Abstracts Monatsschr Kinderheilkd 2007 · 155 [Suppl 3]:1–174 DOI 10.1007/s00112-007-1620-8 © Springer Medizin Verlag 2007
Abstracts Nürnberg 2007 Darstellung aller Zusammenfassungen (Abstracts) der geladenen und freien Vorträge sowie Posterbeiträge der 103. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderund Jugendmedizin (DGKJ), die gemeinsam veranstaltet wird mit der 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozial pädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und der 29. Tagung der Kinderkrankenschwestern und -pfleger, Nürnberg, 13.-16. September 2007.
Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ): Prof. Dr. Dr. h.c. W. Rascher, Erlangen.
Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ): Prof. Dr. H.-M. Straßburg, Würzburg.
Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH): Prof. Dr. H. P. Hümmer, Erlangen.
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Abstracts Donnerstag, 13. September 2007 Bronchoskopische Arbeitstechniken in der Pädiatrie DGKJ-WS-4 / DGKJ-WS-27 Grundlagen des Bronchoskopierens B. Hinrichs1 1Univ.-Kinderklinik Eppendorf, Hamburg Im Kursvortrag werden theoretische Grundlagen für den Einstieg in die eigene Bronchoskopietätigkeit geschaffen. Er beinhaltet: • Anatomie • Gerätekunde • Handling • Indikationen • Anästhesie • Dokumentation Kenntnis der normalen Anatomie ist notwendig, um den Weg im Bronchialsystem standardisiert abzuarbeiten und sicher Abnormalitäten zu erkennen; sie dient v.a. der korrekten Befundweitergabe an nachfolgende Untersucher oder Therapeuten. Schwerpunkt des Kurses liegt auf der flexiblen Endoskopie, da sie inzwischen einen Grossteil der Untersuchungen ausmacht – Fallstricke und Tipps im Umgang mit den teuren und empfindlichen Geräten sollen vermittelt werden. Anhand verschiedener Kasuistiken wollen wir Indikation und Untersuchungsgang sowie besondere Verfahren (z.B. BAL) erklären. Es empfiehlt sich, Untersuchungen in tiefer Sedierung durch Anästhesisten begleiten zu lassen – für Ausnahmesituationen wird ein Medikamentenvorschlag erarbeitet. Die Dokumentation ist abhängig von den jeweils vorhandenen Geräten – Photo, Server, Wechseldatenträger – kurz wird eingegangen auf die Erfordernisse. DGKJ-WS-6/ DGKJ-WS-29 Stridor im Kindesalter, pathologische Befunde im HNO-Bereich und der Bronchien, Fremdkörperaspiration T. Zimmermann1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Fehlbildungen von Larynx, Trachea und der Bronchien sind vielgestaltig, sie können mit lebensbedrohlicher Atemnot einhergehen, treten aber selten auf. Die Prognose hängt von der Diagnosestellung und der Wahl der therapeutischen Maßnahmen ab. Fehlbildungen, die zu Stenosegeräuschen führen können sind im Bereich Pharynx: Makroglossie, Hämangiom, Lymphangiom, Fibrom, aberrierendes Schilddrüsengewebe, Zungengrungzyste, Mikrogenie und Glossoptose, im Bereich Larynx: infantiler Larynx, subglottische Stenose (Ringknorpelstenose, bindegewebige Stenose), Hämangiom, Lymphangiom, Fibrom, Rekurrensparese, Segel, Zyste, Spaltbildungen, im Bereich der Trachea: Stenose (bindegewebig, Fehlbildungen der Knorpelspangen, Tumoren), Malazie (primär, sekundär durch Struma, Gefäßanomalien), Tracheobronchomegalie, im Bereich der Bronchien: Stenose, Malazie. Weitere Fehlbildungen von Trachea und Bronchien sind: Trachealagenesie, -aplasie, -atresie, tracheoösophageale Fistel mit/ohne Ösophagusatresie, Trachealdivertikel, Trachealbronchus und andere Verzweigungsanomalien, Bronchusatresie, Williams-Campbell-Syndrom und Bronchiektasen, tracheo- und bronchobiliäre Fistel. Für angeborene Luftwegsanomalien ist die flexible fiberoptische Endoskopie die wichtigste Säule der Diagnostik. Vielfach sind CT und MRT unverzichtbar, bei Assoziation mit einer Gefäßanomalie oder einem Herzfehler sind die Echokardiographie und die Angiographie erforderlich. Die Diagnostik soll in einem kinderpneumologischen Zentrum in Zusammenarbeit mit der Kardiologie und der Radiologie durchgeführt werden. Fremdkörperaspirationen treten relativ häufig im Kindesalter auf, es handelt sich um ein Ereignis, das mit lebensbedrohender Atemnot einhergehen kann, etwa 1% der betroffenen Kinder versterben. Betroffen
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sind vorwiegend ältere Säuglinge und Kleinkinder (1.–5. Lebensjahr). Es werden überwiegend Nahrungsmittel von fester Beschaffenheit wie Nüsse, Karotten, Popcorn usw. aspiriert, bei älteren Kindern treten häufiger Aspirationen von Spielsachen, Radiergummiteilen, Stiften, Nadeln, Nägel u.ä. auf. Am häufigsten findet man aspirierte Fremdkörper in den Haupt-, Segment- und Subsegmentbronchien der rechten Lunge, etwas seltener in der linken Lunge. Als Sonderform kann die Aspiration von Flüssigkeiten beim Trinken, Erbrechen, nach Narkosen oder im Zusammenhang mit einem gastroösophagealen Reflux als Frendkörperaspiration gewertet werden. Unter der Geburt ist die Mekoniumaspiration oder die Fruchtwasseraspiration für das Neugeborene und später die Puderaspiration für den Säugling ein gefährliches Geschehen. Die Fremdkörperaspiration ist ein pädiatrischer Notfall, alle Kinder mit den klinischen Zeichen einer Aspiration aber auch bei dringenden Verdacht auf das Vorliegen einer Fremdkörperaspiration müssen unverzüglich einer Klinik mit entsprechender Einrichtung für Kinder zugewiesen werden.
Diagnostik und Intervention bei Kindsmisshandlung DGKJ-WS-17 Aufgaben und Möglichkeiten des Jugendamtes zum Schutz des Kindes – Vom rechtlichen und fachlichen Rahmen hin zu einer neuen Kinderschutzarchitektur M. Haendl1 1Amt für Jugend und Familie, Landkreis Forchheim, Forchheim Öffentliche Diskussion zum Kinderschutz und Antworten der Jugendhilfe 1 Gefühlte Wirklichkeit und Statistische Einordnung des Phänomens (Amtliche Statistiken, Kinder- und Jugendhilfeberichte, Unicef u.a.) 2 Der rechtliche Handlungsrahmen der Jugendämter – zwischen Freiwilligkeit und Kontrolle 2.1 Elternrechte und Aufträge durch Art. 6 GG und das SGB VIII 2.1.1 Das Wächteramt der staatlichen Gemeinschaft und tatsächliche und strafrechtliche Garantenstellung unter dem Blick der Neuregelungen durch das KICK 2.1.2 Der fundamentale Auftrag der Jugendhilfe zur Gewährung des Rechts auf Förderung, Erziehung und Chancengleichheit – der Leistungskatalog der Jugendhilfe 3 Diagnostik und Intervention durch die Jugendhilfe 3.1 Verstärkung der Fachlichkeit und diagnostischer Prozesse und Arbeitsstrukturen durch Rechtsänderungen (am Beispiel der Aufbau- und Ablauforganisation im AJF Forchheim) 3.2 Interventionsmuster der Jugendhilfe an Fallbeispielen 4 Exkurs: Stärkung der Rolle und Funktion der Familiengerichte durch anstehendes Gesetzesvorhaben 5 Kinderschutz als Aufgabe der gesamten Gesellschaft („It takes a whole village to raise a child“) 6 Was können wir tun? 6.1 Entwicklung von Kooperationen und Informationssystemen 6.2 lokale Entwicklung von Versorgungs- und Schutzarchitektur 6.2.1 Frühe Hilfen mit Lotsenfunktionen 6.2.2 Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Familienstützpunkten 6.2.3 Hilfen zur Entwicklung von Familienkompetenzen 6.3 Kinderschutz gibt’s nicht umsonst! Donnerstag, 13. September 2007
Refresher-Kurs der Hüftsonografie DGKJ-WS-24 Refresherkurs der Hüftsonographie R. Graf1 1Orthopädie, Allgemeines und Orthopädisches Landeskrankenhaus, Stolzalpe, Österreich Es werden die Grundsätze der anatomischen Identifizierung der sonographischen Typisierung der Säuglingshüftgelenke, die Messtechnik und die Typeneinteilung am Sonometer wiederholt. Besonderes Augenmerk wird auf die Abtasttechnik und die dafür notwendige apparative Ausrüstung gelegt. Anhand von Beispielen wird die Brauchbarkeitsprüfung für Hüftsonogramme, sowie das Erkennen von Kippfehlern, die ebenfalls zu Fehldiagnosen führen können, geübt. In einem abschließenden Kurzstatement werden die Daten des Österreichischen Screenings von 1991–2004 demonstriert und mit anderen Ländern verglichen. Die offenen Einstellungen wurden auf 0,13/1000 gesenkt. Dies ist die niederste Rate an offenen Einrichtungen die je publiziert wurde. Die Rate an konservativer Behandlung vor der Sonographie-Ära betrug mehr als 12% und konnte durch die Hüftsonographie auf 3,23% gesenkt werden. Die Kosten für das Ultraschallscreening zusammen mit den Behandlungskosten sind um 2/3 weniger als die alleinigen Therapiekosten vor der Sonographie-Ära. Die Hüftsonographie ist hochgradig kostensenkend, reduziert die Hospitalisation durch deutliche Senkung der Operationszahlen und vor allem auch von Spätkorrekturen bei jungen Erwachsenen. Allerdings müssen die Ausbildungsprogramme für die Hüftsonographie verbessert werden und die therapeutischen Schritte der biomechanischen Situation, die durch die Hüftsonographie durch die Typisierung definiert werden kann, deutlich verbessert werden.
Palliative Versorgung von Kindern DGSPJ-WS-1 Palliative Versorgung von schwer mehrfach behinderten Kindern R. Pothmann1 1Klinikum Nord-Heidberg, Zentrum Kinderschmerztherapie, Hamburg In Deutschland leben ca. 23.000 Kinder mit lebensbegrenzenden Erkrankungen, davon sterben jährlich ca. 1.600. Neurologische Erkrankungen machen ca. 20%, Fehlbildungen und Chromosomenanomalien 16%, Herzfehler: 12% und angeborene Stoffwechselstörungen 9% aus. Davon sind am häufigsten die Neuronale Ceroidlipofuszinose (NCL) und Mucopolysaccharidosen (MPS). Aufgrund der oft usgeprägten Mehrfachbehinderung stellt der sozialpädiatrische Krankeitsanteil mit etwa 60% die größte palliativ behandlungsbedürftige Gruppe dar. Zur Versorgung dieser Kinder sind derzeit in Deutschland 8 stationäre Einrichtungen mit 84 Betten verfügbar. Daneben sind 19 ambulante Kinderhospizdienste in Deutschland aktiv. In Großbritannien, dem Mutterland der Hospizbewegung, existieren dagegen 27 Kinderhospize mit 200 Betten. Der Schwerpunkt der palliativen Versorgung liegt in der Entlastungspflege an 28 Tagen pro Jahr. Diese erfolgt typischerweise im stationären Rahmen eines Kinderhospizes und macht 90% der Arbeit aus. Ziel der pädiatrischen Palliativversorgung ist eine oft Jahre lange Begleitung der betroffenen Familien, damit sie für die häusliche Pflege ihrer Kinder weiter zur Verfügung stehen können. Sowohl pflegerische, psychotherapeutische wie auch schmerztherapeutische Angebote stehen darüber hinaus auch ambulant zur Verfügung. Aufgrund fehlender deutscher Daten wird hier die Analyse von 4 Jahren im Kinderhospiz Sternenbrücke Hamburg zugrunde gelegt. In dieser Zeit wurden über 300 Familien betreut, 40 Kinder wurden speziell währen dieses Zeitraums in den letzten Lebenswochen intensiv betreut. Ein Team aus Kinderkrankenschwestern und -pflegern versorgt die Kinder mit einem Personalschlüssel von 1:2. Drei schmerztherapeutisch versierte KinderärztInnen sind in die ärztliche Versorgung eingebunden. Trauerbegleiter, Erzieherin, Sozialarbeiterin, sowie familientherapeu-
tische Kräfte runden das Team ab. Hauptsorgen der betroffenen Eltern sind Schmerz und Atemnot ihrer Kinder. Auch unausgesprochen gilt es, diese Themen aufzugreifen und sorgsam zu behandeln. Die benötigten Schmerzmittel sind zu über 50% orale Analgetika der WHOStufenplan 1–2. Die palliativmedizinische Versorgung von Kindern in Deutschland steckt erst in den Anfängen und ist dringend ausbaubedürftig. Hierzu ist eine vernetzte Versorgungsstruktur aus etwa 15–20 stationären Schwerpunkthospizen sowie eine Basis ambulanter Dienste wie z.B. in Bayern, Westfalen, Düsseldorf oder Hamburg anzustreben. Brückenteams ergänzen das Angebot. Die Koordination der bestehenden Dienste ist eine dringende Voraussetzung für eine funktionierende qualifizierte pädiatrische Palliativversorgung. Dabei müssen neben kinderärztlichen und -pflegerischen auch sozialpädagogische Kompetenzen vorgehalten werden. Die Finanzierung der pädiatrischen Palliativversorgung muss zudem wegen der bisher nicht finanzierten Familienangehörigen angepasst werden. Ansonsten ist die Abhängigkeit von Spenden eine jährliche Zerreissprobe. Als dritte Säule ist die personelle Qualifizierung durch eine pädiatrische Weiterbildung in Palliativversorgung mit einem einheitlichen deutschen Curriculum bereits auf einem guten Weg. Innerhalb von 200 Stunden können KinderärztInnen, PsychologInnen und KinderkrankenpflegerInnen gemeinsam die Voraussetzungen für eine integrative und mehrdimensionale, spezifisch pädiatrische palliative Versorgung erwerben. DGSPJ-WS-2 Ambulante und stationäre Palliativmedizinische Versorgung C. Hasan1 1Vestische Kinderklinik, Datteln Kinder und Jugendliche mit leidvollen Symptomen verursacht durch Erkrankungen, die nicht heilbar und weit fortgeschritten sind, progredient verlaufen und mit begrenzter Lebenserwartung einhergehen, bedürfen einer palliativen Versorgung. Im Mittelpunkt der palliativen Versorgung steht die ärztliche, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Unterstützung der Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien (Eltern, Geschwister) in der Zeit der Krankheit, des Sterbens und der Trauer. In Deutschland leben ca. 20.000 Kinder und Jugendliche mit einer lebenslimitierenden Erkrankung. Jährlich sterben zwischen 1.500–3.000 Kinder in Folge der Erkrankungen (Statistische Angaben nach ACT 1). Auch pädiatrische Palliativpatienten bedürfen einer umfassenden Versorgung durch ein multiprofessionelles Palliativ-Team. Aber es gibt epidemiologische, medizinische, psychosoziale und spirituelle Unterschiede in der Palliativversorgung von Kindern gegenüber Erwachsenen. Die spezialisierten Anforderungen an die pädiatrische Palliativversorgung ergeben sich aus dem besonderen Erkrankungspektrum und den alters- und entwicklungsabhängigen Besonderheiten (Alter zwischen wenigen Lebenstagen bis zum jungen Erwachsenenalter). Überwiegend sind die palliativ zu versorgenden Kinder schwerst mehrfachbehindert infolge neurodegenerativer und Stoffwechselerkrankungen oder peripartaler Komplikationen. Chronische und nicht heilbare kardiale, pulmonale, gastrointestinale oder Nierenerkrankungen bedingen eine lebensverkürzende Prognose. Nur 20% der pädiatrischen Palliativpatienten leiden an einer Krebserkrankung. Um diesen Kindern und Jugendlichen eine angemessene Lebensqualität in der häuslich-vertrauten Umgebung zu ermöglichen, ist sowohl eine Vernetzung der „Primärversorger“ (Kinderarzt, Kinderkrankenpflegedienst) mit Zentren der Spezialisierten pädiatrischen Palliativversorgung (Team von Ärzten, Kinderkrankenpflege und psychosozialen Mitarbeitern mit einer Zusatzqualifikation in pädiatrischer Palliativversorgung) als auch der ambulanten mit den stationären Hospizdiensten, einschließlich Einrichtungen der Kurzzeitpflege, erforderlich. Unbedingte Voraussetzung einer angemessenen Versorgung ist auch die Möglichkeit der stationären Aufnahme (pädiatrische Palliativstation) zur Optimierung der Symptomkontrolle. 1. Aufgaben des niedergelassenen Kinderarztes: • Medizinisch-pflegerische und psychosoziale Primärbetreuung Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts • Begleitung der Familie • Steuerung und Verordnung der medikamentösen Therapie • Sicherstellung einer 24-stündigen Erreichbarkeit • Fortgeführte Betreuung der Geschwisterkinder über den Tod des Patienten hinaus 2. Aufgaben des spezialisierten pädiatrischen Palliativteams: • Aufbau und Koordinierung eines Netzwerkes der palliativen Versorgung • Anleitung und Beratung zur Durchführung palliativmedizinischer Maßnahmen • Behandlung komplexer und unter den bisherigen Therapiemaßnahmen refraktärer Symptome • Einweisung und Überwachung von apparativen Behandlungsmaßnahmen • Verhalten und therapeutisches Vorgehen bei Auftreten akuter Komplikationen • 24 h-Notfallbereitschaft und Krisenintervention, Vertretung des Kinderarztes in dessen Abwesenheit • Vorhaltung akut notwendiger Arznei- (BtM), Hilfs- und Heilmittel Es gilt, die jeweiligen Kompetenzen und Ressourcen miteinander abzustimmen, um Fehl- aber auch Überversorgung zu vermeiden. DGSPJ-WS-3 Lebens- und Leidensweg von Familien mit lebensbegrenzt erkrankten Kindern U. Nerge1 1Kinder-Hospiz Sternenbrücke, Hamburg Die Erfahrung in einer Hamburger Kinderklinik über 23 Jahre lang hat mir gezeigt, dass die Betreuung von Familien mit lebensbegrenzt erkrankten Kindern nicht ihren Bedürfnissen entspricht. Die Diagnosestellung allein lässt die Welt dieser Familien auf den Kopf stehen. Schon hier beginnt eigentlich die Trauerarbeit, die aber in einer Kinderklinik nicht geleistet werden kann. Therapien, um die Lebenserwartung zu verlängern oder die Erkrankung zu heilen, beinhaltet auch ein Gefühlschaos von Hoffen, Bangen und Ängsten der Familie. Zusätzliche Fragen, Ängste und Schmerzen des betroffenen Kindes überfordern die Eltern und bringen sie an die Grenzen der Belastbarkeit. 70% der Ehen zerbrechen in diesen Situationen. Geschwisterkinder werden kaum wahrgenommen, obwohl es sie am meisten trifft. Sie treten in dieser Extremsituation in den Hintergrund, sind mit ihren Sorgen und Ängsten allein. Sie vertrauen sich oft den Eltern nicht an, da sie sie jetzt in einem völlig fremden Verhalten erfahren. Die Eltern sind überfordert, weinen, sind hilflos. Gespräche finden nur noch über Befunde und Arzttermine statt oder ständigem Suchen nach „Strohhalmen“ die vielleicht doch noch helfen könnten. Der Gedanke, dass alles vielleicht wieder wird wie „früher“, wenn das Geschwisterkind stirbt, ist ein ihm verbotener, aber oft wiederkehrender. Das schlechte Gewissen darüber, aber auch die Angst den Bruder oder die Schwester zu verlieren, die Überforderung, helfen zu wollen – und nicht zu können – um dann, wenn das Geschwisterkind verstirbt, zu sagen: ich bin schuld – ich habe es mir heimlich so oft gewünscht ... stürzen diese Kinder und Jugendlichen oft in eine tiefe Krise. Sie fangen an zu stottern, nässen ein oder werden straffällig und brauchen selbst therapeutische Hilfe. Wenn dann auch noch die Ehe der Eltern zerbricht, verlieren sie völlig den Boden. Eltern benötigen von Anfang an einen erfahrenen KinderSchmerztherapeuten, der immer für sie ansprechbar ist, Menschen an ihrer Seite, die aushalten können, die ihnen zuhören und ihren Weg, wie krumm und schief er auch sein mag, mitgehen, ohne ihn zu bewerten. Menschen, die in den Arm nehmen können und die Pflege des erkrankten Kindes und die Betreuung der Geschwisterkinder den Eltern für eine Zeit, der Kurzzeitpflege abzunehmen, damit sie Kraft schöpfen können. Ein Haus, welches ihnen ermöglicht, Fragen über Tod, Trauer und Sterben zu stellen. Fragen, die sie bewegen und ängstigen. Ein Haus mit Menschen, die optimale professionelle Pflege gewährleisten und trotzdem die Zeit haben, Freude, tiefe Trauer und
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Verzweiflung mit ihnen auszuhalten. Sie bis zum Verlust des Kindes, weiter auf ihrem Weg begleiten, bis sie – irgendwann einmal wieder – einen Sonnenstrahl wahrnehmen und trotz des Verlustes, ein Leben vor sich haben, das lebenswert erscheint. Das ist die Arbeit des KinderHospiz Sternenbrücke in Hamburg.
Freitag, 14. September 2007 Verbraucherschutz – Arzneimittelsicherheit – Pharmakovigilanz DGKJ-HS-3 Zu Risiken und Nebenwirkungen: Von der Sicherheit von Arzneimitteln zur Patientensicherheit D. Mentzer1, B. Keller-Stanislawski1 1Arzneimittelsicherheit, Paul-Ehrlich Institut, Langen Mit der Kinderarzneimittel-Verordnung, die seit 26. Januar 2007 gilt, sollen Arzneimittel zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen langfristig sicherer gemacht werden. Diese Kinderarzneimittel Verordnung hat eine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit für alle EU-Mitgliedsstaaten und hat gravierende Auswirkungen auf die Überwachung, Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln. Mehr als 50 Prozent der bei Kindern verwendeten Arzneimittel werden ohne Zulassung für diese Therapie eingesetzt. Am dramatischsten ist die Situation für den Bereich Pädiatrischen Intensiv- und Neugeborenenstationen. Um die Entwicklung von Kinderarzneimitteln voran bringen zu können, sind klinische Prüfungen in der Pädiatrie notwendig. Dies gilt nicht nur für die Erforschung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimitteltherapie in der Pädiatrie, sondern auch um fundiertere Erkenntnisse der Pathomechanismen zur erfahren. Zu den Anforderung aus dem Bereich der Forschung und der klinischen Prüfung, muss sich die Pädiatrie auch einen dem vernachlässigten Bereich der Arzneimittelsicherheit stellen. Das Fehlen einer klinischen Prüfung im Kindes- und Jugendalter führt dazu, dass bestimmte Arzneimittel im Kindesalter nicht angewendet werden und damit Kindern potenziell wirksame Arzneistoffe vorenthalten werden. Neben der fehlenden Dokumentation der Wirksamkeit kann die Anwendung von Arzneimitteln ohne entsprechende Daten zur Unbedenklichkeit für Kinder und Jugendliche das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen erhöhen. Ein weiterer wesentlicher Faktor für das erhöhte Risiko ist die fehlende altersentsprechende Applikationsform und Dosierung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die genannten Aspekte die Bereiche der Arzneimittelsicherheit in der Behandlung von Kindern mit der Patientensicherheit in der Pädiatrie deutlich verschmelzen, so dass auch in der Pädiatrie die Aspekte der Pharmakovigilanz etabliert werden müssen.
Neonatologie DGKJ-HS-6 Neue Surfactant-Präparationen – bessere Surfactant –Präparationen? L. Gortner1 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, Homburg/Saar Hintergrund: Die Surfactanttherapie wurde vor nunmehr rund 15 Jahren in die klinische Routine als Standardtherapie des RDS Frühgeborener eingeführt. Initial waren neben den natürlichen, aus Tierlungen gewonnenen Präparaten, proteinfreie Phospholipidmischungen in klinisch kontrollierten Studien untersucht worden. Diese waren jedoch hinsichtlich der Zielvariablen Überleben bzw. Überlebensrate ohne bronchopulmonale Dysplasie den aus Tierlungen gewonnen Präpa-
raten unterlegen (Halliday, 2006). Zwei neue Surfactantpräparationen aus Phospholipiden, gemischt mit einem Surfactantprotein B-mimetischen Protein (KL4-Surfactant; Surfaxin®), sowie eine Substanz aus isolierten Phospholipiden, versetzt mit rekombinantem Surfactantprotein C (r-SP-C-Surfactant; Venticute®). Methoden: Es sollen die klinisch kontrollierten Studien referiert werden, in denen die neu entwickelten Sufactantpräparationen mit rekombinantem Proteinanteil mit den Standardsurfactantpräparationen verglichen wurden. In bisher 2 kontrollierten-randomisierten klinischen Studien konnte der Nachweis einer Überlegenheit von KL4-Surfactant gegenüber keiner Standardsubstanz aus Schweinelungen (Poractant alpha) nicht erbracht werden. Eine Pilotstudie mit KL4-Surfactant zeigte eine Effizienz zur Verbesserung des Gasaustauschs beim Mekoniumaspirationssydrom. Der r-SP-C-basierte Surfactant wurde bisher nur unter experimentellen Bedingungen beim RDS untersucht und zeigte dort bei Applikation adäquater PEEPWerte einen äquivalenten Effekt im Vergleich zu einem bovinen Surfactant (SFRÄ1: Alveofact®). Schlussfolgerung: Beide neu in klinischen Studien eingeführte Surfactantpräparationen aus isolierten Phospholipiden, versetzt mit Analoga des SP-B bzw. rekombinantem SP-C konnten keine Verbesserung der klinischen Behandlungsresultate im Vergleich zu den untersuchten Standardpräparationen belegen.
Hereditäre Störungen des CalciumPhosphatstoffwechsels DGKJ-HS-9 Sinnvolle Diagnostik bei Störungen des Calcium-Phosphat Stoffwechsels O. Hiort1 1Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck Anlass für eine Untersuchung des Calcium-Phosphat Stoffwechsels sind meist klinisch-radiologische Symptome der Rachitis oder Tetanie oder aber laborchemische Auffälligkeiten von Calcium, Phosphat und Alkalischer Phosphatase (AP) im Serum. Eine eingehende Diagnostik ist aber auch bei einigen syndromalen Störungen sinnvoll. Die Bestimmung von Calcium, Magnesium, Phosphat, AP, sowie intaktem Parathormon (PTH) und 25(OH)-Vitamin D3 bei unauffälligem SerumKreatinin sollte unbedingt durch die Ausscheidung von Calcium und Phosphat im Urin kompletiert werden. Mit diesen Parametern kann dann die Differentialdiagnostik der Hypokalzämie, der Hyperkalzämie und der Phosphopenie in den meisten Fällen erfasst werden. Im Kindes- und Jugendalter sind die laborspezifischen, alterabhängigen Referenzwerte für die einzelnen Werte zu Grunde zu legen, jedoch spielt für die Bewertung die Laborkonstellation eine besondere Rolle. Dies ist von Wichtigkeit auch für therapeutische Entscheidungen. Spezielle Labordiagnostik ist nur in ausgewählten Fällen notwendig. Dies betrifft zum Beispiel die Bestimmung der cAMP Ausscheidung mit dem Urin. Sie dient der Differenzialdiagnostik des Pseudohypoparathyreoidismus Typ I und II, ist jedoch mit dem PTH-Belastungstest nicht validiert. Hier bieten sich heutzutage noch die spezielle Untersuchung der Gsalpha-Aktivität in Erythrozytenmembranen und die molekulargenetische Untersuchung des GNAS-Genlocus an.
Kardiologie DGKJ-HS-11 Langzeitbetreuung von Kindern mit Herzrhythmusstörungen T. Paul1 1Universitäts-Kinderklinik, Göttingen Bei Kindern und Jugendlichen mit symptomatischen supraventrikulären Tachykardien ist in der Mehrzahl der betroffenen Patienten nicht
mit einem spontanen Sistieren der Tachykardieaktivität im weiteren Leben zu rechnen. Dies trifft besonders für junge Patienten zu, bei denen die Tachykardien nach der Korrekturoperation eines angeborenen Herzfehlers aufgetreten sind. Eine medikamentöse antiarrhythmische Therapie ist häufig unzureichend wirksam oder wird nicht konsequent durchgeführt. Auch kommt es bei einer nicht geringen Anzahl der Kinder zum Auftreten unerwünschter somatischer wie auch elektrophysiologischer Nebenwirkungen. Im Rahmen der Langzeitbetreuung dieser Kinder ist somit zeitgerecht die Indikation zu einer kausalen Therapie der Herzrhythmusstörung zu stellen. Durch die elektrophysiologische Untersuchung und Katheterablation kann heute bei über 95% der Patienten mit atrioventrikulären Reentry-Tachykardien eine erfolgreiche Behandlung erzielt werden. Auch bei Kindern mit komplexen postoperativen supraventrikulären Tachykardien kann durch den Einsatz der 3-dimensionalen Mappingsysteme sowie die Hochfrequenzstromablation im gekühlten Modus in der Mehrzahl der Fälle ein Leben ohne Tachykardien ermöglicht werden.
Intrauterine Wachstumsrestriktion DGKJ-HS-14 Hat jedes hypotrophe Neugeborene einen intrauterinen Versorgungsengpass? R. Schild1 1Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Frauenklinik der Universität Erlangen, Erlangen Ein besonderes Problem der fetalen Biometrie stellt die intrauterine Wachstumsstörung dar. Gerade in diesen Fällen ist die Gewichtsschätzung allerdings mit ihrem größten prozentualen Fehler behaftet. Dies trifft insbesondere auf Feten mit einem Gewicht von kleiner 1500 g zu, da die Mehrzahl der verwendeten Gewichtsformeln nicht speziell für dieses Kollektiv entwickelt wurde. Erschwerend für den Vergleich verschiedener Studienergebnisse ist zudem die uneinheitliche Definition von SGA (small for gestational age): Für verschiedene Messwerte existieren verschiedene Grenzwerte (2,5., 3., 5., 10., 15., und 25. Perzentile sowie 1, 1,5 oder 2 Standardabweichungen unter dem Bevölkerungsdurchschnitt). Außerdem beschreibt das SGA Syndrom eine heterogene Gruppe, die sowohl Kinder mit Wachstumsrestriktion (IUGR) als auch konstitutionell kleine Kinder umfasst. Letztere schöpfen ihr Wachstumspotential aus – stellen deshalb keine Wachstumsstörung im eigentlichen Sinne dar – und bilden mit 50–70% den Hauptteil dieser Gruppe. Andererseits gibt es Feten mit IUGR, die nicht als SGA eingestuft werden dürfen, da ihr Schätzgewicht oberhalb der verwendeten Grenzwerte liegt. IUGR – Feten haben eine höhere perinatale Morbidität, Mortalität und Erkrankungsrate im Erwachsenenalter, während sich die Komplikationsrate für konstitutionell kleine Kinder in Terminnähe nicht von der normalgewichtiger Feten unterscheidet. Im Rahmen des Vortrages wird der Stellenwert von fetaler Biometrie, Dopplersonografie und serologischen maternalen Parametern hinsichtlich Prädiktion und Diagnose einer Wachstumsrestriktion näher erläutert. Auch auf vermeintliche therapeutische Optionen im Verlauf der Schwangerschaft wird eingegangen. DGKJ-HS-15 Programmierung von Energiesparmechanismen bei intrauteriner Wachstumsrestriktion, wie soll das funktionieren? E. Beinder1 1Klinik für Geburtshilfe, UniversitätsSpital Zürich, Zürich, Schweiz Fetale Programmierung als Mitursache von Erkrankungen im Erwachsenenalter, wie in der Barker-Hypothese formuliert, ist zu einem zunehmend akzeptierten interdisziplinären Forschungsgebiet geworden. In zahlreichen epidemiologischen Untersuchungen beim Menschen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts und in Tierversuchen wurde eine Assoziation von intrauteriner Wachstumsrestriktion mit Erkrankungen aus dem Bereich des metabolischen Syndroms im Erwachsenenalter nachgewiesen. Die häufigste Ursache einer fetalen Mangelversorgung ist die Plazenta insuffizienz. Der Fet adaptiert sich an diese ungünstige Umgebung mit metabolischen Veränderungen, einer Umverteilung der Blutversorgung, Veränderungen in der Produktion fetaler und plazentarer Wachstumshormone, einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems, des RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) und der HPA-(hypothalamus-pituitaryadrenal) Achse. Im Vortrag soll vor allem auf diejenigen Mechanismen eingegangen werden, die das gestörte intrauterine Milieu mit der arteriellen Hypertonie im Erwachsenenalter verbinden: Charakteristisches Merkmal der arteriellen Hypertonie und anderer kardiovaskulärer Erkrankungen ist eine verminderte Elastizität grosser Arterien. Die Elastizität dieser Gefässe hängt im wesentlichen von der Menge des Proteins Elastin und dessen dreidimensionaler Vernetzung mit anderen Gefässwandbestandteilen ab. Der Elastingehalt von grossen Arterien bei der Geburt bzw. in der Kindheit determiniert die Gefässelastizität bis in die Erwachsenenzeit. Der Fet ist bei einer Plazentainsuffizienz Veränderungen von Wachstumsfaktoren und Steroidhormonen ausgesetzt, die die Elastinbildung negativ beeinflussen. Ein weiterer relevanter Pathomechanismus der fetalen Programmierung könnte in strukturellen Veränderungen der Niere begründet sein: Niedriges Geburtsgewicht geht mit einer verminderten Zahl an Nephronen einher. Autopsiedaten bei erwachsenen Patienten mit essentieller Hypertonie zeigen ebenfalls eine reduzierte Nephronzahl. Die intrauterine Fehlprogrammierung der HPA-Achse oder des vaskulären SympathikusSystems sind ein weiterer Pathomechanismus der fetalen Programmierung. Folge hiervon wären erhöhte Plasma-Cortisol-Konzentrationen bei Erwachsenen, die mit Blutdruckerhöhung, Hyperlipidämie und erhöhter Insulinresistenz einhergehen. In verschiedenen Tiermodellen wurden bei erwachsenen Tieren nach intrauteriner Wachstumsrestriktion erhöhte Norepinephrinspiegel als Ausdruck eines aktivierten Sympathikussystem gemessen. Bei intrauteriner Wachstumsrestriktion sind somit kardiovaskuläre, autonom-nervale und endokrine Systeme in Richtung einer arteriellen Hypertonie verändert. Ob diese Veränderungen beim Menschen nach der Geburt persistieren und damit mit einer arteriellen Hypertonie einhergehen oder sich wieder zurückbilden, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. DGKJ-HS-16 Folgen der Energiesparschaltung nach intrauteriner Wachstumsrestriktion für das spätere Leben E. Struwe1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Die intrauterine Wachstumsrestriktion (IUGR) bedeutet für das Neugeborene nicht nur eine erhöhte Rate an neonatalen Komplikationen. Neben einer genetischen Prädisposition können prä- und postpartale Umwelteinflüsse den Organismus dahingehend prägen („peripartale Programmierung“), dass insbesondere eine Neigung zu endokrinologischen, metabolischen und kardiovaskulären Veränderungen entsteht. Erkrankungen aus dem Formenkreis des Metabolischen Syndroms zeigen eine deutliche Assoziation zu niedrigem Geburtsgewicht, vor allem, wenn in den ersten Lebensjahren ein überproportionales Aufholwachstum stattgefunden hat. So lässt sich bei ehemals hypotrophen Neugeborenen bereits im Kindesalter eine erhöhte Insulinresistenz nachweisen, die zur Entwicklung eines späteren Diabetes mellitus Typ 2 führen kann. Parallel dazu ist die Inzidenz von metabolischen Risikofaktoren (Adipositas, Dyslipidämie, erhöhter Blutdruck) bei diesen Individuen erhöht. Erwachsene, die ein niedriges Geburtsgewicht hatten, weisen eine erhöhte Mortalität durch koronare Herzkrankheit und Schlaganfall auf. Zusätzlich ist die Hypertonie-Entstehung bei diesen Personen begünstigt. Endokrinologische Funktionen können ebenfalls durch intrauterine Mangelernährung beeinflusst werden. Typischerweise weisen 90% der IUGR-Kinder in den ersten 12–24 Monaten ein
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Aufholwachstum auf. Kinder, die kleinwüchsig bleiben, sollten einer entsprechenden Abklärung und ggf. Wachstumshormontherapie zugeführt werden. Ehemals hypotrophe Mädchen mit rascher Gewichtszunahme in früher Kindheit haben häufiger eine prämature Adrenarche als ehemals eutrophe Neonaten. Desweiteren findet sich bei diesen Jugendlichen eine erhöhte Sekretion von Androgenen, reduzierte Ovulationsraten, Hyperinsulinämie und eine erhöhte Ansammlung von abdominellem Fett, entsprechend einem polyzystischen Ovarsyndrom. Bei Jungen mit niedrigem Geburtsgewicht finden sich gehäuft Hypospadien und Kryptorchismus, im Erwachsenenalter ist das Risiko, ein Seminom zu entwickeln erhöht. Auch renale Erkrankungen scheinen gehäuft vorzukommen. Bei jungen Erwachsenen nach IUGR findet sich gehäuft eine Mikroalbuminurie und eine reduzierte glomeruläre Filtrationsrate. Nach IgA-Nephritis kommt es bei Kindern mit niedrigem Geburtsgewicht häufiger zu chronischen Verläufen als bei ehemals normalgewichtigen Neugeborenen. Einige neurologische Auffälligkeiten wie reduzierte Gedächtnisleistung, Hyperaktivität, Aufmerksamkeits- und visuomotorische Koordinationsstörungen treten nach IUGR häufiger auf. Das höchste Risiko für neurologische Spätfolgen tragen v.a. Kinder ohne Aufholwachstum und Kinder mit symmetrischer IUGR. Es gibt Hinweise, dass einige metabolische Folgen der IUGR durch Gewährleistung eines angemessenen Aufholwachstums aber Verhinderung einer übermäßigen Gewichtszunahme abgewendet werden können. Dies näher zu erforschen und Interventionsstrategien zur postnatalen „Reprogrammierung“ zu finden, wird Aufgabe der nächsten Jahre sein.
Rationale Arzneimittelverordnung – Kosten-NutzenRisiken-Regresse DGKJ-HS-17 Praktische Probleme der Arzneimittelanwendung bei Kindern J. Boos1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster Von der Indikationsstellung für einen Arzneistoff bis zum Eintritt der gewünschten Wirkung im Organismus des Kindes stellt der an sich so einfache Schritt der „Einnahme eines Medikamentes“ einen hochkomplexen Vorgang dar. Jedem Verordnenden geläufig sind zunächst die Probleme der Indikationsstellung. Die Verbindung der Verbindung der Variablen Erkrankung, Alter des Kindes und verfügbare Arzneimittel führt oft zu Konstellationen, für die zugelassene Arzneimittel nicht verfügbar sind und die Therapie somit „off-label“ erfolgen muss. Wo und wie sind dann praktische Informationen zu finden? Aus diesem off-label Einsatz folgt häufig das nächste Problem direkt: Das Fehlen einer kindgerechten Darreichungsform. Die Zubereitung einer pharmazeutischen Formulierung für ein Kind auf der Basis existierender Fertigarzneimittel für Erwachsene stellt aber eine pharmazeutische Herausforderung dar und ist in Bezug auf Dosiergenauigkeit, Bioverfügbarkeit, Kapselgröße, Kindersicherheit usw. nicht immer unproblematisch. Einfaches Tablettenteilen oder gar das noch weit verbreitete Zermörsern oder Auflösen von festen Arzneiformen müssen als risikobeladene Prozesse angesehen werden. Letztlich soll das Kind die Medizin aber auch einnehmen können. Dieser Schritt ist im Einzelfall problematisch – und das Spektrum offener Fragen reicht vom Geschmack bis zur kindgerechten Information über das Medikament oder die sinnvolle Einbindung der Einnahmezeiten in den Lebensrhythmus des Kindes oder der Familie. Aber auch, wenn die Anwendung intravenös erfolgen soll, ist bei Kindern erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Die Beobachtung von Kindern erfordert Erfahrung, denn auftretende Nebenwirkungen können sich altersabhängig sehr unterschiedlich und oft diskret präsentieren und werden von Kindern natürlich oft nicht benannt und falsch gedeutet. Weitere Risiken erwachsen aus Dosisberechnungen auf der Basis von Gewicht, Körperoberfläche oder der renalen Clearance. Hier führen Rahmenbedingungen der Arbeitsprozesse zu Fehlermöglichkeiten und selbst die „richtige“ Dosis ist ja
lediglich eine Abschätzung. Als in der Regel von außen nicht erkennbares Problem erwachsen Risiken aus den im Verhältnis zur Dosis oft großen Totraumvolumina der Infusionssysteme. Wenn dann bei sehr kleinen Kindern noch der Volumenrestriktion insgesamt Bedeutung zukommt, erfordert auch das Infusionsregime einen komplexen Entscheidungsalogarithmus in Bezug auf Stabilität und Kompatibilit der Medikamente. Die Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern wirft eine Vielzahl praktischer Probleme auf. Im Vortrag werden die Prinzipien und mögliche Lösungsmöglichkeiten an realen Beispielen erläutert. DGKJ-HS-18 Arzneimittelregress – Wann trifft es den Kinderarzt? L. Grell1, U. Heine2 1Fachreferat Arzneimittel/Neue und unkonv. Heilmethoden, Medizinischer, Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe, Münster; 2Ärztlicher Direktor, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe, Münster Die Frage sollte lauten: Wie vermeidet ein Kinderarzt Regress? Hierfür sind drei Dinge grundlegend: 1. Die Therapie muss wissenschaftlich anerkannt sein. 2. Die Therapie soll wirtschaftlich sein. 3. Hilfen zur Verordnung sollten genutzt werden. Diese Aspekte lassen sich auf folgende ärztlichen Fragen reduzieren: a) Welche Therapie ist auf wissenschaftlicher Basis für den Patienten sachgerecht? b) Wenn es eine Auswahl an Therapien gibt, wie führe ich sie am preiswertesten durch? c) Welche Informationen können mir bei der Entscheidung dienen? Das Wirtschaftlichkeitsgebot wird auf der individuellen Arzt-Patienten-Ebene konkretisiert vor dem Regelwerk der gesetzlichen Krankenversicherung, hier insbesondere der Arzneimittel-Richtlinien. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Arzneimitteln wirkt einer Polypragmasie, die beispielsweise auch wegen der Nichtüberschaubarkeit von Wechselwirkungen sich verbietet, entgegen. Die Verschwendung von Geldern ist aber auch unethisch, da sie die Versorgung anderer, insbesondere sehr teurer Patienten gefährdet. Durch die zahlreichen Gesetzesänderungen und der Übertragung entsprechender Aufgaben an den Bundesausschuss sind die Arzneimittel-Richtlinien immer wieder geändert worden. Ein stringentere Fassung und damit bessere Übersichtlichkeit für den Vertragsarzt, aber auch für Patienten scheiterte an Gerichtsverfahren oder jüngst an der Beanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit. Zur Vermeidung von Regressen sind die Auseinandersetzung mit den Arzneimittel-Richtlinien und die ständige Beschäftigung damit sinnvoll. Weitere wichtige Informationen für den Kinderarzt finden sich auch in entsprechenden Therapiehinweisen bei den Arzneimittel-Richtlinien, beispielsweise zu Imiglucerase und Palivizumab, den Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit der Arzneimittelkommission unter dem Titel „Wirkstoff aktuell“ oder auch Informationen einzelner Krankenkassen nach § 73 SGB V. Darüber hinaus haben viele KVen in gemeinsamen Arbeitsgruppen von Krankenkassen Informationen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise zusammengestellt. Neben arzneimittelkritischen Informationen wie dem „Arzneimittelbrief “ oder dem „Arznei-Telegramm“ oder auch systematischen Bewertungen wie von der Cochrane Collaboration oder dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und anderen können sie eine wirtschaftliche Verordnungsweise unterstützen. Regress droht insbesondere bei einer unkritischen Arzneimittelauswahl. Auch wenn in Deutschland Generika in hohem Umfang von Vertragsärzten verordnet werden, stellt sich die Frage, warum Biosimilars so zögerlich aufgegriffen werden. Die Dosierung sollte sachgerecht sein. Wenn es beim Morbus Gaucher möglich ist, mit niedrigeren Dosierungen zu behandeln, sollte dies auch durchgeführt werden.
Therapierefraktäre Epilepsien DGKJ-HS-20 Pharmakorefraktäre Epilepsien – Spektrum und Therapieoptionen U. Stephani1 1Klinik für Neuropädiatrie, Universitätsklinikum Kiel, Kiel Kinder und Jugendliche haben dann eine pharmakoresistente Epilepsie, wenn mit Medikamenten die epileptischen Anfälle nicht so beherrscht werden können, dass die Nebenwirkungen überschaubar, die körperliche, kognitive, psychische und soziale Entwicklung ungestört bleiben. Voraussetzung für die Pharmakotherapie ist die korrekte, ausreichend hoch dosierte und anfalls-adäquate Medikation des Patienten mit möglichst genau diagnostiziertem Epilepsiesyndrom. Hier wird unterschieden zwischen symptomatischen, kryptogenen und idiopathischen Syndromen. Symptomatische Epilepsien sind oft verursacht durch Strukturstörungen (Läsionen) des Gehirns, metabolische oder genetisch-syndromale Krankheiten. Nach wenigen Therapieversuchen sollte bei Kongruenz der Anfallssemiologie, der EEG- und der MRT-Befunde die Epilepsiechirurgie erwogen werden. Die Epilepsiechirurgie ist mit der Resektion epileptogener fokaler Läsionen für viele symptomatische, pharmakoresistente Epilepsien die Therapie der Wahl. Ob Pharmakoresistenz nach Behandlung mit zwei, drei oder mehr Medikamenten, einzeln und in Kombination festgestellt wird, ist arbiträr. Ätiopathogenetisch lassen sich bei den idiopathischen Epilepsien alters-, syndrom-, Patienten-spezifische und andere, z.t. solche mit bisher unbekannter Zuordnungen identifizieren. Alters- und syndrombezogen sind beispielsweise das Pseudo-Lennox-, das Dravet-, das PEHO-Syndrom, die maligne migrierende Epilepsie des Säuglingsalters. Trotz des Einsatzes modernster diagnostischer Mittel lässt sich aber die Ätiologie von Epilepsien, bes. von fokalen Epilepsien nicht immer identifizieren (kryptogene Epilepsien). Ein trotz Anwendung moderner Antiepileptika pharmakoresistenter Status epilepticus endet oft tödlich, und zwar mehrheitlich ohne exakte Diagnose. Trotz vieler Erkenntnisse bzgl. der Balance von inhibitorischen und exzitatorischen Mechanismen im sich entwickelnden Gehirn sind die Prinzipien von Pharmakoresistenz in der Epileptologie weithin noch unverstanden. Therapieoptionen sind u.a. neue (und alte) Antiepileptika, in Ausnahmefällen eine Polypharmakotherapie, ketogene Diät, Vagus-Nerv – Stimulation und Lebensführungshinweise. DGKJ-HS-21 Pharmakoresistenz: Molekulare und biochemische Aspekte H. Potschka1 1Inst. für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie, Ludwig-MaximiliansUniversität, München Trotz der stetigen Neuentwicklung von Antiepileptika besteht weiterhin die Problematik der Pharmakoresistenz von Epilepsien mit etwa 30% Patienten, deren Anfallsaktivität nicht zufriedenstellend kontrolliert werden kann. Die Aufklärung der zugrundeliegenden Resistenzmechanismen verspricht generell eine Basis für die Entwicklung optimierter therapeutischer Strategien. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind insbesondere zwei Mechanismen von Bedeutung in diesem Zusammenhang. Basierend auf der Target-Hypothese ist davon auszugehen, dass epilepsie-assoziierte Veränderungen der Zielstrukturen eingesetzter Antiepileptika die therapeutische Effizienz von Antiepileptika einschränken können. Entsprechende Veränderungen in der Affinität und der Sensitivität gegenüber Antiepileptika konnten bislang für Natriumkanäle und für den GABAA-Rezeptor nachgewiesen werden. Neben einer Beeinflussung der Pharmakodynamik von Antiepileptika kann Epilepsie auch mit Veränderungen der Pharmakokinetik einhergehen. Verschiedene Untersuchungen haben belegt, dass epileptische Anfälle die Expression von Effluxtransportern (Multidrug-Transporter) an der Blut-Hirn-Schranke induzieren können. Diese Effluxtransporter sind in der luminalen Membran der Endothelzellen von Gehirnkapillaren lokalisiert, transportieren ihre Substrate in Richtung kapilläres Lumen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts und limitieren dadurch deren Gehirngängigkeit. Mit der MultidrugTransporter-Hypothese wurde postuliert, dass die Überexpression von diesen Effluxtransportern im epileptischen Gewebe pharmakoresistenter Patienten zum Therapieversagen beiträgt. Diese Hypothese wurde in den vergangenen Jahren in verschiedener Hinsicht experimentell bestätigt. Die klinische Relevanz wird zur Zeit durch PET-Imaging der Transporterfunktion in pharmakoresistenten und -sensitiven Patienten untersucht. Neue therapeutische Strategien könnten auf der Inhibition der Transporter, einer Umgehung der Transporter oder einer Prävention der anfalls-induzierten Überexpression aufbauen. Bei der Entwicklung und Prüfung von Strategien zur Modulation der Transporterfunktion oder Expression ist allerdings die physiologische und insbesondere die protektive Funktion der Transportsysteme zu berücksichtigen. DGKJ-HS-23 Funktionelle Bildgebung bei therapieschwierigen Epilepsien M. Siniatchkin1, U. Stephani1 1Klinik für Neuropädiatrie, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Kiel Methoden der funktionellen Bildgebung (SPECT, PET, funktionelles MRT) finden immer häufiger ihren Einsatz bei therapieschwierigen Epilepsien. Einerseits helfen diese Methoden bei der Suche nach einer epileptogenen Zone und einer Läsion bei Kandidaten für einen chirurgischen Eingriff. Andererseits werden diese Methoden genutzt, um epileptogene neuronale Netzwerke zu charakterisieren und damit pathogenetischen Mechanismen therapieschwieriger Epilepsien besser zu verstehen. Die iktalen SPECTAufnahmen geben Hinweise auf umschriebene Areale des Hypermetabolismus während eines Anfalls und die interiktalen Aufnahmen deuten auf hypometabolische Gehirnareale hin, die häufig mit der epileptogenen Zone und dem läsionalen Bereich übereinstimmen. Besonders hohe Sensitivität kann durch eine Subtraktion der Bilder eines iktalen von einem interaktalen SPECT erreicht werden. Die PET-Befunde zeigen eine vergleichbare Sensitivität mit SPECT. Beide PET- und SPECT-Untersuchungen liefern wegweisende Befunde für weitere präziesere, prächirurgisch diagnostische Maßnahmen (hochauflösende MRT, invasive Diagnostik mit Gitter- und Streifen- sowie Tiefenhirnelektroden) und werden für die Erfolgsprognose der Epilepsiechirurgie einbezogen. Die Ergebnisse der funktionellen MRT, insbesondere der simultanen Aufnahmen von EEG und fMRT, sind zwar vielversprechend, jedoch nicht ausreichend, um die EEG-fMRT-Methode in der klinischen Routine einsetzen zu können. Zwar zeigt sich zwischen den Foci der epileptiformen bioelektrischen Hirnaktivität und Gehirnarealen mit hämodynamischer Antwort eine hohe Übereinstimmung, die Reabilität der funktionellen MRT und die Schwierigkeiten bei der Interpretation der Befunde begrenzen den Einsatz der fMRT in der prächirurgischen Epilepsiediagnostik. Deutliche Vorteile weisen EEG-fMRTAufnahmen bei der Untersuchung epileptogener neuronaler Netzwerke auf. Wie sich die PET-, SPECT- und EEG-fMRT-Untersuchungen in der Charakterisierung epileptogener neuronaler Netzwerke ergänzen, wird an Beispielen von West-Syndrom, Epilepsien bei der tuberösen Hirnsklerose und Malformationen der kortikalen Entwicklung, bioelektrischen Status im Schlaf sowie Absence-Epilepsien gezeigt.
Solide Organtransplantation DGKJ-HS-30 Grenzsituation in der Nierentransplantation: Darf man bei rezidivierenden HUS transplantieren? U. Vester1, L. Zimmerhackl2, P. F. Hoyer1 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen; 2Pädiatrie I, Medizinische Universität, Innsbruck, Österreich Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) im Kindesalter wird überwiegend durch Infektionen mit Shigatoxin-produzierenden E.coli
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hervorgerufen. In ca. 10% aller Fälle kann ein solcher Auslöser jedoch nicht nachgewiesen werden, als Oberbegriff dieser heterogenen Erkrankungsgruppe wird der Begriff D–HUS (ohne Diarrhoe) oder NonSTx-HUS (ohne Nachweis von Shigatoxin) verwendet. Bei einem Teil dieser Patienten mit D–HUS kommt es zu ein rekurrierenden Verlauf. Als Ursache des rekurrierenden D–HUS sind z.T. hereditäre oder funktionelle Störungen der Komplement-Homöostase identifiziert worden (Faktor-H, Membran-Co-Faktor Protein MCP, Faktor I, Faktor B). Eine intensive Suche nach Komplement-Defekten ist daher bei diesen Patienten unerlässlich, dazu zählen Gesamt-Komplement (CH50), C3, C3d, Faktor-H (quantitativ und qualitativ), Faktor-I, MCP, sowie die Analyse weiterer potentieller Kandidaten-Gene oder Auto-Antikörpern gegen Komplement-Bestandteile im Rahmen wissenschaftlicher Studien. Eine ungelöstes Problem stellt die Nierentransplantation bei Kindern mit D–HUS dar, da häufig Rezidive mit folgendem Transplantatverlust beobachtet wurden. Dies betrifft insbesondere Patienten mit Mutationen im Faktor-H, da auch das Transplantat vor einer Komplement-vermittelten HUS-Exacerbation nicht geschützt ist. Mit Rekurrenz des HUS im Transplantat ist in über 60% dieser Fälle zu rechnen. Im Gegensatz dazu ist eine Transplantation bei Mutationen im Membran-Co-Faktor Protein (MCP) möglich, da das Transplantat seinen eigenen Endothelschutz mitbringt. Eine Lebendspende durch heterozygote Merkmalsträger ist abzulehnen, da bei diesen selbst ein erhöhtes Risiko für ein HUS anzunehmen ist. Therapeutische Optionen beim rekurrierenden HUS nach Transplantation wie Plasmaaustausch oder Plasmagaben sind bislang nur wenig erfolgreich. Die kombinierte Leber-Nierentransplantation bei Faktor-H Mutationen ist bei bislang nur einzelnen Fällen mit einer hohen Komplikationsrate verbunden. Zusammenfassung: Die Nierentransplantation bei Kindern mit rekurrierenden D–HUS ist mit einem hohen Risiko für einen Organverlust gekennzeichnet. Eine möglichst exakte Analyse der zugrundeliegenden Ursache sowie der Rezidivtrigger müssen analysiert werden, um mögliche Therapieoptionen zu evaluieren. Für die Zukunft könnten rekombinante Komplementfaktor-Konzentrate oder Komplement-Inhibitoren mögliche Behandlungswege darstellen. DGKJ-HS-33 Lebertransplantation: Wann ist eine Lebendspende indiziert? M. Melter1 1Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Regensburg, Regensburg Die pädiatrische Lebertransplantation (pLTx) ist „Standard“ bei terminaler Leberinsuffiziens und hepatisch-metabolischen Erkrankungen auch ohne Zirrhose. Früh post-Tx sind akute Abstoßungen häufig (30–60%), aber ohne Einfluss auf Langzeit-Funktion und Überleben, chronische Abstoßungen sind selten. An spezialisierten pLTx-Zentren werden heute 1-/5-Jahres-Überlebensraten von >90%/>80% erzielt. Alle Empfänger werden bei streng Blutgruppen-identer(AB0) Allokation auf einer einheitlichen Eurotransplant-Warteliste geführt. Die Wartezeit kann dabei >1 Jahr betragen. Bei akutem Leber-/Transplantatversagen kann eine so genannte high urgency Meldung erfolgen. Da auch die post-Tx-Prognose entscheidend von der prä-Tx-Morbidität abhängt, kommt der Tx-Terminierung und der Wartezeit-Reduktion die entscheidende prognostische Bedeutung zu. Da für die meisten pädiatrischen Empfänger die verfügbaren Organe zu groß sind, wurden LTx-Techniken mit größenreduzierten Erwachsenenorganen entwickelt. Zunächst wurden reduzierte Teillebern Verstorbener genutzt, dann mit der „Split-LTx“ eine Möglichkeit generiert aus einem Organ zwei transplantable Anteile zu erhalten. Ähnlich wird bei der Leberlebendtransplantation (LLTx) verfahren. Die Entnahme von Organen eines Lebendspenders ist laut Transplantationsgesetz u.a. nur bei volljährigen, medizinisch geeigneten Spendern (z.B. keine chronische Erkrankung) zulässig, wenn kein geeignetes postmortal entnommenes Tx-Organ verfügbar ist und die Tx als einzig geeignete Therapieoption verbleibt. Spenden dürfen nur erst/zweitgradig Verwandte, oder dem
Empfänger offenkundig besonders Nahestehende. Die Indikation zur LLTx ist in Zusammenhang mit deren Vor- und Nachteilen zu diskutieren. Vorteile sind (1) Tx-Verfügbarkeit, (2) optimal planbare Tx, (3) besser untersuchte Spender (4) kurze kalte Ischämiezeit mit geringerem Risiko einer initialen Tx-Nichtfunktion und (5) Tx-Option auch über die AB0-Grenzen hinaus. Die mit der LLTx verbundene Hoffung, durch die genetische Nähe zwischen Verwandten eine wesentliche Reduktion von Abstoßungen oder verbesserte Überlebensraten erzielten zu können, hat sich nicht erfüllt. Nachteile einer LLTx sind: (1) Spender-Morbidität/-Letalität (ca.1%), (2) „Rezidiv-Risiko“ bei hereditären Erkrankungen, (3) nicht geregelter Langzeit-Spenderversicherungsschutz und (4) psychosoziale Empfänger-Probleme (z.B. Pubertäts-Ablösungsprozess). Darüber hinaus kontrovers diskutiert wird eine LLTx auch bei hohem Rezidivrisiko, oder bei nur einem potentiellen Spender bei mehreren betroffenen Familienmitgliedern. Zusammenfassend lässt sich die Bedeutung der LLTx bei Fehlen von spezifischen Indikationen und ohne prognostischen post-pLTX-Vorteil im Vergleich mit post-mortalen Spenden i.W. auf den Mangel an geeigneten zeitgerecht-verfügbaren Transplantaten reduzieren. So kann derzeit nur mittels LLTx die Wartelisten- und post-Tx-Letalität und -Morbidität reduziert werden. Wenn man andererseits bedenkt, dass mindestens 10% der transplantierten Lebern für eine „Split-LTx“ geeignet wären, würde bzgl. der pLTx bei konsequentem „Splitten“ kein Organmangel mehr bestehen und eine LLTx weitestgehend entbehrlich.
Perinatale Programmierung und Ernährung DGKJ-HS-39 Schnell wachsen nach intrauteriner Wachstumsrestriktion: Fluch oder Segen für die Niere? Chr. Plank1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Nach intrauteriner Wachstumsrestriktion (IUGR) treten gehäuft Nierenfunktionsstörungen auf. Diese sind meist sekundärer Natur. Eine höhere Prävalenz von Hypertonie und Diabetes mellitus II nach IUGR prädisponiert für die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz. Daneben ist bei einem niedrigen Geburtsgewicht die Zahl funktionsfähiger Nephrone primär reduziert. Letzteres kann langfristig ebenso einen vorzeitigen renalen Funktionsverlust begünstigen. Bereits im Kindesalter ist ein schwererer Verlauf von glomerulären Erkrankungen nach IUGR zu beobachten. So findet sich ein prognostisch ungünstigerer Verlauf beim kindlichen nephrotischen Syndrom, und bei der IgA-Nephropathie des Kindes ein höherer Anteil an sklerosierten Glomeruli. Bei der Entwicklung von Stoffwechselstörungen und Herzkreislauf-Erkrankungen nach IUGR ist bekannt, dass der Wechsel zwischen intrauterinem Mangel und postnataler Überernährung entscheidende pathogenetische Bedeutung hat. Der Einfluss der postnatalen Gewichtszunahme auf renale Folgeerkrankungen nach IUGR ist nicht abschließend untersucht. Zwischenzeitlich liegen Daten vor, die einen negativen Einfluss einer energiereichen postnatalen Ernährung auf die spätere Entwicklung einer arteriellen Hypertonie zeigen. Eigene tierexperimentelle Daten weisen daraufhin, das s eine postnatale Überernährung zur Unterstützung einer zügigen Gewichtszunahme nach IUGR die Entwicklung einer unspezifischen Entzündungsreaktion in der Niere begünstigt und damit für renale Folgeschäden prädisponiert. Weitere Untersuchungen zu den auslösenden Mechanismen und vor allem auch Studien am Menschen sind notwendig, bevor die Rolle des Aufholwachstums auf die Entwicklung von Nierenschäden nach IUGR abschließend geklärt werden kann. Für konkrete Handlungsempfehlungen ist es derzeit sicher zu früh.
DGKJ-HS-40 Programmierung durch perinatale omega-3 Fettsäuren B. Koletzko1, H. Demmelmair2, J. von Rosen von Hoewel3, E. Larqué4 1DIV. Metabolic Diseases and Nutritional Medicine, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München, München; 2DIV. Metabolic Diseases and Nutritional Medicine, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München, München; 3DIV. Metabolic Diseases and Nutritional Medicine, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München, München; 4DIV. Metabolic Diseases and Nutritional Medicine, Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München, München Die Fettzufuhr mit der Nahrung in Schwangerschaft und Stillzeit beeinflusst den Schwangerschaftsverlauf, das kindliche Wachstum sowie die langfristige kindliche Entwicklung und Gesundheit. Meta-Analysen randomisierter kontrollierter Studien mit Gabe von langkettigen n-3 Fettsäuren (n-3 LC-PUFA) aus Seefisch finden eine signifikante Verlängerung der Schwangerschaftsdauer, höhere kindliche Geburtsmaße, sowie eine signifikante Reduktion unreifer Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche um >30% bei allen und >60% bei Risiko-Schwangerschaften. Die langkettige omega-3 Fettsäure Docosahexaensäure (DHA), wir prä- und postnatal in hohem Umfang in Membranlipide des kindlichen ZNS inkorporiert und bevorzugt über die Plazenta transportiert (1). Die kindliche DHA-Versorgung bei Geburt hängt direkt von der mütterlichen Zufuhr ab (2). In Kohorten- sowie Interventionsstudien zeigt sich eine signifikante Verbesserung der kindlichen Entwicklung bis zum Alter von 8 Jahren durch die mütterliche Zufuhr von Fisch oder n-3 LC-PUFA in der Schwangerschaft bzw. der Stillzeit. Aktuelle, von der Europäischen Kommission unterstützte Empfehlungen auf der Grundlage einer systematischen Datenauswertung mit formellem Konsensusprozess raten schwangeren und stillenden Frauen zu einer mittleren tägliche DHA-Zufuhr von mindestens 200 mg (3). Höhere Zufuhren von bis zu 1 g DHA/Tag oder bis zu 2.7 g langkettigen omega-3 Fettsäuren/Tag führten in randomisierten Studien nicht zu nachteiligen Effekten. Die erwünschte DHA-Zufuhr kann mit dem Verzehr von 1–2 Portionen Seefisch pro Woche erreicht werden, wenn auch fettreiche Fischsorten verzehrt werden. Diese Menge an Seefisch führt üblicherweise nicht zu einer Überschreitung der akzeptierten Höchstmengen für die Schadstoffzufuhr. Postnatal sollten nicht-gestillte Säuglinge im ersten Lebensjahr eine DHA-Zufuhr erhalten, durch welche eine verbesserte visuelle, motorische und kognitive Entwicklung, eine Normalisierung von Immunphänotypen sowie eine anhaltende Blutdruckreduktion berichtet wurde. Die Langzeitwirkungen der perinatalen n-3 LC-PUFA-Zufuhr werden auch im Early Nutrition Programming Project (www.metabolic-programming.org) untersucht, dem weltweit größten Forschungsverbund zur perinatalen Programmierung. Historische Kommission: Geschichte der Kinderheilkunde DGKJ-HS-44 Medikamentöse Kinderbehandlung im 18. Jahrhundert I. Ritzmann1 1Medizinhistorisches Institut der Universität Zürich, Zürich, Schweiz; Lässt sich in der Vormoderne bereits eine kinderspezifische Arzneimitteltherapie finden? Was waren ihre Charakteristika? Wer formulierte sie und wer übte sie aus? Können Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Position von Kindern gezogen werden? Diese Fragen werden anhand gedruckter kinderärztlicher Literatur und handschriftlichen Quellen aufgegriffen. Kindermedizinische Ratgeber nahmen seit dem Beginn des Buchdrucks einen festen Platz in der Medizinalliteratur ein und erschienen schon früh in der Landessprache. Die Zahl dieser Publikationen wuchs besonders augenfällig im 18. Jahrhundert. Inhaltlich ging es in erster Linie darum, dass die Bevölkerung den ärztlichen Vorgaben unbedingten Gehorsam leisten soll. Zudem beinhaltete diese kinderheilkundliche Literatur regelmäßig eine im Verlauf des 18. JahrhunMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts derts zusehends schärfer formulierte Kritik an Müttern und sonstigen, vorwiegend weiblichen Betreuungspersonen, die den Kindern Schaden zufügen würden. Die konkreten therapeutischen Empfehlungen nehmen dagegen eher wenig Raum ein. Trotz aller Polemik gegen die so genannte „Volksmedizin“ lassen sich die ärztlichen Empfehlungen inhaltlich nicht eindeutig von den kritisierten Praktiken abgrenzen. Wie die Erwachsenenbehandlung, basierte auch die Behandlung von Kindern hauptsächlich auf der alten Humoralpathologie. Dennoch kann bereits von einer eigentlichen „Protopädiatrie“ mit kinderspezifischen Konzepten gesprochen werden. Sie schrieb z.B. vor, Kinder mit milderen Arzneimitteln in geringerer Dosierung und allgemein sanfter zu behandeln. Handschriftliche Dokumente weisen keineswegs auf eine Verwahrlosung kranker Kinder hin. Im Gegenteil lässt sich zeigen, dass Eltern in der Regel keinen Aufwand scheuten, kranken oder behinderten Kindern Behandlungen zukommen zu lassen. Die Medikamente, die angewandt wurden, entsprachen der frühneuzeitlichen Pharmakopöe. Um schlechte Körpersäfte auszuführen, kamen bei Kindern vor allem Abführmittel und Brechmittel zum Einsatz. Zuweilen setzten sogar ärmere Familien teure Medikamente wie Opium oder Chinarinde ein. Zudem kamen magische Heilmittel tierischer und menschlicher Herkunft zur Anwendung. Die drastische Hilflosigkeit in der Arzneimitteltherapie lässt sich anhand konkreter Patientengeschichten verfolgen. So erprobten gelehrte Ärzte ein Mittel nach dem anderen, hofften auf neue Erkenntnisse in der zeitgenössischen Literatur und griffen letztlich doch wieder auf die alte Humoralpathologie zurück. Die praktizierte Kindermedizin verrät davon völlig unabhängig eine aus heutiger Perspektive erstaunliche Wertschätzung der kleinen Patienten. Kranke Kinder wurden von ihren Bezugspersonen nicht nur passiv geliebt, die Wertschätzung ging häufig soweit, dass sie ihre Wünsche maßgeblich ins therapeutische Geschehen einbringen konnten. DGKJ-HS-45 Die Cnopf’sche Kinderklinik in Nürnberg W. Scheurlen1 1Cnopfsche Kinderklinik, Nürnberg 1864 als „Kinderheilanstalt“ mit 12 Betten gegründet ist die Cnopf ’sche Kinerklinik in Nürnberg eine der ältesten Kinderkliniken Deutschlands. Auch wenn im ersten Jahr des Bestehens die Patienten noch abwechselnd homöopathisch und allopathisch behandelt wurden, so setzten sich früh schulmedizinische Vorgehensweisen durch. In ihrer Geschichte spiegelt die Cnopf ’sche Kinderklinik bis heute die Entwicklung der Deutschen Kinder- und Jugendmedizin wieder: von einer Pflegestätte bis zu einer modernen Kinder- und Jugendklinik, in der Hochleistungsmedizin mit Schwerpunktbildung interdisziplinär mit einer leistungsstarken Kinderchirurgie realisiert wird. DGKJ-HS-46 Langzeitbehandlungen körperbehinderter Kinder vor 100 Jahren P. Osten1 1Instiut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart Krankheiten, die Langzeitbehandlungen bei Kindern erforderten, waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Tuberkulose galt als Ursache für gut ein Sechstel der bleibenden Behinderungen im Kindesund Jugendalter. Eine besondere Affinität des Knochengewebes in der Wachstumsphase machte Epiphysen und Wirbelkörper zu den wichtigsten Prädilektionsstellen der Infektion. Da gesicherte Daten kaum vorliegen, kann die Häufigkeit vieler Krankheitsbilder nur auf Umwegen rekonstruiert werden. 1908 fanden in Berlin die ersten offiziellen schulärztlichen Untersuchungen statt. Bei 2090 Kindern wurde die Verdachtsdiagnose Tuberkulose gestellt. Zeichen der Mangelkrankheit Rachitis fanden die ehrenamtlich tätigen Pädiater bei 40% der Berliner Erstklässler. 1909 wurden in Preußen und einigen angrenzenden Staaten mehr als 75 000 Körperbehinderte im Alter von unter 16 Jah-
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ren gezählt. Eine privat finanzierte Statistik sollte auf den Missstand hinweisen, dass trotz eines offensichtlichen Behandlungsbedarfs, kein gesetzlich geregelter Anspruch auf ärztliche Behandlung lang andauernder Leiden bestand. 1892 trat ein Krankenkassengesetz in Kraft, dass erstmals Familienagehörige der Pflichtversicherten und damit auch Kinder berücksichtigte. Der in § 1 genannte Begriff „Krankheit“ wurde von Juristen als „eine Unterbrechung des regelmäßigen physischen Entwicklungsganges“ aus gelegt. Ein zeitgenössischer Kommentar stellte klar: „Es können weder angeborene Fehler, noch verbliebene Fehler nach Ablauf eines pathologischen Prozesses als Krankheit angesehen werden.“ Folgen einer Tuberkulose, Rachitis oder Kinderlähmung galten damit im juristischen Sinne nicht als Krankheiten. Versuchsweise übernahmen ab 1906 im Berliner Raum die Kommunen einen Teil der Kosten für die Unterbringung von Kindern in so genannten „Krüppelheimen“. Ziel der Behandlung war die Vorbereitung auf ein aktives Berufsleben. Chirurgische Eingriffe versprachen rasche Wiederherstellung. Mit Hilfe von Gelenkversteifungen sollten Kinder mit Polio rasch mobilisiert werden. Eine umstrittene Methode; bei dem damals üblichen Verfahren wurden die Wachstumsfugen verletzt und es kam regelmäßig zu Verkürzungen der betroffenen Extremität. Vor allem an Waisen wurden neue operative Verfahren erprobt. Eine experimentelle heterologe Gelenktransplantation entsetzte die Fachöffentlichkeit. Andere Verfahren, wie Sehnenverpflanzungen bei Polio, Durchtrennungen der hinteren Rükkenmarkswurzel zur Lösung spastischer Paresen und Fixierungen der Dornfortsätze bei Wirbelkörpertuberkulose galten als Erfolg. Mindestens so viel Gewicht wie die ärztliche Behandlung erhielten in diesem Konzept Schule und Berufsausbildung. Die vor 100 Jahren durch mangelnde soziale Sicherung erzwungene Verbindung von Pädagogik, Chirurgie, Pädiatrie, Neurologie und der neuen Fachdisziplin Orthopädie in den Heimen der Krüppelfürsorge gilt heute als Beginn der Rehabilitation Körperbehinderter. DGKJ-HS-47 Psychopharmaka bei Kindern in der DDR V. Hess1 1Geschichte der Medizin, Charité Berlin, Berlin In der DDR wurden neu entwickelte Psychopharmaka – wie in anderen Industrieländern – auf eine Verwendung im pädiatrischen Bereich erprobt – und zum Teil auch für solche Indikationen zugelassen. Der Beitrag gibt einen Einblick in ein anlaufendes Forschungsprojekt zur Geschichte der Psychopharmaka in der DDR (DFG He 2220/7). Untersucht werden soll die Entwicklung und Nachentwicklung, die Zulassung und Versorgung sowie die klinische Evaluation und Forschung dieser Wirkstoffgruppe, die wie keine andere auf eine enge Vernetzung von Labor- und klinischer Forschung angewiesen ist (Healy 2002). Der Beitrag wird einen Überblick über die mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen angestellten klinischen Versuche zu geben versuchen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den methodologischen und moralischen Überlegungen solcher Versuche, zumal die DDR bei der gesetzlichen Regelung der Arzneimittelzulassung weitaus fortschrittlicher war als die BRD. Darüber hinaus soll auch auf den Einsatz von Psychopharmaka als Disziplinierungsmaßnahme eingegangen werden.
Neue Therapien in der pädiatrischen Onkologie DGKJ-HS-24 Antikörper- From Bench to Bedside D. Stachel1, G. H. Fey2 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Universitätsklinikum Erlangen, Lehrstuhl für Genetik, Erlangen In den 70er Jahren, kurz nach der Entdeckung vermeintlich tumorspezifischer Antikörper (z.B. cALLa), gab es eine grosse Euphorie, diese
Antikörper auch therapeutisch bei Leukämien einzusetzen. Nachdem aber die meisten Patienten rezidivierten, ebbte diese Euphorie wieder ab und es dauerte einige Jahrzehnte, bis die Medizin sich wieder an diese Therapiemodalität erinnerte. Parallel wurden aber seit mittlerweile über 30 Jahren polyklonale xenogene Antikörper (v.a. anti T-Zell Globulin (ATG), bzw anti Lymphozyten Serum (ALS)) zur Therapie von Abstossungsreaktionen und der graft-vs-host Reaktion (GvHD) mit grossem Erfolg eingesetzt. Der erste murine monoklonale Antikörper (OKT3, Muromonab) zur Therapie von Abstossungsreaktionen wurde 1986 zugelassen. In der Folge wurden zur Verhinderung oder zur Therapie einer Abstossungsreaktion nach solider Organtransplantation oder zur Therapie einer GvHD Antikörper gegen den IL-2 Rezeptor CD25 (Basiliximab und Daclizumab) eingesetzt. Inzwischen sind auch Antikörper zugelassen, die andere immunologisch wichtige Zytokine wie TNF-a (Infliximab, Adalimumab) und zukünftig auch IL-6 (Tocilizumab) binden und ihren Effekt neutralisieren sollen. Der erste zugelassene Antikörper, der Tumorzellen direkt angreift, war Rituximab, ein chimärer Antikörper gegen CD20, der mit grossem Erfolg gegen B-Zelllymphome eingesetzt wird. Die Kombinationstherapie von anti-CD20Antikörpern mit Chemotherapie gilt heute als Standard bei der Therapie von Lymphomen des Erwachsenenalters. Auf diesem Erfolg aufbauend erweiterten sich sowohl das Spektrum der Indikationen v.a. auf verschiedene Autoimmunkrankheiten, als auch die verfügbaren Varianten. So werden Radioisotope (90Yttrium oder 131Iod) mit anti-CD20-Antikörpern konjugiert. Die Zerstörung von malignen Zellen durch Angriff auf Oberflächenantigene wird auch durch Antikörper gegen CD52 (Alemtuzumab) und CD33 (Gemtuzumab ozogamicin, gekoppelt an ein zytotoxisches Antibiotikum, Calicheamicin) erreicht. Diesen Ansatz verfolgt auch ein z.Zt. in klinischer Prüfung befindlicher Antikörper gegen TRAIL (Lexatumumab), der Apoptose bei Leukämie- und Tumorzellen auslösen soll. Mit zunehmender Kenntnis der pathophysiologischen Prozesse der Onkogenese werden in jüngerer Zeit auch Antikörper gegen relevante pathogenetische Moleküle therapeutisch angewandt: das für die pathologische Angiogenese hauptverantwortliche Molekül VEGF ist das Ziel zweier Antikörper: Bevacizumab und Ranibizumab, eingesetzt bei soliden Tumoren und bei Maculadegeneration. Adhäsionsmoleküle wie VLA-4 und Tumorwachstumsfördernde Rezeptoren wie z.B. die der Epidermal Growth factors (EGFs) sind weitere viel versprechende Ziele monoklonaler Antikörper, die in den kommenden Jahren zunehmend in die onkologische „Standardtherapie“ Einzug halten dürften. DGKJ-HS-26 Adoptive zelluläre Therapieverfahren C. Rössig1 1Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätskinderklinik Münster, Münster Trotz der Behandlungsfortschritte bei Krebserkrankungen des Kindesalters lässt sich bei einem Viertel der Kinder mit den klassischen Therapieverfahren der Polychemotherapie, Bestrahlung und operativen Lokaltherapie ein Progress der Erkrankung nicht aufhalten. Erkrankungen mit hohem Rezidivrisiko können in vielen Fällen frühzeitig identifiziert werden, alternative Behandlungsverfahren für diese Patienten sind jedoch sehr limitiert. Das Potenzial zytotoxischer T-Zellen zur effektiven Eliminierung residualer Tumorzellen zeigt sich in der immunologischen Wirkung allogener Stammzelltransplantationen gegenüber myeloischen Leukaemien. Allerdings führt die mangelnde Spezifität alloreaktiver T-Zellen in vielen Fällen zu relevanten „Graftversus-Host-Erkrankungen“ (GVHD). Durch ex vivo Stimulation können T-Zellen antigenspezifisch expandiert werden. Der gezielte adoptive Transfer spezifischer T-Zellen hat sich als wirkungsvolle und nebenwirkungsfreie Therapie virusbedingter Erkrankungen, wie der Epstein Barr-Virus-assoziierten lymphoproliferativen Erkrankung, erwiesen. Auch bei EBV-positiven Hodgkin-Lymphomen gibt es erste Daten für eine klinische Wirksamkeit dieser Strategie. Bei Patienten mit nichtviralen malignen Tumoren ist die therapeutische Effizienz zur
Zeit noch begrenzt. Haupthindernisse sind die geringe Dichte tumorspezifischer T-Zellen im Blut sowie zahlreiche Mechanismen, die den Tumorzellen ermöglichen, sich der Erkennung durch das Immunsystem zu entziehen. Dazu gehören die Downregulation der Zielantigene und der antigenpräsentierenden Machinerie, die Sekretion inhibitorischer Zytokine und die Rekrutierung regulatorischer Immunzellen. In den letzten Jahren konnten wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich der Immuninteraktionen im Mikromilieu von Tumoren sowie des Verhaltens adoptiv verabreichter T-Zellen gewonnen werden. Auf dieser Basis sind Strategien entwickelt worden, die die Effizienz der T-Zellen steigern können. Durch genetische Modifikation tumorspezifischer Zellen kann ihre biologische Funktion optimiert werden, z.B. durch gezielte Erkennung von Tumorantigenen oder Erhöhung ihrer Resistenz gegenüber inhibitorischen Einfluessen. Darüber hinaus kann durch Modifizierung des Mikromilieus und vorausgehende Lymphodepletion die in vivo Expansion und Persistenz der infundierten T-Zellen gesteigert werden. Die Wertigkeit dieser optimierten zellulären Therapieverfahren bei infektiösen und malignen Erkrankungen des Kindesalters wird in aktuellen klinischen Studien untersucht.
Neuromuskuläre Erkrankungen DGKJ-HS-34 Die Differentialdiagnose des hypotonen Säuglings J. Kirschner1 1Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankung, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Freiburg Die Differentialdiagnose des hypotonen Säuglings („Floppy infant“) ist komplex und kann Folge von Störungen den zentralen Nervensystems und des peripheren Nervens bzw. der Muskulatur sein. Im klinischen Alltag sind zentralnervöse Ursachen für eine Hypotonie wesentlich häufiger. Die klinische Untersuchung ist bei der Unterscheidung zwischen zentralen und peripheren Ursachen sehr hilfreich. Säuglinge mit zentralnervöser Schädigung zeigen oft einen niedrigen Tonus mit relativ gut erhaltener Muskelkraft („Floppy strong infant“). Muskeleigenreflexe sind meist erhalten oder können pathologisch gesteigert sein. Neben der Hypotonie zeigen sich meist weitere zentralnervöse Symptome wie eine globale Entwicklungsretardierung oder zerebrale Krampfanfälle. Wichtige Ursachen einer zentralen Hypotonie sind hypoxisch-ischämische Enzephalopathien, Stoffwechselerkrankungen und cerebrale Anlagestörungen. Im Gegensatz dazu sind neuromuskuläre Erkrankungen meist durch isolierte motorische Symptome gekennzeichnet. Neben dem Muskeltonus ist auch die Kraft deutlich reduziert („Floppy weak infant“). Die Muskeleigenreflexe sind abgeschwächt oder nicht auslösbar. Bei bereits intrauterin bestehender Symptomatik können einzelne Symptome oder auch das Vollbild einer fetalen Akinesie Sequenz (Pena-Shokeir Syndrom Typ I) mit Kontrakturen, Lungenhypoplasie, Polyhydramnion und intrauteriner Wachstumsretardierung auftreten. Hinzu kommen je nach Krankheitsbild und Ausprägung Symptome wie Trinkschwäche und respiratorische Insuffizienz. Zu den häufigeren Ursachen gehören die Spinale Muskelatrophie und die kongenitale myotone Dystrophie (Curshmann-Steinert), seltener sind kongenitale Myopathien und Muskedystrophien, myasthene Syndrome und früh manifeste Neuropathien. Bei typischer klinischer Symptomatik ist eine direkte genetische Analyse für Spinale Muskelatrophie (Proximale Schwäche, Faszikulationen, erlöschene Muskeleigenreflexe) oder kongenitale Myotone Dystrophie (Atem- und Trinkschwäche, typische Fazies, klinische oder subklinische Myotonie bei der Mutter) sinnvoll. Oft erfordert die weitere differentialdiagnostische Abklärung aber die Bestimmung der Creatinkinase im Serum, neurophysiologische Untersuchungen und die Durchführung einer Muskel- und oder Nervenbiopsie. Die genaue differentialdiagnostische Zuordnung einschließlich gezielter molekulargenetischer Analysen ist sowohl für die Prognose und Therapie als auch für die genetische Beratung der betroffenen Familien entscheidend. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-HS-35 Betreuungskonzepte bei Kindern mit neuromuskulären Erkrankungen B. Reitter1 1Neuropädiatrie, Universitätskinderklinik Mainz, Mainz Ansätze zur gentechnischen Therapie neuromuskulärer Krankheiten (NMK) erreichen z.Zt. erste klinische Versuchsstadien; ein Einsatz auf breiterer Basis ist noch nicht absehbar. Dennoch ist es wichtig, jeden Fall einer NMK molekulargenetisch soweit möglich abzuklären um eineStudienbeteiligung vorzubereiten und auch um den Patienten durch Kenntnis der Pathogenese ihres Krankheitsbildes gegenüber unsoliden Behandlungsangeboten kritikfähiger werden zu lassen. Palliative Behandlungen schließen ein – Physiotherapie (PT): Obwohl nur wenige strukturierte Studien Anhalt für eine verlaufsverzögernde Wirkung physiother. Techniken geben, wird von PT eine stabilisierende Wirkung erwartet; als wesentlich sind anzusehen Streckübungen zur Kontrakturminderung, (psychische) Mobilisierung, Hilfsmittelberatung; aktive Atemübungen vor und Abhustassistenz einschl. Lagerungsdrainage nach Beginn von Heimbeatmung. Wichtig: bei Muskeldystrophien (MD) muskuläre Erschöpfung vermeiden! – technische Orthopädie: u.a. Sprunggelenkstützen, eventuell Gehorthesen, keine Nachtlagerungsschienen zur Kontrakturbehandlung – Orthopädische Chirurgie: frühe Kontrakturenlösung bei MD Duchenne, wenn die residuelle Muskelkraft Erhalt der Gehfähigkeit postoperativ erwarten lässt; Spondylodese bei Skoliose (z.B. >20° nach Cobb bei MD Duchenne) und nach Verlust der Gehfähigkeit, nicht bei nur Liegefähigen, nicht bei Kleinkindern – Pulmologie: regelmäßige Spirometrie, bei Infekthäufung und/oder Zeichen der Unteratmung im Schlaf Ganznacht-Kapnographie zur Definierung, wann Assistenz der Atempumpe via Positiv-Druckbeatmung über Nasenmaske oder Negativbeatmung via Kürass in diziert ist (grober Anhalt: bei pCO2> 45 mmHg >10 min, auch bei noch normaler O2-Sättigung) – Kardiologie: Bei verschiedenen MDen wird eine Kardiomyopathie (CM) im Verlauf führend, vor allem bei MD Becker (relativ plötz lich einsetzende, schwere dilatative CM), meist auch bei MD Duchenne und MD Emery-Dreifuß (Reizleitungsstörung bis -block, oft früh, u.U. Schrittmacher nötig!). Früher Behandlungsbeginn mit ACE-Hemmern und Diuretika scheint günstig für den Verlauf. – Intensivmedizin: Überbrücken kritischer Situationen – verlängerte postoperative Überwachung bei respiratorisch und kardial kritischen Patienten, technische Assistenz bei Anpassung der Heimbeatmung – Sozialmedizin und Selbsthilfeorganisationen: sozialen Eingliederung, Schul- und Berufswahl, psychologische Unterstützung von Patient und Betreuenden, wissenschaftliche Information – Medikamentös: Bislang ist nur für Corticoide (Prednison, Deflaza cort) nachgewiesen, dass sie bei MD Duchenne den Kraftverfall bremsen, die Gehfähigkeit verlängern, die Skoliosierung verzögern können – bei hoher individueller Varianz von Ansprechen und Nebenwirkungen. Vor allem Gewichtszunahme, Wachstumsminderung und Osteopenie (Frakturen!) zwingen zu individueller Bilanz nach ca.1 Jahr. DGKJ-HS-37 Traumatische Nervenläsion im Kindesalter W. Müller-Felber1 1Klinikum der Universität München, München Insgesamt kommt es im Kindesalter relativ selten zu traumatischen Nervenläsionen. Die beiden größten Gruppen sind – geburtstraumatische Plexusparese – Läsion der Armnerven im Zusammenhang mit einer suprakon dylären Humerusfraktur
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Nur selten kommt es zu traumatischen Läsionen im Bereich der unteren Extremitäten. Da sich geburtstraumatische Läsionen und spätere Schädigungen vom Verlauf und von den therapeutischen Notwendigkeiten deutlich unterscheiden, sollen sie getrennt dargestellt werden. Die geburtstraumatische Plexusparese findet sich häufig bei Kindern mit einem hohen Geburtsgewicht. Als Begleitverletzung kommt häufig eine Claviculafraktur vor, welche allerdings für Prognose und Therapie keine besonderen Konsequenzen mit sich bringt. Am häufigsten ist die obere Plexus Parese (C5/6) gefolgt von der kompletten Plexusparese. Die isolierte untere Plexusparese ist eine Rarität. Die Entscheidung über das Vorgehen basiert im Wesentlichen auf klinischen Kriterien unter Berücksichtigung der Funktion der Ellbogenbeuger, Schulterabduktoren und Fingerextensoren. Im Einzelfall kann die Elektromyographie zusätzliche Informationen bringen, insbesondere dann, wenn eine Kokontraktion keine vernünftige Beurteilung der Reinnervation zulässt. Computertomographie und Kernspintomographie des Plexus brachialis liefern nur unzuverlässige Informationen. Die Entscheidung über eine operative Revision sollte innerhalb der ersten sechs Lebensmonate getroffen werden. Die weitere Betreuung setzt ein interdisziplinäres Team voraus, da häufig im Verlauf Sekundäreingriffe (z.B. subscapularis Release, Ersatzplastik von Muskeln) notwendig werden. Bei traumatischen Läsionen im Kindergarten und frühen Schulalter muss unterschieden werden, ob es sich um eine Schnittverletzung oder um ein stumpfes Trauma handelt. Eine operative Revision des Nerven ist immer dann indiziert, wenn eine primäre Schnittverletzung vorliegt (Glassplitter, Messer etc.). Beim stumpfen Trauma empfiehlt sich hingegen ein primär konservatives Vorgehen unter klinischer und elektromyographischer Verlaufskontrolle. Ein wesentlicher, auch im Kindesalter gut zu untersuchender klinischer Parameter für die Reinnervation ist das Hoffmann-Tinelsche Zeichen. Am häufigsten ist eine Läsion des nervus ulnaris oder Nervus Medianus bei Zustand nach suprakondylärer Humerusfraktur. Eine Läsion des Nervus radialis kommt seltener vor. Die Prognose ist insgesamt sehr gut, in weniger als 10% der Fälle muss der Nerv operativ revidiert werden. Es muss insbesondere auf die mögliche Entwicklung von Kontrakturen in der Frühphase geachtet werden. Nach sechs Wochen muss die Entscheidung über eine operative Revision getroffen werden. Nachdem zu diesem Zeitpunkt häufig noch keine klinische Reinnervation fassbar ist, empfiehlt sich eine elektromyographische Untersuchung. Handelt es sich um traumatische Nervenläsionen ohne adäquates Trauma, muss eine gründliche Untersuchung zur Frage möglicher anderer Ursachen (z.B. Pathologie im Bereich der Wirbelsäule) sowie möglicher prädisponierender Faktoren (z.B. hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckparesen) durchgeführt werden.
