Programms8 zur leichteren Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen entwickelt. 9 Credits sollen eine bestimmte zeitliche Arbeitsbelastung der Studierenden widerspiegeln; in den Teilnehmerstaaten des Bologna-Prozesses wird sie mit 25 bis 30 Stunden je Credit im Selbst- und Prasenzstudium angesetzt. Da pro Studienjahr 60 Credits erworben werden sollen, entspricht die durchschnittliche SollArbeitsbelastung eines Studierenden im Bologna-System rund 1.500 bis 1.800 Zeitstunden pro lahr - das ist mehr als die durchschnittliche effektive Arbeitszeit eines
12
Vgl. BMBF (URL). Die Bologna-Erklarung ist kein volkerrechtliches Abkommen, sondem eine zwischenstaatliche Vereinbarung mit politi scher Selbstverpflichtung.
12
Vgl. ECKARDT (2005), S. 77.
12
Vgl. REHN (2007), S. 93.
12
Vgl. HRK (2007), S. 7-9.
12
Das ERASMUS-Programm der EU fordert Auslandsaufenthalte von Studenten und Wissenschaftlem.
12
Vgl. BANSCHERUS (2007), S. 78.
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Industriearbeiters. In Deutschland wird das ECTS-System in 74 % der Bachelorstudiengange und 67 % der Masterstudiengange angewendet. 10 Damit das ECTS-System vergleichbare Leistungen ausweist, sind einheitliche Standards zur Qualitatssicherung unverzichtbar. Auf europaischer Ebene wurde deshalb im Jahr 2003 das European Network for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) damit beauftragt, gemeinsame europaische MaBstabe und Prozeduren fur die Qualitatssicherung zu entwickeln. 11 Diese wurden im Jahr 2005 unter dem Namen Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area (ESG) vorgestellt. Die Richtlinien dienen als Wegweiser bei der nationalen Implementierung der Qualitatssicherung. An deutschen Hochschulen erfolgt die Qualitatssicherung hauptsachlich durch die interne und externe Lehrevaluation sowie durch die Akkreditierung von Studiengangen. Die Akkreditierung soll fachlich-inhaltliche Standards, Studiengangskonzepte, Berufsrelevanz und Studierbarkeit des Lehrangebots iiberpriifen. Die Akkreditierung ist auf Grundlage von Landeshochschulgesetzen, Beschliissen der Kultusministerkonferenz (KMK) und des Akkreditierungsrates fur alle Hochschulen in Deutschland einheitlich geregelt. 12 Der Akkreditierungsrat, auch Stiftung zur Akkreditierung von Studiengangen in Deutschland genannt, hat den gesetzlichen Auftrag, die Qualitatssicherung in Studium und Lehre durch Akkreditierung von Studiengangen zu organisieren und zu dokumentieren. Der Rat setzt sich aus Vertretern der Hochschulen, der Ministerien, der Berufspraxis und der Studierenden zusammen. 13 Die Akkreditierung selbst wird nicht vom Akkreditierungsrat vorgenommen, sondern von Akkreditierungsagenturen, die gegeniiber dem Akkreditierungsrat die Transparenz und Qualitat ihres Akkreditierungsverfahrens nachweisen miissen. Normalerweise ist die Akkreditierung von Studiengangen Voraussetzung fur die Einfuhrung und Aufrechterhaltung von Bachelor- und Masterstudiengangen. Derzeit besteht allerdings bei der Akkreditierung von neuen Studiengangen noch ein erheblicher Stau; den Hochschulen fehlen die Kapazitaten fur die Antragstellung und den Agenturen die Kapazitaten fur die Bearbeitung. 14 Gegenwartig sind erst 37 % der neuen Studiengange akkreditiert, bei wieder deutlichen Unterschieden zwischen Universitaten (27 %) und Fachhochschulen (54 %),15 was auch daran liegt, dass zur Zeit alle Bachelor- und Masterstudiengange einzeln akkreditiert werden miissen ("Programmakkreditierung"). In Zukunft soll die Akkreditierung von Studiengangen schneller und kostengiinstiger16 durch eine sogenannte System-
10
12
Vgl. BMBF, KMK (2007b), S. 17. Vgl. ECKARDT (2005), S. 58f.
12
Vgl. BMBF, KMK (2007b), S. 12f.
]3
Vgl.
14
Vgl. BMBF (URL2).
AKKREDITIERUNGSRA T (2007).
IS
Vgl. HRK (2007), S. 12.
16
Eine Programmakkreditierung kostet ca. 13 000 Euro; vgl. HRK (URL2).
