Mitteilungen der DGN Nervenarzt 2017 · 88:203–214 DOI 10.1007/s00115-017-0287-1 © Springer Medizin Verlag Berlin 2017
Redaktion Prof. Dr. Gereon Nelles, Schriftführer,
[email protected] (v. i. S. d. P.) Neuromed-Campus Hohenlind Werthmannstr. 1c 50935 Köln Prof. Dr. Gereon R. Fink, 1. Vorsitzender,
[email protected] Dr. rer. nat. Thomas Thiekötter, Geschäftsführer,
[email protected]
Sechs Jahre lang wirkte Professor Dr. Martin Grond ehrenamtlich im Vorstand der DGN, in den Jahren 2013 und 2014 als Erster Vorsitzender. Zum Jahreswechsel endete seine Zeit im Präsidium. Ein dankbarer Rückblick.
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Professor Dr. Martin Grond ist der Prototyp eines Schlaganfallneurologen. Seine berufliche Sozialisation in den 90erJahren am Max-Planck-Institut für neurologische Forschung Köln (heute: Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung) und an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität zu Köln fällt in eine Zeit, in der die Neurologie mit der Thrombolysetherapie des Schlaganfalls und der Organisation der Stroke Units erstmals im größeren Maßstab in der Akutversorgung in Erscheinung tritt – und damit eine bis dato nicht gekannte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit auf sich zieht. Martin Grond war zu der Zeit Assistenzarzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter, später dann Oberarzt der Kölner Uniklinik
8 Immer in Verhandlungen zur Rolle der Neurologie in der Geriatrie: Prof. Grond mit Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz, damaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, im Sommer 2013 in der Geschäftsstelle der DGG
und wusste schon damals, gestalterisches Durchsetzungsvermögen und mediales Talent als treibende Kraft einer groß angelegten Kampagne „Köln gegen den Schlaganfall“ geschickt zu paaren: Für seine Habilitationsschrift „Einführung der systemischen Thrombolyse mit rt-PA bei akutem ischämischem Insult in die klinische Praxis im Rahmen einer Gemeinde-basierten interdisziplinären Kooperation“ erhielt er den Köln-Preis für wissenschaftliche Arbeiten, die der Entwicklung der Stadt Köln gewidmet sind. Martin Grond wechselt 2001 als Chefarzt an das Kreisklinikum im südwestfälischen Siegen. Dort baut er die Klinik zu einer der leistungsfähigsten nichtuniversitären Neurologien in Deutschland mit 120 Betten aus. Früh setzt er neben einem neurointerventionellen Schwerpunkt auf die geriatrische Versorgung. 2004 übernimmt er Vorstandsfunktionen in der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft (DSG), avanciert 2006/2007 zu deren Vorsitzendem, was ihn (über Prof. Dr. Otto Busse) auch näher an die DGN heranführt. Bei der DGN übernimmt er erste Aufgaben, etwa in der Perspektivenkommission, wo er die erste Imagekampagne der Neurologie unter dem Motto „Deutschland behält die Nerven“ initiiert. Schließlich stellt er sich der Wahl zum Zweiten Vorsitzenden der DGN, zwei Jahre später wählen ihn die Mitglieder zu ihrem Ersten Vorsitzenden. Nach längerer Zeit bestimmen die Mitglieder der DGN damit wieder einen Chef-
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Neuropolitischer Kämpfer
8 Freund klarer Worte: Prof. Grond 2013 bei seiner Eröffnungsrede auf dem 86. DGN-Kongress in Dresden
arzt, der nicht auch Lehrstuhlinhaber ist. Diejenigen, die dies kritisch sehen, werden schnell eines Besseren belehrt. Martin Grond navigiert die DGN geschickt durch stürmische Zeiten: Gleich im ersten Jahr seines Vorsitzes geht der externe Kongressdienstleister völlig überraschend in die Insolvenz und hinterlässt der DGN fast 2 Millionen Euro Verlust. Gemeinsam mit Geschäftsführer Dr. Thomas Thiekötter fährt der Vorstand ein striktes Sparprogramm und etabliert ein Inhouse-Kongressmanagement, das inzwischen drei Kongresse mit großem Erfolg organisiert hat. Zeitgleich geraten medizinische Fachgesellschaften in den Fokus der Öffentlichkeit und kritischer Fachkollegen, die lange Jahre praktizierte Usancen in der Zusammenarbeit von Medizinern und Unternehmen in Frage stellen. Die auch von der DGN geforderte Transparenz wird prompt geliefert. Gemeinsam mit Prof. Dr. Günther Deuschl bringt Martin Grond die „Handlungsrichtlinien zum Umgang mit ökonomischen In-
teressen in der Neurologie“ heraus und setzt mit dem „Code of Conduct“ einen Rahmen für seriöse Auftritte von Unternehmen auf dem DGN-Kongress. Überflüssige „Fun-Faktoren“ wie Kletterwände oder Verlosungen werden aus der Ausstellung verbannt, „Satellitensymposien“ heißen fortan unzweideutig „Industriesymposien“, eine klare Trennlinie wird zwischen Wissenschaft und Industrie eingezogen. Die zahlreichen Maßnahmen der DGN reichen bis hin zur Leitlinienarbeit, bei der wir in unserer gemeinsamen Vorstandszeit weitere Schritte zur Verbesserung der Transparenz eingeleitet haben, etwa die Bewertung der Interessenkonflikterklärungen durch unabhängige Gutachter. Mit diesen strategischen Weichenstellungen hat sich die DGN in Sachen Transparenz und Unabhängigkeit sehr früh unter den medizinischen Fachgesellschaften weltweit ganz vorn positioniert. Eine eindeutige Position bezieht Martin Grond auch bei der Vertretung der Interessen der Neurologie im Kontext der GeDer Nervenarzt 2 · 2017
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Mitteilungen der DGN
8 Aufarbeitung: Prof. Grond (2. v. l.) entwickelte das Projekt „Neurologie in der NS-Zeit“, hier beim 1. Symposium 2015 auf den DGN-Kongress in Düsseldorf
riatrie, einer Diskussion, die im Rahmen der neuen Musterweiterbildungsordnung (MWBO) aufflammt: Schnell positioniert er die Neurogeriatrie als wichtigen Pfeiler einer interdisziplinär organisierten Altersmedizin. Vehement setzt er sich dafür ein, dass auch den ältesten Patienten eine bestmögliche Fachmedizin zugutekommt und sie nicht – fachgesellschaftlich-geriatrischen und ökonomischen Interessen folgend – Altersmedizinern überlassen werden. Das Ergebnis vieler Meetings (und mancher hitziger Debatte) in Fachgremien ist, dass Neurologen heute bei Entscheidern im Gesundheitswesen auch als geriatrisch tätig wahrgenommen werden. Aller Voraussicht nach wird sich in der neuen MWBO dementsprechend der „Facharzt für Neurologie und Geriatrie“ finden, vorausgesetzt, der Deutsche Ärztetag verabschiedet nach langjähriger, zäher Entwicklungsarbeit in 2018 die neue MWBO. Nachhaltig verbunden ist Martin Gronds Amtszeit als Erster Vorsitzender auch mit dem Beginn der Aufarbeitung der Rolle der Neurologie im Nationalsozialismus durch Medizinhistoriker im Auftrag der DGN, ein Projekt, das bisher zu zwei viel beachteten Symposien auf den DGN-Kongressen in Düsseldorf bzw. Mannheim sowie zu
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einer Sonderpublikation in „Der Nervenarzt“ geführt hat. Die Aufarbeitung der unterschiedlichen Aspekte wird sicher noch viele Jahre dauern, geht es doch um mehr als pure Geschichtsbeschreibung: 70 Jahre nach Ende der NS-Diktatur werden ehrliche Antworten möglich, die jahrzehntelang aus Mangel an Fakten, aber auch wegen Befangenheiten nicht gegeben werden konnten oder gegeben wurden. Die wichtige Aufarbeitung unserer Geschichte hilft, Identität zu stiften, und hoffentlich uns und nachfolgenden Generationen, nie wieder moralische Grundsätze ärztlichen und wissenschaftlichen Handelns derart zu missachten. Martin Gronds sechsjährige Amtszeit als Vorstandsmitglied hinterlässt wichtige Spuren. Professor Grond fügt sich nahtlos ein in eine Reihe von Vorsitzenden, die sich mit Gespür für wichtige Fragen, außergewöhnlichem Engagement, Entschlusskraft und Sinn für Nachhaltigkeit um die deutsche Neurologie und unsere Fachgesellschaft verdient gemacht haben. Im Namen des gesamten Präsidiums der DGN und aller Kolleginnen und Kollegen der deutschen Neurologie danke ich Martin Grond für sein Engagement sehr herzlich.
