Mund Kiefer GesichtsChir (2007) 11:177–188 DOI 10.1007/s10006-007-0066-4
MITTEILUNGEN
Redaktion und verantwortlich f¨ur den Inhalt: Prof. Dr. Dr. Dr. Karsten Gundlach Universit¨atsklinik f¨ur Mund-, Kieferund Plastische Gesichtschirurgie Strempelstraße 13 18057 Rostock Tel.: 0381/4946550 Fax: 0381/4946698 E-Mail:
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Hinauskündigung eines Partners aus einer Gemeinschaftspraxis Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH hatte jüngst erneut über die Frage der Zulässigkeit eines freien Hinauskündigungsrechts bei einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis zu entscheiden. In seinem grundlegenden Urteil vom 08.03.2004 – II ZR 165/02 – hatte der BGH entschieden, dass ein in eine Gemeinschaftspraxis eintretender Partner jedenfalls nach zehn Jahren nicht mehr ohne zwingende Kündigungsgründe aus einer Gemeinschaftspraxis ausgeschlossen werden dürfe. Ein solches „Hinauskündigungsrecht“ sei zwar nicht schlechthin unwirksam, wenn es das Ziel verfolge, zu überprüfen, ob ein neu in eine Gemeinschaftspraxis von Ärzten aufgenommener Kollege zu den Partnern „passt“. Diese Prüfungsmöglichkeit könne aber nur für einen begrenzten Zeitraum anerkannt werden. Die Dauer dieses Zeitraums hatte der BGH seinerzeit offen gelassen. Nunmehr hat der II. Zivilsenat diese Frist dahingehend konkretisiert, dass sie einen Kündigungszeitraum von drei Jahren grundsätzlich nicht überschreiten darf. Wie immer, wird es aber auch hier auf die Umstände des Einzelfalls ankommen, z. B. darauf, ob der neue Partner eine eigene Zulassung mitgebracht oder eine Zulassung aus der Gemeinschaftspraxis übernommen hat, wo diese bei seinem Ausscheiden verbleibt und ob der Planungsbereich gesperrt ist oder nicht. Da es für MKG-Chirurgen Zulassungsbeschränkungen (noch) nicht und für Zahnärzte nicht mehr gibt, kommt es für sie auf diese Einzelheiten nicht an. Die 3-Jahres-Frist bietet für sie damit eine sichere Orientierung. BGH, Urteil vom 07.05.2007, Az. II ZR 281/05 Dr. Paul Harneit, Justitiar DGMKG
¨ Mund-, Kiefer- und Deutsche Gesellschaft fur Gesichtschirurgie (Kranio-Maxillo-Faziale Chirurgie) Gesamtverband der Deutschen Fach¨arzte ¨ Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie fur
Fälligkeit der ärztlichen Vergütung Die ärztliche Vergütung wird fällig, wenn die Rechnung die formellen Voraussetzungen in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt. Die Fälligkeit wird nicht davon berührt, dass die Rechnung mit dem materiellen Gebührenrecht nicht übereinstimmt. Dies hat der BGH in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 21.12.2006 entschieden. Der BGH setzt sich in seiner Entscheidung mit der umstrittenen Auslegung des §12 GOÄ auseinander. Private Krankenversicherer haben diese Vorschrift häufig dahingehend ausgelegt, dass die Rechnung insgesamt der Gebührenordnung entsprechen müsse und nicht nur den Vorgaben der Absätze 2 bis 4, um die Fälligkeit der Vergütung herbeizuführen. Wenn also die Abrechnung nur einer Gebührenordnungsposition nicht berechtigt sei, sei die Rechnung insgesamt mangels Fälligkeit nicht zu erstatten. Dieser Ansicht erteilt der BGH eine Absage: Nach Auffassung des Senats hängt die Fälligkeit der Vergütung (nur) davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt. Nach dem Zweck der Regelung soll die Rechnung für den Zahlungspflichtigen überprüfbar sein. Daher müsse insbesondere die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen, der Zuordnung zu einer bestimmten Gebührennummer, der jeweilige Betrag sowie der Steigerungssatz in der Rechnung enthalten sein. Bei Überschreitung des Schwellenwertes müsse dies verständlich und nachvollziehbar schriftlich begründet werden. Da die Prüffähigkeit einer in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung im Vordergrund stehe, kommt es für die Fälligkeit nicht darauf an, ob sich der vom Arzt in Anspruch genommene Gebührentatbestand als berechtigt erweist.