Bologna und die Foigen - Ergebnisse einer online Befragung
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akkreditierung erfolgen.17 Gegenstand der Systemakkreditierung sind nicht mehr der Studiengang und dessen Inhalte, sondern das interne Qualitatssicherungssystem der Hochschule. 1m Rahmen des neuen Akkreditierungsprozesses werden die fUr Lehre und Studium relevanten Strukturen und Prozesse darauf iiberpriift, ob sie zum Erreichen der Qualifikationsziele geeignet sind und eine hohe Qualitat gewahrleisten. 18 Neben der Akkreditierung ist die Lehrevaluation ein zentraler Bestandteil der Qualitatssicherung. Die Evaluation ist als allgemeine Aufgabe der Hochschulen seit 1998 in den Landeshochschulgesetzen gesetzlich verankert. Allerdings besteht - anders als bei der Akkreditierung - keine national koordinierende Evaluationseinrichtung, die llindergemeinsame Verfahrensrege1n fUr die interne und externe Evaluation festlegt. 19 Die Evaluation erfolgt in einem zweistufigen Verfahren, der internen und der externen Evaluation. Bei der internen Evaluation handelt es sich urn eine Selbstbeschreibung anhand vorgegebener Indikatoren; u.a. Anzahl und Anteil der Studierenden innerhalb der Regelstudienzeit, Studiendauer, Studienerfolgsquote, Betreuung der Studierenden, Priifungs- und Benotungspraxis und die Lehrevaluation. Dariiber hinaus setzt die KMK auf die externe Evaluation als Instrument der Qualitatssicherung. 2o Hierbei machen sich Evaluationsagenturen vor art ein Bild von den zu evaluierenden Einheiten. 1m anschlieBenden Bericht findet ein Abgleich mit der Selbsteinschatzung der Hochschule statt. Aufgrund dieses Berichtes werden Zielvereinbarungen fUr zukiinftige Projekte und MaBnahmen getroffen. 21 Bislang besitzt lediglich eine Minderheit der Hochschulen ein mit den ENQA-Richtlinien kompatibles System der Qualitatssicherung?2 III. Konzeption einer Online-Befragung Der Bologna-Prozess ist zweifellos die groBte Zasur in der deutschen Hochschullandschaft seit EinfUhrung der praxisorientierten akademischen Abschliisse an Fachhochschulen in den spaten 1960er lahren, und er diirfte auch die Wettbewerbssituation zwischen Universitaten und Fachhochschulen verandern. Wie we it ist der Stand der Umsetzung an den Fachhochschulen? Welche Erfahrungen wurden bislang gemacht und wie wird die Reform von den Betroffenen beurteilt? Urn Antworten auf solche Fragen zu erhalten, wurde eine Online-Befragung unter Professoren durchgefUhrt, die im Bereich Betriebswirtschaftlehre mit dem Schwerpunkt Marketing bzw. marketingnahe Facher tatig sind. Ursachlich fur die Auswahl dieser Zielgruppe waren pragmatische Uberlegungen, da wegen bestehender Netzwerkstrukturen eine Vollerhebung mit hohen Riicklaufquoten moglich erschien. 12
Vgl. HEINEMANN (2007).
18
Vgl. AKKREDITIERUNGSRAT (2007), S. 1.
12
Vgl. BMBF, KMK (2007b), S. 13.
20
Vgl. KMK (2005a), S. 7.
21
Vgl. NICKEL (2007), S. 34.
22
Vgl. BMBF, KMK (2007b), S. 13f.
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Zunachst waren die potenziellen Befragungsadressaten zu identifizieren. Zum Untersuchungszeitpunkt existierten 176 Fachhochschulen in Deutschland. Davon waren 99 in staatlicher und 77 in privater oder kirchlicher Tragerschaft. Da letztere lediglich 12 % der Studierenden umfassen,23 wurden sie aus arbeitsokonomischen Grunden ausgeschlossen. Bei den staatlichen Hochschulen wurde gepruft, ob sie betriebswirtschaftliche Ausbildungsgange mit Marketing-Schwerpunkten anbieten?4 Angeschrieben wurden schlieBlich alle so identifizierten 300 hauptberuflichen Professoren an insgesamt 88 Hochschulen, die im Wintersemester 2007/08 im Bereich Marketing oder marketingnaher Facher wie Werbung, Marktforschung oder Vertrieb eine Professur ausubten. Beim Design des Online-Fragebogens wurde wie ublich auf Verstandlichkeit (zielgruppenorientierte Formulierung) und moglichst niedrige Hurden fur die Auskunftswilligkeit der Befragten geachtet. 25 Der Fragebogen deckte folgende Aspekte ab:
•
Bologna-Prozess im Allgemeinen
•
Akkreditierung von Studiengangen
•
Lehrevaluation
•
Teilnahme an Weiterbildungen
•
Hochschulfinanzierung / Studiengebuhren
•
Wettbewerb zwischen Fachhochschulen und Universitaten
•
Fragen aus der CHE Absolventen-Befragung
•
Offentlichkeitsarbeit / Marketingaktivitaten der Hochschule
Der Online-Fragebogen wurde mittels des Programms RogEditor 1.2.0 angelegt und im RogManage?6 als HTML-Fragebogen auf den Server hochgeladen27.
2l
Vgl. HRK (URL3).
