Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin Rechtsmedizin 2016 · 26:337–339 DOI 10.1007/s00194-016-0114-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Verantwortlich für den Inhalt der Mitteilungsseiten der DGRM Prof. Dr. Silke Grabherr Institut für Rechtsmedizin Lausanne-Genf (CURML) Chemin de la Vulliette 4 CH - 1000 Lausanne 25
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International Scientific and Practical Conference Moskau, 13.–14. April 2016 Am 13. und 14. April fand in der russischen Hauptstadt unter dem Motto „The topical issues of forensic medicine and expert practice“ die alljährliche Rechtsmediziner-Tagung statt. Zeitgleich wurden auch das „8. Symposium des Osteuropa-Verein Rechtsmedizin e. V.“ und des „Forum on the issues of forensics for nurses from the Bureau of Forensic Medical Expertise“ sowie der 3. Kongress der „Association of forensic experts“ abgehalten. Die Konferenz wurde von Prof. Vladimir Alexandrowitsch Klevno, dem Leiter des Moskauer Gebietsbüros der rechtsmedizinischen Expertise und Präsidenten der Gesellschaft der Rechtsmediziner der Russischen Föderation, eröffnet. Dieser erinnerte zunächst anhand von bewegten Bildern an den verstorbenen Prof. Vitaliy Nikolaevich Krjukov, seinen Mentor und einen der führenden Rechtsmediziner Russlands. Anschließend leitete Prof. Klevno, gemeinsam mit einem ausgewählten 12-köpfigen Vorsitzenden-Gremium, darunter ebenfalls Gästen aus Deutschland (Dr. Kurt Trübner und Dr. Lars Oesterhelweg) durch die Konferenz, die sämtliche Themenbereiche der Rechtsmedizin – von Thanatologie über DNA bis hin zur Toxikologie – in parallel verlaufenden Sektionen abdeck-
te. Insgesamt waren über 400 Kongressteilnehmer registriert (siehe. . Abb. 1), darunter aus Ländern wie Kasachstan, Kirgistan, Ukraine, Weißrussland, Deutschland, Österreich, Botswana, Moldawien und der Slowakei. Auch 22 Mitglieder des Osteuropavereins Rechtsmedizin e. V., nahmen an der Konferenz teil und beteiligten sich mit insgesamt acht Beiträgen an dem wissenschaftlichen Programm. Besonders die Anzahl an deutschen Mitgliedern war mit 13 Personen erfreulich hoch (Benno Hartung und Christian Matzenauer aus Düsseldorf, Stefanie Plenzig aus Frankfurt, Christoph Birngruber aus Gießen, Kurt Trübner aus Essen, Lars Oesterhelweg aus Berlin, Benjamin Ondruschka und Vladimir Wenzel aus Leipzig, Heike Klotzbach aus Weimar, Harald Voß aus Frankfurt (Oder) und Peter Wiegand, Céline Pfeifer, Galina Kulstein aus Ulm). Während des Kongresses wurde nicht nur sehr gut für unser Leib und Wohl gesorgt, sondern es blieb auch Zeit die neuen Mitglieder des Osteuropavereins zu begrüßen und die letzten Tage Revue passieren zulassen. Denn in den vorhergehenden Tagen wurde der Kongress von einem gut organisierten Rahmenprogramm komplementiert. Das Team von Prof. Klevno bot uns
Abb. 1: 8 Einige der Teilnehmer der International Scientific and Practical Conference mit Vertretern aus Deutschland
eine zweitägige Stadterkundung durch Moskau, bei der wir nicht nur die Möglichkeit hatten, die sakralen Bauwerke des orthodoxen Russland zu ergründen, sondern auch in das politische Innere Moskaus zu schauen. Der Besuch des Roten Platzes samt Lenin-Mausoleum sowie des Kreml-Geländes boten einen spannenden Einblick in die Metropole. Besonders der Besuch des Diamantenfonds – in dem der Orlow-Diamant und andere russische Schätze beherbergt sind – zeigten den historischen Reichtum und die Einmaligkeit dieser Stadt. Diese wurde uns auch in musikalischer und kultureller Form dargeboten. Unter der Leitung des Chefdirigenten und Direktors der Russischen Nationalphilharmonie, Wladimir Spiwakow, bestaunten wir im Internationalen Haus der Musik eine musikalisch untermalte Vorführung des Charlie-Chaplin-Klassikers „City Lights“ und genossen im Bolschoi Theater „La Bayadère“ ein Ballettstück zur Musik
des österreichischen Komponisten Léon Minkus. Nicht zuletzt überraschten die Kollegen der Moskauer Rechtsmedizin selbst schließlich als virtuose Solo- und Chorsänger bei dem Festabend im Anschluss an den Kongress. Insgesamt also eine sehr gelungene Konferenz, bei der nicht nur der fachliche Austausch vertieft werden konnte, sondern auch die Möglichkeit gegeben war neue Kontakte zu knüpfen, auf deren Wiedersehen man sich bereits jetzt schon auf den nächsten Konferenzen freuen darf.