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Die privaten Krankenversicherer können ihre vollständige Zahlungsverweigerung deshalb zukünftig nicht mehr auf § 12 Abs. 1 GOÄ stützen. Die von ihnen vertretene Auffassung, bereits geringfügige Abrechnungsfehler würden dazu führen, dass die Rechnung insgesamt nicht fällig sei, kann in Anbetracht dieser Entscheidung des BGH keinen Bestand mehr haben. Das aus Sicht der Ärzte grundsätzlich positive Urteil hat aber auch einen Haken: Zu beachten ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass die Fälligkeit der Rechnung auch den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzt. Macht der Patient oder ein Krankenversicherer Einwendungen gegen die Berechtigung der Honorarrechnung geltend und verstreicht während der außergerichtlichen Korrespondenz die Verjährungsfrist von drei Jahren, kann auch der Arzt sich nicht darauf berufen, die Verjährungsfrist habe noch gar nicht zu laufen begonnen. BGH, Urteil vom 21.12.2006, Az. III ZR 117/06 Dr. Paul Harneit, Justitiar DGMKG
Private Krankenversicherung muss auch Kosten für neue Behandlungsmethoden erstatten (hier: Disk- bzw. BOI-Implantate) Das Landgericht Köln hat in einem aktuellen Urteil die Rechte privat versicherter Patienten gestärkt und dem Bestreben einiger Krankenversicherer, die Kostenerstattung für neue Behandlungsmethoden abzulehnen, eine Absage erteilt. Das Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus von weitreichender Bedeutung. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Patient unterhielt bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Beklagte lehnte Leistungen für eine zahnärztliche Versorgung des Ober- und Unterkiefers mit sogenannten Disk-Implantaten (BOI-Implantaten) ab mit der Begründung, dass es sich bei der geplanten Versorgung um eine Außenseitermethode handele, deren langfristiger Behandlungserfolg nicht gewährleistet sei. Sie bot ein abweichendes Therapiekonzept an, dass eine Versorgung des Oberkiefers mit fünf Kronen, zwei distalen Geschieben und einer Modellgussprothese sowie eine Versorgung des Unterkiefers mit Implantaten, vier Teleskopkronen und einer Totalprothese vorsah. Eine solche Therapie lehnte der Kläger ab und ließ die geplante Behandlung durchführen. Die von der Beklagten abgelehnte Kostenerstattung setzte er erfolgreich gerichtlich durch. Vorab hält das Landgericht Köln fest, dass es nach dem grundlegenden Urteil des BGH vom 12.03.2003 – IV ZR 278/01 – nicht mehr darauf ankommt, ob eine kostengünstigere Behandlungsmethode zur Verfügung steht. Vor diesem
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Hintergrund sei der Einwand der Beklagten, die Zahnersatzbehandlung hätte auch mittels einer Modellgussprothese in Verbindung mit Teleskopkronen durchgeführt werden können, unerheblich. Die Kernfrage des Rechtsstreits, ob die Behandlung mit sogenannten Disk- bzw. BOI-Implantaten eine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellt, bejahte das Gericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zunächst definiert das Landgericht den Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung: Unter einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit ist nach ständiger Rechtsprechung zu verstehen, dass es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, die Maßnahme des Arztes als medizinisch notwendig anzusehen. Vertretbar ist eine Heilbehandlung dann, wenn sie in fundierter und nachvollziehbarer Weise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet. Davon ist wiederum auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewendet wird, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Diese Voraussetzungen sind nach der Überzeugung des Landgerichts bei der Zahnersatzbehandlung mit DiskImplantaten erfüllt. Den von der Beklagten erhobenen Einwand, dass es keine klinischen Langzeitprognosen gäbe, ließ das Landgericht nicht gelten. Denn bedingt durch den Innovationszyklus gelte dies nämlich nur für wenige Implantatsysteme am heutigen Markt. Insoweit lässt es das Landgericht ausreichen, dass die konkrete Behandlung sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt hat, dass also nennenswerte und erhebliche Rückmeldungen über Fehler des in Rede stehenden Medizinproduktes nicht festgestellt werden können. Landgericht Köln, Urteil vom 07.02.2007, Az. 23 O 458/04 Anmerkung: Dieses Urteil lässt sich auch auf andere innovative Behandlungsmethoden oder Medizinprodukte übertragen. Ein namhafter Krankenversicherer verweigert beispielsweise die Erstattung von Kosten für das Knochenersatzmaterial Nano Bone mit der Begründung, die Wirksamkeit einer Methode oder eines Medizinproduktes müsse in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund von wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken mit nach objektiven Kreterin nach-
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prüfbarem Ergebnis belegt werden. Deshalb bestehe nur für solche Behandlungsmethoden und Mittel ein Leistungsanspruch, deren Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien an relevanten Patientenzahlen mit entsprechenden Langzeitergebnissen im Sinne der evidenzbasierten Medizin nachgewiesen wurde. Dies sei bei Nano Bone nicht der Fall. Nach dem Urteil des Landgerichts Köln lässt sich diese Auffassung nicht mehr halten, wenn nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung der Einsatz von Nano Bone vertretbar ist. Dies ist der Fall, solange „nennenswerte und erhebliche Rückmeldungen über Fehler des in Rede stehenden Medizinproduktes nicht festgestellt werden können“. Jede andere Auffassung würde die medizinische Entwicklung unangemessen hemmen. Dr. Paul Harneit, Justitiar DGMKG
Die Einschätzungsprärogative des Krankenhausarztes hinsichtlich der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung
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erkennbaren) Umstände zu beurteilen. Hinsichtlich der Möglichkeit der nachträglichen Überprüfung setzt der 3. Senat auch in zeitlicher Hinsicht Grenzen. Es muss eine zeitnahe Überprüfung durch die KKen gewährleistet sein. So sind die KKen nach Fälligkeit der Krankenhausforderung nicht mehr berechtigt, die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung geltend zu machen. Sie sind mit solchen Einwendungen, die bis dahin hätten geltend gemacht werden können, nach Treu und Glauben endgültig ausgeschlossen. Der 1. Senat des BSG will dies nunmehr ändern und für die Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung auf objektive, auch im Nachhinein überprüfbare Kriterien abstellen (Beschluss vom 04.04.2006, -B 1 KR 32/04-). Zu der Überschneidung kam es, weil beim obersten deutschen Sozialgericht zwei Senate, der 1. und der 3. Senat, für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen zuständig sind. Während der 1. Senat unmittelbar über Ansprüche Versicherter gegen die KKen auf Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) entscheidet, prüft der 3. Senat die Voraussetzungen des § 39 SGB V mittelbar bei Ansprüchen von Leistungserbringern gegen die KKen auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung.