24
Die Begrenzung auf betriebswirtschaftliche Ausbildungsgiinge hat zur Folge, dass MarketingProfessoren in Studiengiingen mit technischem Hintergrund (z.B. Wirtschaftsingenieurwesen oder Wirtschaftsinformatik) nicht einbezogen worden sind.
12
Vgl. MOHRING I SCHLUTZ (2003), S. 27.
26
Der RogManager ist eine Onlineplattform, die die eigenen Umfragen online aktiviert, verwaltet und kontrolliert. V gl. http://www.rogator.de/software/details/rogmanager/.
27
Einzelheiten zur Konzeption sowie der komplette Fragebogen finden sich in WEHNER I TOKAI (2008).
Bologna und die Folgen - Ergebnisse einer online Befragung
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IV. Untersuchungsergebnisse 1. Der Bologna-Prozess
Von den 300 Angeschrieben gingen 150 verwertbare Riickmeldungen ein - im Vergleich mit anderen Studien28 , in denen Professoren in der Rolle eines Experten per Online-Befragung interviewt wurden, ein iiberaus gutes Ergebnis. Uberpriifungen der Struktur der Antwortenden mit der Grundgesamtheit ergaben keine signifikanten Abweichungen, so dass davon auszugehen ist, dass die Stichprobe flir die Zielgruppe repriisentativ ist. Der Frauenanteil unter den Antwortenden lag bei 20 %, das Durchschnittsalter bei 49 lahren; 96 % der Antwortenden haben promoviert. Die Besoldungsstruktur wird erwartungsgemiiB noch von der traditionellen C-Besoldung gepriigt: 48 % sind in C3, 32 % in C2 eingruppiert, auf die neuen W-Besoldungsstufen entfallen 20 %, davon nur 1,5 % in W3. 29 Zum Wintersemester 2007/08 bieten 84 der 88 untersuchten Hochschulen ausschlieBlich den Bachelor-Abschluss als Einstieg in das Studium an; in 57 % der Fiille mit 6-semestriger-, in 40,5 % mit 7-semestriger Regelstudienzeit. Lediglich zwei Hochschulen (2,4 %) haben acht Semester zur Erreichung des Bachelor-Abschlusses gewiihlt. Diese Ergebnisse bestiitigen die von der HRK. verOffentlichten Daten fUr die Fachhochschulen. Die Universitiiten favorisieren dagegen eindeutig den Bachelor im Rahmen von sechs Semestem,30 nur 3 % der Bachelor-Studiengiinge dauem dort 7 Semester3l . Der Fragebogen enthielt eine sechsstufige Skala (1 = stimme iiberhaupt nicht zu bis 6 = stimme voll und ganz zu). Zur iibersichtlichen Darstellung der Ergebnisse werden die beiden negativen Stimmanteile (,stimme iiberhaupt nicht zu' bzw. ,stimme nicht zu') als ,Bottom Two '-Ergebnisse (= Ablehnung) zusammengefasst und dementsprechend die beiden positiven Stimmanteile (,stimme voll und ganz zu' sowie ,stimme zu') als ,Top Two '-Ergebnisse (= Zustimmung). Generell wird der Bologna-Prozess von den Befragten recht positiv bewertet (vgl. Abbildung 1). Knapp die Hiilfte (48,3 %; n=147) stimmte der These zu, dass der Bologna-Prozess die Mobilitiit, die intemationale Wettbewerbsfahigkeit und die Beschiiftigungsfahigkeit der Studierenden fOrdert. Dariiber hinaus sehen 38,3 % den Bachelor-Abschluss auch dann als sinnvoll an, wenn die Absolventen keine Karriere im Ausland anstreben. Allerdings empfinden dies immerhin
28
In einer Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) wird ein Riicklaufbei ProfessorenBefragungen von etwa 20 % berichtet. Vgl. FISCHER / MINKS (2007), S. 3.
29
Die Gehaltsunterschiede sind beachtlich: In C2 betrligt das Grundgehalt altersabhangig zwischen 2700 und 4800 €lMonat, in C3 3000 bis 5540. Die W-Besoldung kennt keine Altersstufen, W2 liegt bei rund 3900 €lMonat, W3 bei 4700. Ohne Leistungszulagen lliuft die Umstellung auf die WBesoldung also auf eine nicht unerhebliche Gehaltskiirzung hinaus.
30
Vgl. HRK (2007), S. 13.
31
Urslichlich fur die fast vollstlindige Konzentration auf 6-semestrige Angebote der Universitliten konnte sein, dass sie fur den Regelfall davon ausgehen, dass das Studium im Master weitergefiihrt wird. Praktisch hatte das zur Folge, dass die Studienzeiten nicht verkiirzt, sondern fur die meisten Hcher verlangert wiirden.
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knapp 29 % anders, sie glauben, dass der Bachelor-Abschluss fur Absolventen, die in Deutschland Karriere machen wollen, keine Vorteile bietet.