Gereon R. Fink
Der 90. DGN-Kongress tagt dieses Jahr in Leipzig. Zur Eröffnungsveranstaltung haben herausragende Insider aus dem „Human Brain Project“ und dem Wissenschaftsrat als Gastredner zugesagt. Im Präsidentensymposium erörtert ein hochkarätiges internationales Panel Netzwerkerkrankungen, ihre Erforschung und die daraus entstehenden Therapieansätze. Gleichzeitig mit dem neurologischen Branchentreffen plant Kongresspräsident Prof. Dr. Joseph Claßen das erste Konzert eines frisch gegründeten Neurologenorchesters. Welche weiteren Highlights vom 20. bis zum 23. September 2017 auf die Leipzig-Besucher warten, verrät der Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig im Interview.
Gleichzeitig erwarten wir uns vom Kongress Impulse für die Entwicklung der Leipziger Neurowissenschaften.
Herr Professor Claßen, warum passt der DGN-Kongress mit seinen rund 6000 Besuchern nach Leipzig? Im 19. Jahrhundert wurde in Leipzig eines der weltweit ersten Hirnforschungsinstitute gegründet, die Neurowissenschaften haben hier eine lange und erfolgreiche Tradition. Die neurowissenschaftlichen Einrichtungen an der Universität und am Max-Planck-Institut haben sich dem gemeinsamen Bezug zum Menschen verschrieben. In dieses Feld fügen sich auch die klinischen Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Leipzig ein. Systemische Neurowissenschaften bilden hier einen Schwerpunkt. Durch gemeinsame Programme, zum Beispiel die vom Max-Planck-Institut mit Beteiligung der Universität betriebene Graduiertenschule, findet sich ein Umfeld, in dem translationale Forschung besonders gut gedeiht. Das soll beim Kongress auch deutlich werden.
Sie haben bereits zahlreiche Einreichungen für Symposien erhalten. Welche Trends kristallisieren
Man hört, Sie bereiten etwas Besonderes vor? Wir planen – und die Musikstadt Leipzig bietet dazu die passende Umgebung – die Gründung des ersten Neurologenorchesters. Es soll ein Benefizkonzert zugunsten der Deutschen Parkinson Gesellschaft stattfinden, im Paulinum der Universität, das in diesem Jahr eröffnet wird – für den Kongress quasi unsere Elsterphilharmonie! Viele müssen mitziehen, damit es zu diesem kulturellen Highlight kommt. Drücken Sie uns die Daumen!
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Interview mit dem Kongresspräsidenten – die wissenschaftlichen Highlights des DGN-Kongresses 2017
8 Kongresspräsident Prof. Dr. Joseph Claßen leitet die Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum. Er ist Kongresspräsident des 90. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie vom 20. bis 23. September in Leipzig und wird unterstützt von Kongresssekretärin Prof. Dr. Dorothee Saur, ebenfalls Leipzig
Bei den atypischen Parkinsonsyndromen erprobt man erstmals seit Jahrzehnten völlig neue medikamentöse Therapieansätze. Möglicherweise kann man die der Krankheit zugrundeliegenden Proteinverklumpungen durch eine Antikörperbehandlung aus dem Nervensystem entfernen: aus dem Nervenwasser oder alternativ aus der Zelle. Man hat also erstmalig vielversprechende Ideen, wie man diese Erkrankungen behandeln kann, die in puncto Lebenserwartung und Lebensqualität mit Krebserkrankungen zu vergleichen sind. Den Bereich Schlaganfall dominierte ja in den vergangenen Jahren die mechanische Throm bektomie. Gibt es darüber hinaus Neues? Die Möglichkeiten und die praktische Umsetzung der mechanischen Thrombektomie sind immer noch ein bedeutendes Thema. Da besteht bei vielen Neurologen, die nicht an Akutkliniken arbeiten, noch Aufklä-
rungsbedarf. Darüber hinaus müssen wir wichtige Fragen klären: Welche Patienten profitieren am besten – und welche vielleicht nicht – von der Thrombektomie? Welche Rolle spielt die Lyse-Therapie? Wirkt die Standardtherapie – erst Lyse, dann Thrombektomie – besser als die Thrombektomie alleine? Das führt uns zu der Frage: Wie bringt man diese neuen Erkenntnisse in die praktische Medizin – und die Abrechnungslogik? An wie vielen Zentren sollen solche Eingriffe vorgenommen werden? Diese Fragen werden uns auf dem Kongress beschäftigen und unser Handeln wie unsere Überlegungen in den kommenden Jahren bestimmen. In der Eröffnungsveranstaltung fasst Professor Hans-Jochen Heinze aktuelle Empfehlungen des Wissenschaftsrates für die Struktur der medizinischen Ausbildung zusammen. Das ist ein Thema, das für alle Kliniker und ganz sicher für die große Gruppe der Neurologen in den nächsten Jahren enorm wichtig werden wird. Die grundsätzliche Frage lautet: Wie können sich die Medizin und die Neurologie innerhalb der Medizin eigentlich noch weiter entwickeln? Wollen wir am Ende eines Ausbildungsstudiengangs wissenschaftlich qualifizierte Mediziner haben oder vor allem praktisch tätige Ärzte für die Allgemeinmedizin? Was sind die Minimalanforderungen, die ein Mediziner am Ende des Studiums erfüllen muss? Wie ermöglichen wir es wissenschaftlich interessierten Medizinstudenten, während ihrer Ausbildung auch wissenschaftlich tätig zu sein? Wie sollen sich nach dem Studium Wissenschaft und klinische Tätigkeit verbinden lassen? Der medizinische Ausschuss des Wissenschaftsrates, dem Professor Heinze vorsitzt, hat glasklar Stellung bezogen: Ohne eine wissenschaftliche Ausbildung von Medizinern leben wir auf Pump und werden unserem Auftrag nicht mehr ge-
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sich für den DGN-Kongress 2017 heraus? Bei den neurodegenerativen Erkrankungen und Bewegungsstörungen ist über Fortschritte bei atypischen Parkinsonsyndromen zu berichten, über neue Analysemöglichkeiten bei Gehstörungen und ihrer Rehabilitation. Kognitive Störungen der Sprache oder der Handlungskontrolle verstehen wir mit Hilfe der Netzwerkanalysen zunehmend besser und können entsprechend neue Therapieoptionen entwickeln. Im Themenfeld Schlaganfall werden weiterhin die Möglichkeiten und die praktische Umsetzung der mechanischen Thrombektomie und die neuen Antikoagulantien in den Symposien eine wichtige Rolle spielen. Bei der Multiplen Sklerose scheinen nach den vielen neuen verlaufsmodifizierenden Therapien der letzten Jahre jetzt Regenerationsvorgänge und ihre Förderung zunehmend in den Vordergrund zu rücken.