Problemstellung Die ausstehende Entscheidung des Großen Senats Im Rahmen des Anspruchs eines Krankenhauses gegen die Krankenkasse (KK) auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung schalten die KKen regelmäßig den MDK ein, um die Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung nachträglich zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung stellt sich die Frage, wer das Risiko einer – zumindest aus Sicht des MDK – fehlerhaften Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes und damit die Kosten der erbrachten, aber (vermeintlich) nicht notwendigen Krankenhausleistungen zu tragen hat. Die konträren Ansichten innerhalb des BSG In seiner ständigen Rechtsprechung räumt der 3. Senat des BSG dem behandelnden Krankenhausarzt hinsichtlich der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einen Beurteilungsspielraum ein, wobei die KK grundsätzlich an diese Einschätzung des Krankenhausarztes gebunden ist (zuletzt Urteil vom 28.09.2006, -B 3 KR 23/05-). Eine Zahlungspflicht der KK entfällt nach Ansicht des 3. Senats nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt, mithin wenn die Prognoseentscheidung im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung steht oder medizinische Standards verletzt. Dabei ist die Entscheidung stets aus einer vorausschauenden Sicht unter Zugrundlegung der im Entscheidungszeitpunkt bekannten (oder auch nur
Seiner divergierenden Ansicht zur Folge hat der 1. Senat beim 3. Senat angefragt, ob dieser an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalte. Nachdem der 3. Senat diese Frage bejaht hat (Beschluss vom 03.08.2006, -B 3 KR 1/06 S) und weiterhin auf die Vertretbarkeit der Aufnahmeentscheidung abstellt, steht eine klärende und bindende Entscheidung des Großen Senats beim BSG noch aus. Diese wird noch in diesem Jahr erwartet. Es bleibt insofern abzuwarten, ob sich der Große Senat den überzeugenden Argumenten des 3. Senats anschließen wird. Nicht zuletzt garantiert dessen Ansicht dem Versicherten den größtmöglichsten Schutz und berücksichtigt die besondere Stellung des aufnehmenden Krankenhausarztes in adäquater Weise. Im Gegensatz zur KK verfügt der Krankenhausarzt nämlich nicht über die gesammelten Daten des jeweiligen Patienten und muss die haftungsrechtlichen Folgen seines Handelns bereits zum Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidung abschätzen. Die Ansicht des 1. Senats würde dahingehend den Krankenhausarzt in eine „Zwickmühle“ manövrieren. Der Arzt müsste sich dann entscheiden, ob er ggf. eine Krankenhausbehandlung auf Kosten des Krankenhauses bejaht oder ablehnt, mit der Folge, dass er zwar nicht mehr das finanzielle Risiko trägt, dafür aber die Gefahren einer möglichen Fehleinschätzung mit gravierenden haftungsrechtlichen Folgen. Dr. Paul Harneit, Justitiar DGMKG
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Reflexionen zum Symposium über mikroskopisch kontrollierte Chirurgie vom 30. zum 31.3.2007 in Tübingen Endlich ein echtes Symposium: Eine kleine Anzahl von Dermatologen, Dermatohistopathologen, HNO-, MKGund plastischen Chirurgen sowie von Pathologen diskutierte engagiert Probleme der mikroskopisch kontrollierten Chirurgie. Diese hat zum Ziel, eine lückenlose dreidimensionale Schnittrandkontrolle bei der Entfernung von Hautgeschwülsten zu erreichen. Die hierfür eingesetzten Techniken wurden von kompetenten Anwendern vorgestellt und diskutiert. Historischer Ausgangspunkt aller dieser Verfahren ist das histologisch kontrollierte chemochirurgische Vorgehen nach MOHS. Es wird zwar nicht mehr in der Originalversion, wohl in vielfältigen Variationen eingesetzt. Eine dieser Weiterentwicklungen wurde als „Tübinger Torte“ ausgearbeitet. 20 Jahre nach deren Einführung sollte eine Einordnung vorgenommen werden. (Ein Analogon wurde bereits 1982 von Biess und Drepper in den Fortschritten der Kiefer- und Gesichtschirurgie publiziert.) Die MOHS-Technik findet als Kryostatverfahren Einsatz mit dem originalen Kegelschnitt und in der Version nach KONZ und BURGER als Zylinderschnitt mit einer Analyse von vielen oberflächenparallelen Kryostatschnitten. Beide Versionen sind erfolgreich in der Hand des erfahrenen Operateurs, der zugleich auch Histopathologe sein muss. Andere 3-D-Techniken beinhalten Abtrennung und isolierte Untersuchung der Absetzungsränder lateral und basal. Die Abtrennung erfolgt am Tumorpräparat (Tübinger Torte) oder als intraoperative Nachexzision des Tumorbettes. Der Sinn des Vorgehens besteht darin, bei tumorpositiven Randschnitten möglichst bald räumlich orientiert nachzuexzidieren. Nach dem methodisch korrekten Datenmaterial aus Tübingen