Perinatale Glukocorticoidbehandlung: Folgen für das ganze Leben? DGKJ-HS-42 Kurz- und langfristige neurologische Folgen pränataler Glukocorticoidgaben M. Schwab1 1Klinik für Neurologie, Jena Etwa 10% aller Kinder werden perinatal mit Glukokortikoiden (GC) zur Beschleunigung der Lungenreifung behandelt. Die pränatale GCBehandlung beeinflusst die neuronale Erregbarkeit des mütterlichen und fetalen Gehirns. Ursächlich sind wahrscheinlich neben der Beeinflussung der neuronalen Funktion eine Hemmung der Expression neuronaler Strukturproteine und katabole Hirnstoffwechseleffekte. Außerdem kommt es durch direkte Effekte auf die Vasoreagibilität zu einer zerebralen Vasokonstriktion, die das fetale Gehirn vor postasphyktischen Blutdruckspitzen schützt und die verminderte Inzidenz von intraventrikulären Blutungen nach einer pränatalen GC-Gabe erklärt. GC beschleunigen nicht nur die Lungenreifung sondern auch die Reifung des neuronalen Netzwerkes. Betamethason induziert beim fetalen
Schaf, dem Tiermodell an dem die GC-Therapie zur Förderung der Lungenreifung entwickelt wurde, eine unmittelbare Reifung des REM aber nicht des NREM Schlafes und dies selbst Wochen vor der normalen Reifungszeit. Die Reifung wird durch eine Wachstumshemmung (Differenzierung statt Proliferation) erkauft. Die Stimulierung der Reifung betrifft hauptsächlich die funktionellen Systeme, die sich zum Zeitpunkt der GC-Gabe in einer vulnerablen Phase befinden. Erhöhte GC-Konzentrationen in den letzten Wochen der Schwangerschaft, wenn die Stressachse reift, induzieren außerdem aufgrund einer dauerhaften Desensitivierung von GC-Rezeptoren im Hippokampus eine verminderte negative Rückkopplung der Stressachse mit der Folge einer verstärkten Kortisolausschüttung und einer erhöhten Stressempfindlichkeit im späteren Leben. Die Hyperaktivität der Stressachse bewirkt Störungen der Aktivität von Neurotransmittersystemen und hier insbesondere des serotonergen und dopaminergen Systems, die Ursache für kognitive Störungen und psychomotorische Störungen im Kindesalter sind. Die Hemmung des serotonergen Systems bildet eine Prädisposition für depressive Erkrankungen. So ist die frühe Reifung des REM Schlafes im Schafmodell von einer permanenten Fragmentierung der Schlafstadien als typisches Symptom einer depressiven Erkrankung begleitet. Diese tritt auch beim menschlichen Neugeborenen nach einer GC-Therapie auf. Rattenstudien haben gezeigt, dass nach pränatalem Stress die Schlafstadienfragmentierung bis in das Erwachsenenalter bestehen bleibt. Pränatal mit Dexamethason behandelte Ratten zeigen im Senium depressive Eigenschaften und einen erhöhten zerebralen Gefäßtonus, wie er auch bei spontan depressiven Ratten gefunden wird. Der erhöhte Gefäßtonus ist wahrscheinlich zusammen mit einer sympathischen Überaktivierung und einer Störung der postischämischen Entzündungsreaktion im ZNS, die auf eine Resistenz von GC-Rezeptoren im Immunsystem zurückzuführen ist, Ursache für die bei depressiven Patienten nachgewiesene höhere Mortalität nach einem Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Bei der Indikation zur perinatalen GC-Therapie sollten die potentiellen Effekte auf die spätere Hirnfunktion berücksichtigt werden. DGKJ-HS-43 Dürfen wir dem Neonaten überhaupt noch Glukocorticoide geben? L. Gortner1 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, Homburg/Saar Hintergrund: Die Einführung der pränatalen Glucocortikoidprophylaxe ist ein Meilenstein in der perinatalen Therapie bei drohender Frühgeburtlichkeit. Wesentliche Effekte beinhalten eine Reduktion der Mortalität und des Atemnotsyndroms um jeweils 50 bzw. 40%, darüber hinaus ist die Reduktion der Häufigkeit schwerer intrakranieller Hemorrhagien belegt. Hingegen ist die postnatale Therapie mit Glucocortikoiden weiterhin Gegenstand heftiger wissenschaftlicher Kontroversen. Methoden: Es sollen nachstehend die Studien mit postnataler Applikation von Dexamethason und Hydrocortison gegenübergestellt werden, um den Stellenwert der postnatalen Behandlung mit Corticosteroiden zu beleuchten. Resultate I: Nach anfänglicher Euphorie mit dem Einsatz von Dexamethason bei Frühgeborenen mit bronchopulmonaler Dysplasie Mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (Mammels, 1984) wurde während der vergangenen Dekade eine zunehmende Zahl von Arbeiten publiziert, die eine erhebliche Beeinträchtigung des cerebralen und pulmonalen Wachstums sowie kognitiver und motorischer Leistungen entsprechend behandelter Kinder belegt zeigten (Wood, 2005). Resultate II: Die Applikation von Dexamethason in der 1. Lebenswoche Frühgeborener mit drohender bronchopulmonaler Dysplasie ist mit einem erhöhten Risiko der Mortalität verbunden, bei Applikation innerhalb der 2. bis 3. Woche postnatal bei drohender BPD zeigt eine aktuelle Metaanalyse eine Tendenz zur erhöhten Überlebensrate bei Dexamethason-behandelten Kindern, jedoch ist dies mit einer eingeschränkten langfristigen Prognose verbunden. In der 4. Lebenswochen sind sowohl die Akut- als auch langfristige Behandlungsdaten
mit Dexamethason mit schlechteren Behandlungsresultaten belegt. Hingegen zeigen klinisch kontrollierte Studien mit Hydrocortison in der Subgruppe von Frühgeborenen mit vorausgegangener Chorioamnionitis eine reduzierte Häufigkeit der bronchopulmonalen Dysplasie (Watterberg 2005) und sind hinsichtlich der langfristigen Entwicklungsneurologischen Effekte als nicht schädlich untersucht (Rademacher 2007 und Lodygensky 2005). Schlussfolgerungen: Weitere Untersuchungen zum postnatalen Einsatz von Steroiden unter dem Aspekt von Dosis, Zeitpunkt und Dauer der Applikation von Hydrocortison sind nötig, um die antiinflammatorische Therapie zu optimieren. Die Applikation von Dexamethason hingegen erscheint auf dem Boden aktueller Untersuchungsresultate weitgehend obsolet.
Freie Vorträge Highlight Session DGKJ-FV-1 „Catch up oder catch fat“ – Der Einfluss von Geburtsgewicht und postnataler Gewichtszunahme auf die Körperzusammensetzung in den ersten Lebensmonaten. S. Holzhauer1, A. Hokken-Koelega2, M. de Ridder1, A. Hofman1, E. Steegers3, H. Moll2, J. Witteman1, V. Jaddoe4 1Epidemiologie und Biostatistik, Erasmus Medical Center, Rotterdam, Niederlande; 2Sophia Kinderkrankenhaus, Erasmus Medical Center, Rotterdam, Niederlande; 3Gynäkologie und Geburtshilfe, Erasmus Medical Center, Rotterdam, Niederlande; 4Generation R, Erasmus Medical Center, Rotterdam, Niederlande Hintergrund und Fragestellung: Niedriges Geburtsgewicht gefolgt von vermehrter Gewichtszunahme wird mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht, Insulinresistenz und Typ 2 Diabetes in Verbindung gebracht. Der Einfluss von schneller postnataler Gewichtszunahme auf die Körperzusammensetzung sowie kritische Perioden der Gewichtszunahme in Bezug auf spätere Erkrankungen sind bislang nicht definiert. Wir untersuchten den Einfluss von Geburtsgewicht und postnatalem Wachstum auf die Körperzusammensetzung innerhalb der ersten 6 Lebensmonate. Studienpopulation und Methoden: Die Generation R Studie, eine bevölkerungssbasierte prospektive Kohortenstudie mit Beobachtung von der Schwangerschaft an. Wir haben Körperfett und Fettverteilung mittels Hautfaltendicke im Alter von 6 Wochen und 6 Monaten in 909 niederländischen Säuglingen gemessen. Die durchgeführte multiple Regressionsanalyse wurde für den erreichten Body Mass Index, Geschlecht, mütterliche Anthropometrie und sozioökonomische Faktoren kontrolliert. Ergebnisse: Niedriges Geburtsgewicht war mit einer veränderten Fettverteilung, nicht aber mit erhöhtem relativen Fettanteil im Alter von 6 Monaten assoziiert (p<0.01). Ein Aufwärtsschneiden der Gewichtsperzentilen nach Geburt war mit einem erhöhten Fettanteil im Alter von 6 Wochen und 6 Monaten sowie einer vermehrt zentralen Fettverteilung assoziiert (jeweils p<0.01). Ein Aufwärtsschneiden der Perzentilen im Längenwachstum war nur nach Einbezug des aktuellen Body Mass Index mit erhöhtem Fettanteil assoziiert. Diskussion: Frühe postnatale Gewichtszunahme kompensiert nicht für eine etwaige Wachstumsretardierung in allen Geweben gleichermassen, sondern führt zu einer vermehrten Fettanreicherung. Diese Effekte sind nicht durch Unterschiede im erreichten Body Mass Index zu erklären. Solche Wachstumcharakteristiken können der Ausgangspunkt für bleibende Adipositas sowie Veränderungen in der Fettverteilung sein und hierüber metabolische und kardiovaskuläre Erkrankungen im späteren Leben begünstigen. Niedriges Geburtsgewicht hat einen ungünstigen Einfluss auf die Fettverteilung, nicht jedoch auf den prozentualen Fettanteil im ersten Lebensjahr. Schlussfolgerung: Aufholwachstum, traditionell als Kompensationsmechanismus nach intrauteriner Wachstumsverzögerung begriffen, muss im Hinblick auf spätere Gesundheitsrisiken kritisch beurteilt Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts werden. Folgende Langzeitbeobachtungen müssen zeigen, ob die hier gezeigten frühen Effekte zu bleibenden Veränderungen der Körperzusammensetzung und Fettverteilung führen. DGKJ-FV-2 Überblick über neue Mutationen bei Patienten mit Neuronaler Ceroid-Lipofuszinose (NCL), einer neurodegenerativen Erkrankung des Kindesalter K. Reinhardt1, K. Schreiber1, J. Gärtner1, R. Steinfeld1 1Universitäts-Kinderklinik, Göttingen Bei den Neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen (NCLs) handelt es sich um monogene, neurodegenerative Krankheiten mit vorwiegender Manifestation im Kindesalter. Patienten mit NCL fallen klinisch durch Epilepsie, fortschreitenden Sprachverlust, progrediente Bewegungsstörung, Visusverlust und dementiellen Abbau auf. Klinisch unterscheidet man eine infantile, spätinfantile, juvenile und adulte NCL, wobei unterschiedliche Gendefekte ähnliche klinische Verläufe verursachen können. Aktuell können zehn verschiedene Formen der NCL (CLN1 bis CLN10) genetisch voneinander abgegrenzt werden. Innerhalb des Patientenguts der Göttinger Kinderklinik wurden Patienten mit einer neurodegenerativen Erkrankung unklarer Genese identifiziert und weiter klinisch und genetisch charakterisiert. Die Verdachtsdiagnose einer NCL wurde dabei anhand typischer klinischer Merkmale (Epilepsie, Visusverlust, Demenz) sowie anhand des charakteristischen elektronenmikroskopischen Musters des lysosomalen Speichermaterials gestellt und durch neurophysiologische und neuroradiologische Befunde ergänzt. Die Sicherung der Diagnose erfolgte durch die Bestimmung der Aktivitäten der lysosomalen Enzyme Palmitoyl-Protein-Thioesterase-1 (CLN1) und Tripeptidylpeptidase-1 (CLN2) in Hautfibroblasten, Leukozyten oder Trockenblut und durch Sequenzierung entsprechender Gene. Die Mutationsanalyse betraf die Gene CLN1, CLN2, CLN3, CLN5, CLN6 und CLN8. Zusätzlich wurde das Kandidatengen CTSD bei Patienten untersucht, bei denen der klinische und neuropathologische Verdacht einer NCL-Erkrankung wahrscheinlich war, jedoch keine Mutation der bekannten NCL-Gene vorlag. In 14 Patienten-DNA-Proben konnten 11 unterschiedliche Mutationen nachgewiesen werden. Dabei wurden folgende bisher nicht veröffentliche Mutationen gefunden: zwei Missense-Mutationen und eine DeletionsMutation im CLN2-Gen, eine Missense-Mutation im CLN5-Gen, eine Missense-Mutation und eine Spleiß-Mutation im CLN6-Gen, eine Missense-Mutation im CLN8-Gen, sowie zwei Missense-Mutationen im CTSD-Gen. Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die genetische Heterogenität der NCL-Erkrankungen und haben zu der Identifizierung einer neuen NCL-Form, der CLN10-Variante geführt. Der CLN10-Subtyp wird durch Mutationen im CTSD-Gen verursacht. Durch die Korrelation der klinischen mit den genetischen Daten der untersuchten NCL-Patienten konnten für den klinisch tätigen Arzt Entscheidungshilfen für das diagnostische Vorgehen bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer NCL-Erkrankung erarbeitet werden. DGKJ-FV-3 Hypoxischer Stress und Levetirazetam: Differenzielle Regulation Hypoxie-induzierbarer neuroprotektiver Faktoren im Gehirn neonataler Mäuse R. Trollmann1, J. Schneider2, D. Wenzel2, W. Rascher2, O. Ogunshola3, M. Gassmann3 1Zentrum für Integrative Humanphysiologie und Institut für Veterinärphysiologie, Universität Zürich und Universitäts-Kinderklinik, Zürich, Schweiz; 2Universitäts Kinderklinik, Erlangen; 3Zentrum für Integrative Humanphysiologie und Institut für Veterinärphysiologie, Universität Zürich, Zürich, Schweiz Hintergrund: Hypoxie-induzierbare Transkriptionsfaktoren (HIF) gelten als wichtigste Modulatoren der molekularen Antwort auf hyp-
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oxischen Stress. Die experimentelle Stabilisierung von HIF und Aktivierung spezifischer Zielgene, die u.a. vasoaktive, metabolische und zytoprotektive Funktionen haben, zeigte neuroprotektive Effekte im adulten sowie im neonatalen Gehirn. Das Antiepileptikum Levetirazetam (LEV) bewirkte eine Reduktion der neuronalen Degeneration bei fokaler Hypoxie/Ischämie im adulten Nagergehirn. Der Wirkmechanismus ist ungeklärt. Wir untersuchten altersspezifische Effekte von hypoxischem Stress auf HIF-regulierte vasoaktive Systeme im fetalen ZNS der Maus und deren Beeinflussung durch LEV als potentiellen protektiven Ansatz. Fragestellungen: Effekte von LEV 1. auf neurotrophe HIF-regulierte Faktoren (HIF-1alpha Untereinheit, VEGF, iNOS) im hypoxischen neonatalen Gehirn der Maus in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, 2. auf Hypoxie-induzierbare, aber HIF-unabhängige NO-Synthase-Isoformen (nNOS, eNOS) und 3. auf Marker der Zelldegeneration. Material und Methoden: Neonatalen C57BL/6 Mäusen (P0, P7) wurde NaCl 0.9% oder LEV (i.p.; 50 mg/kg) 1 h vor Inkubation unter Normoxie (N; 21% O2) oder systemischer Hypoxie (H; 8% O2, 6 h) injiziert. Die Entnahme der Gehirne erfolgte ohne Reoxygenierung. Proteinanalysen erfolgten mittels Western blot (HIF1alpha, Bcl-2, Bcl-XL) und Immunhistochemie (HIF-1alpha). Die Genexpression wurde mittels TaqMan RT PCR quantifiziert. Der Grad der Apoptose wurde mit TUNEL-Färbung beurteilt. Ergebnisse (MW ± SEM): Unter Normoxie fanden sich keine signifikanten Veränderungen der zerebralen HIF-1alpha, VEGF und NOS Expression bei LEV-behandelten Mäusen im Vergleich zu Kontrollen (P0, n=6; P7, n=7). Hypoxie führte zu einer signifikanten Akkumulation von HIF1alpha in beiden Altersgruppen (P0, P7) sowie zu einer signifikanten Induktion der VEGF mRNA Expression im Alter P0 (N, 0.022±0.001, vs H, 0.031±0.003, p<0.05, n=6) und P7 (N, 0.096±0.032, vs H, 0.873±0.069, n=7; p<0.001). Im Gegensatz dazu fanden wir signifikant geringere iNOS mRNA Konzentrationen unter Hypoxie als bei Kontrollen im Alter von P0 (N, 1.001±0.057; vs H, 0.733±0.048, p<0.01) und P7 (N, 1.364±0.083 vs H, 0.319±0.047, p<0.001). LEV beeinflusste weder die HIF-1alpha Akkumulation im hypoxischen zerebralen Cortex noch führte es zu einer relevanten Veränderung der Genexpression von VEGF und der NOS. Allerdings kam es zu einer Normalisierung der iNOS-Konzentrationen in den sehr unreifen Gehirnen (P0). Auf den Grad der Apoptose sowie die Expression der anti-apoptotischen Proteine Bcl-2 und Bcl-XL fanden wir keinen Einfluss durch LEV. Schlussfolgerungen: Hypoxischer Stress führte im neonatalen Gehirn der Maus zu einer differentiellen Regulation HIF-abhängiger vasoaktiver Faktoren. Eine LEV-Therapie hatte keine Beeinflussung essentieller endogener neuroprotektiver Systeme im neonatalen ZNS der Maus zur Folge. DGKJ-FV-4 Präventive ENaC-Blocker-Therapie reduziert die Morbidität und Mortalität der Lungenerkrankung in einem Mausmodell für Mukoviszidose D. Treis1, Z. Zhou1, S. Schubert1, M. Harm1, J. Schatterny1, S. Hirtz1, J. Dürr1, M. Mall1 1Pädiatrische Pneumologie und Mukoviszidose-Zentrum, Zentrum für Kinderund Jugendmedizin, Klinik Kinderheilkunde III, Heidelberg Gesteigerte Na+-Resorption und ein Defekt der cAMP-abhängigen ClSektretion sind charakteristische Störungen des Ionentransports in den Atemwegen von Patienten mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) und spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der CF-Lungenerkrankung. In früheren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die atemwegsspezifische Überexpression des epithelialen Na+-Kanals (ENaC) in Mäusen (ENaC-Tg) zu einer gesteigerten Resorption von Na+ und dadurch zu einer Dehydratation des Atemwegsoberflächenfilms führt. In der Folge kommt es zu einer verzögerten mukoziliären Clearance und zu einer spontanen CF-ähnlichen Atemwegserkrankung mit Mukusobstruktion, chronischer Atemwegsentzündung und hoher
pulmonaler Mortalität (Mall et al., Nature Med.10:487,2004). In der nun vorliegenden Studie untersuchten wir an ENaC-Tg-Mäusen, ob die Hemmung der gesteigerten Na+Resorption durch den klassischen ENaC-Blocker Amilorid in vivo einen therapeutischen Effekt auf die CF-ähnliche Lungenerkrankung hat. Hierbei verglichen wir den Effekt einer präventiven (ab dem 1. Lebenstag) und einer späten (ab dem 28. Lebenstag) intrapulmonalen Amiloridbehandlung auf den Phänotyp. ENaC-Tg-Mäuse und Wildtyp-Geschwistertiere wurden über 14 Tage dreimal täglich mit intranasalen Instillationen von Amilorid (10 mmol/ l, 1 μl/g Körpergewicht) oder Vehikel (H2O) behandelt. Anschließend wurden die Tiere getötet, eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) durchgeführt und die Lungen histologisch aufgearbeitet. Unsere Untersuchungen zeigen, dass eine präventive Amiloridtherapie die Mortalität der CF-Lungenerkrankung um ca. 70% senkt (P<0,001). Außerdem führt die Amilorid-Frühtherapie zu einer signifikanten Reduktion der Mukusobstruktion (P<0,05) und Becherzellmetaplasie (P<0,05) sowie der Atemwegsentzündung (P<0,001). Entsprechend den Ergebnissen früherer Studien an erwachsenen CF-Patienten hatte ein später Therapiebeginn bei ENaC-Tg-Mäusen mit chronischer CF-Lungenerkrankung dagegen keinen therapeutischen Effekt. Unsere Untersuchungen im Tiermodell zeigen erstmals, dass die Hemmung der gesteigerten Na+-Resorption durch eine präventive Amiloridbehandlung eine effektive Therapie für die CF-Lungenerkrankung darstellt und legen nahe, dass diese Strategie einer präventiven ENaC-Blocker-Therapie in klinischen Studien bei CF-Patienten überprüft werden sollte. Gefördert durch EC (MEXT-2004–013666) und CFF (MALL04G0). DGKJ-FV-5 Small molecule XIAP inhibitors trigger apoptosis and sensitize for TRAIL-induced killing in childhood acute leukemia cells M. Fakler1, M. Vogler1, S. Löder1, I. Jeremias2, K. Debatin1, S. Fulda1 1Universitäts–Kinderklinik, Ulm; 2GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, München Apoptosis resistance is crucially involved in cancer development and progression, e.g. in childhood acute leukemia, and represents the leading cause for failure of anti-cancer therapy. Resistance to apoptosis may be caused by the dominance of anti-apoptotic programs, for example by elevated expression of „Inhibitor of Apoptosis Proteins“ (IAPs). Searching for novel strategies to overcome apoptosis resistance in childhood acute leukemia, we decided to target XIAP, the IAP protein with strongest anti-apoptotic properties. Here, we report for the first time that antagonizing XIAP by small molecule inhibitors is an effective approach to elicit apoptosis in childhood acute leukemia cells. Single agent treatment with small molecule XIAP inhibitors at nanomolar concentrations, but not a structurally related control compound selectively trigger apoptotic cell death in acute leukemia cell lines. In addition, XIAP inhibitors at subtoxic concentrations strongly synergize with TRAIL or agonistic antiCD95 antibody to induce apoptosis. Analysis of apoptosis signaling pathways reveals that XIAP inhibitors enhance activation of caspase-3, -9, -2 and -8 upon concomitant treatment with TRAIL. Interestingly, XIAP inhibitors also promote loss of mitochondrial membrane potential and cytochrome c release from mitochondria after TRAIL stimulation, indicating that they initiate a caspase-dependent mitochondrial feedback amplification loop, which critically determines apoptosis sensitivity of acute leukemia cells. In support of this notion, inhibition of caspase-3 completely inhibits mitochondrial damage as well as apoptosis caused by XIAP inhibitors and TRAIL. Notably, combination treatment with XIAP inhibitors and TRAIL can bypass apoptosis resistance of leukemia cells overexpressing Bcl-2 demonstrating that this strategy may overcome some forms of resistance. Most importantly, XIAP inhibitors, but not a structurally related control compound directly trigger apoptosis and also potentiate TRAIL-induced killing in primary leukemia samples. In sharp contrast, XIAP inhibitors alone or in combination with TRAIL or agonistic anti-CD95 antibody are not lethal to non-malignant peripheral blood lymphocytes, pointing to some tumor selectivity. Thus, targeting
XIAP by small molecule inhibitors is a promising novel approach, both alone and in combination with TRAIL, to induce apoptosis in childhood acute leukemia cells. DGKJ-FV-6 Histone deacetylase inhibitors restore sensitivity to TRAIL-induced apoptosis in medulloblastoma by upregulating caspase-8 S. Häcker1, K. Debatin1, S. Fulda1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm Resistance to apoptosis is a hallmark of cancer and can be caused by epigenetic silencing of caspase-8, which correlates with poor prognosis in medulloblastoma, the most common primary malignant brain tumor in childhood. In search for novel strategies to restore defective apoptosis in cancer cells, we investigated the role of chromatin remodeling in transcriptional regulation of caspase-8. Here, we identify aberrant histone deacetylation as a novel mechanism of epigenetic inactivation of caspase-8. Histone deacetylase inhibitors (HDACI), e.g. valproic acid (VA), SAHA or MS-275, induce caspase-8 expression in a variety of medulloblastoma and also neuroblastoma cell lines lacking caspase-8. Importantly, VA and Interferon (IFN)gamma synergize to upregulate caspase-8 expression compared to each agent alone. Treatment with VA/IFNgamma causes a global increase in acetylation of histone H4 as well as enhanced histone acetylation at the caspase-8 promoter as determined by ChIP assay. This VA/IFNgamma-mediated chromatin remodeling at the caspase-8 promoter results in elevated caspase-8 promoter activity and increased caspase-8 mRNA levels. Consequently, re-expression of caspase-8 by VA/IFNgamma also restores caspase8 function, i.e. caspase-8 enzymatic activity upon TRAIL stimulation, which in turn triggers full activation of effector caspases such as caspase-3. Also, restoration of caspase-8 by VA/IFNgamma initiates a mitochondrial amplification loop upon TRAIL treatment, causing drop of mitochondrial membrane potential and cytochrome c release from mitochondria into the cytosol. Importantly, pre-treatment with VA/ IFNgamma significantly sensitizes otherwise resistant neuroectodermal tumor cells to TRAIL-induced apoptosis in a caspase dependent manner, since this sensitization effect for apoptosis is blocked in the presence of the pancaspase inhibitor zVAD.fmk. To test the specific contribution of caspase-8 for the sensitization effect provided by VA/ IFNgamma, we knocked down caspase-8 by RNA interference (RNAi) and also used the caspase-8 specific inhibitor zIETD.fmk. Intriguingly, specific inhibition of caspase-8 upregulation in response to VA/IFNgamma treatment by caspase-8 RNAi or caspase-8 inhibitor zIETD. fmk also completely abolishes the sensitization effect of VA/IFNgamma for TRAIL-induced apoptosis showing that caspase-8 is required for this sensitization effect. By demonstrating that HDACI, especially in combination with IFNgamma, restore caspase-8 expression and sensitivity TRAIL in medulloblastoma cells, our findings have important clinical implications for TRAIL-based cancer therapies. Thus, HDACI present a novel strategy to overcome TRAIL resistance in caspase-8 negative tumors.
Samstag, 15. September 2007 Meet the Professor DGKJ-MW-1 „Akutes Nierenversagen – was tun?“ L. Zimmerhackl1 1Department für Pädiatrie I, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich Unter akutem Nierenversagen (ANV) versteht man einen plötzlich auftretenden potentiell reversiblen Ausfall der exkretorischen NieMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts renfunktion. Dies ist charakterisiert durch einen raschen Anstieg der harnpflichtigen Substanzen Kreatinin und Harnstoff meist mit einer Einschränkung der Diurese. Von Oligurie spricht man bei einer Diurese von =0,5 ml/kg Körpergewicht und h und von einer Anurie bei einer Diurese von =0,2 ml/kg/h. Das eigentliche (intrinsische) Nierenversagen hat seine hauptsächlichen pathologischen Veränderungen an der Tubuluszelle. Die Veränderungen werden durch zirkulatorische Schädigungen (Schock, Sepsis) oder durch Nephrotoxine (Medikamente, Gifte) hervorgerufen. Alle anderen Formen einer sich akut entwickelnden Funktionsverschlechterung der Nieren bezeichnet man als akute Niereninsuffizienz. Die Ursachen dieser Funktionsverschlechterung liegen entweder prärenal (z.B. Exsikkose), postrenal (Obstruktion) oder intrarenal (akute vaskuläre, glomeruläre, oder [tub.] interstitielle Nephropathie). Die Häufigkeit des ANV bei stationären Patienten beträgt ca. 5%, auf Intensivstationen bis zu 50%. Insgesamt hat sich durch die Fortschritte in der Behandlung der Pädiatrie das Spektrum der Ursachen erweitert. ANV nach frühzeitiger OP von congenitalen Herzvitien, intensivierte Therapie von Früh-und Neugeborenen, Stammzelltransplantation und Transplantation von soliden Organen. Prärenales ANV: Diese Form stellt mit ca. 60% die häufigste Variante des ANV dar. Sie trifft besonders Früh- und Neugeborene. Sie wird hervorgerufen durch eine renale Minderperfusion meist als Folge einer Dehydratation oder eines Volumenmangels. Diese Situation ist meist reversibel. Bei prolongierter Minderperfusion kommt es jedoch zum ischämischen ANV. Renales (intrinsisches) ANV: Ungefähr ein Drittel aller ANV-Fälle fallen in diese Gruppe. Das renale ANV kann nach pathologischen Kriterien in Erkrankungen der großen Nierengefäße, der Glomerula (z.B. HUS) und des Nierengefäßsystems, in tubulointerstitielle Erkrankungen und in die akute tubuläre Nekrose (ATN) eingeteilt werden. Postrenales ANV: In weniger als 5% aller Fälle von ANV ist eine Abflussbehinderung die Ursache. Die klinisch wichtigste und meist auch schwierigste Differentialdiagnose ist die Unterscheidung von prärenalem ANV und ATN. Ein wesentliches Hilfsmittel ist die Urinuntersuchung. Ein niedriges Urinnatrium (<10 mmol) und eine hohe UrinOsmolalität >800 sprechen für ein prärenales ANV. Therapie: Neben der Behandlung der jeweiligen Grundkrankheit, der Bilanzierung des Patienten mit engmaschiger Kontrolle von Ein- und Ausfuhr besteht die Behandlung der ATN im wesentlichen in der Nierenersatztherapie. Prognose: Die Prognose hängt wesentlich von der Grunderkrankung ab. Eine initiale Oligurie ist prognostisch ungünstig, ebenso ein junges Alter. Zusätzliches Risiko zeigen Patienten mit Sepsis. Da meist multimorbide Patienten ein ANV erleiden ist die Letalität in manchen Gruppen nach wie vor hoch (bis 46%!). Bei der häufigsten Ursache des intrinsischen Nierenversagen dem hämolytisch-urämischen Syndrom liegt die Letalität heute bei ca 5% in der Akutphase. DGKJ-MW-2 Notfall: Rhythmusstörung H. Singer1 1Pädiatrische Kardiologie, Kinder- und Jugendklinik, Erlangen Zum Notfall werden Herzrhythmusstörungen,wenn zu hohe oder zu niedrige Kammerfrequenzen das Herzzeitvolumen kritisch absenken oder wie beim Kammerflimmern und bei der Asystolie nahezu oder vollständig aufheben.Sie manifestieren sich als plötzlicher Herztod, Synkope oder als Herzinsuffizienz. Morphologische kardiale Grunderkrankungen wie postoperative angeborene Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokarditiden können Herzrhythmusstörungen mit Notfallcharakter (HRS-NFC) ebenso verursachen,wie Ionenkanalerkrankungen und elektrophysiologische Anomalien mit und ohne anatomischem Substrat (akzessorische Leitungsbahnen, Blockierung der Leitungsbahnen) bei ansonsten unauffälligem kardialem Befund. Die HRS-NFC kann sowohl als besonders kritische Erstmanifestation auf eine bisher noch nicht bekannte kardiale Grundkrankheit hinweisen, als auch eine bereits bekannte Grundkrank-
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heit komplizieren. Der Übergang einer zunächst tolerierten HRS in einen lebensbedrohlichen Zustand findet sich mit zunehmender Häufigkeit bei postoperativen angeborenen Herzfehlern. Dies gilt besonders für die progre- dienten ventrikulären Dysrhythmien bei der FALLOT – Tetralogie und für das postoperative Vorhofflattern bei der Transposition der großen Arterien nach der Vorhofumkehr,sowie bei Patienten mit modifizierter FONTAN-Zirkulation. Die Folgen der HRS-NFC sind bei den verschiedenen Formen der relativ häufigen supraventrikulären Tachykardien meist weniger dramatisch und erzeugen erst bei länger anhaltender SVT eine Herzinsuffizienz.Die seltenen Ionenkanalerkrankungen wie Long QT -syndrom, BRUGADA-syndrom,Short QT-syndrom sind mit ihrer Neigung zu torsades des pointes, Kammerflattern, -flimmern immer lebensbedrohlich. Dies gilt auch für die im Langzeitverlauf zunehmende elektrische Instabilität bestimmter angeborener Herzfehler nach Operationen und für Kardiomyopathien. Zur Diagnostik stehen neben einer sorgfältigen Anamneseerhebung, einschließlich Familienanamnese (!), die verschiedenen EKG – Untersuchungsmethoden bis hin zum implantierbaren Event-recorder und schließlich die invasive elektrophysiologische Untersuchung zur Verfügung. Der Therapieansatz sollte lebensbedrohliche Zustände überhaupt vermeiden helfen und richtet sich nach dem eingetretenen Schaden. Präventive Maßnahmen umfassen die Vermeidung auslösender Ursachen, die medikamentöse Behandlung und eventuell die Schrittmachertherapie schon beim intermittierenden postoperativen AV -Block 3.°, bei der permanenten SA – und AV – Blockierung 3.°, sowie die Implantierung eines ICD – Systems. Falls erforderlich sind in der akuten Notfallsituation möglichst rasch einsetzende und effektiv durchgeführte Reanimationsmaßnahmen mit Kardioversion, bzw. Defibrillation entscheidend. Als Notfallmedikamente zur Behandlung tachykarder HRS stehen u.a. zur Verfügung (Generika): SVT: Adenosin, Esmolol, Verapamil, (nicht bei Säuglingen),Digoxin (nicht bei WPW-syndrom) Vorhoftachykardien: Amiodarone (auch bei komplexen SVT)Digoxin, Ventrikuläre Tachykardien: Esmolol. Die rasche Kardioversion, oder wenn möglich die overdrive suppression sollten eingesetzt werden, wenn der Kreislaufzustand bereits beeinträchtigt ist. DGKJ-MW-4 Infusionstherapie – Brauchen wir nur noch NaCl? W. Rascher1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen In zunehmendem Maße werden unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei der Anwendung von Infusionslösungen berichtet und gefordert, Infusionsregime zu ändern. Diese Forderung beruht auf der Entwicklung schwerer Hyponatriämien bei der Infusion hypotoner Kochsalzlösungen, die perioperativ oder zur Rehydratation bei Volumenmangel appliziert wurden. Folglich wird gefordert, isotone Kochsalzlösungen zu infundieren (Moritz AL, Ayus JC: Prevention of hospital-acquiredhyponatremia: a case for using isotonic saline. Pediatrics 2003; 111:227–230). Zudem wird der Einsatz von Infusionslösungen mit hoher Glukosekonzentration (5% und höher) bei Einsätzen in der Notfallmedizin kritisiert, da darunter Hyperglykämien mit Hirnödem und Todesfällen berichtet wurden (Thön M, Sefrin P: Glukosehaltige Infusionen in der Notfallmedizin? Der Notarzt 2007; 23, 1–3). Die Ursache der Hyperglykämien waren Medikationsfehler. Die Ursache der Hyponatirämie ist die nicht-osmotische Freisetzung von Vasopressin auf Grund der reduzierten Kreislauffunktion bei Dehydratation (Kreislauf-induzierte Vasopressinfreisetzung). Entscheidend ist dabei nicht die absolute Höhe der Konzentration an Vasopressin im Plasma, sondern die fehlende Suppression des Hormons bei Zufuhr hypotoner Flüssigkeiten. Dann führt selbst eine minimale Plasmaosmolalität oder Hyponatriämie nicht zu einer maximalen Urinverdünnung. Freies Wasser wird retiniert, eine Hyponatriämie bildet sich aus. Es ist sicher richtig zu Beginn der Infusionsbehandlung bei Dehydratation sowie bei Notfällen zunächst isotone Natriumchloridlösung zur Auffüllung des Extrazellularraums zu verabreichen (z.B. 20 ml/kg in 1–2 Std., ggf.wiederholen). Anschließend kann dann hypotone Natriumchloridlösung in Kombination mit 2,5%iger Glukoselösung verabreicht
werden, ohne dass sich eine klinisch relevante Hyponatriämie ausbildet. Die Antwort auf die Frage – Brauchen wir nur noch NaCl? -lautet: Nicht nur, aber zu Beginn!
Plenarvortrag – Angeboren aber nicht vererbt DGKJ-HS-48 Fetale Programmierung: Überlistung der Darwinschen Prinzipien ? A. Plagemann1 1Leiter Experimentelle Geburtsmedizin, Klinik für Geburtsmedizin, Campus Virchow-Klinikum, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin Seit einigen Jahren vollzieht sich in der Entwicklungsbiologie und Entwicklungsmedizin eine ‘schleichende Revolution’, die unsere traditionellen Vorstellungen von der Ontogenese, der Entstehung von Krankheit und Gesundheit, ja selbst von der Phylogenese und Evolution immer mehr beeinflusst und geradezu kritisch hinterfragt. Dabei wird zunehmend deutlich, dass der funktionelle Phänotyp eines reifen Individuums nicht nur Ergebnis der aktuellen Interaktionen zwischen Genom und Umwelt ist, sondern zusätzlich einer dritten Komponente unterliegt, nämlich ‘perinatal programmierten’, dauerhaften Prägungen fundamentaler Lebensfunktionen und neuro-vegetativer Funktionssysteme. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die intrauterinen und neonatalen Umweltbedingungen im weitesten Sinne, insbesondere aber das nutritive, metabolische und vor allem hormonelle ‘Milieu’, in dem sich Fet und Neugeborenes entwickeln. Dieses scheint sich im Sinne einer ‘tissue culture experience’ regelrecht einzuprägen, indem es eine Art Trainings- und Eichprogramm für fundamentale Lebensprozesse, kybernetische Regelkreise, ja selbst die Genexpressivität darstellt, letzteres durch Induktion persistierender, funktionell relevanter epigenomischer Veränderungen. Von zentraler Bedeutung scheint bei diesen Prozessen vor allem die umweltabhängige Selbstorganisation durch Hormone zu sein, inklusive der Neurotransmitter und Zytokine, welche auch während kritischer Entwicklungsphasen die entscheidenden endogenen Effektoren zur Vermittlung von Umwelteinflüssen bis auf genomische Ebene darstellen. Daher können umweltabhängig induzierte Störungen der regulären Hormonkonzentrationen während kritischer, umschriebener Entwicklungsphasen zu dauerhaften Fehlfunktionen und damit Krankheitsveranlagungen im gesamten späteren Leben führen. Auf diese Weise können offenbar z.B. Adipositas, Diabetes mellitus, HerzKreislauferkrankungen, eine erhöhte Stressempfindlichkeit, kognitive Defizite, eine erhöhte Autoimmunreaktivität u.v.m. perinatal vorprogrammiert werden. Mehr noch, sogar die inter- und multigenerative, jeweils materno-fetale Weitergabe solcher funktioneller Dauermodifikationen mit oder ohne Krankheitswert ist möglich, nämlich durch die jeweilige Exposition des Feten gegenüber einem entsprechend alterierten Intrauterinmilieu seitens der zuvor selbst als Fet betroffenen Mutter. Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die intergenerative Transmission erworbener Eigenschaften. Wenn sich diese Erkenntnisse verfestigen, so führen sie daher nicht nur zu einer Erweiterung unserer biomedizinischen Entwicklungssicht, sondern erscheinen geeignet, sogar die Darwinschen Evolutionsprinzipien zu erweitern, z.B. im Sinne umweltabhängiger Selektionsprozesse auf der Grundlage ‘gerichteter Epi-Mutationen’. Für die präventive Biomedizin ergibt sich schon jetzt die Chance einer regelrechten Durchbrechung krankheitsveranlagender „Erbgänge“. Und zwar nicht durch die Vision einer Gentherapie, sondern durch die einfache Optimierung der intrauterinen und neonatalen Entwicklungsbedingungen während kritischer Entwicklungszeitfenster. Das Phänomen ‘Perinataler Programmierung’ birgt damit für die Medizin, vor allem für die geburtsübergreifende Perinatalmedizin, ungeahnte Herausforderungen und vor allem Chancen einer genuinen, primären Prävention von Erkrankungsrisiken im gesamten späteren Leben des Kindes. Plagemann, in: Ganten, Ruckpaul, Wauer: Molekularmedizinische Grundlagen von fetalen und neonatalen Erkrankungen (eds.), Springer-Verlag (2005) 325–344.
Struktur und Organisation pädiatrischer Palliativmedizin DGKJ-HS-49 Das Klinische Ethikkomitee – Hilfestellung bei der Therapiezieländerung U. Fahr1 1Klinische Ethik, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Erlangen Das Klinische Ethikkomitee des Universitätsklinikums Erlangen bietet seit 2002 für alle klinisch Tätigen eine Klinische Ethikberatung an. In mehr als 65 Fällen wurden seitdem Ärzte, Pflegende sowie ihre Angehörigen beraten. Viele dieser Ethikberatungen fanden auch im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin statt. In der Regel stehen dabei Fragen der Änderung des Therapieziels im Mittelpunkt der gemeinsamen Beratung. Unter einer Therapiezieländerung wird dabei in erster Linie die Stärkung der palliativen Behandlung verstanden. Gleichzeitig geht dies mit einem Verzicht auf oder der Beendigung von kurativen Behandlungsmaßnahmen mit der Inkaufnahme bzw. der Erwartung des Todeseintritts einher („passive Sterbehilfe“). Klinische Ethikberatung zeichnet sich dabei dadurch aus, dass sie sich auf moralisch relevante Normen und Werte, Prinzipien oder Gründsätze bezieht. In der gemeinsamen Beratung werden die jeweils fallspezifischen medizinischen, pflegerischen und sozialen Konstellationen mit diesen Normen und Werte im Rahmen des rechtlich Zulässigen vermittelt. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Ethikberater dabei der gesellschaftlich wie medizinethisch kontroversen Kriterien für Änderungen des Therapieziels bewusst sein müssen. Daraus folgt, dass Medizinethiker und Ethikberater gemeinsam mit den Klinikern versuchen müssen, diese Kriterien und ihrer Bedeutung im konkreten Behandlungsfall zu klären. Einschlägige Richtlinien und Empfehlungen wie beispielsweise die Grenzen ärztlicher Behandlungspflicht bei schwerstgeschädigten Neugeborenen der Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht bieten meist keine ausreichende Hilfestellung. Diese benennen zwar als Kriterien für Therapiezieländerungen „kurze Lebenserwartung“, „geschädigtes Leben“ und „Belastung durch die Behandlung“, verweisen den klinisch tätigen Arzt jedoch gleichzeitig auf den Einzelfall. Die Bedeutung dieser genannten Kriterien wird dabei in der Regel nicht detaillierter erläutert. Trotz diesem medizinethisch problematischen Horizont der Werte und Normen, die der Entscheidung über die konkrete Einzelfallbehandlung zugrunde zu legen ist, haben wir im Rahmen der Ethikberatung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Erlangen zahlreiche positive Erfahrungen mit der Ethikberatung in diesem Bereich sammeln können. Jede konkrete Ethikberatung folgt dabei dem Dreischritt: orientieren – entscheiden – begründen. In der ersten Phase werden alle medizinischen, pflegerischen und sozialen Fakten nochmals detailliert zur Sprache gebracht. In der zweiten Phase wird ein vorläufiges Urteil gefällt, dass im Lichte gemeinsam geteilter Werte und Normen begründet wird. Dabei wird solange zwischen Fakten, Urteilen und Begründungen für konkrete Urteile diskursiv vermittelt, bis ein gemeinsamer Konsens gefunden ist, der von allen Beteiligten getragen werden kann. Die Verantwortung bleibt dabei selbstverständlich immer bei den jeweiligen Berufsgruppen. DGKJ-HS-50 Die Koordinationsstelle Kinderpalliativmedizin – Ein Modell für die Zukunft? M. Führer1 1Klinikum der Universität München, München In Deutschland sterben jährlich über 4000 Kinder und Jugendliche an lebensverkürzenden Erkrankungen. Strukturen für die palliativmedizinische Betreuung im häuslichen Bereich fehlen insbesondere für Kinder mit nicht-onkologischen Erkrankungen, die den größten, in der Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Gesellschaft wenig wahrgenommenen Teil der Betroffenen ausmachen. Die Koordinationsstelle Kinderpalliativmedizin (KKiP) wurde 2004 als gemeinsames Projekt der Kinderklinik und des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin am Klinikum der Universität München mit dem Ziel gegründet, die Qualität der häuslichen Palliativversorgung von Kindern zu verbessern. Die Aufgaben der KKiP sind: • die Steigerung der palliativmedizinischen Kompetenz durch Fortund Weiterbildung und fachliche Beratung • die Förderung der Kooperation zwischen den an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen und Leistungserbringern durch die Organisation von Fallkonferenzen und durch vielfältige Vernetzungsangebote • die Entlastung der Familien durch die Koordination der medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Betreuung vor Ort • die Erleichterung und Strukturierung der Kommunikation zwischen dem Betreuungsteam vor Ort, der Familie und der behandelnden Klinik. Zwischen März 2004 und März 2007 betreute die KKiP 106 Kinder (mittleres Alter 3 Jahre, 30 Pat. <1 Jahr). In 7 Familien begann die Betreuung bereits pränatal. Zum Zeitpunkt der Analyse waren 62 Kinder verstorben. Die überwiegende Zahl der Anfragen erfolgte durch Ärzte der Kinderkliniken (71%), in 23% wandten sich die Familien selbst an die KKiP. In 80% der Betreuungen war der niedergelassene Kinderarzt einbezogen. Legt man die Einteilung in Diagnosegruppen nach der Association for children with life-threatening or terminal conditions (ACT) zugrunde, gehörten 41% der Kinder der Gruppe 1 (grundsätzlich kurativ behandelbaren Krankheiten, z.B. Tumorerkrankungen), weitere 41% der Gruppe 3 (fortschreitende Erkrankungen ohne kurative Option, z.B. angeborene Stoffwechselerkrankungen), und 16% der Gruppe 4 (schwere neurologische Beeinträchtigungen mit beschränkter Lebenserwartung) an. Unter den Hauptsymptomen standen Dyspnoe und Schmerz im Vordergrund, bei den Begleitsymptomen Übelkeit, Erbrechen, Schlafstörungen und psychosoziale Probleme. In 64% der Familien mit mehreren Kindern wurden die Eltern im Umgang mit den Geschwistern beraten, bei 10% der Geschwister wurde eine psychotherapeutische Intervention veranlasst. Besonders belastet waren Familien mit einem weiteren verstorbenen (9%) oder betroffenen (4%) Kind. Die häusliche Betreuung bis zum Tod war ein zentraler Wunsch der meisten Familien. Dieses Ziel konnte von der KKiP bei den 1–16jährigen in 81% der Fälle erreicht werden (vs 50% für Bayern, p<0.001), bei den Säuglingen in 53% der Fälle (vs. 10% für Bayern, p<0.001). Ein wesentlicher Grund für die gute Akzeptanz der Arbeit der KKiP bei den Familien und den Betreuungsteams liegt in der 24-stündigen Erreichbarkeit eines Arztes mit spezieller palliativmedizinischer Kompetenz. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint die KKiP als ein mögliches Modell für die Etablierung einer flächendeckenden pädiatrischen Palliativversorgung. DGKJ-HS-51 Opioide in der Symptomkontrolle R. Sittl1, N. Grießinger1 1 Interdisziplinäres Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Einleitung: Die Zusammenarbeit zwischen Onkologen und Schmerztherapeuten hat sich in unserer Klinik seit Jahren bewährt insbesondere dann, wenn die Gabe von starken Opioiden erforderlich war, bzw. wenn neuropathische Schmerzen auftraten. In der pädiatrischen Onkologie treten neben den direkten Tumorschmerzen auch starke Schmerzen durch diagnostische Eingriffe wie z.B. Kno chenmarkspunktionen auf. Wegen der intensiven Tumortherapie treten weiterhin starke therapiebe dingte Schmerzen wie Mukositis, Strahlendermatitis oder neuropathische Schmerzen auf, die häufig nur mit starken Opioiden ausreichend behandelt werden können. Schmerzdokumentation: Auch bei Kindern müssen die subjektiven Schmerzwerte, die Lo kalisation, die Schmerzdauer und der Schmerz-
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charakter altersgemäß erhoben und dokumen tiert werden. Wenn Kinder oder Jugendliche starke Opioide erhalten, sollten die Eltern oder die Kinder selber ein Tumorschmerztagebuch führen, in dem die wesentlichen Ereignisse, Wirkungen und Nebenwirkungen dokumentiert werden um die Opioidtherapie an die individuellen Bedürfnisse anpassen zu könnnen. Schmerztherapie mit Opiopiden: Besonders wichtig ist, dass wir die Wünsche der Kinder bei der Applika tion der Schmerzmittel berücksichtigen. Bei der Auswahl der Medikamente halten wir uns, wie bei Erwachsenen, an das WHO-Stufenschema. Wir setzen Opioide dann ein, wenn nichtmedikamentöse Therapieverfahren bzw. Nichtopiide nicht ausreichend wirksam sind. Bei den Opioiden muss darauf geachtet werden, dass die Dosis durch Titration ermittelt wird. Die Therapie sollte nach Zeitplan durchgeführt und die Nebenwirkungen vorbeugend be han delt werden. Der orale Zugangsweg ist bei der Medikamentenapplikation erste Wahl. Zunehmend häufiger werden auch transdermale Systeme eingesetzt zumal in der Zwischenzeit auch Pflaster mit sehr niedrigen Dosierungen erhältlich sind z.B. Buprenorphin transdermal 5 μg/h. Wenn die Kinder mit einer oralen bzw. transdermalen The rapie nicht mehr zurechtkommen bzw. starke Nebenwirkungen haben, müssen die Opioide kontinuierlich parenteral verabreicht werden. Dies kann sowohl subkutan als auch intravenös erfolgen. Diese Therapie kann mit einfachen Pumpsystemen auch ambulant durchgeführt werden. Für eine ambulante parenterale Opioidtherapie ist eine Organisation der Betreuung zu Hause von großer Bedeutung. Am Beispiel des Krankheitsverlaufs eines Kindes mit Neuroblastom werden die wichtigsten schmerztherapeutischen und palliativmedizinischen: Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Opioide dargestellt.
Pulmologie und Allergologie DGKJ-HS-54 BPD-Sprechstunde über die Nachsorge von Früh- / Neugeborenen mit BPD J. Rosenecker1 1Klinikum der Universität München, München Seit der Erstbeschreibung der bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) im Jahre 1967 durch Northway et al.(N Engl J Med. 1967;276(7):35768) hat sich das klinische Bild der BPD vor allem mit Einführung der • Surfactant-Supplementierung maßgeblich geändert. Charakteristische pathologische Veränderungen bei schweren Verläufen der BPD sieht man heute seltener. Das Ausmaß der pathologischen Veränderungen, welche man bei der sog. „neuen“ BPD sehen kann, ist geringer und im wesentlichen geprägt durch die Störung des distalen Lungenwachstums. Entsprechend ist das heute vorherrschende Bild der BPD durch eine teils subtilere Klinik geprägt. Tab. 1. Unterschiede in der Verteilung der pathologischen Veränderungen zwischen „neuer“ und „alter“ BPD. Entsprechend ist die Definition der BPD nicht einfacher geworden. Eine Konsensus Konferenz der „National Institutes of Health“ hat eine Neudefinition der BPD vorgenommmen, wobei auch eine Einteilung in verschiedene Schweregrade vorgenommen wird Vor-Surfactant-Ära („alt“)
Nach-Surfactant-Ära („neu“)
Wechsel zwischen Atelektase und Überblähung
Geringere Hetreogenität der Lungenkrankheit
Ausgeprägte Atemwegsepithelläsionen (Hyperplasie, squamöse Metaplasie)
Wenig Atemwegsläsionen
Deutliche Hyperplasie der glatten Atemwegsmuskulatur
Geringgradige Verdickung der glatten Atemwegsmuskulatur
Extensive, diffuse Fibroproliferation
Kaum fibroproliferative Veränderungen
„Hypertensive remodelling“ der Pulmonalarterien
Weniger Arterien, aber dysmorph
Verminderte Alveolar-Sprossung und reduzierte Atemwegsoberfläche
Weniger, dafür größere und plumpere Alveolen
Tab. 2 NIH Diagnose Kriterien für BPD. Lungenfunktionsuntersuchungen zeigen, dass BPD Patienten nur eine geringe Lungenfunktions-Reserve haben, was die hohe Rehospitalisierungsquote (im 1. Lebensjahr bei 42–63%) bei Infektionen der Atemwege erklärt. Die Nachsorge von Frühgeborenen mit Störung der Atemfunktion sollte entsprechend in spezialisierten Zentren durchgeführt werden
<32 Wochen
Gestationsalter >32 Wochen
Zeitpunkt der Beurteilung
36 Wochen postmenstruell oder bei Entlassung*
>28 Tage aber <56 Tage nach Geburt oder bei Entlassung*
Sauerstoff-Bedarf
>21% für wenigstens 28 Tage
>21% für wenigstens 28 Tage
Bronchopulmonale Dyspalsie
Mild
Atmet Raumluft im Alter von 36 Wochen postmenstruell, oder bei Entlassung*
Atmet Raumluft im Alter von 56 Tagen postnatal, oder bei Entlassung*
Moderate
>21%<30% O2-Bedarf im Alter von 36 Wochen postmenstruell, oder bei Entlassung*
>21%<30% O2 im postnatalen Alter von 56 Tagen, oder bei Entlassung*
Severe
>30% O2-Bedarf, mit/ oder ohne Druckbeatmung, oder CPAP im Alter von 36 Wochen post-menstruell, oder bei Entlassung*
>30% O2-Bedarf, mit/ oder ohne Druckbeatmung, oder CPAP im Alter von 56 Tagen postnatal, oder bei Entlassung*
*Was zuerst kommt Jobe et al. Am J Respir Crit Care Med; 2001, 163:1723–29.
Gastroenterologie DGKJ-HS-55 Ikterus prolongatus M. Melter1 1Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Regensburg, Regensburg Unkonjugiertes Bilirubin wird hepatozytär mittels Uridin-DiphosphoGlukuronosyl-Transferase (UGT) in seine wasserlösliche, konjugierte Form glukuronidiert. Erhöhtes unkonjugiertes Bilirubin ist Ausdruck einer Imbalance zwischen Anfall (Hämolyse,etc.) und Konjugationskapazität. Ein UGT-Mangel (z.B. M.Crigler-N.) stellt die einzige hepatische Ursache für eine rein unkonjugierte Hyperbilirubinämie dar. Selbst bei globaler hepatozellulärer Störung kommt es nie zum Verlust der Konjugationsfähigkeit. Eine konjugierte Hyperbilirubinämie kann prinzipiell 3 Ursachen haben. 1) Störung der hepatozellulären Integrität (z.B.Hepatitis), 2) Cholestase, entweder obstruktiv (zwischen intrahepatischen Duktuli und Duodenum) oder nicht-obstruktiv (z.B. „Progressiv familiäre intrahepatische Cholestase“) – Transportstörung von gallepflichtigen Substanzen (z.B. Gallensäuren) an der kanalikulären Hepatozytenmembran. 3) „Isolierte“ Störung der kanalikulären Exkretion konjugiertem Bilirubins (Dubin-Johnson-, Rotor-S.). Der altersphysiologische Icterus neonatorum (IN) beruht ausschließlich auf unkonjugiertem Bili. Jeder über den 14. Tag hinaus persistierende Ikterus (Icterus prolongatus) ist pathologisch, beruht aber meistens auf den gleichen Pathomechanismen wie der IN. Bei einigen Patienten ist er jedoch Primärsymptom einer neonatalen Cholestase (NC) – Inzidenz ca.1:2500. Daher sollte in jedem Fall unmittelbar eine Differenzierung des Bilirubins erfolgen, um ggf. den bestmöglichen Verlauf der kausalen Störung zu erzielen. Ursächlich für eine NC ist eine Vielzahl von Erkrankungen. Bei Erkrankungen mit einer Therapiekonsequenz steht neben den metabolischen und infektiösen Ursachen v.a. die so genannte extrahepatische Gallengangatresie (GGA) im Vordergrund. Um eine frühe Morbidität und Letalität durch Cholestase-bedingte
konsekutive Störungen (z.B. Vitamin-K-Mangel) – verhindern zu können, ist auch bei NC ohne primäre Therapieoption eine frühe Diagnose essentiell. Da die GGA als häufigste Ursache einer NC (ca.1:15.000) keine spezifischen sondern nur allgemeine Symptome einer obstruktiven Cholestase (z.B. persistierend acholischer Stuhl) aufweist, ist zur Diagnostik eine Visualisation der Gallengänge – z.B. mittels ERCP (MRCP ungeeignet) obligat. Diese sollte früh erfolgen, da eine frühe Kasai-OP mit einer deutlich besseren Prognose assoziiert ist. Derzeit werden in Deutschland ca. 20% aller NC nach dem 60. Lebenstag diagnostiziert. Angesichts der hier erläuterten Zusammenhänge zwischen früher Diagnose und verbesserter Prognose bei NC, unter dem besonderen Aspekt der GGA, hat die GPGE beim G-BA ein Screening-Konzept bei prolongierten Ikterus vorgeschlagen: 1) Ikterus mit 3–4 Wochen („Kästchen“ im Vorsorgeheft)? 2) Wenn Ikterus ð Bilirubindifferenzierung, 3) erhöhtes direktes Bili ð päd. Gastroenterologe. Eine weitere Verbesserung der Prognose bei GGA könnte durch eine noch frühere Diagnose erzielt werden, weshalb ich darüber hinaus empfehle, dass Eltern in den ersten Lebenswochen regelmäßig die Stuhlfarbe ihres Neugeborenen mit einer ihnen ausgehändigten Farbskala abgleichen und bei konstant entfärbtem Stuhl das Neugeborene unmittelbar zur Abklärung vorstellen. DGKJ-HS-56 GÖR bei Atemwegserkrankungen H. Skopnik1 1Kinderklinik, Stadtkrankenhaus Worms, Worms Das Auftreten von gastroösophagealen Refluxen (GÖR) gilt primär als physiologisch. Erst bei Vorliegen einer GÖR-Symptom-Assoziation spricht man von einer GÖR-Krankheit. Bei Atemwegserkrankungen, insbesondere bei Asthma bronchiale, chronischer Laryngitis und Mukoviszidose werden GÖR als Exazerbationsfaktor, als Auslöser oder als Kofaktor des Kranheitsverlaufes beschrieben. Andererseits wirken Folgen bzw. Symptome der Grundkrankheit wie Lungenüberblähung oder Husten GÖR-auslösend. Bei therapierefraktärem Krankheitsverlauf von Atemwegserkrankungen müssen GÖR differentialdiagnostisch unter Heranziehung des unten skizzierten diagnostischen und therapeutischen Repertoires berücksichtigt werden. Diagnostik: Die obere Magen-Darm-Passage erlaubt Aussagen über die anatomischen und funktionellen Verhältnisse im oberen Gastrointestinaltrakt. Hernien, Stenosen und Magenentleerungsstörungen lassen sich darstellen. Die 24 h pH-Metrie beschreibt die Säureexposition im Ösophagus. Durch Symptomregistrierung lassen sich GÖR-Symptom-Assoziationen belegen. Das Ausmaß der ösophagealen Säureexposition erlaubt keine zuverlässige Aussage über die Relevanz für die zur Abklärung anstehende Symptomatik. Die intraluminale elektrische 24 h-Impedanzmessung (IMP) erfasst die GÖR, deren Steighöhe im Ösophagus und Clearance sowie Schlukkakte allgemein. Die IMP wird meist in Kombination mit der pH-Metrie eingesetzt. Dies ermöglicht dann die Erfassung aller GÖR-Qualitäten Therapie: Eine suffiziente Säuresuppression lässt sich am besten mit Protonenpumpeninhibitoren erzielen. Eine Dosistitration muss pH-metrisch erfolgen. Ein zeitlich befristeter Therapieversuch mit dokumentierter kompletter Säuresuppression kann darüberhinaus auch als diagnostische Maßnahme zum Beleg der stattgehabten Säure-Symptom-Assoziation dienen. Eine primäre chirurgische Therapie bei säureassoziierter Symptomatik ist unter Nutzen-Risiko-Gesichtspunkten nur bei Arzneimittelunverträglichkeit indiziert. Bei durch IMP gesicherter Symptom-Assoziation durch nicht-saure GÖR steht zur Zeit keine Arzneimitteltherapie zur Verfügung. In diesem Fall muss die chirurgische Therapie frühzeitig erwogen werden.
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Abstracts Vor-Surfactant-Ära („����� alt“)
Nach-Surfactant-Ära („����� neu“)
Wechsel zwischen Atelektase und Überblähun� g
Geringere Hetreogenität der Lungenkrankheit
Ausgeprägte Atemwegsepithelläsionen (Hyperplasie, squamöse Metaplasie)
Wenig Atemwegsläsionen
Deutliche Hyperplasie der glatten Atem- Geringgradige Verdickung der glatten wegsmuskulatur Atemwegsmuskulatur Extensive, diffuse Fibroproliferation
Kaum f������������������������������� ibroproliferative Veränderungen
„Hypertensive remodelling“ der Pulmonalarterien
Weniger Arterien, aber dysmorph
Verminderte Alveolar-Sprossung und reduzierte Atemwegsoberfläche
Weniger, dafür größere und���������� plumpere Alveolen
Psychische Langzeitfolgen chronischer Krankheiten DGKJ-HS-58 Chronisch krank und auch noch psychisch beeinträchtigt? I. Seiffge-Krenke1 1Psychologisches Institut, Mainz Chronische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter betreffen je nach Einschlusskriterien einen Prozentsatz von etwa 10 bis 40% dieser Altersgruppe. Seit über 30 Jahren interessiert sich die Forschung für die Frage, ob chronisch kranke Kinder und Jugendliche im besonderen Umfang von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Zwei vor einigen Jahren durchgeführte Literaturanalysen zeigen, dass sich diese Frage nicht einfach beantworten lässt. Bei einer erheblichen Zahl der dort analysierten 232 Studien konnte keine auffällig erhöhte Störungsrate bei den erkrankten Jugendlichen festgestellt werden. Neuere Literaturanalysen (Seiffge-Krenke & Skaletz 2005) zeigen eine erhöhte Psychopathologie in den meisten Studien, die Krankheitsbilder wie Diabetes, Krebs, Asthma und Arthritis untersucht haben. Es fanden sich unsystematische Einflüsse von Krankheitsdauer, Schwere der Erkrankung und Geschlecht. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass einige Studien auch besonders niedrige Symptombelastung und sogar eine bessere Lebensqualität bei chronisch Kranken gefunden haben, wobei in einigen Fällen der Verdacht auf Abwehrprozesse nahe liegt. Aufschlussreich sind die Ergebnisse von Längsschnittstudien; daher werden die Ergebnisse einer 14-jährigen Längsschnittstudie an 200 Familien (Experimental- und Kontrollgruppen-Design) vorgestellt, von denen jeweils die Hälfte ein an Diabetes erkranktes Kind (M=13,9 Jahre) hatte (z.B. Seiffge-Krenke 2001). Sie zeigen übereinstimmend zahlreiche Entwicklungsdefizite bei den diabetischen Jugendlichen. Sie wiesen z.B. ein unreiferes Körperkonzept, flachere emotionale Beziehungen zu Gleichaltrigen auf und gingen verzögert romantische Beziehungen ein, wobei der romantische Partner häufig in Richtung auf konkrete Unterstützung instrumentalisiert wurde. Körperbeschwerden, die in der gesunden Vergleichsgruppe häufig waren, sowie psychische Symptome wurden von den diabetischen Jugendlichen sehr stark geleugnet. Sie präsentierten sich „normaler als normal“, was als „Fassade der Supernormalität“ bezeichnet wurde. Allerdings waren die Entwicklungsgewinne über mehrere Jahre sehr deutlich; denn die diabetischen Jugendlichen holten in vielen Bereich auf und glichen sich an das Niveau der gesunden Jugendlichen an. Allerdings zeigen sich Probleme in der Autonomie- und Partnerschaftsentwicklung auch im Alter von 28 Jahren durch verzögertes Auszugsverhalten und eine geringe Qualität in den Partnerschaftsbeziehungen. Interessanterweise zeigen Indizes der metabolischen Kontrollen einen zweigipfligen Verlauf mit einer Verschlechterung der metabolischen in der frühen und mittleren Adoleszenz sowie im frühen Erwachsenenalter. Dies unterstreicht die Tatsache, dass junge Erwachsene mit Diabetes – wie generell chronisch kranke junge Erwachsene – länger von Jugendmediziner betreut werden sollten.
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DGKJ-HS-59 Psychisches Trauma bei lebensbedrohlichen Krankheiten und die Behandlung mit bilateraler, okulärer Stimulation (EMDR nach F. Shapiro) I. von der Osten-Sacken1 1Neuropädiatrische Abteilung, Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Anhand von Diagnostik und traumaspezifischem Behandlungsverlauf der 16-jährigen, lebensbedrohlich erkrankten Fanny, wird das Traumakonzept, die Klinik akuter und posttraumatischer Belastungsstörung sowie die traumaspezifische Behandlungsmethode EMDR (Eye-Movement-Desensitization-Reprocessing nach F. Shapiro) verdeutlicht. Fanny wurde durch die Diagnoseeröffnung einer Morbus HodgkinErkrankung und den anschließenden intensiv-medizinischen Aufenthalt psychisch traumatisiert und entwickelte als Folge einer unzureichenden Integration ihrer lebensbedrohlichen Erfahrungen 2 Jahre nach Beendigung der erfolgreichen medizinischen Therapie des Morbus Hodgkin eine Angststörung und dissoziative Krampfanfälle. Mit Hilfe der bilateralen Stimulation nach Francine Shapiro konnten die nicht integrierten, traumatischen Fragmente, die oben beschriebene Symptomatik verursachten, erfolgreich der Verarbeitung zugeführt werden, Ängste und dissoziative Krampfanfälle traten nicht mehr auf. EMDR nach F. Shapiro ist eine vor fast 20 Jahren entwickelte psychotherapeutische Methode zur Traumaverarbeitung, bei der es über bilaterale Stimulation beider Hirnhemisphären mittels geführter Augenbewegungen zur nachträglichen, beschleunigten, neuro-physiologischen Informationsverarbeitung eingefrorener Erinnerungen kommt, und damit zur Auflösung starrer Verhaltensmuster und dysfunktionaler Kognitionen.Der Patient konzentriert sich dabei als Beoachter gleichzeitig auf sein belastendes inneres Erleben, das wie ein innerer Film an ihm vorüberzieht, und auf den äußeren Reiz der geführten Augenbewegungen. Der Therapeut begleitet den Prozess aktiv im Rahmen einer Einzeltherapie. Neben der bilateralen okulären Stimulation hat sich auch die bilaterale akustische bzw. taktile Stimulation gleichermaßen als wirksam erwiesen. EMDR ist eine evidenzbasierte und effektive psychotherapeutische Methode zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen bei Erwachsenen. EMDR bei Kindern und Jugendlichen mit PTBS kann aufgrund der Studienlage als ein empirisch gut bewährtes Verfahren eingeschätzt werden und stellt einen unverzichtbaren Teil einer zukünftigen Versorgungsstruktur für von Trauma betroffene Kinder und Jugendliche dar (Hensel 2006). Die Methode erfuhr 1999 wissenschaftliche Anerkennung. Sie wurde auch vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt zur Behandlung der PTBS und hat Eingang gefunden in die Behandlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Die Qualitätskontrolle wird durch die Fachgesellschaft EMDRIA geleistet.
Perinatale Programmierung durch Muttermilch DGKJ-HS-60 Stillen und späteres Allergierisiko R. Bergmann1, K. E. Bergmann1, J. W. Dudenhausen1 1Kliniken für Geburtsmedizin, Charité Universitätsmedizin, Berlin Die Verbreitung allergischer Erkrankungen sowie die Stillraten nehmen in wohlhabenden Ländern mit westlichem Lebensstil zu. Besonders eindrucksvoll ist dieser Trend in Familien mit hohem Sozialstatus. Es entsteht deshalb der Eindruck, dass Stillen selbst ein Risiko faktor für allergische Erkran kungen ist. Dagegen stehen die Kenntnisse über die Eigen schaften der Muttermilch, die eine Grundlage für die weltweit gültigen Empfehlungen sind, (4-) 6 Lebens monaten lang ausschließlich zu stillen. Läßt sich dieser Widerspruch auflösen? In der Ätiologie der atopischen Erkrankungen spielen außer genetischen Faktoren und spezifischen Allergenen auch unspezifische Risiko- oder Schutzfak-
toren eine Rolle. Gestillte Säuglinge sind vor Infektionen gefeit, sogar weit über die Stillzeit hinaus. Dieser Schutz wirkt sich lebenserhaltend in einer Umgebung mit hohem Infektionsrisiko aus, wie in vielen Ländern der dritten Welt. Andererseits sind mikrobielle Stimulationen des Immunsystems wichtig für dessen normale Entwicklung. In einer relativ sauberen Umwelt könnte Stillen dazu beitragen, dass die Stimulation nicht ausreicht, um die Entstehung einer allergischen Erkrankung bei genetisch disponierten Säuglingen zu verhindern. Damit ließe sich erklären, warum in allen prospektiven kontrollierten Studien Stillen vor einer frühen virusassoziierten obstruktiven Bronchitis schützte, während es in manchen Fällen das Risiko für das spätere atopische Asthma erhöhte. Die schützenden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Muttermilch sowie ihre niedrige Last an Fremdproteinen behüten den gestillten Säugling vor einer Sensibili sierung gegen Nahrungsproteine und fördern die Toleranzentwicklung. Dazu trägt auch die Darm flora gestillter Säuglinge bei, die durch die Muttermilch induziert und kontrolliert wird. In einer hygienischen Umwelt entwickelt sie sich trotzdem anders als bei Naturvölkern. Auch die Konzentrationen biologisch aktiver Substanzen in der Muttermilch sind nicht überall gleich. Sie sind z.B. anders in der Milch allergischer verglichen mit der nicht allergischer Mütter. Damit ließe sich erklären, dass man Nahrungsmittel-assoziierte atopische Er krankungen, wie das atopische Ekzem, auch bei aus schließlich gestillten Kindern gefunden hat. In zahlreichen Studien, in Übersichtsartikeln und in Metaanalysen werden die Ergebnisse seit 80 Jahren nach wie vor kontrovers diskutiert. Da es bisher keine doppelt blinde randomisierte klinische Studie gibt, ist die Beweis führung auf Beo bachtungs studien und differenzierte statische Analysen angewiesen. Selbst in der PROBIT-Studie mit rando misierter Zuordnung von Polikliniken zur Stillför derung in Weißrussland, fiel das Ergebnis nach 6 Jahren nicht eindeutig aus. Eine nachhaltige programmierende Wirkung des Stillens gegen die Entwicklung atopischer Manifestationen ließ sich bisher nicht sicher beweisen. Stillen hat andererseits so viele Vorteile, dass es nach wie vor als die beste Ernährungs weise für alle Säuglinge empfohlen werden kann, auch für solche aus Allergikerfamilien. Wenn allerdings Probleme auftreten, müssen sie auch bei gestillten Säuglingen diagnostisch geklärt und therapiert werden. DGKJ-HS-61 Macht Muttermilch wirklich schlau? T. Harder1 1AG Experimentelle Geburtsmedizin, Klinik für Geburtsmedizin, Campus Virchow-Klinikum, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin Aus epidemiologischen und tierexperimentellen Studien ist seit längerem bekannt, dass Expositionen während der neonatalen und frühkindlichen Entwicklung einen permanenten Einfluss auf Kognition und Intelligenz im Kindes- und Erwachsenenalter haben können. So beschrieben Dörner und Mitarbeiter bereits in den 1970er Jahren, dass mit Muttermilch ernährte Kinder bessere Schulleistungen aufwiesen als Kinder, die ausschliesslich Formulamilch erhielten (1). Ein unabhängiger positiver Effekt des Stillens auf die kognitive Entwicklung wird mittlerweile durch eine grosse Anzahl epidemiologischer Studien unterstützt (2). Auch die erste randomisierte Studie zu dieser Frage zeigt, dass Stillen den kindlichen Intelligenzquotienten erhöht (3). Die Hypothese, dass Stillen aufgrund definierter Inhaltsstoffe der Muttermilch, wie bspw. langkettige ungesättigte Fettsäuren (LC-PUFA), die in Formulamilch gar nicht oder nicht in ausreichender Menge enthalten sind, diese Wirkungen ausübt, wird durch Befunde unterstützt, die zeigen, dass die Supplementierung von Formulanahrung mit LC-PUFAs zu einer verbesserten kognitiven Leistungsfähigkeit im Kindesalter führt (4). Konsequenterweise müssten die Effekte des Stillens auf die kognitive Entwicklung sich verändern, wenn Alterationen in der Zusammensetzung der Muttermilch vorliegen, bspw. aufgrund einer mütterlichen Erkrankung. Wir untersuchten diese Frage im Rahmen der Kaulsdorfer Kohortenstudie (KCS), einer prospektiven Kohortenstudie
an Kindern von Müttern mit Diabetes mellitus während der Schwangerschaft. Dabei zeigte sich, dass die neonatale Aufnahme von „diabetischer“ Muttermilch dosisabhängig und spezifisch das Erreichen des Entwicklungsmeilensteins (Denver Developmental Scale) „Sprechen erster Wörter“, eines wichtigen Indikators der kognitiven Entwicklung, verzögerte (5, 6). Dies könnte auf Alterationen in der Zusammensetzung von Muttermilch diabetischer Frauen zurückzuführen sein, wie sie bspw. hinsichtlich eines verminderten Gehalts an LC-PUFAs und erhöhter Insulinkonzentrationen beschrieben wurden. Zusammengefasst besteht gegenwärtig klare Evidenz dahingehend, dass Stillen, neben einer Vielzahl anderer Vorteile für Mutter und Kind, auch die kindliche kognitive Entwicklung positiv beeinflusst. Zur Klärung der Frage, ob aber Alterationen der Muttermilchzusammensetzung, wie sie bspw. durch mütterliche Erkrankungen oder Umweltschadstoffe hervorgerufen werden, die positiven Langzeitwirkungen des Stillens verringern oder sogar negative Folgen haben können, sind weitere Studien dringend erforderlich. Literatur (1) Dörner & Grychtolik, Endokrinologie 1978; 71:81–88. (2) Anderson et al., Am. J. Clin. Nutr. 1999; 70:525–535. (3) Kramer et al., 19th Annual meeting of the Society for Pediatric and Perinatal Epidemiologic Research, Seattle, 2006, Abstractbook. (4) Birch et al., Dev. Med. Child. Neurol. 2000; 42:174–181. (5) Plagemann et al., Diabetes Care 2005; 28:573–578. (6) Rodekamp et al., J. Perinat. Med. 2006; 34:490–496.
DGKJ-HS-62 Muttermilch als Toxinträger: Hypothek fürs spätere Leben? G.-M. Lackmann1 1Umweltmedizin, Praxis für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Hamburg Muttermilch wird noch immer als die beste verfügbare Säuglingsnahrung innerhalb der ersten 6 Lebensmonate angesehen, obwohl seit längerem der möglichen Schädigung menschlicher gestillter Säuglinge durch verschiedene (Umwelt-)Noxen und Xenobiotika, hier neben Spurenelementen wie Blei, Quecksilber und Arsen insbesondere durch organische Kohlenwasserstoffe (OC), große Bedeu tung beigemessen wird. Besonders der wachsende Organismus, sei es intrauterin oder postnatal, mit seiner Ausdifferenzierung von Geweben und Organen, erschien in vielen Untersuchungen besonders empfindlich für schädigende Einflüsse durch Chemikalien, Medikamente und physikalische Noxen zu sein, was zu erheblich größeren Schäden und Nebenwirkungen führte, als beim ausgewachsenen Organismus [1]. Andererseits war und ist es eine bemerkenswerte Erkenntnis, dass Kinder und Jugendliche offenbar über deutlich bessere Reparatur- und Abwehrmechanismen gegenüber verschiedenen Noxen verfügen, als Erwachsene, ein Phänomen, das wir alle bezüglich der erforderli chen Medikamentendosierungen bei Kindern kennen. Darüber hinaus sind die durch OC hervorgerufenen Effekte keinesfalls immer schädlich oder irre versibel. Das bedeutet, dass sich Kinder und Jugendliche im Hinblick auf die Ef fekte man cher Umweltnoxen schneller und besser erholen können als Erwachsene. Das erklärt möglicherweise auch, warum im Gegensatz zu vielen Studien, die ausschließlich schädigende Einflüsse von OC auf den fetalen bzw. kindlichen Organismus herausgefunden haben, andere Arbeitsgruppen durchaus positive Effekte des Stillens auf die spätere neurologische Entwicklung der Kinder nachweisen konnten [2]. Diese kontroversen Befunde und Diskussionen machen eindrücklich die Schwierigkeit und Komplexität des vorliegenden Themas deutlich, nämlich ob Umweltnoxen bzw. OC – trotz der in eigenen Untersuchungen eindrücklich nachgewiesenen erhöhten OC-Belastung durch mütterliches Stil len innerhalb der ersten 6 Lebensmonate [3] – wirklich einen schädigenden Einfluss auf un sere Kinder haben, und ob Stillen, als eindeutige Quelle für die erhöhte Schadstoffbelastung innerhalb der ersten Lebensmonate, weiterhin grundsätzlich für alle Kinder innerhalb der ersten Lebensmonate empfohlen werden sollte oder nicht. Erschwerend kommen noch die eindeutig und unMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts strittig nachgewiesenen Vorteile des Stillens auf die Entwicklung des Kin des sowie die weltweit unterschiedliche Verfügbarkeit von künstlichen Säug lingsnahrungen, z.B. in der Dritten Welt, hinzu. Alles in allem kann man zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl nur sagen, dass Stillen u.a. die OC-Belastung unserer Säuglinge innerhalb der ersten 6 Lebensmonate drastisch erhöht. Ob und inwieweit dieser Befund einen schädigenden Einfluss auf unsere Kinder hat, muss offen bleiben, und wird im vorliegenden Beitrag ausführlich diskutiert.
Folgen des mütterlichen Diabetes DGKJ-HS-63 Mütterliches Übergewicht: Folgen für das Neugeborene? M. Wabitsch1 1Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm Ungefähr 1/3 aller Schwangeren sind übergewichtig. Mütterliches Übergewicht bei der Konzeption verändert die Stoffwechselanpassung während der Schwangerschaft und beeinflusst das Wachstum und die Entwicklung der Placenta, des Embryos und des Fötus. Übergewicht während der Schwangerschaft ist mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen, insbesondere für Gestationsdiabetes, Präeklampsie und Schwangerschaftskomplikationen (Makrosomie, Schulterdystokie und höhere Raten von Schnittentbindungen und Infektionen), verbunden. Maternales Übergewicht ist auch ein unabhängiger Risikofaktor für Neuralrohrdefekte und andere Entwicklungsanomalien, die auch mit einer unzureichenden glykämischen Kontrolle assoziiert sind. Das fetale Wachstum und die Entwicklung hängt von der mütterlichen metabolischen Anpassung, die durch die placentaren Hormone gesteuert wird, und die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen ab. Mütterliches Übergewicht beeinflusst diese metabolischen Vorgänge. Die physiologische Zunahme der Insulinresistenz am Ende der Schwangerschaft wird bei übergewichtigen Müttern verstärkt und führt zu einem deutlichen postprandialen Anstieg von Glucose, Lipiden, Aminosäuren und damit zu einem exzessiven Angebot an Nährstoffen für den Fötus. Dies führt zu einer Makrosomie und zu vergrößerten Fettdepots. Die dadurch veränderte metabolische Programmierung des Fötus hat ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und postnatale Folgeerkrankungen zur Folge. Einige Studien zeigen, dass die Stillrate und die Stilldauer bei mütterlichem Übergewicht erniedrigt sind. Hierzu trägt ein verändertes Trinkverhalten der Neugeborenen bei. DGKJ-HS-64 Gestationsdiabetes: Die verkannte Epidemie? H. Kleinwechter1 1Diabetologische Schwerpunktpraxis, Kiel Gestationsdiabetes (GDM) ist definiert als eine Krankheit, deren diagnostisches Hauptmerkmal eine erstmals während einer Schwangerschaft festgestellte Glukosetoleranzstörung darstellt. GDM zählt zu den häufigsten Schwangerschaftskomplikationen. Höheres Lebensalter (ab 35 Jahre) oder Adipositas der Mutter stellen die Hauptrisiken dar. Hierzu zählt auch ein vorangehender GDM. In den Industrienationen wird von einer Häufigkeit von 5–10% aller Schwangeren ausgegangen. Die Diagnoserate ist abhängig von den verwendeten Blutglukose-Grenzwerten für Screening und Diagnostik und der Tatsache, wie häufig überhaupt Tests durchgeführt werden. Der Gesundheitsbericht für Deutschland von 1999 beschreibt eine Entdeckungsrate des GDM von 0,2% mit Uringlukose-Screening, dagegen 6% mit BlutglukoseUntersuchung. Die Perinatalsstatistik aus dem Jahr 2005 ergab eine GDM-Häufigkeit von 2,29% bei ca. 660.000 Geburten. Verglichen mit Bevölkerungsstudien in den Niederlanden oder Spanien werden zurzeit in Deutschland mehr als 50% der Fälle von GDM bis zur Geburt nicht erfasst. GDM wird mit einem standardisierten, oralen
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Glukosetoleranztest mit 75 Gramm Glukose und qualitätsgesicherter Blutglukosemessung diagnostiziert. Vorgeschaltet werden kann ein 50g-Glukose-Screening unabhängig von der Mahlzeitenaufnahme und Tageszeit.Die Therapie des GDM besteht aus Beratung, Schulung sowie dem Erlernen der Blutglukose-Selbstkontrolle und einer Ernährungsumstellung. Dies ist in 80% erfolgreich, in 20% ist Insulin notwendig. Neben den Blutglukosergebnissen spielen für eine Intensivierung der mütterlichen Therapie auch Ultraschallmaße des Feten (Abdominalumfang) und der präkonzeptionelle BMI der Mutter eine Rolle. Für die Mütter sind kurzzeitige Risiken bedingt durch die Folgen operativer Entbindungen, bereits drei Monate postpartal haben 15% eine IGT und 5,5% einen manifesten Diabetes, darüber hinaus mehr als 50% Typ-2Diabetes nach acht Jahren. Die Kinder zeigen eine erhöhte Rate perinataler Morbidität und Mortalität und haben bei nicht-behandelten Fällen in fast 60% ungünstige Ergebnisdaten. Langfristig haben Kinder mit LGA von Müttern mit GDM ein fast vierfach erhöhtes Risiko für ein metabolisches Syndrom mit 11 Lebensjahren. Das durch „fetal programming“ intruterin erworbene Risiko kommt hinzu. Durch die randomisierte australische Interventionsstudie ACHOIS im Jahr 2005 konnte das ungünstige perinatale Ergebnis (Tod, Schulterdystokie, Armplexusparesen und geburtstraumatische Frakturen) durch Intervention im Vergleich zu einer Standardversorgung hochsignifikant absolut um 3% vermindert werden (NNT: 34). Im Mai 2007 wurde das durch das IQWiG eine Begutachtung der Effektivität des Screenings auf GDM öffentlich ausgeschrieben. In die Beurteilung sollen die in diesem Jahr ausstehenden Ergebnisse der HAPO-Studie einbezogen werden. Sie zeigen den epidemiologischen Zusammenhang von Blutglukoseergebnissen und perinatalem Outcome bei 25.000 Schwangeren weltweit. Seit mehr als 15 Jahren wird darauf gewartet, dass ein Blutglukose-Screening auf GDM in den Mutterschafts-Richtlinien das insuffiziente, trügerische Harnglukose-Screening ersetzt. Angesichts der Häufigkeit des GDM und seiner erheblichen Folgen für die Mütter und Kinder wäre ein erneutes Hinausschieben eines Blutglukose-Tests für alle Schwangeren unverständlich und unverantwortlich. DGKJ-HS-65 Programmierung des kindlichen Neuroendokriniums bei mütterlichem Diabetes A. Plagemann1 1Leiter Experimentelle Geburtsmedizin, Klinik für Geburtsmedizin, Campus Virchow-Klinikum, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin Das nutritive, metabolische und hormonelle ‘Milieu’ während kritischer prä- und perinataler Entwicklungsphasen wird zunehmend als entscheidend für die lebenslange ‘Prägung’ fundamentaler Lebensprozesse und somit auch von dauerhaften Krankheitsveranlagungen erkannt (‘perinatal programming’). So belegen eine Fülle epidemiologischer, klinischer und experimenteller Studien einen Zusammenhang zwischen prä- und neonataler Fehl- und Überernährung und später erhöhtem Adipositas-, Diabetes- und Herz-Kreislauf-Risiko. Ursächliche Mechanismen und für die Praxis relevante Handlungskonsequenzen sind bisher aber rar. Es ist jedoch lange bekannt, dass vor allem Hormone als umweltabhängige Organisatoren im Rahmen des Selbstorganisationsprozesses des Neuroendokriniums und damit des gesamten Organismus wirken, weshalb sie in gestörten Konzentrationen während kritischer prä- und neonataler Entwicklungsphasen, z.B. infolge mütterlicher Erkrankungen in graviditate, zur lebenslangen Fehlprogrammierung ihrer eigenen kybernetischen Regelsysteme führen können. Eines der diesbezüglich bestuntersuchten Paradigmen stellt die Exposition des Feten gegenüber einem mütterlichen Diabetes mellitus dar, dessen geradezu pathognomonisches Charakteristikum der fetale und perinatale Hyperinsulinismus ist. Experimentelle Studien der letzten zwei Jahrzehnte haben dabei gezeigt, dass die Exposition des sich entwickelnden Hypothalamus gegenüber erhöhten Insulinspiegeln während der prä- und frühpostnatalen Entwicklung zur dauerhaften Fehlprogrammierung von Regelkreisen der Nahrungsaufnahme, des Körpergewichtes und des Stoffwechsels führen kann. Dabei kommt
es zu neuronalen Dysplasien, einer Resistenz gegenüber den peripheren Sättigungssignalen Insulin und Leptin, sowie einer erhöhten orexigenen bei verminderter anorexigener Aktivität in entsprechenden hypothalamischen Kerngebieten. Diese perinatal erworbenen Alterationen sind lebenslang nachweisbar und gehen mit einer Disposition zu Adipositas und Diabetes mellitus einher. Sie könnten insofern die in klinischen und epidemiologischen Studien nachgewiesene erhöhte Diabetes- und Adipositasveranlagung bei Kindern schwangerschaftsdiabetischer Mütter erklären, die selbst unabhängig vom genetischen background im Sinne eines perinatal programmierten, epigenetischen Erkrankungsrisikos auftritt. In Deutschland leiden gegenwärtig mindestens 10 Prozent aller Schwangeren an einem meist unerkannten und damit unbehandelten Diabetes, Tendenz steigend. Die Aufnahme eines generellen Glukoseintoleranzscreenings in die Mutterschaftsrichtlinien ist daher als echte Präventionsmaßnahme für Mutter und Kind mit Nachdruck zu fordern. Plagemann, J Perinat Med 32 (2004) 297–305; Plagemann, in: Ganten, Ruckpaul, Wauer: Molekularmedizinische Grundlagen von fetalen und neonatalen Erkrankungen (eds.), Springer-Verlag (2005) 325–344.