8 Prof. Dr. Katrin Amunts gibt auf dem DGN-Kongress Einblick in ihre Forschungen zur Kartierung des Gehirns
recht. Hans-Jochen Heinze kann das unglaublich engagiert vortragen. Deshalb bin ich sicher, dass das Thema auch die Zuhörer fesseln wird. Ein anderes spannendes Thema der Eröffnungsveranstaltung wird das „Human Brain Project“ sein. Das „Human Brain Project“ ist eine gigantische europäische Forschungsanstrengung, die versucht, das Gehirn vollständig zu verstehen. Ja, und zwar so, dass sich daraus ganz neue Erkenntnisse über seine Funktionsweise und zu Therapieansätzen ableiten lassen. Professorin Katrin Amunts, die am Forschungszentrum Jülich als Vorsitzende des Science and Infrastructure Board die wissenschaftlichen Interessen im „Human Brain Project“ bündelt, wird uns darüber außerordentlich Spannendes berichten und sicher auch einen Einblick in ihre eigenen Forschungen zur Kartierung des Gehirns geben. Das Thema Multiple Sklerose wird in von der Industrie gesponserten und in industrieunabhängigen DGN-Symposien behandelt. Richtig. Auch wenn die Industriesymposien weiterhin eine Bereicherung des Kongresses bedeuten und sie ein hochwertiges Informationsangebot bereithalten, haben wir Wert darauf ge-
legt, dass jedes große Thema auch in einer Form behandelt wird, die komplett unabhängig von Industriesponsoring ist. Gerade die Veranstaltungen zur Multiplen Sklerose sind ein gutes Beispiel dafür, wie dieses Prinzip hervorragend umgesetzt werden kann. Auf welches Symposium freuen Sie sich besonders? Obwohl viele Symposien sehr spannend zu werden versprechen, erhoffe ich mir ganz besonders vom Präsidentensymposium einen Ausblick auf die Zukunft der Neurologie – auf das, was in den nächsten zehn Jahren besonders relevant sein wird. Worum wird es im Präsidentensymposium gehen? Um Netzwerke und Netzwerkerkrankungen. Bestimmte Funktionsweisen des Gehirns sind nicht einfach Ausdruck einer regionalen Funktion, sondern einer Leistung, die über mehrere Hirnregionen verteilt ist. Ein konkretes Beispiel: die Parkinson-Erkrankung. Manchen ihrer motorischen Symptome liegt die Störung eines Schaltkreises zugrunde, der mehrere Regionen einbezieht, unter anderem auch den Hirnmantel oder das Kleinhirn. Nur wenn man Erkrankungen und Symptome wie etwa das Zittern oder die Bewegungsverlangsamung bei Parkinson als Netzwerkdysfunktion versteht, kann Der Nervenarzt 2 · 2017
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Mitteilungen der DGN man neue Wege finden, die Symptome zu lindern: indem man Regionen beeinflusst, die in Netzen miteinander verbunden sind. Das ist eine Erkenntnis, die noch nicht wirklich Einzug in die klinische Medizin gehalten hat. Wie diese Netzwerke analysiert werden, welche Rolle sie beim Verständnis von neurologischen Krankheiten haben und wie sie therapeutisch moduliert werden können, werden renommierte Experten erläutern. So stellt der für den Nobelpreis gehandelte Prof. Dr. Karl Deisseroth, Stanford (USA), die von ihm entwickelte geniale Methode der Optogenetik vor, mit der einzelne Neuronenarten in kleinen Verbünden aktiviert und abgeschaltet werden können. Sie erlaubt atemberaubende neue Einsichten in die Pathogenese neuropsychiatrischer Erkrankungen und hilft, die Funktionsweise von Hirnstimulationsverfahren aufzuklären. Prof. Nik Weiskopf, MPI für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig, wird erklären, wie sich mit Hilfe der Kernspintomographie in sensationeller, an mikroskopische Größenordnungen heranreichender Auflösung die Konnektivität verschiedener Hirnregionen und ihre strukturelle Organisation analysieren lassen. Prof. John Krakauer, Baltimore (USA), wird computationale, tierexperimentelle, humanbiologische und medizinische Ansätze miteinander verbinden, um neue Strategien zur Rehabilitation motorischer Störungen vorzustellen. Schließlich wird Prof. Matt Lambon Ralph, Manchester (Großbritannien), Sprachstörungen als Störungen von neuronalen Netzen deuten und diskutieren, welche Schlussfolgerungen für die Therapie solcher Störungen zu ziehen sind. Wie steht es mit der Aufarbeitung der Lebenswege bedeutender Neurologen in der NS-Zeit? Die medizinhistorische Forschungsgruppe arbeitet derzeit
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im zweiten Teil der Untersuchung die Lebenswege einiger bedeutender Neurologen in der Zeit des Nationalsozialismus auf. Am Beispiel neurologischer Persönlichkeiten soll eine Strukturgeschichte der Neurologie im NS-System geschrieben werden. Auf dem DGN-Kongress werden die Medizinhistoriker Prof. Axel Karenberg, Prof. Heiner Fangerau und Dr. Michael Martin im Rahmen des Symposiums „Neurologie und Neurologen in der NS-Zeit“ erste Ergebnisse vorstellen: zu Walter Birkmayer, überzeugter Nationalsozialist mit Nachkriegskarriere, zu Oswald Bumke, Präsident der Neurologengesellschaft 1933–1935 und wissenschaftlicher Beirat von Karl Brandt, sowie zu Emil Heinz Becker, Eugeniker, Muskelforscher und Historiker der Rassenhygiene. Mit überwältigender Resonanz hat die DGN auf dem Kongress 2016 in Mannheim einen Science Slam ins Leben gerufen – wollen Sie dieses Format in Leipzig beibehalten? Unbedingt! Mit dem Science Slam werden Neurologen angesprochen, aber insbesondere sollen sich auch Nicht-Neurologen und Nicht-Neurowissenschaftler für unser Fach begeistern. Weil der Besuch nicht nur Kongressbesuchern offensteht, werden wir die Veranstaltung voraussichtlich in einem großen Hörsaal des Universitätscampus der Innenstadt abhalten. Natürlich wollen wir auch Neuro-Slammer aus Leipzig auf die Bühne holen. Bewerber laden wir übrigens wie im vergangenen Jahr zu einem von der DGN gesponserten Workshop ein, auf dem professionelle Coaches mit den künftigen Slammern bühnenreife Vortragstechniken einüben. Also: Bitte bewerben!
Frank Miltner und Monika Holthoff-Stenger
Neues vom DGN-Kongress 2017
Kongress-Website & Social Media Leipzig ist die Gaststadt des 90. DGN-Kongresses vom 20. bis 23. September 2017. Auf www. dgnkongress.org können Sie bereits Ihren Besuch planen sowie sich zur Abgabe Ihres Abstracts oder Posters informieren. Auf Twitter unter dem Hashtag #dgnkongress, in der FacebookVeranstaltung sowie mit dem Kongress-Newsletter bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Online-Einreichung von Abstracts und Minisymposien: noch bis 31. März 2017 Alle Teilnehmer sind herzlich eingeladen, Abstracts für freie Vorträge, Poster und Industrieposter einzureichen. Die Abstracts können auf Deutsch oder Englisch abgefasst werden und sollten maximal 500 Wörter enthalten. Einsendeschluss ist der 31. März 2017. Ebenfalls bis zum 31. März können Teilnehmer Minisymposien einreichen. Minisymposien (90 Minuten) mit einem eng umgrenzten Thema sind bevorzugt jungen Wissenschaftlern vorbehalten. Sie sollten insbesondere die aktuellen Arbeiten einer
Nachwuchsgruppe und ihrer Kooperationspartner darstellen und dürfen gerne einen „Work in Progress“-Charakter haben. Lebendige Veranstaltungen mit hohem Diskussionsanteil – gerne auch kontrovers – sind sehr erwünscht. Entscheidend für die Auswahl sind die wissenschaftliche Qualität und das zu erkennende Potenzial.
Einreichung Videobeiträge für Videoforen: bis 30. April 2017 Willkommen sind Videobeiträge für die Videoforen „Bewegungsstörungen“ sowie „Epilepsien und Differentialdiagnosen“ mit lehrreichen, unklaren und ausgefallenen außergewöhnlichen Fällen und einer Länge von höchstens fünf Minuten. Aus der Situation aufgenommene Videos, selbst mit Handy-Kamera, können besonders eindrucksvoll sein. In den beiden Videoforen werden Preisträger ermittelt und mit Geldpreisen prämiert.
Weitere Termine 55Early-Bird-Registrierung: 31. Juli 2017 55Late Breaking Abstracts: 31. Juli 2017 55Bewerbung NachwuchsFörderungsfonds: 31. August 2017 55Videos SK „Bewegungsstörungen“: 31. August 2017 Weitere Informationen zu Deadlines, Richtlinien und Abgabemodalitäten: www.dgnkongress.org/referenten
DGN wächst weiter ungebremst 9 Zum 31. Dezember 2016 hat die DGN erneut um rund 300 auf fast 8400 Mitglieder zugelegt. Die Verdopplung der Mitgliederzahl in nur 15 Jahren spiegelt die wachsende Bedeutung der Neurologie in der Versorgungslandschaft und die wachsende Attraktivität als Arbeitsfeld wider. Die DGN ist eine junge Gesellschaft: Jedes Jahr tritt eine große Anzahl Neumitglieder ein, in den letzten beiden Jahren besonders viele Ärzte in Weiterbildung. Zwei Drittel aller Mitglieder sind bis 50 Jahre alt, ein Drittel unter 40. Damit besitzt die DGN unter den Fachärzteverbänden ein junges Altersprofil
Die 20. Tagung der Leitenden Krankenhausneurologen findet am 3. März 2017 statt. Den Vorsitz führen Prof. Dr. Frank Erbguth, der Sprecher der Kommission, und sein Stellvertreter Prof. Dr. Wolfgang Heide. Im Kongress Palais in Kassel werden die Teilnehmer unter anderem gemeinsame Themen der Akut- und Reha-Neurologie, den Stand der RahmenWeiterbildungsordnung sowie die Zukunft und den Stand der GOÄ diskutieren. Weitere Themen: 55Aktuelles aus der DGN 55Perspektiven der Jungen Neurologen 55Zukünftige Themen und Perspektiven der Chefärztekommission 55Ärzte in der Neurologie im Ausland: Licht und Schatten 55Zertifizierungskriterien Stroke Unit: Ziele und Umsetzbarkeit 55Erlösprobleme bei Throm bektomie-Verlegungen 55Bewahrung des neurologischen Spektrums für Kliniken: mögliche Versorgungsstrukturen
Außerdem verleiht die Deutsche Gesellschaft für Neurologie auf dem Chefärztetag das RombergGlas 2017 und den Robert Wartenberg-Preis 2017. Das vollständige Programm gibt es auf www. dgn.org.