Abb. I: Einstellung der Befragten zum Bologna-Prozess 70% 60% 60,1 50% +-::==:----j 40% 30% 20% 10% 0% Bachelor beAkzeptanz der Rlrdert Mobili- Abschliisse in tlit, inter-
der Wirtschaft nationale Wett- is! noch nichl bewerb fliliigkei ausreichend t und Berufschancen
64,4
Bachelor bietet fur Karriere in Deutschland wenig Anreize
I Top-Two (ZUSlimmung)
Bachelor bekommen weniger Einstiegsgehalt als Diplomabsolventen
Gestaltungsspielraum in der Lehre wird durch Bachelor eingeschriinkt
Bottom-Two (Ablehnung)
QueUe: Eigene Darstellung.
Besonders kritisch sehen 60,1 % der Professoren die Akzeptanz der neuen Studienabschliisse in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie wird als (noch) nicht ausreichend empfunden und sollte daher gezielt gef6rdert werden. Daruber hinaus befurchten 64,4 %, dass Bachelor-Absolventen im Vergleich zu Diplom-Absolventen niedrigere Einstiegsgehiilter bekommen werden. Betrachtet man die personliche Beeintriichtigung der Professoren durch den Bologna-Prozess, so sehen immerhin 48,6 % den Gestaltungsspielraum von Lehrinhalten durch zu starke Strukturierung der Studiengiinge eingeschriinkt, nur knapp 30 % fuhlen sich nicht eingeschriinkt.
2. Die Akkreditierung von Studiengangen Nach Informationen der HRK waren im September 2007 knapp 50 % der BachelorStudiengange und 61 % der Master-Studiengange an Fachhochschulen akkreditiert, das entspricht einem Gesamtanteil akkreditierter Studiengange von 53,5 %32. Von den befragten Hochschulen waren 55,7 % der Studiengiinge im Bereich der MarketingAusbildung akkreditiert, was in etwa den Daten der HRK entspricht.
12
Vgl. HRK (2007). S. 12.
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Urn moglichst vie I tiber die Einstellung der Professoren zum Akkreditierungsprozess zu erfahren, wurde eine offene Einstiegsfrage gewiihlt. Die Auswertung der offenen Frage erfolgte anhand einer evaluativen Inhaltsanalyse, mit deren Hilfe sich Inhalte von Texten beschreiben lassen. 33 Die Inhaltsanalyse ergab, dass knapp die Halfte der Befragten (49,1 %; n=128) den Akkreditierungsprozessen eher negativ gegentiber steht, wohingegen 35,2 % die Akkreditierungsprozesse eher positiv sehen. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass die Mehrzahl (32 %) die Akkreditierungsprozesse nur ,eher positiv' einschatzt und nur ein sehr geringer Anteil (3,2 %) eine ,sehr positive' Meinung hat. 15,7 % haben eine ambivalente Auffassung zur Thematik, was nicht bedeutet, dass sie keine Meinung zu den Akkreditierungsprozessen haben, sondem sie haben gleich viele negative wie auch positive Argumente genannt. Professoren, die bereits ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen haben, unterscheiden sich in ihrer Einstellung nicht von den Professoren, die noch keines durchlaufen haben. Ais Hauptkritikpunkt ruhren die Gegner des Akkreditierungsprozesses das Argument der Kosten an (41,4 %). Hierunter werden neben der ,Geldverschwendung' bzw. dem kostspieligen Verfahren (14,1 %), nicht ausschlieBlich die monetiiren Kosten verstanden, sondem auch der Zeitaufwand (18,8 %), die Biirokratie (17,2 %), der Arbeitsaufwand (12,5 %) und die Bindung der Arbeitskraft von Professoren und Mitarbeitem (7 %). Neben den Kosten wird auch das Verfahren der Akkreditierung selbst von 27,3 % der Befragten kritisch gesehen. Kritikpunkte sind hierbei, dass die Akkreditierung zu starr und schematisch sei (11,7 %). Ebenso wird dem Verfahren von 6,3 % der Befragten keine Objektivitiit zugesprochen, sondem Willkiir unterstellt. Daruber hinaus kritisieren 23,4 % der Befragten die Agenturen. Die Kompetenz der Mitglieder der Akkreditierungskommission wird von 11,7 % bezweifelt, 7,8 % empfinden, dass die Qualitat der Bewertung von der Besetzung der Peergroup abhangig ist, 5,5 % sehen sogar ,reine Geldmacherei' auf Seiten der Agenturen. Uber die Kritikpunkte Kosten, Verfahren und Agenturen hinaus stellen 18 % der Befragten die Resultate der Akkreditie-rungsprozesse in Frage. 7,8 % sehen keine oder kaum Qualitiitsverbesserungen durch den Akkreditierungsprozess. Die Berurworter bezeichnen zu 28,9 % (n=128) die Akkreditierungsverfahren als eine prinzipiell hilfreiche Sache, ohne dies allerdings naher zu erlautem; sie haben also nicht mehr als ein unspezifisches Pro-Argument als Begriindung. 23,4 % der Berurworter sehen das Akkreditierungsverfahren als Instrument der Qualitatssicherung an. Zusatzlich zur offenen Frage wurde das Meinungsbild der Professoren zu den Akkreditierungsprozessen in drei Statements erfragt. Hierbei ergab sich Foigendes (siehe Abbildung 2). 38,5 % (n=148) der Befragten empfinden die Akkreditierung als geeignetes Instrument zur Uberprufung von Studiengangs-Konzepten, 23,6 % stimmten dagegen. Daruber hinaus meinen 33,1 %, dass exteme Akkreditierungen fachliche und inhaltliche Standards sicherstellen konnen. Besonders auffallig bei diesem Statement ist allerdings, dass 30,7 % die Antwortaltemative . stimme eher zu ' gewahlt haben und sich 33
Vgl. BROSIUS / KOSCHELi HAAS (2008), S. 141.