können mittels mikroskopisch kontrollierter Chirurgie hervorragende Langzeitergebnisse hinsichtlich der Tumorfreiheit erzielt werden. Probleme wurden im Detail diskutiert: Wie sicher sind die Aussagen zum tumorfreien Absetzungsrand bei 3-D-Verfahren, genügt eine solche Aussage oder muss nicht bei einigen Tumorentitäten (instabiles Plattenepithelkarzinom) ein zusätzlicher Sicherheitsabstand gewahrt werden, von welchen Dimensionen an sind „Tübinger Torte“ oder „Muffin-Technik“ technisch ausführbar, bis zu welchen Dimensionen sind MOHSVarianten oder auch die „Tübinger Torte“ sinnvoll und bei welchen Ausdehnungen ist die s. g. Brotlaibtechnik mit engen Stufenschnitten als Optimum anzusehen? Nach eigener Anschauung ist es durch unterschiedliche Techniken möglich, weitgehend lückenlos die lateralen Randschnitte zu bewerten. Die Möglichkeit für eine lückenlose Beurteilung der basalen Absetzungsgrenzen ist bei größeren Ausdehnungen zu hinterfragen. Bei Infiltration des Knochens ist sie unmöglich. Unbeantwortet blieb,
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welchen Stellenwert für die Diagnostik Kryostat- bzw. Paraffinschnitte haben. Übereinstimmung bestand, dass die Renaissance nichtoperativer Therapiestrategien von der Ergebnisqualität her unbegründet ist, wogegen die operativen und histologischen Wege zur Erzielung des R0Status unterschiedlich sein können. In einem Entwurf für eine Leitlinie zur mikroskopisch kontrollierten Chirurgie ist die Systematik der unterschiedlichen Techniken und deren Bewertungen lesenswert. Noch aber handelt es sich um die Vorlage ausschließlich der Dermatologen, in der einige Gesichtspunkten (Personalunion von Operateur und Pathologen) interdisziplinär zu diskutieren und ggf. zu korrigieren sind. Verfahren der mikroskopisch kontrollierten Chirurgie werden ausgebaut nicht mit dem Ziel, den Exzisionsdefekt zu minimieren, sondern um die onkologische Sicherheit zu steigern. Professor BREUNINGER ist zu danken, zu dem spannenden Symposium in die alte Universitätsstadt Tübingen eingeladen zu haben, deren Atmosphäre zum Nachdenken und zu Diskussionen den besten Rahmen geboten hat. Dr. med. habil. Lutz Tischendorf, Halle/Saale
Preise der Konrad-MorgenrothFörderergesellschaft e. V. Die Konrad-Morgenroth-Förderergesellschaft e. V. (KMFG) vergibt für den Zeitraum 2007/2008 die von ihr gestifteten beiden Preise in Höhe von jeweils 3.500,– EURO. Diese werden verliehen für bisher noch nicht publizierte Arbeiten auf dem Gebiet der Grundlagenforschung, Vorbeugung und Behandlung bösartiger Geschwülste im Mundhöhlenund Kieferbereich sowie auf jenem der zahnärztlichen Behandlung spastisch Gelähmter und/oder geistig Behinderter, auch im Hinblick auf anästhesiologische Belange. Darüber hinaus können auch abgeschlossene Promotionsarbeiten mit gleicher Thematik vorgelegt werden.
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Teilnahmeberechtigt ist jeder in Deutschland tätige Zahnarzt, Arzt oder Naturwissenschaftler. Die Arbeiten sind in dreifacher Ausfertigung bis zum 31. Dezember 2008 bei der Geschäftsstelle der KMFG (Auf der Horst 29, 48147 Münster) einzureichen. Sie sind mit einem Kennwort zu versehen und dürfen den Verfasser nicht erkennen lassen. Die Anschrift des Autors ist in einem gesonderten, mit dem Kennwort bezeichneten, verschlossenen Umschlag beizulegen. Die Arbeiten werden vom Wissenschaftsbeirat der KMFG beurteilt. Der Vorstand entscheidet mehrheitlich nach dessen Vorschlägen. Die Entscheidung des Vorstandes ist bindend, der Rechtsweg ausgeschlossen. Dr. K. Münstermann, Vorsitzender
Leitlinie der DGMKG: Wurzelspitzenresektion Entwicklungsstufe 2 Leitlinienentwurf: Wurzelspitzenresektion Koordinierende Autoren der Leitlinien-Überarbeitung: Kunkel/Hülsmann Datum der Erstellung/Überarbeitung: 2007 Geplantes nächstes Überarbeitungsdatum: 2010 1. Einleitung
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die reale Versorgungssituation nach WSR liegen derzeit keine epidemiologischen Daten vor. • Klinisch relevante Komplikationen der Wurzelspitzenresektion: Insbesondere die Problematik der Nervschädigung des Nervus alveolaris inferior durch die Wurzelspitzenresektion im Unterkiefer Seitenzahnbereich. • Klinisch relevante Komplikationen der chronisch apikalen Parodontitis: Insbesondere die akute Exazerbation mit Abszedierung, zum Teil auch mit Ausbreitungstendenz (Logenabszesse), aber auch die Bedeutung entzündlicher Ursachen des chronischen Gesichtsschmerzes und von Infektionen mit und ohne systemische Immunsuppression. • Unsicherheit bezgl. der Indikationsstellung zur adjuvanten chirurgischen Therapie apikaler Parodontitiden.