H. J. Bauer-Rehabilita tionspreis an Prof. Detlev Yves von Cramon Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR) und der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und Klinische Neurorehabilitation (DGNKN) in Bonn verliehen die DGNR und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) den H. J. Bauer-Rehabilitationspreis an Prof. Dr. Detlev Yves von Cramon. Ausgezeichnet wurde Prof. von Cramon für seine herausragenden und nachhaltig wirksamen Verdienste um die Rehabilitation von Störungen höherer Hirnleistungen. Der international renommierte Hirnforscher und Kognitionswissenschaftler war bis zum Jahr 2007 Direktor des Max-Planck-Instituts für neuro-
8 Im Kongress Palais Kassel diskutieren Chefärzte am 3. März u. a. Themen der Akut- und RehaNeurologie sowie den Stand der Rahmen-Weiterbildungsordnung und der GÖA
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20. DGN-Chefärztetag in Kassel
fest etabliert. Als Chefarzt der Klinik für Neuropsychologie des Klinikums Bogenhausen hat sich von Cramon Ende der 1980erJahre erfolgreich für die Etablierung einer neuropsychologischen Behandlungseinrichtung in jedem bayerischen Regierungsbezirk eingesetzt. Als Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission Klinische Neuropsychologie (GKKN) hat von Cramon ein Curriculum für die Ausbildung zum Klinischen Neuropsychologen mitgestaltet und deren gemeinsame Zertifizierung durch die Gesellschaft für Neuropsy-
psychologische Forschung und Direktor der Tagesklinik für kognitive Neurologie der Universität Leipzig. Bis zum Jahr 2010 leitete er dann das Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln (heute: Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung). Dass die Klinische Neuropsychologie in Klinik, Rehabilitation und ambulant heute eine wichtige Partnerin der Neurologie ist, ist zu einem großen Teil Detlev Yves von Cramon zu danken: Seine Bücher „Neuropsychologische Rehabilitation“ (mit J. Zihl, Springer 1988) und „Neuropsychologische Diagnostik“ (mit Norbert Mai, Thieme 1995) haben die Klinische Neuropsychologie in der neurologischen Rehabilitation in Deutschland
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Nachrichten aus der DGN
8 Prof. von Cramon erhält den H. J. Bauer-Rehabilitationspreis Der Nervenarzt 2 · 2017
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Mitteilungen der DGN
Bildergalerie aller DGN-Vorsitzenden seit 1907 online
Im „Forum neurologicum“ der Zeitschrift „Aktuelle Neurologie“ finden Sie außer Neuigkeiten aus der DGN regelmäßig umfangreiche Hintergrundtexte, Berichte und Interviews. Sie können das „Forum“ auch elektronisch lesen: online unter www.dgn.org/mitglieder oder offline mit der Thieme-App eRef unterwegs auf dem Tablet oder Smartphone. Zur Freischaltung werden die Abonummer sowie ein eigener Online-Account benötigt. Die App können Sie im Thieme-Shop (www.thieme.de/shop) unter der Rubrik MobileApps kostenlos auf Geräte mit iOS (iPhone und iPad) oder Android laden. Wählen Sie nach dem Start der App „FZ-Abo freischalten“, anschließend können Sie die „Aktuelle Neurologie“ mit Ihrer fünf- oder sechsstelligen Abonummer freischalten, die Sie auf dem Etikett Ihrer Printausgabe finden. Falls Sie noch nicht bei einem anderen Thieme-Produkt (z. B. Thieme Connect, CME, Examen Online) registriert sind, legen Sie bitte im zweiten Schritt einen eigenen Account an, mit dem Sie sich zukünftig einloggen können. Weiterhin können Sie die „Aktuelle Neurologie“ im Mitgliederbereich der DGN-Website online sowie das „Forum neurologicum“ als PDF und als E-Book lesen.
8 Heinz Gänshirt, Vorsitzender der DGN 1983–1984
Auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Neurologie www.dgn.org wurde die Chronik der DGN und ihrer Vorgängerorganisationen seit 1907 um eine Bildergalerie erweitert. Von Wilhelm Heinrich Erb bis zum aktuellen DGN-Präsidenten Gereon R. Fink: Unter der Rubrik DGN/ Organe und Vorstand finden Sie ab sofort eine Übersicht aller Präsidenten und Ersten Vorsitzenden mit Portrait in chronologischer Reihenfolge. Ausgewählte ehemalige Vorsitzende wurden von den Medizinhistorikern Prof. Axel Karenberg, Prof. Heiner Fangerau und Dr. Michael Martin kommentierend eingeordnet, die auch gemeinsam das von der DGN beauftragte Forschungsprojekt „Neurologie in der NS-Zeit“ bearbeiten.
Fortbildungsakademie Fortbildung Neurologie in Lübeck
11:30
8 Kompetent – intensiv – unabhängig: die DGN-Fortbildung Neurologie
Die Fortbildungsakademie der DGN lädt vom 28. bis 29. April 2017 zum 14. Mal zu ihrer Fortbildungsveranstaltung Neurologie ein – diesmal in Lübeck statt in Travemünde. Wie alle Veranstaltungen der DGN-„FoBi“ findet die Fortbildung ohne Industrie-Sponsoring statt. Frühbucher zahlen bis zum 15. Februar 290 Euro statt 320 Euro. Unter www.dgn.org/fortbildungsakademie können sich Interessierte ab sofort online anmelden. Das Programm:
Polyneuropathien 1 und 2
Dr. Burkhard Gess, Uniklinik RWTH Aachen
Differentialdiagnose Seltener Bewegungsstörungen, Phänomenologie und Therapiekonzepte der Tourette-Spektrumsstörungen
Prof. Dr. Alexander Münchau, Universität Lübeck, Klinik für Neurologie
Neurorehabilitation 1 und 2
Prof. Dr. Thomas Platz, BDH-Klinik Greifswald GmbH, Neurologisches Rehabilitationszentrum und Querschnittgelähmtenzentrum
Multiple Sklerose 1 und 2
Prof. Dr. Heinz Wiendl, Universitätsklinikum Münster, Klinik für Allgemeine Neurologie
Parkinson/Tiefe Hirnstimu lation/Tremor
Prof. Dr. Karsten Witt, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
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Universität Kiel, Klinik für Neurologie
Freitag, 28. April 2017
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„Forum neurologicum“ online – auch mit App – lesen
©©Neurologische Klinik der Universitätsklinik Heidelberg
chologie (GNP), die DGN und die psychologischen Gesellschaften (DGPs, BDP) erreicht.
Registrierung und Mittagessen 12:50 Begrüßung 13:00 Fortbildung 15:00 Kaffeepause 15:30 Fortbildung 17:30 Ende Fortbildung 18:00 Spaziergang entlang der Trave und durch die Altstadt 20:00 Networking mit Abendessen
Samstag, 29. April 2017
08:30 Fortbildung 10:30 Kaffeepause 11:00 Fortbildung 13:00 Mittagessen 14:00 Fortbildung 16:00 Ende der Veranstaltung und Ausgabe der Teilnahmebescheinigung
Facharztrepetitorien: Termine 2017 Um Assistenzärztinnen und -ärzte kurz vor der Facharztprüfung bestmöglich zu unterstützen, hat die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) im Frühjahr 2010 die Facharzt repetitorien ins Leben gerufen. Die Kurse stellen den aktuellen Wissensstand der gesamten Neurologie in Forschung und Praxis dar und finden an folgenden Terminen in verschiedenen Städten statt: 55Berlin: 10. Januar bis 2. Mai (1 × wöchentlich) 55Ulm (Freiburg/Karlsruhe/ Mannheim/Tübingen): 6. bis 7. April, „Villa Eberhardt“ in Ulm 55Jena: 11. bis 13. Mai 55Bamberg: 13. bis 16. Juli 55Hamburg/Kiel/Lübeck: 6. bis 9. November 55München/Ingolstadt: 26. bis 28. Oktober Weitere Informationen auf www.dgn.org/fortbildungsakademie