C. Pfeifer und G. Kulstein, Ulm
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Delegiertenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) Frankfurt a. M., 30. April 2016 Nach Genehmigung der Tagesordnung und des Protokolls der Delegiertenkonferenz vom 07. November 2015 berichtete der Präsident, Prof. Kreienberg, zur Tätigkeit der AWMF: die ständige Kommission Leitlinien hat eine aktualisierte Regel zur Darlegung von und zum Umgang mit Interessenkonflikten bei der Abfassung von Leitlinien verabschiedet, die Kommission „Gemeinsam klug entscheiden“ diskutiert derzeit die Konsultationsfassung eines Manuals. Geplant ist die Gründung einer Arbeitsgruppe „Fachgesellschaften und Industrie“, die Vorüberlegungen anstellt und im Jahre 2016 mehrmals tagen soll. Für den Umzug nach Berlin konnte eine neue Immobilie erworben werden, der Nachfolger des bisherigen Geschäftsführers soll im November 2016 auf der Delegiertenkonferenz vorgestellt und die Arbeit der AWMF in Berlin am 1. 1. 2017 in vollem Umfang aufgenommen werden. Im Berichtszeitraum gab es 31 Stellungnahmen der AWMF, u. a. zur wissenschaftlichen Anerkennung von Leitlinien-Arbeit und zur Evaluation medizinischer Forschungsleistung. Die Stellungnahmen können auf der AWMF-Webseite eingesehen werden. Aus den einzelnen Kommissionen folgten noch detailliertere Stellungnahmen. Die Aufnahmekommission der AWMF schlug die Aufnahme der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (ca. 1000 Mitglieder) und der German Interdisciplinary Sarcoma Study Group e. V. (gegr. 2007, ca. 130 Mitglieder) vor. Der erste Vorschlag wurde bei 2 Enthaltungen
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angenommen, der zweite Vorschlag fand nicht die erforderliche Mehrheit. Als Argument wurde u. a. die zu weit reichende Differenzierung und Spezialisierung nach medizinischen Problemfeldern angeführt, welche sonst zu einer Aufnahmewelle führen könne. Im Falle einer Annahme des jetzigen Antrages könne später bei anderen vergleichbaren Anträgen nicht mehr abgelehnt werden. Die von der Sarcoma Study Group e. V. bearbeitete Thematik könne doch auch unter dem Dach einer bereits bestehenden Mitgliedsgesellschaft der AWMF ausgeübt werden. Der Schatzmeister legte einen detaillierten Kassenbericht vor mit Listung der Ein- und Ausgaben. Es verbleiben derzeit Rücklagen, die allerdings etwas höher sein sollten. Die aktuelle Situation sei aber sicher für 2017 vertretbar, 2018 müsse je nach weiterer Entwicklung möglicherweise an eine Beitragserhöhung gedacht werden. Die letzte Beitragserhöhung hätte es vor mehr als 10 Jahren gegeben. Erläutert wurde dann die Finanzierung der neuen Immobilie (388.000,– EUR plus Makler- und Notarkosten etc.) für die Geschäftsstelle in einem Eckhaus aus dem Jahre 1897 in der Birkenstraße in Berlin-Moabit, wo die Büroraume im Hochparterre liegen werden. Die Kassenprüfer hatten keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, der Antrag auf Entlastung fand bei Enthaltung des Vorstands die erforderliche Mehrheit. Dr. Arning präsentierte Fakten und Zahlen zum Portal von German Medical Science. Dort fänden sich derzeit 16 Zeitschriften,