1.2 Anwender der Leitlinie • Zahnärzte, spezialisierte Zahnärzte in Endodontologie und Parodontologie; • Zahnärzte für Oralchirurgie; • Ärzte, speziell Ärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
1.3 Ausnahmen von der Leitlinie Nicht unter diese Leitlinie fallen:
1.1 Priorisierungsgründe Gründe für die vordringliche Erstellung einer Leitlinie zur Wurzelspitzenresektion (WSR) bestehen durch: • Prävalenz des klinischen Problems und Häufigkeit des Eingriffs: In westlichen Industrieländern zeigen epidemiologische Untersuchungen eine Häufigkeit chronischer apikaler Parodontitiden von 1,5–7% bezogen auf die Gesamtzahl der Zähne (Kirkevang et al., 2000; Lupi-Pegurier et al., 2002; Weiger et al., 1997). Auch bei radiologisch, hinsichtlich lateralem Abschluss und Länge adäquater Wurzelkanalfüllung zeigen epidemiologische Untersuchungen zwischen 3,8% (Lupi-Pegurier et al. 2002) und 31,2% (Kirkevang et al. 2000) periapikale Radioluzenzen. Daten zur realen Versorgungssituation bei der apikalen Chirurgie liegen aus epidemiologischen Studien nicht vor. • Diskrepanz zwischen publizierten Erfolgsraten (bis über 90%) konservativ endodontischer Maßnahmen (Benenati and Khajotia, 2002; Sjögren et al., 1997, Friedman, 2002), und dem in epidemiologischen Untersuchungen dokumentierten, realen endodontischen Versorgungsstatus. (Boucher et al., 2002; Chueh et al., 2003; Kirkevang et al., 2001; Eriksen et al. 2002). Für
• Differentialindikation der Wurzelspitzenresektion gegenüber einer prophylaktischen Zahnentfernungen aus übergeordneten medizinischen Gesichtspunkten wie beispielsweise Bestrahlungsbehandlung, Chemotherapie oder Immunsuppression. • Die medizinische Indikationsstellung zur Biopsie und histologischen Diagnostik bei anamnestischen, klinischen oder radiologischen Hinweisen auf eine nicht dentogene periradikuläre Osteolyse.
2. Definitionen Die Wurzelspitzenresektion bezeichnet die operative Kürzung der Wurzelspitze nach Schaffung des operativen Zuganges durch den Knochen mittels Osteotomie mit oder ohne gleichzeitige Wurzelfüllung mit oder ohne retrograden Verschluss. Ziel der Gesamtmaßnahme ist ein bakteriendichter Wurzelkanalabschluss am Resektionsquerschnitt. Die Wurzelspitzenresektion stellt keinen Ersatz für eine exakte Wurzelkanalbehandlung dar. Anstelle der häufig verwendeten Begriffe primäre und sekundäre WSR wird in dieser Leitlinie ein befundorientierter Ansatz zur Indikationsstellung einer WSR verfolgt.
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Tabelle 1 Leitlinie
ICD* 2.5 Wurzelspitzenresektion
Vorrangiges Therapieziel ist die Ausheilung einer bestehenden pathologischen Veränderung im periapikalen Bereich (Parodontitis apicalis, Zyste) und damit die Erhaltung des Zahnes in seiner Funktion. Gemäß dieser Definitionen befasst sich die Leitlinie vordringlich mit Erkrankungsbildern, die durch folgende ICD-Codes beschrieben werden. Diese Diagnosen geben einen Überblick über die im Zusammenhang stehenden Erkrankungen. (Zu Behandlungsindikationen siehe unter 9.1.1) 11/11 3. Ziele der Leitlinie Die Leitlinie soll vorrangig die Indikationen und Risikofaktoren für eine WSR und die derzeit anerkannten Methoden der Durchführung einer WSR darstellen. Dabei soll die Leitlinie die oben genannten Berufsgruppen und Patienten in der Entscheidungsfindung zur angemessenen Therapie (rein konservativ, endodontisch/chirurgisch) der periapikalen Läsionen unterstützen. Übergeordnetes Ziel der Leitlinie ist damit die Verbesserung der Versorgungsqualität für die betroffene Patientengruppe durch Reduzierung möglicher Komplikationen: • aus einer erfolglosen orthograden endodontischen Primärbehandlung oder Revision; • infolge einer vermeidbaren chirurgisch-endodontischen Behandlung.
4. Symptome Klinische und radiologische Symptome der apikalen Parodontitis können typischerweise sein: • fehlende Reaktion auf thermische oder elektrophysiologische Sensibilitätsprüfung; • Schmerzen und Druckgefühl sowohl lokal als auch ausstrahlend in andere Gesichtsregionen; • Fistelbildung enoral oder extraoral;
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K04.0 Pulpitis K04.1 Pulpanekrose K04.2 Pulpadegeneration K04.3 Abnorme Bildung von Zahnhartsubstanz in der Pulpa K04.4 Akute Parodontitis apicalis pulpalen Ursprungs K04.5 Chronische Parodontitis apicalis K04.6 Periapikaler Abszess mit Fistel K04.8 Radikul¨are Zyste S0205 Wurzelfraktur und dentoalveol¨ares Trauma
• akute Exazerbation mit lokaler oder regionärer Abszedierung; • horizontale und vertikale Perkussionsempfindlichkeit; • Erweiterung des Parodontalspaltes /periradikuläre Radioluzenz.
5. Untersuchungen 5.1 Notwendige Untersuchungen zur Therapieentscheidung sind: • Inspektion und Sondierung zur klinischen Beurteilung der Erhaltungswürdigkeit des Zahnes; • Perkussionstest und Palpation der Periapikalregion; • Sensibilitätstest des betroffenen Zahnes und der Nachbarzähne; • Röntgenuntersuchung unter vollständiger Darstellung des Zahnes inkl. der periapikalen Aufhellung und Darstellung relevanter umgebender anatomischer Strukturen, ggf. unter Einbeziehung früherer Aufnahmen zur Verlaufskontrolle.
5.2 An weiterführenden Untersuchungen können in Einzelfällen hilfreich sein: • Bestimmung spezifischer parodontaler Parameter; • Sensibilitätsprüfung (N. lingualis und N. alveolaris inferior); • Biopsie bei pathologischen Veränderungen; • Exzentrische Röntgenaufnahmen; • Röntgen in zweiter Ebene oder ggf. Computertomographie/DVT bei ausgedehnten, den periapikalen Raum überschreitenden pathologischen Veränderungen, die eine differentialdiagnostische Eingrenzung erfordern; • Probetrepanation des Zahnes; • Laborchemische Untersuchungen bei Begleiterkrankungen (z. B. Gerinnungsparameter etc.).