Bildgebende Diagnostik des Harntraktes im Kindesalter DGKJ-HS-66 Urosonografie mit Ultraschallkontrastmitteln B. Zieger1 1Institut für Radiologie VS-Villingen, Schwarzwald-Baar-Klinikum, VillingenSchwenningen Die Diagnose des vesikoureteralen Refluxes [VUR] mittels Ultraschall ist durch den Einsatz von stabilen Ultraschallkontrastmitteln seit Mitte der 90er Jahre zuverlässlich möglich geworden und hat in Europa zwischenzeitlich zunehmende Verbreitung gefunden. Die Untersuchung besteht aus einer nativen Basisuntersuchung, anschließender Kontrastmittelapplikation in die Harnblase und Sonographie der Nieren und Harnleiter vor und während Miktion. Eine zusätzliche transperineale Darstellung der Urethra ist möglich. Die Diagnose des VUR beruht auf dem Nachweis von Mikrobläschen in Harnleiter oder Nierenbeckenkelchsystem. Dabei sind verschiedene Ultraschallverfahren einsetzbar: fundamentale Technik, Farbdoppler, Harmonic Imaging oder auch verschiedene Verfahren der Kontrastdarstellung. Der Reflux wird ähnlich zum Befund bei der Röntgen-Miktions-Cystourographie (MCU) in 5 Grade eingeteilt. Als Kontrastmittel wird am häufigsten Levovist® eingesetzt, eine Substanz auf Galactosebasis, die kleine luftgefüllte Mikrobläschen enthält. Sie ist inzwischen in mereren Ländern für diese Applikation zugelassen. Empfohlen wird für den fundamentalen Ultraschall eine Menge von 5–10% des Blasenvolumens in einer Konzentration von 300 mg/ml einzusetzen; bei Verwendung von Harmonic Imaging reichen weniger als 5%. Die Blasenfüllung erfolgt mit physiologischer Kochsalzlösung, wobei darauf zu achten ist, nur solches zu verwenden, das ausreichend mit Sauerstoff gesättigt ist, d.h. nur physiologische Kochsalzlösung aus Plastik- nicht aus Glasflaschen. In mittlerweile mehr als 10 Jahren Erfahrung mit der Miktionsurosonographie wurden keine Nebenwirkungen des Kontrastmittels Levovist® bei intravesikaler Anwendung beobachtet. Erste Berichte über den Einsatz von Sonovue®, einem Ultraschallkontrastmittel der 2. Generation, liegen inzwischen auch vor, hiervon wird sogar nur weniger als 1% des Blasenvolumens benötigt. Vergleichende Studien mit der MCU und der direkten Radionuklid-Cystourographie haben wiederholt eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität für die sonographische Untersuchung gezeigt, diese Ergebnisse werden dargestellt und diskutiert. Heute kann die Miktionsurosonographie bei folgenden Indikationen empfohlen werden: (a) Verlaufskontrollen, (b) Erstuntersuchung bei Mädchen, (c) Screeninguntersuchung bei asymptomatischen Risikopatienten.
DGKJ-HS-67 MR-Urografie G. Staatz1 1Kinderradiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Die MR-Urographie gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung für die bildgebende Diagnostik des oberen Harntraktes im Kindesalter. Neben der detaillierten Darstellung des Hohlraumsystems erlaubt die MR-Urographie auch die Erfassung funktioneller Informationen. Zu den Hauptindikationen gehören Nieren- und Harnwegsanomalien, insbesondere Dilatationen des oberen Harntraktes, komplizierte doppelte Nierenanlagen, ektope Ureteren und zystische Nierenerkrankungen. Ferner können pyelonephritische Läsionen sowie die Refluxnephropathie akkurat dargestellt werden. Ziel des Vortrages ist es, pädiatrisch-orientierte Untersuchungsprotokolle vorzustellen und die Einsatzmöglichkeiten der T2- und der T1-gewichteten kontrastangehobenen MR-Urographie bei verschiedenen oberen Harnwegserkrankungen aufzuzeigen. Die T2-gewichtete MR-Urographie nutzt als statisches Verfahren die Wasser- bzw. Urinfüllung des Hohlraumsystems zur Bildgebung aus, und eignet sich besonders gut zur Diagnostik obstruktiver Harnwegserkrankungen und dilatierter, funktionsloser Nierenanlagen. Die T1-gewichtete MR-Urographie nach intravenöser Injektion eines niedrig dosierten Furosemids und Gadolinium basiert wie das konventionelle Röntgenurogramm auf der Ausscheidung eines nierengängigen Kontrastmittels und liefert zusätzlich Informationen über die Nierenfunktion. Die T1-gewichtete kontrastangehobene MR-Urographie ist zudem mit einer MR-Angiographie kombinierbar um z.B. eine subpelvine Stenose infolge einer Gefäßüberkreuzung darzustellen oder die Durchblutung und die Abflussverhältnisse bei Transplantatnieren abzuklären. Lernziele: • Indikationen und Einsatzmöglichkeiten der MR-Urographie im Kindesalter • Kinderradiologisch orientierte Untersuchungsprotokolle zur effizienten Durchführung der MR-Urographie • Wertigkeit der T2-gewichteten MRU versus der kontrastangehobenen T1-gewichteten MRU bei verschiedenen Erkrankungen des oberen Harntraktes • Dynamische MR-Urographie zur semiquantitativen Darstellung der Nierenfunktion. DGKJ-HS-69 Nieren und Nebennierenraumforderungen B. Stöver1, G. Benz-Bohm2 1Universitätsklinikum Charité Med. Fakultät d. Humboldt-Univ., Berlin; 2Pädiatrische Radiologie, Institut für Radiologie, Köln Das Neuroblastom (NB) ist mit 7% aller kindlicher Malignome häufiger als der Wilmstumor. In ca. 60% liegt der Tumor intraabdominal und geht dann meist vom Nebennierenmark, weniger häufig vom Grenzstrang aus. Adenome, Phäochromocytome und adrenokortikale Karzinome sind im Kindesalter extrem selten. Beim Neugeborenen kann es schwierig sein, das NB von einer Nebennierenblutung zu differenzieren, zumal beide bereits intrauterin auftreten können. Wegweisend ist oft nur der Verlauf. Beim Adenom und kortikalen Karzinom liegen meist klinische Zeichen einer Pubertas präcox vor. In der Primärdiagnostik ist die Sonographie entscheidend und kann einen Nierentumor als Zufallsbefund zeigen, sie ist jedoch immer durch die MRT zu ergänzen. Sowohl das NB als auch das Phäochromozytom zeigen eine starke Signalintensität in der T2-Gewichtung, das NB weist eine deutliche KM-Aufnahme auf, beim Phäochromocytom ist sie variabel. Wegweisend für ein NB ist die MIBG-Szintigraphie, die jedoch auch beim Phäochromozytom positiv ist, klinische Befunde (Bluthochdruck) differieren jedoch. Wilms-Tumoren, Nephroblastome, werden zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr diagnostiziert und sind überzufällig häufig mit anderen kongenitalen Fehlbildungen assoziiert. Initial führen allein klinische Parameter und das Ergebnis der Bildgebung zur Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Chemotherapie vor einer bioptischen Sicherung. Perinephritische Ausbreitung, Lymphknotenbefall und bilaterale Tumoren werden in der Sonographie unter Umständen nur unzureichend erkannt. Die MRT erfolgt zur Volumenbestimmung, beschreibt die sog. Pseudokapsel sowie die Inhomogenität des Tumors, differenziert zwischen vitalem Tumor und älterer Blutung und Nekrosen, erfasst die Verlagerung der V. cava, wie auch die Gefässinvasion. In die Differenzialdiagnose zum Wilmstumor müssen kongenitales mesoblastisches Nephrom, Nephroblastomatose, zystisches Nephroblatom, multilokuläres zystisches Nephrom, NB, Nierenzellkarzinom, das Lymphom der Niere, das zystische Adenom, sowie Teratom und Harmartom einbezogen werden. Klarzelltumoren, zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr diagnostiziert, sind unilateral und verursachen sowohl osteolytische als auch osteoblastische Metastasen im Knochen.
Gesunder und gestörter Schlaf bei Kindern und Jugendlichen DGKJ-HS-70 Gesunder Schlaf und Schlafhygiene G. Bürk1, B. Schlüter1 1Kinderklinik, Gemeinschafts-Krankenhaus, Herdecke Unsere große tägliche Ressource, der erholsame Schlaf, findet auch im Kindes- und Jugendalter zunehmend Beachtung . Die apparative Diagnostik von Schlafstörungen wurde in den letzten 10 Jahren erheblich erweitert. An erster Stelle steht jedoch nach wie vor die sorgfältig erhobene Anamnese. Ist das Thema „Schlaf “ Teil Ihrer Routineanamnese? Verhaltensauffälligkeiten am Tage können die Folge eines nicht-erholsamen Nachtschlafs sein. Geräuschvolle Atmung (Schnarchen) weist auf ein obstruktives Schlafapnoesyndrom hin, die häufigste intrinsische Schlafstörung im Kindesalter, bei der funktionelle Luftstromunterbrechungen zu vermehrten Arousal- (Aufweck-) Reaktionen führen, welche die Kontinuität des Schlafs stören. Andere schlafbezogene Atmungsstörungen (zentrale Schlafapnoe, Hypoventilation) sind in Betracht zu ziehen. Nicht nur „Schreikinder“, sondern auch Kinder mit Wachstumsschmerzen können ganze Familien aus dem Gleichgewicht bringen. Hier sollte an das Restless-Legs-Syndrom gedacht werden, das sich bereits im Kindes- und Jugendalter manifestieren kann. Eine schlafbezogene Epilepsie kann die Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen. Beim Rheumakranken ist die Frage nach nächtlichen Schmerzen eine Frage nach der Lebensqualität. Wieviel Schlaf braucht ein Neugeborenes? Dank der Schlafforschung wird immer mehr über den normalen Schlaf und seine Variationen bekannt. Wir kennen schon lange „Eulen“ und „Lerchen“ und auch den Langschläfer Goethe und den Kurzschläfer Napoleon. Der Erholungseffekt, der von einem kurzen Schlaf ausgeht, ist belegt. Der Schlaf des Kindes hat besondere Qualitäten und Eigenheiten. Je jünger das Lebensalter, desto kürzer die Schlafzyklen, die den Schlaf in Leichtschlaf, Tiefschlaf und Aktiv (REM)- Schlaf gliedern. Kann man Schlaf nachholen? Gesunder Schlaf ist Teil eines geregelten Ruhe-Aktivitätsszyklus über 24 Stunden. Säuglinge und Kleinkinder benötigen eine regelmäßige Tagesroutine, um den eigenen Schlaf-Wach-Rhythmus ausbilden zu können. Die schlafhygienische Beratung der Eltern steht an erster Stelle. Ein guter Schlaf hat seine Bedingungen: Raumtemperatur, Mahlzeitenaufnahme, Geräusche. Vieles ist allgemein bekannt, aber was wird wirklich beachtet? Und wie ist es mit dem abendlichen Medienkonsum? Der Vortrag will Information für den klinisch-praktischen Alltag und Motivation zur Fortbildung sein. DGKJ-HS-72 Systematik der Schlafstörungen B. Hoch1 1Josefinum-Kinderklinik, Augsburg Schlafstörungen aller Art finden sich bei ca. 40% aller Kinder. Um diese zu differenzieren empfiehlt sich die International classification of sleep
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disorders (ICSD-2) (1). In dieser werden nur drei typische im Kindesalter auftretende Schlaf- und schlafbezogene Atmungsstörungen als eigene Kapitel aufgeführt. Alle anderen pädiatrischen Schlafstörungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen werden im ICSD-2 unter den Krankheitsbildern der Erwachsenen behandelt, wobei jeweils auf die spezifischen pädiatrischen Charakteristika und Aspekte hingewiesen wird. Die ICSD-2 teilt die Schlafstörungen in acht Kapitel ein: 1. Insomnien, 2. schlafbezogene Atmungsstörungen, 3. Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs, 4. Circadiane Rhythmus-Schlafstörungen, 5. Parasomnien, 6. schlafbezogene Bewegungsstörungen, 7. isolierte Symptome, Normvarianten, ungelöste Fragen, 8. andere Schlafstörungen. Weiterhin finden sich zwei Anhänge zu folgender Thematik: Anhang A.: mit anders klassifizierten Störungen assoziierte Schlafstörungen (z.B. schlafbezogene Epilepsie, schlafbezogener Kopfschmerz). Anhang B.: andere psychiatrische oder verhaltensbezogene Störungen, die häufig mit der Differenzialdiagnose von Schlafstörungen zusammenhängen (z.B. affektive Störungen). Für Kinder sind insbesondere die inadäquate Schlafhygiene und verhaltensbedingte Insomnie relevant, ebenso die schlafbezogenen Atmungsstörungen (z.B. zentrale / obstruktive Apnoen), Störungen des Zirkadianen Schlaf-Rhythmus (z.B. irreguläre Schlaf- Wachmuster). Bei den Parasomnien stehen das Schlafwandeln, der Pavor nocturnus und Alpträume im Vordergrund, bei den schlafbezogenen Bewegungsstörungen finden sich häufig das so genannte Restless-legs- Syndrom und periodische Bewegungen der Gliedmaßen. Literatur (1) American Academy of Sleep Medicine. International classification of sleep disorders, 2nd ed.: Diagnostic and coding manual. Westchester, Illinois: American Academy of Sleep Medicine, 2005
DGKJ-HS-73 Schlafstörungen – ein Thema für den Kinder- und Jugendpsychiater? B. Heßmann1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster Der Schlaf ist ein sensibles Instrument für unser seelisches Gleichgewicht. Sorgen und Nöte rauben oft schon Kindern den Schlaf. Gerade auch im Rahmen unserer kinderärztlichen Tätigkeit muten wir Kindern oft Maßnahmen zu, die ängstigend, deprimierend und traumatisierend sind. Kinder reagieren darauf häufig mit erheblichen psychischen Symptomen, insbesondere mit Schlafstörungen. Viele dieser Störungen sind unter elterlicher Zuwendung rückläufig. Oft heilt die Zeit alle Wunden. Manchmal jedoch nicht.Woran erkennt man, das ein Kind eine manifeste und damit auch behandlungspflichtige kinderund jugendpsychiatrische Erkrankung entwickelt hat? Was macht man dann? Anhand von Beispielen werden Wege aus der Krise aufgezeigt. Dabei wird die Wichtigkeit eines psycho-somatischen Verständnisses betont und daraus die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit abgeleitet.
Pädiatrische Onkologie DGKJ-HS-74 Leben nach einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) – Überleben-Rezidive-Spätfolgen M. Schrappe1 1Universitätskinderklinik, Kiel Die Überlebensrate von Kindern und Jugendlichen mit ALL hat mit moderner risikoadaptierter Therapie fast 80% erreicht. Weitere Verbesserungen erscheinen nach aktuellen Daten noch möglich, erfordern aber eine Neubewertung des Risikoprofils dieser Patienten: In einigen Subgruppen der ALL ist die Rezidivrate (systemisch und extramedullär) auf unter 5% gesunken. Die Identifizierung von Patienten mit sehr niedrigem Rezidivrisiko gelingt heute nicht zuletzt dank der Möglich-
keit, die minimale leukämische Resterkrankung (MRD) zuverlässig nachzuweisen und für die risikoadaptierte Therapie zu nutzen. Schwierig ist immer noch die Abschätzung der Prognose in der großen Gruppe von (Vorläufer-B-Zell-) ALL-Patienten, die keine spezifischen genetischen Aberrationen aufweisen und auch nicht durch ein besonders ungünstiges MRD-Response Muster auffallen. Mittels molekulargenetischer Methoden wird dabei nicht nur die Leukämie selbst, sondern auch die genetische Variation auf Keimbahnebene zu analysieren sein. Angesichts des für viele Patienten erniedrigten Rückfallrisikos bedürfen jetzt die schweren Nebenwirkungen, die v.a. in oder unmittelbar nach der Induktionstherapie bei einer signifikanten Zahl von Patienten beobachtet werden, einer sorgfältigen Risikoanalyse, insbesondere wenn es zu therapiebezogenen Todesfällen kommt. Selbst bei Patienten mit Hochrisiko-ALL ist eine Neubewertung vorzunehmen: Aktuelle Modifikationen der Chemotherapie in der Therapiestudie ALL-BFM 2000 haben die Rezidivrate für diese Gruppe signifkant gesenkt; zusätzlich ist für bestimmte Patienten der zusätzliche Einsatz der allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation kurativ gewesen. Auch hier ist eine sorgfältig Risikoanalyse intensiverer Therapieansätze vorzunehmen, die die Überlebenschancen nach einem Rezidiv mit zu berücksichtigen hat. Neben der akuten Morbidität und Mortalität sind sorgfältig alle Aspekte der mittelfristigen und der Langzeit-Toxizität bei der Planung der Primärtherapie zu bedenken. Zu nennen sind die avaskulären Knochennekrosen, die Kardiotoxizität und die Wachstumseinschränkungen. Besonders kritisch sind aber die Zweitmalignome: Dabei sind trotz reduzierter Therapieintensität sekundäre Leukämien (AML, MDS) zu beobachten und v.a. aus den älteren Studien die strahleninduzierten Zweitmalignome (maligne Gliome u.a.). Aktuelle Daten aus USA zeigen, dass dies ein gravierendes langfristiges Problem darstellen kann. Die ALL-BFM Studiengruppe hat daher systematisch eine Reduktion der Strahlentherapie (Einschränkung der Indikation auf ca. 20% der Patienten; reduzierte Dosis: 12 Gy) vorgenommen und plant eine weitere Elimination. Gedankt sei den Mitgliedern der ALLBFM 2000 Studiengruppe und allen an der Studiendurchführung Beteiligten in der Studienzentrale und den Referenzlaboren sowie dem Förderer, der Deutschen Krebshilfe. DGKJ-HS-75 Leben nach Hirntumortherapie – Überleben vs. Spätfolgen S. Rutkowski1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg Fragestellung: Die Überlebensraten von Kindern und Jugendlichen mit Hirntumoren sind im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien der GPOH in den letzten Jahrzehnten durch Verbesserungen von Diagnostik, Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie gestiegen. Dementsprechend hat die Bedeutung von Erkrankungs- und therapieassoziierten Spätfolgen, die demgegenüber abzuwägen sind, zugenommen. Methode: Innerhalb der im Behandlungsnetzwerk HIT* zusammengeschlossenen Hirntumorstudien sollen Kinder mit Hirntumoren zunehmend eine ihrem jeweiligen Rezidivrisiko entsprechende multimodale risikoadaptierte Therapie erhalten. Durch Identifizierung von klinischen und biologischen Risikofaktoren sowie durch Erfassung potentieller Spätfolgen sollen besonders belastende Therapieelemente identifiziert und künftig möglichst reduziert oder vermieden werden. Ergebnisse: Die Entwicklung der Therapiekonzepte der Hirntumorstudien wird exemplarisch am Beispiel der Studie HIT 2000* und deren Vorläuferstudien für Kinder und Jugendliche mit intrakraniellem Medulloblastom, PNET und Ependymom erläutert. Eine Verminderung der kraniospinalen Bestrahlungsdosis oder eine Verkleinerung des Bestrahlungsfeldes wirkt sich günstig auf die Intelligenzentwicklung und möglicherweise auch auf andere Spätfolgen aus. Entsprechend soll bei Kindern über 4 Jahren mit Medulloblastom ohne Metastasierung das gute 5-Jahres-PFS der Vorläuferstudie HIT’91 von 79% durch den randomisierten Vergleich zwischen hyperfraktionierter Bestrahlung
reduzierter konventioneller Bestrahlung, gefolgt von Erhaltungschemotherapie, unter gleichzeitiger Reduktion von Spätfolgen verbessert werden. Im Rahmen der HIT-SKK-Studien wurden bei jungen Kindern mit nicht metastasiertem Medulloblastom mittels Ersatz der Bestrahlung durch intensivierte Chemotherapie verbesserte Überlebensraten bei gleichzeitiger Verminderung der neurokognitiven Defizite erreicht. So kann heute die Strahlentherapie für Säuglinge und Kleinkinder mit Medulloblastom durch intensive Chemotherapie häufig vermieden oder hinausgezögert werden. Für Kinder mit metastasierter Erkrankung werden intensivierte Therapiekonzepte evaluiert. Vorliegende Untersuchungen zu Ototoxizität, endokrinologischen Defiziten, Fertilität, Sekundärmalignomen und sozialer Integration werden vorgestellt. Schlussfolgerung: Die systematische Erfassung von therapieassoziierten Spätfolgen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bewertung von risikoadaptierten Behandlungskonzepten. Neben der verbesserten Erfassung somatischer Defizite ist innerhalb des Behandlungsnetzwerks HIT ein studienübergreifendes Basisdiagnostikum Neuropsychologie für Kinder mit Hirntumoren in Planung. * Gefördert durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung DGKJ-HS-76 Leben nach Sarkombehandlung – Von der Sarkomnachsorge zum Nachsorgenetzwerk LESS T. Langer1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Hintergrund: Die Heilungsraten nach Krebs im Kindes- und Jugendalter beträgt heute 75%. Welche Folgen die Behandlung von Krebs in dieser Altersgruppe hat, wird heutzutage durch die Therapieoptimierungsstudien (TOS), der RiSK Studiengruppe, der AG Lebensqualität, dem Kinderkrebsregister und das Late Effects Surveillance System (LESS) untersucht. LESS ist ein prospektives Nachsorgenetzwerk, welches seit 1998 Spätfolgen nach der Behandlung von Krebs bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland, Österreich und der Schweiz erforscht. In einer Pilotphase wurden schwerpunktmäßig Spätfolgen nach Behandlung von Ewing-, Osteo- und Weichteilsarkompatienten in Kooperation mit 246 Kliniken und 60 niedergelassenen Ärzten standardisiert erfasst. Methoden: Die Patienten werden im Rahmen der Nachsorge in ihrer lokalen Klinik bzw. Arztpraxis untersucht, gemäß den Leitlinien im LESS-Studienprotokoll. Untersuchungsergebnisse werden von der LESS-Studienzentrale abgefragt und bei Problemen erfolgt eine aktive Beratung der lokalen Nachsorgeeinrichtung. Aktuell liegen Daten von 1225 Sarkompatienten vor. Ergebnisse: Im Rahmen der Nachsorge der 1225 Sarkompatienten wurden schwerpunktmäßig die Herz-, Nieren- und Schilddrüsenfunktion untersucht. Eine Doxorubicin-induzierte Kardiomyopathie lag bei 3,7% (30/815) der mit Doxorubicin behandelten Patienten vor. Eine Ifosfamid-induzierte Tubulopathie wurde in 4,6% (27/593) der Patienten nach Ifosfamid diagnostiziert. Eine höhere kumulative Ifosfamiddosis und ein jüngeres Alter wurden als Risikofaktoren für eine Ifosfamid-induzierte Tubulopathie identifiziert. Bei 15% (51/340) der Patienten wurde eine Thyreotoxizität gemeldet. Bei 10 Patienten mit Thyreotoxizität war die Schilddrüsendosis >1 Gy (mittlere kumulative Dosis 36,6 Gy), wobei bei zwei Patienten der Tumor im Bereich des Thorax lag. Bei 8 Patienten war die Organdosis der Hypophyse >1 Gy (mittlere kumulative Dosis 46 Gy). Schlussfolgerung: Die standardisierte prospektive Erfassung und, wenn nötig und möglich, auch die Behandlung von Spätfolgen innerhalb des LESS-Nachsorgenetzwerkes ist eine effiziente und kosteneffektive Nachsorgestrategie, welche ein wichtiges Instrument der Sekundär- und Tertiärprävention darstellt. Insbesondere das Einbeziehen von weiteren Tumorentitäten in dieses Nachsorgenetzwerk ermöglicht zusammen mit den Therapieoptimierungsstudien, der RiSK Studiengruppe, der AG Lebensqualität und dem Kinderkrebsregister eine umfassende Risikoadaptierte Nachsorge ehemals krebskranker Kinder Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts und Jugendlicher. Die Spätfolgenergebnisse können bei der Planung zukünftiger Therapiestudien berücksichtigt werden.
Kindernephrologie DGKJ-HS-78 Erythropoietin jenseits der Anämiekorrektur D. Fliser1 1Nephrologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover Das körpereigene Hormon Erythropoietin (EPO) reguliert in Abhängigkeit vom Sauerstoff-Partialdruck im Gewebe die Bildung und Ausreifung von roten Blutzellen im Knochenmark und im peripheren Blut. Rekombinantes humanes EPO (rHuEPO) wird deshalb seit über zwei Jahrzehnten bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und seit einiger Zeit auch bei Patienten mit präterminaler Niereninsuffizienz zur Behandlung der renalen Anämie erfolgreich eingesetzt. EPO verliert jedoch zunehmend dieses angestammte Bild eines nur auf die Erythropoese beschränkten Hormons. Bereits im Embryo nimmt EPO eine Schlüsselstellung in der Regulation der Gefäßbildung und somit des Organwachstums ein. Neue Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass EPO auch im erwachsenen Organismus die Reparatur und Aufrechterhaltung des Gefäßsystems beeinflusst. In tierexperimentellen Studien wurde für EPO eine breite Palette von protektiven Eigenschaften am Herzen, am Hirn und auch an den Nieren beschrieben, die unabhängig waren von seiner Wirkung auf die rote Zellreihe. In einer ersten Pilotstudie bei Patienten nach Schlaganfall konnte die rasche hoch dosierte Gabe von rHuEPO tatsächlich neurologische Ausfälle sowie die Schwere der Gewebeschäden verringern. Die Behandlung mit rHuEPO oder analogen Substanzen zur Organprotektion könnte somit völlig neue Perspektiven in der Therapie von verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen eröffnen.
Lysosomale Speichererkrankungen: Frühe Diagnose – frühe Therapie? DGKJ-SY-50 Hautveränderungen bei Patienten mit lysosomalen Speichererkrankungen T. Jansen1 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Essen, Essen Lysosomale Speicherkrankheiten stellen eine Gruppe von über 40 Stoffwechselerkrankungen dar, von denen viele mit charakteristischen Hautveränderungen verbunden sind, die eine frühzeitige Diagnosestellung und Therapieeinleitung ermöglichen. Der Morbus Fabry, gekennzeichnet durch eine Aktivitätsminderung des Enzyms a-Galaktosidase A und ein X-chromosomales Vererbungsmuster, geht einher mit einer konsekutiven Funktionsstörung verschiedener Organsysteme. Die auffälligsten Symptome sind brennende Schmerzen in Händen und Füßen (Akroparästhesien), Gefäßektasien (Angiokeratoma corporis diffusum), Schweißsekretionsstörungen (Hypooder Anhidrosis), Hornhaut- und Linsentrübung, kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Störungen sowie Niereninsuffizienz, wobei letztere eine häufige Todesursache darstellt. Das Vollbild der Erkrankung wird bei (hemizygoten) Männern beobachtet, während (heterozygote) Frauen auch asymptomatisch sein oder eine abgeschwächte Form der Erkrankung aufweisen können. Die klinische Diagnose muss durch Bestimmung der a-Galaktosidase A-Aktivität und/oder den Nachweis der Speichersubstanz (Globotriaosylceramid) verifiziert werden. Ein sicherer Nachweis des Konduktorinnenstatus ist nur durch molekulargenetische Methoden möglich. Aufgrund der heterogenen und oft diffusen Symptomatik gilt die Zahl undiagnostizierter Patienten immer noch als hoch. Die
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beträchtliche klinische Heterogenität der Erkrankung spiegelt sich wider in der Vielzahl von Mutationen, die im a-Galaktosidase A-Gen nachgewiesen wurden. Bis vor einigen Jahren konnte die Erkrankung nur symptomatisch behandelt werden, mittlerweile steht jedoch für die Betroffenen eine effektive Enzymersatztherapie durch exogene Zufuhr gentechnologisch hergestellter a-Galaktosidase A (Agalsidase alfa: Replagal®, Shire Human Genetic Therapies; Agalsidase beta: Fabrazyme®, Genzyme) zur Verfügung. Der Morbus Hunter (MPS II) gehört zur Gruppe der Mukopolysaccharidosen, die durch eine lysosomale Anhäufung von Glykosaminoglykanen (Heparan- und Dermatansulfaten) gekennzeichnet sind. Die X-chromosomale Lokalisation des betroffenen Enzyms Iduronatsulfat-Sulfatase bedingt, dass bis auf wenige Ausnahmen nur männliche Personen betroffen sind. Auch hier handelt es sich um eine Multiorganerkrankung mit einem breiten klinischen Spektrum und einer Beteiligung von Skelett, Haut, Herz, Lunge und Nervensystem. Patienten mit schwerer Verlaufsform, neurologischer Beteiligung und progressivem Verlust der mentalen Fähigkeiten sterben bereits in jungen Jahren. Aber auch Patienten mit weniger ausgeprägten Symptomen und kaum reduzierter Lebenserwartung sind beschrieben. Zu den Hautmanifestationen gehören eine Hypertrichose und knötchenförmige Hautverdickungen, die auch als Peau d’Orange bezeichnet werden. Auch für den Morbus Hunter ist neuerdings eine kausale Enzymersatztherapie verfügbar (Elaprase®, Shire Human Genetic Therapies).
Differenzierte Impfentscheidungen in der Praxis DGKJ-SY-57 Impfung gegen Varizellen – 1, 2 oder 3 Impfungen V. Schuster1 1Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche, Leipzig Die Varizellenimpfung im frühen Kindesalter ist effektiv, sicher und gut verträglich. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass zwei Impfdosen einen signifikant höheren Schutz vor Windpocken erzeugen als nur die einmalige Gabe des VZV-Impfstoffs. Seit letztem Jahr wird daher in den USA generell die zweimalige VZV-Impfung empfohlen. In Deutschland gilt dies derzeit unter der Voraussetzung, dass mit einem Vierfach-Impfstoff (MMRV) geimpft wird. Zum Schutz vor einem Herpes Zoster steht für ältere Menschen in Deutschland voraussichtlich noch in diesem Jahr ein wirksamer Impfstoff (Zostavaxâ) zur Verfügung. Sollte durch eine konsequente generelle 2-malige Varizellenimpfung aller Kleinkinder das zirkulierende VZV-Wildvirus in der Gesamtbevölkerung weitgehend „verdrängt“ werden, so dass eine regelmässige exogene Boosterung VZV-Wildvirus ausbleibt, ist es zumindest theoretisch denkbar, dass das Zosterrisiko vorübergehend ansteigt. In den nächsten Jahrzehnten muss daher die sich möglicherweise ändernde Epidemiologie des Herpes Zoster v.a. bei den 10–44 Jährigen sorgfältig beobachtet werden.
Sonntag, 16. September 2007 Konzepte der Schmerztherapie DGKJ-HS-80 Schmerzen hinterlassen Spuren – Pathophysiologie der Schmerzverarbeitung C. Nau1 1Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Akute Schmerzen gelten als lebenserhaltende, physiologische Antwort auf schädliche chemische, thermische oder mechanische Reize. Chro-
nische Schmerzen dagegen haben keine Warnfunktion – sie sind Folge neuronaler Plastizität im peripheren Nervensystem, im Rückenmark oder/und im Gehirn und müssen als eigenständige Krankheitsentität betrachtet werden. Pathophysiologische Erkenntnisse zeigen, dass die traditionelle Zweiteilung zwischen akutem Schmerz mit unmittelbarem Beginn und kurzer Dauer und chronischem Schmerz, der über die Heilung einer Verletzung oder Entzündung hinaus persistiert, problematisch ist. Vorklinische Studien haben belegt, dass posttranslationale Modulation von Schlüsselproteinen mit entsprechenden Funktionsänderungen bereits Minuten, transkriptionsabhängige Veränderungen in Effektorgenen durch Aktivierung von Transkriptionsfaktoren wenige Stunden nach Gewebeverletzung einsetzen. In chronischen Schmerzmodellen können langfristige verhaltensbiologische und histologische Veränderungen bereits einen Tag nach Intervention initiiert werden. Es gibt eine Vielzahl weiterer Beispiele dafür, dass die biologische und psychologische Basis für persistierende und chronische Schmerzen bereits innerhalb von wenigen Stunden nach Gewebeverletzung oder Entzündung gelegt werden kann. Daher müssen akute Schmerzen als Initialphase einer durch Gewebeverletzung oder Entzündung getriggerten extensiven nozizeptiven und psychologischen Kaskade angesehen werden und frühzeitig und ausreichend therapiert werden. DGKJ-HS-81 Hypervigilanz und postoperative Schmerzen S. Lautenbacher1 1Physiologische Psychologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg Starke und/oder persistierende Schmerzen sind immer noch eine häufige Komplikation nach Operationen und verursachen große persönliche sowie ökonomische Kosten. Eine erfolgreiche Vorhersage postoperativer Schmerzen ist ein wichtiger Schritt zur Prävention. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass somatische Prädiktoren nicht ausreichen, sondern dass die Berücksichtigung psychologischer Prädiktoren geboten ist. Die Hypervigilanz, die als rigide Aufmerksamkeitsfokussierung auf den Schmerz definiert ist und als häufige Begleiterscheinung von chronischen Schmerzen beobachtet wurde, scheint in besonderem Maße geeignet zu sein, die Prognose postoperativer Schmerzen zu ermöglichen. In einer Längsschnittstudie sollen 100 junge Männer im Alter von 14 bis 30 Jahren mit angeborenen Deformationen der Brust (Trichterbrust, Kielbrust) vor der operativen Korrektur und vier Mal danach (1 Woche, 3, 6 und 12 Monate) untersucht werden. Die Hypervigilanz wird auf mehreren Dimensionen erhoben: impliziter Focus der Aufmerksamkeit (Dot-Probe-Test), expliziter Focus der Aufmerksamkeit (Hypervigilanzfragebögen), Schmerzreagibilität (Schmerzschwelle, Summationsparadigma) und hormonelle Aufmerksamkeitsmodulatoren (Cortisolreagibilität). Die zu prädizierenden Kriterien sind die Schmerzintensität und -häufigkeit nach der Operation, der Gebrauch von Analgetika und schmerzverursachte funktionelle Einschränkungen. Eine vorläufige Regressionanalyse über ca. 40 Patienten eine Woche postoperativ und ca. 30 Patienten 3 Monate postoperativ lieferte Korrelationen, die hoch genug sind, um die Hypervigilanzparameter als sehr gute Prädiktoren zu klassifizieren. Der Erklärungsbeitrag der einzelnen Parameter war zudem weitgehend unabhängig voneinander. DGKJ-HS-82 Postoperative Schmerztherapie bei Kindern N. Grießinger1, I. Wilhelm1, R. Sittl1 1Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Studien zur postoperativen Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen zeigen, dass nur ein Teil der Patienten ausreichend schmerztherapeutisch versorgt wird. Wesentliche Ursachen für diese Unterversorgung sind mangelnde physiologische und pharmakologische Kenntnisse und eine fehlende Schmerzmessung. Bei der Verwendung
von Analgetika ist auf eine kindgerechte Applikationsweise (keine i.m.-Injektionen) zu achten. Als Nichtopioide kommen Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac und Metamizol zum Einsatz. Wenn Opioide notwendig sind, sollte die jeweils benötigte individuelle Dosis durch intravenöse Titration ermittelt werden. Schwache Opioide (Tramadol) können kontinuierlich intravenös bis zu einer Dosierung von 0,25 mg/kg/h verabreicht werden. Beim Einsatz von starken Opioiden (z.B. Morphin, Piritramid) ist eine patienten kontrollierte Analgesie (intravenöse PCA = PCIA) bei Kindern ab dem sechsten Lebensjahr möglich. Gut geschulte Kinder, informierte Eltern, geeignete Pumpen und ein respiratorisches Monitoring sind weitere wichtige Voraussetzungen für die sichere und effektive Applikation von Opioiden mittels der patienten – kontrollierten Analgesie. Neben der Oberflächenanästhesie sind bei Kindern intraoperativ angelegte Nervenblockaden wirksame Möglichkeiten der Schmerztherapie. Lumbale und thorakale Epiduralanalgesie (auch als epidurale PCA = PCEA) mit Lokalanästhetika und/oder Opioiden können bei thorakoabdominellen und ausgedehnten orthopädischen oder urologischen Eingriffen zur Anwendung kommen. Koanalgetika und stimulative Therapieverfahren (TENS) werden entsprechend der pathophysiologischen Schmerzursache vor allem bei Nervenschmerzen verwendet. Die Etablierung von Akutschmerzdiensten in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen den betei ligten Fachgruppen kann wesentlich dazu beitragen, die Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen im postoperativen Bereich effektiver und sicherer zu machen. Weitere wichtige Aufgabengebiete beinhalten regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen, Qualitätskontrolle und klinische Forschung im Bereich der pädiatrischen postoperativen Schmerztherapie.
Pädiatrische Dermatologie DGKJ-HS-87 Vaskulitiden (Purpura Schönlein-Henoch, Kawasaki-Syndrom) H. Cremer1 1Netzwerk interdisziplinäre pädiatrische Dermatologie e.V., Heilbronn Einteilung der Vaskulitiden. Aus klinischer Sicht sollte eine Einteilung der entzündlichen Gefäßerkrankungen bevorzugt werden, die den praktischen Erfordernissen der Diagnosefindung gerecht wird und entsprechende therapeutische Konsequenzen nach sich zieht. Dabei ist die Beibehaltung des nosologischen Prinzips (primär – sekundär) und die Einteilung nach Gefäßkalibergröße am praktikabelsten. Als große Gefäße werden Aorta, Stamm- und Extremitätengefäße einschließlich der Finger- und Zehenarterien bezeichnet, unter mittelgroßen Gefäßen versteht man Organarterien und Venen und unter kleinen Gefäßen die Mikrostrombahn mit präkapillären Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Im Kindesalter sind eigentlich fast nur die Purpura Schönlein Henoch und das Kawasaki-Syndrom von praktischer Bedeutung. Purpura SCH-H. Klinisch ist die P.Sch.H. das Chamaeleon unter den Erkrankungen mit einer breiten Symptomen-Vielfalt. Pathogenetisch handelt sich um eine Immunkomplex-Krankheit. Die Ätiopathogenese ist unbekannt. Vermutlich kommt es auf genetischer Basis zur immunpathologischen Antwort auf einen äußeren Reiz, wie Infektionserreger, mit leukozytoklastischer Vaskulitis und Niederschlag IgA-haltiger Immunkomplexe an der Gefäßwand. Betroffen sind vorwiegend kleinste Arterien und Kapillaren in der Haut, den Gelenken, dem Gastrointestinaltrakt, den Nieren und selten auch in anderen Organen wie ZNS, Lunge, Hoden. Die Erkrankung ist häufig nach Infektionen der oberen Luftwege zu beobachten Kawasaki-Syndrom: Weltweit ist das Kawasaki-Syndrom die häufigste Vaskulitis des Kindesalter. Der entzündliche Prozess betrifft im Anfangsstadium kleine Gefäße und breitet sich im Verlauf der Erkrankung auf große Gefäße aus, unter bevorzugtem Befall der Koronar-Arterien.Die Ätiopathogenese ist nach wie vor nicht sicher geklärt. Wahrscheinlich spielen Superantigene eine wichtige Rolle.Das KAWASAKI – Syndrom (KS) ist charakterisiert durch 6 Hauptsymptome. Für das Vorliegen eines kompletten KS wird das Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Vorhandensein von 5 Hauptsymptomen bei gleichzeitigem Ausschluss anderer differentialdiagnostisch in Frage kommender Erkrankungen (Scharlach, STILL – Syndrom, Morbus WISSLER, Erythema exudativum multiforme u.a) oder von 4 Hauptsymptomen bei gleichzeitigem Nachweis von Coronaraneurysmen gefordert. Für die Prognose entscheidend ist ein frühzeitiger Therapiebeginn und damit eine frühzeitige Diagnosestellung DGKJ-HS-88 Talgdrüsenerkrankungen, Akne T. Jansen1 1Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Essen, Essen Die Akne ist die häufigste Hauterkrankung. Sie setzt üblicherweise in der Pubertät ein, bei Mädchen etwas früher als bei Jungen. Um das 15.– 18. Lebensjahr ist sie bei etwa 80% der Menschen vorhanden, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Insgesamt sind beide Geschlechter mit gleicher Häufigkeit betroffen. Schwere Akne (Acne conglobata) ist bei männlichen Patienten häufiger als bei weiblichen. Die Regression erfolgt normalerweise um das 18.–20. Lebensjahr. In bis zu 10% der Fälle persistiert die Akne bis über das 20. Lebensjahr hinaus oder beginnt erst im Erwachsenenalter (Acne tarda). Die Akne im Kindesalter umfasst Erscheinungsformen, die von Geburt an oder in den ersten Lebenswochen (Acne neonatorum) oder auch nach dem 3.–6. Lebensmonat auftreten (Acne infantum). Sie ist physiologisch (insbesondere als Folge der Androgenproduktion durch die Zona reticularis der Nebenniere) oder pathologisch und bedarf dann einer endokrinologischen Abklärung und Therapie. Das gilt in besonderem Maße für die Akne im mittleren Kindesalter, also vom 1.–7. Lebensjahr. In dieser Altersgruppe ist die Akne sehr selten und stets verdächtig auf das Vorliegen einer endokrinologischen Störung. Als Ursache kommen vorzeitige Adrenarche, adrenogenitales Syndrom, gonadale oder adrenale Tumoren, Morbus Cushing und Pubertas praecox vera in Betracht. In manchen Fällen ist die Akne im Kindesalter durch Arzneimittel (z.B. Glukokortikoide) oder Pflegemittel (Acne cosmetica) induziert oder auch Ausdruck einer Intoxikation (Chlorakne). Schwere Verläufe mit Neigung zur Vernarbung sind bereits im Kindesalter möglich (Acne conglobata infantum). Die Akne im Kindesalter kann persistieren und in eine juvenile Akne übergehen. Sie stellt offenbar einen Risikofaktor für die Entwicklung einer schweren Akne in der Pubertät dar. Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) und vielleicht auch Testosteron scheinen für die Initiierung und Unterhaltung der juvenilen Akne, insbesondere bei Mädchen, von Bedeutung zu sein. Während sich gewöhnlich bei der Acne neonatorum keine therapeutischen Schwierigkeiten ergeben, da die Ausprägung der Erkrankung geringfügig ist und die Abheilung innerhalb von wenigen Wochen spontan erfolgt, verläuft die Acne infantum schwerer und bedarf einer Therapie, da sonst Komplikationen wie Narbenbildung drohen. Liegt eine endokrine Akne vor, ist eine Kooperation von Dermatologen und pädiatrischen Endokrinologen erforderlich.
Stoffwechsel DGKJ-HS-89 Diagnostische und therapeutische Langzeitbetreuung bei angeborenen Stoffwechselerkrankungen G.-F. Hoffmann1, M. Lindner2, P. Burgard3 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg; 2Klinikum d. Ruprecht-Karl-Universität, Kinderklinik, Heidelberg; 3Klinikum d.RuprechtKarl-Universität, Kinderklinik, Heidelberg Die Ausdehnung des Neugeborenencreenings (NGS) auf 12 metabolische Zielkrankheiten und die zunehmende Effektivität des selektiven
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Screenings stellt eine quantitative und qualitative Herausforderung für die pädiatrische Stoffwechselmedizin dar. Alleine für die PKU können wir in Deutschland auf der Basis der Bevölkerungsstatistik zum Zeitpunkt des Jahres 2005 für die Geburtsjahrgänge ab 1950 mit 6500 Patienten rechnen, wovon ca. 3600 nach Einführung des flächendeckenden Screenings geboren wurden. Davon sind 1700 älter als 19 Jahre, hiervon ca. 880 Frauen, also Kandidatinnen für maternale PKU. Für das Jahr 2050 ergibt sich auf der Basis der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung und heute verfügbaren Prävalenzen für die 12 im NGS gescreenten Krankheiten eine zu erwartenden Anzahl von ca. 11.000 Stoffwechselpatienten, davon 7000 Erwachsene. Die diagnostische und therapeutische Langzeitbetreuung angeborener Stoffwechselkrankheiten erfordert ein bereites Spektrum von Disziplinen. Stoffwechselmedizin, Stoffwechsellabormedizin, Diätetik/ Ernährung, Anthropometrie, Bildgebung, Neurologie, Innere Medizin, Gynäkologie, Ophthalmologie, Psychologie, Genetik und Transplantationsmedizin, um hier nur die wichtigsten zu nennen. Für den Bereich der Stoffwechselkrankheiten reicht das therapeutische Spektrum von der Organtransplantation und medikamentösen Therapien über die Diätetik zu rein verhaltensmedizinischen und palliativen Maßnahmen. Für viele Krankheiten ist die Behandlung sehr effizient und die Prognose ist ausgezeichnet. d.h. mit der Erwartung einer nahezu normalen Entwicklung aber der Verpflichtung einer lebenslangen therapeutischen Begleitung verbunden. Für die Zukunft stehen wichtige Probleme zur Lösung an. Hierzu zählen die Bewältigung der sicherlich über die o.g. Schätzungen hinausgehenden Patientenzahlen, die Reduktion der über Behandlungszentren und zwischen verschiedenen Ländern zu beobachtenden Variabilität der Behandlungsziele und der eingesetzten diagnostischen Verfahren zum Langzeitmonitoring sowie die Verbesserung der Compliance mit wissenschaftlich und klinisch entwickelten vereinheitlichten Behandlungsempfehlungen. Nach Einführung erfolgreicher Therapieverfahren müssen diese in Langzeitbeobachtungen an die Lebensspanne adaptiert und kontinuierlich klinisch überprüft werden. Weiterhin stellt sich die Frage der strukturellen Versorgung der Patienten über die Lebensspanne. Gleich ob diese in einem Übergangsmodell von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin oder in einem alterübergreifenden Stoffwechselzentrum stattfindet, muss in jedem Fall eine effektive und effiziente Koordination aller notwendig zu beteiligenden Fachdisziplinen erfolgen. DGKJ-HS-90 Therapiekonzepte basierend auf Patientenevaluation, Pharmakologie und Tiermodell – Beispiel SSADH Mangel I. Knerr1, P. L. Pearl2, T. Bottiglieri3, O. Snead4, C. Jakobs5, K. M. Gibson6 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Children’s National Medical Center, George Washington University, Washington DC, USA; 3Institute of Metabolic Disease, Baylor University Medical Center, Dallas, TX, USA; 4Division of Neurology, The Hospital for Sick Children, Toronto, Kanada; 5Metabolic Laboratory, VU Medical Center, Amsterdam, Niederlande; 6Children’s Hospital, Biochemical Genetics Laboratory, University of Pittsburgh, Pittsburgh, PA, USA Bei dem Succinatsemialdehyd-Dehydrogenase-Mangel (SSADH-Mangel, Gamma-Hydroxybutyracidurie), der erstmals 1981 beschreiben wurde, handelt es sich um eine seltene, angeborene Störung des GABAMetabolismus aufgrund einer Defizienz der SSADH (ALDH5A1) mit der Folge komplexer neurologischer Symptome wie Entwicklungsretardierung -insbesondere Sprachentwicklungsverzögerung- cerebrale Anfälle, Muskelhypotonie und Ataxie. Biochemisches Charakteristikum und hilfreiches Diagnostikum ist die Akkumulation von gamma-Hydroxybutyrat z.B. im Urin oder Liquor, außerdem finden sich zahlreiche Alterationen bei den Neurotransmittern, Aminosäuren, biogenen Aminen, Neurosteroiden und Antioxidantien im ZNS. Wir stellen im Rahmen einer multizentrischen Kooperation erhobene Daten zur Patientenevaluation über 25 Jahre vor, außerdem pharmakologische Grundlagen und Untersuchungen am Tiermodell (Aldh5a1-/-
Maus). Neben neueren diagnostischen Verfahren ergeben sich daraus auch weiterführende Optionen für pharmakologische und diätetische Therapiestudien.
Unfälle DGKJ-HS-92 Langzeitbetreuung Schädel-Hirn-Trauma verletzter Kinder B. Knecht1 1Rehabilitation, Rehabilitationszentrum, Universitäts-Kinderkliniken Zürich, Affoltern am Albis, Schweiz Wahrscheinlich dank vermehrter Präventionsmassnahmen ist die Anzahl schwer Schäde-Hirn-verletzter Kinder und Jugendlicher in den letzten Jahren am Kinderspital Zürich leicht zurückgegangen. Erhebliche und lang andauernde Gesundheitsprobleme sind aber nach wie vor in vielen Fällen die Folge. Ich werde versuchen, den Verlauf, die Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen dieser Patienten, wie sie im Rehabilitationszentrum des Kinderspitals Zürich erfolgen, aufzuzeigen. Am Kinderspital Zürich werden die hirnverletzten Kinder und Jugendlichen bereits in der Intensivstation zusammen mit den Kollegen der Intensivabteilung und der Chirurgie vom Rehabilitationsteam unter der Leitung eines Rehabilitationsarztes betreut. Dies ermöglicht einen frühen Beginn der Rehabilitationsmaßnahmen und eine frühe Verlegung ins Zentrum zur stationären Rehabilitation nach Affoltern. Ein Teil der Patienten werden nach Abschluss der stationären Rehabilitation weiter in der Rehabilitationspoliklinik bis zum Erreichen des Erwachsenenalters nachbetreut. In der Rehabilitation werden die Folgeprobleme der Hirnverletzung interdisziplinär mit der Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit erfasst (ICF, WHO 2001) und die lang- und kurzfristigen Therapie- und Rehabilitationsziele im Rehabilitationsteam gemeinsam, unter Einbezug der Erwartungen der Eltern und der betroffnen selbst, festgelegt. Je nach Schweregrad der Hirnverletzung zeigt sich eine rasche oder langsame Besserung, sehr selten ein persistierendes Wachkoma. Bei rascher Besserung kommen die meisten Funktionen und Aktivitäten nach Tagen wieder zurück. Bestehende Defizite sind nur durch systematische Suche zu finden. Es sind dies feinmotorisches Störungen, Beeinträchtigungen im Schreiben, Nacherzählen, Rechnen, kombinieren und logischen Denken. Häufig fallen die Störungen erst bei steigenden Ansprüchen in der Schule auf, wie z.B. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen, Vergesslichkeit und Verhaltensauffälligkeiten. Bei schweren Hirnverletzungen kann stationäre Rehabilitation Monate dauern. Es können sich motorische Defizite, Epilepsie, Sehbehinderung, Hör- oder Gleichgewichtsbehinderung, Störungen in Kognition und Kommunikation, Verhaltensauffälligkeiten und Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen und sozialen Beziehungen einstellen. In vielen Fällen normalisieren sich die sichtbaren bewegungsbezogenen Probleme wie Spastizität und Selbstversorgung relativ bald, während die primär nicht sichtbaren neuropsychologischen Probleme wie Konzentrationsschwäche, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Verhaltensprobleme eine Langzeitbetreuung in der Schule oder bei der Berufsausübung notwendig machen. Im Vortrag werde ich eigene Daten und Erfahrungen bezüglich Verlauf, Outcome und Langzeitbetreuung aufzeigen und mit Angaben aus der Literatur ergänzen. DGKJ-HS-94 Orthopädische Langzeitbetreuung von Kindern mit Extremitätenfehlbildungen J. Correll1 1Orthopädische Kinderklinik, Behandlungszentrum Aschau, Aschau In den letzten 20 Jahren hat sich die Behandlung von Extremitätenfehlbildungen grundlegend gewandelt. Während noch vor kurzer Zeit – und im englischen Sprachraum immer noch – fehlgebildete Glied-
massen überwiegend amputiert werden mussten, kann dies heute auch in extremen Fällen vermieden werden. Weltweit ist unsere Erfahrung die mit Abstand größte und unsere Gruppe von Patienten die einzige überhaupt, bei der nie irgendwelche Amputationen erfolgten. Wir betreuen zirka 1000 Kinder mit Gliedmaßenfehlbildungen. Im Vordergrund stehen hierbei longitudinale Gliedmaßendefekte der Beine. Sie verteilen sich bei uns wie folgt: Fibuladefekt mehr als 500 Fälle, Oberschenkeldefekt (PFFD) 195 Fälle, Tibiadefekt (die seltenste Fehlbildung, Häufigkeit von 1:1.000.000 Geburten) 71 Fälle. Besonders wichtig ist der möglichst frühe Kontakt des Kindes und seiner Eltern mit dem erfahrenen Kinderorthopäden. Hierdurch können die Weichen der Behandlung früh gestellt werden. Viel wichtiger ist es jedoch, den Eltern die meist vorhandenen Schuldgefühle zu nehmen, das Krankheitsbild mit ihnen zu diskutieren und ihnen einen Weg für die Zukunft des Kindes aufzuweisen. Am günstigsten, wenn auch für die Eltern sehr belastend, ist der vorgeburtliche Kontakt, der durch die Pränataldiagnostik immer häufiger wird. Beim Erstkontakt erklären wir den Eltern das gesamte Krankheitsbild, besprechen möglicherweise nötige kinderärztliche oder humangenetische Untersuchungen, und planen mit den Eltern die kinderorthopädische Zukunft des Kindes. Dies beinhaltet auch notwendige Operationen und das Ausmaß der bleibenden Behinderung des Kindes. Meist können wir auch die Eltern mit anderen Kindern und deren Eltern oder mit Selbsthilfegruppen entweder gleich in der Klinik oder durch Weitergabe von Adressen in Kontakt bringen. Ein wichtiger Grundsatz unseres Hauses: „Alles, was ein Kind von seinem individuellen Entwicklungsalter her tun möchte, soll es auch tun können.“ bedeutet, dass wir z.B. einem ungefähr 12monatigen Kind ermöglichen müssen, sich zu vertikalisieren. Häufig sind hierfür bereits Operationen nötig. In den letzten Jahren hat es sich bei uns aufgrund der Erfahrung von über 2500 an unserer Klinik durchgeführten Ilisarov-Verfahren als günstig erwiesen, geplante Beinverlängerungen und -korrekturen im Alter von 2 bis 3 Jahren durchzuführen. Die Kinder sind in diesem Alter durch die teils aufwändigen und langdauernden Behandlungen nur sehr wenig in ihren Aktivitäten und ihrer Lebensfreude beeinträchtigt. Je nach Ausmaß der Erkrankung sind häufig mehrere Eingriffe mit zwischenzeitlicher orthopädietechnischer Versorgung erforderlich, bis die Kinder ihre Behandlung abgeschlossen haben.
Leitlinien Kardiologie DGKJ-HS-95 Leitlinien Myokarditis A. Schmaltz1 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen Bei der Myokarditis im Kindesalter steht hierzulande die Virusätiologie an erster Stelle. Der Infektionsweg ist abhängig von der Virusart, teils rezeptorvermittelt, teils über das Endothel. Kardiale Autoimmunität und Viruspersistenz sind weitere pathogenetische Säulen der chronischen Myokarditis, die in eine postinflammatorische Kardiomyopathie münden kann. Die klinische Symptomatik ist sehr variabel und vom Ausmaß des Entzündungsprozesses abhängig. Diagnostisch spiegelt das Troponin die Myozytolyse wieder, mit dem MRT lässt sich ein fokales oder globales Myokardödem gut nachweisen. Der Goldstandard ist unverändert die Endomyokardbiopsie. Durch die Immunhistochemie lässt sich das zelluläre Infiltrat charakterisieren, durch PCR und in-situ-Hybridisierung das Virusgenom nachweisen. Die Therapierichtlinien sind derzeit noch nicht evidenz-basiert: Über den Einsatz von Virustatika oder Immunglobulinen sowie Kreislauf-unterstützenden Systemen beim foudroyanten Verlauf gibt es nur wenige Fallberichte oder Kleinserien. Eine Viruspersistenz kann mit Interferon, die autoimmunvermittelte Myokarditis durch Immunsuppression bekämpft werden. Begleitet werden diese Maßnahmen von Bettruhe und einer konventionellen antikongestiven Therapie. Die Prognose ist problematisch, häufig stellt die Herztransplantation die rettende Lösung dar. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-HS-96 Kardiomyopathien L. Sieverding1, A. Schmaltz2 1Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen; 2Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinikum Essen, Essen Herzmuskelerkrankungen lassen sich in hypertrophe, dilatative und restriktive Kardiomyopahtien unterteilen. Die Diagnostik erfolgt in der Regel echokardiographisch und kann durch kernspintomographische Untersuchungsverfahren ergänzt werden. Eine invasive Diagnostik kann zur Gewinnung von Myokardbiopsien angezeigt sein. EKG und Langzeit-EKG sind für die Erfassung und zur Beurteilung von Rhythmusstörungen erforderlich. Die hypertrophe Kardiomyopathie ist eine häufig familiär auftretende, autosomal dominant vererbbare Erkrankung, verursacht in der Regel durch Punktmutation in einem von 10 Genen, die – mit einer Ausnahme – Proteine des kardialen Sarkomers kodieren. Sie geht meist mit einer ausgeprägten Myokardverdickung einher. Spezifische Formen sind definiert als Mitbeteiligung des Herzens bei bekannten Grunderkrankungen, z.B. Stoffwechseldefekten oder neuromuskulären Erkrankungen. Die Therapie erfolgt in erster Linie medikamentös. Bei schwer symptomatischen Patienten mit signifikanter Ausflussbahnobstruktion ist das chirurgische Vorgehen Therapie der Wahl. Die perkutane Septumablation kann als alternatives Therapieverfahren bei älteren Jugendlichen erwogen werden. Die dilatative Kardiomyopathie ist gekennzeichnet durch eine Vergrößerung der Ventrikel, einhergehend mit einer ausgeprägten systolischen Funktionseinschränkung. Am häufigsten findet sich die postmyokarditische Form. Im Kindesalter können mit zunehmender Häufigkeit jedoch genetische, in 20–30% familiär auftretende und metabolische Ursachen gefunden werden. Andere sekundäre Kardiomyopathien finden sich nach einer Doxorubicintherapie, Hämosiderose oder seltenen Mangelzuständen (Selen, Carnitin, Vitamin B1). Das klinische Bild entspricht dem der kongestiven Herzinsuffizienz. Während eine kausale Therapie für die (primäre) dilatative Kardiomyopathie zur Zeit nicht möglich ist, ergeben sich für die spezifischen Formen der Kardiomyopathien in Abhängigkeit von der Grundkrankheit zum Teil kausale Therapieansätze. Die restriktive Kardiomyopathien ist im Kindesalter selten. Sie muss differentialdiagnostisch von der Pericarditis constrictiva abgegrenzt werden. Die Symptomatik ist uncharakteristisch (pulmonale Stauung, Rhythmusstörungen, Herzversagen), die Prognose schlecht. DGKJ-HS-97 Kreislaufregulationsstörung/ Synkope J. Will1 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin Kreislaufregulationsstörung: situations-inadäquates Verhalten von Herzfrequenz und Blutdruck. Synkope: plötzlicher transienter Bewußtseinsverlust mit Verlust des Muskeltonus. An die 20% aller Kinder erleiden bis zum 15. Lebensjahr eine Synkope. Die überwiegende Zahl der Synkopen ist gutartig, es besteht familiäre Häufung. 80% der Synkopen sind neuro kardiogener Ursache. Symptome: Leitsymptome sind plötzlicher Tonusverlust, zumeist nach dem Aufstehen, bei orthostatischer Belastung und bei Volumen mangel. Besserung meist spontan nach Lagewechsel (Liegen / Hinfallen). In der Synkope kann ein Krampfanfall auftreten. Einteilung der (Prä)Synkopen: Kardial (arrhythmogen oder strukturell), neural vermittelt (Reflexsynkopen, POTS, Dysautonomien), neurologisch / neurovaskuär, metabolisch / endokrin, psychiatrisch. Diagnostik: Ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung und ggf. apparative Diagnostik. EKG (immer!), Langzeit-EKG, Pulsoximetrie, Blutdruckmessung, Ergometrie, Schellong-Test, Kipp tischuntersuchung, Echokardiographie, EEG. Weitere Diagnostik ist nur im Einzelfall notwendig. Die Kipptischuntersuchung erlaubt die Differenzierung der neural vermit telten Synkope.
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Therapie: Kardiale Synkopen: auslösende Ursache nach Ätiopathogenese behandeln. Neurokardiogene Synkope: Abwägen der Symptomatik in Relation zur guten Prognose und häufiger spontaner Selbstlimitierung. Eine Besserung ist schon durch Diagnosestellung und einfache Interventionen wie Patientenaufklärung, Erhöhung der Flüssigkeitsaufnahme und Allgemeinmaßnahmen möglich. Eine Behandlung ist bei eingeschränkter Lebensqualität oder schnell auftretendem Tonusverlust indiziert, sie schützt nicht vor wiederholten Synkopen. Die Akuttherapie besteht in Flachlagerung, Bein-Hochlagerung und ggf. Volumentherapie. Zur medikamentösen Therapie bei Kindern liegen keine prospektiven kontrollierten randomi sierten Studien vor. Therapieprinzipien: Verbesserung des Volumenstatus, Blockierung des erhöhten Sympathikotonus oder der aktivierten Mechanorezeptoren, Hemmung von Seroto nin-Wiederaufnahme, Verminderung des venösen Poolings (Afferenz) und der arteriellen Vasodilatation (Efferenz). Bei Nichtansprechen der Allgemeinmaßnahmen wird als medikamentöse Therapie empfoh len: ß-Rezeptorenblocker, eventuell Fludrocortison, Midodrin, Paroxetin (cave NW: depressive Symptomatik, Suizidalität!). Bei einer schweren symptomatischen und wiederholten neurokardiogenen Synkope mit doku mentierter Asystolie kann eine Schrittmacher indikation gegeben sein, ebenso bei blassen respiratorischen Affekt krämpfen mit Tonusverlust und Asystolie. Nachsorge: In Abhängigkeit von Ausmaß und Art der Symptomatik sind regelmäßige Kontrollen und großzügige Auslassversuche einer medikamentösen Behandlung angezeigt. Prävention: Frühzeitige Symptomerkennung und angepasste Verhaltensweise dienen der Sekundärprä vention.
Abschlussplenarsitzung DGKJ-HS-83 Langzeitmorbidität und Hochschulmedizin D. Niethammer1 1Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Berlin Seit dem Ende des 2. Weltkrieges hat die Kinder- und Jugendmedizin eine dramatische Entwicklung durchgemacht hin zu einer Hochleistungsmedizin, wie man sie sich bis dahin wohl kaum hat vorstellen können. Die Behandlungserfolge verschiedener Spezialgebiet wie die der Neonatologie, der Kardiologie oder der Onkologie, um nur eínige Beispiele zu nennen, sind das Ergebnis des Einsatzes einer hochnechnisierten Intensivmedizin, der Entwicklung neuer komplexer Operationsmethoden oder einer komplizierten und hochaggressiven Chemotherapie. Dies wurde ermöglicht durch die dramatische Zunahme unseres Wissen über die Physiologie des kindlichen Organismus und die Pathophysiologie gravierender Erkrankungen im Kindesund Jugendlichenalter auf der einen Seite und die Entwicklung von komplexen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen auf der anderen Seite. Dadurch wurde das Überleben einer großen Zahl von Kindern ermöglicht, die früher rettungslos verloren gewesen wären. Der Preis für diesen Fortschritt ist jedoch nicht selten eine beträchtliche Langzeitmorbidität der Überlebenden, wodurch häufig die Lebensqualität der gesamten Famile des betroffenen Kindes beeinträchtigt wird. Das Referat befasst sich damit, welche Konsequenzen diese Tatsachen für unser ärztliches Handeln haben muss. Es kann uns nicht genügen, den Erfolg als einzigen Maßstab unserer Arbeit anzusehen, sondern es gilt auch, die Schattenseiten unserer Tätigkeit nicht aus dem Auge zu verlieren. So müssen wir auch große Anstrengungen unternehmen, die mit den moderenn Therapie- maßnahmen verbundenen Langzeitfolgen zu minimieren. Und in den Fällen, in denen sich gravierende Spätfolgen einstellen, gilt es, den Betroffenen und ihren Angehörigen bei deren Bewältigung zu helfen und eine derartige Unterstützung auch als eine zentrale ärztliche Aufgba anzusehen. Die alleinige Tatsache des Überlebens eines Kindes ist noch kein Erfolg, mit dem wir uns allein zufrieden geben dürfen, wenn das Kind auf der anderen Seite mit gravierenden Folgen seiner Erkrankung und unseres Handelns leben muss.
DGKJ-HS-85 Konzepte der Frühförderung in den Niederlanden M. Hadders-Algra1 1Dept. Neurology – Development Neurology, University Medical Center Groningen, Groningen, Niederlande Infants with high risk for developmental disorders are often referred to paediatric physiotherapy (PPT) at early age. However, the evidence for the effects of PPT is still lacking. In a recent review1 the available intervention programmes and their effect on motor development were described. It appears that the type of intervention that might be beneficial for infants at preterm age differs from the type that is effective in infants who have reached at least term age. At preterm age infants seem to benefit most from intervention that aims at mimicking the intrauterine environment. After term age, intervention by means of specific or general developmental programmes has a positive effect on motor development. There was no evidence that traditional forms of PPT like Neuro Developmental Treatment (NDT) or treatment according to Vojta have a beneficial effect on motor development. Currently, we are running an early intervention (EI) project. In this study we examine whether a recently developed physiotherapeutic intervention programme is more beneficial for the developmental outcome at 18 months corrected age (CA) than traditional PPT. The new programme ‘COPCA’ (Coping with and caring for infants with neurological dysfunction – a family centred programme; Dirks and Hadders-Algra) is based on new insights in developmental neurology and family education. Infants were eligible for the EI project when the quality of their General Movements (GMs) at ten weeks CA was definitely abnormal.2 Forty-six infants were included in the project; all had been admitted to the NICU of the University Medical Center Groningen between March 2003 and May 2005. The infants were randomly assigned to the experimental group who received COPCA or the control group who received traditional PPT. The randomised intervention period lasted from 3 to 6 months CA. Thereafter intervention followed the suggestions of the paediatrician. The infants were examined at baseline, i.e. at 3 months, and thereafter at 4, 5, 6, and 18 months CA with a battery of assessments including a neurological ex-amination and the Alberta Infant Motor Scale. At 6 and 18 months the Bayley Scales of Infant Development was administered. Assessors were blind to group allocation. Analysis of the data of the first 20 infants included into the project indicated COPCA was more beneficial for the development of sitting behaviour and cognition than PPT. At the meeting the most recent results will be presented. Literatur 1 Blauw-Hospers CH, Hadders-Algra M. A systematic review of the effects of early intervention on motor development. Dev Med Child Neurol 2005;47:421–32. 2 Hadders-Algra M. General movements: A window for early identification of children at high risk for developmental disorders. J Pediatr 2004;145:S12–8.
DGKJ-HS-84 Von der Behandlung von Krankheiten zur Wegbereitung der Entwicklung. Pädiatrische Aufgabenschwerpunkte H.G. Schlack1 1Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Berlin Zahlreiche Datenquellen belegen eine besorgniserregend hohe Rate von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen auf funktionellem, psychischem und auch körperlichem Gebiet. In einer materiell gut ausgestatteten Gesellschaft wird Gesundheit – auch auf körperlichem Gebiet – entscheidend vom „psychischen und sozialen Wohlbefinden“ (WHO) bestimmt. Dieses „Wohlbefinden“ beruht auf der Erfüllung definierbarer Grundbedürfnisse. Eine so verstandene Gesundheit ist die Voraussetzung dafür, dass ein Kind sein Entwicklungspotenzial ausschöpfen kann. Die medizinische Wissenschaft präsentiert sich hauptsächlich als Wissenschaft von den Krankheiten, bezogen auf morphologisch oder biochemisch nachweisbare Patholo-
gie. In den wissenschaftlichen Fragestellungen der deutschen Hochschulpädiatrie spielen die o.g. „neue Morbidität“, ihre Ursachen und die notwendigen Konsequenzen bisher eine allenfalls marginale Rolle. Das steht in einem deutlichen Missverhältnis zur populationsbezogenen Relevanz dieser epidemischen Gesundheitsprobleme; das Feld wird den in der Praxis tätigen Pädiatern überlassen ohne den notwendigen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Entwicklung ist das zentrale Thema der Pädiatrie, welches die pädiatrischen Subspezialitäten verbindet. Ohne umfassende und wissenschaftlich begründete Kompetenz auf den verschiedenen Ebenen der kindlichen Entwicklung verliert die Pädiatrie ihre Existenzgrundlagen gegenüber den „Organfächern“ und der Allgemeinmedizin. Die Ergänzung der klinischen Pädiatrie durch eine pädiatrische Gesundheitswissenschaft, die diesen Namen verdient, ist dringend notwendig. Sie erfordert neue Prioritäten, insbesondere eine ernsthafte Beschäftigung mit den psychischen und sozialen Bedingungen von Gesundheit und Entwicklung in der pädiatrischen Forschung, Lehre und Praxis.
Neues und Bewährtes in der Versorgung der Brustwanddeformitäten I DGKCH-HS-4 Minimal invasive Techniken K. Schaarschmidt1, A. Kolberg-Schwerdt1, M. Lempe1, F. Schlesinger1, U. Jaeschke1 1Kinderchirurgische Helios Klinik, Berlin-Buch Einleitung: Die Bügeldislokation ist mit 5–24% eine wichtige Komplikationen der Nuss Trichterbrustkorrektur. Stützplatten am Bügelende sind deshalb allgemein akzeptiert. Umstritten sind aber ein oder beidseitige Stützplatten, Drahtnahtfixation oder lockeres Gleiten auf dem Bügel oder oder ob resorbierbare Stützplatten Vorteile bringen. Material und Methoden: Watanabe fand an 50 Patienten mit grenzwertiger Signifikanz (p<0,04) eine Veringerung von Wundgranulomen wenn auf Stützplatten verzichtet wurde (Ann Thorac Surg 2004:296300). Wir untersuchten an einem Kollektiv von 300 Nuss-Korrekturen prospektiv ob Stützplatten einen Einfluss auf die Bügeldislokationsrate und die Inzidenz von Wundgranulomen haben. Die ersten 50 Patienten blieben als „Lernkurve“ unberücksichtigt. Der „Stützplattenserie“ von 150 Patienten mit je 2 Stützplatten (1.6.2002–31.12.2003) folgte die Serie von 150 Patienten ohne Stützplatten (1.1.2004–31.3.2005) alle Verläufe wurden prospektiv erfaßt. Ergebnisse: Bei keinem der 350 Patienten gab es eine Bügeldislokation. Die Granulomhäufigkeit unterschied sich aber mit 17/3 Fällen in beiden Serien hochsignifikant (P<0,0012). P<0,0012 Granulom Kein granulom
Stabilizer 17 (11,3%) 133 (88,7%)
KSTP 3 (2%) 147 (98%)
Schlussfolgerung: Stützplatten sind teuer, überflüssig und komplikationsträchtig, sie werden in Berlin-Buch seit 1/2004 nicht mehr verwendet. Die bisher von uns publizierten Techniken der submuskulären Bügelposition und multiplen pericostalen Nähte (PDS-Kordel) verhindern Bügeldislokationen zuverlässig in beiden Gruppen. Zudem entfällt die Komplikation der Stützplattendislokation oder des Stützplattenbruchs, in manchen Serien gleich häufig wie die Bügeldislokation.
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Abstracts DGKCH-HS-5 Minimalisierung einer offenen Technik: Erlanger Verfahren P. G. Weber1, B. Reingruber2, R. Carbon1, H. P. Hümmer3 1Kinderchirurgische Abteilung, FAU Erlangen, Universitätsklinikum, Erlangen; 2Kinderchirurgie, St. Hedwig Klinikum, Regensburg; 3Kinderchirurgische Abteilung, FAU Erlangen, Universitätsklinikum, Erlangen Die Korrektur der Trichterbrust hat in Erlangen eine lange Tradition. Die Methode – eingeführt durch Hegemann 1956 – beruht auf einer Trichtermobilisation durch parasternale Rippenchondrotomien und retrosternaler Dissektion, die Stabilisierung wird durch ein transsternales Metall-Implantat erreicht. Das historische Prinzip wurde bis heute beibehalten, die Invasivität konnte jedoch durch stetige Weiterentwicklung der Technik deutlich gemildert werden. Ein wesentlicher Schritt bei dieser Entwicklung war die Einführung von standardisierten intraoperativen Kraftmessungen (Potentiometrie) vor etwa 8 Jahren. Dabei wird zu definierten Zeitpunkten die Kraft gemessen, welche jeweils erforderlich ist, um das Brustbein in die gewünschte Stellung zu heben. Ist sie so klein, dass der Metallbügel das Ergebnis halten kann, wird auf eine weitere Mobilisation verzichtet. Die intraoperativen Kraftmessungen haben dazu geführt, dass die Länge der Hautinzision auf 8–10 cm reduziert werden konnte. Die Operationszeit beträgt bei Erwachsenen etwa 1 1/2 Stunden (Kinder 30–60 Minuten), die Patienten verbleiben üblicherweise 8–10 Tage in der Klinik. Die Metallentfernung kann bereits nach einem Jahr erfolgen. Die Langzeit-Ergebnisse sind gut, die Rezidivrate blieb in den letzten Jahrzehnten unverändert bei knapp 3%. Das „neue“ Erlanger Verfahren verbindet die Vorteile einer 5 Jahrzehnte bewährten Technik mit dem Wunsch nach geringer Traumatisierung, der Möglichkeit des dosierten Vorgehens in allen Altersgruppen und dem kosmetischen Anspruch eines möglichst kleinen Zuganges. Weitere Informationen auf unserer Internetseite: www.trichterbrust.com
Neues und Bewährtes in der Versorgung der Brustwanddeformitäten II DGKCH-HS-8 Hypervigilanz und postoperative Schmerzen S. Lautenbacher1 1Physiologische Psychologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg Starke und/oder persistierende Schmerzen sind immer noch eine häufige Komplikation nach Operationen und verursachen große persönliche sowie ökonomische Kosten. Eine erfolgreiche Vorhersage postoperativer Schmerzen ist ein wichtiger Schritt zur Prävention. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass somatische Prädiktoren nicht ausreichen, sondern dass die Berücksichtigung psychologischer Prädiktoren geboten ist. Die Hypervigilanz, die als rigide Aufmerksamkeitsfokussierung auf den Schmerz definiert ist und als häufige Begleiterscheinung von chronischen Schmerzen beobachtet wurde, scheint in besonderem Maße geeignet zu sein, die Prognose postoperativer Schmerzen zu ermöglichen. In einer Längsschnittstudie sollen 100 junge Männer im Alter von 14 bis 30 Jahren mit angeborenen Deformationen der Brust (Trichterbrust, Kielbrust) vor der operativen Korrektur und vier Mal danach (1 Woche, 3, 6 und 12 Monate) untersucht werden. Die Hypervigilanz wird auf mehreren Dimensionen erhoben: impliziter Focus der Aufmerksamkeit (Dot-Probe-Test), expliziter Focus der Aufmerksamkeit (Hypervigilanzfragebögen), Schmerzreagibilität (Schmerzschwelle, Summationsparadigma) und hormonelle Aufmerksamkeitsmodulatoren (Cortisolreagibilität). Die zu prädizierenden Kriterien sind die Schmerzintensität und -häufigkeit nach der Operation, der Gebrauch von Analgetika und schmerzverursachte funktionelle Einschränkungen. Eine vorläufige Regressionanalyse über ca. 40 Patienten eine Woche postoperativ und ca. 30 Patienten 3 Monate postoperativ lieferte Korrelationen, die hoch genug sind, um die Hypervigilanzparameter als sehr gute Prädiktoren zu klassifizieren. Der Erklärungsbeitrag der einzelnen Parameter war zudem weitgehend unabhängig voneinander.
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DGKCH-HS-9 Schmerzmanagement nach Operationen bei Brustwanddeformitäten N. Grießinger1, A. Tzabazis1, R. Sittl1 1Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Einleitung: Zur postoperativen Schmerztherapie nach Eingriffen bei Brustwanddeformitäten kommen am Universitätsklinikum Erlangen die patienten-kontrollierte intravenöse Analgesia (PCIA) and die patientenkontrollierte epidurale Analgesia (PCEA) in Kombination mit NichtOpioiden zum Einsatz. Wir haben in einer Studie die Wirksamkeit, die Sicherheit und die Nebenwirkungen dieser Verfahren untersucht. Methoden: 526 Patienten (Alter: 16.0±7.3 Jahre, Median±SD) von 1992 bis 2005 wurden ausgewertet. 62 Patienten hatten eine PCIA mit Morphin (Bolus 2 mg, Ausschlusszeit 10 min), 42 mit Pethidin (Bolus 20 mg, Ausschlusszeit 10 min) und 158 mit Piritramid (Bolus 2 mg, Ausschlusszeit 10 min). 264 Patienten hatten eine thorakale epidurale PCA mit Ropivacain 0.2% and Sufentanil 0, 0.5 oder 1.0 μg/ml (Kontinuierliche Infusion: 4 to 8 ml/h, Bolus 3 ml, Ausschlusszeit 30 min). Schmerzwerte (NRS 0 bis 10), Sauerstoffsättigungen, Auftreten und Schweregrad von Nebenwirkungen (Übelkeit und Erbrechen, Juckreiz, Sedierung und Miktionsstörungen) wurden am OP-Tag (Tag 0) und den folgenden drei Tagen (Tag 1–3) erfasst. Die Zufriedenheit der Patienten mit der Schmerztherapie wurde auf einer Skala von 1=sehr zufrieden bis 6=überhaupt nicht zufrieden erfragt. Ergebnisse: Es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der PCIA and the PCEA Gruppe bzgl. Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht. Keiner der Patienten in der PCEA Gruppe erlitt schwere Komplikationen (Epiduralabszess, neurologischer Schaden). Die medianen Schmerzwerte an den Tagen 0 bis 3 waren significant höher (U-Test) in der PCIA (3.1, 2.7, 2.5 und 2.4) verglichen mit der PCEA Gruppe (1.5, 1.9, 1.6 und 1.5). Sauerstoffsättigungen unter 92% wurden in 5.0% (N=277) aller Messwerte in der PCIA Gruppe (N=5563) und in 1.5% (N=85) in der PCEA Gruppe (N=5513) dokumentiert (p<0.05, chi2 Test). Ausgeprägte Übelkeit und Erbrechen traten häufiger in der PCIA Gruppe an den Tagen 1 bis 3 (chi2 bzw. Fisher’s Test) auf als in der PCEA Gruppe. Die Häufigkeit von leichtem Juckreiz war signifikant höher an den Tagen 0 bis 2 in der PCEA Gruppe (7, 15 und 6% verglichen mit 1, 2 und 2% in der PCIA Gruppe), die Häufigkeit von schwerem Juckreiz war signifikant höher am Tag 0 (2% vs. 0%, chi2 / Fisher’s Test). Ausgeprägte Miktionsstörungen traten häufiger in der PCEA Gruppe an den Tagen 0 bis 3 auf (p<0.05, chi2 Test). Patienten in der PCIA Gruppe waren wach oder nur leicht sediert in 88% und mäßig bis stark sediert in 12% aller Messwerte (N=4194). Patienten in der PCEA Gruppe waren signifikant weniger sediert (99% bzw. 1%, N= 5318, chi2 test). Die Zufriedenheit der Patienten betrug 1.6±0.7 (Mittelwert±SD) sowohl in der PCIA als auch in der PCEA Gruppe. Schlussfolgerungen: Sowohl PCIA als auch PCEA sind effektive Verfahren in der Schmerztherapie nach Operationen von Brustwanddeformitäten. Die PCEA geht einher mit niedrigeren Schmerzwerten, geringerer Sedierung, weniger Übelkeit und Erbrechen und einer geringeren Inzidenz von Sauerstoffsättigungen unter 92%. Vorteile der PCIA sind eine geringere Inzidenz von Juckreiz und Miktionsstörungen. Ein Akutschmerzdienst in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen den betei ligten Fachgruppen ist erforderlich zum sicheren Einsatz von PCIA und PCEA auf allgemeinen Pflegestationen. DGKCH-HS-10 Anästhesie und Schmerztherapie bei Trichterbrustoperationen nach Nuss M. Dusch1, S. Vehar2, M. Schley1, C. Hagl2, E. Thil1, H.-J. Rapp1, Chr. Denz1 1Anästhesie, Klinikum Mannheim, Mannheim; 2Kinderklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim Die minimal invasive Operation des Pectus excavatum („Trichterbrust“) nach Nuss erfährt seit 1998 eine zunehmende Akzeptanz. Ziel dieser retrospektiven Untersuchung war es, das anästhesiologische sowie das
algesiologische Management von Trichterbrust-Operationen an unserem kinderchirurgischen Zentrum zu erfassen. Im Untersuchungszeitraum von 1999 bis 2004 wurden 64 Patienten (Durchschnittsalter 16 ± 3,6 Jahre, m:w 14:3) minimal invasiv operiert. 61 Patienten (95%) erhielten vor Einleitung der Allgemeinanästhesie einen thorakalen Periduralkatheter (PDK). Die Anlage des PDK erfolgte zwischen den Segmenten Th 5 bis Th 9. Bei 3 Patienten (5%) war die Anlage eines PDK nicht möglich. Die intraoperative Narkose wurde mit Fentanyl/ Thiopental bzw. Propofol eingeleitet und als balancierte Anästhesie mit Fentanyl und Sevofluran in alterstypischen Dosierungen weitergeführt. Der PDK wurde intraoperativ mit Ropivacain (Naropin 0,5%: 0,1 ml/ kg) im Bolus beschickt. Postoperativ wurden die Patienten im Mittel über 4,6±1,2 Tage über den PDK (Ropivacain 150 mg, Sufentanil 50 mg, Clonidin 50 mg ad 50 ml NaCl, Laufrate: 0,16 ml/kg/h) kontinuierlich versorgt. Ergänzend wurden gemäß eines individuell adaptierten Schmerzschemas NSAR und Flupirtin verabreicht. Die Patienten wurden postoperativ durch den Schmerzdienst engmaschig visitiert. Das Schmerzrating mittels Visueller Analogskala (VAS) und die Vigilanz wurden am OP-Tag stündlich, an den Folgetagen in 2–4 stündlichen Intervallen dokumentiert. Alle Operationen verliefen komplikationslos, der mittlere Blutverlust waren 28 ± 16 ml. Die mittlere Schnitt-Naht betrug 70±25 Minuten, die mittlere Anästhesiezeit lag inklusive PDK-Anlage bei 158±35 Minuten. Kein Patient musste postoperativ nachbeatmet werden. Postoperativ war radiologisch bei 27 Patienten (42%) ein Pneumothorax und bei 3 Patienten (5%) Pleuraergüsse nachweisbar. Ein Patient (2%) entwickelte einen Perikarderguss. Ein aufgetretener Pruritus wurde nach antihistaminerger Therapie meist gut toleriert. Das analgetische Konzept zeigt mit VAS-Werten 1–3 eine sehr gute Wirksamkeit. Die mittlere Krankenhausverweildauer betrug insgesamt 11±4 Tage. Trotz der kurzen, blutsparenden, minimal invasiven Operation (nach Nuss) zur Korrektur einer Trichterbrust ist mit starken postoperativen Schmerzen zu rechnen. Den möglichen intra- und postoperativen Komplikationen muss im klinischen Alltag mit entsprechender Aufmerksamkeit begegnet werden. Der Umsetzung eines adäquaten Schmerzkonzeptes, welches rückenmarksnahe und periphere schmerztherapeutische Ansätze miteinander kombiniert kommt ebenfalls eine zentrale Bedeutung zu. Die kontinuierliche epidurale Infusion eines Lokalanästhetikums mit Opiatzusatz in Kombination mit einer adaptierten oralen Gabe von NSAR und Flupirtin stellt ein klinisch umsetzbares Schmerzkonzept dar. Die engmaschige und regelmäßige Präsenz eines postoperativen Schmerzdienstes führt zu einer sehr guten Analgesie mit hoher Patientenzufriedenheit. DGKCH-HS-11 Erste Langzeitergebnisse der Trichterbrustkorrektur nach Nuss C. Hagl1, S. Vehaar2, G. Weisser2, H. Wirth1, S. Hosie3, K.-L. Waag1 1Kinderchirurgische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 2Radiologie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 3Kinderklinik der TU Krankenhaus München – Schwabing, München Einleitung: Das Verfahren nach Nuss ist eine neue Methode zur Korrektur der Trichterbrust im Kindesalter. Die Brustkontur wird durch einen Stahl-Bügel, welcher über zwei kleine Hautinzisionen entlang der Axillarlinie eingebracht wird, modelliert. Die chirurgische Indikationsstellung der Operation wird zunehmend weiter gefasst, Korrekturen werden auch bei Jugendlichen und Erwachsenen durchgeführt. Ziel war, die langfristigen klinischen Befunde und kosmetischen Ergebnisse nach Bügelentfernung zu untersuchen. Zusätzlich wurden Patienten unterschiedlicher Altersgruppen miteinander verglichen, um den best möglichen Zeitpunkt für die Korrektur zu erfassen. Material und Methoden: Zwischen 1999 und 2007 wurden 130 Patienten nach Nuss operiert. Bei 69 Patienten wurde der Nuss Bügel entfernt, wobei 53 Patienten bereits über ein Jahr den Bügel entfernt haben. Die untersuchten Patienten wurden in drei Altersgruppen eingeteilt (Kinder, Jugendliche und Erwachsene). Demographische, intra- und
postoperative Daten wurden retrospektiv analysiert und die Ergebnisse der einzelnen Gruppen miteinander verglichen. Die Untersuchungen vor und nach den Operationen umfassen Röntgen Thorax, CT bzw. MRT, Lungenfunktionsprüfung, EKG und Echokardiographie. Ergebnisse: Das Alter der Patienten reichte von 7 bis 25 Jahren, der präoperative Haller-Index lag bei 74,3% der Patienten über 3,25. Die Durchschnittliche Dauer der Nuss-Korrektur lag bei 66 min (Kinder), 65 min (Jugendliche) bzw. 79 min für Erwachsene. Der frühe postoperative Verlauf war in allen Gruppen unauffällig und die kosmetischen Ergebnisse gut bis sehr gut. Die Bügelentfernung erfolgte nach drei Jahren. Die Operationszeit betrug 33 bis 50 min (Kinder), 25 bis 79 min (Jugendliche) bzw. 35 bis 90 min (Erwachsene). Von den 53 Patienten die bereits den Bügel über ein Jahr entfernt haben, sind 66% sehr zufrieden, 28% zufrieden, 4% unzufrieden, wobei die Einschätzung der Patienten meist besser als die des Chirurgen war. Die kosmetischen Resultat des Nuss Verfahren sind über ein Jahr nach Bügelentfernung sehr gut. Diskussion: Aufgrund der ausgewerteten Daten ist das Korrekturverfahren im jugendlichen Alter zu empfehlen. Die Operationszeiten waren im Durchschnitte kürzer, bei geringerem stationären Aufenthalt des Patienten. DGKCH-HS-12 Unsere Erfahrungen mit der minimal-invasiven Aufrichtungsoperation nach NUSS bei der Behandlung der Trichterbrust G. Fitze1, D. Roesner1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Dresden, Dresden Hintergrund: Die minimal-invasive Aufrichtungsoperation nach NUSS bei der Behandlung der Trichterbrust im Kindes- und Adoleszentenalter hat sich während der letzten Jahre zu einem Standardverfahren bei der Behandlung dieser Erkrankung etabliert. Folglich wird diese Operation auch in Deutschland in verschiedenen Zentren praktiziert. Obwohl das Verfahren relativ standardisiert erscheint, gibt es im Detail doch Modifikationen, die möglicherweise unterschiedliche Erfahrungen bedingen hinsichtlich der Frequenz von Komplikationen oder dem kosmetischen Ergebnis. Gegenstand unseres Beitrages ist, unsere Erfahrungen hinsichtlich operationstechnischer Details darzustellen und deren Einfluss auf das Outcome zu analysieren. Patienten: Im Zeitraum zwischen 02/2000 und 1/2007 stellten sich in unserer Einrichtung 233 Patienten mit einer Trichterbrust vor. Von diesen wurden 88 (38%) operiert. Der Altersdurchschnitt der operierten Patienten lag bei 15,3 Jahren (10 bis 21 Jahre). Alle Patienten unterzogen sich sowohl prä- als auch postoperativ einer kardiopulmonalen Funktionsdiagnostik. Bei 52 Patienten wurde der Pectusbar bereits wieder entfernt. Drei Patienten zeigten die Trichterbrust im Rahmen eines Marfan-Syndroms. Ergebnisse: Bei keinem Patienten kam es zu intra- oder perioperativen Komplikationen. Zweimal musste ein Pectusbar vorzeitig entfernt fernen, jeweils wegen allergisch bedingter Pleura- und Pericardergüsse. Bei einer Patientin kam es zeitnah zur Operation zu einer Dislokation des Pectusbar, sodass eine Reoperation erfolgte und eine Stabilisierung durch die Implantation eines zweiten Pectusbar erzielt wurde. In einem Fall beobachteten wir eine verzögerte Wundheilung. Die Entfernung des Pectusbar verlief bei allen Patienten komplikationslos. Mit Ausnahme der Patienten mit einem Marfan-Syndrom waren alle operierten Patienten mit dem erzielten kosmetischen Ergebnis sehr zufrieden. Schlussfolgerung: Entsprechend unserer Erfahrungen stellt die Aufrichtungsoperation nach NUSS ein sicheres operatives Verfahren dar, mit dem durchgängig gute kosmetische Ergebnisse zu erzielen sind. Haben Patienten die Trichterbrust im Rahmen eines Marfan-Syndroms ausgeprägt, sollte überlegt werden, ob das Ergebnis durch eine längere Verweildauer des Pectusbar verbessert werden kann.