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somit nur leicht positiv entschieden haben. Vor diesem Hintergrund kann nicht verwundem, dass das skeptische Lager mit knapp 28 % fast gleichgroB ist. Dass es sinnvoll ist, die Bachelor- und Masterstudiengange zu akkreditieren, sagen 48 %, nur rund 17 % sehen dies nicht so. Ebenso wie in der offenen Frage unterscheiden sich Professoren, die bereits ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen haben, nicht signifikant von ihren Kollegen, die noch keines durchlaufen haben. Abb. 2: Einstellung zum Akkreditierungsprozess 60% 50% 48,0
40% 30%
38,5
33,1
20% 10% 0% Exteme Akkreditierungen kOnnen fachliche und inhaltliche Standards sicherstellen
I Top-Two (Zu
Akkreditierung ist ein geeignetes Instrument zur Oberprilfung von Studiengangskonzepten timrnung)
Es is! sinnvoll, dass Bachelor- und Masterstudienglinge akkreditiert werden
Bottom-Two (Ablehnung)
QueUe: Eigene Darstellung.
3. Die Lehrevaluation Die Lehrevaluation ist neben der Akkreditierung eines der wesentlichen Elemente zur Qualitatssicherung im Rahmen des Bologna-Prozesses. Bei der Lehrevaluation wird in besonderem MaBe das Meinungsbild der Studierenden berUcksichtigt. 98 % (n=146) der Befragten gaben an, dass bei ihnen Lehrevaluationen durchgeflihrt werden. 52,5 % der Befragten sind dazu verpflichtet, flir alle Veranstaltungen und 27,3 % fur einen Teil der Veranstaltungen eine Lehrevaluation durchzuflihren. Das heiBt, knapp 80 % der Befragten, die Lehrevaluationen durchflihren, sind dazu verpflichtet, lediglich 20 % machen dies freiwillig. Diejenigen, die nur flir einen Teil der Veranstaltungen Lehrevaluationen durchflihren mussen, tun dies hauptsachlich nach folgenden Kriterien: 40 % (n=25) von ihnen evaluieren ihre Veranstaltung in zeitlichem Abstand, also alle x Semester, 24 % werden von einem Dritten ausgewahlt, z.B. dem Studiendekan, und 12 % evaluieren eine bzw. zwei Veranstaltungen pro Semester. Bei der Frage nach der Ergebnisverwendung gaben 47,8 % (n=138) der Befragten an, dass die Ergebnisse der Lehrevaluation mit Kollegen, dem Dekan oder Studierenden besprochen werden und bei
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leistungsorientierter Bezahlung wie der W-Besoldung auch zu Gehaltsverhandlungen herangezogen werden konnen. In 25,4 % der Hille erfolgt eine Veroffentlichung der Resultate; daruber hinaus dienen die Ergebnisse in Einzelfallen der Anordnung von Nachschulungen oder der Weiterleitung an Dritte (z.B. an das Ministerium oder die Studienkommission). Nur in knapp 20 % der Hille erfolgt nach einer Evaluierung praktisch nichts. In ihrer Einstellung zum Thema Lehrevaluation sind sich die Befragten weitgehend einig. 58,9 % (n=141) stimmen der These zu, dass Lehrevaluationen ihnen personlich helfen, die Vorlesung zu optimieren. Es ist a priori anzunehmen, dass Lehrevaluationen jiingeren und unerfahrenen Professoren starker niitzen als erfahrenen. Dies kann jedoch statistisch signifikant nicht nachgewiesen werden. Grund konnte sein, dass selbst die Professoren, die nach jahrelanger Durchfiihrung von Lehrevaluationen nicht mehr davon profitieren, dennoch die Meinung vertreten, dass Lehrevaluationen generell hilfreich zur Optimierung von Vorlesungen sind. Gelegentlich vermutete geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung der Lehrevaluation konnten nicht festgestellt werden. 4. Die Teilnahme an Weiterbildungen