4275 Artikel seien bisher publiziert worden sowie 301 Kongresspublikationen mit ca. 60.000 Abstracts. Leitlinien sollen demnächst in der Lang- und Kurzfassung über GMS publiziert werden, 6 Zeitschriften fänden sich bereits in PubMed Central bzw. PubMed, weitere Anträge seien gestellt. Hingewiesen wurde auf das „Living Textbook of Hand Surgery“ als Pilotprojekt einschließlich Videosequenzen im Text (www.gms-books.de). Das modular erweiterbare Drupal-System wurde vorgestellt: Dort können Autoren selbst Inhalte einstellen und bearbeiten. Dafür wie auch für alle anderen Fragen gilt das Beratungsangebot von GMS. Prof. Treede, Vizepräsident der AWMF, erläuterte den Masterplan Medizinstudium 2020, wo die AWMF mit zahlreichen Gesprächen involviert war. Das Themenspektrum betrifft u. a. Fragen der Zulassung, der Landarztquote, die Zahl der Studienplätze, die Verknüpfung von Theorie und Praxis, eine stärkere kompetenz orientierte Ausrichtung und Fragen der interprofessionellen Ausbildung mit anderen Gesundheitsfachberufen. Dazu werde es eine gemeinsame Stellungnahme von AWMF und MFT geben, worin auch die Problematik der Wissenschaftlichkeit im Studium und die Förderung der Allgemeinmedizin angesprochen werden sollen. Eine Pflichtfamulatur in der Allgemeinmedizin wurde jedoch kritisch gesehen. Prof. Kopp stellte für die Ständige Kommission Leitlinien den Stand des jetzt im siebten Jahr arbeitenden Leitlinienregisters mit neu verfassten ergänzenden Hilfen zum Leitlinien-Regelwerk dar. Es gäbe weiterhin eine hohe interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit bei der Leitlinienerstellung mit andauernder Zunahme von S3-Leitlinien. International fänden die Leitlinien sehr großes Interesse. Hingewiesen wurde einerseits auf das Berliner Forum der AWMF im November 2016 und andererseits auf die nächste GIN-Conference (Guidelines
International Network) welche Ende September in Philadelphia, USA stattfinden werde. Zusätzlich berichtet Prof. Kopp aus der ad-hoc-Kommission „Gemeinsam klug entscheiden“ zu Zielen der Verbesserung der Versorgungsqualität und Diskussionen um eine Antwort auf eine zunehmende marktwirtschaftliche Orientierung der medizinischen Versorgung von Patienten. Von der Ständigen Kommission Leistungsevaluation in Forschung und Lehre berichtete Prof. Hermann-Lingen von der anstehenden Publikation der Fakultätenbefragung zur Lehrevaluation und zur Leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM). Es werde eine gesonderte Stellungnahme der AWMF geben. Die AWMF habe darüber hinaus an der More Trials Initiative (http://moretrials.net) zur Revision der Vorgaben bei Good Clinical Practice als Regelwerk zur Durchführung von Medikamentenstudien mitgewirkt. Zur Informationsinfrastruktur werde es im Hinblick auf die Zukunft der Arbeit von DIMDI und ZB-MED ebenfalls eine AWMF-Stellungnahme geben. Abschließend folgte ein Bericht aus der ad-hoc-Kommission „Frühe Nutzenbewertung“ beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) und zum Stand des Studienregisters mit dem Hinweis, dass viele Studien (ca. 50 %) nicht publiziert werden (siehe: clinicaltrials.gov) würden. Das Deutsche Register Klinische Studien umfasse aktuell ca. 4600 Studien (www.drks.de). Mit großen Interesse wurde der letzte Vortrag zu den Aufgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM) aufgenommen. Der Referent berichtete u. a. über Risikomeldungen nach Produktgruppen (z. B. bzgl. Apps) und zu wissenschaftlichen Beratungsverfahren mit Arzneimittelherstellern sowie Möglichkeiten der Patientenbeteiligung im Wege eines Werkvertrages für Patientenvertreter.