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Abstracts DGKCH-HS-13 Die minimalinvasive Korrektur der Trichterbrust führt auch nach der Implantatentfernung zu einer hohen Patienten-Zufriedenheit J. Leonhardt1, M. L. Metzelder1, J. F. Kübler1, B. Ure1, C. Petersen1 1Kinderchirurgie, Medizinische Hochschule, Hannover Einleitung: Neuer Goldstandard bei der Korrektur der Trichterbrust ist die minimalinvasive Technik, die von vielen Patienten aus kosmetischen Gründen favorisiert wird. Bisher gab es keine Daten über die längerfristige Zufriedenheit der Patienten nach der Implantatentfernung. Methode und Patienten: Von Juni 2000 bis April 2007 wurden in unserer Klinik 146 Trichterbrust-Patienten minimalinvasiv operiert. Bis Mai 2007 erfolgte die elektive Bügelexplantation bei 62 Patienten nach im Durchschnitt 35 Monaten mit dem Implantat in situ (zwischen 22 und 41 Monaten). Die Patienten-Zufriedenheit wurde mit einem validierten Fragebogen nach im Durchschnitt 18 Monaten (zwischen 1 und 48 Monaten) untersucht. Ergebnis: Der Rücklauf der Fragebögen betrug bei den Patienten 94% (n=58) und bei den Eltern 89% (n=55). 97% der Patienten und 96% der Eltern waren nach der Implantatentfernung mit dem kosmetischen Ergebnis sehr zufrieden und würden dem Eingriff erneut zustimmen. Auch das Selbstwertgefühl der Patienten stieg signifikant an, ohne Einfluss von Alter und Geschlecht und ohne Unterschied in der Einschätzung zwischen Eltern und Patienten. Schlussfolgerung: Diese Studie zeigt, dass bei Trichterbrust-Patienten auch längerfristig nach Abschluss der minimalinvasiven Behandlung die Zufriedenheit mit dem Operationsergebnis anhält. DGKCH-HS-14 Erfahrungen mit einem neuen Implantat für die minimal invasive Trichterbrustkorrektur A. Rokitansky1, R. Hahn1, R. Stanek1 1Kinderchirurgische Abteilung Donauspital Wien, Wien, Österreich In Anwendung der minimal invasiven Trichterbrust-Korrektur-Methode berichten wir über unsere Erfahrungen und Resultate mit einem neu designten Trichterbrust-Bügel-Implantat (PSI-Implantat/Fa. Hofer/Österreich). Das neu vorgestellte Implantat hat einen integrierten, d.h. fest verbundenen Stabilisatorflügel an einem Ende des Implantates. Im Gegensatz zum herkömmlichen Implantat entfällt das Aufschieben und die Fixation eines zusätzlichen Stabilisators. Mit einer Erfahrung von 133 Trichterbrust-Patienten, die an unserer Abteilung mittels der minimal invasiven Trichterbrust-Korrektur (Nuss-Technik) durchgeführt wurden, haben wir von November bis heute bei 37 Patienten das neu designte Implantat zur Trichterbrust-Korrektur verwendet. Die Vorteile bestehen unserer Einschätzung nach in folgenden Punkten: 1. Durch das einstückige Implantat wird die Komplikation der Stabilisatorplatten-Dislokation vermieden. Das auch unter dem Gesichtspunkt, dass immer häufiger bei dem herkömmlichen Im plantat nur eine Stabilisatorplatte verwendet wird. 2. Die drei Perforationen im Stabilisatorflügel erleichtern das chirurgische Handling und führen zu einer verbesserten Fixation im Gewebe. 3. Der Stabilisatorflügel kann gegebenenfalls zusätzlich an die Körperform angepasst werden. 4. Im Gegensatz zum herkömmlichen Implantat können die Büge lenden ebenfalls gebogen und damit der Körperform angepasst werden. 5. Bei Verwendung von zwei Trichterbrust-Implantaten wird durch den neu geformten Stabilisatorflügel die für den Patienten unangenehme Metall-Berührung bei Verwendung herkömmlicher Stabilisatorplatten, vermieden. Zusammenfassend sehen wir die Entwicklung des neuen einstückigen Trichterbrust-Implantates als signifikante Weiterentwicklung.
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DGKCH-HS-15 Die Saugglocke nach E. Klobe zur konservativen Therapie der Trichterbrust: eine alternative Therapie? F.-M. Häcker1, J. Bielek1, R. Kubiak1, J. Mayr1 1Abteilung Kinderchirurgie, Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel, Schweiz Die Trichterbrust ist mit einer Inzidenz von ca. 1:300 die häufigste Thoraxwanddeformität. Bei erfolgloser konservativer Behandlung mit intensiver Physiotherapie kommt die operative Korrektur zur Anwendung, in früheren Jahren insbesondere die Verfahren nach Ravitch sowie heutzutage die minimal invasive Korrektur nach Nuss (MIRPE). Eine mögliche Alternative oder auch eine Ergänzung zu MIRPE, stellt die Vakuumtherapie mittels Saugglocke nach E. Klobe dar. Unter Berücksichtigung des individuellen Patientenalters stehen derzeit 3 verschiedene Grössen sowie ein für adoleszente und erwachsene Patientinnen konzipiertes Model zur Verfügung. Die Saugglocke wird direkt auf den Brustkorb aufgelegt. Mittels Handpumpe wird ein Vakuum von ca. 15% unter Atmospherendruck erzeugt. Während der Steigerung des ausgeübten Unterdruckes zeigt sich zumeist sofort eine spürbare Anhebung des Trichters. Die tägliche Anwendungsdauer sollte bei mindestens zweimal 30 Minuten liegen, kann aber individuell bis zu mehreren Stunden täglich gesteigert werden. Seitens des Herstellers wird ein Anwendungszeitraum von durchschnittlich 12–18 Monaten empfohlen. Derzeit befinden sich 72 Patienten (10 weiblich, 62 männlich) im Alter von 3 bis 52 Jahren (Durchschnitt 17.2 Jahre) in unserer Behandlung. Nach durchschnittlich 18 Monaten konnte bei 7 Patienten die regelmässige Anwendung der Saugglocke erfolgreich abgeschlossen werden. 4 Patienten haben die Vakuumtherapie vorzeitig abgebrochen und sich einer operativen Korrektur (MIRPE) unterzogen. Zu Langzeitresultaten mehr als 2 Jahre nach Behandlungsabschluss kann derzeit noch keine verwertbare Aussage gemacht werden. Die bisher erzielten Resultate zeigen jedoch einen beeindruckenden Erfolg. Dies soll neben Prinzipien und Technik der Anwendung diskutiert werden. DGKCH-HS-16 Die konservative Therapie der Trichterbrust mit der Saugglocke, bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen M. Bahr1 1Philipps Universität Marburg, Zentrum für Kinderheilkunde, Klinik für Kinderchirurgie, Marburg Einleitung: Die Trichterbrustdeformität ist ein häufig vorkommendes Krankheitsbild, welches für die Patienten ein großes kosmetisches Problem darstellt und meistens keine cardiopulmonalen Begleiterscheinungen aufweist. Die bisher gängigen Korrekturverfahren haben alle einen operativen Ansatz, die minimalinvasive Technik von Prof. Nuss gilt heute als Standardtechnik. Viele Patienten mit Trichterbrustdeformitäten wünschen eine Korrektur, fürchten jedoch die Operation, weil diese mit der Implantation von Fremdmaterial und Schmerzen einhergeht. Material und Methoden: Seit 2002 wurden in der Kinderchirurgie in Jena 122 (118 männlich, 4 weiblich) Trichterbrustpatienten im Alter zwischen 5,4 und 34,9 Jahren (Median 14,8 Jahre)mit der Saugglocke ausgestattet. Die Patienten wenden alle die Saugglocke zu Hause an, und werden regelmäßig nach einem vorgegebenen Schema nachuntersucht. Die Patienten sollen die Saugglocke zweimal täglich über mindestens eine halbe Stunde tragen und diese mittels einer einfachen Handpumpe auf 15% unter dem normalen atmosphärischen Druck evakuieren. Die Fortschritte der Therapie werden mittels digitalen Bildern dokumentiert. Ergebnisse: Die Followupzeit der Patienten beträgt 1 bis 48 Monate (Median 26 Monate). CT-Untersuchungen zeigten, dass die Saugglocke in der Lage ist, das Sternum innerhalb von zwei Minuten anzuheben. Anfänglich sinkt das Brustbein innerhalb weniger Minuten in seine Ausgangsposition zurück, wenn die Saugglocke abgesetzt wird. Bereits nach einem Monat gelingt es bei 80% der Patienten das Sternum während der Anwendung bis zum normalen Niveau anzuheben. Dauerhaft sahen wir nach einem
Monat eine Anhebung des Sternums von 1 cm sowie eine deutlich bessere Körperhaltung. Nach 5 Monaten sahen wir einen Ausgleich der Trichterbrust für einen längeren Zeitraum direkt nach der Anwendung in 30% der Patienten. 1 Patient konnte mit einem zufrieden stellenden Ergebnis die Anwendung nach 13 Monaten beenden. Bei 40 Patienten konnte der Trichter nach 12–15 Monaten so angehoben werden, dass eigentlich keine Therapie mehr nötig wäre. An Komplikationen sahen wir bei allen Patienten ein deutliches Hauthämatom, welches sich im Verlauf der Therapie jedoch besserte. In drei Patienten sahen wir bei der erstmaligen Anwendung orthostatische Probleme, die später nicht wieder auftraten, ein Patient klagte über Parästhesien, während er die Saugglocke anwendete, die im Verlauf der Behandlung jedoch besser wurden. Insgesamt waren die Patienten sehr zufrieden und zeigten eine hohe Complience. Schlussfolgerung: Die Saugglockentherapie bei Trichterbrustpatienten zeigt, dass es möglich ist, den Trichter durch Sog von außen anzuheben und auszugleichen. Die bislang erreichten Ergebnisse sind viel versprechend, jedoch muss abgewartet werden, ob im weiteren Verlauf das Sternum auf dem erreichten Niveau konsolidiert bleibt oder wieder einsinkt. Bis zum vorliegen von Langzeitergebnissen bleibt aus diesem Grund die minimalinvasive operative Technik der Goldstandard.
Evolution Kinder-MIC – Revolution fetale Chirurgie? DGKCH-HS-17 State-of-the-art: Laparoskopie F. Schier1 1Kinderchirurgie, Universitäts-Klinikum Mainz, Mainz Erfunden worden ist die minimal-invasive Chirurgie (MIC) in kleinen Krankenhäusern außerhalb der großen Zentren. Das chirurgische Establishment stand dem Konzept der „minimal-invasiven Chirurgie“ von Anfang an skeptisch gegenüber. 1990 bis 2000 war die MIC ein Privileg des Westens (Geld, Technologie). Seither ist die MIC fast weltweit vertreten. Ab 2004 übernahmen Schwellenländer die Führung (mehr Kinder, größere OP-Zahlen, weniger Kulturskeptizismus): Asien: Choledochuszyste, Gallengangsatresie, Leistenbruch, Araber: Kryptorchismus, Malformationen, Urologie, Südamerika: Atresien, Malformationen. Derzeit breiten sich die rekonstruktiven Verfahren weiter aus (Atresie von Ösophagus, Anus, Zwerchfell, Dünndarm, Pyeloplastik, Uretero-Ureterostomie, Duodenoduodenostomie, Choledochuszyste, Gallengangsatresie). Gleichzeitig entwickeln sich Hybrid-Verfahren (lap assistierte Appendektomie, lap assistierte Pyeloplastik, lap assistierte Meckel-und Dünndarm-Resektion usw.). Seit einigen Jahren hat die MIC sogar ein unerwartet frühes Entwicklungs-Plateau erreicht, welches allerdings dadurch kaschiert wird, dass international immer mehr Chirurgen die Technik aufgreifen, den Fachorganisationen immer mehr Mitglieder beitreten und an den Kongressen immer mehr Teilnehmer zu verzeichnen sind. Tatsächlich ist die MIC im chirurgischen Konzept nichts grundlegend Neues, im Grunde nur ein anderer Zugang mit einer daraus folgenden völlig neuen Öffentlichkeit in der Dokumentation. Eventuell stellt sie ein Endzeit-Phänomen der „modernen“ Chirurgie dar. DGKCH-HS-20 Langzeitergebnisse nach laparoskopischer Herniorraphie bei kindlichen Leistenhernien M. Bahr1, Chr. Baur2, K. Richter3 1Phillips Universität Marburg, Zentrum für Kinderheilkunde, Klinik für Kinderchirurgie, Marburg; 2Abteilung Allgemein- und Unfallchirurgie, Krankenhäuser Nürnberger Land, Lauf, Lauf a. d. Peg; 3Klinik für Allgemein,Visceral- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum der Friedrich Schiller Universität Jena, Jena Zielstellung: Die laparoskopische Hernioraphie hat sich seit ihrer Erstbeschreibung 1998 zu einer attraktiven Operationsmethode entwickelt.
Argumente für ein minimalinvasives Vorgehen sind sichere Operationstechnik, besseres kosmetisches Ergebnis und schnelle postoperative Mobilisation. Bisher existieren wenige Daten mit grösseren Patientenpopulationen, die Aufschluss über Rezidivraten und Komplikationen nach laparoskopischer Hernioraphie geben. Ziel dieser Studie ist es, die Langzeitergebnisse in unserer Abteilung durchgeführter laparoskopischer Hernioraphien zu untersuchen. Material and Methoden: Zwischen Juni 1997 und November 2003 wurden in der kinderchirurgischen Abteilung des Universitätsklinikum Jena 428 laparaskopische Hernioraphien bei Kindern durchgeführt. Zu jedem Eingriff wurden Patientendaten, Hernienseite, Operateur, verwendetes Nahtmaterial, Operationsdauer und besondere intraoperative Befunde in einer Datenbank erfasst und analysiert. Im August 2004 wurden die Patienten sowie deren Eltern in einem standardisierten Fragebogen zu Zufriedenheit, kosmetischem Ergebnis, postoperativen Komplikationen sowie Rezidiven befragt. Die Ergebnisse wurden stastistisch ausgewertet. Ergebnisse: Bei 13 der bei uns operierten Patienten hatte (3,2%) eine direkte Leistenhernie vorgelegen, bei 2 Patienten eine Leistenhernie en pontalon (0,5%). 396 von 428 Fragebögen wurden vollständig beantwortet. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug 1,06 bis 7,54 Jahre (Mean 3,88 Jahre). Die Zufriedenheit der Eltern mit dem Operationsergebnis und dem kosmetischen Ergebnis war hoch. In 36 von 396 Fällen (9,1%) trat eine Rezidivhernie auf, die eine Re-Intervention erforderlich machte. 4 Patienten (1%) wiesen postoperative Hydrocelen auf, eine Atrophie des rechten Hoden trat in einem Fall auf (0,25%). Die Resorbierbarkeit des Nahtmaterials war kein unabhängiger Prognosemarker für die Rezidivierung, ebensowenig wie die Lernkurve und der Operateur. Diskussion: Bei 36 von 396 Patienten (9,1%) trat ein Leistenhernienrezidiv nach laparoskopischer Hernioraphie auf. Nahtmaterial, Lernkurve und Operationstechnik hatten keinen Einfluss auf die Rezidivrate. Prospektive randomisierte Studien sind erforderlich, um den Stellenwert der laparaskopischen Leistenhernienversorgung beim Kind im Vergleich zur konventionell-offenen Chirurgie zu evaluieren. DGKCH-HS-21 Die laparoskopische Herniorrhaphie beim Kind beeinträchtigt nicht die Durchblutung des Hodens S. Turial1, M. Schwind1, V. Engel1, F. Schier1 1Kinderchirurgie, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Einleitung: Im Kindesalter wird bei der laparoskopischen Herniorrhaphie der offene innere Leistenring mit einer Naht verschlossen. Es wird kontrovers diskutiert ob diese Naht zur Einschnürung der Testikullargefässe und somit zur Minderperfusion des Hodens führe. Diese prospektive Studie untersuchte mit einer neuentwickelten nichtinvasiven Lichtspektrometrie (O2C-Gerät) die Perfussion der Hoden prä-, intraund postoperativ. Patienten und Methode: Bei insgesamt 60 Jungen im Alter von 6 Wochen bis 15 Jahren (Durchschnittsalter 1,8 Jahre) wurde präoperativ auf der Station, vor und unmittelbar nach dem Verschluss des Leistenringes in der gleichen Narkose als auch 6 Wochen postoperativ Hodenperfussionsmessungen durchgeführt. Die Sauerstoffsättigung, relative Hämoglobinmenge, Blutflow und Blutflussgeschwindigkeit wurden über eine perkutan am Hoden anliegende Sonde in 2 mm und 8 mm Gewebestiefe gemessen. Weiterhin wurden präoperativ und 6 Wochen postoperativ sonographisch die Hodengröße und Echostruktur erfasst. Pro Untersuchung wurden je Hoden (sowie zusätzlich als Kotrollmessung auf dem rechten Oberschenkel) je 10 Messungseinheiten erfasst. Ergebnisse: In allen Parametern konnten keine statistisch signifikante Minderung der Hodenperfussion gemessen werden. Die Oxygenierung des Hodens war intraoperativ sehr gut (besser als beim normalen Patienten) und ausschließlich abhängig von dem eingestellten FiO2. Es traten keine wesentliche Veränderungen ein, auch nicht nach dem Zuknoten der Naht, weder bei der relativen Hämoglobinmenge, dem Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Flow oder der Blutflussgeschwindigkeit. Sonographisch fand sich bei 30% eine diskrete Aufquellung der Echostruktur des Hodens auf der operierten Seite. Vielleicht ist jedoch der Zeitraum von 6 Wochen postoperativ zu kurz für eine abschließende Beurteilung. Zusammenfassung: Es zeigte sich, dass die Naht des inneren Leistenringes bei der laparoskopischen Hernienversorgung des Kindes zu keinerlei Perfussionsstörungen des Hodens führt. Es sind zur Zeit weiterführende Multicenterstudien angesetzt, um die Daten besser zu verifizieren und auch um einen Vergleich mit der offenen Herniotomie erstellen zu können. DGKCH-HS-22 Die laparoskopisch assistierte Pyeloplastik beim Kind – deutliche Verkürzung der OP-Dauer S. Turial1, M. Schwind1, V. Engel1, F. Schier1 1Kinderchirurgie, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Einleitung: In dieser prospektiven Studie berichten wir über unseren Erfahrungen mit der laparoskopisch-assistierten Pyeloplastik beim Kind und es erfolgt ein retrospektiver Vergleich mit der Technik der komplett laparoskopischen Pyeloplastik. Patienten und Methode: Seit Mai 2005 wurde bei insgesamt 8 Kindern (Durchschnittsalter 2,3 Jahre) eine laparoskopisch-assistierte Pyeloplastik durchgeführt. Hierbei wurde eine 5-mm Optik am Nabel eingeführt. Zwei weitere 2mm-Arbeitstrokare im Ober- und Unterbauch bei 45° Seitenlagerung des Kindes platziert. Der Uretero-pelviner Übergang wurde dargestellt, das Nierenbecken und Ureter mobilisiert und über einem 10 mm Trokar in Höhe der Flanke vor die Bauchdecke geholt. Zum Exteriorisieren des Nierenbeckens haben wir eine 5 mm Fasszange benutzt. Die Durchführung der Pyeloplastik selbst war identisch zum offenen Vorgehen. Nach dem erneuten Aufbau des Pneumoperitoneums und dem Einführen der Optik erfolgte eine abschließende Kontrolle. Ergebnisse: Die Darstellung, das mobilisieren und das exteriorisieren des uretero-pelvinen Übergangs war bei allen Kindern Problemlos und sicher Durchführbar. Die Anatomie war insbesondere unter dem Aspekt der optischen Vergrößerung durch die Optik jederzeit klar. Die durchschnittliche OP-Dauer der laparoskopisch-assistierten Pyeloplastik betrug 85 Min. (75–120Min.). Die komplett laparoskopische Pyeloplastik dauerte von 150 Min. bis 270 Min. (Median 210). Der Unterschied zur rein laparoskopischen Technik ist auf dem Niveau p>0.001 signifikant. Es gab keine intraoperative Komplikationen. Zusammenfassung: Die laparoskopisch-assistierte Pyeloplastik ist eine einfache, schnelle und sichere Methode. Sie vereint die Vorteile der Laparoskopie mit denen des offenen Vorgehens. Die Anatomie als auch die Mobilisation des uretero-pelvinen Überganges ist jederzeit sicher und klar. Die Pyeloplastik selbst wird unter den Bedingungen des offenen Vorgehens durchgeführt. Der Grad der Traumatisierung und die kosmetische Ergebnisse entsprechen der Laparoskopietechnik, die OPDauer und die Anastomosensicherheit entsprechen mindestens der offenen Technik. Das Exteriorisieren des uretero-pelvinen Überganges ist auch bei größren Kindern problemlos durchführbar. DGKCH-HS-23 Die mikrolaparoskopisch-assistierte Gastrostomie bei Kindern M. Schwind1, S. Turial1, V. Engel1, F. Schier1 1Kinderchirurgie, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Fragestellung: Obwohl die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) gegenwärtig den „Goldstandard“ für die Einlage von Ernährungssonden darstellt, hat sich daneben die laparoskopisch-assistierte Gastrostromie entwickelt. Diese prospektive Studie untersucht die Machbarkeit, die Vorteile und die Probleme der mikrolaparoskopischassistierten Anlage von Ernährungssonden, insbesondere im Vergleich zur offenen Gastrostomie.
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Patienten und Methode: Seit November 2004 wurden bei insgesamt 12 Kindern (Durchschnittsalter 1,2 Jahre) mikrolaparoskopisch-assistierte Gastrostomien durchgeführt. Hierbei wurde eine 1,9-mm Optik über einen 2-mm-Trokar am Nabel eingeführt. Der Magen wurde dargestellt und über eine ca. 1 cm lange Inzision an der zukünftigen Eintrittstelle des Gastro-tubes vor die Bauchdecke geholt. In den ersten 8 Fällen wurde für eine 1,7 mm Fasszange ein zusätzlicher Miniport im linken Unterbauch eingebracht. In den letzten Fällen haben wir lediglich einen 5 mm Trokar zum Fassen und Exteriorisieren des Magens eingeführt. Zur besseren Darstellung des Magens wurde über die liegende Magensonde ca. 40 ml Luft installiert. Die Anlage der Tabaksbeutelnaht, die Gastrotomie, das Platzieren des Gastro-tubes und die anschließende Pexie der Magenwand am Peritoneum war identisch zur offenen Gastrostomie. Nach dem erneuten Aufbau des Pneumoperitoneums und dem Einführen der Optik erfolgte eine abschließende Kontrolle. Ergebnisse: Die durchschnittliche OP-Dauer der mikrolap.-assistierten Gastrostomie betrug 19 Min. (13–45Min.). Die komplett laparoskopische Gastrostomie dauerte von 30 Min. bis 75 Min. (Median 45). Der Unterschied zur rein laparoskopischen Technik und der offenen Gastrostomie ist auf dem Niveau p>o.oo1 signifikant. Die Zeit bis zur ersten Nahrungsgabe über die Sonde betrug 4 bis 12 Stunden (Median 5 Stunden). In einem Fall musste auf ein offenes Vorgehen umgestiegen werden, da wegen einer vorausgegangenen Ösophago-Gastroskopie wegen der intestinalen Überblähung eine Laparoskopie zu riskant erschien. Es gab keine Komplikationen. Bei den Nachuntersuchungen waren alle Gastrostomien dicht. Wundinfekte, Hypergranulationen oder Perforationen traten nicht auf. Schlussfolgerung: Die mikrolaparoskopische Gastrotube-Einlage ist eine einfache, schnelle und sichere Methode gerade in Fällen, bei denen eine PEG-Anlage nicht möglich ist. Die Anatomie ist jederzeit sicher und klar. Sie vereint die Vorteile der Laparoskopie mit denen des offenen Vorgehens. Die Laparotomie wird ersetzt durch ein 2-mm-Port am Nabel. Auch besteht die Möglichkeit, primär einen Button einzulegen. Gleichzeitig ermöglicht die direkte Sicht eine optimale Positionierung und verhindert Verletzungen von Bauchorganen. DGKCH-HS-24 Laparoskopische Resektion einer Sanduhrduplikatur der Blase Chr. Geyer1, R. Metzger1, J. Schwarik2, I. Sorge3, L.-C. Horn4, H. Till1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurge, Universität Leipzig, Leipzig; 2Kinderklinik, Kreiskrankenhaus Herzberg, Herzberg; 3Universitätskinderklinik, Leipzig; 4Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig Sanduhrförmige Blasenduplikaturen sind selten. Die pathologische Anatomie ist durch eine muskuläre Struktur gekennzeichnet die die Blase umfasst und diese zirkulär einengt. Die Ureteren münden dabei orthotop im Trigonum. Betroffene werden im Erwachsenenalter mit rezidivierenden Harnwegsinfekten, unvollständiger Miktion oder auch Blasensteinen symptomatisch. Wir berichten einen einjährigen Knaben mit intermittierender abdomineller Symtomatik und Miktionsstörungen. Sonographisch wurden eine sphärische Struktur am Blasendach und Aszitis beschrieben. Das Miktionszysturethrogramm zeigte keinen Reflux und eine doppelte Struktur in der Mittellinie. Die Laparoskopie bestätigte die Duplikatur. Nach Festlegung der Resektionsgrenzen durch simultane Zystoskopie erfolgte die laparoskopische Resektion der Duplikatur und die Rekonstruktion der Blasenwand. Die histologische Untersuchung des Resektats beschreibt eine vollständige, normal aufgebaute Blasenwand mit sklerosierten Anteilen glatter Muskulatur im Bereich der Verengung. Der postoperative Verlauf war unauffällig. Das Kind konnte 5 Tage nach der Operation entlassen werden. Die laparoskopische Resektion einer Sanduhrduplikatur der Blase gelang sicher und erfolgreich.
Sonntag, 15. September 2007 Langzeitergebnisse nach lebensbedrohlichen Krankheiten DGKCH-HS-28 Ösophagusatresie – Letalität, frühe Morbidität und Langzeitergebnisse bei 107 Kindern M. Lacher1, S. Fröhlich1, D. von Schweinitz1, H.-G. Dietz1 1Kinderchirurgische Klinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, LMU, München Hintergrund: Das Überleben von Kindern mit Ösophagusatresie (ÖA) hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Gegenwärtig liegt die postoperative Überlebensrate in Industrienationen zwischen 85–90%. Ziel dieser Studie war, das Outcome der von uns in den letzten 18 Jahren operierten Kinder in Hinblick auf frühe postoperative Komplikationen und Langzeitverlauf zu evaluieren. Methode: Retrospektive Analyse der postoperativen Verläufe von 107 Kindern: 84 Vogt IIIb, 19 Vogt II und 4 H-Fisteln. Assoziierte Fehlbildungen (Typ II/IIIb): kardial (9/47), tracheal (1/10), skeletal (4/21), gastrointestinal/anorektal (3/14), genitourinär (3/9), chromosomal (3/3). Operationen: Typ IIIb: primäre Anastomose mit/ohne Gastrostomie (n=76), Gastrostomie alleine mit sekundärer Anastomose (n=8). Typ II: Gastrostomie alleine (n=9), zusätzlich zervikale Ösophagostomie (n=10). Kontinuitätswiederherstellung via Magenhochzug (n=13) oder Annäherung der Blindsäcke via Bougierung nach Rehbein (n=6). Ergebnisse: Letalität (notiert nach Typ II/IIIb): 2/11 (12,15%) aufgrund von kardialen (2/9), pulmonalen (0/1) und septischen (0/1) Gründen. Frühe postoperative Komplikationen: 19/53 (100/63%) von 107 Kindern: Anastomoseninsuffizienz (3/0), Anastomosenstriktur (11/29), Fistelrezidiv (0/4), Magenausgangsstenose (1/1), Ileus (4/1), Dumping (0/1), Pneumothorax (2/6), Trachealstenose (1/3), Chylothorax (1/1), Sepsis (4/6). Bislang wurde der Langzeitverlauf von 35 der 94 überlebenden Kinder u.a. mittels eines standardisierten, an das KEKS-Nachsorgekonzept anlehnenden, Fragebogens evaluiert. Hierbei zeigten mit 1 Monat (U3) 67%, mit 1 Jahr (U6) 66%, mit 2 Jahren (U7) 76%, mit 4 Jahren (U8) 76% und mit 5 Jahren (U9) 85% einen normalen Gewichtsverlauf (3.-97. Perz.). Weitere Ereignisse im Langzeitverlauf: GÖR: (37%), Essverhalten (1/3/6 Jahre): Immer o. meistens gerne o. ausreichend (68/76/85%), Teil- o. Dauersondierung (20/8/10%), Ungestörtes Schlucken (77/78/84%), Bolusereignisse (54/50/58%). Pulmonale Probleme (Typ II/IIIb): Tracheomalazie (4/16) mit nachfolgender Aortotruncopexie (0/10), Aspirationen mit KH-Einweisung (2/13), >1×/Jahr Bronchitis (1/3/6 Jahre): 52/76/59%, >1×/Jahr Pneumonie (1/3/6 Jahre): 32/27/28%, >1×/Jahr Antibiotikabedarf (73/70/56%). Narbenkorrekturen: (0/2), Psychosoziales Umfeld: Regelkindergarten 93%, Regelschule 85%, Sonderkindergarten 7%, Sonderschule 15%. Spezielle Fördermaßnahmen: 74%. Über weitere Patienten wird berichtet. Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie erfasst frühe und langzeitliche Komplikationen bei Kindern mit Ösophagusatresie. Postoperative Komplikationen waren bei langstreckigen Atresien häufiger. Letale Verläufe traten vor allem durch Herzinsuffizienz auf dem Boden schwerer kardialer Fehlbildungen auf. Im Langzeitverlauf waren Kinder bei Schuleintritt gemäß dem gegenwärtigen Stand der Auswertung zu 15% unterernährt, 15% hatten Ess-, 16% Schluckstörungen, 58% rez. Bolusereignisse und 28–59% litten unter rez. Bronchitiden/Pneumonien. DGKCH-HS-29 Erfahrungen mit Patch-gedeckten kongenitalen Bauchwanddefekten. Klinisches und sonomorphologisches Outcome der im Zeitraum von 1973–2006 operierten Kinder R. Kellermayr1, F. Prüfer2, J. Hager1 1Kinder-Jugendchirurgie, Univ.Klinik f. Chirurgie, Innsbruck, Österreich; 2Univ.Klinik f. Kinder- u. Jugendheilkunde, Innsbruck, Österreich Hintergrund: Um über den Langzeiterfolg der seit 1973 an der Abteilung für Kinder- und Jugendchirurgie, Innsbruck, wegen kongenitaler Bauch-
wanddefekte durchgeführten Patchverschlüssen eine Aussage treffen zu können, wurde eine Analyse des Outcomes dieser Patienten angestrebt. Methoden: Im Zeitraum von 1973 bis 2006 wurden 49 Patienten mit einem Patch versorgt, 11 davon verstarben. Von verbleibenden 38 Patienten konnten 27 nachuntersucht werden. Eine 28. Patientin war nur telefonisch zu befragen (Auslandsaufenthalt). Bei den 27 Patienten wurde neben einer ausführlichen Anamnese eine klinische Untersuchung und (außer bei einem Patienten) eine Sonographie der Bauchdecke vorgenommen. Ergebnisse: Von den 28 Patienten (15 weiblich, 13 männlich) im Alter zwischen 5 Monaten und 30 Jahren hatten 19 eine Gastroschisis und 9 eine Omphalozele. 7 der 28 Patienten gaben an, dass sie im Laufe der Jahre intermittierende abdominelle Beschwerden gehabt hätten: bei 2 Patienten waren dies nicht näher zu definierende Bauchschmerzen, bei 5 Patienten dagegen Subileusattacken, in 2 Fällen letztlich zu einem operationsbedürftigen Bridenileus werdend. Keiner der Patienten klagte über Atemeinschränkungen oder mangelnde körperliche Belastbarkeit. Ein erwachsener Proband ist aktives Mitglied bei der Bergrettung. Eine erwachsene Patientin gebar vaginal ein gesundes Kind. Alle zur Nachuntersuchung gekommenen Probanden hatten sich wie ihre Altersgenossen körperlich normal entwickelt. Auch das kosmetische Ergebnis der Operation war zufriedenstellend. Bei der klinischen Untersuchung waren nur bei 2 Patientinnen ca. 1,5 cm im Durchmesser haltende Lücken im Bereich des links lateralen bzw. unteren Patchrandes festzustellen. Bei den restlichen Probanden waren die Bauchdeckenverhältnisse unauffällig (auch beim aktiven Mitglied der Bergrettung). Bei der Sonographie der Bauchdecken zeigte sich, dass die einzelnen Patchmaterialien (Dura®-Patch, Gore-Tex®-Patch, Neuro®-Patch, Tutoplast®-Patch) im Ultraschall unterschiedlich gut darstellbar waren, bei den Dura®-Patches vermutlich aufgrund der sehr guten Narben-plattenbildung. Bei 3 Patienten war der Darm teilweise am Patch adhärent, was ihnen aber anamnestisch keine Probleme bereitete. Die 2 wegen eines Ileus operierten Patienten zeigten keine Darmadhäsion an den Patches. Konklusion: Unabhängig vom verwendeten Patchmaterial waren sowohl das kosmetische als auch das funktionelle Outcome der nachuntersuchten Patienten sehr zufriedenstellend. Die Belastbarkeit der patchgedeckten Bauchwand ist, wie die Anamnesen ergaben, bis in Grenzbereiche möglich. Ein Bauchwand-Patch stellt auch für eine Schwangerschaft und eine problemlose vaginale Entbindung kein Hindernis dar. Aufgrund der Tatsache, dass vor allem Patch versorgte Gastroschisis-Patienten im Langzeitverlauf für Subileus-/Ileusattakken „anfällig“ sind, ist es überlegenswert, diese Patienten wegen ihrer speziellen anatomischen Verhältnisse langfristig an einem entsprechenden Zentrum zu kontrollieren resp. im Bedarfsfall dort zu operieren DGKCH-HS-30 Von der Schusterplastik bis zur Schwangerschaft M. R. Vahdad1, J. Engert1, M. Hemminghaus1, R.-B. Tröbs1 1Kinderchirurgische Klinik im Marienhospital, Herne Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es zu prüfen, welche Risiken und Komplikationen bei ehem. Patientinnen (Pat) mit vorderem Bauchdeckendefekt VBD [Gastroschisis (GS) o. Omphalocele (OC)] >5 cm nach einer operativen Bauchdeckenplastik (BDP) im Kindesalter während ihrer Schwangerschaft (SS) zu erwarten sind. Material und Methode: Zwischen 1979–2006 wurden 65 Pat. mit einem VBD (30 GS und 35 OC) bei uns behandelt. Es wurden nur Pat. untersucht, die nach einer BDP schwanger wurden. Bis dato wurden 4 ehem. Pat. im Alter zw. 20–30 J. identifiziert und nachuntersucht. Ergebnisse: Eine primäre Appendektomie wurde bei allen Pat. durchgeführt. 1. 27j. Pat. ehem. FG 37. SSW mit OC >6 cm u. Rectusaplasie, prim. BDP, bis zur Konzeption mit 25 J. beschwerdefrei, komplikationslose SS bis auf Beinödeme, Entbindung mit Spontanpartus (SP) via naturalis in der 38. SSW. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts 2. 22j.Pat. ehem. FG 36. SSW mit OC >8 cm. u. unklarer passagerer Tachycardie, sek. BDP wg. rezid. Wunddehiszenz, bis zur Konzeption mit 20 J. nur kosmetische Unzufriedenheit, während der SS Beinödeme, Bauchwandherniation entlang der alten Narbe mit Teilruptur der Bauchdecke an 2 Stellen sub partu, vaginal operative Geburtsbeendigung mittels Forceps und Episiotomie in der 36. SSW. 3. 22j. Pat. ehem. 38. SSW mit GS, Defekt >10 cm, keine Komorbidität, sek. BDP nach Dünndarmperforation mit 5 Monaten, kos metische Unzufriedenheit bis zur Konzeption mit 19 J. In der 30. SSW Subileusproblematik, vorzeitige Wehen mit vorz. Blasensprung sowie vaginaler Blutung. Geburtsverlauf problemlos mit SP in der 34. SSW. 4. 25j. Pat. ehem. FG 32. SSW mit GS, Defekt >9 cm, prim. BDP, GÖR-Problematik im 1. Lj., Konzeption mit 22 J. Sie litt an psychischer Instabilität, Minderwertigkeitskomplexen, Angstzuständen u. Depressionen. Während der SS vorzeitige Wehen, sub- partu verzögerte Austreibungsphase bei völliger Erschöpfung wegen mangelnder Bauchpresse. Geburtsbeendigung mit SP in der 36. SSW. Diskussion: Der einzige Bericht über eine Pat. mit OC, die nach einer BDP selbst schwanger wurde, stammt von Sigmund H. (1990). Wegen vorzeitigem Blasensprung, Beinödemen, gastrointestinaler Obstruktion und vaginaler Blutung wurde sie ab der 27. SSW stationär behandelt und in der 34 SSW mittels Forceps und Episiotomie entbunden. Weitere Langzeitberichte liegen bis dato nicht vor. Bei unseren Pat. beobachteten wir zusätzlich Komplikationen wie Bauchwandherniation mit Teilruptur, Geburtsstillstand, Subileus und eine psychische Instabilität. Schlussfolgerung: 1. Aufklärung von Patienten, Kindermedizinern sowie Geburtshelfern über die spezifischen Risiken 2. Entbindung in einem Perinatalzentrum mit entsprechenden Kompetenzzentren (Kinderchirurgie, Geburtshilfe, Pädiatrie) 3. Empfehlung zu geeignetem Entbindungsmodus (ggf. Sectio-caes. bei meist insuffizienter Bauchpresse) 4. Zentrale Registrierung aller Fehlbildungen mit laufender Aktualisierung der Daten.
Freitag, 14. September 2007 Freie Vorträge DGKCH-FV-1 Gibt es Risikofaktoren für die Ausbildung einer kontralateralen Leistenhernie? G. Steinau1, P. Vaassen1, T. Wenzel2, V. Schumpelick3 1Kinderchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik RWTH Aachen, Aachen; 2Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 3Chirurgie, Chirurgische Universitätsklinik RWTH Aachen, Aachen Einleitung: Im Gegensatz zu Japan und den USA gehört die bilaterale Leistenexploration in Europa nicht zum Standard. In einer prospektiven Studie über ein Jahr und einer retrospektiven Untersuchung über zwei Jahre habe wir Inzidenzzahlen und Risikofaktoren für die Ausbildung einer kontralateralen Leistenhernie ermittelt. Methodik: Die statistische Auswertung folgte einem explorativen Ansatz mit Hilfe des Statistikprogramms SAS mit p<0,05 als signifikantes Merkmal des Wilcoxon- bzw. Kruskal-Wallis Tests. Ergebnisse: Insgesamt sind in der dreijährigen Zeitspanne 368 Kinder (278 Jungen und 90 Mädchen) im Alter von 0–16 Jahren herniotomiert worden. Unter ihnen mussten sich 22 Kinder (6,0%) später einer kontralateralen Versorgung unterziehen. 39 Kinder wiesen eine beidseitige Leistenhernie auf. Einen hochsignifikanten Einfluss auf die Ausbildung einer Hernie der Gegenseite hatte nachweislich das Operationsalter bei
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Erstversorgung. 72,7% der Patienten mit kontralateralen Leistenhernien waren <2 Monate bei der Erstversorgung alt. Die Zeitspanne zwischen Erst- und Zweitoperation betrug in 86,4% der Fälle <1 Jahr und in 13,6% <2 Jahre. Eine signifikante Tendenz zur kontralateralen Hernie zeigte sich bei Jungen und Mädchen bezüglich des Alters bei Erstoperation p<0,0001, in der Zeitspanne zwischen Erst- und Zweitoperation p<0,0009, in bezug auf das Geburtsgewicht p<0,0321, des Gestationsalter p<0,0019 und der Anzahl der Begleiterkrankungen p<0,05. Schlussfolgerung: Eine routinemäßige Exploration der Gegenseite bei Jungen, die jünger als 2 Monate bei der Erstversorgung sind, kann empfohlen werden. Bei Mädchen ist die beidseitige Exploration bis Ende des ersten Lebensjahres empfehlenswert. DGKCH-FV-2 Therapieoptimierung in der Behandlung der juvenilen Knochenzyste M. Schäfer1, H.-J. Beyer1 1Cnopfsche Kinderklinik, Nürnberg Fragestellung: Die elastische stabile intramedulläre Nagelung (ESIN) hat sich in den letzten Jahren in der Therapie der juvenilen Knochenzyste vor allem nach pathologischen Frakturen als Standard etabliert. Es soll untersucht werden, ob und wann weitergehende Maßnahmen Erfolg versprechend oder nötig sind. Material und Methode: In der Cnopf ’schen Kinderklinik wurden in den Jahren 20012007 insgesamt 25 Kinder mit 26 juvenilen Knochenzysten behandelt. Die häufigste Lokalisation war dabei der proximale Humerus (10; 40%), gefolgt vom Femur (8; 32%). Zur Diagnose führte in 19 Fällen eine pathologische Fraktur, in 5 Fällen war die Zyste ein Zufallsbefund. Ein Kind wurde wegen Schmerzen vorgestellt. Standardtherapie war ESIN in 15 Fällen (60%), 4 davon nach initialer konservativer Behandlung. 5 Knochenzysten (20%) wurden operativ mit Einbringen osteogenen Materials (Spongiosa/Rippentransplantat, Ostim™) oder nur Dekompression behandelt. Alleinige konservativbeobachtende Behandlung erfolgte in 5 Fällen (20%). In einer retrospektiven Analyse wurden die Abheilungstendenz der Zyste sowie die Refrakturrate untersucht. Ergebnisse: In 13 Fällen (86,7%) führte die ESIN zum Erfolg: Die Zyste ging in ihrer Größe deutlich zurück oder konnte sogar vollständig zur Abheilung gebracht werden. In zwei Fällen kam es trotz korrekt liegender Nancynägel zu einer Refraktur, die durch Ausräumung und Einbringung von Rippentransplantat sowie in einem Fall zusätzlich durch erneute Nagelung mit dickeren Nancynägeln therapiert wurden. Die in anderer operativer Technik behandelten fünf Knochenzysten waren alle größenregredient. Diskussion: Die ESIN ist eine sichere und erfolgversprechende Therapie bei juvenilen Knochenzysten. In seltenen Fällen kann es jedoch unter liegenden Nägeln zu einer Größenzunahme der Zyste oder zu einer Refraktur kommen. Dann können zusätzliche Maßnahmen (Ausräumen der Zyste, Einbringen von Spongiosa oder osteogenem Material (z.B. Ostim/Grafton™) eingesetzt werden, um die Zyste zur Abheilung zu bringen. Diese Maßnahmen haben auch weiterhin ihren Platz an nicht für die ESIN geeigneten Zystenlokalisationen. Schlussfolgerung: Die ESIN ist die Standardtherapie bei juvenilen Knochenzysten mit und ohne pathologische Fraktur. In seltenen Fällen, in denen die Zyste trotz ESIN an Größe zunimmt, oder Refrakturen eintreten, sollte die ESIN mit anderen operativen Maßnahmen (Ausräumen, Einbringen von Ostim/Grafton™) kombiniert werden.
DGKCH-FV-3 Psychologische Vorbereitung von Kindern auf Operationen Wunsch und Wirklichkeit M. Gotovos1, M. Barth2, I. Krug2, J. Bengel1, K.-D. Rückauer3, A. Frankenschmidt4, W. Schupp5, A. Superti-Furga2 1Institut für Psychologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Freiburg; 2Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 3Allgemein- und Viszeralchirurgie, Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 4Urologie, pädiatrische Urologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 5Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg Fragestellung: Kritische Evaluierung des aktuellen Forschungsstandes der psychologischen Vorbereitung für Kinder auf Operationen und eigene Untersuchungen zur präoperativen psychologischen Intervention. Material und Methoden: Nach einer umfassenden Literaturrecherche wurden 29 wissenschaftliche Studien analysiert. Darüber hinaus wurde eine Pilotstudie an 20 Patienten im Alter von 6–12 Jahren durchgeführt, um Nutzen und Auswirkungen einer am Modell-basierten präoperativen Intervention im Vergleich zur routinemäßigen fachärztlichen Aufklärung zu untersuchen. Die Literaturstudien und die Pilotstudie wurden auf folgende Kriterien hin verglichen: Art, Länge und Zeitpunkt der Intervention, sowie die praktische Durchfürbarkeit und der breite Nutzen für alle situativ Beteiligten. Ergebnisse: Von den insgesamt 29 Literaturstudien haben sich 93% mit elektiven Operationen befasst. Die große Mehrzahl der Studien untersuchte die Auswirkungen der präoperativen Vorbereitung hauptsächlich auf die präoperative Angst (80% der Studien) und das Kooperationsverhalten der Kinder während der Narkoseeinleitung (35% der Studien) und zweitrangig auf das postoperative Schmerzerlebnis (14% der Studien) und den Schmerzmittelverbrauch (24% der Studien). Die Kommunikation zwischen Kindern bzw. Eltern und dem Krankenhauspersonal, die postoperative Kooperation der Kinder bzw. Eltern, sowie die Arbeitsbelastung des Pflegepersonals wurden in keiner Studie erforscht. Die Intervention bestand in etwa 65% der Studien aus einem Film über den Verlauf der Operation, dauerte 1520 Minuten und fand an unterschiedlichen Zeitpunkten statt (am Morgen der Operation bis zu 3 Wochen vor der Operation). Zwei Drittel der Studien haben ihre Stichproben unzureichend beschrieben und die Effektgrößen der Interventionen nicht geschildert. Eine Kosten-Nutzen-Analyse wurde in einer Studie unternommen. Die Ergebnisse der Pilotstudie werden in Zusammenhang mit den Befunden der Literaturstudien diskutiert und kritisch analysiert. Diskussion: Die umfassende Evaluierung von präoperativen psychologischen Interventionen wird weithin durch methodische Mängel, zu eng definierte Untersuchungsparameter und durch eine limitierte Umsetzbarkeit erschwert. Anhand der Ergebnisse der Pilotstudie wird ein alternatives Forschungsprotokoll vorgeschlagen, was den Zeitplan, die organisatorische Struktur und die breiteren Ziele der jeweiligen medizinischen Einrichtung miteinbezieht. Schlussfolgerung: Damit präoperative psychologische Interventionen für Kinder klinisch relevant und nutzbringend sein können, sollten sie sowohl den Bedürfnissen der Kinder bzw. Eltern Rechnung tragen als auch den klinischen Alltagsbedingungen angepasst sein. DGKCH-FV-4 Die segmentale Transversoplastik (STEP) bei Kindern mit Kurzdarmsyndrom M. Heinrich1, T. Arenz1, P. Bufler1, S. Koletzko1, D. von Schweinitz1 1Klinikum der Universität München, München Fragestellung: Die segmentale Transversoenteroplastik (serial transverse enteroplasty = STEP) ist seit 2003 eine neue operative Technik zur Darmverlängerung bei Kindern mit Kurzdarmsyndrom. Sowohl im Tierversuch als auch bei einigen Kindern sind bisher gute posto-
perative Ergebnisse mit Verbesserung der Ernährungssituation gezeigt worden. Bei zwei Patienten mit Kurzdarmsyndrom nach Volvolus, die mit dieser neuen Operationstechnik primär versorgt wurden, soll der postoperative Verlauf dargestellt werden. Material und Methoden: Bei 2 Kindern mit Kurzdarmsyndrom wurde im Jahr 2006 eine STEP-Operation durchgeführt. Bei der ersten Patientin handelt es sich um 3 jähriges Mädchen, mit einem Kurzdarmsyndrom aufgrund eines intrauterinen Volvolus bei Malrotation und Jejunalatresie als FG der 34.SSW mit einer fast durchgehenden parenteralen Ernährung. Die Dünndarmlänge betrug 40 cm bei vorhandener Ileozökalklappe und normalen Kolon. Zum Zeitpunkt der Operation wurden 34 kcal/kg/d intravenös substituiert. Die zweite Patientin war zum Zeitpunkt der Operation ebenfalls 3 Jahre alt mit einer parenteralen Ernährung von 33 kcal/kg/d. Ursache des Kurzdarmsyndroms war ein Volvolus mit fulminater Enterokolitis als FG der 28.SSW. Die Restdarmlänge betrug 40 cm Dünndarm mit Anschluss ans Rektum. Die Indikation zur STEP-Operation war die Abhängigkeit von der parenteralen Ernährung. Ergebnisse: Intraoperativ zeigte sich eine Dünndarmlänge von 40 cm bzw. 60 cm mit einer ausgeprägten Dilatation. Es erfolgten 9 bzw. 14 Querinzisionen im Rahmen der segmentalen Transversoenteroplastik. Somit konnte eine Darmverlängerung auf 60 bzw. 90 cm erreicht werden. Bei der ersten Patientin wurde zusätzlich eine Re-Ileo-Ileostomie aufgrund einer Kompression des Mesocolonstiels des rechten Querkolons durchgeführt. Der intra- und postoperative Verlauf war komplikationslos. Bei beiden Patienten konnten eine Reduktion der Stuhlfrequenz, eine Gewichtszunahme sowie eine Zunahme der Körperlänge nach 12 bzw. 5 Monaten erreicht werden. Die parenterale Ernährung konnte nur bei der ersten Patientin vollständig abgesetzt werden. Diskussion: Die beiden Fälle zeigen, dass mit der STEP-Operation eine gute Darmverlängerung und eine Erhöhung der intestinalen absorptiven Kapazität beim Kurzdarmsyndrom möglich sind. Vorteil dieser Operation ist vor allem die einfache Technik und die dadurch nicht zu erwartenden Komplikationen. DGKCH-FV-5 Neurogene Blasenfunktionsstörungen bei Myelomeningocele – Bedeutung der frühen Diagnostik und Therapie T. Lehnert1, U. Rolle1, M. Weißer1, Chr. Geyer1, H. Till1 1Universitätsklinik für Kinderchirurgie, Leipzig Einleitung: Das primäre Ziel der Behandlung neurogener Blasenfunktionsstörungen von Patienten mit Myelomeningocele (MMC) ist der Schutz der Nierenfunktion. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit betroffene Patienten zeitgerecht einer standardisierten urologischen Diagnostik zu unterziehen. Entsprechend der ermittelten Befunde muss die Therapie der neurogenen Blasenfunktionsstörung im frühen Säuglingsalter begonnen werden. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich die Qualität der Blasenfunktionsstörung ändern kann. Die vorliegende retrospektive Untersuchung schließt unsere Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung bei Myelomeningocele von 1998– 2006 ein. Ergebnisse: Die urologische Erstdiagnostik der Kinder umfasste Ultraschall, Urodynamik und Miktionszystourographie. Im Rahmen der urodynamischen Erstuntersuchung (median im 4. Lebensmonat) wurden bei 6/17 Kindern eine hypertone neurogene Blase (D+/U+:3, D+/Un:3) diagnostiziert. Eine hypotone neurogene Blase wurde bei 3 Patienten (D–/U–:2, D–/Un:1) festgestellt. Alle weiteren Kinder (8/17) zeigten initial eine normotone Blase ohne erhöhten Auslasswiderstand. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Schädigungsmusters der MMC und neurogenem Blasentyp war nicht erkennbar. Patienten mit erhöhtem Blasenauslassdruck offenbarten Werte für den Blasenauslassdruck von 60 bis 100cm H20 (median 74 cm H20). Diese Patienten wurden konsequent mit intermittierendem Katheterismus (CIC) und supportiver medikamentöser Therapie behandelt. In den Kontroll-Untersuchungen innerhalb eines Jahres zeigte sich ein durchMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts schnittlicher Blasenauslassdruck von 35cm H20. Bei 6/8 Patienten mit initial normotoner Harnblase zeigte sich eine hypertone neurogene Blasenfunktionsstörung in den Kontroll-Untersuchungen. Durch eine zeitgerechte konservative Therapie (CIC, medikamentös) entwickelte keiner dieser Patienten einen vesikoureteralen Reflux (VUR). Bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr sahen wir alle Patienten im Durchschnitt aller 8,3 Monate. Danach wurden die Kinder zwischen 5 und 48 Monaten, im Mittel 22,4 Monate, reevaluiert (einschließlich Nierenfunktionsuntersuchungen). 2/17 Kindern wurden mit rezidivierenden Harnwegsinfekionen und therapiepflichtigem VUR auffällig. Kein Patient dieser Gruppe präsentierte sich bisher mit einer eingeschränkten Nierenfunktion. Schlussfolgerung: Bei entsprechend zeitiger Therapie kann die eigene Nierenfunktion bei den meisten Patienten mit Myelomeningocele vollständig erhalten werden. Von zentraler Bedeutung ist die Regulation des Harnblasendruckes. Die Notwendigkeit der kontinuierlichen Therapie (intermittierender Katheterismus, anticholinerge Medikation) muss durch wiederholte urodynamische Messungen evaluiert werden. DGKCH-FV-6 Testiculäre Microlithiasis – 5 kindliche Fälle I. Groszek-Terwei1, H.-J. Scherer2, R. Wunsch3, R.-B. Tröbs1, M. Hemminghaus1 1Kinderchirurgische Klinik im Marienhospital, Herne; 2Kinderchirurgische Praxis, Datteln; 3Pädiatrische Radiologie und Sonographie, Vestische Kinderklinik Datteln, Universität Witten-Herdecke, Datteln Wir berichten über 5 Patienten (Alter von 2 bis 10 J) bei denen im Rahmen einer Hodenhochstandsdiagnostik (4) und nach einem leichtem Skrotumtrauma (1) eine testiculäre Microlithiasis (TM) sonographisch festgestellt wurde. Bei 4 Jungen trat die TM beidseitig und bei einem einseitig auf. Testiculäre Microlithiasis stellt im Kindesalter eine seltene Entität dar. In der Literatur wird das radiologische Vorkommen der TM bei den Kindern von 0,16% bis 1,1% berichtet. Etiopathogenese der TM ist bisher unbekannt. Es wurde eine ziemlich hohe Koinzidenz (9,52%) einer TM nach einer Orchidopexie wegen Cryptorchismus festgestellt. Ebenso wurde über signifikant höhere Prävalenz einer TM bei der Latino-Population mit Down Syndrom (29%) im Vergleich zu jener ohne Down Syndrom (7%) berichtet. Im Gegensatz zu Erwachsenen ist die testiculäre Microlithiasis im Kindesalter nur selten mit einer malignen Hodenerkrankung assoziiert. Die Reichweite der durchzuführenden Diagnostik bei Kindern ist strittig. Ein prospektives jährliches sonografisches Follow up sowie Tumor Marker Kontrolle (β-HCG, alfa-Fetoprotein) bis ins Erwachsenenalter wird in der Literatur empfohlen. Ein Follow up Register sollte erstellt werden um die Patienten prospektiv kontrollieren zu können. Sonographische Veränderungen in der Echogenität oder Veränderungen in der Zahl bzw. Distribution bei der TM stellen eine Indikation zur Hodenbiopsie dar. DGKCH-FV-7 Debridement von thermischen Wunden 2b und partiell 3. Grades mit einem Wasserstrahl-System (Versajet) K. Rothe1, A. Kremers1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätklinikum Leipzig AöR, Leipzig Einleitung: Für das Debridement von Wunden steht ein neuartiges Wasserstrahlsystem Versajet (Smith@Nephew) zur Verfügung. Das Gerät basiert auf einem Venturi-Effekt. Der Einsatz für das Debridement besonderer Lokalisationen an Gesicht, Hals und Händen wurde klinisch evaluiert. Methode: Bei 5 Kindern mit thermischen Verletzungen 2b und partiell 3.Grades wurde das Gerät angewendet.Es diente zur Wundbettpräparation für die Deckung mit Suprathel bei 2a und 2b Verletzungen sowie zur Spalthaut- und Keratinozytentransplantation bei 3.gradigen Arealen.
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Ergebnisse: Bei allen Kindern konnte zeitgerecht innerhalb von 5–7 Tagen erfolgreich debridiert und nach 7 Tagen eine geschlossene Wunde durch Epithelersatz erreicht werden. In keinem Fall trat eine Infektion auf. Die klinischen Ergebnisse der Wundheilung unter funktionellen und ästhetischen Aspekten werden vorgestellt. Zusammenfassung: Das Versajet System erweist sich als vorteilhaft bei der chirurgischen Reinigung und Therapie von 2b und kleinflächig 3.gradigen thermischen Verletzungen an der Hand, am Hals und im Gesicht, die mit dem Weckmesser oder einem Dermatom schwer zugänglich sind. DGKCH-FV-8 Chirurgische Behandlung der Ureterocele- ein Therapiekonzept K. Riebe1, R. Bitterlich1, B. Jäger1 1DRK- Kliniken- Westend, Deutsches KinderUrologieZentrum Berlin, Berlin Bei der chirurgischen Therapie der ektopen Ureterocele werden verschiedene Vorgehensweisen empfohlen- mit Vor- und Nachteilen. Individuelle Entscheidungen müssen getroffen werden. Wir führen nach Diagnosestellung in den ersten Tagen postnatal die Entlastung der Ureterocelen endoskopisch mit dem Laser durch. Unter Antibiotikumprophylaxe und Ultraschallkontrollen wird dann der weitere Verlauf über 1/2–1 Jahr beobachtet. Die endgültige operative Sanierung erfolgt dann in Form von Refluxoperationen oder Entfernung eines funktionslosen Nierenanteils. Bei 28 Kindern mit ektoper Ureterocele haben wir in den Jahren 2000–2006 mehrheitlich direkt nach Diagnosestellung die“Entdeckelung“ mit dem Laser durchgeführt. 5 Kinder erhielten später eine Neueinpflanzung der Ureteren, 2 erhielten eine Ureteropyelonephrostomie und 2 eine STING-Behandlung. Nur 7 Kinder mussten heminephrektomiert werden. Die restlichen benötigten keine weitere Operation.Das oberste Behandlungsprinzip bei diesem Vorgehen ist die Nierenprotektion- auch wenn vorrübergehend ein Reflux resultiert. DGKCH-FV-9 Die Problematik der Diagnostik und Therapie des Ganglioneuroms in der Abgrenzung zum Neuroblastom M. Keßler1, P. Günther1, S. Holland-Cunz1 1Kinderchirurgie, Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg Fragestellung: Die embryonalen Ganglioneurome (GN) sind sehr seltene gutartige Tumoren des sympathischen Grenzstranges und der Nebenniere. Sie sind in der Gruppe der neuroblastischen Tumoren mit den Neuroblastomen (NB) und den Ganglioneuroblastomen (GB) zusammengefasst. Wir wollen anhand von drei eigenen Fällen die Problematik der Diagnostik und Therapie von GN in der Abgrenzung zum Neuroblastom darstellen und mit der Literatur vergleichen. Material und Methode: Zwischen 2000 und 2004 wurden in der Kinderchirurgie Heidelberg 23 Kinder mit neuroblastischen Tumoren behandelt, davon hatten drei ein Ganglioneurom. Es war ein Junge und zwei Mädchen und im Alter von 2, 4 und 10 Jahren. Bei allen Kindern wurde der Tumor zufällig im Rahmen anderer Symptome oder Erkrankung entdeckt. Zur Diagnostik gehörte neben der Bildgebung (Sonographie, MRT) auch die Messung der Katecholaminmetabolite im Serum und Urin, die Bestimmung der Tumormarker und die MIBG-Szintigraphie. Ergebnisse: Nach der Diagnostik wurde bei allen drei Kindern präoperativ der Verdacht auf ein Neuroblastom der Nebenniere gestellt. Alle Tumoren konnten in toto entfernt werden, histologisch zeigten sich gering unreife Ganglioneurome ohne Nachweis von Neuroblasten. Im follow-up waren alle Kinder rezidivfrei. Diskussion und Schlussfolgerung: Eine sichere klinische oder morphologische Zuordnung zum Neuroblastom ist durch die Diagnostik nicht möglich. Dies deckt sich mit den Beobachtungen aus der Literatur, insbesondere der Sammelstudie der GPOH zum Neuroblastom.
Erhöhte NSE-Werte sind möglich, ebenso wie eine vermehrte Katecholamin-produktion. Spezifische Tumormarker sind für das GN nicht bekannt. Eine Speicherung des Radionuklids ist nachweisbar, jedoch seltener als beim Neuroblastom. In der Bildgebung zeichnet sich das GN durch eine sehr große Varianz aus, neben Verkalkungen sind manche Tumoren in der T2-Gewichtung homogen, andere auch sehr inhomogen. Bei Diagnosestellung sind die Kinder mit einem Ganglioneurom in der Regel älter (ca. 7 Jahre), bei unserem 24 Monaten alten Jungen jedoch genau im Altersgipfel des Neuroblastoms. Die einzige Behandlungsmodalität ist die komplette Entfernung des Tumors, eine Änderung des chirurgischen Vorgehens (Tumorresektion ggf. vorher Biopsie) lässt sich durch die vorangegangene Diagnostik nicht ableiten.
Samstag, 15. September 2007 Kinderchirurgische Forschung DGKCH-FV-10 PAUL-Procedure: Langzeitergebnisse im Großtiermodell T. Meyer1, A. Seifert1, K. Schwarz2, B. Höcht1 1Abteilung für Kinderchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik, Würzburg; 2Anatomisches Institut, Universität des Saarlandes, Homburg/Saar Einleitung: Neben dem direkten Verschluss kleiner kongenitaler Bauchwanddefekte werden gegenwärtig zur Therapie großer Defekte nichtresorbierbare künstliche Materialien eingesetzt. Im Zeitalter des „Tissue Engineerings“ stellt sich uns die Frage, in wie das PAUL-Procedure, welches bereits sehr gute Ergebnisse im Kleintiermodell gezeigt hat, auch im Großtiermodell erfolgreich angewendet werden kann. Material und Methoden: Im Rahmen einer medianen Laparotomie wurde Göttinger Miniaturschweinen (n=10; 7–10 kg) ein 10×8 cm großer, alle Schichten umfassender Bauchmuskelstreifen entfernt und in diesen Defekt ein 8×6 cm großes biokompatibles Netz (=PAUL-Procedure) implantiert. Täglich wurde das Abdomen auf die Bildung einer Narbenhernie beurteilt und das Körpergewicht bestimmt. Nach 3, 6, 9 und 12 Monaten wurden die Tiere laparoskopiert und der Grad der Adhäsion zum Intestinum ermittelt. Abschließend wurde das implantierte Material zu histologischen und immunhistologischen Analysen entnommen. Ergebnisse: (1) Alle Tiere zeigten eine physiologische Wachstums- und Gewichtskurve. (2) Keines der Versuchstiere entwickelte einen Ileus oder eine Narbenhernie. (3) In der Laparoskopie zeigten sich nur geringe Adhäsionen des implantierten Materials zum Intestinum. (4) Immunologisch scheint für die gute Biokompatibilität ein TH2-Pathomechanismus verantwortlich zu sein. Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass das PAUL-Procedure auch im Großtiermodell erfolgreich eingesetzt werden kann. Weitere klinische Studien müssen jedoch noch folgen. DGKCH-FV-11 Anastomosetechniken – Untersuchung am Dünndarm der Ratte S. Holland-Cunz1, M. Chmelnik1, M. Roll1, K.-H. Schäfer2 1Kinderchirurgie, Klinikum der Ruprecht-Karl Universität, Heidelberg; 2Mikorsystemtechnik, Fachhochschule Kaiserslautern Standort Zweibrücken, Zweibrücken Einleitung: Die ursprüngliche Idee alternative Anastomosetechniken zu untersuchen, entstand aus dem Anspruch eine ideale Stoss auf Stoss Dünndarmanastomose zu erhalten. Die Vorstellung beinhaltete, dass sich die drei Wandschichten, Mucosa, Muscularis und Se-rosa, inclusive des enterischen Netzwerkes besser regenerieren und es zur möglichst narbenfreien Abheilung im Sinne einer primären Wundheilung kommen kann. Neben der bereits vorgestellten (Jahrestagung 2005/Bremen) neu entwickelten Methode der geclippten, nicht per-
forierenden Anastomose wurden Versuche zur geklebten Anastomose durchgeführt. Als Vergleichsgruppe standen die konventionell in ganzwandiger Einzelknopftechnik durchgeführten Anastomosen zur Verfügung. Material und Methoden: Männliche SD-Ratten wurden laparotomiert und das terminale Ileum, in definiertem Abstand zum Zökum komplett durchgenommen. Ohne Resektion wurden drei verschiedene Anastomosetechniken durchgeführt. Gruppe 1: Einzelknopftechnik, ganzwandig mit PDS 5.0 Naht; Gruppe2: Einzelne Clipps, nicht wandperforierend (Anastoclip®) Gruppe 3: geklebte Anastomosen (Tacho Seal®) über Stent, welcher über das Zökum geborgen werden musste. Es wurden drei verschiedene Relaparotomiezeitpunkte festgelegt, zu denen die Anastomosen dann entnommen wurden, tensometrisch und radiologisch untersucht wurden und histologisch aufgearbeitet wurden. Die Adhäsionen wurden fotodokumentiert und nach einem subjektiven Score eingeteilt. Leckagen der Anastomosen mit konsekutiver Peritonitis führten zum Abbruch des Versuchs. Ergebnisse: Mit der geklebten Anastomose (Gruppe3) konnte am ehesten die gewünschte Stoss auf Stoss Situation erreicht werden, die Darmwand wird mit dieser Technik wenig traumatisiert. Diese Technik hat jedoch mit Abstand die höchste Insuffizienzrate und muss noch weiter entwickelt werden. Bei der geclippten Anastomose (Gruppe 2) kommt es zur ausgeprägten Wulstbildung und in der histologischen Auswertung zeigt sich, dass sich Mucosa an Mucosa legt und tendenziell vom Lumen her nach außen stülpt, so dass die anderen Wandschichten erst sekundär in die Wundheilung integriert werden. Es wurden keine Insuffizienzen mit dieser Technik beobachtet. DGKCH-FV-12 Fehlende Thy1 (CD90) Expression in Neuroblastomen korreliert negativ mit Überleben H. Fiegel1, J. Kaifi2, A. Quaas3, E. Varol4, A. Krickhahn4, R. Metzger1, G. Sauter3, H. Till1, J. Izbicki2, R. Erttmann5, D. Kluth4 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinkum Leipzig, Leipzig; 2Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Visceral und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; 3Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; 4Klinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg; 5Univ.-Kinderklinik Eppendorf, Hamburg Einleitung: Das Neuroblastom (NBL) ist der häufigste solide Tumor im Kindesalter. Patienten mit fortgeschrittenem Tumor-Stadium haben eine schlechte Prognose. Thy1 (CD90) ist ein membranständiges Glykoprotein, welches von Thymuszellen, neuronalen Vorläuferzellen und bestimmten Stammzellen exprimiert wird. In dieser Studie haben wir die Thy1 Expression in NBL untersucht und mit dem klinischen Verlauf korreliert. Methoden: 63 NBL Gewebe wurden mittels Immunhistochemie bezüglich ihrer Thy1 Expression untersucht. Tumor-RNA wurde zur RT-PCR Analyse der Thy1 mRNA Expression verwendet. Die Überlebensdaten der Patienten wurden mit dem Thy1 Status mittels Log-Rank Test und multivarianter Cox-Regressionsanalyse korreliert. Ergebnisse: Thy1 wurde in 51 (81%) Tumoren exprimiert. Die Kaplan Meier Überlebensanalyse zeigte ein signifikant schlechteres Überleben bei Patienten mit Thy1 negativen NBL (p<0.005; Log-Rank Test). Die multivariante Cox-Regression zeigte einen unabhängigen prognostischen Wert der Thy1 Expression für das Gesamtüberleben (p<0.05). Darüber hinaus wurden in der Gruppe von Thy1 negativen Patienten ein signifikant höherer Anteil an Todesfällen und Rezidiven beobachtet (p<0.05; F-Test). Diskussion: Die Daten zeigen, dass Patienten mit Thy1 negativen NBL eine signifikant reduzierte Lebenserwartung haben. Thy1 ist ein Marker für eine schlechtere Prognose bei Neuroblastompatienten.
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Abstracts DGKCH-FV-13 Passagierung von verschiedenen hepatischen Progenitorzellen der fetalen Rattenleber erlaubt eine Massenexpansion in vitro. H. Bruns1, H. Fiegel1, J. Ahrend2, R. Metzger1, D. Kluth2, H. Till1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig; 2Klinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg Einführung: Adulte Hepatozyten zeigen in Kulturen ein begrenztes Wachstumspotential. In Vorarbeiten konnten wir zwei distinkte Progenitorzellen der fetalen Rattenleber identifizieren: (i) Fetale Leberzellen, die eine Koexpression des Stammzellmarkers Thy1 (CD90) und des leberzellspezifischen Cytokeratin 18 (CK-18) zeigen, und (ii) Lebervorläuferzellen, die nur CK-18 exprimieren. In dieser Studie wurde das Wachstums- und Differenzierungspotential der Vorläuferzellen in vitro sowie die Expansionsmöglichkeit durch Passagierung untersucht. Methoden: Thy1-positive und -negative hepatische Vorläuferzellen der fetalen Ratte wurden nach Kollagenaseverdau und nach Depletion der OX43/OX44 positiven Zellen mittels MACS isoliert. Zellkulturen wurden auf einer Collagen-I Matrix mit Supplementation der Wachstumsfaktoren HGF, EGF, SCF und bFGF angelegt. Nach konfluierendem Wachstum wurden Zellpassagierungen durchgeführt. Die zelluläre Differenzierung wurde mittels RT-PCR analysiert. Ergebnisse: Beide Vorläuferzelltypen zeigten ein enormes Wachstumspotential, welches über mehrere Passagen stabil war. Thy1 positive und -negative Zellen zeigten ein leberspezifisches Differenzierungspotential mit der Expression von CK-18, Albumin and AFP. Diskussion: Kultivierte fetale Leberprogenitorzellen besitzen ein enormes Wachstumspotential gegenüber adulten Hepatozyten. Durch Passagierung kann eine Massenexpansion von fetalen Lebervorläuferzellen erreicht werden. Fetale Lebervorläuferzellen sind eine interessante Zellressource für therapeutische Leberersatzverfahren. DGKCH-FV-14 Altersabhängige Entwicklung des intestinalen Plexus mucosus im Tiermodell U. Rolle1, S. Paran2, P. Puri2, H. Till1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Leipzig; 2Childrens Research Centre, University College of Dublin, Dublin, Irland Einleitung: Informationen über die normale physiologische Entwicklung des enterischen Nervensystems (ENS) sind für das Verständnis angeborener Innervationsstörungen des Darmes im Kindesalter von zentraler Bedeutung. Während zahlreiche Informationen über die Plexus myentericus und submucosus vorliegen, ist die Entwicklung des intestinalen Plexus mucosus nur unzureichend bekannt. Die vorliegende Studie untersuchte die Entwicklung des intestinalen Plexus mucosus des Schweines von der Fetalzeit bis zum Erwachsenenalter. Material und Methoden: Vollwandpräparate des Dünn- und Dickdarmes wurden jeweils 3 Schweinen verschiedener Altersgruppen (60 Tage Gestation; 90 Tage Gestation; Neugeborenes; 4 Wochen alt; 12 Wochen alt; erwachsenes Tier) entnommen und in 4% Paraformaldehyd fixiert. Abschließend wurden die Präparate in Paraffin eingebettet und Schnitte von 8μm hergestellt. Die Schnitte wurden immunhistochemisch, mit den Primär-Antikörpern Neurofilament und Protein Gene Product 9.5 bearbeitet. Ergebnisse: Die Dünn- und Dickdarmpräparate offenbarten identische Innervationsmuster. Die Plexus myentericus und submucosus waren bereits am 60. Gestationstag mit PGP 9.5 und Neurofilament darstellbar. Im Gegensatz dazu konnte der Plexus mucosus erst ab dem Neugeborenenalter nachgewiesen werden (Neurofilament positive Fasern) und wurde mit zunehmendem Alter immer dichter (Neurofilament und Protein Gene Product 9.5 positive Fasern und Zellen) ◉ Tab.
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Alter
Plexus Plexus submucosus Plexus mucosus myentericus außen innen innere L. propria Villi Subepithelial
E60
+
+
–
–
–
–
E90
++
++
–
–
–
–
Neug. ++
++
+
+
+
–
4 W.
+++
+++
+
++
++
+
12 W.
+++
+++
++
+++
+++ ++
Erw.
+++
+++
+++
+++
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Schlussfolgerung: Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass der enterische Plexus mucosus erst ab dem Neugeborenenalter nachweisbar ist. Diese relativ späte Differenzierung des enterischen Nervensystems ist für die Evaluation der funktionellen intestinalen Obstruktion im Frühund Neugeborenenalter von Bedeutung. DGKCH-FV-15 Allein durch die Verwendung DEHP-haltiger PVC-Schläuche erhöht sich das Risiko für eine Cholestase bei der parenteralen Ernährung Neugeborener um mehr als das 5-fache H. von Rettberg1, T. Hannmann2, U. Subotic1, J. Brade3, T. Schaible4, S. Loff2 1Kinderchirurgie, Klinikum Mannheim, Mannheim; 2Kinderchirurgische Klinik, Universitätsklinik Marburg, Marburg; 3Institut für Statistik, Klinikum Mannheim, Mannheim; 4Kinderklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim Einleitung: Die TPN-induzierte Cholestase ist ein schwerwiegendes Problem bei der langfristigen parenteralen Ernährung insbesondere Neu- und Frühgeborener. Kann die parenterale Ernährung beendet werden, bildet sich die Choestase meist zurück. Muß die TPN aber wegen beispielsweise eines Kurzdarmes fortgeführt werden, führt sie in den meisten fällen nach wenigen Monaten bis Jahren zu irreversiblen Leberschäden. Viele Kinder sterben an Leberversagen. Bekannte Ursachen sind Bakterientoxine, Unreife der Leber und fehlerhafte TPN-Zusammensetzung. Unsere Arbeitsgruppe hat als möglichen Triggerfaktor DEHP (Di-ethylhexyl-phthalat) identifiziert, das als Weichmacher den meisten Infusionsleitungen zugesetzt ist, 50% des Volumens ausmacht und leicht abgegeben werden kann. Wir konnten nachweisen, dass 24 ml Lipide bei 30° 3–10 mg DEHP pro Tag DEHP extrahieren . An Kaninchen konnten wir die lebertoxische Wirkung des DEHP nachweisen. Jetzt, 6 Jahre nach Umstellung der Schläuche in unserer Klinik auf DEHP-freie Infusionssysteme verglichen wir alle Kinder zwischen 1998 und 2004, die mindestens 2 Wo. parenterale Ernährung mit Fetten erhielten bezüglich des Auftretens einer Cholestase. Ergebnisse: 46 Patienten wurden DEHP-frei ernährt, 30 Patienten unter Belastung mit DEHP-haltigen Schläuchen.Als mögliche Einflussfaktoren wurden geprüft: Schlauchart, Anzahl Transfusionen, Sepsitiden, chirurgische oder rein pädiatrische Erkrankung, TPN-Dauer, Geburtsgewicht und Schwangerschaftsdauer. 50% der Kinder mit DEHP-haltigen Infusionsschläuchen entwickelten eine Cholestase während nur 13% der mit DEHP-freien Infusionsschläuchen infudierten Kinder eine Cholestase entwickelten. Als relevante, signifikante Einflussfaktoren erwiesen sich in einer Multivarianzanalyse Schlauchart, Sepsitiden und chirurg./pädiatr. Erkrankung. Die Berechnung der OddsRatio ergab für chirurg. Erkrankungen eine 33-fache Risikoerhöhung für eine Cholestase bei einem sehr weiten Konfidenzintervall, für die Sepsitiden ein 5-fach erhöhtes Risiko bei einem weiten Konfidenzintervall und für DEHP-haltige Infusionssysteme ein 5,6-fach erhöhtes Risiko bei niedrigem Konfidenzintervall. Schlussfolgerung: DEHP ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Entstehung der Cholestase bei der parenteralen Ernährung Frühgeborener
Sonntag, 16. September 2007 Poster-Sitzung mit Posterpreisverleihung DGKCH-FV-16 Retrosternale, transmyokardiale Ventrikelläsion im Rahmen der Metallentfernung nach Nuss-OP F.-M. Häcker1, T. Berberich1, J. Bielek1, F. Frei2, J. Mayr1, F. Gambazzi3 1Kinderchirurgie, Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel, Schweiz; 2Anaesthesie, Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel, Schweiz; 3Thoraxchirurgie, Universitäts-Spital Basel, Basel, Schweiz Das minimal invasive OP-Verfahren nach Nuss (MIRPE) wurde 1998 von D. Nuss erstmals beschrieben und wird inzwischen in vielen Zentren angewandt. Das MIRPE-Verfahren proklamiert ein gutes kosmetisches Ergebnis bei gleichzeitig minimalem Operationstrauma. Zudem wird von einer hohen Patientenzufriedenheit berichtet. Allerdings haben sich im Zuge der breiten Anwendung und mit zunehmender Anwendungsdauer einige, teils erhebliche Risiken gezeigt. Insbesondere kardiale Komplikationen sind von elementarer Bedeutung. Wir berichten über eine zum Zeitpunkt der MIRPE 17 Jahre alte Patientin. Die Patientin litt unter einer langen, asymmetrischen Trichterbrust. Im Alter von 18 Monaten war aufgrund einer Transposition der grossen Gefässe ein kardiochirurgischer Eingriff (Vorhofumkehr nach Mustard) über eine mediane Thorakotomie durchgeführt worden. Unmittelbar nach MIRPE entwickelte die Patientin ein Postkardiomyotomie-Syndrom, welches konservativ erfolgreich therapiert werden konnte. Ein Wundinfekt im Bereich des lateralen Stabilisators erforderte 5 Monate postoperativ eine lokale Wundrevision. Der weitere klinische Verlauf war komplikationslos. Nach 3 Jahren erfolgte geplant die Metallentfernung. Präoperativ wurde am Vortag ein kardiologisches Konsil mit EKG und Echokardiographie durchgeführt, welches ein unauffälliges Resultat zeigte. Intraoperativ kam es mit der Mobilisierung des Pectus Bar zu einer retrosternalen transmyokardialen Ventrikelläsion, welche eine sofortige bilaterale anterolaterale Thorakotomie erforderlich machte. Der Muskeldefekt konnte erfolgreich verschlossen werden, und unter intensivmedizinischen Massnahmen konnte die Patientin stabilisert werden. 12 Tage später konnte die Patientin nach Hause entlassen werden und zeigt sich heute 9 Monate später klinisch beschwerdefrei. Der gesamte klinische Verlauf macht deutlich, dass die Indikation zur MIRPE insbesondere bei Patienten mit kardialen Vorerkrankungen äusserst kritisch zu sehen ist. Neben dem Fallbericht möchten wir im Rahmen einer Literaturrecherche speziell auf die kardialen Komplikationen im Zusammenhang mit dem MIRPE-Verfahren eingehen. DGKCH-FV-17 „Bariatric Surgery“ beim adoleszenten Mädchen mit morbider Adipositas und mentaler Retardierung: Erfolg der laparoskopischen Magenschlauchbildung H. Till1, A. Keller1, O. Muensterer1, W. Kiess1 1Universitätskinderklinik, Leipzig Einleitung: Die medizinische Bedeutung der krankhaften Adipositas nimmt in Deutschland auch im Kindes- und Jugendalter ständig zu. Therapeutisch stehen grundsätzlich eine Vielzahl von konservativen Behandlungsstrategien im Vordergrund. Leider führen diese aber auch nach jahrelangem und intensivem Einsatz kaum zum Erfolg. Bei Erwachsenen werden dann operative Konzepte angeboten, die sich in sogenannte restriktive (Verkleinerung des Magens) oder malabsorptive Verfahren (Veränderung der Verdauung) unterteilen lassen. Letztere erscheinen im Kindes- und Jugendalter kritischer, weil die lebenslangen Folgen bisher nicht ausreichend validiert sind. Die laparoskopische „sleeve gastrectomy“ gilt als anerkanntes restriktives Verfahren bei Erwachsenen, welches wir erstmals bei einem jugendlichen Mädchen mit krankhafter Adipositas und mentaler Retardierung indiziert haben.