Junge Neurologen
8 JuNo-Sprecherin Dr. Anne-Sophie Biesalski: „Unsere Weiterbildungsumfrage soll helfen, Lösungen zu finden“.
Die Jungen Neurologen wollen es wissen: Am 1. Februar 2017 starteten sie eine deutschlandweite Befragung neurologischer Assistenzärzte zur Situation in der Weiterbildung. Der Fokus liegt auf der innerklinischen Organisation: Außer zu Einarbeitungszeiten, Dienstbelastung und Lehre in den Funktionsbereichen werden die jungen Kolleginnen und Kollegen auch zum Umgang mit Fehlern oder zu ihrer generellen Zufriedenheit befragt. Ziel der Evaluation ist es, beispielhafte Modelle zu erkennen und Optimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. „Eine Besonderheit der Weiterbildungsumfrage ist, dass wir nicht nach Problemen suchen, sondern nach Lösungen“, erläutert Dr. Anne-Sophie Biesalski, Sprecherin der Jungen Neurologen. In den vergangenen Jahren haben die Ärztekammern bereits Weiterbildungsevaluationen auf Bundes- und auf Landesebene durchgeführt. Für die Neurologie waren die Ergebnisse nicht immer aussagekräftig. Da Weiterbilder und Klinik angegeben werden konnten, diente die Befragung oft mehr dem Frustabbau als einem konstruktiven Diskurs. Die Umfrage der Jungen Neurologen läuft deshalb vollständig anonym ab. Erfragt werden lediglich Rahmendaten wie Trägerschaft, Größe und Art der Klinik. Die Auswertung soll laut Anne-Sophie Biesalski schließlich hypothe-
sengesteuert erfolgen: „Uns interessiert, welchen Einfluss Faktoren wie das Dienstmodell, klinikinterne Fortbildungen oder die individuelle Betreuung auf die neurologische Weiterbildung haben.“ Die Datenerhebung findet online statt und ist bis Ende April verfügbar. Sie wendet sich an alle Ärztinnen und Ärzte in der Fachweiterbildung Neurologie, die zum Zeitpunkt der Befragung in einer neurologischen Klinik in Deutschland arbeiten. Mit ersten Ergebnissen ist dann im Sommer 2017 zu rechnen. Zusätzlich werden die Daten im September auf dem DGNKongress in Leipzig vorgestellt. Während des Symposiums „Weiterbildung in der Neurologie: Hemmnisse und Chancen“ erhalten Interessierte am Mittwoch, 21. September 2017, von 14 bis 16 Uhr die Möglichkeit, die Ergebnisse zu diskutieren und vorbildhafte Modelle – auch aus anderen Fachbereichen – kennenzulernen. Die Jungen Neurologen bitten schon heute alle jungen Kolleginnen und Kollegen, an der Evaluation teilzunehmen. Rückfragen und Anregungen sind willkommen unter
[email protected]. Weitere Informationen: www.junge-neurologen.de.
Dein Tag in der Neurologie
Clinical Summer School 2017 – jetzt anmelden Während des Medizinstudiums kommen die praktische neurologische Arbeit und das Erlernen der Untersuchungstechniken häufig zu kurz. Dabei handelt es sich um Techniken, die nicht nur jeder Neurologe, sondern auch jeder Internist und Hausarzt benötigt und beherrschen sollte. Die Jungen Neurologen bieten daher in der Woche vom 27. Februar bis 3. März 2017 zunächst in der Hansestadt Lüneburg und in der zweiten Wochenhälfte an weiteren Standorten eine extrauniversitäre Summer School mit einem unschlagbaren Lehrer-Schüler-Verhältnis an. Jeder Teilnehmer lernt neben theoretischen Hintergründen zu den Krankheitsbildern praktische ärztliche Fähigkeiten von erfahrenen Neurologie-Professoren aus NRW und Niedersachsen. In einem Seminarteil in Lüneburg von Montag, 27. Februar, bis Mittwoch, 1. März, geben Chefärzte größerer neurologischer Kliniken ein Update verschiede-
ner neurologischer Krankheitsbilder und vermitteln einen fall orientierten Überblick über das Fach. Für Diskussionen ist ausreichend Zeit vorgesehen, auch an den Abenden. Am Donnerstag und Freitag folgt ein zweiter, klinisch-praktischer Teil mit Fallvorstellungen, Untersuchungskurs, Visiten und Einblick in die wichtigsten Funktionsbereiche der Neurologie und Neuroradiologie. Hier haben die Teilnehmer die Möglichkeit, das theoretisch erworbene Wissen der ersten drei Tage in Kleingruppen unter Supervision in den teilnehmenden Kliniken anzuwenden und zu verfeinern. Der Kurs, der in der Jugendherberge Lüneburg und in den Kliniken der Referenten stattfindet und 50 Euro kostet, richtet sich vor allem an Studierende der klinischen Studienabschnitte, die sich idealerweise vor dem PJ befinden oder bereits einen Kurs „BedsideTeaching“ absolviert haben. Er ist auf 22 Teilnehmer begrenzt, deshalb sollten sich Interessierte zeitnah per E-Mail anmelden:
[email protected] (Sekretariat der Neurologie). Für Rückfragen stehen Prof. Dr. Wolfgang Heide (
[email protected]) und Prof. Dr. Henning Hen ning sen (henning.
[email protected]) zur Verfügung. Weitere Informationen: www.junge-neurologen.de.
8 Mit diesem Partnersiegel können Kliniken ihre Unterstützung des neurologischen Nachwuchs signalisieren.
Der Praxistag von Kliniken für Studierende begeistert den Nachwuchs für die Neurologie und die eigene Klinik. Kooperationspartner der Jungen Neurologen können mit einem Partnersiegel auf ihrer Website ihre Unterstützung des neurologischen Nachwuchses signalisieren. Den Auftakt macht im kommenden Jahr am
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JuNos starten Umfrage zur Situation in der Weiterbildung
24. Januar das Ökumenische Hainich Klinikum in Mühlhausen (Thüringen). Die Jungen Neurologen bieten Informationen und Unterstützung für Studierende sowie Veranstalter. Weitere Informationen unter www.jungeneurologen.de/dein-tag.
8 Neurologie zum Anfassen: Teilnehmer der Summer School Kiel lernten im neurovegetativen Labor die Ableitung Laser-evozierte Potenziale (LEP) kennen Der Nervenarzt 2 · 2017
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Europäische Facharzt prüfung der EAN: DGN vergibt zehn Stipendien
Seit 2009 veranstaltet das European Board of Neurology, hinter dem die europäische Fachgesellschaft European Academy of Neurology (EAN) steht, eine europaweit einheitliche Prüfung, die sich auf das Fachwissen in der gesamten Neurologie bezieht. Für die diesjährige Prüfung in Amsterdam vergibt die DGN erstmals zehn Stipendien. Die Prüfung, die in englischer Sprache stattfindet, ersetzt nicht die nationalen Facharztprüfungen, dokumentiert aber die guten Kenntnisse der Absolventen und ihr Engagement. Die EAN möchte damit langfristig einheitliche Weiterbildungslevel in ganz Europa etablieren. Die nächste Prüfung findet am 23. Juni 2017 während des EAN-Kongresses in Amster-
dam statt und kostet 450 Euro. Für zehn erfolgreiche Absolventen aus Deutschland übernimmt die DGN die Prüfungsgebühren. Das Bestehen der Prüfung muss gegenüber der DGN (info@dgn. org) kurz belegt werden. Es ist nicht möglich, sich vor der Prüfung bei der DGN für das Stipendium zu bewerben. Anna Sauerbier und Lisa Klingelhöfer, Mitglieder der EAN-resident and research fellow section, sprechen sich für die Teilnahme am European-Board-of-Neurology-Examen aus: „Das EBN ist eine einmalige Möglichkeit für Neurologen, ihr Wissen in der Neurologie auf europäischem Level zu prüfen und zu beweisen sowie aktiv an der Standardisierung und Etablierung der europäischen Neurologie mitzuarbeiten.“ Weitere Informationen zur Prüfung des European Board of Neurology finden Interessierte unter www.uems-neuroboard.org. Ein Bericht zu den vergangenen Prüfungen in Kopenhagen steht unter www.junge-neurologen.de/internationales als PDF zum Download bereit.