R. Dettmeyer, Gießen
Internationales Seminar „Advances in postmortem imaging and biochemical investigations“ Lublin, 9. Mai 2016 Am 9. Mai 2016 lud das Institut für Rechtsmedizin in Lublin (Polen) zum internationalen Seminar „Advances in postmortem imaging and biochemical investigations“ ein, welches im Institut selbst und somit an der Universität Lublin unter der Schirmherrschaft des Rektors der Medizinischen Fakultät der Universität Lublin stattfand. Dem von Dr. Grzegorz Teresinski organisierten Seminar ging ein geselliger Abend in einem typischen Brauereirestaurant in der Altstadt Lublins am Sonntag, dem 8. Mai 2016, sowie ein Besuch der verschiedenen Institutsabteilungen voran. Tatsächlich konnte das Institut durch komplett renovierte, helle Räumlichkeiten und neueste Techniken der modernen forensischen Bildgebung imponieren. Ca. 80 Rechtsmediziner und Toxikologen aus verschiedenen forensischen Zentren in Polen, der Schweiz, Spanien, Weißrussland und der Ukraine nahmen an dem Seminar und der Institutsführung teil. Zwei Aspekte wurden schwerpunktmässig diskutiert: die postmortale klinische Chemie sowie die postmortale Bildgebung. Das erste Thema wurde von Dr. Cristian Palmiere vom Universitätszentrum für Rechtsmedizin Genf-Lausanne sowie Prof. Eloy Lopez Girela von der Abteilung für Pharmakologie, Toxikologie und Rechtsmedizin der Universität Cordoba vorgestellt. Dr. Palmiere ging zunächst auf allgemeine Aspekte der postmortalen klinischen Chemie ein und präsentierte im Anschluss einige praktische Fälle aus dem forensischen Bereich, insbesondere Komplikationen bei Diabe-
tes, klinische Chemie bei postmortaler Leichenveränderung, Hypothermie und bestimmte hormonelle Störungen. Prof. Eloy Lopez Girela legte den Fokus auf Biomarker für Alkoholmissbrauch. Prof. Grabherr leitete den Teil der forensischen Bildgebung ein. In ihrem Vortrag zeigte sie eine Übersicht der verschiedenen heutzutage angewandten Techniken, und betonte ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Somit berichtete sie über neueste Entwicklungen in der postmortalen Radiologie und im 3D-Oberflächenscanning. Nach einer Lunchpause ging es dann mit freien Vorträgen weiter. Dabei berichtete Dr. Aleksandra Borowska-Solonynko (Warschau) über erste Ergebnisse einer neuen Methode der postmortalen Angiographie mittels Injektion von Luft. Dann stellte Wojciech Tunikowski (Wroclaw) einen spannenden Fall vor, bei dem ein Opfer eines Tötungsdeliktes gehäutet wurde und es dank einer 3D-Rekonstruktion der gefundenen Hautteile gelang die Tat zumindest teilweise zu rekonstruieren. Die Session wurde dann mit einem Vortrag abgeschlossen, bei dem es um die Identifizierung von Tätern auf kinderpornographischem Videomaterial ging. Hierbei erklärte Dr. Dorota Lorkiewicz-Muszynska wie man Personen dank der Analyse der Handlinien an Fingern erkennen kann, welche oft das einzige sichtbare Körperteil der Täter in den Videos sind. Dem Vortragsteil folgte dann ein Workshop zum Thema 3D-scanning, bei dem das institutseigene Equipment und des-
sen Einsatz vorgestellt werden konnte. Das Seminar wurde dann am Abend mit einer „after party“ in einem gemütlichen polnischen Restaurant abgeschlossen, bei dem es viele köstliche lokale Spezialitäten und natürlich reichlich Wodka zu probieren gab. Insgesamt war der Besuch im Institut für Rechtsmedizin in Lublin anlässlich dieses Seminars ein ganz besonderes Erlebnis, bei dem es sehr viel Wissenschaft und Kultur auszutauschen gab.
C. Palmiere und S. Grabherr, Lausanne
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