Methode: Indikation zur operativen Therapie der morbiden Adipositas bei einem 17-jährigen Mädchen mit BMI=44. Aufgrund einer mentalen Retardierung zeigte das Mädchen unkontrollierte Essattacken und war einer konservativen Therapie nicht zugänglich. Die komplexe präoperative Diagnostik schloss endokrinologische Erkrankungen sowie bestimmte Syndrome (Prader-Willy-Syndrom, Momo-Syndom, fragile-X-Syndrom, etc.) aus. Laparoskopische Technik: 5 Trokare (2×5mm; 2×10 mm; 1×15 mm), Pneumoperitoneum 15 mmHg, Endoluminale Protektion der kleinen Kurvatur mit 26-Ch-Gastroskop; Eröffnung der Bursa omentalis, Skelettieren der großen Kurvatur mit Ultracision; Resektion von Antrum, Corpus und Fundus mittels Endo-Gia unter Bildung eines hockeyschlägerförmigen Restmagens, anschließend fortlaufende Übernähung, keine Drainage. Ergebnisse: Komplikationsloser Eingriff, minimaler Blutverlust, Dauer 95 min. Keine Nachbeatmung, keine ITS. Radiologisch unauffälliger Schlauchmagen 4. postop. Tag. Kostaufbau ab 4. postoperativen Tag mit entsprechender Diät. Entlassung am 7. postop. Tag. Konsequente Nachbetreuung in der spezialisierten Adipositas-Sprechstunde. Keine Stoffwechseldysregulationen, keine Hypovitaminosen, keine Malabsorptions-Symptome. Gewichtsabnahme von 23 kg in 12 Monaten. Schlussfolgerung: Die laparoskopische Magenteilresektion (sleeve gastrectomy) kann bei entsprechend strenger Indikation auch im Adoleszentenalter sicher angewendet werden. Langfristige Untersuchungen zum Vergleich restriktiver mit malabsorptiven Verfahren stehen bei Kindern und Adoleszenten noch aus. DGKCH-FV-18 Stellenwert der Mikrolaparoskopie beim akuten und chronischen Bauchschmerz M. Schwind1, S. Turial1, V. Engel1, F. Schier1 1Kinderchirurgie, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Fragestellung: Die ausschließliche Verwendung von Instrumenten mit nur 2 mm Durchmesser im Rahmen diagnostischer Laparoskopien zur Abklärung akuter oder chron. Bauchschmerzen bei Kindern ist bisher noch nicht verbreitet. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang unter der Bezeichnung Mikrolaparoskopie bzw. needlescopy vorwiegend über den Einsatz von 2,7 mm und 3 mm Instrumenten berichtet. Ziel unserer Untersuchung war es den Stellenwert der Mikrolaparoskopie bezüglich Durchführbarkeit, Zuverlässigkeit und Patientenkomfort, sowie die Limitierungen der 2 mm Instrumente zu ermitteln. Material und Methode: Die Technik der Mikrolaparoskopie weicht prinzipiell nicht von der bei der Verwendung von Standardinstrumenten ab. Der einzige Unterschied liegt in der Verwendung kleinster Optiken mit einem Durchmesser von nur noch 1,9 mm. Diese werden in üblicher Weise infraumbilical eingebracht. Je nach Art des Eingriffs und der Fragestellung werden zusätzlich 2 mm Miniports platziert. Die Untersuchung umfasst 35 Kinder (Alter: 4 Tage–15 Jahre, Median 6,8 J) bei denen seit Juni 2005 in unserer Klinik Mikrolaparoskopien durchgeführt wurden. Hierbei wurden insgesamt 37 Eingriffe durchgeführt, 25 aufgrund chron. rezidivierender Bauchschmerzen und 12 zur Abklärung akuter Bauchschmerzen wie zum Beispiel bei Ovarialtorsionen, Ileus oder Volvulus bei Neugeborenen. Ergebnisse: In keinem der Fälle traten Komplikationen auf. Die durchschnittliche Operationsdauer wich nicht signifikant (p>0,0001) von der in der Gruppe mit 5 bzw. 10 mm Instrumenten ab. Es traten keine mechanischen Probleme auf, die 1,9 mm Optiken zeigten jedoch einen deutlichen Verschleiß in der Umgewöhnungsphase. Aufgrund einer für die Größe der Bauchhöhle zu geringen Lichtleistung bzw. zu kurzer Optiken musste in 2 Fällen auf 5 mm Optiken umgestiegen werden. Diskussion: Gerade bei Kleinkindern und Neugeborenen erweist sich die ausschließliche Verwendung von 1,9 bzw. 2 mm Instrumenten als problemlos durchführbar. Nur bei größeren Kindern kam die Methode aufgrund einer zu geringen Lichtleistung und damit eingeschränkten Übersicht an Ihre Grenzen. Die auf der Hand liegenden Vorteile der Mikrolaparoskopie gegenüber Laparoskopien mit StandardinstrumenMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts ten sind im wesentlichen die geringer Traumatisierung und die nahezu narbenlose Wundheilung. Schlussfolgerung: Die 2 mm Instrumente erwiesen sich als absolut geeignet für einen routinemäßigen Einsatz bei diagnostischen Laparoskopien im Kleinkindesalter. Unter Berücksichtigung der derzeit noch bestehenden technischen Einschränkungen beim Einsatz in größeren Bauchhöhlen können wir die 2 mm-Mikrolaparoskopie sowohl im Rahmen diagnostischer als auch therapeutischer Maßnahmen empfehlen und werden den Einsatz der Instrumente ausweiten. DGKCH-FV-19 Laparoskopisch oder offen: Eine Metaanalyse zur Pyloromyotomie O. Muensterer1, S. Blüher2, H. Till1 1Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Leipzig; 2Koordinationszentrum für klinische Studien Leipzig (KKSL), Leipzig Hintergrund: Die laparoskopische Pyloromyotomie wurde 1995 erstmals beschrieben. Seit dem werden die Vor- und Nachteile kontrovers diskutiert. In dieser Meta-Analyse sollen die Ergebnisse und Komplikationen von der laparoskopischen und offenen Methode verglichen werden. Methodik: Eine MEDLINE Literaturrecherche wurde unter den Suchbegriffen „laparoscopic pyloromyotomy“ unternommen. Originalarbeiten wurden in die Meta-Analyse eingeschlossen, wenn sie eine laparoskopische und offen operierte Patientengruppe verglichen und die Parameter Operationszeit, postoperative Verweildauer, Zeit bis zum vollen enteralen Kostaufbau, sowie Angaben zur Rate der Wundinfektion, Mukosaperforation und Reoperation enthielten. In der Zusammenschau aller Studien wurden dichotome Variablen mit dem Wilcoxon Rank-Test und kontinuierliche Variablen mit dem T-Test für gepaarte Stichproben verglichen. Außerdem wurden Forrest-Plots für jeden individuellen Parameter angefertigt. Ergebnisse: Insgesamt wurden 53 relevante Arbeiten identifiziert, von denen 14 Studien (10 retrospektive, 4 prospektive) in die Metaanalyse eingeschlossen wurden. Im Vergleich der laparoskopisch (n=1410) und offen (n=1062) operierten Patienten fanden sich wesentlich weniger Wundinfekte in der laparoskopischen Gruppe (p=0.02), sowie tendenziell eine etwas höheren Restenoserate (p=0.052) und einer kürzeren Verweildauer (p=0.06). In 3% der Fälle wurde von der laparoskopischen auf die offene Technik konvertiert. Bei der Stratifizierung der Studien nach Publikationsdatum vor und nach dem Jahr 2000 (je n=7) konnte bei den laparoskopisch Operierten eine Abnahme der Komplikationsrate aufgezeigt werden. Schlussfolgerung: Das Risiko einer postoperativen Wundinfektion ist nach laparoskopischer Pyloromyotomie geringer als nach der offenen Operation, ansonsten sind die Komplikationsraten vergleichbar hoch. Laparoskopisch operierte Säuglinge werden tendenziell früher entlassen. Die Komplikationsrate bei der laparoskopischen Pyloromyotomie hat über das letzte Jahrzehnt abgenommen, welches für ein Abflachen der Lernkurve spricht. DGKCH-FV-20 Einsatz von Suprathel bei thermischen Verletzungen 2a und b Grad im Kindesalter A. Kremers1, K. Rothe1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinik Leipzig AöR, Leipzig Einleitung: Verbrühungen im Kindesalter führen häufig zu einer gemischt 2a und b gradigen Verletzungstiefe. Die Epithelisierung oberflächlich dermaler Areale ist einfach. Tief dermale Anteile können spontan epithelisieren. Bei großen Flächen besteht jedoch die Gefahr der Hyperinflammation mit hypertropher Narbenbildung. Ein aggressives Management mit autologer Spalthauttransplantation zeigt ebenfalls Narbenprobleme mit Kontraktionszonen, instabilen Randzonen, Overgrafting oder hypertrophen Grenzflächen. Deshalb ist die Suche nach neuen Epithel – bzw. Dermisersatzstoffen für Verbrühungen im Kindesalter
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besonders aktuell. Mit dem allogenen resorbierbaren Epithelersatz Suprathel gelingt es auch große Flächen von Verbrühungsarealen der Tiefe 2a und b zu behandeln. Durch die Membraneigenschaften und die Zusammensetzung von Suprathel aus Polylactid kommt es zu einer stabilen Reepithelisierung. Die Narbenbildung ist gering. Material und Methode: Zwischen 3/2005 und 3/2007 wurden an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie 35 Patienten mit Suprathel behandelt. Das mittlere Alter betrug 2 9/12 Jahre, die durchschnittlich verbrannte KOF 11%. Wir beurteilten den Heilungsverlauf und Parameter des Patientenkomforts. Ergebnisse: In allen Fällen kam es zur raschen komplikationslosen Abheilung der thermischen Verletzungen unabhängig von initialen Ausmaß und der Lokalisation innerhalb von 9 Tagen (7–13). In einigen Fällen verblieben meist kleinflächige Narben ohne funktionelle Einschränkung oder Hypertrophieneigung. Der Patientenkomfort wurde uneingeschränkt postiv bewertet und die generell gute Akzeptanz spricht für das gute Produkt. DGKCH-FV-21 Die perinatale Hodentorsion – Der lange Weg zur Diagnose M. Chmelnik1, S. Holland-Cunz1, J.-P. Schenk2, A. Hadidi3, M. Keßler1, P. Günther1 1Kinderchirurgie, Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg; 2Pädiatrische Radiologie, Heidelberg; 3Kinderchirurgie Mannheim, Mannheim Einführung: Die perinatale Hodentorsion (HT) stellt neben der HT bei älteren Kindern eine eigene Krankheitsentität mit Besonderheiten in Diagnostik und Therapie dar. Perinatale HT treten pränatal oder in den ersten 30 Lebenstagen auf. Insbesondere die pränatalen HT präsentieren sich häufig nicht als akutes Scrotum. Im Vordergrund stehen eine oft schmerzfreie Induration und bei länger zurückliegender Torsion die Hypotrophie des Hodens. Die klinische Evaluierung ist im Neugeborenenalter oft schwierig und so verwundert es nicht, wenn perinatale Hodentorsionen häufig protrahiert diagnostiziert und einer Behandlung zugeführt werden. Material und Methoden: Es erfolgte die retrospektive Auswertung von 63 konsekutiven Patienten mit auffälligem Scrotalbefund, welche in der KCH Heidelberg zum Ausschluss einer HT von 12/2001 bis 6/2006 vorgestellt wurden. Es traten 5 perinatale Fälle auf (Gruppe A). In 58 Fällen waren die Patienten älter als 30 Tage alt (Gruppe B). Bei allen Patienten erfolgte die klinische und dopplersonogr. Untersuchung. Bei insgesamt 19 Fällen wurde die Indikation zur Hodenfreilegung gestellt, dabei zeigte sich in 15 Fällen eine HT. Bei diesen Patienten wurden die Zeitspanne vom Auftreten der ersten pathologischen Befunde bis zur Vorstellung in unserer Klinik, klinische und sonogr. Befunde sowie das operative Vorgehen evaluiert. Ergebnisse: Der Anteil der perinatalen HT an allen operativ bestätigten HT betrug 33%. Gruppe A: In 5 von 5 Fällen wurde die OP-Indikation gestellt, operativ zeigte sich eine HT bei allen Patienten. Bei einem Patienten konnte der Hoden erhalten werden, die anderen 4 Patienten mussten orchiektomiert werden. Gruppe B: In 14 von 58 Fällen wurde die OP-Indikation gestellt, operativ zeigte sich eine HT bei 10 Patienten. 2 Hoden mussten orchiektomiert werden, 8 wurden erhalten. Medianwert für die Zeitspanne vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Einweisung in unsere Klinik: – Perinatalen HT: 24 h (min. 2,5 h, max. 260 h) – HT vom 2. LM bis zum 14 LJ: 2 h (min. 0,5 h, max. 19 h). Diskussion: Die Auswertung unseres Patientengutes zeigt, dass von allen bei uns behandelten HT die perinatalen Fälle die deutlichste Verzögerung zwischen dem Auftreten erster Symptome bis zur Vorstellung in unserer Klinik aufwiesen. Die entscheidende Schlüsselposition für die klinische Erstdiagnostik nimmt die päd. Neugeborenenuntersuchung ein. Dabei genügt nicht alleine die exakte Dokumentation eines auffälligen Befundes, es muss auch das weitere Procedere eingeleitet werden – die unverzügliche Vorstellung in der Kinderchirurgie.Sowohl
der Zeitpunkt für eine Hodenfreilegung als auch für die Orchidopexie der Gegenseite werden für die perinatale HT in der Literatur kontrovers diskutiert. Unabhängig von der Entscheidung für eine bestimmte Strategie des weiteren therapeutischen Vorgehens sehen wir eine verzögerungsfreie Diagnosestellung als Voraussetzung für das Ziel, das bestmögliche Outcome für unsere Patienten zu erreichen. DGKCH-FV-22 VEPTR (Vertical Expandible Prosthetic Titanium Rib) zur Therapie des Jeune-Syndroms M. Lacher1, H.-G. Dietz1 1Kinderchirurgische Klinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, LMU, München Einleitung: Das Jeune-Syndrom, auch asphyxierende Thoraxdystrophie genannt, ist eine seltene, autosomal rezessive Erkrankung, die beim Neugeborenen aufgrund der typischen Merkmale eines schmalen Thorax in Verbindung mit kurzen Extremitäten meist einfach zu erkennen ist. Zusätzlich findet man bei diesen Patienten Kleinwuchs, Niereninsuffizienz, Leber- und Pankreasfibrose und eine Retinopathie. Schnell progrediente Verläufe sind ebenso wie relativ gutartige Verläufe beschrieben. Die Behandlung zielt auf eine Beherrschung der Atemwegsinfektionen, um schwere Komplikationen zu vermeiden. Die Prognose ergibt sich im Wesentlichen aus der Schwere der sich entwickelnden, respiratorischen Symptomatik und der häufig auftretenden Nierenfunktionsstörung. Die Versuche einer chirurgischen Thoraxerweiterung hatten bisher nur geringen Erfolg. Anhand einer Kasuistik soll die therapeutische Option mittels VEPTR (Vertical Expandible Prosthetic Titaniun Rib) beschrieben werden, welches ein neues Behandlungskonzept für das Thoracic Insufficiency Syndrome (TIS) darstellt. Hierbei wird eine Titanrippe senkrecht an den natürlichen Rippen des Patienten angebracht. Erste Fälle mit Jeune-Syndrom wurden erfolgreich in den USA operiert. Zum zweiten Mal in Europa wurde diese Methode in unserer Klinik evaluiert. Kasuistik: Reifgeborenes Mädchen. Schwangerschaft unauffällig. In den ersten beiden Lebensjahren wiederholte Pneumonien mit Ateminsuffizienz und dauerhaftem O2-Bedarf, daher Indikationsstellung zur operativen Brustwanderweiterung. Primäre Implantation des rechtsseitigen VEPTR im Alter von 32 Monaten. Entlassung nach 20 Tagen, hiernach rezidivierende bronchopulmonale Infekte. Wiederaufnahme zur Implantation des linksseitigen VEPTR im Alter von 42 Monaten. Im Verlauf erlitt die Patientin weiterhin Pneumonien mit respiratorischer Insuffizienz, so dass 5 Monate später (Alter: 47 Monate) im Rahmen einer erstmaligen, beidseitigen Expansion zur nächtliche Heimbeatmung ein Tracheostoma angelegt wurde. Die letztmalige, zweite, beidseitige Expansion erfolgte im Alter von 55 Monaten (4 7/12 Jahren) mit nachfolgender Langzeitbeatmung. Follow up aktuell 5 1/2 Jahre. Schlussfolgerung: Der VEPTR eignet sich als dreidimensionaler Thoraxzugang zur Behandlung von Patienten mit Jeune-Syndrom. Durch eine Stabilisation und mechanische Vergrößerung des Brustkorbes, regelmäßige Expansion und anatomische Distraktion wird die Atmung und das Wachstum der Lungen begünstigt und hält mit dem Wachstum des Kindes Schritt. Dennoch ist die Prognose durch die Kombination von chronisch respiratorischer Insuffizienz und den syndromalen Begleiterkrankungen (Niereninsuffizienz, Leberund Pankreasfibrose) insgesamt ungünstig. DGKCH-FV-23 Refixation osteochondraler Fragmente der lateralen Femurkondyle durch resorbierbare kopolymere Schrauben A. Sarropoulos1, F. Linke1 1Kinderchirurgie, SRH Zentralklinikum, Suhl Einleitung: Osteochondrale Flake-Frakturen sind seltene aber typische Verletzungen im Kindes- und Jugendalter. Im Rahmen der traumatischen Patellaluxation kann es infolge des Auftretens erheblicher
Scherkräfte auf den inferio-medialen Patellapol und den lateralen Femurkondylen zur Abscherung osteochondraler Fragmente kommen. Nur selten besteht der Unfallmechanismus osteochondraler Frakturen in einem direkten Kniegelenkstrauma. Zielstellung: Im vorgestellten Fallbericht wird gezeigt, dass es trotz verbesserter diagnostischer Techniken zu einer verzögerten Diagnosestellung kommen kann. Es werden die zur Verfügung stehenden diagnostischen Möglichkeiten aufgezeigt und therapeutische Alternativen vorgestellt. Methode: Während eines Fußballspieles erlitt ein 14jähriger Junge ein direktes Kniegelenkstrauma links. Klinisch fand sich ein geringer Kniegelenkserguss mit Druckschmerz über dem lateralen Femurkondylus. Im initialen Röntgenbild konnte keine knöcherne Verletzung nachgewiesen werden. 5 Tage nach dem Unfall erfolgte wegen persistierender schmerzhafter Bewegungseinschränkung die MRT mit dem Nachweis des osteochondralen Fragments am lateralen Femurkondylus. Über eine Arthrotomie wurde das Fragment mit resorbierbaren Schrauben fixiert. Ergebnisse: Nach 6 Monaten war das Fragment kernspintomographisch anatomiegerecht vollständig osteochondral reintegriert. Die Gelenkfläche war kongruent. Der Patient konnte sein Knie voll belasten und frei bewegen. Zusammenfassung: Der vorgestellte Fall zeigt, dass osteochondrale Frakturen der Femurkondylen insbesondere ohne Nachweis einer Patellaluxation leicht übersehen werden können. Um mögliche Spätfolgen zu verhindern, sollte die Indikation für eine MRT-Untersuchung des Kniegelenkes großzügig gestellt werden. Entsprechend des Ausmasses des osteochondralen Fragmentes kann dann arthroskopisch oder im Einzelfall offen die Refixation erfolgen. Der Einsatz resorbierbarer Schrauben (Lactosorb®) zur Refixation einer ausgedehnten intraartikularen osteochondralen Fraktur im Jugendlichenalter stellt dabei, im Gegensatz zu resorbierbaren Pins, durch die stärkere Kompression eine sichere und schonende Therapieoption dar. DGKCH-FV-24 Inflammatorischer myofibroblastärer Tumor (Plasmazellgranulom) – eine wichtige Differentialdiagnose des Lungenrundherdes M. Pauly1, C. Städtler1, K. Ernestus2, M. Brockmann2, M. W. Kellner3, T. Boemers1 1Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Köln; 2Institut für Pathologie, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Köln; 3Kinderradiologie, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Köln Definition: Inflammatorischer Pseudotumor, inflammatorischer myofibroblastärer Tumor und Plasmazellgranulom sind Synonyme für eine seltene benigne Neoplasie, die histologisch aus Histiozyten, Myofibroblasten, Plasmazellen und spindelförmigen mesenchymalen Zellen besteht. Ein solcher Tumor kann sich sowohl intrapulmonal, als auch extrapulmonal manifestieren [1]. Fallbeschreibung: Ein 11 jähriger Junge stellte sich nach vorausgegangener externer Diagnostik in der zuweisenden Klinik mit 3 Wochen zuvor erstmalig aufgetretenen trockenen Husten, Erbrechen, atemabhängigen Thoraxschmerzen und Leistungsknick in unserer Klinik vor. Die mitgebrachte Röntgen-Thoraxaufnahme zeigte einen ca. 3 cm großen Rundherd im Bereich der rechten Lunge, die im CT als ovaläre Verdichtung rechtsseitig infrahilär im Mittellappen bestätigt werden konnte. Die Arbeitsdiagnose lautete Plasmazellgranulom. Die Zuweisung in unsere Klinik erfolgte zur Exzision des Befundes. Es erfolgt die thorakoskopisch assistierte Exzision des Rundherdes im Bereich des rechten Lungenmittellappens. Histologisch konnte die Verdachtsdiagnose eines inflammatorischen myofibroblastären Tumors bestätigt werden. Die bisherigen radiologischen Verlaufskontrollen zeigten keine weiteren Rundherde der Lunge und insbesondere kein Lokalrezidiv. Schlussfolgerung: Der inflammatorische myofibroblastäre Tumor (Plasmazellgranulom) der Lunge ist eine wichtige Differentialdiagnose des Lungenrundherdes im Kindesalter. Eine vollständige Resektion des Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Tumors ist entscheidend für die Prognose, da lokal destruktiv wachsende Formen vorkommen. Die konsequente chirurgische Intervention reduziert die Rezidivrate und ist nach derzeitigem Literaturstand die Therapie der Wahl. Die Chemotherapie ist auf inoperable oder unvollständig resezierte Tumoren begrenzt, da nur wenig klinische Erfahrungen vorliegen. Ein langjähriges follow up ist erforderlich, da Rezidive in ca. 6–25% der Fälle auftreten können. [1;2;3] Literatur [1] Janik JS, Janik JP, Lovell MA, et al. Recurrent inflammatory pseudotumors in children, J Ped Surg 2003; 38 (10): 1491–1495 [2] Kovach SJ, Fischer AC, Katzmann PJ et al. Inflammatory myofibroblastic tumors, J Surg Onc 2006; 94:385–391 [3] Messineo A, Mognato G, D’Amore, ESG et al. Inflammatory pseudotumors of the lung in children: conservative or aggressive approach? Med Ped Onc 1998; 31:100–104
Freitag, 14. September 2007 Zentral auditive Wahrnehmungs- und – Verarbeitungsstörung: pro und contra DGSPJ-HS-1 Psychologische Diagnostik bei zentralen Hörstörungen H. de Maddalena1 1Universitäts-HNO-Klinik, Tübingen Bei der diagnostischen Untersuchung von Kindern mit Sprachentwicklungsauffälligkeiten, Aufmerksamkeitsschwächen oder schulischen Lernschwierigkeiten stellt sich unter Umständen die Frage, ob eine so genannte auditive Verarbeitungsstörung vorliegt. Folgt man der Auffassung, dass eine auditive Verarbeitungsstörung eine überwiegend modalitätsspezifische Perzeptionsstörung ist, so ergibt sich daraus die zwingende Notwendigkeit zu einer interdisziplinär ausgerichteten Diagnostik. Der psychologische Teil dieser Diagnostik verfolgt dabei das vorrangige Ziel, auf der Basis einer umfassenden Intelligenzdiagnostik alternative Hypothesen für die Entwicklungsauffälligkeiten zu generieren oder auszuschließen. Bedauerlicherweise ist die diagnostische Praxis auditiver Verarbeitungsstörungen nach wie vor durch ein sehr uneinheitliches Vorgehen gekennzeichnet. Zur Vereinheitlichung und Verbesserung der diagnostischen Erfassung auditiver Verarbeitungsstörungen können die allgemeine Psychologie und hier insbesondere die Psychoakustik durch die Entwicklung und Validierung geeigneter Testverfahren einen wichtigen Beitrag leisten. DGSPJ-HS-2 Kinder mit Verdacht auf auditive Wahrnehmungsstörungen – Vorgehen in der Praxis W. von Suchodoletz1 1Abt. für Entwicklungsfragen, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, München Zunehmend wird bei Kindern mit ganz unterschiedlichen Lern- und Verhaltensauffälligkeiten der Verdacht auf auditive Verarbeitungsund Wahrnehmungsstörungen (AVWS) geäußert. Allerdings sind die Auffassungen zur klinischen Relevanz eines solchen Syndroms kontrovers. Von einigen wird eine AVWS als häufige Ursache für psychische Beeinträchtigungen angesehen, von anderen aber eher als Verlegenheitsdiagnose, die immer dann gestellt wird, wenn sich bei Kindern für kognitive oder emotionale Auffälligkeiten keine schnelle Erklärung finden lässt. Im Vortrag wird der Frage nachgegangen, wie zuverlässig die Diagnose einer AVWS zu stellen und welcher Nutzen von auditiven Trainingsverfahren zu erwarten ist. Aus dem Blickwinkel der evidenzbasierten Medizin wird das in der Praxis übliche diagnostische und therapeutische Vorgehen hinterfragt. Wenn der Verdacht auf eine AVWS geäußert wird, dann wird in der Regel als Erstes eine spezifische
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Anamnese erhoben, die sich auf Symptome, die als typisch für eine AVWS angesehen werden, konzentriert. Doch wie zuverlässig sind die daraus gewonnenen Schlussfolgerungen? Lässt sich die Validität anamnestischer Hinweise auf eine AVWS belegen? Als zweiter Schritt folgt eine psychometrische Untersuchung mit einer mehr oder weniger umfangreichen Testbatterie. Möglichkeiten und Grenzen auditiver Testverfahren werden anhand eigener Untersuchungsergebnisse diskutiert. Im Konzept der auditiven Wahrnehmungsstörung wird davon ausgegangen, dass primäre auditive Defizite sekundär zu Störungen des Erwerbs der Laut- und Schriftsprache sowie zu Konzentrations- und Lernstörungen führen. Auf der Grundlage eigener Studien zur Häufigkeit auditiver Schwächen bei Kindern mit Sprach-, Lese-Rechtschreib-, Aufmerksamkeitsund Verhaltensstörungen wird dem Zusammenhang zwischen auditiven Teilleistungsstörungen einerseits und Lern- bzw. Verhaltensstörungen andererseits nachgegangen. Abschließend wird ein Überblick über Methoden zur Behandlung auditiver Wahrnehmungsstörungen und deren Wirksamkeit gegeben. Aus der Übersicht eigener Untersuchungsergebnisse und der Literatur wird deutlich, dass das Konzept der AVWS empirisch unzureichend abgesichert ist, keine ausreichend zuverlässigen Methoden zur Diagnostik zur Verfügung stehen und keine Belege für die Effektivität auditiver Behandlungsverfahren vorliegen. Statt einer umfangreichen auditiven Diagnostik sollte bei Kindern mit Lern- und Verhaltensproblemen eine genaue Analyse der psychosozialen Situation und der kognitiven sowie emotionalen Ressourcen des Kindes erfolgen. In der Therapie wird eine symptombezogene Förderung und eine Optimierung der Lern- und Umweltbedingungen empfohlen anstelle eines Trainings auditiver Low-LevelFunktionen. DGSPJ-HS-3 Die prognostische Validität einer Kurzversion des Elternfragebogens für zweijährige Kinder (ELFRA-2) im Vergleich zur Langversion N. Hoffmann1, S. Sachse1, W. von Suchodoletz1 1Spezialambulanz und Forschungsabteilung für Entwicklungsfragen, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München, München Fragestellung: Zunehmend werden international Elternfragebögen zur Früherkennung von Sprachentwicklungsstörungen eingesetzt. Ausgehend vom CDI und LDS, zwei englischsprachigen Bögen, wurde für die U7 von Grimm & Doil der ELFRA-2 entwickelt. Der ELFRA-2 kommt allerdings nur selten zum Einsatz, insbesondere da er mit 296 Items sehr lang ist. Von Sachse et al. (in Druck) wurde deshalb eine Kurzversion mit insgesamt 48 Items erarbeitet. Bleul et al. (s. weiteres Poster) konnten zeigen, dass eine hohe Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der Kurz- und der Langversion besteht. Ziel der vorliegenden Studie war eine Bestimmung der prognostischen Validität der Kurzversion. Es sollte geklärt werden, ob bei 24 Monate alten Kindern der Sprachstand bzw. das Auftreten von Sprachstörungen im Alter von 3 Jahren in ähnlicher Weise wie mit der Langversion vorhergesagt werden kann. Methode: Eltern von einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern wurden unmittelbar vor dem 2. Geburtstag die Kurz- und anschließend die Langversion des ELFRA-2 zugeschickt (s. Poster Bleul et al.). 500 dieser Familien erhielten kurz vor dem dritten Geburtstag erneut einen Fragebogen (Sprachbogen für dreijährige Kinder – SB-3). Die Rücklaufquote betrug 95%. Für die Kurz- und die Langversion wurden Korrelationen zu Sprachleistungen mit 3 Jahren sowie Gütekriterien für die Erfassung von Sprachstörungen berechnet. Ergebnisse: Sowohl die mit der Langversion als auch die mit der Kurzversion des ELFRA-2 erhobenen Werte korrelierten hoch signifikant mit Sprachleistungen im Alter von 3 Jahren. Die Korrelationen für die Langversion (rSp=0,495 bis 0,666) fielen etwas höher aus als die für die Kurzversion (rSp=0,433 bis 0,592). Sensitivität (58% bzw. 73%) und Spezifität (93% bzw. 89%) der Lang- bzw. der Kurzversion waren vergleichbar hoch. Wurden zusammenfassende Indices berechnet, dann zeigte
sich, dass die diagnostische Treffsicherheit der Kurzversion etwas über der der Langversion lag (Relativer Anstieg der Treffer- gegenüber der Zufallfallstrefferquote – RATZ-Index: 81% vs. 70%; Flächenmaß der Receiver-Operator-Courves – ROC-Kurven: 0,810 vs. 0,753). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen, dass die Kurzversion des ELFRA-2 eine ähnlich hohe prognostische Validität wie die Langversion besitzt. Die Langversion sagt die absoluten Sprachleistungen der Kinder ein Jahr später etwas besser voraus, während die diagnostische Treffsicherheit der Kurzversion derjenigen der Langversion überlegen ist. Die zeitlich wenig aufwändige Kurzversion kann somit zur Früherkennung von Sprachauffälligkeiten bei der U7 zum routinemäßigen Einsatz empfohlen werden.
Unterstützte Kommunikation DGSPJ-HS-4 Wer nicht adäquat angesprochen wird, wird unansprechbar – Methoden und Möglichkeiten unterstützter Kommunikation A. Rothmayr1 1Landesbeauftragte, Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule, Hofheim „Unterstützte Kommunikation“ ist ein Praxis- und Forschungsfeld der Sonder-pädagogik, in welchem Menschen, die nicht lautsprachlich kommunizieren können, in ihren kommunikativen Bemühungen unterstützt und gefördert werden sollen. Es geht hierbei nicht um gehörlose Menschen, sondern um jene, die auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung/Einschränkung nicht oder nicht mehr über eine Lautsprache verfügen. Für die Diagnose und Förderung dieses Personenkreises ist es dabei unerheblich, ob vormals auf Lautsprache zugegriffen werden konnte und wie umfassend die Einschränkungen sind. Methoden und Hilfsmittel der Unterstützten Kommunikation können bei Menschen jeden Alters und unterschiedlichsten Entwicklungsstands eingesetzt werden. In meinem Vortrag möchte ich mich auf den Personenkreis der Kinder und Jugendlichen beschränken. Nach einer „verstehenden Diagnostik“ geht es in der Unterstützten Kommunikation darum, Kindern und Jugendlichen möglichst vielfältige Kommunikationswege zu eröffnen (multimodales Vorgehen) oder auf bestehenden Fähigkeiten aufzubauen. Dies ist gerade auch bei Menschen mit umfassenden Behinderungen möglich (z.B. Menschen im apallischen Syndrom oder mit einer Tetraplegie, u.v.m.). Ziel Unterstützter Kommunikation ist es, nicht lautsprachlich kommunizierenden Kindern und Jugendlichen eine Teilhabe am Geschehen und einen Einfluss darauf zu ermöglichen, ihre gesamte Entwicklung (auch die kognitive) zu unterstützen, ein Kommunikationssystem zu erarbeiten, das von Allen verstanden wird und nicht nur von engen Angehörigen. UK soll dazu beitragen, dass Verständigung auch dort gelingt, wo es uns schwer fällt, die Lebenswelt des Gegenübers zu verstehen. Als Verantwortliche im Förderprozess benötigt man ein positives Menschenbild, das von der Kommunikationsfähigkeit eines jeden Menschen ausgeht, Fachwissen zu unterschiedlichsten Behinderungen, einen langen Atem ebenso wie die Fähigkeit der Zuweisung von Kompetenzen und den Willen zu verstehen bzw. die Bereitschaft sich zu wandeln. Dies ist gerade deswegen von Bedeutung, weil dem Personenkreis von Menschen ohne Lautsprache mit umfassender Behinderung oft nicht die nötige Förderung und Ansprache zu teil wird und sie dadurch den Wunsch zu kommunizieren verlieren und „unansprechbar“ werden. Unterstützte Kommunikation setzt sowohl körpereigene Zeichen, lautsprach-begleitende Gebärden, Piktogrammsysteme, technische Hilfsmittel (wie Sprachausgabeschalter, Talker, Spielzeug- und PC-Adaptionen) und Ansteuerungs-hilfen ein. Hilfsmittel der Unterstützten Kommunikation werden vom Arzt verschrieben und besitzen in der Regel eine Hilfsmittelnummer. Ärzte, Therapeuten, Pädagogen und u.U. Eltern können den Bedarf an Unterstützter Kommunikation erkennen und für entsprechende Beratung, Unterstützung und Förderung sorgen. Wie diese aussehen kann soll im Vortrag vorgestellt werden. Zu schnell sind wir oft bereit auf Grund
fehlenden Wissens die Lernmöglichkeiten der Kinder/Jugendlichen zu begrenzen, wo es richtiger wäre die Fähigkeiten und die Veränderungsbereitschaft der Erwachsenen stärker zu fördern! DGSPJ-HS-5 Möglicheiten und Grenzen der unterstützten Kommunikation in klinischer Praxis S. Geiger1, A. Oberle2 1Beratungsstelle zur Kommunikationsförderung, Zieglerische Anstalten, Horgenzell; 2Olgahospital Stuttgart,SPZ, Stuttgart 1. Kommunikationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen: „Sprachentwicklungsstörung“ ist eine der häufigen Diagnosen, die zu einer Überweisung in ein SPZ führen. Neben organischen und kognitiven Problemen stellt sich sehr oft heraus, dass u.a. durch zusätzliche, z.T. erhebliche psychosoziale Belastungsfaktoren innerhalb der Familien und im Umfeld die Situation weiter zu fassen ist. Es sind dann vielschichtige Störungen der Kommunikation zu berücksichtigen. 2. Personenkreis: a) nichtsprechende Menschen mit geistiger Behinderung b) Kinder und Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen c) Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen d) körperbehinderte Menschen e) traumatisierte Menschen, die nicht mehr sprechen können f) Kinder und Jugendliche mit Hörschädigungen g) schwerstbehinderte Menschen 2. Auswirkungen der Kommunikationsstörungen auf den therapeutischen Prozess: Für das Kind Die Erfahrungen zeigen, dass in vielen Situationen die standardisierten Verfahren der Behandlung von Kommunikationsstörungen nicht mehr ausreichen, sondern gezielte Methoden der Unterstützten Kommunikation zur Anwendung kommen sollten, die jedoch weniger in der Einzelförderung, als durch die Bezugspersonen (Eltern, Mitarbeiter im Kindergarten oder Schule) ausgeführt werden. Das bedeutet eine konkrete Anleitung der Bezugspersonen ist erforderlich. Für die Familien „Nicht das Kind, sondern die Familie ist behindert“, sagte einmal ein Vater zu seiner familiären Situation. Kommunikationsstörungen haben meist Auswirkungen auf das gesamte Familiensystem. Eltern und Geschwister sind dadurch häufig belastet, es kommt zu (Zer-) Störungen im Familiensystem. Welche Hilfsmöglichkeiten können durch die Unterstützte Kommunikation geschehen? 3. Methoden der Unterstützten Kommunikation: Kurze Darstellung der Methoden • Basale Kommunikationsangebote • Gebärden • Bilder und Symbole • elektronische Hilfen • Gestützte Kommunikation 4. Praktische Anwendung im klinischen Bereich: Anhand von Fallbeispielen aus der Praxis werden die Referenten die Möglichkeiten der Kommunikationsförderung im SPZ darstellen. DGSPJ-HS-6 Prognose sprachlicher Fähigkeiten bei Late Talkers S. Sachse1, W. von Suchodoletz1 1Spezialambulanz und Forschungsabteilung für Entwicklungsfragen, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München, München Fragestellung: Verzögerungen der Sprachentwicklung können im Alter von 24 Monaten ausreichend sicher diagnostiziert werden. Bislang ist unzureichend untersucht, wie sich die Kinder weiter entwikkeln. Für die Entscheidung über eine Behandlungsnotwendigkeit sind aber Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts genauere Kenntnisse über die Prognose der Sprachentwicklung unbedingt notwendig. Material und Methode: Einsprachig deutsche Kinder wurden im mittleren Alter von 25,6 Monaten untersucht. Alle Kinder wiesen einen unauffälligen nonverbalen Entwicklungsstand und ein regelrechtes peripheren Hörvermögen auf, schwerwiegende Erkrankungen lagen nicht vor. Aufgrund der Ergebnisse in einem Elternfragebogen (ELFRA-2) sowie einem Sprachentwicklungstest (SETK-2) wurden die Kinder in sprachlich unauffällige 2jährige (n=46), Late Talkers (n=58) und Kinder mit Grenzbefunden (n=31) eingeteilt. Im Alter von 37 Monaten erfolgte eine Nachuntersuchung von 120 Kindern. Nach dem Ergebnis eines Sprachentwicklungstests (SETK 3–5) erfolgte eine Klassifikation in Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung, Kinder mit leicht unterdurchschnittlichen Sprachleistungen und sprachlich unauffällige Kinder. Ergebnisse: Late Talkers zeigten auch noch im Alter von 3 Jahren die schlechtesten sprachproduktiven Leistungen. Auch die Leistungen der Gruppe der Grenzfälle lag unter denen Kontrollgruppe. Im Sprachverständnis unterschieden sich Grenzfälle und Kontrollkinder nicht voneinander, während Late Talkers deutlich schlechtere Ergebnisse erzielten. Bei einer kategorialen Betrachtung fanden sich mit 3 Jahren bei den Late Talkers zu einem Drittel Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen, zu einem weiteren Drittel solche mit schwachen und zu einem letzten Drittel Kinder mit unauffälligen Sprachleistungen. Demgegenüber erhielt kein Kontrollkind und kein Kind mit einem Grenzbefund die Diagnose einer Sprachentwicklungsstörung, nur 5% bzw. 14% zeigten sprachliche Schwächen. Damit hatten mit 3 Jahren Late Talkers gegenüber unauffälligen Kindern ein 39fach höheres Risiko, mindestens sprachliche Schwächen zu haben (Odds Ratio). Alle Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung mit 3 Jahren waren bereits im Alter von 2 Jahren sprachlich verzögert. Schlussfolgerung: Eine völlig unauffällig verlaufende Sprachentwicklung im Alter von 2 Jahren deutet mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine auch in Zukunft unauffällige Sprachentwicklung hin. In der Gruppe der Late Talkers holt innerhalb eines Jahres nur ein Drittel die sprachlichen Rückstände völlig auf. Ein Drittel der ehemaligen Late Talkers hat mit 3 Jahren eine deutliche Sprachentwicklungsstörung. Eine Verzögerung der Sprachentwicklung im Alter von 2 Jahren ist somit klinisch relevant und für die weitere Entwicklung von erheblicher Bedeutung. In weiteren Untersuchungen sollte geklärt werden, ob eine Frühintervention, (z.B. ein Elterntraining), die Entwicklungsprognose der Kinder verbessern kann.
Jugendmedizin – Ergebnisse und erste Konsequenzen aus dem Gesundheits-Survey DGSPJ-HS-7 Gewalterfahrungen und -einstellungen von Kindern und Jugendlichen im subjektiven Selbstbericht – Ergebnisse aus dem Kinderund Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) R. Schlack1 1Epidemiologie, Robert-Koch-Institut, Berlin Keywords: KiGGS, Kinder und Jugendliche, Gewalt, sozialer Status, Schultyp Hintergrund: Gewalterfahrungen sind ein Thema, dass Kinder und Jugendliche in der Regel stark berührt. Obwohl Gewalterfahrungen im Kindes- und Jugendlater mit potenziell schwerwiegenden und langfristigen Konsequenzen für die physische Gesundheit und das psychische Wohlbefinden verbunden sind, gab es bislang keine repräsentativen Daten für Deutschland. Gewalt können Kinder und Jugendliche als Täter, Opfer oder sog. Täter/Opfer erfahren. Methoden: Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) beantworteten 3.382 Jungen und 3.237 Mädchen im Alter von 11–17 Jahren im Selbstbericht Fragen zur 12-Monats-Prävalenz von Ge-
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walterlebnissen, unterteilt nach Täter- und Opfer-Erfahrung. Außerdem wurden Einstellungen zu instrumenteller (zielorientierter) und expressiver (spontan-situativer) Gewaltbereitschaft erfragt. Ergebnisse: Insgesamt 82,5% der Mädchen (M) und 67,2% der Jungen (J) waren in den letzten 12 Monaten nie an einer Gewalthandlung beteiligt. 19,6% (J) und 9,9% (M) waren Täter, 5,2% (J) und 3,9% (M) Opfer und 7,6% (J) respektive 3,6% (M) Täter/Opfer von Gewalthandlungen. Mit 81,0% nie an Gewalthandlungen Beteiligten ist die Gewaltbelastung der Befragten mit hohem sozioökonomischem Status am geringsten gegenüber denen mit mittlerem (76,4%) und niedrigem (68,3%) Sozialstatus. Haupt- und Gesamtschüler sowie Jugendliche mit Migrationshintergrund sind häufiger als Täter von Gewaltereignissen betroffen und haben permissivere Einstellungen zur Gewalt als Gymnasiasten, Realschüler und Nicht-Migranten. Assoziationen zu Verhaltensauffälligkeiten werden aufgezeigt. Diskussion: Jungen sind sowohl als Täter als auch als Opfer häufiger von Gewalt betroffen. Soziale Benachteiligung und Migrationshintergrund gehen mit einer erhöhten Gewaltbelastung und Gewaltbereitschaft einher. Schon die unterschiedlichen Schultypen differenzieren sozial stark. Interventionsprogramme zur Reduzierung von Bullying und Schulgewalt haben sich bereits als wirkungsvoll erwiesen. Auch die Verbesserung von sozialen Rahmenbedingungen könnte präventiv wirken. Methodische Limitationen: Die KiGGS-Daten müssen mit Vorsicht interpretiert werden, da nicht zwischen unterschiedlichen Gewaltformen (z.B. familiärer Gewalt, Bullying, Schulgewalt) unterschieden werden kann. Ihre Bedeutung besitzen sie aber für die Identifikation von Risikogruppen. DGSPJ-HS-8 „Psychische Gesundheit im Kindes- und Jugendalter und der Einfluss von Schutz- und Risikofaktoren-Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS)“ H. Hölling1 1Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, RobertKoch-Institut, Berlin Hintergrund: Psychische Probleme im Kindes- und Jugendalter stellen gesundheitliche Beeinträchtigungen mit z. T. schwerwiegenden Konsequenzen für die Entwicklung, das individuelle Wohlbefinden sowie die alltägliche und soziale Funktionsfähigkeit dar. Häufig sind diese Probleme auch mit starken Belastungen für das familiäre und weitere soziale Umfeld verbunden. Methoden: Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) beantworteten die Eltern von 14.478 Kindern und Jugendlichen im Alter von 3–17 Jahren und 6634 Kinder- und Jugendliche im Alter von 11–17 Jahren den Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ). Der Fragebogen, ein Screeninginstrument, erfasst Verhaltensauffälligkeiten und Stärken in den Bereichen emotionale Probleme, Hyperaktivität, Verhaltensprobleme, Probleme mit Gleichaltrigen und prosoziales Verhalten. Zusätzlich wurden auch die Kinder und Jugendlichen erfasst, bei denen jemals die Diagnose ADHS gestellt wurde. Symptome von Essstörungen wurden mit dem SCOFF-Fragebogen erhoben, der von den 11–17 Jährigen schriftlich beantwortet wurde. Insgesamt 6691 Kinder und Jugendliche im Alter von 11–17 Jahren gaben im Rahmen des KiGGS Auskunft über das Vorhandensein von personalen, sozialen und familiären Ressourcen. Ergebnisse: Insgesamt 14,7% der 3–17 Jährigen sind nach den Elternangaben verhaltensauffällig nach SDQ. Bei 11,5% der Mädchen und 17,8% der Jungen liegen im SDQ-Gesamtwert Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten bzw. emotionale Probleme vor. 23,2% der Befragten mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES) zeigen Hinweise auf psychische Probleme im Gegensatz zu etwa 8,1% mit hohem sozioökonomischem Status (SES). Bei insgesamt 4,8% der Kinder und Jugendlichen wurde jemals ADHS diagnostiziert. Weitere 4,9% der Kinder und Jugendlichen wurden mit dem SDQ zusätzlich als Verdachtsfälle
identifiziert. Jungen sind 4,4-fach häufiger von einer ADHS Diagnose betroffen als Mädchen. Kinder mit Migrationshintergrund weisen höhere Raten an Verdachtsfällen gegenüber den Diagnosen auf. Mit 21,9% gibt ca. jedes fünfte Kind/ jeder fünfte Jugendliche an, Symptome von Essstörungen zu haben. Das Vorhandensein von Essstörungen nach SCOFF ist assoziiert mit Übergewicht, Körperschemastörung, psychischer Auffälligkeit (SDQ), niedrigem SES und anderem mehr. Auch in ihren personalen, sozialen und familiären Ressourcen weisen Kinder aus Familien mit einem niedrigen SES oder mit Migrationshintergrund häufiger Defizite auf. Ältere Kinder berichten geringere familiäre aber mehr soziale Ressourcen als Jüngere. Deutliche Zusammenhänge sind zwischen Schutzfaktoren und gesundheitlichem Risikoverhalten zu erkennen. Defizite in personalen und familiären Ressourcen gehen mit einem erhöhten Risikoverhalten einher. Fazit: Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche und solche mit Migrationshintergrund sind stärkeren gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. Die Doppelbelastung aus sozialer Benachteiligung, gesundheitlichen Defiziten und Verhaltensauffälligkeiten verschlechtern die Zukunftschancen dieser Kinder. Maßnahmen zur Förderung einer gesunden körperlichen und psychischen Entwicklung und zum Abbau von Risikofaktoren müssen daher vernetzt auf gesellschaftlicher, familiärer und individueller Ebene stattfinden. DGSPJ-HS-9 Das Kinderpanel des Deutschen Jugendinstituts Chr. Alt1, S. Ebner2 1Deutsches Jugendinstitut, München; 2Zentrum für Methoden und Dauerbeobachtung, Deutsches Jugendinstitut, München Laut der Definition der Weltgesundheitsorganisation beruht die Einschätzung der Gesundheit einer Person auf der Beurteilung dessen Gesundheitszustandes anhand folgender Komponenten: • psychisches Befinden, • soziale Beziehungen und • körperliche Verfassung, die Fähigkeit, den Anforderungen des Alltags gerecht zu werden. Gleich zu Anfang darf ich dabei eines feststellen: Bisher existieren nur wenige Studien über den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen, zu wenige. Aus den wenigen Studien lassen sich aber schon folgende Befunde ableiten: • Kinder und Jugendliche im Schulalter leiden zunehmend unter Stress und psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen und psychosozialen Auffälligkeiten. Unter Psychischen Auffälligkei ten oder Störungen verstehen wir unter anderem: ADHS/Aufmerksamkeitsstörungen, Depression, Jugendgewalt / Aggressionen, Ängste, Störungen des Sozialverhaltens als zentrale Indikatoren psychischer Gesundheit • Chronische Erkrankungen mit Auswirkungen auf das Alltagsleben lassen sich nach wie vor (laut HBSC-Studie Health Behaviour of School Children Hurrelmann Klocke 11,5%) feststellen (vgl.: RavensSieberer, Ulrike/ Thomas, Christiane/ Erhart, Michael: Körperliche, psychische und soziale Gesundheit von Jugendlichen) • Der Mittelwert der berichteten Periodenprävalenzen beträgt nach einem Überblick zur Epidemologie psychischer Störungen im Kindes und Jugendalter von Ihle und Esser (2002) 18%. (S. 20) Macht man sich diese Argumentation zu Eigen, so entsteht nicht nur ein ausgesprochen pessimistisches Bild von Kindheit und Jugend, sondern wir folgen wie selbstverständlich einem methodischen Ansatz, der letztlich von der Annahme eines wie auch immer gearteten Defizits ausgeht, wenn man die Situation der verhaltensauffälligen Kinder zu beschreiben versucht. Die genannten Störungen sollen empirisch mit einer großen Studie zum Thema Kinderleben in Deutschland belegt und vor dem Hintergrund von personalen, familiären und sozialen Ressourcen (Bspw. Merkmale des sozialen Netzwerkes, familiäre Unterstützung, psychisches Wohlbefinden) diskutiert werden. Dies erscheint schon deswegen angebracht, da den genannten Aspekten eine wichtige
Funktion bei der Prävention sowohl körperlicher als auch psychischer Krankheiten zukommt. Danach werde ich der Defizithypothese einen anderen Diskurs gegenüberstellen, der gemeinhin mit der Perfektionismusillusion umschrieben werden kann. Hier wird es darum gehen die Annahmen und Anforderungen an Kindheit und Jugend, wie sie heute gang und gäbe sind, aufzuzeigen und in ihrer Relevanz möglicherweise ein wenig zu relativieren. DGSPJ-HS-10 Armut bei Kindern und Jugendlichen B. Heinemann1 1Kreisverband, Ost-Holstein, Deutscher Kinderschutzbund, Neustadt Das Kinder in unserer Gesellschaft ein Armutsrisiko sind, ist unstrittig. Überproportional viele Kinder leben in Familien, deren Einkommen am unteren Existenzminimum liegt. Darunter sind vor allen Dingen Familien von alleinerziehenden Eltern, die unter finanziell erschwerten Bedingungen leben müssen. Diese besondere, zum Teil lang andauernde Erschwernis hat massive Auswirkungen auf das soziale Leben und, was eher unterschätzt wird, auch Auswirkungen auf die Gesundheit und die gesundheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Der soziale Status, der kulturelle Hintergrund, der Bildungsstand der Eltern und die finanzielle Situation sind Risiko- faktoren die im unmittelbaren Kontext zum Entwicklungs- und Gesundheitsstand von Kindern und Jugendlichen zu sehen sind. Die Entwicklung ist nicht spektakulär aber spürbar fortschreitend und alarmierend, denn die Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen auf deren Gesundheit und individueller Lebensfreude sowie für die „Volksgesundheit“ und Volkswirtschaft im Allgemeinen wirken langfristig belastend. Der Kinderschutzbund weist auf die wirklich problematische Entwicklung in seiner unermüdlichen Lobbyarbeit für gerechtere Lebensbedingungen hin, stellt sozial- und finanzpolitische Forderungen und arbeitet pragmatisch auf den unterschiedlichsten Ebenen in Projekten um direkt zu helfen. Im Vortrag soll der direkte Zusammenhang und die Arbeit in der Praxis beispielhaft beschieben werden. Die Netzwerkstruktur im Gemeinwesen, wozu auch die Sozialpädiatrie und Jugendmedizin gehört, spielt dabei eine wichtige Rolle. Durch das besondere Thema „Kindeswohlgefährdung“ und die rechtliche Verpflichtung für alle beteiligte, wissende Personen wird die Diskussion auch intensiv von Ärzten und Kinderärzten geführt. Im Vortrag soll die Ganzheitlichkeit, die Verantwortung von Institutionen und Personen, die Chancen und Lösungsansätze herausgestellt werden. DGSPJ-HS-11 Jugendliche als Zielgruppe stationärer Rehabilitation: Erwartungen, Motivation und psychosoziale Situation U. Tiedjen1, F. Petermann2, R. Stachow3, Chr. Baldus4, B. Hinrichsen3, B. Riezler2 1Rehaforschung, Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche, Westerland; 2Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation, Universität Bremen, Bremen; 3Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche, Westerland; 4Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg Fragestellung: In der Altersgruppe der 13- bis 18-jährigen Jugendlichen stellen chronische Erkrankungen Störungen in der Belastungsbewältigung alterstypischer Entwicklungsaufgaben dar. Als Zielgruppe konzeptueller und empirischer Arbeit des Rehabilitationswesens spielen Jugendliche eine untergeordnete Rolle. Der bevorstehende oder bereits begonnene Übergang in das Erwerbsleben kann durch die chronische Erkrankung beeinträchtigt sein. Die Fachklinik Sylt hat eine Erhebung bei 179 Jugendlichen durchgeführt mit dem Ziel der Erfassung von Belastungen, Erwartungen sowie Motivation und Kompetenzen. Ferner wurden deren Eltern, einweisende Ärzte, betreuende und therapierende Berufsgruppen der Klinik sowie mit der Ausbildung von Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Jugendlichen betraute Institutionen befragt. Die Resultate sind Basis der Hauptstudie eines 5-jährigen Forschungsprojektes. Material und Methode: Daten von 179 Patienten im Alter von 13,6–19 Jahren wurden 2005/2006 per Selbstauskunftsfragebogen erhoben. Fragebögen wurden postalisch von 123 Eltern, 76 am Heimatort behandelnden Ärzten sowie 27 mit der Ausbildung von Jugendlichen betrauten Institutionen erfasst, 179 Fremdauskunftsbögen der Betreuer einbezogen. Mit 32 Mitarbeitern wurden halbstrukturierte Interviews durchgeführt. Psychosoziale Auffälligkeiten wurden mit dem SPS-J, die Compliance mit der MOS-Compliance Skala erfasst. Weitere Daten (u.a. zu Rehazielen und Zuständigkeitswahrnehmung) wurden anhand selbst entwickelter Instrumente erhoben. Ergebnisse: 34% der Patienten litten an Adipositas, 26% an Asthma, 16% an Neurodermitis, 15% an Diabetes mellitus und 7% an Psoriasis. 38% litten an einer, 22% an zwei oder mehr chronischen Erkrankungen. „Verbesserung von Krankheitssymptomen“, „Gewichtsreduktion“, „Krankheitswissen vergrößern“ und die „Verbesserung der psychischen Situation“ führten die Liste der krankheitsspezifischen Erwartungen an, „Spaß haben“ und „viel Sport treiben“ die der nicht-krankheitsspezifischen Erwartungen. 14% der Jugendliche äußerten gar keine Erwartungen an die Reha.Ein Anstieg psychosozialer Probleme ging weitgehend einher mit geringerer Copmpliance. Auswirkungen der psychosozialen Befindlichkeit auf die Selbstwirksamkeit (je mehr Störungen, desto geringeres Zutrauen), erwiesen sich als stark indikationsabhängig. 62% der Ausbildungsinstitutionen sehen in einer hohen Motivation und guten sozialen Fertigkeiten einen Nachteilsausgleich zur chronischen Erkrankung. Diskussion, Schlussfolgerung: Die Anpassung an die Lebensweise von Erwachsenen stellt für Jugendliche mit chronischer Erkrankung eine zusätzliche Belastung dar. Motivationsdefizite können Ausdruck eines jugendlichen Abgrenzungsbedürfnisses sein. Angesichts der ICF-Kriterien „Aktivität und Teilhabe“ muss die Rehabilitation von Jugendlichen diese entwicklungsbedingten Aspekte stärker berücksichtigen. Das bis 2010 laufende „Jugendprojekt“ hat dies zum Inhalt. DGSPJ-HS-12 Die subjektive Gesundheit Jugendlicher vor dem Übergang von der Schule in den Beruf M. Kraus-Haas1, C. Maaser1, B. Gusy1 1AB Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung, FU Berlin, FB Erziehungswissenschaften und Psychologie, Berlin Hintergrund: Der Wechsel von der 10. Klasse in die weitere berufliche oder schulische Zukunft ist mit hohen Anforderungen an Jugendliche verbunden. Nicht nur der Statusübergang ist zu gestalten, sondern die gedankliche Vorwegnahme möglicher Konsequenzen dieses Schritts kann als Belastung oder Chance verstanden werden und sich auf die Gesundheit auswirken. Fragestellung: In welchem Ausmaß stehen Jugendlichen Ressourcen zur Bewältigung des Statusübergangs von der Schule in den Beruf zur Verfügung? Antizipieren sie eher einen Zugewinn oder einen Verlust an Ressourcen? Wirkt sich diese Einschätzung auf ihre Gesundheit aus? Methode: Bei Haupt-, Real- und GesamtschülerInnen der 10. Klassen eines Berliner Bezirks wurde eine Querschnittserhebung durchgeführt, an der sich 546 SchülerInnen beteiligten. Die erhobenen Daten wurden deskriptiv ausgewertet, Unterschiede zwischen verschiedenen Subgruppen varianzanalytisch geprüft, und der Beitrag der antizipierten Ressourcengewinne und -verluste zur Vorhersage der subjektiven Gesundheit regressionsanalytisch geprüft. Ergebnisse: Die Mehrzahl der Jugendlichen (75%) berichtete ein gutes Wohlbefinden, trotz zeitgleicher körperlicher Beschwerden (2- bis 3-mal pro 4 Wochen). 5% der Jugendlichen berichteten tägliche Beschwerden (Schlafstörungen), beschwerdefrei waren knapp 40% der Befragten. Eltern und Freundeskreis sind zentrale Unterstützungsquellen der Jugendlichen, die im Lebensbereich Schule allerdings nur geringer wirksam werden. Verfügbare Ressourcen erwiesen sich in den Analysen als wichtige Prädiktoren für das Wohlbefinden, aber auch die antizipierten Ressourcengewinne und -verluste beeinflussen das Wohlbefinden.
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Diskussion: Trotz der überwiegend guten subjektiven Gesundheit der befragten Jugendlichen lässt sich eine kleine Gruppe von SchülerInnen erkennen, die im Zusammenhang mit dem anstehenden Wechsel von der Schule in den Beruf unter Beeinträchtigungen ihres subjektiven Wohlbefindens und teilweise auch unter körperlichen Beschwerden leidet. Die berichteten gesundheitlichen Probleme, wie Kopfschmerzen oder Schlafstörungen, können als Belastungsfolgen interpretiert werden, von denen Jugendliche mit unsicheren beruflichen Zukunftsperspektiven tendenziell stärker betroffen sind. Fazit: Die Ergebnisse belegen die Bedeutung verfügbarer Ressourcen sowie der Antizipation von Veränderungen durch den Statusübergang von der Schule in den Beruf auf die subjektive Gesundheit. Angebote zur Vorbereitung auf den Statusübergang im schulischen Bereich werden nicht von allen Jugendlichen gleichermaßen wahrgenommen, daher besteht hier Potenzial, die Unterstützung der SchülerInnen zu verstärken. Die bestehenden Angebote sollen Jugendliche motivieren, sich frühzeitig um ihre weitere berufliche Zukunft zu kümmern und ihre Erwartungen mit den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes besser aufeinander abzustimmen. Ob dadurch auch die subjektive Gesundheit der Jugendlichen verbessert werden kann, muss in weiteren Studien untersucht werden.
Samstag, 15. September 2007 Transkulturelle Pädiatrie und Pflege I – Herausforderungen in der Medizin: Antworten im Wandel der Zeit DGSPJ-HS/PFLE-13 Einfluss der Religionen auf Leidens- und Krankheitsverhalten die Sicht des Ethikers D. von Engelhardt1 1Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Universität zu Lübeck, Lübeck The contribution offers an overview of the historical and cultural development of ethics in pediatrics and from the systematic viewpoint of medical ethics in diagnostics, therapy and research. An essential point for ethics in pediatrics is the fact that the ill child cannot be responsible for himself like an adult can; infans means „unable to speak“. Ethics in medicine cannot be limited merely to the physician but also encom passes problems that refer to the patient, to his family and to society and culture, especially in pediatrics. Many new possibilities, chances and problems have arisen with today’s medical progresses, which pose the question of the need for a new medical ethics, not at least in regard to different religious, philosophical and social situations not only in the world, but also in one country.. There is an evident need for new applications and new juridical rules, but not for substantial new norms and principles. DGSPJ-HS/PFLE-15 Einfluss der Religionen auf Leidens- und Krankheitsverhalten ... aus dem Spektrum des Islam F. Aksu1 1Zentrum für Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Datteln Das Leidens- und Krankheitsverhalten von Migrantenfamilien ist religiös geprägt. Die Religionen vermitteln der Medizin keine fest stehenden materialethischen Handlungsanweisungen, allerdings eine ethische Grundorientierung, die Denkart von Patienten und Ärzten beeinflusst. Die unterschiedlichen Sichtweisen von Krankheit und Gesundheit, Heil und Heilung oder Körper, Geist und Seele machen Konzepte einer interkulturellen Medizin erforderlich. Medizin und Pflege in einer multikulturellen Gesellschaft setzt sich nach Ulrich Körtner
(2006) nicht nur den Respekt vor anderen Kulturen und Religionen voraus, sondern erfordert auch ein hohes Maß an hermeneutischer Kompetenz. Interkulturelle Medizin und Pflege in einer globalisierten Welt müssen nicht nur religionssensibel, sondern zugleich von der Überzeugung getragen sein, dass es die Grenzen der Kulturen überschreitende (transkulturelle) moralische Grundüberzeugungen gibt. Transkulturelle Medizin und Pflege sind somit auf die Reflexion der eigenen Sinnordnungen und des persönlichen biomedizinischen Wissens angewiesen. Für eine transkulturelle und religionssensible Medizin geht es nicht darum, um ein einheitliches Menschenbild und Medizinsystem zu entwickeln, sondern sich die Relativität medizinischen Erkennens und Handelns bewusst zu machen, um über kulturelle Unterschiede und Grenzen hinweg neue Handlungsmöglichkeiten zu erschließen. Der erste Schritt dafür die Erkenntnis von soliden religionswissenschaftlichen und theologischen Informationen. Der Vortrag versucht, eine Einsicht in die Denkart und Auffassungen des Islam bezüglich Krankheit und Leiden sowie Leben und Sterben zu geben. Literatur Körtner UHJ, Aksu F, Scheer PJ (2005) Monatsschrift Kinderheilkd 153:34–41 Körtner UHJ et al. (2006) Lebensanfang und Lebensende in den Weltreligionen. Neukirchener Verlag
Transkulturelle Pädiatrie und Pflege – Teil II DGSPJ-HS/PFLE-17 Der Commonwealth-Ansatz am Beispiel Australien (Kinder- und jugendärztliche Konzepte in Australien) R. Nanan1 1Department of Pediatrics, Nepean Clinical School, The University of Sydney, Sydney, Australien Der Zustrom deutscher Mediziner nach Australien hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dies gilt sowohl für Mediziner, die sich noch in der Ausbildungsphase befinden als auch für klinisch und wissenschaftlich orientierte Fachärzte. Beim Wechsel in das australische Gesundheitssystem stellen kulturelle und konzeptionelle Unterschiede der beiden Systeme die grösste Herausforderung dar. Diese Unterschiede sollen im Folgenden exemplarisch am Beispiel der Pädiatrie veranschaulicht werden. Objektiv gesehen ist die Leistungsfähigkeit beider Gesundheitssyteme in etwa vergleichbar. Dies wird bei der Gegenüberstellung der Lebenserwartung bei Geburt (Australien 80,6 Jahre, Deutschland 78,6 Jahre) und der Kindersterblichkeit (Australien 4,7 pro 1000 Lebendgeburten, Deutschland 4,1 pro 1000 Lebendgeburten) deutlich. Augenfällig für den deutschen Mediziner ist der hohe Grad an Zentralisierung des australischen Gesundheitssystems, mit einem stark staatlichen Einfluss. Dieses Konzept hat vor allem in der Präventivmedizin sehr positive Auswirkungen. Beispielhaft hierfür ist die hohe Durchimpfungsrate von weit über 90%. Im Gegensatz dazu erscheint aus deutscher Sicht die ambulante und stationäre Regelversorgung mit einem engmaschigen Netzwerk von Reglementierungen und Richtlinien als befremdend. Für individualisierte Behandlungskonzepte oder diagnostische Vorgehensweisen gibt es hier wenig Spielraum. Auffällig sind in diesem Bereich lange Wartezeiten für spezielle Untersuchungen und Interventionen. Positiv wirkt sich das Konzept der Zentralisierung besonders in der Versorgung komplexer und schwerer Erkrankungen aus, da diese ausschliesslich in wenigen großen pädiatrischen Zentren versorgt werden. Diese Zentren zeichnen sich durch einen hohen Grad an Subspezialisierung und sehr guter Infrastruktur aus. Um eine flächendeckende Versorgung in den entlegenen geographischen Gebieten Australiens zu gewährleisten sind hier interessante telemedizinische Entwicklungen zu beobachten. Im Bezug auf die kulturellen Unterschiede der beiden Länder ist insbesondere eine generelle „Wissenschaftsgläubigkeit“ der australischen Bevölkerung zu verzeichnen. „Evidenced Based Medicine“ ist auch für den Laien eine anerkannte Institution, an der wenig gezweifelt wird. Anthroposophische Ansätze und Bewegungen gibt es zwar vereinzelt – vor allen unter deutschen Einwanderern – sind aber eher seltene Erscheinungen im
medizinischen Alltag. Eine besondere Herausforderung hingegen stellt der Umgang mit den Ureinwohnern dar, mit zahlreichen historischen und kulturellen Sensitivitäten. Für diesen Bevölkerungsteil, ist die Kindersterblichkeit und die Lebenserwartung bei Geburt deutlich geringer als im Landesdurchschnitt. DGSPJ-HS/PFLE-19 Befragung zum Stellenwert der Migrantenmedizin in Lehrpraxen D. Haussmann1, H. Bode2 1Universitäts–Kinderklinik, Ulm; 2Universitätsklinik für Kider-und Jugendmedizin, Sozialpädiatrisches Zentrum, Ulm Fragestellung: Überblick über die Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung von Patienten mit Migrationshintergrund in Allgemeinarztpraxen und Lösungsansätze. Methode: Ein Fragebogen wurde im Januar 2007 an 133 Lehrpraxen der Universität Ulm verschickt (ausschließlich hausärztliche Allgemeinarztpraxen). Die Praxen befinden sich in Ulm und Umgebung sowie in anderen Orten und ländlichen Regionen des Alb-Donau-Kreis und im Landkreis Göppingen. Der Fragebogen setzte sich aus 26 Fragen zusammen, davon 24 Multiple-Choice-Fragen. Die Fragen bezogen sich u.a. auf die Verständigungsproblematik zwischen Arzt und Patient, auf Schwierigkeiten bei der körperlichen Untersuchung und auf den jeweiligen Umgang und auftretenden Problemen. Auch sollte untersucht werden, inwiefern Unterschiede in der Compliance, in Krankheitskonzepten und im Krankheitsspektrum zwischen Patienten mit und ohne Migrationshintergrund bestehen. Ergebnisse: Bei einem Großteil der Praxen (32%) lag der Migrantenanteil zwischen 10 und 20%. Der größte Teil war türkischstämmig (29%), gefolgt von Patienten aus der ehemaligen Sowjetunion (22%) und den Balkanstaaten (13%). 35% der befragten Ärzte gaben an, häufig auf Verständigungsprobleme zu treffen. Falls diese vorkam, wurden am häufigsten Familienmitglieder oder Bekannte zur Übersetzungshilfe hinzugezogen. Deutliche Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Migrationshintergrund zeigten sich bei der Einschätzung der Compliance und der Inanspruchnahme von Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen. Das Ergebnis ergab, dass 35% der Ärzte die Compliance ihrer ausländischen Patienten als eher schlecht einschätzten, jedoch nur 7% bei den Patienten ohne Migrationshintergrund. Die mangelnde Compliance bei Migranten wurde vor allem durch kulturell-religiöse Gründe und durch unzureichendes Verstehen begründet. 46% der Befragten gaben eine höhere Prävalenz für psychische und psychosomatische Erkrankungen bei Migranten an. Schwierigkeiten bei der körperlichen Untersuchung ergaben sich häufiger bei Migranten, vor allem bei Frauen. Die Ärzte fühlten sich über die rechtliche Situation bei der Behandlung von Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus schlecht bis gar nicht informiert. Nur 35% gaben an, Kenntnis von Anlaufstellen wie Hilfsorganisationen oder Dolmetscherdienste zu besitzen. Fazit: In Lehrpraxen sind Probleme bei der Behandlung von Migranten häufig. Sie werden jedoch von den Ärzten meist als nicht allzu gravierend eingeschätzt. Es ist anzustreben, angehenden Ärzten, medizinischem Personal in der Klinik oder niedergelassenen Ärzten Schulungen oder Weiterbildungen über transkulturelle Medizin anzubieten, und den Zugang zu Informationen über bereits existierende Hilfsangebote einschlägiger Dienste zu verbessern. DGSPJ-HS/PFLE-20 Verschreibungshäufigkeit von Methylphenidat bei Kindern mit ADHS deutscher und türkischer Herkunft Chr. Huse1, H. Bode1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm Fragestellung: Amerikanische Studien weisen auf eine schlechtere medikamentöse Versorgung von schwarzen Kindern mit ADHS gegenüber Kindern mit weißer Hautfarbe hin. Wir wollten die VerschreiMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts bungshäufigkeit von Methylphenidat (MPH) bei Kindern deutscher und türkischer Herkunft mit ADHS vergleichen. Methode: Im Januar 2007 wurden die 16 Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) in Baden-Württemberg und die 13 SPZ in Bayern sowie die mit dem SPZ in Ulm kooperierenden 49 Kinderärzte nach den absoluten Zahlen der MPH- Verordnungen im Jahr 2006 befragt. Die Verordnungen sollten anhand der Durchschläge nach BtmVV nach deutschen, türkischen und Kindern anderer Herkunft ausgezählt werden. Die Herkunft wurde nach den Namen der Kinder festgelegt. Zum Vergleich sollten die Anteile dieser drei Gruppen am gesamten Patientengut unabhängig von der Diagnose ADHS geschätzt werden. Ergebnisse: Die Daten von 11 Einzelpraxen, 8 Gemeinschaftspraxen und 7 Sozialpädiatrischen Zentren liegen bislang vor. Diese Stellen rezeptierten im Jahr 2006 insgesamt 2300mal MPH zur Behandlung von ADHS. 91% der Rezepte wurden Kindern mit deutschem Namen verschrieben, 3% gingen an Kinder mit türkischen Namen, 6% waren keiner der beiden Gruppen zuzuordnen. Der Anteil am gesamten Patientengut lag für deutsche/türkische/andere Kinder zwischen 55% / 45% / 0% und 96% / 1% / 3%, im Durchschnitt bei 76% / 14% / 10%. Bei nahezu jeder Praxis lag der Anteil der Verordnungen für deutsche Kinder prozentual über deren Anteil am gesamten Patientengut, bei Kindern türkischer Herkunft meist deutlich darunter. Fazit: Die Prävalenz von ADHS ist weltweit in allen ethnischen Gruppen etwa gleich hoch. In Baden-Württemberg sind unter den Kindern zwischen 5 und 15 Jahren 88,5% deutscher, 4,5% türkischer Staatsangehörigkeit und 6,9% Ausländer anderer Herkunft. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass Kinder türkischer Herkunft mit ADHS seltener als deutsche Kinder mit MPH behandelt werden, obwohl Kinderärzte und SPZ von häufiger von Kindern türkischer als von Kindern deutscher Herkunft aufgesucht werden als ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.
International Classification of Functioning (ICF) und Hilfsmittelverordnung DGSPJ-HS-21 Anwendungsbeispiele und Perspektiven der ICF in der interdisziplinären Arbeit O. Kraus de Camargo1 1Gesundheits- und Sozialwesen, Fachhochschule Nordhausen, Nordhausen Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) wurde im Jahre 2001 von der WHO und ihren Mitgliedsstaaten verabschiedet. Eine offizielle deutsche Version gibt es seit Oktober 2005 [1]. Die offizielle Kinderversion der ICF (ICF-CY) wird im Herbst diesen Jahres von der WHO verabschiedet werden, eine deutsche Version soll zeitnah im Anschluss erstellt werden. Auch wenn es bisher nur inoffizielle Versionen für den Kinderbereich gibt, existieren schon jetzt verschiedene Initiativen zur praktischen Anwendung der ICF im Kindesalter, die im Rahmen des Vortrags vorgestellt werden. Die Anwendungsgebiete reichen von der sozialmedizinischen Nachsorge [2, 3] über die neurologische Frührehabilitation [4] zur interdisziplinären Frühförderung. Über die Anwendung in der Frühförderung werden Daten aus zwei interdisziplinären Frühförderstellen dargestellt. Diese beleuchten einerseits die unterschiedlichen diagnostischen Lücken, die aus Sicht der FrühförderInnen bestanden (insbesondere mentale Funktionen, Wahrnehmungsfunktionen und Sinnesfunktionen) wie auch die gewählten Förderziele unter Berücksichtigung der ICF [5]. Der Beitrag der ICF zum interdisziplinären Arbeiten wird diskutiert. Als Ausblick für die weitere Anwendung der ICF im Kinderbereich wird das Projekt der „Deutschen Interdisziplinären Arbeitsgruppe zur ICF-Adaptation für den Kinder- und Jugendbereich“ vorgestellt. Literatur 1 WHO, ICF – Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. 2006.
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2 Porz, F., A. Podeswik und A. Otto, ICF in der sozialmedizinischen Nachsorge bei schwerst und chronisch kranken Kindern. 2006, beta Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin gGmbH: Augsburg. 3 Weber, I., Entwicklung eines in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität gesicherten Nachsorgekonzeptes und Aufbau eines Nachsorgezentrums. 2006, Humboldt Universität: Berlin. 4 Deppe, W., et al., Assessments in der neurologischen Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen – Wissenschaftliches Projekt mit Unterstützung des Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS). 2006, Verein zur Förderung der Qualitätssicherung in der neurologischen Frührehabilitation von Kindern und Jugendlichen e.V. 5 Kraus de Camargo, O., et al., The Modified Checklist for Early Intervention – Presentation of the Checklist and its Application in two Early Intervention Centers in North Germany. Rev Neurol, 2006. 43(Supl 2): p. 573.
DGSPJ-HS-22 Anwendung der International Classification of Functioning (ICF) B. Knecht1 1Rehabilitation, Rehabilitationszentrum, Universitäts-Kinderkliniken Zürich, Affoltern am Albis Unter Rehabilitation verstehen wir den koordinierten Einsatz verschiedener Berufsgruppen zur Wiedereingliederung eines durch Unfall oder Krankheit betroffenen Kindes oder Jugendlichen ins familiäre Umfeld mit der Möglichkeit zur Teilnahme an den zur Entwicklung relevanten Lebensbereichen. Beim Eintritt in die Rehabilitation wird von den Eltern von Anfang an die Hoffnung nach Wiedererlangen einer völligen Gesundheit ihres Kindes geäussert. In vielen Fällen, z.B. nach einer schweren Hirnschädigung ist die Heilung nicht möglich. Die Betroffenen leiden zum Teil lebenslang an den Folgeproblemen der ursächlichen Krankheit. Sie sind in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Das Ziel der Rehabilitation besteht dann im Erreichen der bestmöglichen Selbständigkeit und einer hohen Lebensqualität der ganzen Familie. Die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF (WHO 2001) stellt ein biopsychosoziales Modell zur multidimensionalen Erfassung der funktionalen Gesundheit bzw. der Behinderung eines Menschen und die dazu gehörige systematischen Nomenklatur zur Verfügung. Die beschriebenen Ebenen sind Körperfunktionen und –strukturen (Ebene des Körpers), Aktivitäten (individuelle Handlungen) und Partizipation (soziale Perspektive von Handlungen). Diese Ebenen stehen unter sich in Beziehung und sind vom Kontext (physikalische Umwelt) abhängig. Die ICF ist eine gemeinsame Sprache für alle in der REHA tätigen Berufsgruppen. Am Rehabilitationszentrum Affoltern am Albis wird der funktionale Gesundheitszustand der Patienten beim Ein- und beim Austritt multidisziplinär durch alle Bereiche mit einer Checkliste (ICF-Kurzversion) erfasst. Die ICF ist zudem ein Instrument für die Zielformulierung im Rehabilitationsprozess. Die Ziele werden interdisziplinär nach einer top-down Betrachtungsweise unter Einbezug der Erwartungen der Eltern und des Betroffenen festgelegt. An oberster Stelle stehen die Lebensziele, das idealistische Selbstbild, auf mittlerer Stufe die Anerkennung und der Erfolg in Alltagsaktivitäten und Partizipationsmöglichkeit im sozialen Umfeld, auf unterster Stufe sind es die einfachen Ziele von Aktivität und Funktionen. Die letzteren werden auch als Therapieziele oder als Schlüsselfunktionen zur Erreichen des Rehabilitationszieles beim Austritt gesehen. Kürzlich wurde gezeigt (Neurol Rehabil 2001; 13 (1): 15–23), dass die ICF – Checkliste kein Outcome -Instrument ist und als eigenständiges Assessmentverfahren nicht geeignet ist. Zur Überprüfung der Zielerreichung im Rehabilitationsprozess und der Therapieziele sind deshalb gezielt ausgewählte, individuell geeignete Assessments notwendig.
DGSPJ-HS-23 ICF und Ziel der Hilfsmittelversorgung M. Häußler1, F. Liebhardt1 1Frühdiagnosezentrum Würzburg, Würzburg Eltern und Verordner beklagen sich häufig über verzögerte und hindernisreiche Genehmigungsverfahren bei der Verordnung von Hilfsmitteln bei Kindern mit Behinderungen. Andererseits bemängeln Mitarbeiter des medizinischen Dienstes der Krankenkassen die oft sehr spärlichen Informationen über die Ziele der Versorgung. Dies führt im besten Fall zu Rückfragen, die das Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen, mitunter auch zu Mißverständnissen. Bei 20 Hilfsmittelanpassungen, die wir in den letzten 4 Jahren in unserem Zentrum durchgeführt haben, haben wir zur Definition des Versorgungsziels im Schriftverkehr mit den Kostenträgern die ICF eingesetzt – entweder primär bei absehbar schwierigen Indikationen oder im Rahmen von Rückfragen, Ablehnungen oder Widerspruchsverfahren. Die ICF als gemeinsame Sprache erleichtert die Kommunikation unter den beteiligten Stellen bei komplexen Hilfsmittelindikationen und beschleunigt wahrscheinlich das Genehmigungsverfahren. Sie löst aber nicht alle Probleme, die bei schwierigen Verordnungen auftreten. DGSPJ-HS-24 Funktionelle Einheit von Muskeln und Knochen: neue Konzepte für die Therapie E. Schönau1 1Univ.-Kinderklinik, Köln Bei Heranwachsenden folgt die Entwicklung der Masse und Geometrie des Knochens der Entwicklung der Körpermaße und Muskelkraft. Durch Zunahme der Festigkeit passt sich der Knochen an die durch biomechanische Kräfte bedingte Verformung an. Aus diesem Grund ermöglicht die quantifizierte Untersuchung der Beziehung zwischen Knochenfestigkeit und Muskelkraft zwischen primären und sekundären Knochenerkrankungen zu unterscheiden. Bei primären Knochenerkrankungen ist die Knochenfestigkeit nicht an die Muskelkraft adaptiert. Sekundäre Knochenerkrankungen zeichnen sich durch eine verminderte Knochenfestigkeit in Verbindung mit einer gelungenen Anpassung an eine verringerte Muskelkraft aus. Der als funktionelle Muskel-Knochen-Einheit bezeichnete Zusammenhang zwischen Muskulatur und Skelett ist ein nützlicher Ansatz in der Diagnostik und Therapie pädiatrischer neuro-muskulärer Erkrankungen. Um die Mobilität der Patienten zu verbessern, wurde im Rahmen von Pilotstudien und eines neuen Rehabilitationskonzeptes (funktionelle integrative Physiotherapie – „Auf die Beine“) der Einfluss eines Ganzkörpervibrationstrainings auf die motorischen Fertigkeiten, der Sitz-, Steh- und Gehfähigkeit der Patienten untersucht. Dazu wurde der „Kölner Stehund Gehtrainer – System Galileo“ als dynamisches individuell dosierbares Therapiesystem für neuro-muskulo-skelettale Störungen eingesetzt. Das Galileo-System ist ein Ganzkörpervibrationsgerät, dass als Wippe konstruiert ist, deren Achse horizontal zur Körpermitte verläuft und abwechselnd den rechten und linken Fuß des Patienten anhebt. Die durch die Vibration ausgelöste Bewegung aktiviert Spindeln in Sehnen und Muskulatur. Die Vibrationstherapie wird kombiniert mit dynamischem Krafttraining, Laufbandtherapie, Bewegungsbad und klassischer Physiotherapie. Die erste Analyse des Gross Motor Function Tests zeigte signifikante Funktionsverbesserungen. Das Ganzkörpervibrationstraining wurde von allen Patienten gut angenommen und mit hoher Compliance zu Hause durchgeführt. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf.
TIC-Erkrankungen DGSPJ-HS-27 Tourette Syndrom im Alltag C. Vitt1 1Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Universitätsklinikum Aachen, Aachen Das Tourette-Syndrom ist definiert als eine Form der Ticstörung, bei der sowohl motorische als auch vokale Tics gegenwärtig oder in der Vergangenheit vorlagen. Die Erkrankung beginnt typischerweise in der Kindheit oder Adoleszenz und persistiert meist bis ins Erwachsenenalter. Die vokalen Tics umfassen nicht selten auch den Gebrauch obszöner Worte (Koprolalie). Verschiedene internationale Studien an erwachsenen Patienten deuten darauf hin, dass Patienten mit einem Tourette-Syndrom einen deutlichen Einfluss auf die Lebensqualität erfahren. In neueren Studien wurde erstmalig auch der Einfluss von Ticerkrankungen auf die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen untersucht. Im klinischen Alltag stehen neben einer medikamentösen Therapie nicht nur die Auswirkungen der Erkrankung auf die Patienten und ihre Familien im Vordergrund. Auch die Frage nach adäquater Beschulung, der Beziehungsgestaltung zu Gleichaltrigen und der Inanspruchnahme von Jugendhilfemaßnahmen ist wichtiger Bestandteil der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit TouretteSyndrom. Komorbiditäten wie Aufmerksamkeitsstörungen, Zwangsstörungen und Depressionen sind mitentscheidend für die Prognose der Erkrankung
Sonntag, 16. September 2007 Frühförderung – SPZ – Kinderärztliche Praxis. Kooperationsmöglichkeiten und zukünftige Konzepte – Teil I DGSPJ-HS-30 Die besonderen Aufgaben der Sozialpädiatrischen Zentren in der frühen Entwicklungsförderung U. Raupp1 1Kinderklinik, Marien-Hospital, Wesel Die besonderen Aufgaben der Sozialpädiatrischen Zentren in der frühen Entwicklungsförderung. Die Sozialgesetzgebung (SGB V in Verbindung mit SGB IX und Frühförder-Verordnung) umschreibt die Leistungen der Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) in der frühen Entwicklungsförderung unklar und teilweise widersprüchlich. In der Realität werden jährlich mehr als 90.000 Kinder mit Entwicklungsproblemen im Säuglings- und Kleinkindalter zu den bundesweit 129 SPZ überwiesen. (SPZ-Erhebung 2006). Idealerweise verfügt ein SPZ über besonders qualifizierter Mitarbeiter aus den Bereichen: Neuropädiatrie, Kinderpsychiatrie, Neuround Entwicklungspsychologie, Sozial- und Heilpädagogik, Sozialarbeit und sog. funktionelle Therapierichtungen (Logopädie, Physio- und Ergotherapie, Motopädie...). Im Zusammenhang mit dem typischerweise überörtlichen Aktionsradius, der klinischen, wissenschaftlichen und strukturellen Einbindung in die Kinder- und Jugendmedizin und den Möglichkeiten der regionalen und überregionalen Vernetzung mit allen für das Kind und seine Familie psychosozial relevanten Einrichtungen bieten die SPZ hervorragende Voraussetzungen zur Koordination und Mitgestaltung der „Komplexleistung Frühförderung“. Zudem erlaubt die kontinuierliche Mitbehandlung bis zum Abschluss des Jugendalters eine längsschnittliche Evaluation früher Behandlungsmaßnahmen. Entwicklungpsychologie und Sozialwissenschaften favorisieren „Interaktionsmodelle“ als Grundlagen frühkindlicher Entwicklung. Immer deutlicher sind auch in der sehr frühen Entwicklung Wechselwirkungen außerhalb des familialen Kontextes wirksam: z.B. institutionelle Betreuung, mediale Einflüsse, regionale Aktivitäten, Existenzprobleme, kulturelle NorMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts men. Nachhaltige frühe Entwicklungsförderung fordert jetzt von den Akteuren eine gemeinsame inhaltliche Ausgestaltung der bislang eher strukturell definierten „Komplexleistung Frühförderung“ unter verstärkter Einbeziehung der wesentlichen extrafamilialen Umwelt-Einwirkungen. Sozialpädiatrische Zentren sollten in einer „Partnerschaft auf Augenhöhe“ mit den Interdisziplinären-/ Frühförderstellen hier in eine vertiefte Diskussion eintreten. DGSPJ-HS-32 Qualitätsentwicklung in der Vernetzung von Interdisziplinärer Frühförderung und dem System der frühen Hilfen M. Werner1 1Interdisziplinäre Frühförderstelle, Gesundheitsamt, Stuttgart Frühförderung ist ein seit langem etabliertes und in den Inhalten definiertes System auf rechtlicher Grundlage (SGB IX; XII) für Kinder von der Geburt bis zur Einschulung mit Entwicklungsauffälligkeiten und -risiken sowie drohenden oder bestehenden Behinderungen und ihre Familien. Qualitätssicherung der Arbeit in der Frühförderung ist erforderlich, um das Angebot früher Hilfen stetig weiterentwickeln und verbessern zu können, um diese Kinder möglichst vor der ausgeprägten Manifestation solcher Entwicklungsprobleme zu erreichen und ihren Familien adäquate Unterstützung anzubieten.In der Rahmenkonzeption Frühförderung Baden-Württemberg ist Qualitätsentwicklung in der Frühförderung ein bereits beschriebenes Ziel. Die Interdisziplinäre Frühförderstelle der Stadt Stuttgart hat deshalb an einem seit 2004 bestehenden „Qualitätszirkel Frühförderung Baden-Württemberg“, gebildet aus Fachleuten aus Interdisziplinären Frühförderstellen und Sonderpädagogischen Beratungsstellen, teilgenommen. Auf dem Hintergrund der fachlichen und praktischen Erfahrung der Mitglieder im QZ und aufgrund der Ergebnisse der Befragung von Eltern, Trägern, Mitarbeitern und Kostenträgern wurden gemeinsam Mindeststandards und deren Umsetzung in Arbeitsschritte der Frühförderung formuliert und folgende Kernprozesse beschrieben und operationalisiert: Beratung und Begleitung, Assessment, Förder- und Behandlungsplanung, Förderung/ Therapie und Evaluation. Dabei wurde deutlich, dass im System der frühen Hilfen der Vernetzung und Kooperation sowie dem niederschwelligen Zugang ein besonderer Stellenwert zukommt. Deshalb haben wir in Stuttgart gemeinsam mit den sonderpädagogischen Frühberatungsstellen ein verbindliches Vorgehen bei der Kooperation (z.B. Fallübergabe, gemeinsame Betreuung) vereinbart, das auch in einem gemeinsam entwickelten Kooperationsbogen festgehalten wird. Besonders bei Kindern aus Risikofamilien (Stichwort Frühprävention) ist die enge Vernetzung der Frühförderung mit Gesundheitssystem und Jugendhilfe erforderlich, ohne dabei die Bedürfnisse des Kindes in der Förderung seiner spezifischen Entwicklung aus den Augen zu verlieren. Die Standards in der Kooperation sichern ein verlässliches, zukunftsorientiertes und effektives Arbeiten im interdisziplinären Arbeitsfeld Frühförderung auch vor dem Hintergrund der Umsetzung des SGB IX und der Einführung der Komplexleistung Frühförderung.
Frühförderung – SPZ – Kinderärztliche Praxis. Kooperationsmöglichkeiten und zukünftige Konzepte – Teil II DGSPJ-HS-33 Die Qualitätsansprüche im SPZ Chr. Fricke1 1Sozialpädiatrisches Zentrum, Werner Otto Institut, Hamburg Seit über 10 Jahren unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie- und Jungendmedizin (DGSPJ) auf verschiedenen Ebenen Projekte zur Qualitätssicherung in der Sozialpädiatrie. Dabei kommt den Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) aufgrund ihrer Organisationsform
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mit Einbindung in die ambulante kassenärztliche Regelversorgung eine besondere Bedeutung zu. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialpädiatrischer Zentren (BAG SPZ) hat seit 1996 konsequent und fortlaufend Maßnahmen der Qualitätssicherung aufgebaut und weiter entwickelt. Beginnend mit der Definition der Strukturqualität in SPZ wurden alsbald multiple Schnittstellen im Kontext der interdisziplinären sozialpädiatrischen Komplexbehandlung beschrieben. Die für die SPZ typische interdisziplinäre Teamarbeit basiert auf der „Mehrdimensionalen Bereichsdiagnostik in der Sozialpädiatrie (MBS)“, die vom Ansatz her auch wesentliche originäre Tätigkeiten der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte beschreibt. Als erstes Ergebnis wurde das „Altöttinger Papier“ nach intensiver Diskussion in der BAG-Vollversammlung verabschiedet und von der DGSPJ publiziert (KiPra 11/2002). Zusammen mit einem „Diagnosen-Thesaurus nach ICD-10 zur Verschlüsselung in SPZ“ wurde nachfolgend daraus der Band 1 einer projektierten Reihe „Qualität in der Sozialpädiatrie“. Als Folgeprojekt wurden bis heute 27 durch einen zentralen Qualitätsarbeitskreis koordinierte Qualitätszirkel etabliert, die zu wesentlichen Prozessen und inhaltlichen Schwerpunkten der SPZ-Arbeit Papiere erarbeiten bzw. erstellt haben. In Ergänzung zu den bestehenden Leitlinien, zu denen sich teilweise thematisch Überschneidungen ergeben, stellen die Papiere Aspekte der Umsetzung im Sinne von Handreichungen in der Sozialpädiatrie heraus. Dabei finden neben den niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten insbesondere die SPZ Berücksichtigung, aber auch andere Institutionen, die inhaltlich vergleichbar arbeiten. 18 abgeschlossene Arbeitspapiere wurden nach breiter Diskussion in den Regionalkonferenzen durch die Vollversammlung der BAG-SPZ und durch den Vorstand der DGSPJ verabschiedet und mittlerweile als Band 2 der Reihe „Qualität in der Sozialpädiatrie“ publiziert. Sie sollen die Zentren bei der Formulierung und Umsetzung von eigenen Qualtätsansprüchen unterstützen. DGSPJ-HS-34 Vertragsärzte, Frühförderstellen und Sozialpädiatrische Zentren im Boot der Frühförderung S. Höck1, M. Thurmair2 1Medizinische Abteilung, Arbeitsstelle Frühförderung Bayern, München; 2Pädagogische Abteilung, Arbeitsstelle Frühförderung Bayern, München Die gesetzliche Einführung der (des Begriffs) Komplexleistung mit dem SGB IX in Leistungen der Früherkennung und Frühförderung und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben inhaltliche, strukturelle und organisatorische Auswirkungen. Im positiven Sinne finden wir eine Bestärkung fachlicher Standpunkte, die die Komplexität von drohender Behinderung und Behinderung für die betroffenen Personen und ihr Umfeld aufgreift und die erforderlichen Professionellen im Zusammenwirken unterschiedlicher Gewerke festschreibt. Im negativen Sinne finden wir eine jahrelange Auseinandersetzung über finanzielle Zuständigkeiten, Handlungsvorgaben, aufeinanderprallen vertragsrechtlich unterschiedlich organisierter Kostenträger, die derzeit eher zu einer Reduzierung der Leistungen und Schwellenerhöhung für Betroffene führen. In Bayern gibt es seit Mai 2006 einen Rahmenvertrag zur Frühförderung. Hier soll über die ersten Trends und positive Erfahrungen berichtet werden. Die Struktur gliedert sich in ein Grundversorgungssystem mit vertragsärztlichen Kinderärzten und interdisziplinären FFS und als spezialisiertes/ergänzendes Betreuungssystem mit SPZn. Dies hat den Vorteil bei einem großen Flächenanteil, dass bewährte interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Betreuung entwicklungsauffälliger Kinder und Ihrer Familien in persönlichem Austausch möglich ist und mobile Frühförderung in die Familien Vorrang haben kann. Die SPZ bieten spezialisierte Angebote in Diagnostik, Beratung und Therapie und Übergangsbetreuungen ins Schul- und Jugendalter. Mit der neuen Früh(v) konnten weitere traditionelle sinnvolle Angebote der bayerischen Frühförderung wie die Niedrigschwelligkeit, durch das „offene Beratungsangebot“, förderund therapiebezogene Diagnostik, durch die „Eingangsdiagnostik“, fortgesetzt werden. Der Zwang zu Nachweis und Angebot interdisziplinärer Angebote durch verschiedene Personen immer direkt bei den
Kindern und Familien und die Zunahme von behördlicher Kontrolle hat dagegen zu erheblichen Problemen in der Betreuung von Kinden im 1. Lj, sozial mehrfach belasteter Familien und Kindern mit Mehrfachbehinderung geführt. Die Tradition der Frühförderung ist hinsichtlich der Leistungsanbieter in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Das o.g. strukturelle Modell wird in den Stadtstaaten und einigen Bundesländern auch in der Grundversorgung direkt durch SPZ geleistet. Unsere Erfahrungen in Bayern zeigen, dass die Festlegung fachlich gleicher Standards für alle Betroffenen, einschließlich der Kostenträger, sinnvoll ist, wenn sie die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten ermöglicht. DGSPJ-HS-35 Familien mit chronisch kranken und pflegebedürftigen Kindern Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage des Kindernetzwerkes R. Schmid1, H. von Voss2, T. Moshammer-Karb2 1Kinderzentrum München, München; 2Kinderzentrum München, München Die Ergebnisse sind mehr als alarmierend: Nur 20 Prozent der Eltern mit chronisch kranken oder pflegebedürftigen Kinder und Jugendlichen erhalten Hilfen zur Krankheitsbewältigung, 25 Prozent können auf Maßnahmen zur Familienentlastung hoffen. Bei rund der Hälfte aller Eltern kommt es wegen der Krankheit und Behinderung des eigenen Kindes zu Partnerpoblemen, viele Eltern müssen gar ihren Beruf aufgeben. Immerhin 64 Prozent aller Eltern sehen wenigstens den Informationsfluss über die medizinische Beratung als ausreichend an. Die sind einige der zentralen Ergebnisse der bundesweiten Kindernetzwerk-Umfrage zur psycho-sozialen und pflegerischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen, die von Juli 2004 bis August 2006 vom Kindernetzwerk durchgeführt worden ist. Die Ergebnisse im Detail liegen seit Ende 2006 in einer gebundenen 180-Seiten umfassenden Dokumentation vor, die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert worden ist. Die statistische Auswertung wurde vom epidemiologischen Institut der Universität München (Prof. von Kries), die inhaltliche Vorbereitung und Auswertung vom Arbeitskreis „Pflege/Psycho-soziale Versorgung“ im Kindernetzwerk (AK-PP) übernommen. Die repräsentativen Ergebnisse der Erhebung spiegeln die derzeitigen Defizite der ganzheitlichen Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen mit schweren, chronischen und seltenen Erkrankungen und deren Familien in Deutschland wider. Beteiligt haben sich 68,38 Prozent (Elternbefragung) aus insgesamt 34 bundesweiten Mitgliedsorganisationen des Kindernetzwerkes. Die parallel durchgeführte Jugendlichen-Auswertung (86 von 170 Fragebögen) hatte dagegen eher deskriptiven Charakter. Die Ergebnisse der Umfrage erlauben es, die psycho-soziale Benachteiligung bei einem chronisch kranken, pflegebedürftigen und behinderten Kind erstmals bundesweit mit Zahlen zu belegen. Dies war von der Politik lange eingefordert worden. Schließlich sollen am Schluss des Vortrages notwendige und mögliche Handlungsoptionen vorgestellt werden, wie sich Politik, Krankenkassen und Selbsthilfe diesen gewaltigen Herausforderungen in der Zukunft gemeinsam stellen können und müssen.