Ausschreibungen Heinrich Pette-Preis Mit dem von der DGN ausgeschriebenen Heinrich PettePreis werden deutschsprachige klinisch-neurologisch tätige Wissenschaftler unter 40 Jahren prämiert, deren wissenschaftliche Arbeiten sich mit Pathogenese, Diagnostik und Therapie oder der pathologischen Anatomie der Krankheiten des Nervensystems befassen. Der Preis wird in Form einer Urkunde überreicht und ist mit einer Geldprämie von 10.000 Euro verbunden. Bis 31. März 2017 können deutsche neurologische Lehrstuhlinhaber ihre Kandidaten vorschlagen. Den Unterlagen sollen die drei wichtigsten Arbeiten, das Schriftenverzeichnis und der
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Lebenslauf der Kandidaten beigelegt werden. Sie sind als PDF per E-Mail zu richten an die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie:
[email protected]. Weitere Informationen unter www.dgn.org.
Adolf Wallenberg-Preis Für hervorragende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der zerebrovaskulären Erkrankungen, der Hirndurchblutung oder des Hirnstoffwechsels schreibt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) zusammen mit der Deutschen SchlaganfallGesellschaft (DSG) den Adolf Wallenberg-Preis aus. Bewerben können sich junge deutsche und ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissen-
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Mitteilungen der DGN
8 Exzellente journalistische Arbeiten zu neurologischen Themen werden im September 2017 auf dem 90. DGN-Kongress mit dem Deutschen Journalistenpreis Neurologie gewürdigt
schaftler unter 40 Jahren. Der Adolf Wallenberg-Preis wird in Form einer Urkunde überreicht und ist mit einer Geldprämie von 5000 Euro dotiert. Die Bewerbungsunterlagen sollen einen Lebenslauf, eine Auflistung der publizierten Originalarbeiten sowie eine kurze Darstellung des Inhalts der besonderen wissenschaftlichen Leistungen enthalten. Sie sind als PDF per E-Mail bis zum 31. März 2017 an die Geschäftsstelle der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft unter info@dsg-berlin. org zu richten. Weitere Informationen: www.dgn.org.
10 Jahre Deutscher Journalistenpreis Neurologie Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) prämiert zum zehnten Mal die besten journalistischen Arbeiten aus dem Gebiet der Neuromedizin. Bewerbungen für den Deutschen Journalistenpreis Neurologie 2017 können ab sofort eingereicht werden. Die Bewerbungsfrist endet am 18. April 2017. Die feierliche Preisverleihung findet im September 2017 auf dem 90. Jahreskongress der DGN in Leipzig statt. Weitere Informationen unter www.dgn.org.
Neues aus der Neurologie Die folgenden beiden Artikel wurden von der DGN als Fachpressemitteilungen veröffentlicht.
Seltene Erkrankungen: Neue genetische Therapie bremst Spinale Muskelatrophie Mithilfe einer neuartigen genetischen Technik ist es Wissenschaftlern erstmals gelungen, das Fortschreiten der Spinalen Muskelatrophie (SMA) bei Säuglingen und Kleinkindern zu verlangsamen – einer fatalen und bislang kaum aufzuhaltenden neurodegenerativen Erkran-
kung. „Dies ist eine vielversprechende Behandlungsmethode für die häufigste genetische Todesursache im Kindesalter“, so Professorin Christine Klein, Leiterin des Instituts für Neurogenetik an der Universität zu Lübeck und Stellvertretende Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Die hier genutzte Antisense- Technik könnte auch bei anderen seltenen Erbkrankheiten erfolgreich sein, so Professorin Klein. Es gebe mehr als 5000 seltene Erkrankungen, an etwa 80 % davon seien wahrscheinlich die Gene beteiligt. Außerdem
manifestiere sich die Mehrzahl der bekannten genetischen Erkrankungen mit neurologischen Symptomen. „Deshalb setzen wir große Hoffnung in die neurogenetische Forschung“, betont Christine Klein. Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine neuromuskuläre Erkrankung, bei der bestimmte Nervenzellen absterben. Die seltene Erbkrankheit betrifft vor allem Kinder, deren Muskulatur degeneriert. Je nach Schweregrad der Erkrankung lernen sie dadurch nicht, frei zu sitzen oder alleine zu laufen. Ursache ist ein fehlendes oder defektes Gen für einen Nervenschutzfaktor (Survival Motor Neuron 1, SMN1). Ohne dieses Eiweiß gehen die Motoneuronen des Rückenmarks und die des Hirnstamms zugrunde, die Bewegungen einschließlich des Schluckens und des Atmens kontrollieren. Die Folgen sind fatal: Bei der schwersten Verlaufsform überlebte bislang nicht einmal ein Viertel der Kinder ohne künstliche Beatmung die Diagnose um mehr als zwei Jahre. Eine ursächliche Therapie gibt es nicht.
Vielversprechende Behandlungsoption
Den Beweis, dass die sogenannte Antisense-Technik funktionieren kann, haben nordamerikanische Neurologen mit der aktuellen Studie erbracht, über die sie in der Fachzeitschrift „The Lancet“ berichten. Insgesamt 20 Säuglinge, die zwischen der dritten Lebenswoche und dem sechsten Lebensmonat an der Spinalen Muskelatrophie erkrankt waren, haben Richard S. Finkel vom Nemours Children’s Hospital, Orlando, und seine Kollegen behandelt. Sie injizierten den Kindern mehrmals den Wirkstoff Nusinersen in den lumbalen Liquorraum. Zwar verstarben vier der 20 Babys trotz der Behandlung. Zum Zeitpunkt des Berichtes aber waren 16 noch am Leben. 13 von ihnen konnten ohne fremde Hilfe atmen, und bei 14 hatte sich die Muskelfunktion gebessert. Teilweise konnten
diese Kleinkinder nun den Kopf aufrecht halten, greifen, stehen und sogar laufen. Solche Veränderungen hatte man bislang bei unbehandelten Kindern mit dieser Form von SMA nicht beobachtet. „Eine Heilung bedeutet das nicht“, sagt Professorin Klein, „aber die Therapie scheint wirksam zu sein.“
Therapie auf der Ebene von Genen
Die Neurologin hebt hervor, dass der molekulare Mechanismus wie geplant funktioniert hat: Nusinersen ist ein synthetisch hergestelltes Molekül, das spezifisch konstruiert wurde, um ein Ersatzgen für SMN1 zu aktivieren, das fast baugleiche SMN2. Es könnte ebenfalls den Nervenschutzfaktor liefern, der die Motoneuronen am Leben hält – allerdings hat SMN2 einen „Webfehler“, der die Übersetzung der Erbinformation in das rettende Eiweiß um 75 bis 90 % verringert. Diesen Webfehler konnte Nusinersen offenbar beheben. Das von Wissenschaftlern der Firma Ionis hergestellte synthetische Molekül heftet sich an einer genau vorausberechneten Stelle an ein Zwischenprodukt (Boten-RNS), welches die in SMN2 enthaltenen Erbinformationen an die Eiweißfabriken der Zellen übermittelt. Nusinersen verhindert dadurch, dass aus der SMN2-Boten-RNS ein Abschnitt entfernt wird und die Erbinformation unbrauchbar wird. Die Menge korrekt übersetzter Boten-RNS stieg um das 2,6-Fache auf einen Anteil von 50 bis 69 %. Durch Messungen der Eiweißkonzentration im Rückenmark konnten die Forscher außerdem zeigen, dass die behandelten Kinder um durchschnittlich 63,7 % mehr SMN-Protein bildeten als unbehandelte Kinder.
FDA erteilt erste Zulassung
Die Nebenwirkungen des Verfahrens wurden von den Patienten gut toleriert. Man könne die Sicherheit dieser genetischen Therapie als akzeptabel einstufen,
so Professorin Klein. Eine weitere, noch nicht veröffentlichte Studie mit Nusinersen bei älteren Patienten mit SMA war ebenfalls erfolgreich, teilte die Herstellerfirma mit. Unmittelbar vor Weihnachten gab die US-Zulassungsbehörde FDA bekannt, dass das Medikament für die Behandlung der SMA sowohl bei Säuglingen als auch bei Erwachsenen zugelassen wurde.