Neben dem Qualitatssicherungssystem von Akkreditierung und Evaluation dient auch die Weiterbildung der Professoren zur Verbesserung bzw. Qualitatssicherung der Lehre. Ebenso ist der Aspekt Weiterbildung unter dem Punkt des lebenslangen Lernens zu sehen, welcher in einer der Nachfolgekonferenzen zu Bologna als Element des Gesamtprozesses erfasst wurde. Deshalb wurden die Probanden im Rahmen des OnlineFragebogens danach gefragt, ob sie in den letzten drei lahren an einer didaktischen Weiterbildung teilgenommen hatten. 43 % (n=147) der Antwortenden bestatigten dies; 57 % hatten an keiner Weiterbildung teilgenommen. Professoren, die an einer Weiterbildung teilnahmen, haben zu 52 % seit 2004 eine einzige Weiterbildung besucht, 48 % haben an mehreren Weiterbildungen teilgenommen. Frauen nehmen signifikant haufiger an WeiterbildungsmaBnahmen teil als Manner. Neben der Abhangigkeit yom Geschlecht konnte festgestellt werden, dass Professoren der Besoldungsgruppe C3 signifikant seltener an WeiterbildungsmaBnahmen teilnehmen als ihre (in der Regel jiingeren) Kollegen der W-Besoldungsgruppen. Die Vermutung, dass jiingere Professoren eher an WeiterbildungsmaBnahmen teilnehmen als altere, konnte jedoch statistisch signifikant nicht nachgewiesen werden. Die Teilnahme an WeiterbildungsmaBnahmen wurde von knapp 92 % (n=86) der Professoren als personlich hilfreich beurteilt. Grunde hierrur waren ,neue Ideen, guter Austausch mit Kollegen', dass ,ein guter Uberblick gegeben wurde', und ,es immer etwas Neues gibt'. Daruber hinaus wurde ,in kurzer Zeit viel dazu gelernt' und es war eine ,kritische Reflexion moglich'. Nur 8 % der Befragten empfanden die von ihnen absolvierten Seminare als nicht hilfreich. Ursachen waren, dass ,keine neuen Erkenntnisse' vermittelt wurden, das Seminar ,zu oberflachlich' sowie ,der Dozent zu schlecht'
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Christa Wehner / Helmut Wienert
gewesen sei. Professoren, die innerhalb der letzten drei lahre an keiner Weiterbildung teilgenommen hatten, planen dies mehrheitlich auch in den nachsten zwei lahren nicht, nur 38 % (n=85) geben an, dass sie dies tun werden. 5. Wettbewerb zwischen Fachhochschulen und Universitaten Durch den Bologna-Prozess dfufte sich nicht nur der Wettbewerb intemationaler Hochschulstandorte verandem, sondem auch der Wettbewerb innerhalb Deutschlands zwischen Universitaten und Fachhochschulen. 41,8 % (Basis: n=141) der antwortenden Professoren vermuten, dass sich Fachhochschulen und Universitaten in den kommenden fiinf lahren immer ahnlicher werden (vgl. Abbildung 3). Daneben stimmen 48,3 % dafiir, dass Fachhochschulen langfristig gesehen einen Wettbewerbsvorteil gegenuber Universitaten haben werden, wenn es urn die Beschaftigungsfahigkeit von Absolventen geht; 18,9 % sehen das nicht so. Beziiglich des Niveaus der Ausbildung sehen 27,3 % keinen Unterschied, 30,1 % stimmen dem nicht zu. Der These ,Fachhochschulen bilden hauptsachlich den Bachelor aus, Universitaten den Master' widersprechen knapp 60 %, nur 14 % stimmen zu. Die 1st-Situation sieht in dieser Frage aktuell so aus: 1m Wintersemester 2007/08 haben Fachhochschulen in 30 % ihrer Studiengange ein Masterstudium angeboten, Universitaten hingegen nur in 24 %/4 Abb. 3: Wettbewerb zwischen Fachhochschulen und Universitaten 60% 50 % 40% 30% 20% 10% 0% Fachhoch· schulen und Universitiiten werden sich iihnlicher werden
FHs be· Niveau der kommen FacbhochWettschulausbildu bewerbsvortei ng gleicht I bei der Be- dem der Unisch1!fhgungs- versitliten fahigkeit I Top-Two (Zustimmung)
QueUe: Eigene Darstellung.
34
Vgl. HRK (2007), S. 9.