Poster Vorträge Arnzeimittelversorgung/-sicherheit, Verbraucherschutz I DGKJ-PO-1 Probiotische Arzneimitteltherapie bei Kindern Ergebnisse einer prospektiven Datenerhebung (N=668) R. Maier1, J. Röhrenbach1, A. Mattheß1, R. von Bünau2, Chr. Stange2, E. Zieseniß3, J. Schulze2 1Praxis Dres. Maier, Mattheß, Röhrenbach, Tuttlingen; 2Bereich Medizin, Ardeypharm GmbH, Herdecke; 3Inpharm Consulting, Bielefeld Hintergrund: Klinische Untersuchungen zur Anwendung von Arzneimitteln bei Neugeborenen, Säuglingen oder Kindern werden selten
durchgeführt. Weniger als die Hälfte aller Arzneimittel in der Europäischen Union ist auch für Kinder zugelassen. Eine Ausnahme bildet das probiotische Arzneimittel Mutaflor (Wirkstoff: Escherichia coli Stamm Nissle 1917, EcN). Es wird in der pädiatrischen Praxis vor allem bei akuter und protrahierter Diarrhö eingesetzt. Darüber hinaus wird es wegen der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit bei vielen anderen Indikationen angewendet. Patienten und Methoden: Im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung wurden von 10/2003 bis 10/2004 in 169 Zentren Daten zur EcN-Therapie bei 668 Neugeborenen, Säuglingen und Kindern bis zu 12 Jahren erhoben. Untersucht wurden die Wirksamkeit, die Verträglichkeit und Sicherheit sowie das Indikationsspektrum von EcN in den einzelnen Altersklassen. Die Behandlung wurde für jeden Patienten vom Therapeuten individuell festgelegt. Als maximale Dauer waren 12 Wochen vorgesehen. Ergebnisse: EcN wurde bei 668 Kindern (163 Neugeborene/Säuglinge bzw. Kleinkinder jünger als 24 Monate und 505 Kinder unter 12 Jahren) bei über 20 verschiedenen Indikationen angewendet. Bei 579 Kindern wurde die Therapie aufgrund gastrointestinaler Beschwerden begonnen. Von diesen litten 298 Patienten an protrahierter (N=152) oder chronisch rezidivierender Diarrhö (N=146), 75 an chronischer Obstipation, 29 an Mykosen des Verdauungstraktes und 15 an Antibiotika-assoziierter/pseudomembranöser Kolitis. 89 Kinder wurden aufgrund extraintestinaler Beschwerden wie z.B. Infektanfälligkeit (N=35) oder Neurodermitis (N=33) behandelt. Die Wirksamkeit bewerteten die Therapeuten zu 84% als gut bis sehr gut. Unter der EcN-Therapie normalisierte sich die Stuhlfrequenz sowie die Stuhlkonsistenz und es besserten sich Symptome wie Meteorismus und abdominaler Schmerz. Die Anwendung wurde gut vertragen. 96% der Therapeuten und 93% der Patienten oder Erziehungsberechtigten beurteilten die Verträglichkeit als gut bis sehr gut. Nur bei 2,9% der Patienten wurden Verdachtsfälle von Nebenwirkungen dokumentiert. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen das breite Anwendungsspektrum von EcN und bestätigen die bisherigen guten Erfahrungen zum Einsatz bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern. DGKJ-PO-2 Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „KiGGS“: Impfquoten in Deutschland Chr. Poethko-Müller1, R. Kuhnert1, M. Schlaud1 1Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Robert Koch-Institut, Berlin Fragestellung: Repräsentative Daten zum Impfstatus in Deutschland beschränkten sich bislang auf Kinder im Vorschulalter. Informationen zum Impfstatus auch der älteren Kinder und Jugendlichen sowie die Analyse von Faktoren für einen unvollständigen Impfstatus bieten die Grundlage für den gezielten Ausgleich von Defiziten. Material und Methode: Von Mai 2003 bis Mai 2006 wurde mit dem bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey „KiGGS“ auch der Impfstatus von 16.460 Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren in Deutschland auf Grundlage der vorgelegten Impfausweise erfasst und damit eine differenzierte Analyse der Durchimpfung von Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen in Deutschland ermöglicht. Ergebnisse: Im Durchschnitt liegen die Quoten der vollständigen Grundimmunisierung gegen Tetanus, Diphtherie und Polio sowie der ersten Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln für 2- bis 17-Jährige über 90%. Der Vergleich der hohen Impfquoten der Grundimmunisierung ohne Booster mit den deutlich niedrigeren Impfquoten für die vollständig abgeschlossene Grundimmunisierung in den einzelnen Altersgruppen zeigen Defizite bei der zeitgerechten und vollständigen Inanspruchnahme der kompletten Impfserien. Deutliche Defizite bestehen bei der Durchimpfung der Schulkinder mit den notendigen Auffrischungsimpfungen in der Zeit nach den Schuleingangsuntersuchungen: Bei 43% der 7- bis 10-Jährigen fehlen die für die Zeit des Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Schuleintritts empfohlenen Auffrischungsimpfungen gegen Tetanus und Diphtherie. Die Durchimpfung gegen Pertussis beträgt bei 14- bis 17-Jährigen nur 36,1%, gegen Hepatitis B sind nur 58,3% der Jugendlichen geimpft. Die Defizite bei den Auffrischungsimpfungen gegen Tetanus und Diphtherie und bei der Durchimpfung gegen Pertussis sind bei älteren Kindern und Jugendlichen besonders gravierend in den alten Bundesländern. Impflücken bestehen insbesondere bei ältere Kindern bzw. Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Diskussion: Die vorliegende Untersuchung von Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen ergänzen die im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen der Bundesländer entsprechend dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) erhobenen Daten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Empfehlungen der nationalen Ständigen Impfkommission am RKI (STIKO) noch nicht vollständig und oft nicht zeitgerecht umgesetzt werden. Dies zeigt sich insbesondere an den niedrigen Impfquoten der für das sechste bis siebte Lebensjahr empfohlenen Auffrischimpfung gegen Tetanus und Diphtherie und der unzureichenden Durchimpfung mit zwei Masern-, Mumps- und Rötelnimpfungen. Schlussfolgerung: Verstärkte Anstrengungen sind nötig, um die Durchimpfung von älteren Kindern und Jugendlichen sicherzustellen. DGKJ-PO-3 Wie sicher ist eine Langzeitbehandlung mit Wachstumshormon – Erfahrungen mit über 100 000 Kindern N. Stahnke1, T. Rohrer2, M. Bettendorf3, H.-G. Dörr4, B. Hauffa5, F. Lorenzen6, O. Mehls3, H. Steinkamp7, M. Ranke8 1Endokrinologikum Hamburg, Hamburg; 2Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg; 3Kinderklinik, Klinikum d.RuprechtKarl-Universität, Heidelberg; 4Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 5Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen; 6Kinderärztin, Hannover; 7Pfizer GmbH, Karlsruhe; 8Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen Seit mehr als 40 Jahren wird mit Wachstumshormon (GH) behandelt, inzwischen gibt es umfangreiche Erfahrungen zur Sicherheit dieses Medikaments. Methodik: Ausgewertet wurden große Datenbanken: Die KIGS-Datenbank mit knapp 60 000 Kindern und über 160 000 Therapie-Jahren und die amerikanische NCGS-Datenbank mit knapp 50 000 Kindern und über 160 000 Therapiejahren. Ergebnisse: Unter der GH-Behandlung kommt es nicht häufiger zu einer Skoliose. Die Inzidenz einer Hüftkopflösung ist bei idiopathischem Kleinwuchs, pränatalem Kleinwuchs (SGA) und idiopathischem Wachstumshormonmangel (GHD) unter der Therapie nicht erhöht, jedoch bei organischem GHD, renalem Kleinwuchs (KW) und Turner-Syndrom (UTS).-Diabetes mellitus: GH ist ein Antagonist zu Insulin, GH kann die Insulinsensitivität vermindern. Durch eine GH-Behandlung wird aber kein Diabetes Typ 1 induziert. Die Inzidenz eines Typ-2-Diabetes ist unter GH jedoch bei einigen KW-Formen höher: organischem GHD (z.B. Hirntumoren), UTS, renalem KW, PraderWilli-Syndrom (PWS). Die Mehrzahl der Pat. hatte Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes in der Familie,Steroidtherapie, Glucose-Intoleranz bereits vor GH. – Im zeitlichen Zusammenhang kann es unter GH wie auch bei vielen anderen Medikamenten zu einem Pseudotumor cerebri kommen, ein erhöhtes Auftreten wurde bei organischem GHD, UTS, renalem KW und PWS gesehen.- Rezidive von Neoplasien: Viele Patienten haben einen GHD infolge eines Tumors bzw. seiner Behandlung. Unter GH ist die Rezidivrate von Craniopharyngeomen, Medulloblastomen, Ependymomen, Astrocytomen/ Gliomen und Leukämien nicht erhöht.- Ein kleiner Teil von Patienten entwickelt nach einem Malignom eine 2. Neoplasie, das ist unter GH nicht häufiger.- Generell erhöht eine GH-Therapie nicht das Risiko, ein de-novo-Malignom zu entwickeln. Schlussfolgerung: Nach über 40 Jahren Erfahrungen mit GH sind die Risiken der Therapie überschaubar.
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DGKJ-PO-4 Verlängerung des QTc- Intervalls unter Erythromycin: erste prospektive Untersuchung bei Kindern S. Gerling1, J. Seidl1, M. Melter1, H. Segerer1 1Kinderklinik St. Hedwig, Regensburg Fragestellung: Makrolid-Antibiotika werden in der Kinderheilkunde in grossem Umfang eingesetzt. Sie können über eine Verlängerung der QTc lebensbedrohliche ventrikuläre Tachycardien auslösen. Bislang gab es keine systematische Datenerhebung über die Auswirkung von Erythromycin auf den Herzrhythmus von Kindern. Material und Methode: Studiendesign prospektiv. Im Zeitraum 01/03– 12/06 wurden 142 Patienten mit atypischer Pneumonie betreut, Therapie Erythromycinstearat 50 mg/kg KG/die in 3 ED p.o. . Kontrollgruppe: 87 Kinder mit Infekt der oberen Luftwege, Therapie Cefuroxim 100 mg/kg KG/die in 3 ED i.v.. Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie wurden ggf. vor Therapiebeginn korrigiert. Ein 12-Kanal-EKG wurde vor und unter Therapie (3.- 4. Behandlungstag) abgeleitet. Die QTc wurde nach Bazett berechnet, eine Zunahme um mehr als 30 msec. wurde als Effekt des Medikamentes gewertet. Patienten mit renaler, hepatologischer oder kardiologischer Vorerkrankung wurden ausgeschlossen. Bei pathologischer Verlängerung der QTc erfolgte eine 24-h-EKG-Ableitung. Ergebnisse: Die untersuchten Gruppen waren vergleichbar hinsichtlich Alters- und Geschlechtsverteilung. Unter Erythromycin fanden sich: eine signifikante QTc-Verlängerung, häufiges Überschreiten der geschlechtsspezifischen Norm und QTc-Anstiege um bis zu 111 msec. Klinisch traten keine Synkopen auf, im LZ-EKG keine torsades de pointes. Cefuroxim hatte keinen Einfluss auf den Herzrhythmus oder die QTc. Diskussion: Erythromycinstearat kann auch in der empfohlenen oralen Dosis zu einer siginifikanten Verlängerung der QTc führen. Hämodynamisch relevante Herzrhythmusstörungen wurden in unserem Kollektiv nicht beobachtet. Schlussfolgerungen: Vor dem Einsatz von Erythromycin sollte eine Risikoabschätzung nach den Kriterien von Schwartz et al. erfolgen. Bei erhöhtem Risiko für ein LQT-Syndrom sollte eine kinderkardiologische Diagnostik erfolgen und Alternativpräparate eingesetzt werden. DGKJ-PO-5 Iatrogene Vergiftungen im Kindesalter – ein Problem? C. Seidel1, M. J. Lentze1, M.J. Dresbach1 1Universitätsklinikum Bonn, Informationszentrale gegen Vergiftungen, Bonn Fragestellung: Statistische Daten zu iatrogenen Vergiftungen im Kindesalter in Deutschland sind rar. Methodik: Über den Zeitraum vom 1.1.99 bis 31.12.06 wurden retrospektiv die Anrufe wegen iatrogener Vergiftungen im Kindesalter (1 Tag bis <18 Jahre) ausgewertet. Als iatrogen galten alle Vergiftungen, die durch Fehler im ärztlichen oder pflegerischen Bereich entstehen. Die Schweregradeinteilung erfolgte nach dem Poison Severity Score. Ergebnisse: In diesem Zeitraum wurde der Giftnotruf in 95.226 Vergiftungsfällen im Kindesalter konsultiert, hiervon betrafen 186 Fälle (0,2%) iatrogene Vergiftungen. 52% der Anrufer waren Klinikärzte, 17% niedergelassene Ärzte, 2% Apotheken, 2% Notärzte. Bei Anruf waren 56% symptomlos, 22% hatten leichte Beschwerden, 7% mittelschwere und 0,5% schwere Symptome. In 23 Fällen (12%) wurde der Fall nachverfolgt. In diesen Fällen waren 52% asymptomatisch, 17% hatten leichte und 21% mittelschwere Symptome. In einem Fall (0,5%) lag eine schwere Vergiftung vor. Die zehnfache rektale Überdosierung von Chloraldurat® hatte bei einem 5 Monate alten, kurz zuvor operierten Kind (Verschluss eines VSD) zu einer katecholaminpflichtigen Herzinsuffizienz geführt. 15% der iatrogenen Vergiftungen betrafen Analgetika (Paracetamol rektal und iv), 15% Antibiotika, 8% Psychopharmaka (Pipamperon), 6% Antiemetika (Vomex A®), 6% Antiepileptika und 5% Impfstoffe. Hinsichtlich des zugrunde liegenden Fehlers konnten 105
Fälle ausgewertet werden. In den meisten Fällen (75%) handelte es sich um Überdosierungen durch Rechenfehler, oft um den Faktor 10, die Verwechslung von mg mit ml, von μg mit mg (Salbutamol) oder um die Gabe der verordneten Gesamtmenge/kg. In 15% wurde der falsche Applikationsweg gewählt. Insbesondere wurden Salbutamol-Tropfen zur Inhalation oral verabreicht. In Einzelfällen wurden orale Medikamente iv gespritzt, intravenöse Medikamente intraarteriell und Zytostatika statt intravenös intrapleural verabreicht. Andere Ursachen (Paravasate, falsches Medikament, falscher Patient, Irrtum in der Stillzeit, Medikamente jenseits des Verfallsdatums) waren selten. Diskussion: Iatrogene Vergiftungen im Kindesalter scheinen selten (ca. 20–25 Anrufe pro Jahr in einem mittelgroßen Giftnotruf). Ein Fünftel verläuft mittelschwer, schwere Vergiftungen sind sehr selten. Tödliche Vergiftungen sind in den letzten 8 Jahren nicht verzeichnet worden. Da insbesondere vermutlich mittelschwere bis schwere Intoxikationen nachverfolgt werden, besteht evtl. ein BIAS zu den schwereren Vergiftungen. Schlussfolgerung: Augenmerk sollte auf die Prävention durch sorgfältige und leserliche Anordnung sowie das Problembewusstsein im ärztlichen, pflegerischen und auch pharmazeutischen Bereich (bessere Kennzeichnung) gelegt werden. DGKJ-PO-6 Effect of propofol on seizure-like phenomena and electroencephalographic activity in children with epilepsy vs children with developmental retardation S. Meyer1, U. Grundmann2, B. Kegel3, S. Gottschling3, L. Gortner3, G. Shamdeen3 1Australian National University, The Centre for Newborn Care, Canberra, Australien; 2Klinik fuer Anaesthesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Homburg/Saar; 3Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg Background and study purpose: There is an ongoing debate as to whether propofol exhibits pro- or anticonvulsant effects, and whether it should be used in patients with epilepsy. Methods: We prospectively assessed the occurrence of seizure-like phenomena and the effects of intravenous propofol on the electroencephalogram (EEG) in 25 children with epilepsy (mean (SD) age: 101 (49) months) and 25 children with learning difficulties (mean (SD) age: 52 (40) months) undergoing elective sedation for MRI studies of the brain. Results: No child demonstrated seizure-like phenomena of epileptic origin during and after propofol sedation. Immediately after stopping propofol, characteristic EEG changes in the epilepsy group consisted of increased beta wave activity (23/25 children), and suppression of preexisting theta rhythms (11/16 children). In addition, 16 of 18 children with epilepsy and documented EEG seizure activity demonstrated suppression of spike-wave patterns after propofol sedation. In all 25 children with learning difficulties an increase in beta wave activity was seen. Suppression of theta rhythms occurred in 11 of 12 children at the end of the MRI study. In no child of either group was a primary occurrence or an increase in spike-wave patterns seen following propofol administration. The occurrence of beta wave activity (children with learning difficulties and epilepsy group) and suppression of spike-wave patterns (epilepsy group) were transient, and disappeared after 4 h. Conclusions: This study demonstrates characteristic, time-dependent EEG patterns induced by propofol in children with epilepsy and learning difficulties. Our data support the concept of propofol being a sedative-hypnotic agent with anticonvulsant properties as shown by depression of spike-wave patterns in children with epilepsy and by the absence of seizure-like phenomena of epileptic origin.
DGKJ-PO-7 Pharmakoanthropologie – ein interdisziplinärer Ansatz für eine rationale und entwicklungsadäquate Arzneimitteltherapie Chr. Brochhausen1, A. C. Delius2, M. Brochhausen3, C. J. Kirkpatrick1, H. Seyberth4, G. Klaus4 1REPAIRlab, Institut für Pathologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2Kinderneurologisches Zentrum, Mainz; 3IFOMIS, Universität des Saarlandes, Saarbrücken; 4Zentrum für Kinderheilkunde, Philipps-Universität, Marburg Einleitung: Pharmakoanthropologie ist eine relativ junge Disziplin, welche medizinische, biologische und soziale Aspekte der Arzneimittelanwendung in unterschiedlichen Populationen untersucht (Karlow W 1984). In den Vereinigten Staaten widmet sich die Pharmakoanthropologie insbesondere pharmakoepidemiologischen Fragestellungen wie der Allokation von Arzneimitteln in unterschiedlichen sozialen Schichten oder der Arzneimittelanwendung und Compliance in verschiedenen Altersstufen. Darüber hinaus werden populationspharmakokinetische Fragen bearbeitet. In der vorliegenden Untersuchung soll geklärt werden, in wie weit Pharmakoanthropologie einen innovativen Input zur Optimierung der Arzneimitteltherapie in der Pädiatrie geben kann. Pädiatrische Patienten repräsentieren eine dynamische Population mit relevanten Besonderheiten in der Pharmakokinetik und Pahrmakodynamik. Darüber hinaus bestehen entwicklungsbedingte emotionale und kognitive Besonderheiten in unterschiedlichen Altersklassen. Medizinische und Biologische Aspekte: Die medizinische Forschung generiert Daten zur Reifung physiologischer Parameter im Lauf der postnatelen Entwicklung, wie zum Beispiel die altersabhängige Metaboliserung von Arzneimitteln in der Leber oder die Transportmechanismen von Wirkstoffen im Darm. Systematische Untersuchungen der entwicklungsabhängigen Arzneimittelabsorption, -Verteilung, -metabolisierung und -exkretion existieren nur punktuell oder fehlen. Weiterhin eröffnen die Ergebnisse aus der regenerativen Medizin neue und für die pädiatrische Population spezifische Therapieansätze. Psychologische und Sozialwissenschaftliche Aspekte: Die Entwicklungspsychologie hat in den letzten Jahrzehnten wichtige Fortschritte in der Analyse der kognitiven und emotionalen Entwicklung gemacht. Diese Ergebnisse sind nicht nur für die CompIiance von Kindern und Jugendlichen von Bedeutung sondern auch für die Beteiligung an Aufklärung und Einwilligung in therapeutische Eingriffe und klinische Studien. Vom sozialwissenschaftlichen Blickpunkt konnte gezeigt werden, dass der Begriff Kindheit vom sozio-kulturellen Kontext abhängig ist, was für das Krankheitsverständnis, die Compliance und die Partizipation in Entscheidungen in einem multikulturellen Kontext für die Therapie und in einer globalisierten Welt für die Durchführung von klinischen Studien Konsequenzen hat. Diskussion: Die Pharmakoanthropologie eröffnet als integratives und interdisziplinäres Forschungsfeld neue Aspekte für ein umfassendes Verständnis des pädiatrischen Patienten mit seinen entwicklungsbedingten biologischen, psychischen und sozialen Besonderheiten. Die Integration der beteiligten Disziplinen trägt zur Etablierung einer rationalen und adaequaten Arzneimittelversorgung von Kindern- und Jugendlichen bei. Literatur Karlow W (1984) Fed Proc 45:2326–2331
DGKJ-PO-8 Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen: Kosteneffektivität evidenzbasierter Behandlungsstrategien M. Schlander1, O. Schwarz1, L. Hakkart-van Roijen2, P. Jensen3, U. Persson4, P. Santosh5, G.-E. Trott6 , MTA Cooperative Group 1Institute for Innovation & Valuation in Health Care, Eschborn; 2iMTA, Rotterdam, Niederlande; 3Columbia University, New York, NY; 4IHE, Lund, Schweden; 5UCL, London, Großbritannien; 6Praxis Prof. Trott, Aschaffenburg Die Diagnose einer ADHS wird bei ca. 5% aller 7–12-jährigen Kinder in Deutschland gestellt. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Fragestellung: Kosteneffektivität evidenzbasierter Behandlungsstrategien der ADHS in Deutschland. Methode: Die amerikanische NIMH-MTA-Studie schloß 579 Kinder im Alter von 7–10 Jahren mit ADHS nach DSM-IV-Kriterien ein, die randomisiert über 14 Monate mit üblicher „Community Care“ (CC), intensiver psychosozialer Therapie (PS), Medikation (Med) oder PS und Med (Komb) behandelt wurden. Patientenbezogene Studiendaten zu Diagnose (Vorliegen einer Hyperkinetischen Störung [HKS] nach ICD-10, Komorbidität), klinischer Effektivität (symptomatische Normalisierung definiert als SNAP-IV-Scores <1 und funktionelle Beeinträchtigung anhand der Columbia Impairment Scale) und Ressourcenverbrauch wurden mit deutschen Kostendaten verknüpft, um inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Relationen (ICERs) zu berechnen und Sensitivitätsanalysen (einschließlich der Kalkulation von CostEffectiveness Acceptability Curves mittels nichtparametrischem Bootstrapping) durchzuführen. ICERs wurden für die gesamte Studienpopulation sowie für Subgruppen mit „reiner“ ADHS ohne Komorbidität (n=184), HKS (n=145), „reine“ HKS (n=77) bestimmt, sowie für Subgruppen mit externalisierenden (ext.), internalisierenden (int.) und beiden (bde.) Komorbiditäten. Zusätzlich wurde eine „Do-Nothing“ (DN)-Alternative modelliert. Ergebnisse: (1) ICERs je symptomatisch „normalisierten“. Patienten: Med versus DN €2.800(Subgruppenanalyse: reine ADHS €2.600; HKS € 2.700; reine HKS € 2.800; int. € 2.000, ext. € 2.700, bde. € 3.900); Med versus CC € 2,400 (reine ADHS € 2.400; HKS € 2.700; reine HKS € 1.500; int. € 1.700, ext. € 2.300, bde. € 3.2000); PS versus Med stets inferior; Komb versus Med € 100,000 (reine ADHS € 87.000; HKS € 58.000; reine HKS € 41.000; int. inferior, ext. € 137.000, bde. € 53.000). (2) ICERs für das Zielkriterium funktioneller Verbesserung zeigten ebenfalls attraktive Werte für Med, bei einer ausgeprägten Tendenz zu weniger ungünstigen Ergebnissen für PS in der Gegenwart koexistierender Störungen. Umfangreiche Sensitivitätsanalysen bestätigten die Robust heit der Resultate. Diskussion: Im Unterschied zur ökonomisch stets attraktiven MedStrategie weisen die vorliegenden Ergebnisse darauf hin, dass eine intensive PS-Strategie nur bei Patienten mit Komorbidität, dem primären Ziel funktioneller Verbesserung und zum Teil erheblich höherer Zahlungsbereitschaft eine akzeptable Kosteneffektivität erreicht. Schlussfolgerung: Eine intensive medikamentöse Behandlungsstrategie der ADHS erwies sich unter allen Studienbedingungen als kosteneffektiv. Forschungsbedarf besteht zur Beeinflussung des Verlaufs über einen längeren Zeithorizont sowie zur Kosteneffektivität weniger intensiver, gezielt eingesetzter verhaltenstherapeutischer Interventionen.
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie I DGKJ-PO-9 Wie geht’s weiter nach der Stammzell Transplantation bei Morbus Hurler? Die Nachsorge, eine interdisziplinäre Herausforderung L. Grigull1, T. Lücke1, A. Das1, A. Tenger2, H. Bertram1, M. Spies3, F. Donnerstag4, K. Welte1, M. Sauer1, K.-W. Sykora1 1Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover; 2Orthopädische Kliniken, Annastift, Hannover; 3Plastische, Hand- Wiederherstellungschirurgie, Med Hochschule, Hannover; 4Abteilung Neuroradiologie, Med Hochschule, Hannover Hintergrund: Seit der ersten erfolgreichen Stammzell Transplantation (SZT) ist diese Therapie erste Wahl für Kinder mit M. Hurler (MPS1H). Die längerfristige Nachsorge der Patienten muss multidisziplinär durchgeführt werden, bislang fehlen hier umfassende Nachsorge-Konzepte. In Hannover werden Patienten mit MPS1H seit 2001 nach einem neuen SZT Protokoll behandelt (Fludarabin basierte Konditionierung) und in ein umfassendes Nachsorge Konzept eingebettet. Patienten: 5 Kinder mit klinisch, enzymatisch und molekularbiologisch gesicherter MPS1H wurden im Alter von 0,8–3 Jahren allogen transplantiert, die mediane Nachbeobachtungszeit beträgt 5,5 Jahre.
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Methoden: Nach Erreichen eines stabilen „engraftment“ der transplantierten Zellen und immunologischer Rekonstitution werden die Patienten nach einer ca. 3-monatigen, engmaschigen Nachsorge jährlich vorgestellt. Im Rahmen eines 2–3-tägigen stationären Aufenthaltes finden neuro-pädiatrische, orthopädische, Augen- und HNO-ärztliche, handchirurgische sowie neuropsychologische Kontrollen statt. Spezielle hämatologische Untersuchungen (Chimärismus-Analyse) sowie gezielte radiologische Kontrollen (CT des cranio-cervikalen Überganges) runden das Programm ab. Ergebnisse: Alle 5 Kinder leben, haben ein stabiles „engraftment“ der transplantierten Zellen und befinden sich in ambulanter Betreuung. Die alpha-Iduronidase Aktivität ist niedrig bis normal, in Abhängigkeit vom Spender. Schwere Infektionen oder eine Transplantat-gegenWirt Erkrankung (GvHD) >°II wurden nicht gesehen. Bei 3 Kindern musste ein verengter Karpaltunnel operiert werden, 3 Ringband Stenosen wurden gespalten. 1 Patient erhielt eine Umstellungs-Osteotomie bei subtotal luxierter Hüfte. Alle Kinder zeigen eine Skoliose, operative Korrekturen wurden bislang nicht durchgeführt. Echokardiographisch findet sich bei unseren Patienten nach SZT überwiegend eine Verschlechterung vorbestehender Veränderungen, wobei dennoch insgesamt die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität subjektiv verbessert wahrgenommen werden. Veränderungen am cranio-cervikalen Übergang bestehen bei einem Patienten, ohne dass eine Intervention bislang notwendig war. Diskussion und Zusammenfassung: Die SZT ist die Therapie der Wahl bei Kindern mit MPS1H, aber trotz minimaler SZT-assoziierter Morbidität in unserem Kollektiv erfordert die langfristige Nachsorge dieser Kinder eine umfassende Strategie, welche anhand des hannoveraner MPS-SZT Nachsorge Programms vorgestellt wird. Die Durchführung der Nachsorge in der vorgestellten Form ermöglicht, Narkose-Untersuchungen (CT, Handchirurgie, Zahnarzt, Nervenleitgeschwindigkeit) zu bündeln und reduziert so Belastungen für Patienten und Familien. Daneben kann in relativ kurzer Zeit (2–3 Tage) ein umfangreiches Programm durchgeführt werden und eine Weichenstellung für weitergehende Therapien erfolgen. DGKJ-PO-10 Nachweis einer onkogenen Aktivierung des BRAF-Gens durch Genduplikation oder aktivierende Mutationen in niedrigmalignen Astrozytomen im Kindesalter S. Pfister1, W. Janzarik2, M. Remke3, B. Thieme4, A. Kulozik1, A. Gnekow4, W. Scheurlen5, H. Omran2, P. Lichter3 1Kinderklinik, Klinikum d.Ruprecht-Karl-Universität, Heidelberg; 2Universitäts Kinderklinik, Freiburg; 3Molekulare Genetik, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Heidelberg; 41. Kinderklinik, Augsburg; 5Cnopfsche Kinderklinik, Nürnberg Fragestellung: Niedriggradige Astrozytome (LGA) sind der häufigste Hirntumor im Kindesalter. Trotzdem ist über die molekulare Pathogenese bislang sehr wenig bekannt, außer, dass Patienten mit einer Neurofibromatose Typ I ein stark erhöhtes Risiko haben, an einem LGA zu erkranken. Ziel der vorgestellten Studie war es, pathogenetisch relevante genomische Aberrationen in LGAs mittels Chip-basierter vergleichender genomischer Hybridisierung zu identifizieren. Material und Methoden: Insgesamt 69 niedriggradige Astrozytome (54 pilozytische Astrozytome WHO °I, 13 Astrozytome WHO °II und 2 Astrozytome WHO °I–II) wurden einer vergleichenden genomischen Hybridisierung (array-CGH) unterzogen. Der verwendete DNA-Chip umfasst ca. 8000 BAC-Klone mit definierten genomischen DNA-Sequenzen und erlaubt damit eine genomweite Auflösung von durchschnittlich 0,5 Mb. In allen mittels array-CGH untersuchten Proben wurden auch diejenigen Exone des BRAF-Gens sequenziert, in denen bisher aktivierende Mutationen beschrieben wurden. Von 17 Tumoren stand ausreichend RNA zur Verfügung, um eine quantitative Realtime-PCR mit der SYBR-Green Methode zur Bestimmung der BRAF mRNA-Expression durchzuführen.
Ergebnisse: Die weitaus häufigste mittels array-CGH detektierte genomische Aberration in LGAs war eine Duplikation des genomischen Locus des BRAF-Onkogens auf Chromosom 7q34 (31/69 Fälle, 45%). Eine aktivierende Mutation des BRAF-Gens in dem bekannten HotspotCodon 600 in Exon 15 konnten wir in weiteren 4 Fällen nachweisen. Interessanterweise traten beide Ereignisse in keinem Tumor gemeinsam auf. Alle Tumoren mit einem Kopienzahlzugewinn von BRAF, von denen mRNA zur Verfügung stand, wiesen eine deutliche Überexpression des BRAF-Transkriptes gegenüber dem Referenzgewebe (Pool aus Normalhirn von 5 Spendern) auf. Diskussion und Schlussfolgerung: Mit der onkogenen Aktivierung des BRAF-Gens in der Hälfte aller Fälle konnten wir einen wichtigen Mechanismus in der Pathogenese von niedriggradigen Astrozytomen identifizieren. Da auch der Verlust des NF I-Gens zu einer Aktivierung des ras-raf-Signaltransduktionsweges führt und wir in einem weiteren LGA auch eine Mutation von KRAS nachweisen konnten, wird der weiteren Charakterisierung dieser Signalkaskade und möglicherweise deren Blockierung durch zielgerichtete Therapiestrategien in Zukunft eine wichtige Bedeutung in pädiatrischen niedriggradigen Astrozytomen zukommen. DGKJ-PO-11 Der NOTCH1-Mutationsstatus korreliert mit spezifischen chromosomalen Aberrationen in akuten lymphoblastischen Leukämien M. Remke1, S. Breit2, B. Radlwimmer1, M. Muckenthaler2, A. Kulozik2, P. Lichter1, S. Pfister2 1Molekulare Genetik, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Heidelberg; 2Kinderklinik, Klinikum d.Ruprecht-Karl-Universität, Heidelberg Fragestellung: Über 50% aller akuten lymphoblastischen T-Zell-Leukämien (T-ALL) im Kindesalter weisen aktivierende Mutationen des NOTCH1-Rezeptors auf. Mithilfe dieses molekularen Markers konnte eine Gruppe von Patienten mit frühem Therapieansprechen und guter Prognose definiert werden. Ziel der hier vorgestellten Untersuchung war es, mittels Chip-basierter vergleichender genomischer Hybridisierung (array-CGH) spezifische Kopienzahl- Veränderungen für NOTCH1-mutierte und NOTCH1-Wildtyp-Tumoren zu identifizieren. Material und Methode: 76 T-ALL Patientenproben (32 mutiert / 44 Wildtyp) und 6 T-ALL-Zelllinien wurden mittels Array-CGH auf DNA-Microarrays mit 8000 BAC-Klonen untersucht, die eine durchschnittliche genomweite Auflösung von 0,5 Megabasen ermöglichen. Nach bioinformatischer Datenverarbeitung unter Verwendung eines Hidden Markov Models wurden Kandidatengene für beide Subgruppen identifiziert. Ergebnisse: In Abhängigkeit des NOTCH1-Mutationsstatus zeigen beide Untergruppen spezifische chromosomale Aberrationen. Die Frequenz von genomischen Aberrationen ist insgesamt in der Wildtyp-Gruppe höher. Trotz dieser Tendenz zeichnen sich die NOTCH1mutierten Leukämien durch einen häufigeren Verlust des T-Zellrezeptor-Gamma-Lokus in 97% (vs. 66%) und einen Zugewinn des MYB-Lokus auf Chromosom 6q22–23 in 16% (vs. 9%) aller Tumoren aus. In einem Fall wurde auch eine hochgradige genomische Amplifikation von MYB beobachtet. Für die Wildtypgruppe waren unter anderem spezifische Zugewinne des NOTCH-Liganden JAG2 (16% vs 3%) und heterozygote Deletionen des Tumorsuppressorgens ATM (7% vs. 3%) charakteristisch. Diskussion und Schlussfolgerung: Mit hochauflösender array-CGH konnten einige noch nicht beschriebene, kleine Regionen genomischer Imbalanzen in pädiatrischen T-ALLs identifiziert werden. Besonders interessant sind dabei Kopienzahl-Zugewinne des NOTCH-Liganden JAG2, die eine alternative NOTCH-Aktivierung in einer bedeutenden Subpopulation der Wildtyp T-ALLs bedingen könnten. Folgestudien werden zeigen, ob auch diese Art der Aktivierung der NOTCH-Signalkaskade mit einem besseren Therapieansprechen einhergehen. Charakteristische Aberrationen innerhalb der Wildtypgruppe, wie Deletionen
des bekannten Tumorsuppressorgens ATM, legen andere Pathomechanismen in der Tumorentstehung dieser Subpopulation nahe. DGKJ-PO-12 Hepatolienale Candidose einer Patientin mit ALL, Behandlung mit liposomalem Amphotericin B und gleichzeitige erfolgreiche Fortführung der anti-leukämischen Therapie P. Deutz1, L. Lassay1, R. Mertens1, N. Wagner1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Aachen, Aachen Fallvorstellung: Eine 3 jährige Patientin mit c-ALL entwickelte bereits früh in Phase 1 von Protokoll I (ALL-BFM 2000) Fieber, welches sich unter empirischer i.v.-antibiotische Therapie nicht besserte. Negative mikrobiologische und serologische Untersuchungen auf Candida und Aspergillus-AK und andere relevante Erreger. Candida-Ag grenzwertig, Aspergillus-Ag negativ. Beginn einer antimykotischen Therapie mit liposomalem Amphotericin B. Die Fokussuche erbrachte sonographisch mehrere hypoechogene Herde in Milz und Leber., die sich im CT hypodens und passend zu einer hepatolienalen Candidiasis darstellten. Eine perkutane oder offen-chirurgische Punktion zur Keimgewinnung wurde erwogen, wegen des zu hohen Risikos einer Blutung aber verworfen. Wir steigerten die Dosis des liposomalen Amphotericin B bis auf 5 mg/kg KG und konnten nach Stabilisierung der Erkrankung mit Abfall der Temperaturen und Besserung des AZ nach 3 Wochen mit der ALL-Therapie fortfahren. Bis zum Ende der intensiven Chemotherapie (Ende Protokoll III) Fortführung der täglichen Ampho-B Gabe. Keine weiteren Komplikationen. Während der anschließenden Dauertherapie stellten wir auf Fluconazol um. Regelmäßige sonographische Kontrollen zeigten eine langsame Rückbildung der Veränderungen bis schließlich nur noch Verkalkungen als Residuen nachweisbar waren. Im Verlauf positive Candida-AK, bei persisierend grenzwertigem Ag, gegen Ende der Therapie negative Candida-AK und Ag. Fazit: Die chronisch disseminierte Candidiasis ist eine seltene aber typische Komplikation einer langdauernden Granulozytopenie z.B. i.R. einer Chemotherapie und muss neben einer Aspergillose bei anhaltendem Fieber trotz KM-Erholung in die Differentialdiagnose einbezogen werden. Leber und Milz sind neben Nieren und Lungen Hauptmanifestationsorte. Die Therapie besteht aus Amphotericin B oder Fluconazol, ggf. auch neueren Antimykotika wie Caspofungin und Voriconazol über einen längeren Zeitraum. Hierunter ist die Fortführung und erfolgreiche Beendigung der notwendigen Chemotherapie möglich. DGKJ-PO-13 Atypische Scabies bei einem immunsupprimierten Patienten mit disseminiertem PNET unter Polychemotherapie Chr. Heydrich-Karsten1, A. Schrauder1, R. Fölster-Holst2, A. Claviez1, M. Schrappe1 1Universitätskinderklinik, Kiel; 2Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Kiel Einleitung: Weltweit werden jährlich etwa 300 Mio. Scabies-Erkrankungen diagnostiziert. Die Hauptrisikofaktoren stellen schlechte sozioökonomische Verhältnisse und mangelnde Hygiene dar. Die Übertragung erfolgt in der Regel durch direkten Hautkontakt. Prädilektionsstellen der Scabies sind interdigitale Räume, Handgelenke, Genitalbereich, Mamillen und die Nabelregion. Säuglinge und Kleinkinder bieten typischerweise auch Läsionen im Gesicht und behaarten Kopf. Auch immunsupprimierte Patienten neigen zu einer veränderten Lokalisation und Morphe der Effloreszenzen. Wir berichten über einen adoleszenten immunsupprimierten Patienten mit atypischer Scabies. Fallbericht: Nach 2 Zyklen VIDE-Polychemotherapie bei disseminiertem primitivem neuroektodermalen Tumor (PNET) entwickelte der 21-jährige Patient ein interdigital beginnendes, im Verlauf betontes, mäßig juckendes papulovesikulöses, teilweise lichenoides ExMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts anthem. Die Effloreszenzen breiteten sich auf das gesamte Integument einschließlich Palmae et Plantae aus, wobei die Morphe zügig von Papulovesikeln zu stark schuppenden, teilweise hyperkeratotischen Papeln wechselte. Ein Bezug zu den verabreichten Medikamenten ließ sich nicht herstellen. Bei unspezifischen Veränderungen in einer entnommenen Hautbiopsie erfolgte zunächst eine symptomatische Behandlung mit topischen Corticosteroiden (Mometasonfuroat und Unguentum lineans ãã, Methylprednisolonaceponat) mit nur mäßigem Erfolg. Ungewöhnlich war eine starke Schuppenbildung mit Betonung der Hände und Füße, die nicht mit einer Mykose vereinbar war, jedoch der typischen Hyperkeratose einer Scabies norvegica (Borkenkrätze) ähnelte. Trotz fehlendem histologischen Nachweis einer Scabies wurde aufgrund der klinischen Manifestationen eine antiscabiöse Therapie mit 5% Permethrin begonnen, die innerhalb einer Woche zur kompletten Abheilung aller Hautveränderungen führte. Schlussfolgerung: Bei immunkompetenten Patienten bereitet die Diagnosestellung einer Scabies normalerweise keine Schwierigkeiten. Immunsupprimierte Patienten weisen zusätzliche Manifestationen auf und neigen zur Ausbildung einer atypischen Scabies. Ungewöhnlich an diesem Fall war der fehlende Milbennachweis, der eigentlich nicht mit einer Scabies norvegica zu vereinbaren ist. Das prompte Ansprechen auf die mit Permethrin eingeleitete antiscabiöse Behandlung legt eine atypische Form der Scabies nahe. DGKJ-PO-14 Akut-terminale Ateminsuffizienz bei nicht bekannter akuter lymphoblastischer Leukämie O. Götz1, A. Marian1, H. Müller1 1Klinikum Kempten – Oberallgäu GmbH Kinderklinik, Kempten Einleitung: Erkrankungen der Atemwege gehören zu den häufigsten Problemen im Kindesalter. Als Ursache für eine akute Atemnot kommt eine Reihe von gut bekannten Erkrankungen in Frage. Bei der akuten lymphoblastischen Leukämie führen meist unspezifische Allgemeinsymptome zur Diagnose, nur in ca. 7% der Fälle berichten Eltern und Patienten über langsam zunehmende Atemnot. Neben pulmonalen Problemen können hier auch kardio-vaskuläre Pathologien zu ernsten Schwierigkeiten führen. Kasuistik: Wir berichten den Fall einer 2 1/12-jährigen Patientin, die nach zuhause akut aufgetretener Luftnot unter der Verdachtsdiagnose Status asthmaticus vom Notarzt in die Kinderklinik gebracht wurde. Klinisch Symptome einer obstruktiven Bronchitis seit zwei Wochen und Behandlung nach kinderärztlicher Vorgabe. Bereits während des Transportes war bei hochgradiger Dyspnoe eine Maskenbeatmung notwendig geworden, bei Aufnahme im Schockraum war das Kind bereits stark zyanotisch. Im Rahmen der Intubation Absaugen von massenhaft Sekret aus der Trachea, dabei Abfall der Herzfrequenz auf 30/min und Reanimationsbeginn mit Herzdruckmassage und Gabe von Atropin und Suprarenin. Trotz beidseits belüfteten Lungen keine ausreichende Oxygenierung, kein Anstieg der Herzfreqenz. Um eine Fehlintubation als Ursache des Nichtansprechens der Massnahmen auszuschliesen kurzzeitige Maskenbeatmung und erneute Intubation ohne Einfluss auf die Vitalparameter. Nach insgesamt 60 Minuten Einstellen der frustranen Reanimationsbemühungen bei einem arteriellen pH von 6,7. Ein post mortem angefertigtes Röntgenbild des Thorax zeigte einen riesigen Mediastinaltumor. Die Obduktion ergab die Diagnose einer TZell-ALL mit Beteiligung von Knochenmark und Thymus, sowie eine Infiltration aller parenchymatöser Organe. Ummauerung der Trachea und aller großen mediastinalen Gefäße. Deutliche Kompression beider Lungen. Diskussion: Die Differentialdiagnose der akuten Luftnot im Kindesalter umfasst eine ganze Reihe von Erkrankungen, die akute lymphoblastische Leukämie gehört primär nicht dazu. Auch wenn der initiale Verlauf bei der ALL rapide sein kann wird, wenn überhaupt, eine langsame Progredienz der Luftnot beschrieben. Unser Fall zeigt, dass im Falle des Versagens von korrekt durchgeführten Reanimationsbemü-
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hungen auch eine ungewöhnliche Ursache als Auslöser der Krise vorliegen kann. Hier war zusätzlich zur erschwerten Belüftung der Lungen durch die Kompression der mediastinalen Gefäße eine fatale Störung der hämodynamischen Situation eingetreten. Dadurch war letzendlich keine ausreichende Oxygenierung der Patientin zu erreichen. Schlussfolgerung: Entgegen vieler Beschreibungen kann auch eine nicht vorbekannte ALL zu einer perakuten respiratorischen Verschlechterung führen. Trotz lege artis durchgeführter Reanimationsmassnahmen kann in solchen Fällen eine Stabilisierung der Patienten schwierig oder gar unmöglich sein. DGKJ-PO-15 Kongenitales anaplastisches Astrozytom mit diffuser Gliomatose S. Modlich1, A. Claviez1, A. Schrauder1, A. van Baalen1, O. Jansen2, A. M. Stark3, M. Schrappe1 1Universitätskinderklinik, Kiel; 2Neuroradiologie, Kiel; 3Neurochirurgie, Kiel Einleitung: Kongenitale Hirntumoren kommen sehr selten vor. Ihr Anteil an den Tumoren des ZNS im Kindesalter beträgt 0,5–4%, entsprechend einer Inzidenz von ca. 2,9 Fälle auf 100.000 Lebendgeburten. Sie manifestieren sich meist als umschriebene Tumoren und sind damit eine mögliche Ursache eines Hydrocephalus bei Neugeborenen. Fallbericht: Wir berichten über ein Frühgeborenes mit einem Gestationsalter von 33 Wochen mit pränatal sonographisch und kernspintomographisch diagnostiziertem Hydrocephalus unklarer Ätiologie. Mehrfache Lumbalpunktionen waren nicht wegweisend. In einer Verlaufkontrolle im Alter von 3 Monaten konnte kernspintomographisch erstmals ein vorwiegend leptomeningeales Kontrastmittelenhancement mit Aquäduktstenose nachgewiesen werden. Nach endoskopischer Ventrikulostomie und Fensterung des 3. Ventrikels, wurde bioptisch unerwartet ein anaplastisches Astrozytom (WHO Grad III) diagnostiziert. Es erfolgte eine Polychemotherapie nach dem HIT SKK 2000 Therapieoptimierungsprotokoll mit zusätzlichen intraventrikulären Methotrexat-Gaben. Die Chemotherapie wurde nach 12 Wochen bei fehlendem Therapieansprechen und schlechter Verträglichkeit abgebrochen und auf eine palliative Supportivtherapie umgestellt. Diskussion: Der Fall zeigt, dass in Abwesenheit der häufigsten Ursachen eines kongenitalen Hydrocephalus (Fehlbildungen, Blutungen, Infektionen) und bei Fehlen eines umschriebenen Tumors, auch an eine diffuse Gliomatose gedacht werden sollte. Klinische Zeichen sind ein zunehmender Kopfumfang und ein steigendes Liquorprotein. Einen Hinweis auf einen malignen Prozess kann durch eine diffuse Kontrastmittelaufnahme im MRT gegeben sein. Die Prognose neonataler maligner disseminierter Hirntumoren ist ungünstig. DGKJ-PO-16 Komplizierter Harnwegsinfekt als klinische Manifestation eines Nephroblastoms bei einem 15-jährigen Mädchen F. G. Struwe1, M. Chada1, T. Langer1, J. Jüngert1, G. Staatz2, G. Schott3, W. Holter1 1Kinder- und Jugendklinik, Erlangen; 2Radiologisches Institut, Erlangen; 3Urologische Klinik, Erlangen Hintergrund: Das Nephroblastom ist ein maligner embryonaler Tumor, der typischerweise im frühen Kleinkindalter mit den Leitsymptomen große abdominelle Raumforderung, Hypertonie und Hämaturie auftritt. Wir berichten über eine 15-jährige Jugendliche, bei der ein komplizierter Harnwegsinfekt (HWI) zur Diagnose eines Nephroblastoms führte. Fallbericht: Die Jugendliche wurde ambulant nach klinischer Diagnose eines HWI mit einer Einmaldosis Fosfomycin behandelt. 14 Tage später stellte sie wieder wegen Flankenschmerzen vor. In Sonographie und MRT zeigte sich eine Raumforderung der rechten Niere. Daraufhin erfolgte die Einweisung in unsere Klinik. Wir sahen ein 15-jähriges Mädchen türkischer Abstammung in gutem Allgemeinzustand mit
unauffälligem klinischem Status. An auffälligen Laborparametern fanden sich Leukozyten: 8230/μl, 81% Neutrophile, CrP 22,3 mg/l, BKS 55/93 n. W., im Urin >100000 Leukozyten, ca. 80000 Keime, in der Urinkultur E. coli Monokultur mit intermediärer Resistenz für Amoxicillin/Clavulansäure. Die hilusnahe, verdrängend wachsende Raumforderung in der kaudalen Hälfte der rechten Niere zeigte sich morphologisch uncharakteristisch ohne Verkalkungen oder Zysten, nicht kapselüberschreitend mit einer Größe von 4×3 bis 7×3 cm. Unter der Arbeitsdiagnose xanthogranulomatöse Pyelonephritis therapierten wir 14 Tage mit Piperacillin/Tobramycin. In der Reevaluation stellte sich jedoch ein unveränderter Befund bei unauffälligem Urinstatus dar. Daher erfolgte die operative Exploration. In der Schnellschnittdiagnostik ergab sich der Verdacht auf einen malignen Tumor, daraufhin wurde die Tumornephrektomie in sano durchgeführt. Histologisch zeigte sich ein Nephroblastom vom blastemreichen Typ II mit intermediärer Malignität, kein Hilus- oder Kapseleinbruch, R0 Resektion, keine LK-Metastasen, insgesamt TU-Stadium I. Anschließend erhielt das Mädchen eine Chemotherapie mit 10 Gaben Vincristin 1,5 mg/m2KOF nach dem Therapieoptimierungsprotokoll SIOP 2001. Eine Gabe musste aufgrund einer passageren peripheren Neuropathie pausiert werden. In der Abschlussuntersuchung fand sich kein Hinweis für ein Rezidiv, eine regelrechte Funktion und Morphe der linken Niere sowie eine leicht reduzierte linksventrikuläre Verkürzungsfraktion. Diskussion: Im vorgestellten Fall erscheinen drei Dinge als ungewöhnlich: Typischerweise manifestieren sich Nephroblastome mit einer großen, schmerzlosen abdominellen Raumforderung, Hypertonie und Hämaturie; ein komplizierter Harnwegsinfekt ist eher die Ausnahme. Klassisches Manifestationsalter ist das 1.-4. Lebensjahr, 85% der Betroffenen sind <5 Jahre alt. In den meisten Fällen lässt die Klinik zusammen mit der Bildgebung eine Diagnose zu, so dass eine präoperative Chemotherapie auch ohne histologische Sicherung heute in Europa die Regel ist. Insgesamt ist auch in diesem Fall mit ca. 90% rezidivfreiem Überleben nach 5 Jahren von einer sehr guten Prognose auszugehen.
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie II DGKJ-PO-17 Invasive pulmonale Mucor- und Aspergillus Infektionen bei zwei Patienten mit akuter Leukämie F. Hauck1, G. Fitze2, Chr. Vogelberg1, I. Lauterbach1, R. Knöfler1, M. Suttorp1 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 2Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderchirurgie, Dresden Einleitung: Invasive Mykosen stellen schwere Komplikationen in der pädiatrischen Onkologie dar. Etwa 5–7% aller Episoden neutropenischen Fiebers sind auf Mykosen zurückzuführen. Zunehmend werden invasive Infektionen durch Zygomyceten und Fusarien gesehen. Morbidität und Mortalität hängen entscheidend vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und Beginn einer suffizienten antimykotischen Therapie ab. Die modernen Antimykotika (liposomales Amphotericin B, Voriconazol, Caspofungin) gelten als effektive Substanzen mit vergleichsweise milden Nebenwirkungen. Material und Methode: Retrospektive Analyse von zwei Fällen. Ergebnisse: Patient 1 (17 Jahre, M. Down, Akute Lymphatische Leukämie) entwickelte im neutropenischen Fieber 14 Tage nach Therapiebeginn (ALL-BFM 2000) eine ausgeprägte linksseitige Pneumonie mit Erguß. Die Chemotherapie wurde unterbrochen und eine Therapie mit Antibiotika, G-CSF und Fluconazol, im weiteren Verlauf mit Voriconazol, begonnen. Mittels bronchoalveoläre Lavage wurde Rhizopus spp. (Mucorales; resistent gegenüber Voriconazol) als Erreger isoliert. Nach Umsetzen auf liposomales Aphotericin B konnte eine Lungenteilresektion li. durchgeführt werden; der weitere Verlauf nach dem Zeitpunkt der Abstracteinreichung wird berichtet. Patient 2 (1 Jahr, Akute Myeloische Leukämie) entwickelte drei Monate nach Diagnose im neutropenischen Fieber (Therapie: AML-BFM 2004) unter Prophylaxe mit Diflucan eine Pneumonie in beiden Lungenoberfeldern. Bei
Anstieg der Aspergillus-Antikörper musste eine invasive Aspergillose in allen Lungenlappen diagnostiziert werden. Unter Erweiterung um Voriconazol, Caspofungin und Granulozytentransfusionen kam es zur Beatmungspflichtigkeit. Unter Ausschöpfung aller intensivmedizinischen Maßnahmen einschließlich Reanimation besserte sich der Allgemeinzustand schleichend. Aufgrund von Kavernenbildung mit nachfolgendem Spontanpneumothorax musst die Pars superior des li. Lungenlappens reseziert werden. Die Chemotherapie wurde abgebrochen und als Erhaltungstherapie mit reduzierter Dosis fortgesetzt. Diskussion: Eine prolongierte schwere Neutropenie (<500/μl, >10d) ist ein Risikofaktor für invasive Mykosen. Bei der Trisomie 21 resultiert die reduzierte Aktivierung der Transkriptionsfaktoren NFATc (1,5-fache Gendosis von DSCR1 und DYRK1A) in einem T-Zelldefekt. Dies könnte bei Patient 1 die sehr früh aufgetretene Mykose erklären. Die beschriebenen Komplikationen zwangen zur Dosisreduktion und Unterbrechung der antineoplastischen Chemotherapie. Das Erreichen von ereignisfreiem Überleben ist bei akuten Leukämien mit der applizierten Chemotherapie-Dosis korreliert, so dass von einer ungünstigeren Prognose auszugehen ist. Schlussfolgerung: Bei onkologischen Patienten mit Verdacht auf invasive Mykosen ist eine frühzeitige Diagnostik und antimykotische Therapie obligatorisch. DGKJ-PO-18 Activation of Akt predicts poor outcome in neuroblastoma D. Opel1, Chr. Poremba2, T. Simon3, K. Debatin1, S. Fulda1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm; 2Institut für Pathologie, Düsseldorf; 3Univ.Kinderklinik, Köln While aberrant activation of the PI3 K/Akt pathway, a key survival cascade, has previously been linked to poor prognosis in several human malignancies, its prognostic impact in neuroblastoma has not yet been explored. We therefore investigated the phosphorylation status of Akt, S6 ribosomal protein as target of mTOR and ERK in 116 primary neuroblastoma samples by tissue microarray and its correlation with established prognostic markers and survival outcome. Here, we provide for the first time evidence that phosphorylation of Akt at serine 473 (S473) and/or threonine 308 (T308), S6 ribosomal protein and ERK frequently occurs in primary neuroblastoma. Importantly, we identified Akt activation as a novel prognostic indicator of decreased event-free or overall survival in neuroblastoma, whereas phosphorylation of S6 ribosomal protein or ERK had no prognostic impact. Also, Akt activation correlated with parameters of aggressive disease, including MYCN amplification, 1p36 aberrations, advanced disease stage, age at diagnosis and unfavorable histology. Monitoring Akt at T308 or both phosphorylation sites improved the prognostic significance of Akt activation in neuroblastoma specimens compared to S473 phosphorylation. Parallel experiments in neuroblastoma cell lines revealed that activation of Akt by IGF-1 significantly inhibited TRAIL- or chemotherapy-induced apoptosis in a PI3K-dependent manner, since the PI3 K inhibitor LY294002 completely reversed the IGF-1-mediated protection of neuroblastoma cells from apoptosis. By demonstrating that activation of Akt correlates with poor prognosis in primary neuroblastoma in vivo and with apoptosis resistance in vitro, our findings indicate that Akt presents a clinically relevant target in neuroblastoma that warrants further investigation. DGKJ-PO-19 Oxaliplatin, Irinotecan und Gemcitabine: Neue Kombination in der Therapie fortgeschrittener, rezidivierter oder refraktärer Tumore im Kindesalter C. Hartmann1, A. Sander1, H.-J. Schmid1, Chr. Linderkamp1, L. Grigull1, P. Weinel1, K. Welte1, D. Reinhardt1 1Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover Fragestellung: Für inoperable neuroendokrine Karzinome und rezidivierte oder refraktäre andere solide Tumoren im Kindesalter gibt es Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts nur begrenzte Therapieoptionen. Um eine gleichzeitig wirksame, nebenwirkungsarme und ambulant durchführbare Therapie anzubieten, wurde eine Kombination aus Oxaliplatin, Irinotecan und Gemcitabine („Triple“-Therapie) als individuelle Heilversuche durchgeführt. Beurteilt wurden die Toxizität, die ambulante Durchführbarkeit sowie das Tumoransprechen. Oxaliplatin und Irinotecan ergänzen sich in ihren pharmakologischen Wirkmechanismen. Sie wurden bisher einzeln oder in Kombination mit Gemcitabine in der Palliativtherapie bei Erwachsenen eingesetzt. Patienten und Methode: Gruppe 1: inoperable neuroendokrine Karzinome: n=3 (12–14 Jahre bei Erstdiagnose, ED), „Triple“-Therapie als Initialtherapie. Gruppe 2: Rezidivierte/ refraktäre solide Tumore: n=5 (3–16 Jahre bei ED): Medulloblastom; Neuroblastom St. IV; desmoplastisch-kleinzelliger Tumor; pulmonal metastastasiertes Osteosarkom, Weichteilsarkom. Schema der „Triple“-Therapie: 4-Wochen Zyklus: Tag 1 Oxaliplatin 85 mg/m2 (2 h), Irinotecan 175 mg/m2 (2 h), Gemcitabine 1.000 mg/m2 (0,5 h). Tag 8 und 15 Gemcitabine 1.000 mg/m2 (0,5 h,). Appliziert wurden 4–6 Zyklen (Gruppe 1) bzw. 3–14 Zyklen (Gruppe 2). Ergebnisse: Toxizität Beide Gruppen zeigten eine geringe bis mäßige Hämatotoxizität (CTC-Grad I–III). Ein Patient (Gruppe 2) hatte eine transfusionspflichtige Thrombozytopenie und Anämie über 3 Monate trotz Dosisanpassung, zusätzliche stationäre Aufenthalte wurden nicht erforderlich. Die gastrointestinale Toxizität (Übelkeit/Durchfälle (CTC-Grad I–II)) war gut beherrschbar. Weitere Toxizitäten traten nicht auf. Tumoransprechen: Gruppe 1: Tumorregression n=1; „stable disease“ (SD; n=2); im Anschluss Hochdosistherapie (n=1), allogene Stammzelltransplantation bei gleichzeitigen Immundefekt (n=1) oder (90)YDOTATOC -Therapie (n=1). Status: SD n=1 (9+Monate), Rezidive n=2 (12 bzw. 13 Mo.), davon verstorben 1 Patient (6 Mo. nach Rezidiv). Gruppe 2: SD im Median 6 Mo. 2–14 Mo., 3 der 5 Kinder sind am Progress der Grunderkrankung verstorben (3–12 Monate nach Rezidiv). Im Einzelnen: Medulloblastom SD 6 Mo., Neuroblastom St. IV SD 5+ Mo.; desmoplastisch-kleinzelliger Tumor SD 6 Mo.; pulmonal metastastasiertes Osteosarkom SD 14 Mo., Weichteilsarkom SD 2 Mo. Diskussion: Die „Triple“-Therapie bei Kindern mit rezidivierten oder refraktären Tumoren erlaubt eine ambulante Therapie bei vertretbarer Toxizität und guter Lebensqualität. In einigen Fällen konnte ein Therapieansprechen erreicht werden, in der Regel aber zumindest der Progress der Tumorerkrankung für einige Monate verhindert werden. DGKJ-PO-20 Sensitization of neuroblastoma cells for TRAIL-induced apoptosis by NF-KappaB inhibition J. Ammann1, H. Kasperczyk1, K. Debatin1, S. Fulda1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm The transcription factor Nuclear factor-kappaB (NF-kB) plays a central role in stress-induced transcriptional activation and has been implicated in chemoresistance of cancers. Since the role of NF-kB in inducible chemoresistance of neuroblastoma has not been investigated in detail, we addressed this issue in the present study. Here, we report that the NF-kB response to different cytotoxic agents is stimulus-specific in neuroblastoma cells. While treatment with the cytotoxic ligand TRAIL or anticancer drugs, i.e. doxorubicin and VP16, induces NFkB DNA binding, cisplatin and taxol have no effect on NF-kB DNA binding even after prolonged treatment. Specific inhibition of TRAILstimulated NF-kB activation by overexpression of dominant-negative mutant IkBa-sr significantly enhances TRAIL-induced apoptosis and reduces viability of neuroblastoma cells. Similarly, blockade of NF-kB activation by a small molecule NF-kB inhibitor potentiates apoptosis in response to TRAIL treatment. In contrast, NF-kB inhibition by IkBasr has no impact on cell death of neuroblastoma cells upon doxorubicin or VP16 treatment, although NF-kB inhibition prevents doxorubicinor VP16-mediated NF-kB activation. These findings indicate that the NF-kB response is stimulus-specific in neuroblastoma cells. Thus, NF-
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kB inhibitors may open new perspectives to potentiate TRAIL-based regimens in neuroblastoma, which has important clinical implications for the design of novel treatment strategies. DGKJ-PO-21 Subakute Methotrexat-Neurotoxizität nach intravenöser und intrathekaler Methotrexat-Gabe in der pädiatrischen Onkologie M. Windelberg1, S. Buchen1, G. Fleischhack1, A. Simon1, U. Bode1 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Fragestellung: Methotrexat (MTX) ist ein Folsäureantimetabolit, der eine wesentliche Rolle in der Behandlung verschiedener maligner Erkrankungen im Kindesalter spielt. Die Gabe von MTX kann mit einer akuten, subakuten oder chronischen Neurotoxizität assoziiert sein. Wir berichten über pädiatrische Patienten, die nach intravenöser und/oder intrathekaler MTX-Gabe Zeichen von Neurotoxizität aufwiesen. Material und Methode: Insgesamt 6 Patienten im Alter von 7 bis 16 Jahren mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL, n=3), T-ZellLymphom (NHL, n=1) oder Osteosarkom (n=2), die im Rahmen des jeweiligen Studienprotokolls 5000 mg/m2 KOF/24 h (AML-BFM 2000, Euro-LB-Studie) bzw. 12000 mg/m2 KOF/4 h (COSS-Studie) MTX intravenös und/oder 12 mg MTX intrathekal erhielten, wiesen nach der Gabe bei unauffälliger MTX-Ausscheidung subakut unterschiedliche Zeichen einer Neurotoxizität auf. 5 der 6 Patienten entwickelten 9–13 Tage nach der Gabe eine Schlaganfall-ähnliche Symptomatik mit Hemiparese und Facialisparese (n=5), Dysarthrie (n=5), Aphasie (n=2), Hypoglossusparese und Dysphagie (n=2) sowie Agitation (n=1). Sämtliche Symptome waren nach spätestens 36 Stunden vollständig reversibel. Ein Patient mit einem Osteosarkom entwickelte wenige Tage nach intravenöser Applikation Desorientiertheit, Tachykardie, Somnolenz und starren Blick. Die Symptomatik besserte sich im Verlauf einer Woche. 5 der 6 Patienten hatten zuvor mindestens 4 intrathekale und bis zu 2 intravenöse MTX-Gaben erhalten ohne Zeichen der Neurotoxizität. Bei allen 6 Patienten wurde während des Ereignisses ein MRT durchgeführt. 2 der 6 Patienten erhielten daraufhin versuchsweise Theophyllin (5 mg/kg KG) intravenös. Bei allen Patienten mit fokal neurologischen Ausfällen wurde die Therapie mit MTX im Anschluss fortgesetzt. Bei 4 dieser 5 Patienten kam es 10 Tage nach erneuter MTX-Gabe erneut zum Auftreten fokal neurologischer Symptome, die ebenfalls spontan reversibel waren. Im Verlauf zeigte sich bei Fortführung der intrathekalen MTX-Gaben jedoch keine erneute Neurotoxizität. Ergebnis: Bei allen Patienten fanden sich in der MRT-Bildgebung im Niveau des Centrum semiovale eine meist beidseitige (n=5) Diffusionsstörung mit erniedrigtem Diffusionskoeffizienten im diffusionsgewichteten Bild, vereinbar mit einer medikamentös-toxischen Reaktion. Die Behandlung mit Theophyllin führte bei einer Patientin unmittelbar nach der Gabe zu einer leichten Besserung der Symptome. Schlussfolgerung: Die subakute MTX-Neurotoxizität trat sowohl nach intravenöser wie auch nach intrathekaler MTX-Gabe auf und war bei allen Patienten vollständig reversibel. Die Therapie konnte bei 3 der 6 Patienten ohne Dosisreduktion fortgesetzt werden. DGKJ-PO-22 Informationsnetzwerk für besonders seltene Tumoren im Kindesund Jugendalter D. T. Schneider1, I. Brecht2 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin,A. G. Seltene Tumoren, Dortmund; 2Olgahospital Päd. Zentrum, Stuttgart Im Kindes- und Jugendalter sind bis zu 5% der Tumorerkrankungen den besonders seltenen Tumoren zuzurechnen. Aufgrund ihrer Seltenheit bestehen oft Schwierigkeiten in der Diagnosestellung. Ebenso sind standardisierte Therapieempfehlungen meist nicht verfügbar, so dass diese Patienten nicht der optimalen Behandlung zugeführt werden. Darüber hinaus ergeben sich bei jugendlichen Patienten zusätzliche
Schwierigkeiten in der Schnittstelle zur Erwachsenenmedizin. Hier sind mitunter Unterschiede in der Tumorbiologie (z.B. eine Assoziation mit einer hereditär bedingten Prädisposition) in Abhängigkeit vom Erkrankungsalter zu berücksichtigen. 2005 hat sich daher innerhalb der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) eine Arbeitsgruppe für seltene Tumoren konstituiert, die 2006 ein Konzept für den Aufbau eines Informationsportals für seltene Tumoren entworfen hat, das hier vorgestellt wird. Primäres Ziel ist es, eine mit modernen Mitteln der Kommunikation erreichbare und nach außen sichtbare Plattform zu schaffen, die für Anfragen von Patienten oder behandelnden Kliniken zur Verfügung steht. Die Vermittlung von konsiliarischen Kontakten an Kompetenzzentren (z.B. für diagnostische Fragestellungen das Tumorregister Kiel und für therapeutische Fragen die Studienzentralen der Therapieoptimierungsstudien bzw. Kliniken mit spezifischer Erfahrung für eine bestimmte Erkrankung) soll die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit seltenen Tumorerkrankungen erleichtern. In einem weiteren Schritt werden auf der Grundlage einer zentralen Datenerhebung standardisierte Empfehlungen bezüglich Diagnostik und Therapie bei bestimmten seltenen Tumorentitäten (Karzinome, maligne Melanome) erarbeitet. Diesen Zielen dienen: • die Entwicklung einer standardisierten Datenbank für Kasuistiken seltener Erkrankungen (anonymisiert und nach Einverständnis), • der Aufbau einer Literaturdatenbank für seltene Tumorerkrankungen, • online zugängliche krankheitsspezifische Informationen, • ein standardisiertes und regelmäßiges Umfragesystem (analog zu dem ESPED Erhebungssystem) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderkrebsregister, um die epidemiologische Erfassung der seltenen Tumorerkrankungen zu optimieren, • sowie die internationale Vernetzung mit anderen Arbeitsgruppen zu seltenen Tumoren. Die o.g. Informationen werden im Informationsportal vorgehalten. Es soll hierdurch ein knowledge-based System für seltene Tumorerkrankungen entstehen. Über die Einbindung des BioCase Projektes des KPOH werden zudem wissenschaftliche molekularbiologische Forschungsprojekte ermöglicht, die neue Erkenntnisse zur Ätiologie, Diagnostik und Therapie liefern werden.
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie III DGKJ-PO-23 PI3 K inhibition, but not inhibition of mTOR sensitizes glioblastoma cells for death receptor- or chemotherapy-induced apoptosis D. Opel1, A. Westhoff1, J. Seidel1, K. Debatin1, S. Fulda1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm Activation of the PI3 K/Akt/mTOR pathway has recently been reported to correlate with increasing tumour grade, decreased apoptosis and adverse clinical outcome in human malignant glioma in vivo. However, the therapeutic potential of targeting the PI3 K/Akt/mTOR cascade by kinase inhibitors for apoptosis sensitization of malignant glioma has not yet been investigated in detail. Here, we report that inhibition of PI3 K by LY294002 significantly sensitized glioblastoma cells for death receptor triggering via TRAIL or agonistic anti-CD95 antibodies as well as for several anticancer drugs, e.g. Doxorubicin, Taxol, Vincristin and VP16. In contrast to PI3 K inhibition, blockade of mTOR by RAD001 or rapamycin or inhibition of MEK by UO126 did not significantly alter the sensitivity of glioblastoma cells for TRAIL- or Doxorubicin-induced apoptosis. Analysis of apoptosis pathways revealed that inhibition of PI3 K resulted in downregulation of antiapoptotic proteins such as FLIPs, XIAP, cIAP2 and survivin and cooperated with TRAIL or Doxorubicin to trigger loss of mitochondrial membrane potential, release of cytochrome c from mitochondria and full activation of the caspase cascade. Inhibition of caspases by the broad range caspase inhibitor zVAD.fmk completely abolished apoptosis in response to combined
treatment with LY294002 and TRAIL or Doxorubicin, indicating that apoptosis occurred in a caspase-dependent manner. Most importantly, PI3 K inhibition by LY294002 or by small molecule inhibitors of the PI3 K subunit p110alpha significantly enhanced TRAIL- or chemotherapy-induced cytotoxicity in patients’ derived, primary glioblastoma cells. By demonstrating that inhibition of PI3 K significantly enhanced both death receptor- and anticancer drug-induced apoptosis in glioblastoma cell lines and also in primary glioblastoma cells, our findings have important implications for the development of novel treatment strategies in glioma therapy. Thus, PI3 K inhibitors represent a promising approach to enhance the antitumor activity of TRAIL or chemotherapy in glioblastoma. DGKJ-PO-24 Transientes myeloproliferatives Syndrom: Relevanz der Detektion der GATA1 Mutation D. Reinhardt1, A. Sauerbrey2, P. Arnulf3, K. Reinhardt1 1Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover; 2Klinikum Erfurt GmbH Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Erfurt; 3Klinikum Bremen-Mitte gGmbH Kinderklinik Prof. Hess, Bremen Einleitung: Bei etwa 10% der Kinder mit Trisomie 21 wird im Neugeborenenalter ein transientes myeloproliferatives Syndrom (TMD) diagnostiziert. Die Diagnose basiert auf dem morphologischen und immunophänotypischen Nachweis megakaryoblastärer Zellen im peripheren Blut oder Knochenmark. Schwierig ist die Abgrenzung von Säuglingsleukämien, häufig ebenfalls mit einem megakaryoblastären Phänotyp, bei Kindern ohne Down Syndrom, da das TMD auch bei Kindern mit Trisomie 21 Mosaik auftreten kann. Vor wenigen Jahren wurden beim TMD und der Myeloischen Leukämie bei Kindern mit Down Syndrom (ML-DS) spezifische Mutationen in hämatopoetischen Transkriptionsfaktor GATA1 nachgewiesen, die in einem trunkierten GATA1s resultieren. Methoden: DNA-Sequenzierung der Exons 2 und ggf. 3 aus dem gereinigten PCR-Produkt. Bei niedrigem Blastenanteil erfolgte entweder eine Anreicherung mittels Sorting oder die primäre Analyse mittels DHPLC. Patienten: Drei Säuglinge, alle reifgeboren und ohne auffällige Stigmata, wurden in den ersten Lebenswochen klinisch symptomatisch (◉ Tab.). Im Knochenmark wurden in allen Fällen megakaryoblastären Zellen (Morphologie: akute megakaryoblastäre Leukämie, FAB M7, Immunphänotyp: CD34/CD117/CD13/CD33/CD7/CD56/ CD36/ CD42b) nachgewiesen. Um ein TMD bei Down Syndrom Mosaik auszuschließen, erfolgte die Analyse von GATA1. Ergebnisse: Bei allen drei Kindern wurden typische GATA1-Mutation nachgewiesen (◉ Tab.). Somit wurde keine intensive antileukämische Therapie eingeleitet. Aufgrund der klinischen Symptomatik erhielten 2 Kinder niedrig-dosiertes Cytarabin (1 mg/kg 5–7 Tage). Alle Kinder erreichten im weiteren Verlauf eine vollständige Remission. Der Verdacht eines Trisomie 21 Mosaik konnte in allen Fällen durch die Karyotypisierung von Fibroblasten bzw. hämatopoetischen Zellen bestätigt werden.
Schlussfolgerungen: Bei allen Säuglingen mit einer megakaryoblastären Leukämie sollte nach einer GATA1-Mutation gesucht werden, um ein TMD bei Trisomie 21 Mosaik auszuschließen. Im AML-BFM ReMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts ferenzlabor konnten bislang bei mehr als 90% der Kinder mit Trisomie 21 und TMD bzw. ML-DS eine GATA1 Mutation nachgewiesen werden. Zudem besteht, wie bei allen Kindern mit TMD, ein 20–30% Risiko, innerhalb der ersten drei Lebensjahre eine myeloischen Leukämie zu entwickeln. Möglicherweise könnte dieses Risiko durch eine gezielte Therapie mit niedrigdosiertem Cytarabin, kontrolliert durch die spezifische Diagnostik der minimalen Resterkrankung, vermindert werden (==>„Prävention der myeloischen Leukämien bei Kindern mit Down Syndrom und transient-myeloproliferativem Syndrom (TMD)“, EudraCT 2006–002962–20, DFG RE 2580/1–1). DGKJ-PO-25 Kutane Mucormykose bei einem immunsupprimierten Patienten B. Becker1, B. Ganster1, H.-P. Seidl2, F. Schuster3, I. Schmid1 1Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Dr. v. Haunersches Kinderspital an der LMU München, München; 2Mykologische Abteilung, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der TU-München, München; 3Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und -Immunologie, Universitätskinderklinik Düsseldorf, Düsseldorf Ein 13-jähriger Junge, der aufgrund einer akuten lymphatischen Leukämie Chemotherapie erhielt, stürzte in einem leergepumpten Teich. Zuerst war keine Verletzung sichtbar, am nächsten Tag zeigte sich jedoch eine schmerzlose Läsion am linken Unterschenkel. Die Effloreszenz hatte zu Beginn einen Durchmesser von 1 cm, bei Vorstellung in unserer Klinik, 5 Tage nach dem Sturz, maß sie bereits 8,5×5,0 cm, war livide verfärbt und schmerzhaft. Zum Zeitpunkt des Sturzes nahm der Junge oral Steroide ein und befand sich in einer neutropenischen Phase, da er 7 Tage zuvor einen Chemotherapieblock intravenös verabreicht bekommen hatte (Vincristin, Doxorubicin, PEG-Asparaginase). Wir begannen sofort mit einer antibiotischen Therapie (Ceftazidim, Tobramycin, Clindamycin), die bei beginnendem Fieber 8 Tage nach dem Unfall um Teicoplanin und Ciprofloxacin erweitert wurde. Alle abgenommenen Blutkulturen blieben steril. Die Wunde wurde verbunden und feucht gehalten, die Steroidtherapie unterbrochen und die anstehende Chemotherapie verschoben. Am 9. Tag bildete sich eine Blase an der Wunde, die sich an Tag 12 eröffnete. Ein durchgeführter Wundabstrich zeigte Wachstum von Absidia corymbifera, einer Mucorales Spezies aus der Klasse der Zygomyceten. Eine antimykotische Therapie mit liposomalem Amphotericin B wurde sofort begonnen. Zur endgültigen Heilung war jedoch eine chirurgische Intervention notwendig. Die Läsion wurde an Tag 17 ausgeschabt und 3 Tage später mit einem Spalthaut-Transplantat vom Oberschenkel versorgt. Die Wunde verheilte gut und der Junge konnte 28 Tage nach dem Sturz entlassen werden. Die Amphotericin-B-Therapie wurde zugunsten eines prophylaktischen Regimes verändert, das bis zur Beendigung der intravenösen Chemotherapie durchgeführt wurde. 24 Monate nach dem Ereignis kam es bisher nicht zu einem erneuten Auftreten einer lokalen oder systemischen Pilzinfektion, die Leukämie ist in kompletter Remission. DGKJ-PO-26 Modifizierte SDS-Page-Analyse der Nierenfunktion pädiatrischonkologischer Patienten nach Beendigung der Chemotherapie R. Mertens1, K. Probst1, L. Lassay1, H. Melzer2, H. Mann2 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinik der RWTH Aachen, Aachen; 2Innere Medizin II, Universitätsklinik der RWTH Aachen, Aachen Einleitung: Die Heilungschancen der pädiatrisch onkologischen Patienten sind in den letzten, 30 Jahren durch den Einsatz kombinierter Behandlungsmaßnahmen erheblich verbessert worden. Bei der guten Prognose der Krebserkrankung im Kindesalter müssen unerwünschte, möglicherweise auch vermeidbaren Spätschäden besondere Beachtung finden. Die Nephrotoxizität ist eine bekannte durch Zytostatika verursachte Nebenwirkung, die manchmal irreversibel verlaufen kann. Material und Methode: 129 Urinproben von 79 Kindern und Jugend-
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lichen mit malignen Erkrankung, bei denen die Krebsbehandlung im Mittel 8,25 Jahre (Min. 1,8, Max. 21,6 Jahre) zurückliegt, wurden mittels der SDS-PAGE (Sodium-dodecylsulfat-Polyacrylamid-Gradientengelelektrophorese) auf glomeruläre oder tubulo-interstitielle Nierenschäden untersucht. Bezogen auf die vorausgegangenen therapeutischen Maßnahmen wurden die Patienten in vier Gruppen eingeteilt: 1.) ALL/ B-NHL, 2.) Nephroblastome. In den Gruppen 3 und 4 befanden sich Patienten mit verschiedenen onkologischen Erkrankungen, die mit nephrotoxischen Zytostatika, z.B. Ifosfamid und/oder Cisplatin behandelt wurden. Ergebnisse: Im gesamten Patientenkollektiv wiesen 55,7% der Kinder einen Normalbefund auf. Bei den Leukämie- und NHL-Patienten wurden in 30% der Fälle oft reversible Nierenfunktionseinschränkungen beobachtet. Schwere glomeruläre Schäden treten bei 8 % der Leukämie- bzw. NHL-Patienten auf. In der Gruppe der Wilmstumor-patienten beträgt der Anteil mit einer gemischten Proteinurie 70%. Ifosfamid verursacht eine dosisabhänige nephrotoxische Schädigung. Bei kumulativen Dosen von >12 g Ifosfamid/m2 KOF muss mit bleibenden Nierenfunktionseinschränkungen gerechnet werden. Das Alter der Patienten unter Therapie hat keinen Einfluss auf die Inzidenz und den Schweregrad der Nierenschädigung. Schlussfolgerung: Leichte renale Schädigungen sind meist reversibel. Schwere gemischt glomerulär-tubuläre Schädigungen sind dagegen im weiteren Verlauf meistens progredient und irreversibel. Die modifizierte SDS-Page Analyse ist eine nicht invasive Methode, die eine reproduzierbare Verlaufsbeobachtung tubulärer und glomerulärer Nierenschädigungen erlaubt. Sie ist der Bestimmungen einzelner Markerprotein überlegen DGKJ-PO-27 Apoptose regulatorischer T-Zellen (Treg): Mechanismus der Homeostase der Treg-Zellzahl und Verlust von Treg in Hautläsionen bei kutanem T-Zelllymphom und kutanem Lupus Erythematosus B. Fritzsching1, B. Franz2, N. Oberle3, E. Pauly1, A. Riehl3, J. Sykora4, C. D. Klemke5, J. Pöschl1, P. H. Krammer3, A. Kuhn3, E. Suri-Payer3 1Kinderklinik, Klinikum d.Ruprecht-Karl-Universität, Heidelberg; 2Dana-Farber Cancer Institute, Harvard Medical School, Boston, USA; 3Abteilung für Immungenetik, Tumorimmunologie, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg; 4Medizinische Klinik, Klinikum d. Ruprecht-Karl-Universität, Heidelberg; 5Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Mannheim-Heidelberg, Mannheim CD4+CD25+FOXP3+ regulatorische T-Zellen (Treg) sind immunsuppressive T-Zellen, die bei kindlichen Autoimmunerkrankungen in reduzierter Zahl im peripheren Blut beobachtet werden. Wir haben kürzlich die ausgeprägte Sensitivität von aktivierten Treg gegenüber der CD95L-vermittelten Apoptose als einen solchen potenziellen Mechanismus identifiziert (1). Jedoch bleibt eine kleine Treg Subpopulation apoptoseresistent. Gen-Microarray-Analysen und 6-FarbenFACS-Analysen zeigten, dass diese apoptoseresistenten Treg einen naïven T-Zellphänotyp aufweisen. Die Bedeutung dieser Beobachtung für die Homeostase der Treg- Zellzahl wurde bei kutanen Läsionen des T-Zelllymphoms und kutanem Lupus Erythematosus analysiert. Im Unterschied zu anderen entzündlichen Hauterkrankungen fand sich beim kutanen Lupus und bei der systemischen Variante des TZelllymphoms, dem Sezary-Syndrom, ein signifikanter Treg-Verlust. Basierend auf der unterschiedlichen Apoptosesensitivität naïver und aktivierter Treg präsentieren wir eine neue Hypothese für den intrakutanen Treg-Verlust. Literatur (1)Fritzsching et al., Cutting Edge, J. Immunology. 2005 Jul 1; 175(1):32–6
DGKJ-PO-28 Homozygote Deletion der benachbarten Gene GPIbβ und SEPT5 bei einem Jungen mit Bernard-Soulier Syndrom und Entwicklungsretardierung: Ein neues Syndrom? I. Hainmann1, I. Bartsch1, S. Bläser1, F. Lanza2, P. Nurden3, A. Busse1, A. Pavlova4, J. Oldenburg4, A. Superti-Furga1, B. Zieger1 1Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 2Etablissement Francais du Sang-Alsace, INSERM U.311, Strasbourg, Frankreich; 3Institut Federatif de Recherche 4, Hopital Cardiologique, Pessac, Frankreich; 4Institut f. Exp. Hämatologie u. Transfusionsmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn Einleitung: Das Bernard-Soulier Syndrom ist eine rezessive Erkrankung, die durch das Vorliegen einer Blutungsneigung in Kombination mit Riesenthrombozyten gekennzeichnet ist. Das Bernard-Soulier Syndrom wird durch Mutationen in den Genen des thrombozytären Glykoprotein Ib/IX/V-Komplexes ausgelöst. Das Gen SEPT5 liegt direkt 5’ des Gens der GPIbβ-Untereinheit des GPIb/IX/V-Komplexes. SEPT5 kodiert für das GTP-bindende Protein Sept5, das zur Gruppe der Septine gehört. Septine sind in postmitotischen Zellen (z.B. Thrombozyten und Neuronen) in Exozytose, Vesikeltransport und aktiven Membrantransport involviert. Sept5 hat eine hohe Expression in Hirngewebe und in Thrombozyten. Thrombozyten einer Sept5 Knockout-Maus zeigen eine veränderte Serotoninsekretion und Thrombozytenaggregation. Kasuistik: Ein 4-jähriger entwicklungsretardierter Junge erlitt im Rahmen respiratorischer Infekte mehrere lebensbedrohliche Schleimhautblutungen. Beim Patienten fanden sich Riesenthrombozyten und eine reduzierte Thrombozytenaggregation nach Stimulation mit Ristocetin, sodass die Diagnose Bernard-Soulier Syndrom gestellt wurde. Immun transmissions Elektronenmikroskopie ergab eine reduzierte Expression von GPIb auf Thrombozyten. Mittels PCR und Southern Analyse konnte eine Deletion von Exon 1 und teilweise Exon 2 des GPIbβ Genes auf beiden Allelen nachgewiesen werden. Überraschenderweise kartierte sich der 5’-gelegene Bruchpunkt der Deletion auf einen Bereich vor Exon 1 des GPIbβ Genes. Es zeigte sich, dass die Deletion neben GPIbβ auch das gesamte 5’gelegene SEPT5 Gen einschloss. Therapeutisch erhielt der Patient eine allogene Knochenmarktransplantation. Danach sistierte die Blutungssymptomatik. Schlussfolgerungen: Die ungewöhnliche Kombination von BernardSoulier Syndrom und mentaler Retardierung könnte durch die funktionelle Inaktivierung der beiden benachbarten Gene hervorgerufen werden und somit eine neues „contiguous-gene syndrome“ darstellen. Die Beteiligung der SEPT5-Deletion an der ausgesprochen schweren Blutungssymptomatik und an der mentalen Retardierung muss noch bewiesen werden. DGKJ-PO-29 Subdurale Hygrome als seltene Ursache postpunktioneller Kopfschmerzen bei ALL / NHL – Chemotherapie L. Lassay1, R. Mertens1, N. Wagner1 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Patienten mit ALL oder NHL, die gemäß den BFM – Protokollen behandelt werden, erhalten regelmäßig prophylaktische intrathekale Zytostatikagaben (Methotrexat). Postpunktionelle Kopf- und Rükkenschmerzen werden dabei häufiger von Jugendlichen als von Kleinkindern angegeben, erfordern gelegentlich eine Analgesie, sind aber in der Regel innerhalb einer Woche rückläufig. Wir berichten über zwei Patienten mit über mehr als 8 Tage persistierenden erheblichen Beschwerden, die Anlaß zu weiterer Abklärung gaben. Kasuistik 1: Eine 16jährige Patientin wurde im Rahmen der ALL Erstdiagnostik komplikationslos lumbalpunktiert. Die Thrombozytenzahl zum Zeitpunkt der Punktion betrug 40G/l, der Gerinnungstatus war unauffällig. Ab dem Folgetag klagte die Patienten über eine Woche über stärkste Analgetika-refraktäre Kopfschmerzen,die schließlich Anlass zur Durchführung einer Computertomographie gaben. Diese
zeigte die ein subdurales Hygrom mit Einblutung über der rechten Hemisphäre . Nach vorübergehender Unterbrechung der intrathekalen MTX -Prophylaxe erfolgte am Tag 19 eine weitere LP, in deren Folge erneut starke Kopfschmerzen auftraten, die cerebrale Bildgebung zeigte nun ebenfalls über der linken Hemisphäre ein eingeblutetes Hygrom. Der Befund war nicht operationsbedürftig; im Protokoll I wurde auf weitere Punktionen verzichtet.; die Lumbalpunktionen im Protokoll M konnten komplikationslos erfolgen. Kasuistik 2: Der 14 jährige Patient wurde bei mediastinalem T – NHL im Rahmen der intrathekalen Chemotherapie im Protokoll I Phase zweimalig lumbalpunktiert. Während der gesamten Phase 1 klagte der Junge über Kopfschmerzen, die jeweils nach den Punktionen an Intensität zunahmen . Eine MRT– Diagnostik an Tag 36 zeigte auch bei diesem Patienten ausgedehnte beidseitige Hygrome mit blutiger Imbibierung. Auch hier waren Thrombozytenzahl und Gerinnungsstatus zu den Punktionszeitpunkten regelrecht. Bei Zunahme des linksseitigen Hygroms mit Entwicklung eines raumfordernden Effekts musste schließlich eine operative Ausräumung erfolgen. Anstelle weiterer intrathekaler Zytostatikagaben erfolgte bei dem Patienten eine Bestrahlung zur ZNS – Prophylaxe. Über das Auftreten postpunktioneller subduraler Hygrome oder Hämorrhagien wird in der Literatur vereinzelt berichtet. Der Entstehungsmechanismus ist ungeklärt, am ehesten wird ein durch die Liquorentnahme entstehender Unterdruck verantwortlich gemacht . Ein Zusammenhang mit einer Thrombozytopenie oder einer plasmatischen Gerinnungsstörung wurde nicht gefunden. Über die tatsächliche Inzidenz dieser Komplikation kann keine Aussage gemacht werden, da Kopfschmerzen nach Punktion häufig beschrieben werden, aber nur selten eine Bildgebung veranlasst wird. Bei ungewöhnlich lange anhaltenden oder ausgeprägten Beschwerden sollte deshalb an diese Komplikation gedacht werden, da im Einzelfall auch eine neurochirurgische Intervention erforderlich werden kann. DGKJ-PO-30 Abdominelles Lipoblastom, maskiert durch Aszites bei nephrotischem Syndrom A. Stienen1, L. Lassay1, G. Steinau2, H. Schubert3, N. Wagner1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Chirurgische Klinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen (Aachen), Aachen; 3Klinik für Radiologische Diagnostik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Wir berichten über eine 2 8/12 Jahre alte Patientin, die uns aufgrund eines ausladenden Abdomens sowie Ödemen der Lider und Extremitäten vorgestellt wurde. Seit dem Vortag habe das Mädchen weniger ausgeschieden, zudem sei eine Gewichtszunahme von 3 kg aufgefallen. In der Anamnese fand sich eine Enteritis vor einigen Wochen. Das Abdomen war bei der Aufnahme ausladend, klinisch deutlicher Aszites nachweisbar. Keine tastbare Hepatosplenomegalie. Der kardiale und neurologische Status waren unauffällig. Laborchemisch bestand die typische Konstellation eines nephrotischen Syndroms mit Hypoproteinämie, Hypalbuminämie (Protein 35 g/l, Albumin 14 g/l). AT-III und Gamma-Globuline erniedrigt, Erhöhung der Triglyceride. Eiweißausscheidung in 24 Stunden 30,7 g/l. Sonographisch keine Pleuraergüsse, viel Aszites, akzentuierte kortikomedulläre Differenzierung der Nieren, keine Mittelechospaltung. Nach Diagnose eines nephrotischen Syndroms wurde die Therapie mit Prednison 60 mg/m2 Körperoberfläche/ die und Flüssigkeitsrestriktion begonnen. Zusätzlich erfolgte eine diuretische Therapie und intermittierende Gabe von Humanalbumin bei zunehmendem Aszites. Nach Ansprechen auf die Therapie mit deutlichem Rückgang der peripheren Ödeme fiel klinisch das persistierend ausladende Abdomen auf, sodass eine erneute Sonographie erfolgte, die jetzt eine riesige, nahezu das gesamte Hemiabdomen einnehmende Raumforderung zeigte, die sich homogen, fettgewebsisoechogen darstellte und die parenchymatösen Organe sowie Darmstrukturen verlagerte. Im CT des Abdomens stellte sich die Raumforderung als fettisodenser Tumor dar, beginnend am Harnblasendach bis zum Unterrand Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts des linken Leberlappens reichend. Bei der Operation wurde ein 1,2 kg schwerer Tumor komplikationslos entfernt. Die histologische Beurteilung zeigte einen hochdifferenzierten lipomatösen Tumor des SigmaMesenteriums im Sinne eines vollständig ausgereiften Lipoblastoms. Der postoperative Verlauf war unkompliziert, und die Behandlung des nephrotischen Syndroms konnte planmäßig durchgeführt werden. Lipome sind gutartige Tumoren, die sich von den reifen Fettzellen herleiten und ausschließlich bei jüngeren Kindern auftreten. Sie kommen meist im subkutanen Fettgewebe, gelegentlich auch intramuskulär vor. Der Tumor hat eine sehr gute Prognose, wenn er vollständig entfernt wird, obwohl er lokal invasiv und schnell wachsen kann.