Hoffnung für weitere Indikationen
„Dieser Durchbruch weckt begründete Hoffnung auf die so lange erwartete Wende in der translationalen Anwendung von Erkenntnissen aus der Molekulargenetik von der reinen Diagnostik hin zu klinisch-therapeutischen Anwendungen im Sinne einer personalisierten Medizin“, so Christine Klein. Die Antisense-Technik könne auch auf andere Erkrankungen angepasst werden, erwartet sie. Während bei SMA die Übersetzung eines Gens optimiert werde, ließe sich stattdessen auch das Ablesen schädlicher Gene verhindern. Im Tierversuch ist dies beispielsweise bei Mäusen schon gelungen, die als Modell für die Huntington’sche Krankheit dienten. Aber auch in klinischen Studien wurde und wird die Antisense-Technik bereits erprobt, beispielsweise gegen die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Rheuma, Asthma, Morbus Crohn sowie eine Vielzahl von Krebserkrankungen. Quellen 55Finkel RS et al: Treatment of infantile-onset spinal muscular atrophy with nusinersen: a phase 2, open-label, dose-escalation study. Lancet. 2016 Dec 17;388(10063):3017–3026 55Biogen: Biogen and Ionis Pharmaceuticals Announce SPINRAZA (nusinersen) Meets Primary Endpoint at Interim Analysis of Phase 3 CHERISH Study in LaterOnset Spinal Muscular Atrophy, 7. November 2016 (online)
55FDA News Release: FDA approves first drug for spinal muscular atrophy, 23. Dezember 2016 (online)
Multiple Sklerose: Was können wir wirklich von Ocrelizumab erwarten? Mit Ocrelizumab steht bald eine Therapieoption zur Verfügung, die – neben der starken Wirkung auf die schubförmige MS – erstmals auch das Fortschreiten der primär progredienten Multiplen Sklerose (MS) nachweislich verlangsamt. Die Substanz reduziert die Zahl der Läsionen im Gehirn und bremst die Krankheitsprogression, wie die jetzt veröffentlichten Ergebnisse der ORATORIO-Studie belegen. „Das ist ein erster Fortschritt, denn der humane monoklonale Antikörper gegen B-Lymphozyten ist das erste Medikament, das überhaupt eine Wirkung bei primär progredientem Verlauf der MS zeigt“, kommentiert Professor Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik der Universität Bochum, PastPräsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Sprecher des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS), die Studiendaten. Ocrelizumab zerstört B-Zellen, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung typischer MS-Herde im zentralen Nervensystem spielen. Das Repertoire an Arzneimitteln gegen Multiple Sklerose (MS) wächst. Einige neue Substanzen stehen derzeit in klinischen Studien auf dem Prüfstand. Für Ocrelizumab hatten sich schon im Herbst 2016 positive Ergebnisse abgezeichnet (die DGN berichtete in ihrer Pressemitteilung vom 23. September 2016 unter www.dgn.org). Jetzt wurden die Phase-3-Studien im „New England Journal of Medicine“ publiziert. OPERA 1 und 2 untersuchten die Wirksamkeit von Ocrelizumab beim schubförmig-remittierenden Verlauf, ORATORIO testete den Antikörper bei der primär progredienten Verlaufsform der MS gegen Placebo. Der Nervenarzt 2 · 2017
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Bei etwa zehn Prozent der MSPatienten verschlechtern sich die neurologischen Ausfälle und die körperliche Behinderung ab Diagnose kontinuierlich. Bisher stand für die primär progrediente MS (PPMS) kein spezifisches Medikament zu Verfügung. „Wir konnten nachweisen, dass Ocrelizumab auch bei dieser Verlaufsform wirksam ist“, sagt Professor Hans-Peter Hartung, Direktor der Klinik für Neurologie der Universität Düsseldorf und Koautor der ORATORIOStudie. An der ORATORIO-Studie haben jüngere Patienten zwischen 18 und 55 Jahren teilgenommen, deren PPMS-Diagnose weniger als zehn Jahre zurücklag. Sie wiesen zu Beginn der Studie EDSS-Scores zwischen 3,0 und 6,5 auf. Patienten, die zuvor mit B-Zell-Therapien und anderen immunsuppressiven Medikamenten behandelt worden waren, wurden aus der Studie ausgeschlossen. „Damit blieb eine quasi positiv selektierte Subgruppe von Patienten übrig“, betont Gold. Ocrelizumab sei zwar eine Innovation, aber es sei noch zu früh, um von einem Durchbruch bei der Therapie der progredienten Multiplen Sklerose zu sprechen, so der Neurologe. „Der therapeutische Effekt von Ocrelizumab bei PPMS ist geringer als bei schubförmig-remittierenden Verlaufsformen. Aber immerhin: Wir können in Zukunft Patienten mit primär progredienter MS erstmals überhaupt ein wirksames Medikament anbieten.“ Es bleibt momentan abzuwarten mit welchen Kommentaren oder auch Einschränkungen ein Zulassungstext versehen sein wird. Analogieschlüsse für andere B-Zell-depletierende Therapien entsprechen weiterhin einer Nutzung im Off-label-Bereich.
Angriff an den B-Zellen
Ocrelizumab ist ein gegen B-Lymphozyten gerichteter monoklonaler Antikörper (AntiCD20) und eine Variante des
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Krebs- und Rheumamedikaments Rituximab. Die meisten MS-Medikamente richten sich gegen T-Zellen. Die Rolle der B-Zellen wurde lange unterschätzt, bis monoklonale CD20Antikörper, die selektiv B-Zellen zerstören, in klinischen Studien eine Wirksamkeit auf die Entzündungsaktivität bei der MS zeigten. „Die Wirksamkeit von Ocrelizumab belegt, dass B-Zellen auch an der Pathogenese der primär progressiven Multiplen Sklerose beteiligt sind und dass die B-Zell-vermittelte Entzündung eine direkte oder indirekte Rolle bei der Neurodegeneration spielt“, erklärt Hartung.
Wenige Fälle von Tumoren beschrieben
Insgesamt wurde Ocrelizumab in allen drei Studien gut vertragen, es traten keine schwerwiegenden Infektionen auf. Allerdings wurden einige wenige Fälle von Tumoren beschrieben, diese traten häufiger in den OcrelizumabArmen auf. In der ORATORIOStudie kam es bei 2,3 % der Patienten zu Krebserkrankungen (insbesondere Brustkrebs) gegenüber 0,8 % in der PlaceboGruppe. „Dies könnte theoretisch Ausdruck einer verminderten Immunüberwachung des Körpers nach B-Zell-Depletion sein“, sagt Gold. Ob die Tumorentwicklung ein Sicherheitssignal darstellt, müsse die sorgfältige Beobachtung nach Zulassung zeigen, ergänzt Hartung. In ORATORIO kam es unter Ocrelizumab auch zu vermehrten Atemwegsinfektionen und Herpes-simplex-Infektionen. Die Zulassung der Substanz durch die europäische Zulassungsbehörde wird in diesem Jahr erwartet. Quellen 55Ocrelizumab versus Placebo in Primary Progressive Multiple Sclerosis. New England Journal of Medicine; DOI: 10.1056/NEJMoa1606468 55Ocrelizumab versus Interferon Beta-1a in Relaps ing Multiple Sclerosis. New
England Journal of Medicine; DOI: 10.1056/NEJMoa1601277 55Update Multiple Sklerose: „Die therapeutischen Möglichkeiten erweitern sich“. Pressemitteilung der DGN vom 23. September 2016, mit Video; www.dgn.org/presse
E-Lehrbuch zu neurolo gischen Untersuchungs techniken jetzt auch bei der EAN
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ORATORIO-Studie: Ocrelizumab bremst PPMS
8 Das E-Book „Manual of the Neurological Examination“ zeigt Grundlagen und Feinheiten der neurologischen Untersuchung am Krankenbett. Es steht DGN-Mitgliedern und den Jungen Neurologen kostenlos zur Verfügung
Das zum DGN-Kongress 2016 von der DGN vorgestellte und stark nachgefragte E-Book „Manual of the Neurological Examination“ wird laufend aktualisiert, in mehrere Sprachen übersetzt und demnächst auch bei der EAN zum Download angeboten. Das Autorenteam um Prof. Dr. Toyka freut sich über Feedback jeder Art. Alle Informationen sowie den Download finden Sie unter www.dgn.org/e-book.
DGN-Ehrenmitglied Prof. Hacke ist neuer Präsident der World Stroke Organisation Professor Dr. Dr. h. c. Werner Hacke, Seniorprofessor, ehemaliger Ärztlicher Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, wurde beim Weltkongress für Schlaganfall 2016 in Indien zum Präsidenten der World Stroke Organisation (WSO) gewählt.