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6. Therapieoptionen bei Vorliegen einer periapikalen Läsion 6.1 Konservative endodontische Therapie • Orthograde Wurzelkanalbehandlung; • Revision einer eventuell vorhandenen Wurzelfüllung.
6.2 Operative Therapie • Wurzelspitzenresektion mit zusätzlichem Verschluss des endodontischen Systems (Füllung der Wurzelkanäle). Der Verschluss des endodontischen Systems kann präoperativ erfolgt sein oder muss intraoperativ auf orthrogradem, retrogradem oder kombiniertem Weg erfolgen. • In Ausnahmefällen: • Hemisektion/ Wurzelamputation; • intentionelle Zahnreimplantation; • Knochentrepanation (Schröder’sche Lüftung).
6.3 Ergänzende Maßnahmen • Bakteriendichte, gegenüber Kaukräften statisch und dynamisch stabile Restauration der Zahnkrone; • begleitende Antibiotikatherapie bei Patienten mit erhöhtem lokalem oder allgemeinem Risiko.
6.4. Alternative Therapieformen • Extraktion; • Extraktion und Ersatz des Zahnes; • bei inoperablen Patienten antibiotische Behandlung als Minimaltherapie.
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• fortgeschrittene marginale Parodontopathien, insbesondere bei Vorliegen apiko-marginaler Defekte oder tunnelierender Defekte; • frakturierte endodontische Instrumente; • Wurzelperforation während der Wurzelkanalbehandlung; • qualitativ unzureichende aber nicht revidierbare Wurzelfüllung; • schwerwiegende Begleiterkrankungen des Patienten; • großer Knochendefekt beispielsweise aufgrund einer Zyste; • interne Resorption; • Obliteration des Wurzelkanals; • Risikofaktoren der Wundheilung, die sich aus allgemeinen oder lokalen Störungen der Knochenregeneration ergeben (Bestrahlungsbehandlung, Chemotherapie, Medikation z. B. Bisphosphonate, Stoffwechselstörungen, Immunsuppression).
8. Komplikationen Neben den allgemeinen perioperativen Begleitfolgen, wie Blutung, Schwellung und Schmerzen, sind insbesondere folgende eingriffstypische Komplikationen möglich: • persistierende Infektion mit klinischer und/oder radiologischer Symptomatik; • postoperative Infektionen; • Kontinuität zwischen marginaler und apikaler Parodontitis; • Fraktur der Wurzel; • Schädigung sensibler Äste des N. Trigeminus; • Schädigung benachbarter Zähne; • Luxation der Wurzelspitze in die Kieferhöhle/Nasenhöhle/Mundboden/Nervkanal; • Knochennekrosen; • belassener Wurzelrest. 9. Empfehlungen
7. Risikofaktoren Insbesondere die nachfolgenden Befunde lassen entweder ein erhöhtes operatives Risiko und/oder eine verminderte Erfolgswahrscheinlichkeit der Wurzelspitzenresektion erwarten: • bestehende akute Infektionszeichen oder Fistelung; • Wurzelanomalien; • Projektion des Verlaufes des N. alveolaris inferior auf die Wurzelspitze oder in unmittelbarer Nähe; • enge Lagebeziehung zu Nachbarzähnen; • persistierende apikale Parodontitis nach bereits erfolgter Wurzelspitzenresektion;
9.1 Empfehlungen zur Indikationsstellung Die methodische Qualität der vorliegenden Studien zur Differentialindikation der Wurzelspitzenresektion ist überwiegend gering. Es sind insbesondere hinsichtlich der Therapieentscheidung zwischen alleiniger endodontischer Behandlung und WSR nur vereinzelt prospektiv randomisierte vergleichende Therapiestudien verfügbar (Danin et al., 1996; Kvist and Reit, 1999). Die Behandlungsmethodiken dieser beiden Studien entsprechen jedoch nicht durchgängig heutigen Standards. Aus den vorhandenen Daten können für die Indikationen zur WSR folgende Empfehlungen abgeleitet werden:
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9.1.1 Indikationen zur WSR (Siehe Flow-Chart) • Bei persistierender apikaler Parodontitis mit klinischer Symptomatik oder zunehmender radiologischer Osteolyse nach einer vollständigen oder unvollständigen Wurzelkanalfüllung oder Revisionsbehandlung, falls diese nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Risiken entfernt oder verbessert werden kann (z. B. bei aufwändiger prothetischer Versorgung und insbesondere der Versorgung mit Wurzelstiften). Die radiologische Rückbildung kann hierbei einen Zeitraum von mehreren Jahren beanspruchen. III A • Nach Wurzelkanalfüllung mit überpresstem Wurzelfüllmaterial und klinischer Symptomatik oder Beteiligung von Nachbarstrukturen (Kieferhöhle, Mandibularkanal). IV A • Bei konservativ nicht durchführbarer Wurzelkanalbehandlung bzw. bei erheblichen morphologischen Varianten der Wurzeln, die eine vollständige Wurzelkanalfüllung nicht zulassen. IV A • Bei Zähnen mit obliteriertem, nicht mehr instrumentierbarem Wurzelkanal bei klinischer und/oder radiologischer Symptomatik. IV A 9.1.2 Mögliche Indikationen zur WSR • Bei apikaler Parodontitis als Alternative zur konservativ endodontischen Behandlung, insbesondere bei periapikalem Index > 3 bzw. einer Größe der apikalen Läsion ab ca. 4–5 mm. Bei dieser Ausdehnung der apikalen Parodontitis erreichen Wurzelspitzenresektion und konservative Endodontie nach der vorliegenden wissenschaftlichen Datenlage vergleichbare Resultate und stellen daher grundsätzlich auf der Basis einer evidenzgestützten Analyse alternative Behandlungsverfahren dar. Ib B