Pädiatrische Gastroenterologie I DGKJ-PO-31 Zurückgezogen DGKJ-PO-32 Epidemiologie der Rotavirus-Gastroenteritis in Deutschland: Erste Ergebnisse einer Krankenhaussurveillance (SHRIK-Studie) J. Forster1, U. Wahn2, R. Berner3, M. Soriano-Gabarró4 1St Josefs-Krankenhaus Kinderabteilung St. Hedwig, Freiburg; 2Charité, Otto-Heubner-Centrum für Kinder- und Jugendmedizin, Berlin; 3Universitäts – Kinderklinik, Freiburg; 4GlaxoSmithKline Biologicals, Rixensart, Belgien Fragestellung: Rotaviren (RV) sind auch in Deutschland eine verbreitete Ursache akuter Gastroenteritiden (AGE). Die Krankheitslast durch RV-AGE lässt sich aber nur bedingt durch bislang verfügbare epidemiologische Studien oder Statistiken abschätzen. Ziel der Studie war, den Anteil der RV-AGE an allen hospitalisierten oder in der Notfallambulanz behandelten AGE sowie die Serotypenverteilung zu schätzen. Material und Methode: In 3 Kliniken in Berlin und Freiburg (2) wurden prospektiv alle Kinder unter 5 Jahren, die in der Notfallambulanz (ER) behandelt oder stationär wegen ambulant erworbener AGE aufgenommen wurden, erfasst. AGE war definiert als Durchfall (>2 lockere Stuhlgänge in 24 Stunden) für weniger als 14 Tage vor der Aufnahme in die Studie. RV-AGE wurde mittels ELISA nachgewiesen. Die Ergebnisse werden für die ATP-Kohorte dargestellt, d.h. für die Patienten mit vorliegendem ELISA. Die Studie fand zwischen Februar 2005 und August 2006 statt. Sie ist Teil der multizentrischen, Multiländer-Studie SHRIK (Surveillance for Hospitalized Rotavirus Infections in Kids). Ergebnisse: 957 Kinder (30,6% im ER) wurden erfasst (gesamte Kohorte). Für 899 (93,9%) wurden Stuhlproben untersucht (ATP-Kohorte). Ein Anteil von 41,0% Fällen (95%-Konfidenzintervall: [35,2%;47,0%]) im ER und von 61,2% der stationären Fällen (95%-Konfidenzintervall: [57,2%;65,0%]) waren RV-AGE. Die Altersverteilung der Fälle war: 15,3% (0–5 Monate), 26,9% (6–11 Monate), 33,0% (12–23 Monate), 14,4% (24–35 Monate), 5,7% (36–47 Monate) und 4,7% (48–59 Monate). Die Verteilung der Serotypen war: 53,9% (G1P[8]), 17,8% (G4P[8]), 15,5% (G9P[8]), 7,6% (G3P[4]), 1,2% (G2P[4]) und 4,1% (andere, auch gemischt). Diskussion: In der vorliegenden Untersuchung ist der Anteil der Rotaviren an ambulant erworbenen, hospitalisierten AGE deutlich höher als in älteren Studien wie der RoMoD-Studie (1997/1998, 41% RV-AGE, Ehlken et al. 2002) oder auch der Krankenhausstatistik (mit 22% RV-AGE, 76% ohne Erregerbezeichung) und konsistent mit der Größenordnung einer neueren Untersuchung aus dem Raum Rostock (2004/2005, 65%, Van Damme et al. 2007)). Bei durchschnittlich 57.500 hospitalisierten AGE in Deutschland bei Kindern unter 5 Jahren, kann damit von 35.200 RV-AGE ausgegangen werden. Im Vergleich zu vorherigen Studien (1997/1998 Ehlken et al. 2002; 2001/2002 Oh et al. 2003) ist G1 zwar noch immer der häufigste Serotyp, die Serotypen G4 und G9 spielen aber eine größer werdende Rolle.
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Schlussfolgerungen: Rotaviren sind der wichtigste Erreger ambulant erworbener, hospitalisierter Gastroenteritiden sowie in der Notfallambulanz. Am häufigsten sind Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Das Spektrum der Serotypen hat sich in den vergangenen Jahren verschoben. Die nachgewiesene hohe Krankheitslast durch RVAGE verdeutlicht die große Bedeutung der Möglichkeit zur Prävention durch Impfung. DGKJ-PO-33 Persistierendes Postenteritis-Syndrom bei einem 10 Wochen alten Säugling: Folge iatrogener Fehlernährung! M. K. Bernhard1, L. Vogler2, R. Pfäffle1 1Universitätskinderklinik, Leipzig; 2Kinderhospital, Osnabrück Die Vielzahl gastrointestinaler Erkrankungen, die zu chronischer Diarrhoe im Säuglingsalter führen können, stellt den Pädiater gelegentlich vor eine schwierige diagnostische und therapeutische Herausforderung. Fallbericht: Ein 10 Wochen alter vollgestillter Säugling wurde mit einer schweren, akuten Enteritis vorgestellt, die zunächst eine vollständige parenterale Ernährung erforderte. Nach mehrfachem Misslingen oraler Realimentation mit Reisschleim, Muttermilch und Eiweißhydrolysaten und erneuter intermittierender parenteraler Ernährung wurde eine umfangreiche und teils invasive Diagnostik begonnen. Es ergab sich daraus kein Anhalt für eine infektiöse oder organische Ursache der Durchfälle beziehungsweise primäre Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Nach mehreren erneuten, gescheiterten oralen Ernährungsversuchen führte erst eine kontinuierliche, schrittweise Steigerung der oralen Nahrungsaufnahme um wenige Milliliter Gesamtmenge täglich über fünf Wochen mit dem Eiweißhydrolysat Pregomin® zu einer Beendigung der Durchfälle. Der Säugling konnte nach insgesamt fünf Monaten stationären Aufenthaltes in gutem Allgemein- und altersgemäßem Entwicklungsstand nach Hause entlassen werden. Diskussion: Wir postulieren retrospektiv, dass das Kind an einem schweren Postenteritis-Syndrom litt, das durch zu große Nahrungsmenge und zu schnelle Steigerung der Nahrung iatrogen unterhalten wurde. Einerseits kann bei behandelnden Pädiatern eine Unkenntnis darüber bestehen, dass in Einzelfällen kleine Schleimhautschäden im Dünndarm nach einer Enteritis einen Circulus vitiosus verursachen können, der durch zu schnelle Nahrungssteigerung oder sekundäre Kuhmilchproteinintoleranz gefördert wird. Andererseits fördert die technisierte und akademisierte Medizin von heute, ungewöhnliche oder schwere Manifestationen einer häufigeren Erkrankung eher als exotische Differentialdiagnose sehen zu wollen. Unnötige und belastende Diagnostik sowie fehlerhafte Therapieentscheidungen können dadurch Folge sein. DGKJ-PO-34 Gastroschisis: Verläufe einer seltenen angeborenen Fehlbildung mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad Chr. Lührs1, G. Steinau2, K. Heimann1, T. G. Wenzl1 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Chirurgische Klinik, Universitätsklinikum RWTH Aachen, Aachen Einleitung: Die Gastroschisis ist eine seltene angeborene Fehlbildung, bei der intraabdominelle Organe in unterschiedlichem Ausmaß durch einen Bauchwanddefekt hernieren. Sie bedarf einer raschen operativen Intervention. Der klinische Verlauf ist u.a. gekennzeichnet durch einen erschwerten Nahrungsaufbau und die Gefahr rezidivierender Sepsen. Wir berichten über den Verlauf von drei Frühgeborenen mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad einer Gastroschisis. Patienten: Innerhalb der letzten zwölf Monate behandelten wir drei Frühgeborene [3335 SSW] mit Gastroschisis. Die operative Versorgung erfolgte jeweils unmittelbar postpartal. Bei einem Kind konnten der extraperitoneal gelegene Anteil komplett, bei den beiden anderen
zunächst nur zum Teil rückverlagert werden. In diesem Falle erfolgte die Deckung des extraperitoneal verbliebenen Anteiles durch Vicryl® und Fixation im Inkubator. Dies machte täglich mehrfache Verbandswechsel unter sterilen Bedingungen notwendig. Verlauf: Bei dem Kind mit dem Komplettverschluss war der Nahrungsaufbau unkompliziert, eine Sepsis hatte es nicht. Der stationäre Aufenthalt war insgesamt sehr kurz. Bei den beiden anderen Kindern gestaltete sich der Nahrungsaufbau unter begleitender parenteraler Ernährung sehr zögerlich. Immer wieder gab Phasen von rezidivierendem Erbrechen. Auch die jeweilige Gewichtsentwicklung war schleppend. Zusätzlich erschwerten (und erschweren) rezidivierende Sepsen (mit Nachweis von Staphylokokkus epidermidis, Klebsiella oxytoca, Enterobacter cloacae bzw. ohne Erregernachweis) den klinischen Verlauf. Diese konnten mittels intravenöser Therapie (gemäß Resistogramm) jeweils behandelt werden. Schlussfolgerung: Anhand der Kasuistiken soll in Abhängigkeit vom Ausprägungsgrad des Defektes auf die Wichtigkeit einer frühzeitigen operativen Intervention sowie auf den fakultativ prolongierten Nahrungsaufbau inklusiver möglicher Komplikationen wie z.B. Sepsis hingewiesen werden. DGKJ-PO-35 Biomarker der Fettsäureversorgung bei vier Monate alten Säuglingen vor Einführung der Beikost – Erste Ergebnisse der DINO-Studie J. Schwartz1, K. Dube1, W. Sichert-Hellert1, F. Kannenberg2, H. Kalhoff3, M. Kersting1 1Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund; 2Leibniz-Institut für Arterioskleroseforschung an der Universität Münster, Münster; 3Kinderklinik, Städt. Kliniken, Dortmund Einleitung: Langkettige, mehrfachungesättigte Fettsäuren (Long Chain Poly Unsaturated Fatty Acids, LC-PUFA), insbesondere omega-3-LCPUFA sind für die Entwicklung von Säuglingen, vor allem von Gehirns und Retina, von Bedeutung. Säuglingsmilchnahrungen (SMN) für reifgeborene Säuglinge werden in Deutschland immer häufiger mit LC-PUFA nach dem Muster der Muttermilch angereichert. Mit der DINO-Studie (Dortmunder Interventionsstudie zur Optimierung der Säuglingsernährung) wurde erstmals in Deutschland die Fettsäureversorgung reifgeborener, ausschließlich milchernährter Säuglinge im Alter von 4 Monaten anhand von Biomarkern beschrieben. Methode: DINO ist eine doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie mit dem Ziel, den Gehalt an Fettsäuren (via Rapsöl) und den Gehalt an Eisen (via Fleisch) in der Beikost zu optimieren. Im Alter von 4 Monaten (vor der Intervention bzw. Einführung der Beikost) wurde im Plasma das Gesamt-Fettsäure(FS)-muster als Biomarker der FS-Versorgung untersucht. Bestimmt wurden (in mg/L) gesättigte FS: Palmitinsäure (C16:0), Stearinsäure (C18:0), Monoensäuren: Palmitoleinsäure (C16:1), Ölsäure (C18:1), Polyensäuren: Linolsäure (C18:2n6), γ-Linolensäure (C18:3n6), α-Linolensäure (C18:3n3), sowie LC-PUFA: Arachidonsäure (C20:4n6), Eicosapentaensäure (C20:5n3) und Docosahexaensäure (C22:6n3). Die Säuglinge wurden anhand der detailliert dokumentierten Ernährung im 3. und 4. Lebensmonat stratifiziert in die beiden Gruppen voll ‘Gestillt’ (n=63) und überwiegend ‘SMN’ (n=43) und letztere zusätzlich anhand des Zusatzes von LCPUFA in ‘SMN LC-PUFA(+)’ (n=19) und ‘SMN LC-PUFA(–)’ (n=24). Ergebnisse: Die Konzentrationen der FS C16:0, C16:1 und C18:0 waren in der Gruppe ‘Gestillt’ signifikant höher und von C18:3n3 signifikant niedriger als in der Gruppe,SMN’. Alle untersuchten LC-PUFA waren in der Gruppe ‘SMN LC-PUFA(+)’ signifikant höher als in der Gruppe ‘SMN LC-PUFA(–)’, blieben aber unter den Werten der Gruppe ‘Gestillt’. Schlussfolgerung: Gemessen an Literaturdaten zum FS-Gehalt in Muttermilch und Herstellerangaben in SMN waren die hier gefundenen Unterschiede der Plasma-FS-Muster bei Säuglingen mit unterschiedlicher Milchernährung plausibel, und können als Orientierung, z.B. für die Fettsäureversorgung stoffwechselkranker Säuglinge, herangezogen
werden. Die LC-PUFA Zusätze in gängigen SMN am deutschen Markt reichen nicht aus, um das Niveau bei Muttermilchernährung zu erreichen. Die Längsschnitt-Intervention in DINO wird zeigen, welche Auswirkungen die Zugabe von Rapsöl in der Beikost auf die Fettsäureversorgung der Säuglinge hat. DGKJ-PO-36 Pankreaskopftumor durch inflammatorischen Pseudotumor bei autoimmuner Pankreatitis (pANCA und AntiZytoplasmatische Antikörper (Golghi) + bei einem Schulkind T. Schneider1, S. Seewald2, T. Topalidis3 1Kinderabteilung, Klinikum Nord Heidberg, Hamburg; 2Univ.Klinik Hamburg Eppendorf, Interdisziplinäre Endoskopie, Hamburg; 3Dr. Topalidis, Cytologisches Labor, Hannover Kasuistik: Beim dem 11 Jahre alten Knaben traten Anfang 2006 Oberbauchschmerzen auf. Beim KiArzt auffällige Laborwerte (Bilirubin 0,9 mg/dl, ALAT 763, gGT 908, Lipase 260, CK 173, LDH 630 U/L, Ferritin 167 ng/ml, gGlobuline 14,7%). Erstes Sonogramm – VD Hepatitis mit großer Gallenblase. Unter Verdacht auf Hepatitis Erregersuche – negativ. Im März Vorstellung in der Gastroambulanz wegen Übelkeit, Durchfall, Oberbauchschmerzen mit Schulausfall, persistierend veränderten Laborwerten. Wir fanden sonographisch den Dc. pancreaticus (>4 mm) erweitert, er bricht im P-Kopf ab. Sonst knotig echoinhomogenes verschmälertes Parenchym. Leber echoverdichtet, Gallenblasenhydrops, erweiterter DHC. Laborwerte: ALAT 399, gGT 1005, Lipase 469 U/L, Bilirubin 2,1 mg/dl, gGlobuline 16,8%. 1. MRCP: erweiterter Dc. pancreaticus – sonst unauffällig. Frage: ERCP oder Endosonographie? Entscheidung: Endosonographie und Punktion: Echoarmer, aufgetriebener Pankreaskopf (2,6×2,5 cm), Kompression des Dc. choledochus (4,7 mm) und pancreaticus (3 mm) double duct sign: DD Pankreaskopftumor, autoimmune Pankreatitis. Zytologie: chronische kalzifizierende Pankreatitis mit adenomatöser Hyperplasie wie bei autoimmuner Pankreatitis. 2. MRCP nach Diagnose: 2,8 cm große, relativ glatt begrenzte Raumforderung. Unter einer immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin plus Prednisolon (Schema wie bei CED) Rückbildung des Pankreaskopftumors, Normalisierung der Laborwerte und anhaltende Beschwerdefreiheit. NB: der Großvater mtls. war wegen eines Pankreaskopftumors nach Whipple operiert worden – Diagnose: inflammatorischer myoblastischer Tumor Differenzialdiagnosen dieser bisher bei Kindern sehr seltenen Krankheit werden besprochen. DGKJ-PO-37 Propofol-Sedierung zur Endoskopie bei Kindern – kritische Bestandaufnahme von 833 Patienten unter exspir.CO2Monitoring T. Schneider1, D. Döscher1, J. Klein1, J. Mack1 1Kinderabteilung, Klinikum Nord Heidberg, Hamburg Grundlage: Wir untersuchten Kinder zwischen 6 Monaten und 16 Jahren, die eine Sedierung mit Propofol 1% als Bolusgaben zur Endoskopie erhielten. Patienten und Methoden: 2003–2005 833 auswertbare Kinder (478 Knaben, 355 Mädchen, verschiedene diagnostische und therapeutische Endoskopien), Messung: tcSO2, EKG, exspir.CO2, Atemfrequenz. Startdosis für Atropin 0,015 mg/kg + Propofol (1%) 2–4 mg/kg (altersabhängig, je älter desto weniger/kg). Erfasst wurden: Propofol-Start- und Gesamtdosis, Min.SO2 (%) Max.exspir.CO2 (mmHg), Komplikationen und Endoskopierbarkeit, Dauer der Eingriffe. Auf O2-Gaben wurde weitgehend verzichtet (nur Esmarch und Beuteln mit Raumluft).
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Abstracts Ergebnisse:
2003
SO2 min
100%–88%: 87%–80%: unter 80%:
77% 74% 17% 6% 11% 15%
2004
2005
CO2: max
<50 mmHg: 67% 51–60 mmHg: 15% >60 mmHg: 18%
90% 6% 94% 6% 4% 0%
Endoskopierbarkeit n=
230
288
315
Ohne/leichte Probleme 0/1 (Unruhe)
Rest
Rest
Rest
schwierig 2 (Stridor, SO2Abfall)
6%
5%
6%
Abbruch 3
<1%
<1%
0,5%
83% 11% 6%
Zusammenfassung: über 90% der Endoskopien waren ohne Schwierigkeiten und ohne ernsthafte Probleme insbesondere ohne O2Gabe ambulant durchführbar. Wesentliche Hilfe bei der Atmung war der Esmarch-Handgriff. SO2 Abfälle <80 waren damit sofort behebbar. Eine stationäre Aufnahme war in keine Falle nötig. Seltene Maßnahmen wie Absaugen, O2-Gabe, Bebeuteln tragen unter 1% Häufigkeit auf und werden im Einzelnen diskutiert.
Pädiatrische Gastroenterologie II DGKJ-PO-38 Biomarker der Eisenversorgung bei vier Monate alten Säuglingen vor Einführung der Beikost – Erste Ergebnisse der DINO-Studie K. Dube1, J. Schwartz1, W. Sichert-Hellert1, H. Kalhoff2, M. Kersting1 1Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund; 2Kinderklinik, Städt. Kliniken, Dortmund Einleitung: Das immer noch lückenhafte Wissen über die Besonderheiten des Eisenhaushalts bei Säuglingen erschwert die Definition von Referenzwerten für die klinische Praxis. In der DINO-Studie (Dortmunder Interventionsstudie zur Optimierung der Säuglingsernährung) wurde die Eisenversorgung gesunder, reifgeborener, ausschließlich milchernährter Säuglinge im Alter von 4 Monaten anhand verschiedener Biomarker umfassend beschrieben. Methode: DINO ist eine doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie mit dem Ziel, den Gehalt an Eisen (via Fleisch) und an Fettsäuren (via Rapsöl) in der Beikost zu optimieren. Die Säuglinge wurden in Entbindungskliniken rekrutiert. Die Ernährung wurde detailliert dokumentiert. Im Alter von 4 Monaten (vor der Intervention bzw. Einführung der Beikost) wurden in venösem Blut insgesamt 15 Parameter des Eisenhaushalts untersucht, die teils zu den üblichen diagnostischen Parametern zählen (z.B. Hämoglobin (Hb), Hämatokrit (Hkt), Erythrozytenzahl (Ery), Serum-Eisen, Serum-Ferritin), teils von wissenschaftlichem Interesse waren (z.B. löslicher Transferrin-Rezeptor (Trf-R), Zink-Protoporphyrin (ZPP). Ergebnisse: Aus dem Gesamtkollektiv (n=122) wurden zum Zeitpunkt der Untersuchung 65 Säuglinge (53%) in die Gruppe voll,Gestillt’ eingeordnet und 57 Säuglinge (47%) in die Gruppe, teilweise oder ausschließlich herkömmliche eisenangereicherte Säuglingsmilchnahrung’ (,SMN’). Im Gesamtkollektiv ergaben sich folgende Messwerte (Mittelwerte (SD)): Hb 11,76 (0,74) g/dl, Hkt 35,5 (2,21) %, Ery 4,38 (0,32) x 106/μl, Serum-Eisen 59,4 (19,5) μg/dl, Serum-Ferritin 72,9 (57,1) ng/ml, Trf-R 1,63 (0,32) mg/l, ZPP 1,72 (1,15) μg/g Hb. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Ernährungsgruppen (,Gestillt’ vs,SMN’). Die Messwerte lagen im oberen Bereich (bei Hb) oder oberhalb (bei Ery) gebräuchlicher pädiatrischer Referenzwerte, bzw. waren den Ergebnissen anderer, kleinerer Studien (Hb) ähnlich. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bestätigen an einem vergleichsweise großen Kollektiv gesunder reifgeborener Säuglinge in Deutschland, dass volles Stillen verglichen mit einer höheren Eisenzufuhr bei eisenangereicherter SMN bis zum Alter von 4 Monaten anhand der untersuchten Parameter nicht zu einem nachweisbaren Nachteil für die Eisenversorgung der Säuglinge führt. Die Messwerte können bestehende
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Referenzwerte für die Eisenversorgung von Säuglingen in den ersten 4 Lebensmonaten ergänzen. Die Längsschnitt-Intervention in DINO wird zeigen, welche Auswirkungen die Zugabe von Fleisch in der Beikost auf die Eisenversorgung der Säuglinge hat. Gefördert mit Mitteln der Centralen Marketing-Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA) DGKJ-PO-39 NSAI Gastropathie bei einem Kleinkind mit Oligoarthitis T. Schneider1, I. Foeldvari2 1Kinderabteilung, Klinikum Nord Heidberg, Hamburg; 2Kinderrheumatologische Praxis Eilbek, Hamburg Kasuistik: Der 3 Jahre alte Knabe wurde wegen eines Ergusses im rechten Knie mit Naproxen® behandelt. Tage nach Behandlungsbeginn kam es zu massivem Abganges von dunklem Blut mit dem Stuhl – stationäre Beobachtung und Absetzen von Naproxen®, daraufhin verschwanden Hämatochezie bzw. Teerstühle. Der Erguss persistierte. Nun Behandlung mit Mobec®. Es traten erneut Teerstühle (schmierig breiig) auf. Trotz des klinisch massiv erscheinendem Blutabgang kam es nicht zu einem Hb-Abfall. Jetzt Beginn einer Behandlung mit einem Protonenpumpenhemmer (Antra®MUPs 2×10 mg = 2×1 mg/kg) und Normalisierung der Stühle bei Fortsetzung der Mobec®-Therapie. Weitere Anamnese: Ehemaliges Frühgeborenes der 36 SSWo., Geburtsgewicht: 2100 g, wegen Neigung zu Durchfall als Säugling Nutramigen™, aktuell normale Ernährung bei Tisch ohne Einschränkungen. Keine Gerinnungsstörung, keine Blutungsneigung, kein Helicobacter pylori (Stuhltest). Fragen/Diskussion: 1. wann ist in welchem Alter eine Sofort-Endoskopie nötig, 2. welche Diagnostik/Endoskopie bei Abgang nicht frischen Blutes u./o. Teerstuhl, 3. gibt es eine Disposition zu NSAI-Gastropathie? In unserem Falle haben wir uns für einen sog. PPI-Test entschieden und waren mit wenig Einsatz erfolgreich. DGKJ-PO-40 Narbige Ösophagusstenose nach Laugenverätzung – Welche Therapie ist die Richtige? S. Jansen1, R. Winograd2, J. Tischendorf2, G. Steinau3, N. Wagner4, T. G. Wenzl4 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Medizinische Klinik III, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 3Chirurgische Klinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 4Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Ingestionsunfälle sind häufige Unfälle im Kleinkindesalter. Ingestion von Lauge führt zu zirkulären Verätzungen mit Stenosen unterschiedlichen Schweregrades. In Folge werden meist endoskopische Bougierungen notwendig, welche teilweise über einen langen Zeitraum in kurzen Intervallen durchgeführt werden müssen. Das erfordert wiederholte Krankenhausaufenthalte des Patienten. Häufig erzielt man mit den endoskopischen Interventionen jedoch keinen anhaltenden Therapieerfolg. Wir berichten über einen adolescenten, männlichen Patienten aus Kasachstan (19 Jahre), der sich durch einen Ingestionsunfall mit einer unbekannten Lauge im Kleinkindesalter eine schwere narbige Striktur im mittleren Bereich des Ösophagus zugezogen hatte. Der Patient wurde uns im Alter von 16 Jahren vorgestellt. Bis dahin hatte sich eine unzureichende Gewichtsentwicklung gezeigt (Gewicht 38 kg, Körperlänge 1,60 m, BMI 15). Bei der ersten Endoskopie des Ösophagus zeigte sich eine 4 cm lange, filiforme, zirkuläre Stenose mit einem Restlumen von 3 mm. Die immer wieder auftretende Stenosierung machte regelmäßige Bougierungen in kurzen Abständen erforderlich, die zudem in Intubationsnarkose durchgeführt werden mussten. Der Patient wurde zusätzlich mit einem Protonenpumpeninhibitor und Sucralfat sowie hochkalorischer Trinknahrung behandelt. Es trat jedoch kein langanhaltender Erfolg auf. Ebenso kam es nicht zu einer signifikanten Gewichtszunahme. Auch eine zusätzliche Anwendung
von Mitomycin C, welches wir wiederholt im Bereich der dilatierten Striktur topisch applizierten, vermochte die Situation nicht anhaltend zu verbessern. Um dem Patienten eine bessere Lebensqualität zu geben und Krankenhausaufenthalte zu reduzieren, wird nun aktuell ein selbstexpandierender Stent eingelegt, bevor operative Maßnahmen wie ein Magenhochzug oder ein Coloninterponat notwendig werden. DGKJ-PO-41 Zurückgezogen DGKJ-PO-42 Leberwerterhöhung und metabolisches Syndrom bei übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen J. Moser1, Chr. Kallweit1, S. Burdach1, C.-P. Bauer2, R. Oberhoffer1, S. Liptay1 1Kinderklinik der TU Krankenhaus München – Schwabing, München; 2Kinderfachklinik, Gaißach Einleitung: In Deutschland sind 15% aller Kinder und Jugendlichen übergewichtig, 6,3% adipös. Das Gesundheitsrisiko der Adipositas ist vor allem von der Komorbidität abhängig. Fragestellung: Ziel unserer Studie war es, in einem selektierten Patientenkollektiv von übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen die Prävalenz von Leberveränderungen zu untersuchen und mögliche Risikofaktoren zu identifizieren. Methoden: Daten von 2162 übergewichtigen Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren, die zwischen 2002 und 2005 Patienten in einer Rehabilitationsklinik für Übergewichtige waren, wurden retrospektiv ausgewertet. Ergebnisse: Der mittlere BMI in unserem Patientenkollektiv betrug 31,7 kg/qm. 202 Patienten (9,3%) waren übergewicht (90–97 Perz.), 862 (39,9%) adipös (97–99,5 Perz.) und 1098 (50,8%) extrem adipös (>99,5. Perz). Von 2132 Patienten wurden die Leberwerte bestimmt. Pathologische ALT-Werte fanden sich bei 570 (26,7%), pathologische ASTWerte bei 431 (20,2%) und pathologische gGT-Werte bei 103 (4,8%) der untersuchten Kinder und Jugendlichen. Jungen wiesen im Vergleich zu Mädchen signifikant häufiger patholgische Leberwerte auf (p<0,001). Die Prävalenz pathologischer Leberwert korreliert mit dem Grad des Übergewichts. So wiesen „nur“ 8,6% der übergewichtigen, 20,8% der adipösen, jedoch 34,7% der extrem adipösen Kinder und Jugendlichen pathologische ALT-Werte auf. Die Dauer, nicht jedoch der Zeitpunkt des Beginns der Adipositas korreliert mit einer ALT-Erhöhung. Bei 1003 Patienten wurde zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung der Leber durchgeführt. Sonographische Leberveränderungen im Sinne einer NAFLD (non alcoholic fatty liver disease) fanden sich bei 55,3% der Patienten mit ALT- und 17,9% der Patienten ohne ALT-Erhöhung (p<0,001). Pathologische ALT-Werte fanden sich signifikant häufiger bei Patienten mit Erhöhung der Triglyzeriden, des Nüchternblutzuckers, der Harnsäure oder mit HDL-Erniedrigung (jeweils p<0,001), nicht jedoch bei Patienten mit erhöhtem Gesamt-Cholesterin oder LDL-Erhöhung. Wiesen die untersuchten Kinder und Jugendlichen neben ihrem Übergewicht weitere metabolische Fehlfunktionen auf, die dem metabolischem Syndrom zugerechnet werden (Erhöhung von Blutzucker, Triglyzeriden, Blutdruck, erniedrigtes HDL), erhöhte dies signifikant das Risiko einer ALT-Erhöhung. Bei Patienten mit einem, zwei oder drei zusätzlichen Risikofaktoren eines metabolischen Syndroms stieg die Odds-Ratio für einer ALT-Erhöhung auf jeweils 1,58 (95%CI 1,27–1,96), 2,4 (95%CI 1,86–3,28) und 5,53 (95%CI 3,14–9,76). Schlussfolgerung: Bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen finden sich häufig laborchemische und sonographische Zeichen einer Leberbeteiligung. Das Risko für eine Leberbeteiligung mit ALT-Erhöhung steigt signifikant bei Patienten, die zusätzliche klinische und laborchemische Hinweise auf ein metabolisches Syndrom haben.
DGKJ-PO-43 Gastrokolische Fistel und „gastric separation“: schwere Komplikationen nach PEG Anlage R. González- Vásquez1, G. Cernaianu1, H.-J. Scherer1, J. Engert1, R.-B. Tröbs1 1Kinderchirurgische Klinik im Marienhospital, Herne Fragestellung: Ist die PEG- Anlage im Kindesalter eine sichere, komplikationsarme oder eine evtl. mit schwerwiegenden Komplikationen behaftete Prozedur? Material und Methode: Wir analysierten aus unserem Krankengut zwischen den Jahren 1994 und 2006 die Komplikationen bei den Patienten bei denen von uns oder auswärts eine PEG Sonde gelegt wurde. Ergebnisse: Wir fanden außer „leichten“ Komplikationen (z.B. Granulome, Infektionen, Leck, Okklusionen, Dislokationen) auch schwere Komplikationen, die zu stationären Aufenthalten und chirurgischen Eingriffen zwangen. Die letzteren waren 5 gastrokolischen Fisteln, alle operativ verschlossen, 5 „gastric separation“, davon 2 operativ und 3 konservativ behandelt und 4 „symptomatisches Pneumoperitoneum“ bzw. Peritonitis, alle konservativ behandelt. Diskussion: Die schweren Komplikationen in diesem Kollektiv entsprechen den Berichten aus chirurgischen Kliniken bei längerem „followup“. Nicht alle Kinder die zur chirurgischen Intervention eingewiesen wurden mussten operiert werden. Bei der Klärung der Lage der PEG sollte man besonders auf den Abstand Magen-Bauchdecke („gastric separation“) achten. Die Fälle mit sog. „gastric separation“ und „symptomatisches Peritoneum“ haben wir vorwiegend konservativ behandelt. Schlussfolgerung: Potentielle Gefahren bei PEG- Anlage werden häufig unterschätzt. Die gezielte postoperative Kontrolle des Sitzes der Sonde und die sachkundige pflegerische Überwachung könnten die Häufigkeit der „gastric separation“ reduzieren. DGKJ-PO-44 Autoimmunhepatitis im Kindesalter durch Autoimmunregulator (AIRE)-Genmutationen C. Posovszky1, J. von Puttamer1, G. Lahr1, C. Schütz1, A. Schulz1, M. Wabitsch1, K. Debatin1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Ulm, Ulm Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine chronische inflammatorische Erkrankung der Leber, bei der sich charakteristischerweise Autoantikörper, eine Hypergammaglobulinämie sowie eine Assoziation zu HLA DR3 und DR4 finden und die auf eine immunmodulatorische Therapie anspricht. Der Pathomechanismus der Entstehung der Autoimmunhepatitis (AIH) ist weitgehend unklar. Mutationen im Autoimmunregulator Gen (AIRE) sind verantwortlich für die Entwicklung des autoimmun-polyendokrinopathie-candidiasis-ectodermales-dystrophie Syndroms (APECED, früher APS-1). Das AIRE-Protein spielt eine große Rolle bei der Induktion und Aufrechterhaltung einer zentralen immunologischen Toleranz. APECED Patienten zeigen die klassische Trias von Candidiasis, Hypoparathyroidismus und M. Addison, viele von Ihnen bereits in der ersten Lebensdekade. Außerdem entwickeln 10–20% der APECED Patienten eine Autoimmunhepatitis. Wir berichten von 2 Patienten mit AIRE-Gen Mutationen, bei denen klinisch Mundsoor, Fieberschübe und zunächst im 2. bzw. 3. Lebensjahr eine AIH im Vordergrund standen. Weitere Autoimmunphänomene z.B. eine Perniziöse Anämie und insbesondere endokrinologische Veränderungen zeigten sich jedoch erst einige Jahre später. Im ersten Fall handelt es sich um eine noch nicht beschriebene homozygote Veränderung in Exon 3 die zu einer Spleiß-Mutation führt und im zweiten Fall um 2 heterozygote Veränderungen des AIRE-Gens, die einerseits im Exon 6 zur Bildung eines Terminationscodons und andererseits im Exon 14 ein zu einem Aminosäureaustausch führen. Daten über die Prävalenz von AIRE-Genmutationen bei Patienten mit AIH im Kindesalter liegen nicht vor. Auf Basis unserer Beobachtung, verfolgen wir die Hypothese, dass sich in unserem pädiatrischen Kollektiv anders als bei Erwachsenen, Patienten mit genetischer Prädisposition für APECED finden, die bisher nicht diagnostiziert sind. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-PO-45 Laparoskopisch ventrale Thal Hemifundoplikatio mit intraoperativer Gastroskopie beim gastroösophagealen Reflux (GÖR) des Kindes mit bronchopulmonaler Symptomatik -prospektive Studie über 12 Jahre K. Schaarschmidt1, A. Kolberg-Schwerdt1, M. Lempe1, F. Schlesinger1, I. Hayek1 1Kinderchirurgische Helios Klinik, Berlin-Buch Einleitung: Die Hemifundoplikatio hat sich als Operationsverfahren des gastroösophagealen Reflux (GÖR) besonders bei behinderten Kindern und ösophagealen Motilitätsstörungen bewährt, weil die Kinder postoperativ aufstoßen können und Dysphagien mit 1–2% sehr selten sind. Wir verwenden die ventrale Hemifundoplikatio deshalb seit 3/93 als Standardverfahren beim GÖR. Material und Methoden: Methodik: 3/1993–12/2006 wurden bei 142 Kindern von 6,8±5,8 Jahren (6Wo-17,6 J) laparoskopisch ventrale Thal Hemifundoplikationen durchgeführt und die Verläufe prospektiv erfasst. Klinisch bestand die Operationsindikation bei 94 (66,2%) aufgrund rezidivierender Bronchitiden, Pneumonien, Bronchiektasen oder Apnoen. Sie wurde gesichert durch 24 h pH-Metrie, Ösophagogastroskopie/Biopsie meist auch Magendarmpassage/Szintigraphie und erfolglose konservative Therapie >6 Monate. 27 behinderte Kinder erhielten simultan eine laparoskopische Button-Gastrostomie. Ergebnisse: Drei Konversionen (2,6%) waren erforderlich wegen Ösophagusperforation/Adhäsionen beim Rezidiv bzw. Leckage der Gastrostomie: Nach 0,4–14,1 Jahren (Mittel 4,8±3,9 J) hatten 6/88 (6,8%) Kinder Symptome (vier nach 2.Thal OP beschwerdefrei) 4 (4,8%) zeigten ohne Klinik pH-metrisch Reflux >4% – dagegen waren alle 27 normalen Kinder beschwerdefrei, alle Kinder konnten spätestens nach 3 Monaten aufstoßen. Ein Kind hatte eine letale Speichelaspiration, fünf weitere Kinder verstarben nach 2–15 Monaten an Pneumonien zu Hause alle 6 waren schwerstbehindert. Die Rezidivrate einschließlich der rund zwei Drittel schwerbehinderten Kinder lag somit bei 6,8% (6/88) und ließ sich durch Re-OP auf 2,3% (2/88) senken. 4 Mal war bei einer coexistenten Tracheomalazie zusätzlich eine thorakoskopische Aortopericardiosternopexie erfolgreich. Schlussfolgerung: Die laparoskopische ventrale Thal Hemifundoplikatio ist bei Atemwegserkrankungen aufgrund GÖR des normalen Kindes und Versagen oder Unverträglichkeit der medikamentösen Therapie ein sicheres und effektives antirefluxives Verfahren auch im Säuglingsalter und bei wiederholten Rezidiveingriffen nach offener Voroperation. Bei schwerst mehrfachbehinderten Kindern kann unter strenger Indikationsstellung in der Regel die bronchopulmonale Infektrate erheblich gesenkt werden, das perioperative und postoperative Risiko ist aber deutlich erhöht. Die interaoperative Gastroskopie erleichtert die Ösophaguslokalisation beim Rezidiv und erlaubt eine intraoperative Schweregradabschätzung des Reflux und Erfolgskontrolle.
Pädiatrische Allergologie und Pulmologie I DGKJ-PO-46 Spiroergometrische Untersuchung bei einem 17-jährigen Jungen mit Alveolarproteinose im Neugeborenenalter T. Menke1, H. Huprich1, E. Trowitzsch1 1Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten-Herdecke, Datteln Einleitung: Die Alveolarproteinose ist eine seltene Lungenerkrankung, die durch eine abnorme Anhäufung von Phospolipiden und Lipoproteinen in den Alveolen gekennzeichnet ist. Bei Erkrankungsbeginn im Neugeborenen/Säuglingsalter ist der Verlauf häufig letal. Untersuchungen bezüglich der pulmonalen Limitierung und Belastungsfähigkeit im späteren Jungend- und Erwachsenenenalter liegen kaum vor. Wir berichten über einen 17 jährigen männlichen Patienten, bei dem im frühen Säuglingsalter die Diagnose einer Alveolarproteinose gestellt wurde.
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Kasuistik: Bei mangelndem Gedeihen, Trinkschwäche, Dyspnoe und zunehmendem 02-Bedarf wurde bei dem Patienten im 3. Lebensmonat mittels Bronchiallavage die Verdachtsdiagnose einer Alveolarproteinose bestätigt. Nach langsamer Besserung und Entlassung fand keine spezifische Betreuung statt. Im Alter von 17 Jahren stellte sich der Patient bei subjektiv eingeschränkter Belastbarkeit zur weiteren Abklärung und zur Durchführung einer spiroergometrischen Untersuchung vor. In der Spiroergometrie zeigte sich die Belastbarkeit eingeschränkt (max. Leistung 2,2 Watt/kg KG). Die max. 02-Aufnahme (2,1 L/min) war deutlich erniedrigt. Die Atemreserve wurde komplett ausgeschöpft (0%). Während der Belastung wurde ein pathologisches Atemmuster mit flachem Anstieg des Atemzugvolumens beobachtet. In der zusätzlich durchgeführten Lungenfunktionsuntersuchung fand sich eine erniedrigte Vitalkapazität (60%) bei normalem Tiffeneau-Wert (FEV1/ VC=93%). Diskussion: Die durchgeführte spiroergometrische Untersuchung zeigte eine eingeschränkte Belastbarkeit des Patienten bei pulmonaler Limitierung und restriktiver Ventilationsstörung. Spiroergometrische Untersuchungen bei Patienten mit Alveolarproteinosen sind im Kindesalter nicht beschrieben. Sie bieten jedoch möglicherweise einen sinnvollen Beitrag im diagnostischen und therapeutischen Management dieser Patienten. DGKJ-PO-47 Multiresistente tuberkulöse Meningitis bei einem 15 Monate alten Mädchen M. Toth1, B. Töpke1, J. Freihorst1 1Kinderklinik, Ostalb-Klinikum Aalen, Aalen V. wurde wegen seit einer Woche anhaltendem Fieber bis 39°C, nicht rückläufig auf antibiotische Therapie und Nahrungsverweigerung in unserer Notfallambulanz vorgestellt und stationär aufgenommen. Es fanden sich kein Infektfokus und keine Entzündungszeichen. Röntgen Thorax und Abdomensonographie waren unauffällig. Weiterhin subfebrile Temperaturen und reduzierter AZ. Nochmaliges ausdrückliches Befragen ergab, dass der Großvater an einer multiresistenten Lungentuberkulose erkrankt ist. Der daraufhin angelegte GT-10-Test war 3 Wochen nach MMR-Schutzimpfung schwach positiv. Wegen anhaltendem Fieber und Erbrechen Lumbalpunktion. Im Liquor fanden sich 45 Leuko/μl, 0,85 g/l Eiweiß, 11 mg/dl Glucose (Blutglucose 85 mg/dl), 6,3 mmol/l Laktat. Sofortiger Beginn einer tuberkulostatischen Therapie gemäß Resistogramm des Großvaters mit Ciprofloxazin, Capostatsulfat, Pyrazinamid und Rifabutin. Nach vorübergehender leichter Besserung eine Woche nach Behandlungsbeginn Streckspasmen und cerebrale Krampfanfälle. In der folgenden Kontroll-LP 1000 Leuko/μl 1,3 g/l Eiweiß, 28 mg/dl Glucose, 8 mmol/l Laktat. Im EEG ausgeprägte Verlangsamung. Bei Status epilepticus externe Liquordrainage rechts. Trotz antikonvulsiver Therapie anhaltende Streckspasmen. Nach einer Woche Intubation bei Ateminsuffizienz sowie Anlage einer zweiten externen Liquordrainage bei ausgeprägtem diffusem Hirnödem. Zunehmend komatös, lichtstarre Pupillen, Nullinie im EEG. Bei dissoziiertem Hirntod Beendigung der Beatmung 34 Tage nach stationärer Aufnahme. DGKJ-PO-48 Ein vollgestillter Säugling mit Neurodermitis M. Wisbauer1, A. Kovacevic1, A. Schuster1 1Med. Einricht. d. Universität Kinderklinik, Düsseldorf Anamnese: Die Vorstellung in unserer Ambulanz erfolgte im Alter von 5 Monaten wegen seit ca. drei Monaten bestehenden Hautbeschwerden. Der Junge sei vollgestillt und bisher unauffällig entwikkelt. In der Familienanamnese fanden sich bei beiden Elternteilen allergologische Probleme im Sinne einer saisonalen Konjunktivitis sowie Asthmasymptomatik und allergische Hauterscheinungen. Körperlicher Un-
tersuchungsbefund: Altersentsprechend entwickelter, gut gediehener, 5 Monate alter männlicher Säugling. Haut: Rötung und Schuppung der Haut, insbesondere im Gesicht, Halsbereich und an den unteren Extremitäten; trockene Haut mit mäßigem Erythem, Ödem und Papeln. SCORAD 26 Punkte. Allergiediagnostik: Serologische Untersuchungen: Gesamt-IgE im Serum 28,75 kU/l (leicht erhöht) RAST-Klasse 0 auf Derm. Farinae, Derm. Pteroniss., Kuhmilcheiweiß, Orange, Getreide, Nußmischung und Meeresfrüchte. RAST-Klasse 2 (3 kU/l) auf Hühnereiweiß Hauttestung: PRICK-Test auf Hühnereiweiß 3 mm → Bei Verdacht auf eine allergische Sensibilisierung auf Hühnereiweiß wurde der Mutter eine hühnereiweißfreie Diät empfohlen. Verlauf: Bei Wiedervorstellung im Alter von 9 Monaten zeigte sich unter der hühnereiweißfreien Ernährung der stillenden Mutter, bzw. der hühnereiweißfreien Ernährung des Kindes nach dem Stillen eine deutliche Besserung des Hautbefundes mit noch leicht trockener Haut und einem SCORAD-Wert von 5 Punkten. Zur Beurteilung der klinischen Relevanz der nachgewiesenen Sensibilisierung in RAST und PRICK wurde eine orale Provokationstestung mit Hühnereiweiß im Alter von 18 Monaten durchgeführt. Hierbei zeigte sich nach Hühnereiweißkontakt der Unterlippe für wenige Sekunden eine allergische Sofortreaktion vom Soforttyp (Typ I) mit Schwellung (Lippe/Mundschleimhaut), Urtikaria (Hals/Gesichtsbereich) mit einer Spontanremission nach 90 Minuten. Fazit: Es liegt eine klinisch relevante allergische Sensibilisierung gegen Hühnereiweiß vor. Da die Eiweißbestandteile des Hühnereis in die Muttermilch übergehen ist hierdurch, wie bei unserem Patienten, eine relevante Hühnereiweißallergie auch beim vollgestillten Säugling möglich. Procedere: Als Therapie wurde eine Weiterführung der hühnereiweißfreien Diät mit einer erneuten Provokationstestung nach 1–3 Jahren empfohlen. DGKJ-PO-49 Perinatale Supplementation von Lactobacillus GG: Kein präventiver Effekt auf die Entwicklung einer atopischen Dermatitis im Alter von 2 Jahren in einem Hochrisikokollektiv I. Hennemuth1, A. Dietschek1, H. Ahrens1, A. Heinzmann1, A. Superti-Furga1, M. V. Kopp1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg Einleitung: In einer finnischen Studie wurde gezeigt, dass die perinatale Gabe von Lactobacillus GG bei Kindern mit einem hohen Allergierisiko mit einer signifikanten Verminderung der Häufigkeit einer atopischen Dermatitis im Alter von 2 Jahren assoziiert ist (Kalliomäki M et al. 2001). Zum Verständnis der klinischen und immunologischen Effekte einer frühen Supplementation von Lactobacillus GG (LGG) führten wir eine prospektive, doppel-blinde, plazebo-kontrollierte Studie bei Kindern mit hohem familiärem Allergierisiko durch. Methoden: In einer doppel-blinden, plazebo-kontrollierten Studie wurden 102 schwangere Frauen randomisiert und erhielten LGG bzw. ein Plazebopräparat 4–6 Wochen vor der Geburt. Postnatal wurde LGG bzw. Plazebo zunächst für drei Monate an die stillende Mutter, dann aufgelöst auf einem Löffel an den Säugling verabreicht. Einschlusskriterium war eine allergische Erkrankung bei Mutter, Vater oder Geschwisterkind des Neugeborenen. Zum Zeitpunkt der Geburt wurde Nabelschnurblut sowie Blut der Mutter gewonnen und die Zytokinkonzentration in den Überständen von isolierten mononukleären Zellen mittels ELISA bestimmt. Klinische Nachuntersuchungen der Kinder erfolgten im Alter von 12 bzw. 24 Monaten. Primärer Zielparameter war die Entwicklung einer atopischen Dermatitis im Alter von 2 Jahren. Ergebnisse: 94 Kinder (93,1%) wurden im Alter von 24 Monaten untersucht. Dabei fanden wir keine Unterschiede der Prävalenz einer atopischen Dermatitis zwischen der LGG-Gruppe (28%) und der Plazebo-Gruppe (27,3%; p=0,93). Dagegen war die Prävalenz von rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden (≥5 Episoden) in der LGGGruppe signifikant höher im Vergleich zur Plazebo-Gruppe (26% vs.
9,1%; p=0,03). Passend zu den klinischen Beobachtungen zeigte sich kein Unterschied bezüglich der Proliferationsantwort der mütterlichen bzw. Nabelschnurblutzellen unter Stimulation mit unspezifischen (IL2) und allergen-spezifischen Stimuli (Betalactoglobulin (BLG)) bzw. LGG. Eine in-vitro-Stimulation mit LGG resultierte in beiden Gruppen in einer signifikant erhöhten Freisetzung von IFNgamma (LGG: 372,0 vs Plazebo 418 pg/ml) und IL-10 (LGG: 110,5 mg/ml vs. Plazebo 126,2 pg/ml) aber nicht von IL-13 (LGG 7,2 vs. Plazebo: 8,2 pg/ml). Zusammenfassung: Die perinatale Gabe von LGG bei Kindern mit einem hohen Allergierisiko ist nicht mit einer verminderten Prävalenz der atopischen Dermatitis im Alter von 2 Jahren assoziiert. Die Gabe von LGG zur primären Prävention von atopischen Erkrankungen kann auf der Basis unserer Daten und bislang publizierter Studien nicht generell empfohlen werden. DGKJ-PO-50 Wissen von Wöchnerinnen über Probiotika N. Wehner1, D. Kiosz1 1Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde, Kiel Fragestellung: Probiotika stellen ein neues, nicht unumstrittenes Konzept für die Therapie bzw.Prävention atopischer Erkrankungen bei jungen Säuglingen dar. Es interessierte die Frage, ob Wöchnerinnen über Probiotika informiert sind, insbesondere dann, wenn eine atopische Belastung vorliegt. Methodik: 255 von 1053 Wöchnerinnen, die im 1. und 2.Quartal 2006 in der Univ.Frauenklinik bzw Städt. Frauenklinik Kiel entbunden hatten, wurden zufällig ausgewählt und anhand eines Leitfaden- Interviews befragt (Sozioökonomischer Status(SES), atopische Familienanamnese, Wissen über Probiotika). Ergebnisse: 92% der Wöchnerinnen hatten die Absicht, ihr Kind stillen zu wollen, weil es „das Beste für das Kind „ sei. 90% der Wöchnerinnen hatten sich vor der Entbindung über alternative Ernährungsformen ihres Kindes informiert, 26% befürchteten, dass ihr Kind an Allergien erkranken könne. 75% kennen Probiotika und beschreiben oberflächlich Wirkungen auf das Verdauungssystem des Erwachsenen. 34% können probiotikahaltige Säuglingsnahrung konkret benennen. Nur 6% der Mütter mit atopischer Familienanamnese haben genauere Kenntnisse über Probiotika zur Allergie-Prävention, ihre Kenntnisse sind jedoch nicht umfassender als bei Müttern ohne atopischen Hintergrund. In 72% wird Werbung als wichtigste Informationsquelle angegeben, in 23% eigene Ausbildung und Fachinformationen, nur 4% geben Personen mit medizinischen Berufen als Informationsquelle an. In einer kleinen Ärzte-Stichprobe gaben die Hälfte der befragten Ärzte an, dass sie regelmäßig von Schwangeren zu Säuglingsernährung befragt würden und die Hauptansprechpartner zu sein; ein Viertel sah keinen Nutzen für Probiotika. Wöchnerinnen mit höherem SES haben ein signifikant besseres Wissen über Probiotika als Wöchnerinnen mit niederem SES. Schädliche Wirkungen von Probiotika werden nicht genannt. Ausblick: Wöchnerinnen bzw. Mütter, die nicht stillen können oder wollen, müssen konsequent durch medizinisches Fachpersonal über die bestmöglichen Ernährungsalternativen aufgeklärt werden, insbesondere hinsichtlich Allergie-Prävention. DGKJ-PO-51 Akute Serumkrankheit unter Cefuroxim-Behandlung bei einem neunjährigen Mädchen mit septischer Arthritis S. Starke1, I. Fürther1, J. Borodulina1, E. Bergmann1, A. Weber1, V. Klingmüller1, R.F. Maier1 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Marburg, Marburg Fallbericht: Ein neunjähriges Mädchen wurde uns mit seit einem Tag bestehenden Schmerzen im linken Ellenbogengelenk vorgestellt. Vorausgegangen war ein Infekt der oberen Luftwege mit subfebrilen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Temperaturen seit zwei Wochen. Klinisch fanden sich Rötung, Schwellung, Überwärmung und schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Ellenbogengelenkes. Laborchemisch ließen sich folgende Befunde erheben: Leukozyten: 12.500/μl, CRP 14 mg/l, BSG 20/30 mm. Sonographisch sowie im MRT zeigte sich das Bild einer akuten Arthritis mit Gelenkerguss. Im Gelenkpunktat fanden sich 3.410 Leukozyten/μl, davon 88% Granulozyten. Als Erreger wurde ein Clindamycin-resistenter Stapylococcus aureus nachgewiesen. Unter parenteraler antibiotischer Therapie mit Fosfomycin und Cefuroxim waren die klinischen Zeichen der Arthritis nach wenigen Tagen rückläufig, das Mädchen subjektiv beschwerdefrei. Drei Wochen nach Behandlungsbeginn kam es zu periodischen Phasen jeweils mit Fieber bis 41°C, stark reduziertem Allgemeinzustand, subjektivem Krankheitsgefühl und Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule. Das CRP stieg von <5 mg/l auf 126 mg/l und die D-Dimere auf 2.391 μg/l. Zudem zeigten sich Blutbildveränderungen im Sinne einer Myelosuppression mit Thrombozytopenie bis minimal 90.000/μl und Leukozytopenie bis minimal 3.060/μl, Die genaue Beobachtung der Symptome zeigte eine zeitliche Assoziation mit den Cefuroxim-Injektionen. Nach Umstellung der antibiotischen Therapie auf Doxycyclin traten schlagartig keine klinischen Symptome mehr auf, die laborchemischen Befunde normalisierten sich rasch. Diskussion: Bei unserer Patientin kam es nach dreiwöchiger Therapie mit Cefuroxim applikationsabhängig zu einem Krankheitsbild mit Fieberschüben, Knochenschmerzen und Myelosuppression, das ein septisches Geschehen imitierte. Wir interpretierten diesen Verlauf als Serumkrankheit, d.h. eine allergische Reaktion vom Typ III. Antigenkarenz führte zum sofortigen Verschwinden der Symptome. Die Serumkrankheit ist vor allem in Zusammenhang mit Penicillin und Sulfonamiden beschrieben. Unter Cephaclor-Therapie liegt die Inzidenz bei 0,024 bis 0,2% (Vial T et al. Ann Pharmacother 1992), unter Cefuroxim-Therapie, wie bei unserer Patientin, ist sie wesentlich seltener. Schlussfolgerung: Unter länger dauernder antibiotischer Therapie erneut auftretende Fieberschübe, Beschwerden und Blutbildveränderungen bei einem septischen Krankheitsbild sollten nicht nur an eine Reaktivierung bzw. Exazerbation sondern auch an arzneimittelinduzierte Komplikationen denken lassen. DGKJ-PO-52 Anti-IgE in der Pädiatrie, Projekt einer bundesweiten AnwendungsDokumentation K. Nemat1, H. Gurth1, J. Hammermann1, Chr. Vogelberg1, E. Hamelmann2, M. Kopp3, J. Schulze4, J.-O. Steiß5 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 2Universitätsklinikum Charité Med.Fakultät d.Humboldt-Univ., Berlin; 3Universitäts – Kinderklinik, Freiburg; 4Klinikum der J.W.Goethe-Univ. Zentrum der Kinderheilkunde, Frankfurt; 5Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-v.Liebig-Universität, Gießen Seit 2005 ist in Deutschland der monoklonale Antikörper Omalizumab als Zusatztherapie zur verbesserten Asthmakontrolle bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren mit schwerem persistierendem allergischem Asthma bronchiale zugelassen. Die Indikationsstellung beinhaltet, dass die Patienten trotz täglicher Einnahme hochdosierter inhalativer Kortikosteroide und eines lang-wirksamen inhalativen Beta2-Agonisten häufige Asthmasymptome während des Tages oder der Nacht sowie mehrfach dokumentierte, schwere Asthma-Exazerbationen hatten. Weiterhin wird der Nachweis einer Sensibilisierung gegen ein ganzjährig auftretendes Aeroallergen sowie eine reduzierte Lungenfunktion (FEV1< 80%SW) gefordert. Dosierung und Behandlungsfrequenz richten sich nach Körpergewicht und Gesamt-IgE im Serum, wobei außerhalb der Dosierungstabelle liegende IgE-Basiswerte die Anwendung limitieren. Speziell in der Pädiatrie ist bei diesem eher engen Indikationsspektrum innerhalb der offiziellen Zulassung der Einsatz von Omalizumab selten. Das Medikament stellt jedoch auch für zahlreiche andere Indikationen in der Pädiatrie eine vielversprechende
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Therapieoption dar. Insbesondere bei Unverträglichkeit einer Spezifischen Immuntherapie bei Insektengiftallergie, schwerer Atopischer Dermatitis mit Komplikationen, polyvalenter Tierhaarallergie mit gehäuften Asthmaexazerbationen sowie Allergischer Bronchopulmonaler Aspergillose mit unzulänglichem Ansprechen auf eine konventionelle Therapie oder Entwicklung therapielimitierender MedikamentenNebenwirkungen erachten wir eine vorübergehende oder dauerhafte Anti-IgE-Therapie als sinnvoll. Über die Anwendung von Omalizumab bei diesen Indikationen existieren derzeit jedoch nur wenige EinzelfallBeschreibungen aus größeren Zentren. Die Durchführung von multizentrischen Studien wiederum wird durch die geringe Gesamtzahl von Patienten mit ähnlicher Indikation erschwert. Wir präsentieren eine Sammlung von Kasuistiken sowie eine Literaturübersicht zu Off-label-Indikationen für Omalizumab im Kindesalter und stellen das Vorhaben einer bundesweiten Online-Fragebogen-Dokumentation von pädiatrischen Anti-IgE-Therapien vor. Ziel ist die Erfassung von Wirkung, Therapiedauer und Dosierung in Abhängigkeit von Haupt- und Neben-Indikation, Alter und Gesamt-IgE-Spiegel. Dem neu verordnenden Arzt soll schließlich die Gelegenheit gegeben werden, im Dokumentationszentrum Daten über Therapieerfolge und -dauer sowie Dosierung und mögliche Dosisanpassung bei bereits durchgeführten Anti-IgE-Therapien mit ähnlicher Indikation zu erfragen und sich in der geplanten Anwendung an diesen Daten zu orientieren. DGKJ-PO-53 Takayasu-Arteriitis bei einem 16-jährigen Mädchen Frühzeitige Diagnosestellung mittels Ultraschall K. Hartenstein1, I. Schmauser1, J. Riechmann2, T. Selke1, A. von Moers1 1Kinderklinik, DRK Kliniken Westend, Berlin; 2Institut für Klinische Radiologie, DRK Kliniken Westend, Berlin Hintergrund: Die Takayasu-Arteriitis ist, obwohl aus epidemiologischer Sicht selten, die dritthäufigste Vaskulitis im Kindes- und Jugendalter mit Überwiegen des weiblichen Geschlechts (2,5:1). Obwohl vorwiegend junge Erwachsene unter 40 Jahren betroffen sind, tritt ein Drittel der Manifestationen bereits vor dem 20. Lebensjahr auf. Aufgrund unspezifischer Frühsymptome erfolgt die Diagnosestellung mit einer durchschnittlichen Latenzzeit von 19 Monaten und hierbei häufig erst bei auftretenden Komplikationen durch Verschluss von Aortenabgangsarterien. Fallbericht: Wir berichten über ein 16-jähriges Mädchen türkischer Abstammung, welches uns aufgrund unklaren Fiebers mit rezidivierenden Oberbauchbeschwerden vom niedergelassenen Kollegen zugewiesen wurde. Anamnestisch litt die Patientin bereits seit mehreren Monaten unter retrosternalen Schmerzen sowie gelegentlichem Schwindel und Kollapsneigung. Wir sahen ein blasses Mädchen in reduziertem Ernährungszustand. Laborchemisch zeigten sich hohe Entzündungswerte mit Sturzsenkung sowie eine mikrozytäre, hypochrome Anämie. Zur Fokussuche führten wir u.a. eine Ultraschalluntersuchung des Abdomen durch, bei der deutliche Kaliberschwankungen der abdominellen Aorta mit cirkulären Gefäßwandverdickungen auffielen. In der daraufhin veranlassten sonographischen Untersuchung der Hals- und Armgefäße zeigten sich ausgeprägte Läsionen der A.carotis communis beidseits sowie ein Befall der rechten A. brachialis.MR-angiographisch konnte dieses Verteilungmuster bestätigt werden. Schlussfolgerung: Die Takayasu-Arteriitis ist eine chronisch entzündliche und obliterative Erkrankung der großen Gefäße mit bevorzugtem Befall der Aorta und ihrer Hauptäste. Frühe klinische Symptome sowie Laborparameter sind unspezifisch und führen besonders im Kindesalter zu einer deutlichen Verzögerung der Diagnosestellung. Bei unklarer B-Symptomatik, insbesondere in Kombination mit einer beschleumigten BSR, einer Anämie, Bluthochdruck sowie Gelenkbeschwerden sollte differentialdiagnostisch auch an eine Takayasu-Arteriitis gedacht werden. Der Goldstandard der Diagnostik liegt hierbei im angio- bzw. MR-angiographischen Nachweis der Läsion einer oder mehrerer Aortenabgangsarterien. Bei dieser Patientin konnten bereits im Ultraschall
Läsionen im Bereich der großen Gefäße sowie der charakteristische Verteilungstyp einer Takayasu-Arteriitis dargestellt werden. Dies macht deutlich, dass bei der Ultraschalluntersuchung des Abdomen im Rahmen der Fokussuche bei unklarem Fieber auch die Untersuchung der großen Gefäße erfolgen muss.
Nephrologie I DGKJ-PO-54 Familiäre Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) – Ein Fallbericht mit milder und intermittierender Hypomagnesiämie T. Graß1, M. J. Lentze1, I. Franke1 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Einleitung: Familiäre Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) ist eine seltene autosomal rezessiv vererbte Tubulopathie. Sie ist mit einem progressiven Nierenversagen (CNI) assoziiert. Der Erkrankung liegt eine Mutation im CLDN-16-Gen zugrunde, welches für das Tight-junction Protein Paracellin 1 kodiert. In dessen Folge kommt es zu einer verminderten Reabsorption von Magnesium und Calcium im dicken aufsteigenden Schenkel der Henleschen Schleife. Fallbericht: Wir berichten über einen jetzt 2 jährigen Jungen, der erstmals im Alter von 8 Wochen in unserer kindernephrologischen Ambulanz aufgrund einer ausgeprägten beidseitigen Nephrokalzinose vorgestellt wurde. Unser Patient ist das zweite Kind aus der Türkei stammender consanguiner Eltern. Die Mutter litt während der ersten Schwangerschaft unter Nierensteinen. Laborchemisch fiel ein mäßig erniedrigtes Magnesium 0.59 mmol/l, ein erhöhtes Cystatin C, ein Hyperparathyreoidismus, ein erhöhtes 1,25 Dihydroxy Vitamin D und eine deutlich verminderte Kreatinin-Clearance nach Schwartz auf. In der folgenden Diagnostik zeigten sich weitere pathologische Befunde wie eine Hyperkalziurie, eine Hypocitraturie und erhöhte Calcitoninspiegel. Die Nephrokalzinose war persistent. Eine multiple endokrine Neoplasie (MEN) sowie eine Mutation im Calcium-Sensing Rezeptor konnten durch molekulargenetische Untersuchungen ausgeschlossen werden. Klinisch zeigte das Kind außer rezidivierender Otitiden und einer verzögert einsetzenden Zahnung keine Auffälligkeiten. Die weitere molekulargenetische Untersuchung erbrachte eine homozygote C131R-Mutation im CLDN 16 Gen. Damit konnte die Diagnose einer familiären Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) molekulargenetisch gesichert werden. Schlussfolgerung: Die FHHNC ist eine seltene Tubulopathie mit einem variablen klinischen Bild, was die Diagnosestellung häufig verzögert. Eine kausale Therapie steht derzeit nicht zur Verfügung. Es existieren derzeit nur symptomatische Therapieansätze, wie die Einnahme von Thiaziddiuretika und die Magnesiumsubstitution. Bei Kombination von CNI, ausgeprägter Nephrocalzinose und milder, intermittierender Hypomagnesiämie sollte eine FHHNC ausgeschlossen werden. Aufgrund der unausweichlich eintretenden Niereninsuffizienz sollten Patienten mit FHHNC in einer kindernephrologischen Spezialambulanz behandelt werden. DGKJ-PO-55 Mutation des Hepatocyte nuclear factor (HNF-1ß) als Ursache der Nierendysplasie Chr. Okorn1, U. Vester1, A.-M. Wingen1, C. Bergmann2, P. F. Hoyer1 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen; 2Institut für Humangenetik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Hintergrund: Die Nierendysplasie ist der häufigste Grund für eine terminale Niereninsuffizienz im Kindesalter. Die zugrunde liegenden Ursachen sind nur teilweise verstanden. Bei familiärem Auftreten lassen sich zum Teil genetische Ursachen finden.
Fallbericht: Der Indexfall ist ein Knabe mit Niereninsuffizienz aufgrund beidseitiger zystischer Nierendysplasie, die im Alter von 13 Monaten eine Peritonealdialyse erforderte. Im Alter von 3 Jahren wurde eine erfolgreiche Nierentransplantation durchgeführt. Auch bei der Mutter finden sich Nierenzysten sowie eine eingeschränkte Nierenfunktion (Kreatinin 1,8 mg/dl). Eine jüngere Tochter zeigt ebenfalls eine Niereninsuffizienz und dysplastische Nieren mit subkortikalen Zysten. Bei der derzeitigen dritten Schwangerschaft finden sich sonographisch auffällig große und echogenitätsvermehrte Nieren beim Feten. Im Verlauf wurde bei der Mutter ein Uterus bicornis sowie ein Gestationsdiabetes diagnostiziert. Die Trias genitale Fehlbildung, zystische Nierendysplasie und Diabetes veranlasste uns, nach Mutationen im TCF-2 Gen zu suchen, welches für den Hepatocyte nuclear factor (HNF-1β) kodiert. Es fand sich eine Mutation in der Donor-Spleißstelle im Intron 2 (c.544+3_4delAA). Hieraus resultiert ein fühzeitiges Stopcodon, welches zu einem verkürzten Protein mit vermutlichem Funktionsverlust führt. Schlussfolgerung: Eine Vielzahl von Genen ist an der Nierenentwicklung beteiligt. Familiäre oder syndromale Fälle mit Nierendysplasie erlauben die Identifizierung von Kandidatengenen und die Erforschung ihrer Funktion. HNF-1β (hepatocyte nuclear factor) ist ein gewebespezifischer Transkriptionsfaktor, der durch das TCF-2 Gen auf Chromosom 17q21.3 kodiert wird. Exprimiert wird er in Nieren, Leber, Gallengängen, Thymus, Genitaltrakt, Pankreas, Lunge und Darm. Renal ist er in den proximalen und distalen Tubuli sowie den Sammelrohren nachweisbar. In Tierversuchen des Krallenfrosches findet er sich als früher Regulator der Nierenentwicklung. Klinisch beschrieben sind bei HNF-1β-Mutationen der MODY Diabetes Typ 5, Fehlbildungen im Genitalbereich sowie zystisch-dysplastische Nieren. Das Zusammentreffen von diabetogener Stoffwechsellage, genitalen Fehlbildungen und Nierendysplasie sollte an eine HNF-1β Mutation denken lassen. DGKJ-PO-56 20 Jahre Erfahrung mit kontinuierlicher Nierenersatztherapie bei pädiatrischen Patienten mit Multiorganversagen S. Rödl1, I. Marschitz1, Chr. Mache1, E. Ring1, G. Zobel1 1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz, Österreich Ziel: Sekundäres Nierenversagen pädiatrischer Patienten führt oft zu einem Multiorganversagen, und dieses zeigt eine hohe Mortalität. Ziel dieser Untersuchung war es, die Schwere der Erkrankung zu dokumentieren und prognostische Faktoren bei Pädiatrischen Patienten mit kontinuierlicher Nierenersatztherapie (CRRT) und Multiorganversagen (MOV) zu finden. Methoden: Von 1985 bis 2005 wurden 97 Patienten mit MOV und CRRT in einer 12 Betten umfassenden interdisziplinären pädiatrischen Intensivstation behandelt. Ergebnis: Das mittlere Alter der Patienten war 4.0±0.6 Jahre, das mittlere Körpergewicht 15.1±1.7 kg. Die Hauptursachen, die zur CRRT führten, waren Herz-Kreislaufversagen in 56% und Sepsis in 20%. Die gesamte Überlebensrate war 49%. Der mittlere arterielle Druck war für die Verstorbenen mit 50.6±1.9 mmHg gegenüber den Übelebenden mit 59.7±1.9 mmHg zu Beginn der CRRT signifikant niedriger. Patienten mit einer Volumsüberladung von mehr als 20% des Körpergewichts und Patienten mit Katecholaminunterstützung hatten Mortalitätsraten von 73.7 und 65%. Immunsupprimierte Patienten hatten eine Mortalitätsrate von 83%, und alle Patienten mit enteralem Versagen verstarben. Der OSF Score und der PRISM Score zeigten mit 3.5±0.16 und 13.9±1.1 bei den Überlebenden einen signifikanten Unterschied mit 4.2±0.17 (p<0.01) und 19.6±1.6 (p<0.01) zu den Verstorbenen. Die Haupttodesursache war persistierendes Multiorganversagen. Zusammenfassung: Trotz CRRT kommt es bei MOV zu einer hohen Mortalitätsrate, besonders bei immunsupprimierten Patienten oder Patienten mit gastrointestinalem Versagen. Weiters hatte ein niedriger arterieller Druck, Katecholaminunterstützung und Volumsüberladung von mehr als 20% zu Beginn der CRRT ebenfalls eine deutlich höhere Mortalität. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-PO-57 Dünndarmperforation als Manifestation einer Post TransplantationsLymphoproliferativen Erkrankung (PTLD) nach Nierentransplantation S. Habbig1, N. Gatter1, B. Beck1, M. Feldkötter1, D. Stippel2, C. Wickenhauser3, B. Hoppe1 1Pädiatrische Nephrologie, Universitätskinderklinik, Köln; 2Klinik für Viszeralchirurgie, Universitätsklinik, Köln; 3Institut für Pathologie, Universitätsklinik, Köln Anamnese: Ein jetzt 9 4/12 Jahre alter Junge mit konnataler Nierenhypoplasie und chronischer Niereninsuffizienz seit Geburt erhält im August 2006 präemptiv eine allogene Nierentransplantation. Die primäre Immunsuppression besteht aus Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil (MMF), sowie initial Daclizumab und Methylprednisolon Kurzzeittherapie. Im Januar diesen Jahres zunächst Norovirus Gastroenteritis, im Verlauf erschwert durch eine Clostridium difficile Enteritis. Bei persistierenden Bauchschmerzen trotz antibiotischer Behandlung, dem klinischen Verdacht auf Appendizitis und steigenden Entzündungswerten erfolgt im Februar eine Appendektomie; bei postoperativ weiterhin starken abdominellen Beschwerden gastroskopische sowie koloskopische Diagnostik mit (primär) unauffälligem Befund. Sonographisch stets verdickte Darmschlingen sowie lymphofollikuläre Hyperplasie, kein Nachweis freier Flüssigkeit oder freier Luft. Aktuelle Erkrankung: Ende Februar dann akute AZ-Verschlechterung, radiologisch nun freie Luft in abdomine. Bei Verdacht auf Dünndarmperforation erfolgt unverzüglich die operative Intervention und Resektion von ca. 60 cm Jejunum sowie Mehrfach-Anastomosen bei multiplen Darmperforationen. Histopathologisch im Resektat monomorphe EBV-assoziierte PTLD, unter dem Bild eines großzelligen B-Zell-Lymphoms. Serologisch zeigt sich eine Antikörper-Konversion mit nun positiven EBV-IgM und IgG, in der PCR finden sich aber „nur“ 7000 Kopien EBV DNA. Verlauf: Zwei Tage nach Initial-OP second look-Intervention mit erneut zwei nekrotischen Jejunum-Arealen, daher prompter Beginn einer monoklonalen CD 20-Antikörper-Therapie mit Rituximab 375 mg/m2. Die weitere Staging-Untersuchungen blieben unauffällig, insbesondere kein Lymphom-Nachweis in den 3 Wochen nach Therapiebeginn im Rahmen einer diagnostischen Laparotomie resezierten abdominellen Lymphknoten. Aktuell nach 5 Zyklen Rituximab erfreulicherweise guter Allgemeinzustand des Jungen, unter niedriger Immunsuppression mit Tacrolimus und Urbason gute Transplantatfunktion. Diskussion: Zwei Geschwister des Patienten waren im Januar 2007 an Mononukleose erkrankt, der Patient selbst war klinisch und laborchemisch diesbezüglich unauffällig; auffallend war retrospektiv ein einzelner vergrößerter submandibulärer Lymphknoten. Über die Geschwister infiziert kam es bei unserem Patienten 6 Monate nach Nierentransplantation unter Immunsuppression mit Tacrolimus und MMF zu einer PTLD mit schwerstem Verlauf. Erfreulicherweise zeigt die monomorphe PTLD des Patienten ein gutes Ansprechen auf die Therapie; auch die Transplantatfunktion konnte unter der aggressiven Therapie und niedrigen Immunsuppression erhalten bleiben. Zum Langzeitverlauf nach dem aktuellen Therapieschema, insbesondere bei pädiatrischen Patienten, gibt es (noch) keine aktuellen Daten; nun drei Monate nach Diagnosestellung gehen wir von einer möglichen Vollremission der PTLD bei unserem Patienten aus. DGKJ-PO-58 Verspätete Diagnose der primären Hyperoxalurie und ihre Konsequenzen – quo vadis für Kinder mit rezidivierender Nierensteinerkrankung? B. Beck1, S. Habbig1, M. Feldkötter1, N. Laube2, B. Hoppe1 1Pädiatrische Nephrologie, Universitätskinderklinik, Köln; 2Experimentelle Urologie, Universitätsklinik, Bonn Einleitung: Die Diagnose primäre Hyperoxalurie (PH) wird bei einer signifikanten Anzahl von Patienten sehr spät oder sogar erst im
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terminalen Nierenversagen gestellt. Die Erkrankung manifestiert sich meist frühzeitig mit rezidivierenden Nierensteinen oder progredienter Nephrokalzinose. Die Steinerkrankung an sich wird von den meisten Patienten und Medizinern aber als typische urologische Erkrankung angesehen. Jedoch folgt jeder Primärmanifestation einer Steinentfernung auch eine adäquate diagnostische Evaluation? Diese Frage ist gerade für Kinder mit rezidivierender Nierensteinerkrankung von großer Wichtigkeit. Fallbericht: Wir berichten über einen beispielhaften Fall aus unserer pädiatrischen Nierenambulanz. Ein jetzt 15 Jahre alter Junge hatte seine erste Nierensteinepisode im Alter von 8 Jahren. Bis zum Alter von 14 Jahren wurden dann multiple operative Nierensteinentfernungen aus der rechten Niere notwendig. Zudem wurden mehrere Steinzertrümmerungen (ESWL) durchgeführt. Im Verlauf musste schließlich der Unterpol der rechten Niere entfernt werden. Zur „Diagnostik“ wurden diverse intravenöse Urographien, Nierenszintigraphien und andere Bildgebung durchgeführt. Von einer Steinanalyse oder gar 24 h Urinanalyse wird nicht berichtet. Seit dem 13. Lebensjahr bildeten sich auch vermehrt Steine in der linken Niere. Bevor die zwischenzeitlich durch die rezidivierenden Steinepisoden gänzlich geschädigte rechte Niere entfernt wurde, erbrachte die Vorstellung beim Erwachsenennephrologen keine neuen Erkenntnisse. Eine Hypercalciurie wurde ausgeschlossen, eine hohe tägliche Flüssigkeitszufuhr wurde empfohlen. Im Alter von 15 Jahren wurde eine ausführliche metabolische Abklärung seitens der Abteilung für Experimentelle Urologie der Urologischen Universitätsklinik in Bonn durchgeführt. Diese zeigte eine ausgeprägte Hyperoxalurie (>1 mmol/1,73 m2/24 h, normal <0,5). Die endgültige Diagnose primäre Hyperoxalurie Typ II wurde dann durch uns gestellt (L-Glycerinsäureausscheidung ebenfalls erhöht; homozygote GRHPR Mutation c.103delG). Die histopathologische Nachuntersuchung der entfernten rechten Niere zeigte doppelbrechende Calciumoxalatkristallablagerungen in fast allen Schnitten. Schlussfolgerung: Dies ist kein Einzellfall, sondern fast eine „normale“ Anamnese eines Patienten mit primärer Hyperoxalurie. Wie kann man solch ein Szenario verhindern? Ausbildung, Publikationen, PatientenDatenbanken, Selbsthilfegruppen und Internetauftritte könnten dazu beitragen die Diagnose „präsenter“ zu machen. Kinder gehören jedoch, egal welche Nierenerkrankung sie aufweisen, immer direkt einem pädiatrischen Nephrologen zur Abklärung vorgestellt. Im Speziellen gilt dies für das Kind, bzw. den Jugendlichen mit einer Erstmanifestation eines Nierensteins, oder einer Nephrokalzinose. DGKJ-PO-59 Thromboseprophylaxe beim Nephrotischen Syndrom – Umfrage zur aktuellen Vorgehensweise G. Lischetzki1, Chr. Bidlingmaier2, J. Dötsch1, W. Eberl3, I. Franke4, K. Kentouche5, L. Zimmerhackl6 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Klinikum der Universität München, München; 3Kinderklinik, Städt. Krankenhaus, Braunschweig; 4Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn; 5Friedrich Schiller Universität Klinik f. Kinder-u.Jugendmed., Jena; 6Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Innsbruck, Österreich Die Inzidenz des Nephrotischen Syndroms wird mit 10–25/1000000 Kinder unter 16 J. angegeben. Laut Literatur treten Thromboembolische Komplikationen in 3–5% auf. Die bislang durchgeführten Studien zeigen bei jeweils niedriger Patientenzahl kein eindeutiges bild bezüglich der Risikofaktoren für Thromboembolische Komplikationen. Trotzdem wird in vielen Kliniken unter bestimmten Gesichtspunkten eine Thromboseprophylaxe durchgeführt. Zur Feststellung der aktuellen Vorgehensweise führten wir einen email-basierte Umfrage (mittels einfachen Fragebogen an die Mitglieder der APN und der Ständigen Kommission Pädiatrie der GTH) durch. Wir hatten einen Eingang von 59 Antworten (39 APN – Mitglieder, 20 GTH – Mitglieder; 52 Kliniken und Institutionen aus 45 Städten, in Deutschland (38), Österreich (3), Schweiz (2), Tschechien(1) und Frankreich (1).)
Einen Standard zur Thromboseprophylaxe liegt in 11 Kliniken vor. 37 Institute haben keinen Standard. In den Instituten die einen Standard haben zeigt sich allerdings eine große Diskrepanz. 3 führen immer eine Prophylaxe durch, 4 häufig, 3 selten und eine Institution führt laut Standard nie eine Prophylaxe durch. Eine 2. Frage betraf die Medikamentenauswahl zur Prophylaxe. 38 der Abteilungen verwenden niedermolekulares Heparin, 16 Aggregrationshemmer, 10 unfraktioniertes Heparin, 3 Antithrombinkonzentrate und 1 Abteilung Warfarin als Thrombembolieprophylaxe. Daran schlossen wir einen Frage über den Wunsch nach einer Beobachtungsstudie an. Diese wurde von 53 der 59 Kollegen positiv beantwortet. Unter denen die diese nicht für sinnvoll erachten haben 2 einen Standard und 3 keinen. Zusammenfassung der Umfrage: 23% (11/48) der Kliniken haben ein Standardvorgehen zur Prophylaxe von thrombembolischen Komplikationen beim Nephrotischen Syndrom. In 92% (44/48) der Institutionen wird eine Prophylaxe von thrombembolischen Komplikationen diskutiert und in unterschiedlicher Form und Häufigkeit durchgeführt. 91% (53/58) der befragten Kollegen halten eine Beobachtungsstudie zum Thema Antikoagulation für sinnvoll. Es zeigt sich im Bereich der APN und der ständigen Kommission Pädiatrie der GTH ein sehr heterogenes Bild bezüglich des Vorgehens. Von fast allen wird die Thrombosegefahr beim Nephrotischen Syndrom als eine bedeutsame Frage angesehen. Zur genaueren Evaluation von Indikationen zur Thromboseprophylaxe beim Nephrotischen Syndrom ist eine anschliessende Studie geplant. DGKJ-PO-60 Dilatative Uropathie durch Nierensteine – seltene Ursache einer häufigen Pathologie im Säuglingsalter B. Mayer1, D. Müller1, S. Nolte-Buchholtz1, M. Gahr1 1Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Neben Nierenbeckenabgangsstenosen, prävesicalen Ureterstenosen, Harnröhrenklappen oder vesicoureterorenalem Reflux sind Nierensteine als Ursache für eine dilatative Uropathie (DUP) im Kindesalter sehr selten. Nephrolithiasis und Nephrocalcinose werden jedoch gerade bei sehr kleinen, unreifen Frühgeborenen häufiger beobachtet. Die Pathogenese dieser Nierensteine scheint multifaktoriell. Die extreme Unreife auch der Nierenfunktion der Frühgeborenen stellt wahrscheinlich die bedeutendste Variable dar. Verlängerte Hyperalimentation mit erhöhter Oxalat- und Calciumausscheidung, Hypophosphatämie, eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate, niedrige Citratausscheidung, Therapie mit Diuretika, Nierenschädigung durch Hypoxie, Hypotonie, nephrotoxische Medikamente u.a. erhöhen das Risiko der Steinbildung. Ausgehend von einem ehemals sehr unreifen Frühgeborenen der 26+5 SSW mit einem Geburtsgewicht von 590 g, bei welchem im Rahmen eines Sonographie-Screenings von Nieren und ableitenden Harnwegen eine DUP III° links, durch einen Nierenstein verursacht, diagnostiziert wurde, analysierten wir retrospektiv die Daten von 11 (6 Jungen, 5 Mädchen) ehemaligen sehr unreifen Frühgeborenen (24+2– 29+0 SSW, 550 g–1350 g Geburtsgewicht) mit sonographisch und/oder röntgenologisch im Verlauf nachgewiesener Nephrocalcinose bzw. -lithiasis, welche in den Jahren 2005/2006 in unserer Klinik betreut wurden. Alle diese Patienten litten an einem ANS (Atemnotsyndrom) bzw. einer BPD (Bronchopulmonale Dysplasie) und wurden neben einer Beatmung auch mit Sauerstoff und mit Ausnahme eines Mädchens der 27+2 SSW über längere Zeit mit Furosemid behandelt. Daneben erhielten alle Kinder eine antibiotische Therapie mit potentiell nephrotoxischen Medikamenten, 4 Kinder Indomethacin und alle Kinder wurden mit Theophyllin behandelt. Zur Vorbeugung einer Osteopenie therapierten wir mit Calcium, Phosphat und Vitamin D-Supplementation. Die in diesem Zusammenhang durchgeführten regelmäßigen Urinkontrollen erbrachten eine meist nur intermittierend erhöhte Calciumausscheidung. Eine nach Diagnosestellung durchgeführte erweiterte Diagnostik ergab soweit erfolgt keine zusätzliche zugrundeliegende Pathologie. Bei dem Frühgeborenen der 29 SSW scheint jedoch
ein Zusammenhang mit der über mehrere Wochen durchgeführten Prednisolontherapie bei rasch progredientem Hämangiom der Parotis links möglich. Nach Einlage eines Doppel-J-Katheters bildete sich bei der eingangs erwähnten Patientin die DUP sowie im weiteren Verlauf der Nierenstein langsam zurück. Eine chronische Schädigung der Nieren, auch durch die zusätzlich vorliegenden Nephrocalcinose, ist jedoch nicht auszuschließen. Gerade bei extrem unreifen Frühgeborenen sollte daher im Rahmen der erforderlichen Therapiemaßnahmen das Risiko einer Nephrocalcinose bzw. -lithiasis nicht unterschätzt werden und entsprechende Vorsorgemaßnahmen und Kontrolluntersuchungen erfolgen.