Meinem Kind wllrde ich eber ein Studium an der Uni· versitlit empfeblen Bottom-Two (Ablehnung)
Facbhochschulen bilden inshes. Bacbelor, Universitliten Master au
Universitlitsabsch lilsse versprechen eine bessere Marketing· Karriere
Bologna und die Folgen - Ergebnisse einer online Befragung
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Betrachtet man die Marketing-Ausbildung der beiden Hochschultypen, so verspricht nach Ansicht von knapp 50 % der Antwortenden (n=143) ein Universitatsabschluss keine erfolgreichere Marketingkarriere; 23,8 % sind gegenteiliger Meinung. Dennoch willden 38,3 % ihrem eigenen Kind eher ein Marketingstudium an einer Universitat als an einer Fachhochschule empfehlen, nur 28,4 % willden dies nicht tun. Dies ist vermutlich darauf zuriickzufiihren, dass die groBe Mehrheit der befragten Professoren selbst ein Universitatsstudium absolviert hat. Das zentrale AlIeinstelIungsmerkmal der Universitaten gegeniiber den Fachhochschulen ist zweifellos das Promotionsrecht. Wie aus Abbildung 4 ersichtlich, sind 65 % (n=143) der Befragten der Meinung, dass sich dies andem so lIte und die Fachhochschulen fiir das eigene Promotionsrecht kampfen sollten, 19,6 % sehen dies allerdings nicht so. Knapp 80 % sind der Meinung, dass sich Fachhochschul-Professoren zumindest als Zweitgutachter an Promotionsverfahren beteiligen sollten, nur 9,2 % halten dies fur nicht zustimmungswiirdig. Abb. 4: Einstellung zum Promotionsrecht 80% 60 %
65,0 t - - - - - I
40% 20% 0%
Promotionsrecht k:lmpfen
sollten zumindest als Zweitgutachter beteiligt werden
Top-Two (Zustimmung)
alleinige Promotion recht verzichten
Promotionen zu betreuen
Bottom-Two (Ablehnung)
QueUe: Eigene Darstellung.
Obwohl ein groBer Teil der Befragten dafiir ist, dass die Fachhochschulen fur das Promotionsrecht kampfen sollten, sehen 77,6 % es als eher unwahrscheinlich an, dass die Universitaten ihr Promotionsrecht teilen werden, lediglich 4,2 % sehen eine Chance dafur. 13,4 % ware es zu viel Zeitaufwand, neben allen anderen Aufgaben auch noch Promotionen zu betreuen, fur 71,8 % ist dies nicht der Fall, sie wiirden trotz anderer Aufgaben geme Promotionen betreuen - moglicherweise ist dieses deutliche Statement durch das Phanomen der sozialen Erwiinschtheit etwas verzerrt.
Christa Wehner / Helmut Wienert
300
6. Fragen aus der CHE-Absolventen-Befragung In der CHE-Erhebung wurden 14.000 Absolventen betriebswirtschaftlicher Studiengange der Abschlussjahrgange 2000 bis 2004 an Fachhochschulen schriftlich oder per E-Mail zum Thema Studienbedingungen, Lehrangebot, Studienorganisation und weiteren Themenbereichen befragt. Mit einer Rucklaufquote von 18 % hatten sich 2.526 Absolventen an der Befragung beteiligt. Die Netto-Stichprobe fur den Vergleich in der Betriebswirtschaft umfasste 2.293 Befragte. Die Bewertung erfolgte wieder anhand einer Sechserskala, diesmal entsprechend Schulnoten mit dem positiven Pol ,sehr gut'(= 1) und dem negativen Pol ,sehr schlecht'(= 6).35 Ein Teil dieser Fragen wurde auch den Marketing-Professoren auf dem Online-Bogen zur Beantwortung gestellt (vgl. Abbildung 5). Mehr als drei Viertel der befragten Professoren (Basis n=138) vergaben die Noten ,sehr gut' und ,gut' fur die folgenden Aspekte des Studiums an ihrer Fachhochschule: • Zeitliche Koordination des Lehrangebotes (81 %) • Didaktische Vermittlung des Lehrstoffes (78,3 ) • Praxisbezug in Lehrveranstaltungen (94,2 %) • Praxiskenntnisse/-erfahrungen der Professoren (89,1 %) • Vermittlung von Diplomarbeitsthemen aus der Praxis durch die Hochschule (77,4 %) • Inhaltliche Integration der Teilnehmer (74,6 %) Wie den Anteilswerten zu entnehmen ist, werden besonders der Praxisbezug von Lehrveranstaltungen und die Praxiskenntnisse bzw. -erfahrungen von nahezu allen Professoren als positiv wahrgenommen. Mehr als die Halfte der Befragten sieht die Themen interdisziplinare Bezuge innerhalb des Studiums (56,2 %), Ausstattung und Bestand der Bibliotheken (55,0 %) sowie die Hilfen beim Obergang in den Beruf (61,8 %) z.B. durch Absolventen-Borsen oder auch auf individuellem Weg als sehr gut bis gut ausgepragt. Die insgesamt positiven Urteile fallen beim Forschungsbezug des Studiums ab, nur von 34 % wird dieses Merkmal als gut eingeschatzt, von 18,1 % als schlecht, was angesichts der Praxisorientierung der Fachhochschulen allerdings auch nicht vollig verwundem kann. Welche Kenntnisse werden im Rahmen des Marketing-Studiums an Fachhochschulen gut vermittelt? Knapp 70 % benennen das facherubergreifende Denken und Wissen. Des Weiteren werden ProblemlOsungs- und analytische Fahigkeiten von 72,2 % als gut bewertet, selbstandiges Arbeiten und Lemfahigkeit von 78,9 %. Auch die Teamarbeit wird 35
Vgl. FEDERKEIL (2005), S. 5.