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(Auch bei der Revisionsbehandlung raten die Vertreter der endodontologischen Fachgesellschaften unabhängig von dieser Konsensempfehlung zunächst zu einem Therapieversuch mit einer alleinigen konservativ endodontischen Behandlung.) • Bei einer Fraktur eines Wurzelkanalinstrumentes in Apexnähe, das auf orthogradem Weg nicht entfernbar ist. III B • Bei einer Via falsa in Apexnähe, die auf orthogradem Wege nicht verschlossen werden kann. IV B • Bei Wurzelfrakturen im apikalen Wurzeldrittel, insbesondere wenn es zur Infektion des apikalen Fragmentes bzw. des Frakturspaltes gekommen ist oder das koronale Fragment nur mit Hilfe einer retrograden Füllung versorgt werden kann. III B • Wenn eine Behandlung ausschließlich unter Narkose möglich ist. IV B • Bei persistierender Schmerzsymptomatik auch nach klinisch und radiologisch einwandfreier Wurzelkanalfüllung als Maßnahme zur Ausschaltung einer möglichen Schmerzursache. Grundsätzlich sollte aber in dieser Situation einer endodontischen Revision der Vorzug gegeben werden. IV O • Bei Freilegung oder Verletzung von Wurzelspitzen im Rahmen chirurgischer Eingriffe (z. B. Zystenentfernung, Probeexzision). IV B • Bei persistierender apikaler Parodontitis bei bereits resezierten Zähnen. III B Bei persistierender apikaler Parodontitis ohne klinische Symptomatik aber radiologisch ausbleibender Rückbildung der Läsion ist zu berücksichtigen, dass diese einen Zeitraum von mehreren Jahren beanspruchen kann.
(Unabhängig von dieser Konsensempfehlung raten die Vertreter der endodontologischen Fachgesellschaften auch bei einem periapikalen Index > 3 zu einem Therapieversuch mit einer alleinigen konservativ endodontischen Behandlung.)
9.2. Empfehlungen zur Durchführung operativer Maßnahmen
• Bei persistierender apikaler Parodontitis als Alternative zur konservativ endodontischen Revision. Auch bei der Revisionsbehandlung erreichen Wurzelspitzenresektion und konservative Endodontie nach der vorliegenden wissenschaftlichen Datenlage vergleichbare Resultate und stellen daher grundsätzlich auf der Basis einer evidenzgestützten Analyse alternative Behandlungsverfahren dar. Ib B
In der Regel ist eine ambulante Behandlung unter Lokalanästhesie möglich. Der Einsatz weiterer Verfahren im Rahmen der Schmerzausschaltung (Analgosedierung/Narkose) orientiert sich am Gesamtumfang der chirurgischen Maßnahmen, an der Mitarbeit des Patienten, an bekannten Risikofaktoren (siehe unter 7) und nach Berücksichtigung dieser und allgemeinmedizinischer Kriterien an der Präferenz des Patienten.
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9.2.1 Ambulante/Stationäre Behandlung/ Narkosebehandlung
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Eine stationäre Behandlung kann beispielsweise bei schwerwiegenden Allgemeinerkrankungen oder besonderen OP-Verläufen indiziert sein. IV B 9.2.2 Technik und Materialien Die einzelnen Techniken der Wurzelspitzenresektion und die verwendeten Materialien unterliegen einer stetigen Weiterentwicklung. Eine generelle Empfehlung kann nach derzeitigem Wissensstand nicht ausgesprochen werden. IV O 9.2.3 Adjuvante Therapie Der Stellenwert einer perioperativen systemischen antibiotischen oder antiphlogistischen Prophylaxe ist wissenschaftlich nicht abschließend bewertet. Eine generelle Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden. IV O 9.2.4 Spezielle OP-Situationen und Befundkonstellationen Für spezifische Situationen (Begleiterkrankungen: z. B. Herzklappenersatz) verweisen wir auf die entsprechenden Leitlinien/Links (siehe auch Punkt 10 dieser Leitlinie). Erläuterungen zur Evidenzbewertung Ia: systematische Übersicht randomisierter kontrollierter Studien; Ib: mindestens eine randomisierte kontrollierte Studie; IIa: mindestens eine gut geplante kontrollierte Studie ohne Randomisierung; IIb: mindestens eine gut geplante quasi experimentelle Studie; III: gut geplante, nicht experimentelle deskriptive Studien; IV: Expertenmeinung.
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10. Links Im Zusammenhang relevante wissenschaftliche Stellungnahmen der DGZMK: Hemisektion und Wurzelamputation (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zur Prognose von Wurzelkanalbehandlungen (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Aufbau endodontisch behandelter Zähne (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Revision einer Wurzelkanalbehandlung (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Antibiotika in der zahnärztlichen Praxis (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnärztlich-chirurgische Eingriffe bei Diabetikern (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnärztliche Eingriffe und Endokarditis-Prophylaxe (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnsanierung vor und nach Organtransplantation (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnärztliche Chirurgie bei Patienten mit Antikoagulanzien-Therapie (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnärztliche Behandlung in der Schwangerschaft (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Schädigung von Nerven im Zahn-, Mund- und Kieferbereich (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Zahnärztliche Betreuung von Patienten mit tumortherapeutischer Kopf-Hals-Bestrahlung (http://www.DGZMK.de/set5.htm) Verkehrstauglichkeit nach Lokalanästhesie (http://www.DGZMK.de/set5.htm) S 3-Leitlinie der Paul-Ehrlich Gesellschaft zur antibiotischen Prophylaxe (http://www.dggg.de/leitlinien/pdf/2-1-5.pdf )
Empfehlungsgrad 11. Angaben zur Erstellung der Leitlinie: A: starker Empfehlungscharakter; B: mäßiger Empfehlungscharakter; O: Güterabwägung im Einzelfall.