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Mitteilungen der DGN
8 Prof. Werner Hacke
In seiner zweijährigen Amtszeit möchte Hacke vor allem das Engagement jüngerer, klinisch aktiver Experten für Schlaganfall in Arbeitsgruppen und Projekten der Weltschlaganfallorganisation fördern. Auf regionaler Ebene bestehe großer Nachholbedarf, insbesondere in weniger entwickelten Ländern, so der Schlaganfallexperte: „Wir können uns kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen Schlaganfallopfer in den ärmeren Ländern behandelt werden – falls sie überhaupt eine Behandlung bekommen. Aber gerade in diesen Ländern nimmt die Zahl der Schlaganfälle massiv zu.“ Der ehemalige Erste Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (2001/2002) ist einer der weltweit meistzitierten Neurologen und Schlaganfallforscher sowie Herausgeber mehrerer nationaler und internationaler wissenschaftlicher Zeitschriften. Er hat viele internationale, leitlinienverändernde klinische Studien zu Prävention geleitet und ist korrespondierender Autor der Europäischen Leitlinien zur Schlaganfallbehandlung. Die DGN hat seine herausragenden Verdienste im Jahr 2014 mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt.
Wichtige Neurologiekongresse 2017 5534. Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin (ANIM) 2017 vom 16. bis 18. Februar 2017 in Wien 5561. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) vom 27. bis 29. April 2017 in Leipzig 5510. Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Epileptologie und der Schweizerischen Epilepsie-Liga vom 3. bis 6. Mai 2017 in Wien 5510. Deutscher Kongress für Parkinson und andere Bewegungsstörungen und 6. Deutscher Botulinumtoxinkongress vom 4. bis 6. Mai 2017 in Baden-Baden 5519. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung (DGNB) vom 12. bis 13. Mai 2017 in Essen 55Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und klinische Neurorehabilitation (DGNKN) und Dutch Society for Neuro-Rehabilitation (DSNR) vom 22. bis 24. Mai 2017 in Maastricht 553. EAN-Kongress (European Academy of Neurology) vom 24. bis 27. Juni in Amsterdam 55XXIII. World Congress of Neurology vom 16. bis 21. September 2017 in Kyoto 55Deutscher Schmerzkongress 2017 vom 11. bis 14. Oktober 2017 in Mannheim 55Jahrestagung 2017 der Gesellschaft für Aphasieforschung und -behandlung (GAB) vom 2. bis 4. November 2017 in Berlin 5525. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR) vom 7. bis 9. Dezember 2017 in Berlin
Personalia Berufliche Veränderungen Dr. Gregory M. Hecht, Facharzt für Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie, übernahm zum 1. September 2016 die Chefarztfunktion der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am St. Vinzenz Hospital in Haselünne. Dr. Lars Treffkorn, Facharzt für Neurologie, Spezialgebiet Geriatrie, hat zum 1. Januar 2017 in sächsischen Zschopau die Praxis für Neurologie und Psychiatrie in der Robert-Koch-Straße übernommen. Sein Vorgänger, der Neurologe und Facharzt für Psychiatrie Dr. Wolfgang Sämann, ist in den Ruhestand gegangen.
Todesfälle Im Alter von 96 Jahren verstarb am 25. Dezember 2016 in Ber-
lin Prof. em. Dr. Dieter Janz. Der Neurologe und Epileptologe zählt zu den Begründern der universitären Epileptologie in Deutschland. Sein Name ist insbesondere mit der Erstbeschreibung der später nach ihm benannten juvenilen myoklonischen Epilepsie verbunden. Professor Janz war von 1960 bis 1972 Vorsitzender der Deutschen Liga gegen Epilepsie und leitete von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1988 die Abteilung Neurologie am Klinikum Charlottenburg der Freien Universität Berlin. Seit dem 1. Juli 1963 war er Mitglied der DGN. Im Alter von 33 Jahren verstarb am 15. Oktober 2016 in Berlin überraschend Julian Maroski, Stationsarzt der Allgemeinpsychiatrie. Er war er seit 1. Januar 2012 Mitglied der DGN.
Stellenmarkt Neurologie der DGN Aktuelle Stellenanzeigen Diese Stellenangebote in der Neurologie sind derzeit im Online-Stellenmarkt der DGN unter der Webadresse www. stellenmarkt-neurologie.de ausgeschrieben (nach PLZ gelistet, Redaktionsschluss: 10. Januar 2017, neuere Ausschreibungen online).
Assistenzärzte 02977: Lausitzer Seenland Klinikum Hoyerswerda: Assistenzarzt (w/m) 06847: Städtische Klinikum Dessau: Assistenzarzt (w/m) 10115: Alexianer St. Josefs-Krankenhaus Potsdam: Assistenzarzt (w/m) 21029: Bethesda Krankenhaus Bergedorf: Assistenzärzte (w/m) 21244: Krankenhaus Buchholz: Neurologischer Assistenzarzt (w/m) 23538: Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck: Assistenzarzt (w/m) 28477: Sana – Fachklinik für Neurologie Dietenbronn: Assistenzarzt (w/m) 34369: Evangelisches Krankenhaus Gesundbrunnen Hofgeismar: Arzt (w/m) 34596: Hardtwaldklinik Bad Zwesten: Arzt (w/m) 34596: Hardtwaldklinik I in Bad Zwesten: Stationsarzt (w/m) 41812: Hermann-Josef-Krankenhaus in Erkelenz: Assistenzarzt Neurologie (w/m) 42697: St. Lukas Klinik Solingen: Assistenzarzt (w/m) 44577: Evangelisches Krankenhaus Castrop-Rauxel: Assistenzarzt (w/m) 44623: Evangelisches Krankenhaus Herne: Assistenzarzt (w/m) 47441: St. Josef Krankenhaus Moers: Assistenzarzt (w/m) 53111: LVR-Klinik Bonn: Assistenzarzt (w/m) 66740: Krankenhaus Saarlouis vom DRK: Assistenzarzt (w/m)
71364: Rems-Murr-Kliniken Standort Winnenden: Assistenzarzt (w/m) 71631: Klinikum Ludwigsburg: Assistenzarzt (w/m) 73730: Klinikum Esslingen: Assistenzarzt (w/m) 74177: Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn: Assistenzarzt Neurologie (w/m) 74206: Gesundheitszentrum Bad Wimpfen: Arzt in Weiterbildung (w/m) 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Assistenzarzt Neurologie (w/m) 97980: Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim: Assistenzarzt Neurologie (w/m)
Fachärzte 06847: Städtisches Klinikum Dessau: Facharzt für Neurologie (w/m) Thüringen/Großraum GothaErfurt-Suhl-Eisenach-Mühlhausen-Weimar: Leitender Oberarzt Neurologie (w/m) für mehrere Klinikstandorte Bremen/Niedersachsen: Oberarzt Neurologie (w/m) für mehrere Klinikstandorte 21029: Bethesda Krankenhaus Bergedorf: Fachärzte (w/m) 38440: Klinikum Wolfsburg: Leitender Oberarzt (w/m) 44309: Knappschaftskrankenhaus Dortmund: Oberarzt (w/m) 45879: Evangelische Kliniken Gelsenkirchen: Oberarzt (w/m) 47441: St. Josef Krankenhaus Moers: Facharzt (w/m) 47551: LVR-Klinik BedburgHau: Oberarzt (w/m) 71364: Rems-Murr-Kliniken Standort Winnenden: Facharzt (w/m) 74206: Gesundheitszentrum Bad Wimpfen: Facharzt Neurologie (w/m) 77654: Ortenau Klinikum – Standort Offenburg: Oberarzt (w/m) 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Facharzt oder Assistenzarzt mit Facharztreife (w/m) Der Nervenarzt 2 · 2017
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Mitteilungen der DGN 89312: Bezirkskliniken Schwaben Günzburg: Oberarzt (w/m) 93043: Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg: Oberarzt (w/m) 93333: Rehazentrum Passauer Wolf, Standort Bad Gögging: Facharzt/Oberarzt (w/m) 95445: Bezirkskrankenhaus Bayreuth: Facharzt (w/m)
Praxen und MVZ 45879: Evangelische Kliniken Gelsenkirchen: Facharzt (w/m) 95326: Klinikum Kulmbach MVZ: Facharzt als Oberarzt (w/m)
Schweiz CH-3010: Inselspital – Universitätsspital Bern: Assistenzarzt (w/m) Fellow Stroke Center
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CH-3010: Inselspital – Universitätsspital Bern: Assistenzärzte (w/m)
Pflegeberufe 83670: Fachklinik Bad Heilbrunn: exam. Gesundheits- und Krankenpfleger (w/m) 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Gesundheits- und Krankenpfleger (w/m) Sonstige Stellen 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Ergotherapeut (w/m) 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Physiotherapeut (w/m) 83043: Schön Klinik Bad Aibling: Sprachtherapeut (w/m)