Bologna und die Foigen - Ergebnisse einer online Befragung
301
nach Meinung von 81,3 % der Befragten gut unterstiitzt. Geht es urn die Ubertragung des Gelemten auf praktische Probleme, so urteilen nahezu aIle Befragten (92,1 %) positiv, die Gegenstimmen sind zu vemachliissigen. 54,4 % sehen die Fremdsprachenkenntnisse durch ein Studium in ihrem Fachbereich als gut gef6rdert an, 11,5 % sind nicht dieser Meinung. 1m Bereich Forschungskompetenz urteilen 27,5 % negativ, etwas mehr als es positive Nennungen gibt (23,9 %). Abb. 5: Bewertung des Marketing-Studiums an Fachhochschulen Hilfen beim Obergang in den Beruf Verrnittlung von Praxis-Diplomarbeiten Praxiskenntnisse der Professoren Praxisbezug der Lehrveranstaltungen Ausstattung der Bibliotheken Interdisziplinare Beziige des Studiums Forschung bezug zum Studium Inhaltliche Integration der Teilnehmer Didaktische Verrnittlung des Lehrstoffs Zeitliche Koordination der Lehre
1.0 - - - Mittelwert Profes orenbefragung
2.0
3.0
4.0
5.0
6.0
- - - Mittelwert Ab olventenbefragung
QueUe: Eigene Darstellung.
Vergleicht man die Bewertungen der Marketing-Professoren und die der Absolventen der Abschlussjahre 2000 bis 2004 anhand des jeweiligen Mittelwertes, so wird deutlich, dass die Absolventen zwar ein iihnliches Bewertungsmuster wie die befragten Professoren haben, ihre Antworten tendenziell aber etwas negativer ausfaIlen; jedoch sind diese Unterschiede meist gering.
v. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Der Bologna-Prozess ist in Deutschland an Fachhochschulen wesentlich weiter vorangeschritten als an Universitiiten, 86,3 %36 der Fachhochschulstudiengiinge sind bereits umgestellt. Fachhochschulen setzen dabei deutlich hiiufiger als Universitaten auf 7 Semester bis zum ersten berufsbefahigenden Abschluss des Bachelors, Universitiiten bieten fast ausschlieBlich 6-semestrige Bachelor an. Die befragten FachhochschulProfessoren bewerten den Bologna-Prozess insgesamt positiv, sehen aber bei der Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses in der Offentlichkeit und der Wirtschaft noch De36
Vgl. HRK (2007), S. 9.
302
Christa Wehner / Helmut Wienert
fizite. Die Akkreditierungsverfahren werden von knapp der Halfte der Befragten kritisch gesehen, die Lehrevaluation wird als Qualitatssicherungsinstrument schon Uberraschend stark verwendet. Fast aIle Befragten geben an, dass an ihrer Hochschule Lehrevaluationen durchgeflihrt werden. 80 % der Befragten sind verpflichtet, aIle ihre Veranstaltungen oder einen Teil zu evaluieren. Generell sind sich die Befragten einig, dass Lehrevaluationen helfen, die Vorlesung zu verbessem. 43 % der Befragten nahrnen in den letzten drei Jahren an einer didaktischen Weiterbildung teil - Frauen und Professoren in W-Besoldungsgruppen statistisch signifikant haufiger. Diese Veranstaltungen wurden von fast allen Teilnehmem als hilfreich beurteilt. Beim Wettbewerb zwischen Fachhochschule und Universitaten wird den Fachhochschulen ein Wettbewerbsvorteil bei der Beschaftigungsfahigkeit von Absolventen bescheinigt, dennoch wurden knapp 40 % der antwortenden Fachhochschulprofessoren ihrem eigenen Kind ein Universitatsstudium empfehlen. 42 % der Befragten erwarten, dass sich die beiden Hochschultypen in den nachsten fiinf Jahren immer ahnlicher werden. Von dieser Annaherung wird das Promotionsrecht aber nicht betroffen sein, 78 % sehen es als unwahrscheinlich an, dass die Universitaten ihr Promotionsrecht teilen werden. Beim Vergleich mit dem CHE-Absolventen-Ranking wurde eine hohe Ubereinstimmung der Bewertung durch Professoren und Absolventen gefunden, wobei die ehemaligen Studierenden allerdings meist etwas negativer urteilten. AbschlieBend ist festzustellen, dass die Akzeptanz des Bologna-Prozesses seitens der Befragten weder besonders positiv noch besonders negativ ausf
37
V gl. HEUBLEIN / SCHMELZER / SOMMER (2008), S. 16.
38
V gl. SPIEWAK / WIARDA (2008).
Bologna und die Folgen - Ergebnisse einer online Befragung
303
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