Die Erstellung der Leitlinie erfolgte im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und der Zahnärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung
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Verfahren der Konsensusbildung: Nominaler Gruppenprozess Autoren der Leitlinien und Teilnehmer am Konsensusprozess Entwurf und Koordination: Prof. Dr. Dr. M. Kunkel Prof. Dr. M. Hülsmann Die Mitglieder der Leitliniengruppe „Dentoalveoläre Chirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie: Dr. Dr. B. Kreusser Prof. Dr. Dr. R. Singer Prof. Dr. Dr. D. Weingart Prof. Dr. Dr. R. Werkmeister Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) Prof. Dr. Dr. W. Wagner Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) Prof. Dr. H.J. Staehle Deutsche Gesellschaft für zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (DGZPW) Prof. Dr. Reiner Biffar Arbeitsgemeinschaft für Kieferchirurgie in der DGZMK Prof. Dr. G. Wahl Arbeitsgemeinschaft Endodontologie & Traumatologie der DGZ Prof. Dr. M. Hülsmann Arbeitskreis Oralpathologie und Oralmedizin Prof. Dr. Dr. T.E. Reichert Deutsche Gesellschaft für Endodontie (DG-Endo) Dr. C. Appel Dr. C. Bargholz Bundesverband Deutscher Oralchirurgen (DBO) Dr. T. Heurich Verband Deutscher Zertifizierter Endodontologen (VDZE) Dr. M. Georgi Dr. Dr. F. Sanner Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI) Prof. Dr. Dr. H. Terheyden Bundeszahnärztekammer (BZK) Dr. P. Engel Dr. M. Frank
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Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) Dr. J. Fedderwitz Dr. W. Esser ZA S. Allroggen Zahnärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung (ZZQ) Dr. P. Boehme AWMF Fr. Priv.-Doz. Dr. I. Kopp
12. Literatur Benenati FW, Khajotia SS (2002) A radiographic recall evaluation of 894 endodontic cases treated in a dental school setting. J Endod 28:391–395 Boucher Y, Matossian L, Rilliard F, Machtou P (2002) Radiographic evaluation of the prevalence and technical quality of root canal treatment in a French subpopulation. Int Endod J 35:229–238 Briggs PF, Scott BJ (1997) Evidence-based dentistry: endodontic failure–how should it be managed. Br Dent J 183:159–164 Cheung GS (1996) Endodontic failure-changing the approach. Int Dent J 46:131–138 Chueh L-H, Chen S-C, Lee C-M, Hsu S-F, Pai S-F, Kuo S-S, Chen B-R, Duh S-F, Yang S-F, Tung Y-L, Hsiao CK (2003) Technical quality of root canal treatment in Taiwan. Int Endod J 36:416–422 Danin J, Strömberg T, Forsgren H, Linder LE, Ramsköld LO (1996) Clinical management of nonhealing periradicular pathosis surgery versus endodontic retreatment. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod 82:213–217 Dugas NN, Lawrence HP, Teplitsky PE, Pharoah MJ, Friedman S (2003) Periapical health and treatment quality assessment of root filled teeth in two Canadian populations. Int Endod J 36:181–192 Eriksen HM, Kirkevang L-L, Petersson K (2002) Endodontic epidemiology and treatment outcome: general considerations. Endod Topics 2:1–9 Farzaneh M, Abitbol S, Lawrence HO, Friedman S (2004) Treatment outcome in endodontics The Toronto study: Phase II: Initial treatment. J Endod 30:302–309 Friedman S (2002) Prognosis of initial endodontic therapy. Endod Topics 2:59–88 Friedman S, Abitbol S, Lawrence HP (2003) Treatment outcome in endodontics: The Toronto study. Phase 1: Initial treatment. J Endod 29:787–793 Hoskinson SE, Ng Y-L, Hoskinson AE, Moles DR, Gulabivala K (2002) A retrospective comparison of outcome of root canal treatment using two protocols. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Endod 93:705–715 Hülsmann M, Weiger R (2004) Revision einer Wurzelkanalbehandlung. Wissenschaftliche Stellungnahme der DGZMK. Deutsch Zahnärztl Z 59 http://www.DGZMK.de/set5.htm Katebzadeh N, Sigurdsson A, Trope M (2000) Radiographic evaluation of periapical healing after obturation of infected root canals: an in vivo study. Int Endod J 33:60–66 Kirkevang L-L, Hörsted-Bindslev P, Ørstavik D, Wenzel A (2001) Frequency and distribution of endodontically treated teeth and apical periodontitis in an urban Danish population. Int Endod J 34:198–205
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Vermittlungsstelle Die Gesellschaft unterh¨alt eine Vermittlungsstelle, die f¨ur alle Fragen zu eventuellen Assistentenstellen, Vertretungen und Assoziierungen zur Verf¨ugung steht. Die Anschrift lautet f¨ur niedergelassene MKG-Chirurgen: Gesch¨aftsstelle Frau Kerstin Kothe Schoppastraße 4 65719 Hofheim Tel.: 06192-206303 Fax: 06192-206304 Die Vermittlung freier Assistentenstellen an außeruniversit¨aren Hauptabteilungen f¨ur MKG-Chirurgie wird vom Sprecher des Arbeitskreises leitende Krankenhaus¨arzte MKG-Chirurgie bearbeitet:
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