Stoffwechsel I DGKJ-PO-61 15-jähriger mit subakuten, progredientem Sehverlust im Rahmen einer Leberschen hereditären Optikusneuropathie (LHON) D. Rieger1, Chr. Wittmann1, U. Walther1, A. Freigang-Klenk2, J. Klinge1, F. Bosch1 1Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Fürth, Fürth; 2Medizinische Versorgungszentrum Fürth, Fürth Anamnese: Die Vorstellung des Patienten erfolgte wegen zunehmender Sehminderung rechts ausgeprägter als links. Die Vorgeschichte ergab 3 Wochen vor der Vorstellung ein nasales Trauma. Außerdem bestanden seit 2 Jahren stechende Kopfschmerzen v.a. im Bereich des rechten Bulbus. Klinische Untersuchung: 14 5/12 Jahre alter Junge, schlanker EZ, guter AZ, Kopf-, Halsbefund unauffällig, Cor, Pulmo, Abdomen unauffällig. Sensibilität, Reflexe, grobe Kraft, Koordination altersentsprechend, keine Hirnnervenausfälle Nn. III–XII Augenärzlicher Befund Lichtreaktion minimal verlangsamt Pupillen mittelweit, Fundus: rechte Papille temporal abgeblasst, nasal etwas prominent, Macula unauffällig, linke Papille nasal etwas prominent, hyperämisch, Macula unauffällig. Visus: rechts Handbewegungen, links 1/15 LT, Afferenter Pupillendefekt R>L. Weiterführende Untersuchungen: Eine traumatische Genese wurde mittels CT ausgeschlossen. Das MRT zeigte einen zur Neuritis N. optici passenden Befund; eine Entzündung, Marklagerveränderungen oder Tumoren waren nicht nachweisbar. Laborchemisch fiel ein postprandialer Laktatanstieg auf. Frische Infektionen mit HSV1/2, VZV, CMV, EBV, Masern Toxoplasmose, B. burgdorferi, Lues konnten in Serum und Liquor ausgeschlossen werden, ebenso eine Schrankenstörung oder einer autochtonen Ig-Produktion. Das EEG war unauffällig. Die VEP’s zeigten Veränderungen im Sinne einer Leitungsstörung der rechten Sehbahn. Verlauf: Bei V.a. auf eine Neuritis nervi optici wurde eine Urbasontherapie mit 600 mg/d für 3 Tage durchgeführt, die jedoch erfolglos war. Aufgrund des fehlenden Ansprechen auf die Urbasontherapie und wegen des postprandialen Laktatanstiegs wurde ein Defekt in der Atmungskette vermutet. Die mitochondriale DNA-Analyse zeigte eine homoplasmische Punktmutation bei nt11778G>A, welche die häufigste Mutation bei der LHON darstellt und die Verdachtsdiagnose bestätigte. Diskussion: Die LHON ist eine der häufigsten Komplex 1 Mitochondriopathien. Die gefundene Mutation stellt mit 50–70% die häufigste Mutation dieses Krankheitsbildes dar. Klinisch zeigt sich vor allem bei Männern zwischen dem 15–25 (10–60) Lebensjahr eine zunächst einseitige plötzlich einsetzende deutliche Visusminderung (1/20–1/35). Das andere Auge folgt meist im Abstand von wenigen Wochen bis Monaten. Typischerweise zeigen die Patienten funduskopisch im akutem Stadium hyperämische Papillen, bei unauffälliger Netzhaut. Zudem fällt ein ausgeprägtes Zentralskotom auf. Eine Funktionserholung der Sehnerven ist selten. Es existieren atypische Verläufe, so dass bei jeder unklaren Optikusatrophien differenzialdiagnostisch an eine LHON gedacht werden sollte. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-PO-62 Very long chain Acyl-CoA Dehydrogenase-Mangel bei monozygoten Zwillingsschwestern: versäumte Diagnose, verspätete therapeutische Intervention und das Dilemma der Beratung für Screeningprogramme G. M. Pastores1, E. H. Kolodny1, A. Zia2 1Abteilung für Neurogenetik und Neurologie, New York University Medical Center, New York, NY 10032, USA; 2Abt. für Kinderheilkunde und Klinische Genetik, Cokumbia University, Morgan Stanly Children’s Hospital, New York, USA Very long chain Acyl-CoA Dehydrogenase (VLCAD) katalysiert den initialen geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Oxydation von Fettsäuren in den Mitrochondrien; speziell die Dehydrierung von AcylCoA Estern mit einer Kettenlänge von 14–24 Kohlenstoff-atomen. Mutationen im den Schlüsselgenen für VLCAD sind mit einer Reihe von Phänotypenen assoziiert worden: 1) eine infantile Form mit schwerer Cardiomypathie und Hepatopathie, die zu wiederholter hypoketotischer Hypoglykämie und frühem Tod führt. 2) eine abgeschwächte Kindheitsvariante, die durch eine milde Form von Cardiomypathie und Hepatopathie gekennzeichnet wird, in der schnelle Ermüdbarkeit und Schwäche als Hauptsymptome auftreten. Man gelangt immer mehr zu der Erkenntnis, dass es eine noch schwächere Form gibt, die in späterem Kindesalter und bei Jugendlichen auftritt; diese ist assoziiert mit Erschöpfung und Rhabdomyolyse. Diese als Spätform auftretenden Fälle zeigen normalerweise keine Anzeichen von Cardiomypathie oder Hepatopathie. Hier berichten wir von monozygoten Zwillingsschwestern, bei denen nichtprogressive Muskelprobleme im Teenageralter auftraten, deren Diagnose aber versäumt wurde bis sie in den Fünfzigern waren. Die Familienanamnese zeigt Konsanguinität der Eltern. Frühere Evaluationen, unter anderem eine Muskelbiopsie, waren nicht imstande die Ursache der Probleme aufzudecken. Erhöhte Plasmakozentrationen von C14:1 und C14:2 Carnitine ermöglichten die Diagnose. Die Mutationsanalyse zeigte, dass die Schwestern homozygot für G1406A waren (R429Q). Der Grund für die variable Expression des VLCAD- Mangels wird teilweise durch den Genotyp erklärt, die entweder mit Null-Allelen oder missensen Mutationen eine noch verbleibender Enzymaktivität haben. Da die metabolische Dekompensation mit einer erheblichen Morbidität in Verbindung gebracht wird, ist eine rechtzeitige Diagnose wichtig. Änderungen des Lebensstils und der Ernährung sind entscheidend zur Vorbeugung sich wiederholender Episoden. Die Spätform kann durch Screening von Neugeborenen erkannt warden, aber bei Nichtvorhandensein von Mutationsanalysen die Prognose und Beratung erschweren. DGKJ-PO-63 Die Knorpel-Haar-Hypoplasie (CHH): eine Multisystemerkrankung mit breitem phänotypischem Spektrum K. Hartmann1, L. Bonafe2, E. Lankes1, H. Hahn1, P. Freisinger1 1Kinderklinik der TU Krankenhaus München – Schwabing, München; 2Pediatrie Moleculaire, CHU Lausanne, Lausanne, Schweiz Die Knorpel-Haar-Hypoplasie (auch metaphysäre Chondrodysplasie Typ McKusick OMIM 250250) ist eine seltene, autosomal rezessiv vererbte Multisystemerkrankung, bei der phänotypisch ein dysproportionierter Minderwuchs im Vordergrund steht. Zudem sind sehr dünne Haare, zelluläre Immundefekte, Anämie, Malabsorption, intestinale Motilitätsstörungen und erhöhtes Neoplasie-Risiko häufig beschrieben Zugrunde liegen der CHH Mutationen im RMRP-Gen, das die RNaseMRP codiert. Wir illustrieren an 3 Patienten die Breite des phänotypischen Spektrums dieser Erkrankung: Patientin 1 fiel bei der Geburt durch einen Hydrops fetalis und eine hyporegeneratorische Anaämie sowie Minderwuchs (42 cm) auf. Nach mehreren Infektionen entwickelte sie in der 15. LW ein generalisiertes staphylogenes Lyell- Syndrom an dem sie verstarb. Radiologisch fiel eine metaphysäre Dysplasie auf. Patientin 2, die im Alter von 1 Jahr wegen einer Wachstumsverzögerung (57 cm) erstmals vorgestellt wurde, fiel zusätzlich durch sehr
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spärliches, feines Haar auf. Radiologisch zeigte sich eine ausgeprägte metaphysäre Dysplasie, die zur Diagnose CHH führte. Hämatologisch und immunologisch zeigten sich bis zum 4. Lebenjahr keine Auffälligkeiten. Der 3. Patient fiel bei der Geburt durch eine grenzwertige Körpergröße (47 cm) auf. Radiologisch zeigten sich milde Zeichen einer metaphysären Dysplasie. Bis zum aktuellen Alter von 28 Monaten, sind keine Anomalien der Haare, sowie keine hämatologischen und immunologischen Auffälligkeiten beobachtet worden. Bei allen Patienten konnten unterschiedliche, compound heterozygote Mutationen in RMRP nachgewiesen werden (Pat.1:70A”G und InsCCTGAG an –6; Pat.2 70A”G und 193A”G; Pat.3: -25_-16dupACTACTCT und 193A”G). Die Genotyp/Phänotyp-Beziehung wird im Vergleich zu bisher beschriebenen Mutationen erläutert werden.Dieses Krankheitsbild demonstriert sehr gut, dass bei der Beteiligung sehr unterschiedlicher Organsysteme eine gemeinsame Ursache zugrunde liegen kann. Gerade wegen der Breite des phänotypischen Spektrums sollte die CHH trotz ihrer Seltenheit auch bei leichtem, dysproportioniertem Minderwuchs in Erwägung gezogen werden. DGKJ-PO-64 Arterielle Steifigkeitszunahme bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas S. Briese1, M. Claus1, S. Wiegand1, U. Querfeld1 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin Hintergrund: 10–18% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig (>90. Perzentile). Über der 97. Perzentile liegen etwa 4–8%, sie haben definitionsgemäß eine Adipositas. Art und Ausmaß der kardiovaskulären Veränderungen bei diesen Patienten sind bisher nicht ausreichend untersucht worden. Methodik: Wir untersuchten 52 adipöse Patienten im Alter von 12 bis 19 Jahren mit einem mittleren BMI von 34,5 kg/m2 und verglichen diese mit 48 normalgewichtigen Kontrollen im Alter von 9 bis 19 mit einem BMI von 19,5 kg/m2. Die Diagnostik umfasste morphologische und funktionelle Surrogatparameter von kardiovaskulären Veränderungen: die Intima Media Dicke (IMT) der Arteria carotis, sowie die Pulswellengeschwindigkeit (PWV) und den Aortalen Augmentationsindex (AIx). AIx und PWV wurden als Maß der arteriellen Compliance durch Messung der Pulswelle der Arteria carotis und Arteria femoralis rechnerisch ermittelt (SphygmoCor Gerät). Ergebnisse: Patienten und gesunde Kontrollen hatten ein mittleres Alter von 15 bzw. 13,5 Jahren, der BMISDS zeigte einen deutlich signifikanten Unterschied mit 2,82. Die IMT war bei Patienten und Kontrollen signifikant verschieden, mit einer Zunahme um 20,8% (0,58 mm vs. 0,49 mm). Deutliche Unterschiede zeigte die Messung der PWV mit einem signifikanten Anstieg um 18%: Der mittlere PWV betrug bei Gesunden 4,65 m/s und bei den Adipösen 5,68 m/s. Auch der systolische Blutdruck zeigte signifikante Unterschiede. Keine Veränderungen wurden im AIx festgestellt. Zusammenfassung: Bei adipösen Kindern und Jugendlichen lassen sich mit nichtinvasiven Verfahren morphologische und funktionelle Veränderungen der großen Arterien nachweisen: eine Zunahme der Intima media Dicke der Arteria carotis communis und eine deutliche Abnahme der arteriellen Elastizität gekennzeichnet durch einen Anstieg der PWV. Die Aufnahme dieser diagnostischen Verfahren in die Empfehlungen; zumindest für extrem adipöse Kinder und Jugendliche, sollte diskutiert werden. DGKJ-PO-65 Stationär-ambulantes Schulungskonzept bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas – „Raupe Nimmerdick“ K. Knab1, H. Schweiger1, J. Klinge1 1Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Fürth, Fürth Einleitung: Adipositas stellt im Kindes- und Jugendalter ein zunehmendes Problem dar. Die bisherigen Schulungskonzepte beruhen ent-
weder auf einer stationären Schulung in einer spezialisierten Einrichtung, oft weit vom sozialem Umfeld entfernt, oder es werden ambulante Schulungen durchgeführt, bei denen den Patienten in wenigen Unterrichtseinheiten Konzepte zur Gewichtsabnahme erläutert werden, meist ohne Einbeziehung der Familie oder anderer Betreuungspersonen. Wir haben daher, basierend auf den Richtlinien der KgAS, ein Konzept entwickelt, das sowohl einen stationären Schulungsteil beinhaltet, als auch eine langfristige ambulante Betreuung der ganzen Familie. Methoden: Folgende Aufnahmekriterien wurden festgelegt: Überschreiten der 97. alters- und geschlechtsspezifischen BMI-Perzentile, Alter zwischen 9 und 15 Jahren, Eigenmotivation von Eltern und Kind. Ausschlusskriterien waren: sekundäre Adipositas, schwere psychiatrische Erkrankungen, fehlende Gruppenfähigkeit. Die erste Kontaktaufnahme mit den infrage kommenden Familien erfolgte mittels Fragebogen, getrennt für Eltern und Kinder. Die daraufhin ausgewählten 12–18 Kinder wurden bei einem ersten Vorstellungstermin körperlich untersucht, inkl. BIA-Messung und modifiziertem Münchner-Fitness-Test und es wurden folgende Laborwerte bestimmt: Blutbild, Leber- und Schilddrüsenwerte, Leptin im Serum, Blutfette, nüchtern Blutzucker. In wöchentlichen Elternabenden wurden die Grundlagen des Schulungskonzeptes erläutert, die Teilnahme war verpflichtend. Die Schulung für die Kinder begann mit einer stationären Schulungswoche zur Vermittlung des nötigen Grundwissens und zum Aufbau eines Gruppengefühls. Die weiteren Schulungsmaßnahmen fanden zunächst wöchentlich dann 14-tägigen statt, getrennt nach Elternn und Kindern. Hier wurde auch auf aktuelle Probleme der Familien und Kinder eingegangen. Zusätzlich fand wöchentlich eine Adipositas-Sportgruppe statt. Nach Beendigung des auf ein Jahr festgelegten Projektes bestand die Möglichkeit zu freiwilligen monatlichen Treffen. Für die langfristige Betreuung sind alle 3 Monate eine Fragebogenaktion und einmal jährlich ein persönlicher Kontakt vorgesehen. Ergebnisse: Bisher sind zwei komplette Projekte abgeschlossen. Im Pilotprojekt 2005/06 haben 87% der Teilnehmer eine Reduktion des BMI erreichen können, eine Gewichtsreduktion wurde bei 62% der Kinder erzielt. Im Folgeprojekt 2006/07 haben 77% der Teilnehmer eine Reduktion des BMI erreichen können, eine Gewichtsreduktion wurde bei 47% der Kinder erzielt. Ein wesentliches Ergebnis unserer Schulung aber war die Verbesserung der Lebensqualität der Familien, die insbesondere durch die intensive psychosoziale Betreuung erreicht wurde. Schlussfolgerungen: Die ersten Ergebnisse zeigen, dass mit unserem Konzept eine Stabilisierung des Gewichtes der adipösen Kinder und Jugendlichen erreicht werden kann und die Familien an Lebensqualität gewinnen. Allerdings werden erst langfristige Nachuntersuchungen zeigen, ob dieser Effekt nachhaltig ist. DGKJ-PO-66 Therapieergebnisse nach 6 Monaten Enzymersatztherapie in 13 juvenilen/adulten M. Pompe Patienten R. Hartung1, F. Chamsi-Bacha1, G. Schulze Frenking1, M. Beck1, E. Mengel1 1Kinderklinik, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Hintergrund: M. Pompe (Glykogenose II) ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, welche aufgrund des Mangels an saurer alphaGlucosidase zu einer progredienten Speicherung von Glykogen in den Lysosomen führt. In der infantilen Verlaufsform präsentiert sich die Erkrankung klinisch mit muskulärer Hypotonie, hypertropher Kardiomyopathie und respiratorischer Insuffizienz. Unbehandelt versterben die Kinder im ersten Lebensjahr. Bei attenuierten Verlaufsformen im Jugend- und Erwachsenenalter stehen die Muskel- und Atemschwäche im Vordergrund. Methodik: Die Patienten erhielten erstmals eine Enzymersatztherapie (EET) mit Alglucosidase (20 mg/kg KG alle 14 d). Zu Beginn sowie nach 6 Monaten führten wir in unserem standardisierten Pompe Untersuchungsprotokoll u. a. jeweils eine Lungenfunktion im Sitzen und Liegen, zur Darstellung der diaphragmalen Funktion, sowie einen 6-Minuten Gehtest durch. Von unserem juvenilen/adulten M. Pompe-Kollektiv erfüllten 13 Patienten (4–63 Jahre) die Auswahlkriterien: Reproduzierbare
Spirometrie, (Rest-)gehfähigkeit (ggf. mit Hilfsmittel). Als Parameter für die Lungenbeteiligung wurde die funktionelle Vitalkapazität (FVC) sowie die inspiratorische Vitalkapazität (VCin) verwendet. Alle Werte wurden jeweils nach Alter, Größe und Gewicht normiert. Ergebnisse: Die mittlere FVC im Sitzen stieg jeweils Alters, Größen und Gewichts normiert von 66,9 (+/–25,7) % vor EET auf 70,6 (+/–24,1) % nach 6 Monaten an (p=0,023). Im Liegen änderte sich die FVC gleichfalls signifikant von 56,1 (+/–27,1) % auf 59,6 (+/–26,9) % (p=0,023). Beim 6-Minuten Gehtest zeigte sich bei den adulten M. Pompe Patienten (>19 Jahre) ein mittlerer Anstieg um 41 m von 326 (+/–160) m auf 367 (+/–166) m nach 6 Monaten (p=0,017). Alle Patienten konnten eine weitere Strecke zurücklegen als vor Therapie. Schlussfolgerung: EET mit Alglucosidase in juvenilen und adulten Patienten mit M. Pompe zeigt bereits nach 6 Monaten eine signifikante Verbesserung sowohl der Skelett- als auch der Atemmuskelfunktion. Durch das gute Ansprechen des Diaphragmas, erscheint bei rechtzeitiger Therapie eine Ateminsuffizienz mit Beatmung vermeidbar. DGKJ-PO-67 Kongenitaler Hyperinsulinismus mit diffuser b-Zell-Hyperplasie A. Rack1, W. Röschinger1, U. Wintergerst1, O. Blankenstein2, H. Weigand1, R. Lamberty1, R. Ensenauer1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität, München, München; 2Universitätskinderklinik der Charité, Campus Virchow, Berlin Hintergrund: Der kongenitale Hyperinsulinismus ist die häufigste Ursache rezidivierender Hypoglykämien im Säuglingsalter. Ätiologisch ist er sehr heterogen mit unterschiedlichen, zugrunde liegenden genetischen Defekten, die zu einer gestörten Regulation der Insulinsekretion führen. Patientenvorstellung: Beschrieben wird eine 20 Monate alte Patientin kenianischer Abstammung mit kongenitalem Hyperinsulinismus bei diffusen Pankreasveränderungen. Ab der ersten Stunde post partum kam es zu rezidivierenden non-ketotischen Hypoglykämien. Auffällig waren pathologische Glukose-Insulin-Paare (bei Glukose <35 mg/dl Insulin 7,1 mU/l; diagnostisch >3 mU/l), ein deutliches Ansprechen auf Glukagon (Glukose-Erhöhung von 28 auf 55 mg/dl) sowie erniedrigte freie Fettsäuren (0,16 mmol/l; typisch <0,6) und 3-Hydroxybutyrat (0,04 mmol/l; typisch <0,1). Dadurch konnte in der zweiten Lebenswoche die Diagnose eines kongenitalen Hyperinsulinismus gesichert werden. Ammoniak im Plasma war normal. Symptomatische Hypoglykämien oder Krampfanfälle traten nicht auf. Eine häufig zu beobachtende Makrosomie lag nicht vor. Eine 18Fluoro-L-Dopa-PET-ScanUntersuchung zeigte eine diffuse Verteilung der insulinproduzierenden Zellen. Die molekulargenetische Untersuchung der Gene ABCC8 und KCNJ11, in denen ca. 50% der Patienten Mutationen aufweisen, war unauffällig. Die maximale Kohlenhydratzufuhr lag vor Therapiebeginn bei 21 mg/kgxmin. Unter 8 mg/kgxd Diazoxid war eine Reduktion der Kohlenhydratzufuhr auf 11 mg/kgxmin möglich. Zusätzlich wurden ein Hydrochlorothiazid sowie Spironolacton verabreicht. Im Verlauf war eine sukzessive Reduzierung der Diazoxiddosis auf zuletzt 1,5 mg/kgxd im Alter von 20 Monaten möglich, was zu einem Rückgang der nebenwirkungsbedingten Hypertrichose führte. Die Diuretika waren mit 16 Monaten problemlos absetzbar. Unter nächtlicher Dauersondierung über eine PEG-Sonde und tagsüber kohlenhydratreichen Mahlzeiten alle 3 Stunden traten keine Hypoglykämien auf. Mit 15 Monaten zeigte sich ein leichter Entwicklungsrückstand von 3 bis 4 Monaten, der sich unter intensiver physio- und ergotherapeutischer Förderung besserte. Schlussfolgerung: Dargestellt wird die erfreuliche Entwicklung einer Patientin mit der Frühdiagnose eines kongenitalen Hyperinsulinismus aufgrund von diffuser b-Zell-Hyperplasie. Im Verlauf der ersten zwei Lebensjahre war die medikamentöse Therapie reduzierbar. Ursache und pathologische Relevanz der milden Retardierung lassen sich derzeit nicht beurteilen. Durch frühe Diagnosestellung und Therapie sind Hypoglykämien und neurologische Komplikationen vermeidbar. Zum Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Nachweis der Hyperinsulinämie sind ggf. wiederholte Bestimmungen von Insulin in der Hypoglykämie notwendig. Weitere Hinweise ergeben sich durch Ansprechen auf Glukagon sowie inadäquate Hemmung von Lipolyse und Ketogenese. Eine genetische Diagnosebestätigung ist bei ausgeprägter genetischer Heterogenität häufig nicht möglich und zudem oftmals ohne Konsequenz für das therapeutische Vorgehen. DGKJ-PO-68 Alimentärer Zinkmangel: Eine wichtige Differentialdiagnose bei Ekzemen des Frühgeborenen L. Garten1, D. Hüseman1, S. Henning1, U. Blume-Peytavi2, A. Loui1 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin; 2Charité, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Berlin Einleitung: Ausschließlich gestillte Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko für einen alimentären Zinkmangel. Wegen ihres schnellen Wachstums haben sie einen hohen Zinkbedarf von 1–2 mg/kg/Tag, der wegen ihrer eingeschränkten Fähigkeit zur enteralen Zinkabsorption und des geringen Zinkgehaltes von nicht supplementierter Muttermilch nicht immer gedeckt wird. Frühe Symptome eines Zinkmangels sind Dermatitis, Alopezie und Diarrhoe. Die Hautveränderungen kommen typischerweise perioral, perianal und an den Extremitäten vor, sie imponieren als scharf begrenzte, erythematöse Plaques, teils mit Blasenbildung. Bei ausbleibender Zinksubstitution kann es im Verlauf zusätzlich zu Wachstumsverzögerung, erhöhter Infektneigung, verzögerter Wundheilung und Appetitlosigkeit kommen. Die klinische Abgrenzung der durch Zinkmangel bedingten Hautveränderungen von einer Impetigo contagiosa oder einem atopischen Ekzem ist gelegentlich schwierig. Fallbericht: Wir berichten von einem alimentär bedingten Zinkmangel bei einem Frühgeborenen von 27+1 SSW. Im Alter von korrigiert 1,6 Monaten traten bei dem ausschließlich gestillten Säugling erstmals verkrustende Effloreszenzen initial perinasal, später im gesamten Gesicht, am behaarten Kopf, nuchal und im Schulterbereich auf. Unter dem Verdacht einer Impetigo contagiosa wurde das Kind ambulant über jeweils eine Woche oral mit Cefaclor, Cefuroxim, Amoxicillin und schließlich Amoxicillin in Kombination mit Clavulansäure antibiotisch therapiert. Bei zunehmender Ausbreitung der Effloreszenzen trotz der Antibiotikatherapie Überweisung in unsere Klinik im korrigierten Alter von 2,6 Monaten unter dem Verdacht einer therapieresistenten Impetigo contagiosa bei Immundefekt. In der durchgeführten Labordiagnostik fand sich ein hochgradiger Zinkmangel (Zink im Serum 2,7 μmol/l, norm 10–20 μmol/l). Histologisch zeigte sich das Bild wie bei einer Acrodermatitis enteropathica. Nach der intravenös begonnenen und dann oral weitergeführten Substitution mit Zink kam es innerhalb von 24 Stunden zu einer deutlichen Besserung und schließlich zu einem vollständigen Abheilen aller Hautveränderungen. Fazit: Bei allen Hautveränderungen des Frühgeborenen, die nach einigen Wochen auftreten und klinisch wie eine Impetigo contagiosa, ein atopisches oder seborrhoisches Ekzem, eine Candidiose, oder eine Psoriasis vulgaris imponieren, muss differentialdiagnostisch an einen Zinkmangel gedacht werden. Eine Diagnostik ist mit der Bestimmung des Serum-Zink-Spiegels möglich.
Infektiologie I DGKJ-PO-69 Pneumokokken-Konjugat-Impfung bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr nach Empfehlung durch die ständigen Impfkommission (STIKO) – Status quo und Umsetzung der Nachholimpfung K. Tepper1, J. Scholz-Ligma2, K. Bergmann2, R. Sprenger1, J. Krisch1 1Wyeth Pharma GmbH, Münster; 2Produkt + Markt, Wallenhorst Hintergrund: Im Juli 2006 wurde eine generelle Empfehlung zur Pneumokokken-Impfung mit einem Pneumokokken-Konjugat-Impf-
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stoff für alle Kinder bis 24 Monate von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland ausgesprochen. Es wird die Grundimmunisierung zum frühestmöglichen Zeitpunkt in insgesamt 4 Dosen zum vollendeten 2., 3. und 4. Lebensmonat und zum vollendeten 11.–14. Lebensmonat empfohlen. Die Impfung sollte zeitgleich und kontralateral zu den Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis und Hepatitis B erfolgen. Zielsetzung: Die Veränderungen der Durchimpfungsrate gegen Pneumokokken vor und nach der generellen Impfempfehlung sowie die Umsetzung von Nachholimpfungen sollte im Rahmen einer Elternbefragung erfasst werden. Letztere beinhalten die Impfung von Säuglingen und Kleinkindern, die zum Zeitpunkt der generellen Impfempfehlung durch die STIKO zwischen 7 und 23 Monaten alt und noch nicht gegen Pneumokokken geimpft waren. Zudem sollte Daten zur Durchimpfungsrate für andere Standardimpfungen erhoben werden. Methode: Im Rahmen von CATI-Interviews (Computer Assisted Telephone Interviewing) wurden 306 Eltern in Baden-Würtemberg zum Impfstatus ihrer Kinder anhand der dokumentierten Impfungen im Impfpass des Kindes befragt. 75 Kinder (n=75) waren im 1. Halbjahr 2005 geboren, 76 (n=76) Kinder im 2. Halbjahr 2005, 80 (n=80) Kinder im 1. Halbjahr 2006 und 75 (n=75) Kinder im 2. Halbjahr 2006. Somit konnten Veränderungen der Durchimpfungsrate gegen Pneumokokken vor und nach Ausspruch der generellen Impfempfehlung gegen Pneumokokken erfasst werden. Ergebnisse: Es wurden bei n=306 Kindern, die zwischen 01/2005 und 12/2006 geboren wurden, der Impfstatus für die von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen erfasst. Für Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Poliomyelitis und Hepatitis B betrug die Durchimpfungsrate zwischen 90 und 100%. Bei der Pneumokokkenimpfung war die Durchimpfungsrate umso geringer, je älter die Kinder waren. Der Anteil der Nachholimpfungen war in der Gruppe der älteren Kinder unzureichend. Zusammenfassung: Die neue Standardimpfung gegen Pneumokokken ist in Deutschland sehr schnell umgesetzt worden bei Säuglingen bis zum 1. Lebensjahr. Wünschenswert ist eine verstärkte Nachholung der Pneumokokkenimpfung bei Kindern im 2. Lebensjahr, um den noch nicht geimpften Kindern den empfohlenen Schutz vor Pneumokokken-Erkrankungen zu bieten. DGKJ-PO-70 10 Jahre Rotavirus-Enteritis – eine retrospektive Analyse H. v. Osten1, Chr. Forkert1, S. M. Schmidt1, B. Mahner1, Chr. Fusch1, R. Mentel2, R. Bruns1 1Kinderklinik, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald; 2Friedrich-Loeffler-Institut für Medizinische Mikrobiologie, Greifswald Problem: Rotaviren stehen weltweit an der Spitze als Erreger der Säuglings-Enteritis. Auch in Deutschland kommt es während der Wintersaison immer wieder zur epidemieartigen Verbreitung von Rotavirus-Erkrankungen und damit zu einer erheblichen Belastung der Patienten, deren Familien und unseres Gesundheitssystems. Da eine Erregerdiagnostik für das therapeutische Procedere einer Enteritis nicht zwingend notwendig ist, gibt es kaum Daten über Verlauf und outcome nach einer Rotavirus-Enteritis in Deutschland. Material und Methoden: Wir werteten retrospektiv Daten von 1995– 2004 von stationär in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin behandelten Kindern mit Rotavirus-Enteritis aus. Es handelt sich dabei um 827 Kinder, davon 354 Mädchen und 437 Knaben im Alter von 1 Woche 8 Jahren. Die Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung erfolgte anhand eines 20-Punkte-Scores nach Ruuska und Vesikari. Ergebnisse: 207 unserer Patienten machten eine leichte Enteritis durch, bei 620 nahm die Erkrankung einen schwereren Verlauf. Bei 304 Patienten konnten wir eine kompensierte metabolische Azidose beobachten, 56 entwickelten eine dekompensierte Azidose. ElectrolytEntgleisungen traten bei 38 Patienten auf. Die Dauer der Diarrhoe vor Aufnahme betrug im Schnitt 1,23 Tage, die Dauer im stationären Ver-
lauf 5,28 Tage. 21 Patienten entwickelten ein postenteritisches Malabsorptions-Syndrom, das eine Umstellung auf eine Hydrolysat-Nahrung notwendig machte. Es kam unter unseren Patienten nicht zu Todesfällen. Diskussion: Wir konnten bei unseren Patienten eine Abhängigkeit des Krankheitsverlaufs vom Alter beobachten, ein schwerer Verlauf (>10 Punkte im Vesikari-Score) war bei Kindern >24 Monate signifikant seltener als in den anderen Altersgruppen (p<0,01).Einen besonders schweren Krankheitsverlauf in den beiden Altersgruppen unter 12 Monate konnten wir nicht beobachten, aber eine deutliche Häufung postenteritischer Malabsorptionssyndrome bei Säuglingen <6 Monaten (p<0,01). Zusammenfassung: Obwohl tödliche Verläufe der Rotavirus-Enteritis in Deutschland extrem selten sind, scheinen ernsthafte Komplikationen, die eine stationäre Aufnahme notwendig machen, häufiger zu sein als bislang angenommen. Besonders bei jungen Säuglingen kann es zu schweren, langfristigen Komplikationen kommen.Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer generellen RotavirusImpfung bei Säuglingen. DGKJ-PO-71 Systemische Katzenkratzkrankheit – eine seltene Differenzialdiagnose der abdominellen Lymphadenopathie J. Kern1, B. Queisser1, W. Rohrschneider1, U. Merz1 1Kinderklinik St. Annastift, Ludwigshafen Einleitung: Die Differenzialdiagnose fieberhafter abdomineller Lymphandenopathien ist breit gefächert und schließt insbesondere maligne Systemerkrankungen ein, so dass eine rasche Sicherung der Diagnose geboten ist. Wir berichten über eine Infektion mit Bartonella Henselae als seltene Ursache einer isolierten abdominellen Lymphknotenschwellung. Kasuistik: Anamnese: Aufnahme eines 14jährigen Jungen mit akuten Oberbauchschmerzen und Fieber bis 39°C. Keine Vorerkrankungen bekannt. Herkunftsland Ukraine, seit 7 Jahren in Deutschland lebend, zuletzt vor 2 Monaten in der Ukraine. Klinik: Reduzierter AZ, Druckschmerz im rechten Oberbauch, im Übrigen kein auffälliger Befund, insbesondere keine cervikalen oder axillären LK-Schwellungen. Diskrete LK-Schwellung rechts inguinal. Labor: CRP 58 mg/l, im Verlauf ansteigend auf 208 mg/l; BKS 24 mm/h, im Diff.-BB 7% Stabkernige bei 10.600 Leukozyten. Proteinelektrophorese: Erhöhung der alpha2-Fraktion, Immunglobuline IgG und IgE erhöht, IgA und IgM normwertig; Leberenzymprofil, Bilirubin, Amylase, Lipase, Nierenretentionswerte, LDH, CK normwertig, Urinstatus unauffällig, Blut-, Urin- und Stuhlkulturen ohne Erregernachweis. Mendel-Mantoux negativ. Serologische Befunde: Erhöhtes IgG für EBV, CMV und Mykoplasmen bei normwertigem IgM ; Brucellen, Toxoplasmose, Leptospiren, Salmonellen, Yersinien jeweils negativ, Bartonella henselae IgG 1:256 (leicht erhöht), IgM negativ. Abdomensonografie: Nachweis paraaortaler LK mit einem Durchmesser von 3,5 cm im Bereich zwischen Magen und Pankreas, geringe Mengen freier Flüssigkeit im Douglasraum sowie diskrete Hepatosplenomegalie. Kein Hinweis für Abszess MRT-Abdomen: Bestätigung der sonografisch erhobenen Befunde. Röntgenthorax: Normalbefund. Histologie Lymphknoten rechte Leiste: Epitheloidzellige Granulome, kein Hinweis auf Malignität. Serologie II (nach 18 Tagen): Bartonella Henselae IgG 1:4096, IgM 1:40. Bartonella henselae-PCR aus Lymphknotenbiopsie: negativ, Therapie: Nach Einleitung einer Behandlung mit Doxycyclin Besserung der Bauch- schmerzen und Entfieberung. Diskussion: Als Ursache der persistierenden Bauchschmerzen und des Fiebers konnte eine Infektion mit Bartonella henselae serologisch gesichert werden. Der PCR-Nachweis gelang nicht, allerdings ist die PCR nur in der Frühphase der Erkrankung positiv. Anamnestisch stellte sich später heraus, dass der Junge in der Ukraine engen Kontakt zu jungen Katzen hatte. In der Literatur sind bei Kindern nur vereinzelte Fälle einer systemischen Infektion mit Bartonella Henselae beschrie-
ben, die mit einer abdominellen Lymphknotenschwellung und Fieber einhergehen, so dass diese Differenzialdiagnose weithin nicht bekannt ist (Dzelalija B et al. Clin Infect Dis 2001; 33:912, Losanoff JE et al. J Clin Gastroenterol 2004; 38:300). Schlussfolgerung: Bei Fieber und abdomineller Lymphadenopathie sollte eine Infektion mit Bartonella henselae in die differenzialdiagnostischen Überlegungen eingeschlossen werden. DGKJ-PO-72 Bayerisches Varizellen-Surveillance-Projekt (BaVariPro) – Erhebung von Inzidenz, Durchimpfungsrate und Hospitalisationen von VZVInfektionen bei Kindern und Jugendlichen A. Streng1, A. Köhn1, M. Piechatzek1, V. Grote2, R. von Kries2, J. G. Liese1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 2Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München Fragestellung: Seit 2004 besteht eine generelle Empfehlung der STIKO, alle Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten gegen Varizellen zu impfen. Varizellen sind keine meldepflichtige Erkrankung nach dem IfSG; die Datenlage zu Varicella-zoster-Virus (VZV)-Infektionen in Deutschland ist daher spärlich. 2006 wurde das Bayerische Varizellen-Surveillance-Projekt (BaVariPro) zur Überwachung der VZV-Epidemiologie bei Kindern und Jugendlichen in Bayern gestartet. Ziel des Projektes ist die Erfassung von 1) Inzidenz, 2) Durchimpfungsrate, 3) Hospitalisationen / Komplikationen, sowie von möglichen Veränderungen in der VZV-Epidemiologie in Folge der allgemeinen Impfempfehlung (z.B. Rückgang bzw. Altersverschiebung von Erkrankungen / Komplikationen). Methoden: 1) Inzidenz: Praxis-Surveillance in Münchener Kinderarztpraxen bei Kindern ≤16 Jahre mit monatlicher Erhebung von Erkrankungsfällen (nach Altersgruppen), Komplikationen, Varizellen bei Geimpften, Herpes zoster-Erkrankungen, und Anzahl der Varizellenimpfungen. 2) Durchimpfungsrate: Jährliche Ziehung einer Zufallsstichprobe von 600 Eltern von Kindern im Alter von 18 bis 36 Monaten über die Münchener Einwohnermeldeämter. Die ausgewählten Familien erhalten Fragebögen zu Impfstatus, demographischen Daten und Lebensumständen. 3) Hospitalisationen / Komplikationen: Abfrage von ICD-10-Daten zu VZV-Erkrankungen (Kinder ≤16 Jahre) in bayerischen Kinderkliniken ab dem Jahr 2005. Ergebnisse: 1) Praxis-Surveillance in 87 Praxen mit 118 Ärzten (d.h. ca. 2/3 aller Münchener Kinderarztpraxen) seit Sep 2006. Bis April 2007 wurden 3605 Varizellen-Neuerkrankungen (bei insgesamt ca. 570000 Patientenkontakten) gemeldet. Die durchschnittliche monatliche Gesamtzahl pro Praxis stieg von 0.6 Fällen im Sep 2006 auf 11.4 Fälle im April 2007. Komplikationen traten bei 19 (0.5%), Varizellen bei Geimpften bei 119 (3.3%) Kindern auf. Zusätzlich wurden 49 Herpeszoster-Fälle registriert. 2) Durchimpfungsrate: Die Beteiligung lag bis April 2007 bei 57%, die Varizellen-Durchimpfungsrate bei 39% (siehe Abstract Köhn et al.). 3) Hospitalisationen / Komplikationen: Teilnahmezusage von 31 (72%) von insgesamt 43 bayerischen Kinderkliniken; Daten zu 195 Varizellen- und 47 Herpeszoster-Fällen aus 10 Kliniken aus den Jahren 2005/2006 liegen bislang vor. Diskussion: Die Praxis-Surveillance zeigt die Altersverteilung und den saisonalen Verlauf der Varizellen und ermöglicht detaillierte Analysen von Komplikationen und Impfdurchbrüchen. Die Durchimpfungsrate für Varizellen stieg in den 2.5 Jahre nach Einführung der Impfempfehlung langsam an. Aus den bayerischen Kliniken steht umfangreiches Datenmaterial zur Analyse von Komplikationen zur Verfügung. Schlussfolgerung: BaVariPro ist 2006 mit engagierter Beteiligung von Kinderärzten, Kinderkliniken und Eltern angelaufen. Dies lässt eine zuverlässige Abschätzung der Veränderung der VZV-Epidemiologie und eine gute Datenbasis zur Überprüfung der Impfempfehlung und der Impfstoffwirksamkeit erwarten.
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Abstracts DGKJ-PO-73 Hirnabszess als seltene Komplikation bei Mukoviszidose und infantiler Cerebralparese E. Neuschl1, R. Germann1, U. Seitz1, A. König2, J. Kühr1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Städtisches Klinikum, Karlsruhe; 2Klinik für Neurochirurgie, Städtisches Klinikum, Karlsruhe Einleitung: Hirnabszesse sind mit einer Inzidenz von 0,3–1,3/100.000 Einwohner/Jahr selten. Prädisponierende Faktoren für die Entstehung eines Hirnabszesses im Kindesalter sind unter anderem Herzvitien, chronische Infektionen im Mund-Rachen-Ohr-Bereich, Immunsuppression und chronische pulmonale Erkrankungen. Die Erreger gelangen per continuitatem, hämatogen oder durch Trauma in das Hirngewebe. Wir stellen zwei Kinder mit Hirnabszess als Komplikation bei unterschiedlichen Grunderkrankungen vor. Patient 1: Bei einem 10 jährigen Patienten mit schwerer psychomotorischer Retardierung und bekannter Epilepsie fiel etwa 6 Wochen vor Aufnahme eine vermehrte Müdigkeit auf, zusätzlich bestand eine Trinkverweigerung seit 2 Tagen. Die Aufnahme erfolgte in komatösem Zustand. Im MRT des Schädels zeigten sich multiple raumfordernde Abszesse. Es erfolgte die operative Versorgung und antimikrobielle Therapie. Als Erreger wurden Actinomyces israelii, gramnegative Anaerobier und Campylobacter rectus nachgewiesen. Patient 2: Eine 17 jährige Patientin mit bekannter Mukoviszidose verspürte zwei Wochen vor Aufnahme Zahn- und Kopfschmerzen. Im Verlauf kam es zur Zunahme der Cephalgie, zusätzlich bestanden Schwindel und Übelkeit. Mittels MRT wurde die Diagnose eines Hirnabszesses gestellt. Es erfolgte die chirurgische Extirpation und antimikrobielle Therapie. Als Erreger wurde Streptococcus intermedius nachgewiesen. Der Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Die Patientin erlitt keine neurologischen Residuen. Schlussfolgerung: Die Letalität von Hirnabszessen ist in den letzten Jahren dank Fortschritten in der Diagnostik zurückgegangen. Die Symptomatik ist häufig nur gering ausgeprägt (bis zu 80% Cephalgie und um 30% cerebrale Anfälle). Das Erregerspektrum ist breit und häufig polymikrobiell; Streptococcus intermedius, Peptostreptokokken, Propionibakterien und Staphylokokken sind typische Isolate. Seltener werden Aktinomyzeten spp und Pilze gefunden. Als Therapieoption stehen die chirurgische und die antimikrobielle Therapie zur Verfügung. Als Spätfolgen sind Defektheilungen und Epilepsien (bis zu 70%) häufig. Besonders bei zugrunde liegenden prädisponierenden Faktoren sollte auch bei gering ausgeprägter Symptomatik an die Möglichkeit eines Hirnabszesses gedacht werden. DGKJ-PO-74 Serologische Immunität gegen impfpräventable Infektionskrankheiten bei Herz- und Herz-Lungen-transplantierten Kindern S. Cremer1, S. Urschel1, J. Diterich1, A. Fuchs1, R. DallaPozza1, B. Reichart2, H. Netz1, B. Belohradsky3 1Abteilung für Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Klinikum der Universität München, München; 2Herzchirurgische Klinik, Klinikum Großhadern der Universität München, München; 3Abteilung für antimikrobielle Therapie und Infektionsimmunologie, Klinikum der Universität München, München Zielsetzung: Überprüfung des Impfstatus Herz- (HTx) und Herz-Lungen-transplantierter (HLTx) Kinder anhand des Nachweises protektiver Antikörper gegen die in den Regelimpfungen erfassten Erreger sowie die Evaluation der Einhaltung der empfohlenen Impfkalender. Methoden: In einer Querschnittsstudie wurden die spezifischen Antikörperspiegel bei 48 pädiatrischen Patienten nach HTx (n=40, 3 davon AB0 inkompatibel) oder HLTx (n=8) eines Transplantationszentrums mittels EIA quantifiziert. Es erfolgte die Dokumentation der Impfanamnese, des Alters bei Tx, der klinischen Vorgeschichte inkl. Krankenhausaufenthalte auf Normal- und Intensivstation, des immunsuppressiven Therapieschemas und der Anamnese bezgl. Abstoßungsreaktionen. Ergebnisse: Antikörperspiegel mit sicherem Schutz gegen Diphtherie
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fanden sich bei 81% der Patienten, gegen Tetanus bei 23%, gegen HiB bei 30% und gegen S.pneumoniae spcc. bei 56%. Der durch Lebendimpfung erreichte Antikörperstatus war signifikant (p<0,05) niedriger bei Patienten, die vor dem Erreichen des zweiten Lebensjahrs transplantiert wurden. Fehlende serologische Immunität fand sich für Masern bei 39% aller Patienten und bei 67% der vor dem 2.Lebensjahr transplantierten Patienten, für Mumps bei 47% / 60%, für Röteln bei 28% / 53% und für Varizellen bei 23 / 53%. Die Analyse der potenziellen Risikofaktoren zeigte eine starke Korrelation von niedrigen Antikörperspiegeln und dem Alter bei Transplantation, es fand sich kein signifikanter Unterschied der Antikörperspiegel im Vergleich der Arten der Transplantation (HTx vs. HLTx) oder der immunsuppressiven Therapien mit Tacrolimus®, Cyclosporin, Cellcept® oder Myfortic®. Die Analyse der Impfanamnese zeigte bei der Mehrheit der Patienten eine unvollständige und spätere Durchführung als empfohlen. Dies korrelierte nicht mit der Dauer oder Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten auf Normal- oder Intensivstation. Schlussfolgerung: Den meisten pädiatrischen Patienten nach HTx oder HLTx fehlt eine ausreichende serologische Immunität gegen impfpräventable Erkrankungen, vor allem Kindern, die vor dem 2. Lj transplantiert wurden. Die empfohlenen Impfkalender werden ohne einen aus der prä-Transplantationsanamnese ersichtlichen Grund häufig verspätet oder unvollständig durchgeführt. Eine konsequentere Umsetzung der Impfempfehlungen vor Tx ist notwendig sowie eine regelmäßige Überprüfung der Antikörperspiegel nach Tx um den Bedarf an zusätzlichen Auffrischimpfungen rechtzeitig zu erkennen. DGKJ-PO-75 Lebergranulome als Ursache von Fieber unklarer Genese bei einem Patienten mit chronischer Granulomatose U. Wintergerst1, J. Zezos1, H. Michels2, U. Glöckel2, T. Pfluger1, B. Belohradsky1 1Klinikum der Universität München, München; 2Kinderklinik und RheumaKinderklinik der Rummelsberger Anstalten, Garmisch-Partenkirchen Hintergrund: Lebergranulome als Differentialdiagnose bei einem Patienten mit chronischer Granulomatose und Fieber unklarer Ursache (FUO). Epikrise: Ein 4 Jahre alter Junge stellte sich mit rezidivierendem Fieber, Ulzera im Mund und Genitalbereich, Cheilitis, sterilem makulopapulösem Exanthem seit dem 2. Lebensjahr und Hypothyreose vor. In der Hautbiopsie ergab sich kein Hinweis auf die Genese des Exanthems, insbesonders keine Vaskulitis. Laborchemisch fielen ein anhaltend erhöhtes CRP, Serum-Amyloid A und TNF-a auf. Therapieversuche mit Methotrexat bzw. Decortin brachten nur vorübergehende Besserung. Vor Aufnahme konnten schon ein M.Behcet, TRAPS, Muckle-Wells-syndrom, familiäre Kälte-Urtikaria, CINCA-Syndrom, Hyper-IgD-Syndrom, PFAPA-Syndrom und ein familiäres Mittelmeerfieber ausgeschlossen werden. Bei Diagnostik wegen Fieber unklarer Ursache wurde bei negativer bildgebender Routinediagnostik (Abdomen-Sonographie, Rö-Thorax) ein Positronenemissionstomogramm (PET) veranlasst, welches eine ausgeprägte Mehrspeicherung in der Leber zeigte. Mehrere sonographische Untersuchungen der Leber waren unauffällig gewesen. Unter dem Verdacht auf einen Lebertumor wurde eine Biopsie durchgeführt, die aber nur ein entzündliches Infiltrat ohne Erregernachweis zeigte. Bei Verdacht auf Leberabszess wurde die Untersuchung auf eine Granulozytenfunktionsstörung veranlasst. Diese zeigte einen fehlenden „respiratorischen Burst“ der Granulozyten und Monozyten, womit sich die Diagnose einer chronischen Granulomatose ergab. Die Kernspintomographie der Leber legte den Verdacht auf ein Lebergranulom in Abgrenzung von einem Leberabszess nahe. Unter der Standard-Behandlung mit Cotrimoxazol und Itraconazol – als medikamentöse Prophylaxe bei CGD – sowie Therapie mit Steroiden (zu Beginn 2 mg/kg, dann ausschleichend über mehrere Monate) kam es zu einer raschen Besserung der klinischen Symptomatik und kompletten Rückbildung des Prozesses innerhalb von 8 Monaten. Schlussfolgerung: Lebergranulome können zu Fieber unklarer Ursache führen. Als zugrundeliegende Erkrankung muss nach einer chronischen Granulomatose gesucht werden.
DGKJ-PO-76 Lethal HSV 2 infection in a neonate S. Meyer1, S. Gottschling2, L. Gortner2, A. Haensgen3 1Australian National University, The Centre for Newborn Care, Canberra, Australien; 2Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg; 3Universitaetsklinikum des Saarlandes, Institut fuer Allgemeine und Spezielle Pathologie, Homburg Background: Although effective antiviral therapies are available for neonatal herpes simplex virus (HSV) disease, recent data demonstrate that no progress has been made in decreasing the interval between onset of HSV symptoms and initiation of antiviral therapy [3]. Patient: A male infant was delivered at 37 weeks of gestation by caesarean section (birth weight: 2.65 kg). Caesarean section was performed prior to rupture of membranes for suspected maternal appendicitis, but histopathology did not show signs of inflammation. The neonate was admitted to our hospital on day 10 of life because of fever, generalized bleedings, and cardiovascular collapse. No oral or vesicular lesions were noted. The grossly enlarged liver was of increased consistency. The infant was thrombocytopenic (18.000/μl), and anemic (hemoglobin 9.5 g/dl). Profound coagulopathy compatible with DIC was noted. Liver function tests were grossly abnormal; serum ferritin was excessively elevated (124.840 ng/ml). Inborn errors of metabolism were excluded as were HSV 1, hepatitis A, B, and C virus, EBV, HIV 1 and 2, entero virus, and CMV infection. Despite intensive care the patient died on day 5 after admission. Pathological analysis demonstrated profound hepatic necrosis due HSV 2 infection – as well as HSV 2 pneumonitis, and renal affection. Neonatal hemochromatosis and hemophagcytic lymphohistiocytosis were excluded. Retrospective examination for HSV 2 in the infant’s urine and blood was positive. In the mother, a primary HSV 2 infection was diagnosed (HSV 2 IgG: negative; HSV 2 IgM: positive). Discussion and Conclusions: Neonatal HSV 2 is usually acquired through intrapartum contact with infectious maternal genital secretions. The risk is highest in women who acquire a primary genital infection with either HSV type in the last trimester and have not yet developed type-specific antibodies at delivery [1]. The risk of HSV 2 transmission can be decreased in these women by caesarean section to approximately 1.2% [2]. Intravenous aciclovir given early significantly improves prognosis. However, early diagnosis as in our patient may be difficult as the characteristic vesicular rash is absent in up to 40% of children, early symptoms are non-specific, and the majority of the transmitting mothers lack a history of genital herpes. In our patient HSV 1was ruled out, but HSV 2 infection erroneously was not taken into account due to the lack of maternal genital herpetic lesions, and caesarean delivery before rupture of membranes. To improve outcome in neonates with acute hepatic failure of unknown origin prompt initiation of antiviral therapy may be life-saving. Literatur Brown Z et al. (1997) N Engl J Med 337: 509–515 Brown ZA et al. (2003) JAMA 289:203–209 Kimberlin DW et al. (2001) Pediatrics 108; 223–229
Infektiologie II DGKJ-PO-77 Interleukin-6 und Interleukin-8 als Parameter für „Early-onset“ Sepsis I. Marschitz1, S. Rödl2, J. Kutschera2, B. Urlesberger2 1Labor für neonatale Immunologie, Zentrum für Medizinsiche Forschung, Graz, Österreich; 2Univ.Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich Fragestellung: Systemische Infektionen sind mit 1–8,1 Fälle pro 1.000 Lebendgeburten für die Aufnahme von Säuglingen an neonatologischen Intensivstationen. Die klinischen Symptome sind schwierig zu differenzieren und inkludieren Temperaturinstabilität, Irritabilität, Lethargie, Tachy- oder Bradykardie, erhöhte Atemfrequenz, Apnoen (Goldstein et al., 2005; Verboon-Maciolek et al., 2006). Der Beginn ei-
ner antibiotischen Therapie basiert auf der Kombination von klinischer Beobachtung und Laborparametern, vor allem der IT-Ratio und des CRP-Werts. Allerdings ist der prädiktive Wert dieser Parameter als alleinige Indikatoren für eine „early-onset“ Sepsis unbefriedigend. Material und Methoden: Die Serumproben wurden dem peripheren Blut von einunddreißig Neu- bzw. Frühgeborenen am ersten Lebenstag im Zuge von Routineuntersuchungen entnommen, nachdem mindestens ein Elternteil das schriftliche Einverständnis dazu erteilt hatte. Die Seren wurden innerhalb von zwei Stunden nach Entnahme abzentrifugiert und bei –80°C tiefgefroren. Die Durchführung der Interleukin-6 und Interleukin-8 (human) EIA kits (IL-6: Cayman Chemical Company, Ann Arbor, MI 48108; IL-8: Hycult Biotechnology, Uden, The Netherlands) erfolgte entsprechend den Standardbedingungen. Ergebnisse: Hinsichtlich der verwendeten einunddreißig Proben präsentierten zehn Neonaten die klinischen Zeichen einer „early-onset“ Sepsis. Achtzehn Kinder befanden sich am Geburtstermin, dreizehn Säuglinge wiesen ein Gestationsalter von 24+5 SSW bis 35+6 SSW (MW: 32+6 SSW) auf. Sowohl mittels IL-6 als auch mittels IL-8 EIA Bestimmung war es möglich, Kinder mit den klinischen Zeichen einer „earlyonset“ Sepsis von gesunden Säuglingen zu unterscheiden (IL-6: p 0,027; IL-8: p 0,0066), wobei sich im Rahmen unserer Analyse die IL-8 Spiegel als Laborparameter für „early-onset“ Sepsis als überlegen erwiesen. Weder für IL-6 noch für IL-8 konnte eine Korrelation mit der IT-Ratio bzw. dem CRP-Wert gefunden werden (IL-6 vs. IT-Ratio: R 0,1, p 0,6; IL-6 vs. CRP: R 0,1, p 0,68; IL-8 vs. IT-Ratio R 0,1, p 0,63; IL-8 vs. CRP: R 0,06, p 0,82). Auch lag keine Korrelation zwischen IL-6 bzw. IL-8 und dem jeweiligen Gestationsalter vor (IL-6: p 0,30; IL-8: p 0,35). Diskussion und Schlussfolgerung: Die Bestimmungen der IL-6 und IL-8 Spiegel im Serum sind gleichermaßen in der Lage, Neonaten mit den klinischen Anzeichen einer „early-onset“ Sepsis von gesunden Säuglingen zu diskriminieren. Sie erwiesen sich diesbezüglich den gängigen Laborparametern IT-Ratio und CRP-Wert als überlegen. Die bessere Korrelation zwischen IL-8 Spiegel und klinischen Anzeichen einer „early-onset“ Sepsis lässt sich dadurch erklären, dass in diese Studie dreizehn Frühgeborene inkludiert worden waren, deren Müttern ante partum Celestan verabreicht worden war; Kortikosteroide führen jedoch zu einer Downregulation von IL-6. Insofern ist der Bestimmung von IL-8 speziell bei Frühgeborenen der Vorzug zu geben. DKGJ-PO-78 CD4- Und CD45RA-Expression „Early-onset“ Sepsis von Neu- und Frühgeborenen I. Marschitz1, J. Kutschera2, S. Rödl2, R. Raffeiner2, A. Strele1, B. Urlesberger2 1Labor für neonatale Immunologie, Zentrum für Medizinsiche Forschung, Graz,Österreich; 2Univ.Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich Fragestellung: Die reduzierte Fähigkeit des neonatalen Immunsystems, auf Bakterien, Viren oder Pilze zu reagieren, ist mit einer höheren Rate an Septikämien vergesellschaftet. Die Inzidenz der neonatalen Sepis ist nach wie vor hoch, sie variiert von 1 bis 8,1 Fällen pro 1.000 Lebendgeburten. Der Faktor, der am signifikantesten mit der Entwicklung einer Sepsis korreliert, ist niedriges Geburtsgewicht; in Anbetracht dessen ist das Riskiko, an einer Sepsis zu erkranken, für Frühgeborene wesentlich höher als für reife Neugeborene. Inflammation und Sepsis tragen nicht nur zu einer hohen Mortalitäts-, sondern auch zu einer hohen Morbiditätsrate bei. Zum Beispiel ist das neurologische Zustandsbild eines Kindes nach Überstehen der Neonatalperiode, im Speziellen das Vorliegen von zerebralen Lähmungen, eng mit dem Auftreten einer neonatalen Infektion verknüpft. Material und Methode: Die Proben stammen aus dem peripheren Blut von insgesamt 44 Neu- und Frühgeborenen im Alter von maximal 24 Stunden mit bzw. ohne „early-onset“ Sepsis sowie einer Kontrollgruppe von 11 Kindern im Alter von 5 bis 10 Jahren. Die Blutproben wurden während Routineuntersuchungen entnommen, nachdem das Einverständnis mindestens eines Elternteils dazu erteilt worden war. Die ZelMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts len wurden mittels Ammoniumchloridmediierter Lyse präpariert, mit den entsprechenden Antikörpern (Becton Dickinson, Franklin Lakes, NJ USA) inkubiert und mittels FACSCalibur (Becton Dickinson) entsprechend den Standardbedingungen analysiert. Ergebnisse: Wir bestimmten die Subpopulationen an CD4+, CD8+, CD19+ und CD56+ Lymphozyten; bei den CD4+ und CD8+ T-Zellen wurde darüberhinaus die Expression von CD45RA und CD45RO untersucht. Verglichen mit der Kontrollpopulation zeigten sich hinsichtlich des Expressionsmusters bis auf den fehlenden Nachweis von CD56+ Zellen bei Neu- und Frühgeborenen keine gravierenden Unterschiede. Allerdings fand sich eine deulich kleinere Population an CD4+ Lymphozyten bei Neu- und Frühgeborenen mit „early-onset“ Sepsis (p 0,01). Darüberhinaus exprimierten die CD4+ Zellen von Kindern mit Sepsis deutlich weniger CD45RA (Marker für naive T-Zellen; p 0,03), nicht aber CD45RO. Ebenso war der Nachweis von CD45RA und CD45RO an CD8+ Lymphozyten nicht durch das Vorhandensein einer Infektion beeinflusst. Diskussion und Schlussfolgerung: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Vorliegen einer „early-onset“ Sepsis am 1. Lebenstag mit einem Abfall an CD4+ Zellen als Ausdruck einer vorzeitigen Depletion sowie einer verminderten Expression von CD45RA dieser Subpopulation einhergeht. DGKJ-PO-79 Neonatale miliare Tuberkulose mit sekundärer hämophago-lympho-Histiozytose (HLH) als Differentialdiagnose zu einem schweren kombinierten Immundefekt (SCID) R. Möller1, K. Reiter1, C. Schön1, T. Nicolai1, I. Schmid1, A. Jobke2, B. Belohradsky1, U. Wintergerst1 1Klinikum der Universität München, München; 2Cnopfsche Kinderklinik, Nürnberg Die neonatale Tuberkulose ist ein schweres Krankheitsbild in dessen Verlauf eine sekundäre HLH auftreten kann. Die klinische Präsentation kann einen schweren Immundefekt oder eine primäre HLH imitieren. Epikrise: 5. Kind einer 37 jährigen 5G 5P.; Eltern deutsch, nicht konsanguin, keine Vorerkrankungen bekannt. Schwangerschaft und Perinatalperiode unauffällig. Im Alter von 5 Wochen zunehmend reduzierter AZ und EZ mit Fieber, graues Hautkolorit, deutliche Gefäßzeichnung, ausladendes Abdomen, Hepatosplenomegalie, Skrotalund Penisödem. Bei V.a. SCID diagnostisch CD8-Anteil von nur 1%. Damit Hinweis auf ZAP-70-oder CD8-a Defekt. Lymphozytenstimulation aber normal. In der Sonographie der Leber und der Milz echoarme Rundherde mit zentralem Echo. ->V.a. auf systemische Pilzinfektion bei SCID. Biopsie aufgrund schlechter Gerinnung nicht durchführbar. Unter der begonnenen antibiotischen und antimykotischen Therapie wurde der Säugling beatmungspflichtig. Im Verlauf zunehmende Tripenie mit erhöhten Zytokinwerten im Plasma sowie deutlich erhöhtem Ferritin. ->Bei V.a. HLH Beginn einer Therapie mit VP-16 und Dexamethason und Vorbereitung zur KMT. Hierunter auch nur geringfügige klinische Besserung. In der nochmals intensivierten umfangreichen infektiologischen Diagnostik dann Nachweis von Mycobacterium tuberculosis mittels PCR aus der Bronchiallavage. Mykobacterienkultur ebenfalls positiv. Daraufhin Beginn einer tuberkulostatischen Therapie mit Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Streptomycin. Dexamethason wurde bei V.a. Miliartuberkulose belassen. Die antibiotische, antimykotische Therapie und VP-16 wurden gestoppt. Der klinische Zustand und die Laborparameter (inklusive CD8) besserten sich rasch und der Säugling konnte wenige Tage später erfolgreich extubiert werden. 5 Monate nach Therapiebeginn ist das Kind in einem guten AZ. Intermittierend wurden im MRT-Schädel intrazerebrale Tuberkulome beobachtet, die sich 5 Monate nach Therapiebeginn ohne Therapieänderung vollständig zurückbildeten. Als Überträgerin wurde die klinisch unauffällige Mutter identifiziert. Die übrigen Familienmitglieder waren im Tuberkulinhauttest (THT) negativ. Diskussion: Die klinische Unauffälligkeit der übrigen Familienmit-
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glieder, die für eine systemische Pilzinfektion suggestiven Sonographiebefunde sowie die pathologische Erniedrigung der CD8Zellzahl und die Erhöhung der Zytokine führten diagnostisch in die Irre und retrospektiv zu riskanten Therapieversuchen und therapeutischen Überlegungen. Schlussfolgernd soll bei einer HLH auch eine miliare Tuberkulose erwogen werden. DGKJ-PO-80 Hohe Prävalenz des Humanen Bocavirus (HBoV) bei Kindern mit akuten respiratorischen Infektionen: Verwendung einer neuen RealTime PCR M. Hengst1, M. Häusler1, S. Scheithauer2, K. Ritter2, N. Wagner1, M. Kleines2 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Lehr- und Forschungsgebiet Virologie, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Aachen Fragestellung: Das kürzlich entdeckte Humane Bocavirus (HBoV), vermutlich ein Mitglied der Gruppe der Parvoviren, zählt zu den aktuell am häufigsten untersuchten Viren. Infektionen wurden weltweit in allen Altergruppen, insbesondere jedoch bei Kindern beschrieben. Klinisch verursachen sie Fieber und Husten im Sinne einer Pneumonie. Methoden: Diese Studie umfasst 94 Kinder (Alter <36 Monate, Durchschnittsalter 6 Monate), die aufgrund einer schweren Infektion der unteren Luftwege, meist mit klinischer Atemwegsobstruktion und Sauerstoffbedarf, stationär betreut wurden. Bei jedem Patient wurden Proben des Respirationstraktes (76% Nasopharyngeale Spülung, 21% Trachealsekret, 3% Bronchoalveoläre Lavage) entnommen und neben weiteren respiratorischen Viren mittels konventioneller PCR auf das HBoV getestet. Bei positivem Befund wurden die Proben erneut mittels einer HBoV spezifischen Real-Time PCR untersucht (LightCycler). Ergebnisse: HBoV wurde bei 12,8% der Patienten (n=12) mittels konventioneller PCR nachgewiesen und war nach dem Respiratory Syncytial Virus (RSV) das zweithäufigste Pathogen. Bei Kindern mit kardiopulmonaler Grunderkrankung (18% der Probanden) lag der Anteil HBoV-positiver Patienten signifikant höher. HBoVspezifische klinische Symptome, die eine Unterscheidung gegenüber anderen viralen Infektionen zuließen, bestanden nicht. Positive HBoV Proben wurden erneut mittels HBoV-spezifischer Real-Time PCR getestet. Dabei wurden Viruslasten zwischen 2×102 und 5,6×1010 Genomäquivalenten/ml nachgewiesen. Insgesamt dominierten Proben mir geringer Viruslast. Es bestand keine Korrelation zwischen Viruslast, Schwere der klinischen Symptome oder dem Alter der Patienten. Schlussfolgerung: Das Humane Bocavirus ist vermutlich für eine erhebliche Anzahl akuter respiratorischer Infektionen verantwortlich. Anfällig scheinen insbesondere junge Kinder und Solche mit kardiorespiratorischen Grunderkrankungen zu sein. Die in dieser Studie verwendete Real-Time PCR hat eine hohe Sensitivität und Spezifität und ist somit gut geeignet, die Lücke äthiologisch unklarer Atemwegsinfekte weiter einzuengen. DGKJ-PO-81 Schwere konnatale CMV-Infektion trotz mütterlicher serologischer Immunität T. Ott1, M. Berghäuser1, I. Hörnig-Franz1, S. Krins1, E. Harms1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster Obwohl die konnatale CMV-Infektion mit etwa 1% zu den häufigen konnatalen Infektionen zählt, stellt das Vollbild einer CMV-Infektion bei vorhandenen mütterlichen IgG-Antikörpern ein seltenes Ereignis dar. Während die Erstinfektion in der Schwangerschaft unbehandelt zu schweren klinischen Verläufen führt, zeigen rekurrierende mütterliche Infektionen in der Regel keine symptomatische Zytomegalie. Wir berichten den Fall eines reifen weiblichen Neugeborenen, bei dem erstmals in der 32. Schwangerschaftswoche eine intrauterine Wachstumsrestriktion und Mikrozephalie festgestellt wurden. Serologisch fanden
sich bei der Mutter sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch postnatal hohe IgG-Antikörpertiter (1:100000 bzw. 1:90000 bei Geburt) mit hoher Avidität (88,5% bzw. 90,5% bei Geburt) bei negativem IgM-Titer. Die Geburt erfolgte nach 40+0 Schwangerschaftswochen, Geburtsgewicht 2510 g (<3. Perzentile), Körperlänge 43 cm (<3. Perzentile). Das Neugeborene zeigte außerdem eine Mikrozephalie (KU 29,8 cm, <3. Perzentile), in der kraniellen Bildgebung zeigte sich eine ausgeprägte Hirnanlagestörung mit periventrikulären Verkalkungen, einer Pachygyrie und einem Hydrozephalus e vacuo. Im Verlauf entwickelte die Patientin ein zerebrales Anfallsleiden. Klinisch fanden sich bei einer Thrombozytopenie multiple Petechien. In der BERA konnte eine hochgradige Schwerhörigkeit nachgewiesen werden. Serologisch wurden beim Kind sowohl IgG- als auch IgM-Antikörper nachgewiesen (IgG-Titer 1:54000), außerdem gelang die Isolierung von CMV-DNA aus Urin und Blut, so dass eine intrauterine Infektion bewiesen werden konnte. Als Ursache für die schwere Verlaufsform kommt neben einer Reaktivierung auch eine Infektion mit einem neuen Virusstamm und damit fehlenden spezifischen Antikörpern in Betracht. DGKJ-PO-82 Infektionspropylaxe mit perioperativ hohem Teicoplaninspiegel bei pädiatrischen kardiochirurgischen Patienten S. Rödl1, I. Marschitz1, I. Knez2, E. Mahla3, D. Dacar2, G. Zobel1 1Pädiatrische Intensivstation, Univ.-Klinik f. Kinder und Jugendheilkunde, Graz, Österreich; 2Herzchirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Graz, Österreich; 3Anästhesiologie für Herz- u. Gefässchirurgie u. Intensivmedizin, Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Graz, Graz, Österreich Hintergrund: Gram positive Bakterien wie koagulase negative Staphylokokken sind nach Herzoperationen von Kindern oft Ursache für postoperative Infektionen. Gegenüber Kefalosporinen traten in den vergangenen Jahren vermehrt Resistenzen auf. Teicoplanin ist ein Glykopeptid-Antibiotikum mit langer Halbwertszeit und Wirksamkeit gegenüber Methicillin resistenten Staphylokokken. Einzelne Staphylokokkenstämme haben durch Verdickung der Bakterienwand eine Resistenz gegenüber niedrigen Spiegeln entwickelt. Fragestellung: Ziel dieser Studie war, die Wirkung auf Serumkonzentration, Entzündungsparametern und Nierenfunktion von zwei unterschiedlichen Teicoplanindosierung innerhalb der ersten 48 h nach Herzoperationen zu Untersuchen. Patienten und Methode: Eine12 Betten interdisziplinäre pädiatrische ICU. Patienten: 140 pädiatrische Patienten nach Herzoperationen; Die Gruppe A erhielt 10 mg TC / kg KG prä und postoperativ und 24 h nach der Operation, während die Gruppe B 15 mg TC /kg KG in der gleichen Zeit erhielt. Teicoplaninspiegel und Routine Laborwerte wurden täglich untersucht. Das Ziel von beiden Gruppen war eine Serumkonzentration von 20 bis 30 mg/l Teicoplanin. Die Dosis wurde nach 24 h an den aktuellen Spiegel angepasst. Ergebnisse und Diskussion: Die Gruppe A hatte einen Teicoplaninspiegel von 11,4±0,7 und 20.2±0,8 mg/l nach 24 und 48 h, die Gruppe B 19,5±1,0 und 24,8±1,8 mg/l (p<0,01 beide). Die CRP Werte waren in der Gruppe A mit 87±4,9 mg/l und 111±7,9 mg/l signifikant höher als in der Gruppe B mit 61±5,54 mg/l und 86±10,2 mg/l (p<0,01 und p<0,05). Es zeigten sich keine Unterschiede bei Harnausscheidung, Kreatininwerten und PRISM III Score der beiden Gruppen. Schlussfolgerung: Um einen Teicoplaninspiegel von über 20 mg/l in den ersten 48 Stunden zu erreichen, ist eine Dosierung von 15 mg/kg KG in 12 Stunden Intervall notwendig. Die Gruppe der höheren Dosierung wurde ohne Nebenwirkungen vertragen und zeigte signifikant niedrigere CRP Werte und Leukozytenzahlen.
DGKJ-PO-83 Stimulation von Lyme Arthritis-Synovialzellen durch Toll-like Rezeptor-Liganden K. Latsch1, D. Tappe2, S. Batsford3, H. Girschick1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Universität Würzburg, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Würzburg; 3Universität Freiburg, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Freiburg Die Lyme Arthritis ist charakterisiert durch eine ausgeprägte Inflammationsreaktion im betroffenen Gelenk. Die Pathogenese dieser Form der Infektion mit B. burgdorferi ist bislang kaum verstanden. Infektiologische und immunologische Phänomene werden diskutiert. Essentiell für die Detektion eingedrungener Mikroorganismen und die Aktivierung angeborener und erworbener Immunität sind „pattern-recognition receptors“ (PRR), zu deren Familie Toll-like Rezeptoren (TLR) zählen. Neben den Effektorzellen des Immunsystems exprimieren Endothel-, Epithel- und Bindegewebszellen TLRs. Auch für synoviale Fibroblasten gelang der Nachweis einer TLR mRNA-Expression. Darüberhinaus konnte in Synovialzellen von Patienten mit rheumatoider Arthritis eine signifikant erhöhte TLR2 mRNA-Expression nachgewiesen werden. B. burgdorferi synthetisieren kein LPS, ihre pro-inflammatorische Aktivität wird v. a. borrelialen Lipoproteinen zugeschrieben. In vorangegangenen Studien gelang der Nachweis einer Interaktion zwischen B. burgdorferi Lipoprotein und TLR2 auf humanen Monozyten mit konsekutiver proinflammatorischer Aktivierung. Im Tiermodell lässt sich in-vivo durch intraartikuläre Injektion von B. burgdorferi Osp (outer surface protein) eine fulminante Arthritis induzieren. In der vorliegenden Studie wurde de Bedeutung borrelialer Lipoproteine für die Pathogenese der Lyme Arthritis im Zellkulturmodell mit humanen synovialen Fibroblasten von Lyme Arthritis-Patienten und einem Kontrollkollektiv untersucht. Erstmals wurde die Toll-like Rezeptor (TLR)Expression durch humane Synovialzellen nach Exposition gegenüber B. burgdorferi Isolaten, borrelialem Osp und weiteren TLR-Liganden mittels Real-time PCR, Durchflusszytometrie und Immunoblot sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene analysiert. Während synoviale Fibroblasten des Kontrollkollektivs eine konstante, schwache, stimulus-unabhängige Expression von TLR1, TLR2, TLR3, TLR4 und TLR9 zeigen, gelang für humane Synovialzellen von Lyme Arthritis Patienten der Nachweis einer differentiellen Expression von TLR2- und TLR3 mRNA. Nach Exposition dieser Zellen gegenüber borrelialem Osp und dem TLR-Ligand LPS zeigte sich eine dosisabhängige, um den Faktor 100 bis 1000 gesteigerte TLR2- und TLR3 mRNA-Expression. Die Tolllike Rezeptoren TLR1, TLR4 und TLR9 werden dagegen auch durch Lyme Arthritis-Synovialzellen konstitutiv exprimiert. Unsere Ergebnisse geben Hinweis auf eine besondere Suszeptibilität humaner Synovialzellen von Lyme Arthritis Patienten gegenüber TLR-Liganden einschließlich borrelialem Lipoprotein. Die signifikant gesteigerte TLR2 mRNA-Expression kann als Reaktion der Zellen auf die Exposition gegenüber mikrobiellen Bestandteilen gewertet werden. Die Bedeutung TLR2-abhängiger Mechanismen der Synovialzell-Aktivierung ist Gegenstand weiterer Untersuchungen. Eine TLR2-vermittelte, chronische Inflammation der Synovia könnte zu Pannusbildung, Knorpel- und Knochenzerstörung im Rahmen der Lyme Arthritis beitragen. DGKJ-PO-84 Hospitalisationen von impfpräventablen Erkrankungen (Varicella zoster-Virus, invasive Pneumokokken, Rotavirus): ICD10-Erhebung an Kinderkliniken im Rahmen eines Bayerischen Surveillance-Projektes A. Streng1, A. Köhn1, N. Henrich1, V. Grote2, J. G. Liese1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 2Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München Fragestellung: Seit 2004 besteht die Empfehlung der STIKO, alle Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten gegen Varizellen zu impfen. Seit Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts 2006 wird auch empfohlen, alle Kinder bis zum Alter von 24 Monaten gegen Pneumokokken zu impfen. Die Einführung einer generellen Rotavirus-Impfung wird zur Zeit diskutiert, da auch in Industrieländern die Morbidität durch Rotaviren hoch ist und seit 2006 zwei neue orale Schluckimpfstoffe zur Verfügung stehen. Ziel des 2006 gestarteten Surveillance-Projektes an bayerischen Kinderkliniken ist es, verlässliche Langzeitdaten zur Krankheitslast von impfpräventablen Erkrankungen zu ermitteln. Damit sollen die Auswirkungen von Impfempfehlungen auf die Häufigkeit von Hospitalisationen und Komplikationen abgeschätzt werden. Methode: Abfrage von ICD-10 Daten (Haupt- und Nebendiagnosen) für die Jahre 2005 und 2006 in bayerischen Kinderkliniken zu Varizellen-, Herpes zoster-, invasiven Pneumokokken-, und Rotavirus-Erkrankungen (Kinder ≤16 Jahre). Zusätzlich werden demographische Daten sowie Aufnahmemonat, Aufenthaltsdauer, Behandlung und Todesfälle erhoben. Ergebnisse: Am Surveillance-Projekt beteiligen sich derzeit 31 (72%) der 43 bayerischen Kinderkliniken. Bisher liegen zu den erhobenen ICD-10 Diagnosen insgesamt 2993 Fälle aus 10 Kinderkliniken aus den Jahren 2005 und 2006 zur Auswertung vor. Von diesen stationären Aufnahmen waren 195 (6.5%) mit einer Varizellen-, 47 (1.6%) mit einer Herpes zoster-, 99 (3.3%) mit einer invasiven Pneumokokken-, und 2652 (88.6%) mit einer Rotavirus-Infektion assoziiert. Für Varizellen-, Pneumokokken- und Rotavirus-Infektionen war eine klare Saisonalität zu erkennen. Todesfälle waren während der beiden Jahre sehr selten (insgesamt je 1 Patient in jeder Indikation). Diskussion: Eine erste Analyse der Daten zeigt die hohe Krankheitslast bezüglich Hospitalisationen durch Rotaviren. Vergleiche mit anderen epidemiologischen Erhebungen belegen die Validität des Instrumentes der ICD-10-Abfrage. Schlussfolgerung: Das Bayerische Surveillance-Projekt wurde 2006 erfolgreich etabliert und ermöglicht die langfristige und zuverlässige Erfassung von impfpräventablen Hospitalisationen. Damit eignet es sich als Instrument zur Erfolgskontrolle der Umsetzung von Impfempfehlungen.
Angeboren aber nicht vererbt I DGKJ-PO-85 Fetale Alkoholspektrumsstörung – ein häufig verkanntes Syndrom H. Hoff-Emden1 1Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche, Beelitz-Heilstätten Die Inzidenzrate für FASD beträgt ca. 1–3 pro 1000 Geburten. Ab dem Vorschulalter leben die meisten Kinder aufgrund der desolaten Situation in der Ursprungsfamilie, in Pflegefamilien oder Heimen. Die Pflegefamilien sind durch die Situation häufig überfordert. Die Kinder kommen mit unterschiedlichsten Diagnosen in die Rehabilitationsklinik. Im Vordergrund stehen Störungen des Sozialverhaltens mit Impulssteuerungsstörung, Entwicklungsdefizite sowie auch chronische posttraumatische Belastungsstörungen. Die Bezugspersonen (meist Pflegeeltern) sind durch diese Situation stark überfordert und die Kinder auch nicht optimal gefördert. Material und Methode: Es erfolgte die retrospektive Analyse der Jahre 2001–2006 der Kinder mit der Diagnose fetale Alkoholspektrumsstörung/Alkoholembryopathie. Bei 44 Kindern wurde diese Diagnose kodiert, dieses entspricht 1% des Gesamtklientels. Die soziodemographischen Daten, der Schweregrad der Erkrankung, die Beschulungsform sowie die bisherigen und künftigen Therapien, Medikationen und der Belastung der Pflegeeltern wurde ermittelt. Ergebnisse: In der erhobenen Stichprobe waren die Kinder zu 100% in Pflegefamilien bzw. Kinderheimen/Kleinstheimen untergebracht. 74% aller Kinder waren misshandelt oder/und missbraucht (physisch, psychisch, emotional nach fremdanamnestischen Angaben) sowie über 60% besuchten eine Förder- bzw. Geistigbehindertenschule.
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Diskussion: Bei der fetalen Alkoholspektrumsstörung handelt es sich um eine Hochrisikogruppe. Dieses Syndrom wird häufig verkannt, es bedarf einer exakten Diagnostik nach dem Four-digit-code. Es besteht die Notwendigkeit, die niedergelassenen Ärzte und sozialpädiatrischen Zentren darüber zu informieren. Diese Kinder bedürfen einer speziell abgestimmten Therapie, insbesondere auf die Defizite im Bereich der exekutiven Funktionen. Der Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik bringt eine Möglichkeit des Timeoutes für die Pflegeeltern sowie die exakte Diagnosestellung, Anbahnung weiterer Therapien sowie medikamentöse Einstellung. Dabei ist auch dringend notwendig, den Pflegeeltern bei der Akzeptanz der Diagnose zu helfen und die entsprechenden Therapiemöglichkeiten anzubahnen. Der Aufbau eines unterstützenden Netzwerkes ist dringend notwendig. Dieses erfolgt gegenwärtig gemeinsam mit der Beratungsstelle für Menschen mit fetale Alkoholschädigung sowie der Elterninitiativgruppe FAS-World. DGKJ-PO-86 Seltene Manifestation des Cri-du-Chat-Syndroms mit Monosomie Chromosom 5p und Trisomie Chromosom 10q bei einem Neugeborenen A. C. Hoyer1, A. Pohl-Schickinger1, L. Neumann2, H. Neitzel3, G. Krings4, P. Degenhardt5, M. Obladen1 1Neonatologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Campus Virchow Klinikum, Berlin; 2Charité Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Genetik, Campus Virchow Klinikum, Berlin; 3Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Humangenetik, Campus Virchow Klinikum, Berlin; 4Klinik für Pädiatrie m. S. Kinderkardiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Campus Virchow Klinikum, Berlin; 5Klinik für Kinderchirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Campus Virchow Klinikum, Berlin Einleitung: Das Cri-du-Chat-Syndrom ist eine genetische Erkrankung, deren Ursache eine Deletion variabler Grösse des kurzen Arms von Chromosom 5 (p-) ist. Die Inzidenz liegt zwischen 1:15 000 bis 1:50 000. Ein typisches Zeichen ist das schrille Schreien der Kinder entsprechend einem Katzenschrei, welches dem Syndrom seinen Namen gibt. Die meisten Kinder zeigen eine Mikrozephalie, einen breiten Nasenrücken, Epikanthus, Mikrognathie und psychomotorische Retardierung. Weitere Symptome wie Herzfehler, Nierenfehlbildungen, neurologische Symptome, Ohranhängsel, Syndaktilien, Hypospadie und Kryptorchismus sind variabel und abhängig von der Grösse der Deletion (Genotyp-Phänotyp). Die Prognose der Kinder ist stark abhängig vom Ausmass der Deletion und damit verbundenen klinischen Symptome, sowie von weiteren Störungen der Chromosomen. Kasuistik: Wir berichten über ein weibliches, hypotrophes Neugeborenes, das nach 37+3 SSW mit einem Geburtsgewicht von 1900 g spontan geboren wurde. Die Mutter ist eine 26-jährige Gravida 2 Para 2. In der Familienanamnese sind keine Fehlbildungen bekannt, die Eltern sind nicht konsanguin. Bereits in der pränatalen Diagnostik (29. SSW) war eine Fallotsche Tetralogie vermutet, sowie die intrauterine Wachstumsretardierung und Klumpfüsse beidseits gesehen worden. Postnatal stellte sich der Herzfehler als Double outlet right ventricle dar. In der klinischen Untersuchung fanden sich folgende Dysmorphie-Zeichen: Mikrozephalus, hoher Gaumen, tiefliegende Orbitae, tiefliegende Ohren, Ohranhängsel, Epikanthus und Blepharophimose. Das Kind hatte eine Analatresie mit grosser Fistel. Es zeigten sich Kletterfüsse beidseits. Das Neugeborene schrie schrill, das Klangmuster erinnerte an Katzengeschrei. Aufgrund der ausgeprägten Retrogenie bestand ein lauter inspiratorischer Stridor, der eine Lagerungsbehandlung erforderte. Besonders die respiratorische Symptomatik war im weiteren Verlauf porgredient, zuletzt 100% Sauerstoffbedarf bei Spontanatmung in Seiten- oder Bauchlage. Schlechtes Gedeihen des Kindes. Am 37. Lebenstag zunehmend tiefe Apnoen und Verschlechterung des Allgemeinzustandes, in der Folge Tod bei Herz-Kreislaufversagen. In der Chromosomenanalyse (Lymphozyten) bestätigte sich der klinische
Verdacht auf ein Cri-du-Chat-Syndrom. Zusätzlich zur Deletion des gesamten kurzen Arms von Chromosom 5 fand sich eine Trisomie von Chromosom 10q mit Translokation auf Chromosom 5p: 46 XX; Cri du Chat Syndrom mit Monosomie 5p13 bis 5pter, sowie Trisomie Chromosom 10q (10q25 ® 10qter). Diskussion: Die Deletion unserer Patientin gehört somit zu den grössten bei Cri-du-Chat-Syndom beschriebenen. Zusätzlich besteht eine Trisomie für Anteile des Chromosom 10. Unseres Wissens sind lediglich 3 weitere Fälle mit ähnlichen Monosomien 5p und Trisomien 10q beschrieben, ein identischer Fall ist uns nicht bekannt. DGKJ-PO-87 Ungewöhnlicher Fall einer terminalen Deletion von Chromosom 14q bei einem Neugeborenen E. Eilers1, A. Pohl-Schickinger1, L. M. Neumann2, H. Neitzel2, M. Obladen1 1Klinik für Neonatologie, Charite, Universitätsmedizin-Berlin, Berlin; 2Institut für Humangenetik, Charite, Universitätsmedizin-Berlin, Berlin Einleitung: Lebendgeborene Kinder mit einer Deletion im Chromosom 14 sind selten. Bei den bekannten Patienten ist das klinische Erscheinungsbild gekennzeichnet durch mentale Retardierung und Dysmorphien. Die Charakteristika Hypotonie, Mikrozephalie, prominente Stirn, kurze breite Nase, Entwicklungsverzögerung wurden von Karnebeek et al. als 14q- Mikrodeletionssyndrom zusammengefasst [1]. Kasuistik: Die Mutter, eine 35 jährige Gravida VIII, Para VI, hat 5 gesunde Kinder, der Vater 3 gesunde Kinder aus erster Ehe, der hier vorgestellte Patient ist das erste gemeinsame Kind. Es gab keine Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft. Nach 39+6 SSW wurde spontan ein Junge geboren mit einem Geburtsgewicht von 2845 g (3.–10. Perz), einer Länge von 51 cm (50. Perz.) und einem KU von 34 cm (3.–10. Perz.). Der Apgar Score betrug 4/4/7, Nabelarterien pH 7,27. Die Verlegung in unsere Abteilung erfolgte wegen respiratorischer Anpassungsstörung und morphologischen Auffälligkeiten. Wir sahen ein hypotrophes Neugeborenes mit hypotoner Muskulatur, langen Fingern und Zehen, eingeschlagenen Daumen, tiefsitzenden Ohren bds, engem Gehörgang, weitem Mamillenabstand, Spaltbildung im weichen Gaumen, die Augen verschlossen bei tiefliegenden Bulbi. Er zeigte eine ausgeprägte Tachydyspnoe, auskultatorisch fand sich initial ein 3/6 Systolikum. Die Echokardiographie zeigte ein strukturell normales Herz, eine zunächst eingeschränkte linksventrikuläre Funktion normalisierte sich im Verlauf. Das Kind hatte eine ausgeprägte Schluckstörung und musste sondiert werden. Die augenärztliche Untersuchung zeigte Mikrophthalmi mit Mikrokorneae, keine Reaktion auf Licht. Der Röntgen-Thorax zeigte einen beidseitigen Zwechfellhochstand, die Abdomensonographie ergab eine Nierenbeckenkelcherweiterung und den V.a. einen Vesikoureteralen Reflux IV° beidseits, der sich in der Miktionszysturethrographie bestätigte. Ein Schädel-MRT ergab folgende Befunde: Fusion der Thalami, Hypoplasie des Corpus callosum, V.a. Hypoplasie der Nervi olfactorii, Mikrophthalmus bds., Hypoplasie der Sehnerven. Die Chromosomenanalyse ergab einen männlichen Chromosomensatz mit einer terminalen Deletion von Chromosom 14q: 46, XY, del(14) (q32.1qter). Die Chromosomenanalyse der Eltern ergab keine Auffälligkeiten. Diskussion: Bei unserem Patienten liegt eine terminale de novo Deletion vor, die ca. 10–15 Mb umfasst. In dem deletierten Bereich sind ca. 360 Gene lokalisiert. In der Literatur sind lediglich zwei vergleichbare Fälle beschrieben, so dass prognostische Aussagen unter Einbezeihung der aktuellen Literatur nicht möglich sind. Literatur 1. van Karnebeek et al, Am J Med Genet 2002; 100:65–72
DGKJ-PO-88 Kasuistik – Cerebrale Manifestation einer fetalen Parvovirus B19 – Infektion P. Ioannou1, M. Eulitz1, U. Kupke2, J. Seidel1 1Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, SRH Wald-Klinikum Gera gGmbH, Gera; 2Radiologische Diagnostik, SRH Wald-Klnikum Gera gGmbH, Gera Einleitung: Parvovirus B19 kann während der gesamten Schwangerschaft transplazentar übertragen werden. Die Infektion führt am häufigsten im zweiten Trimenon zu einer Lyse der erythropoiden Vorläuferzellen und ist eine häufige Ursache von Anämie, Hydrops fetalis, Plazentomegalie, Mikrocephalie und Spontanabort. Erreger: Das humanpathogene Parvovirus B19 gehört zur Familie der Parvoviridae. Es wurde 1975 zufällig in der Blutprobe eines ansonsten gesunden Blutspenders mit der Kodenummer B19 gefunden. Das Virus enthält als genetisches Material eine einsträngige DNA. Aufgrund seiner fehlenden Hülle sind die Viren sehr resistent gegenüber inaktivierten Umwelteinflüssen. Das Virus hat einen engen Wirtszell- bereich mit einem ausgeprägten Tropismus zu sich teilenden humanen erythroiden Zellen. Der zelluläre Rezeptor ist das Blutgruppe P-Antigen. Das P-Antigen findet man auf Erythroblasten und Megakaryozyten sowie auf Endothelzellen und fetalen Myokardzellen. Epidemiologie: Parvovirus B19-Infektionen sind weltweit verbreitet. Gehäufte Infektionen treten von Januar bis August auf, insbesondere von April bis Juni. In der Schwangerschaft kommt es in ca. 30% der Fälle zu einer trans-plazentaren Übertragung der Viren. Das Risiko einer Fruchtschädigung ist im ersten und zweiten Trimenon am höchsten. Es wird über Hydrops fetalis (etwa 20%), Fruchttod (9%) bzw. Spontanaborte (5%) berichtet. Fallbericht: Wir berichten über ein Neugeborenes der 37. SSW mit Microzephalie (<5. Percentile), vorzeitigem Fontanellenschluss, prominenter Sagitalnaht, rezidivierenden Apnoen, marmorierter Haut und muskulärer Hypotonie. Bei der pränatalen Diagnostik in der 25. SSW fiel ein fetaler Ascites auf. Eine fetale Anämie wurde ausgeschlossen. In der Folge wurde bei der Mutter laborchemisch eine Parvovirus B19Infektion diagnostiziert. Beim Säugling konnten serologisch ParvovirusB19-IgG-Antikörper nachgewiesen werden. Im Liquor waren auch die Parvovirus-B19-Ak erhöht sowie ein auffälliger Albuminquotient. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erfolgte eine intrauterine Parvovirus-B19-Infektion, die an der ZNS-eigenen IgG-Antikörperbildung des Kindes erkennbar wird und möglicherweise auch zur Schädigung führte. Die Schädelsonografie wies auf eine corticale Atrophie hin. Das MRT zeigte keine Erfassung einer Hirnanlagestörung, aber noch relativ weite externe Liquorräume, insbesondere frontal bds. aber auch temporal und occipital. Die Echokardiografie war unauffällig. Das EEG zeigte eine alters- und vigilanzentsprechende Grundaktivität. Das Hörscreening war mehrfach rechts pathologisch. Schlussfolgerung: Bei Neugeborenen mit cerebralen Auffälligkeiten ist auch an eine cerebrale Manifestation einer intrauterinen Parvovirus-B-19Infektion zu denken. Diagnostik erfolgt über Antikörper im Serum und Liquor. Therapeutische Optionen bestehen nicht, der neurologischen Entwicklung der Kinder ist besonderes Augenmerk zu widmen. DKGJ-PO-89 Hypothyreose, Apnoe-Neigung, massive Gewichtszunahme, monströse Nabelhernie- bei Chromosomenaberration des kurzen Arms des Chromosoms Nr. 3 – ein Fallbericht J. Wolf1, T. Liehr2, P. Hilliges1, M. Eulitz1, A. Weise2, U. Claussen2, J. Seidel1 1Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, SRH Wald-Klinikum Gera gGmbH, Gera; 2Institut für Humangenetik und Anthropologie, Friedrich-SchillerUniversität Jena, Jena Einleitung: Bei Neugeborenen mit Mehrfachanomalien besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für genetisch bedingte Entwicklungsstörungen. Am Anfang des Screenings auf genetisch bedingte Störungen steht die Durchführung einer Chromosomenanalyse, um numerische Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts oder strukturelle Chromosomen- Aberrationen abzuklären. Ergänzt werden diese Untersuchungen durch molekularzytogenetische Techniken (FISH) und molekulargenetische Methoden wie die CGH-Arraytechnik. Falldemonstration: Wir berichten über einen Säugling bei dem Mehrfachanomalien vorliegen und eine Chromosomen- Anomalie zum komplexen Krankheitsbild führte. Die SS verlief mit Ausnahme von Kreislaufproblemen und einem grippalen Infekt in der 31. SSW unauffällig. Die Geburt erfolgte in 38. SSW bei drohender intrauteriner Asphyxie und bei bekannter Epilepsie der Mutter per Sectio. Die Patientin wog 3790 Gramm, war 52 cm groß und hatte einen Kopfumfang von 38 cm. Die postpartale Anpassung war unkompliziert. Die Übernahme auf die Neonatologie erfolgte am 4. LT wegen Hyperbilirubinämie und Thermolabilität. Der Ikterus zeigte trotz Fototherapie nur eine sehr zögerliche Besserung, so dass eine weiterführende Diagnostik erfolgte, die eine Hypothyreose nachwies. Es erfolgte der Therapie-Beginn mit LThyroxin. 3 Tage nach der Entlassung wurde der Säugling zu Hause von den Eltern zya- notisch im Bett vorgefunden, habe nicht mehr geatmet und sei schlaff gewesen. Nach Stimulation erholte sich das Kind langsam wieder. Wir nahmen das Kind erneut stationär auf. Im Monitoring waren rezidivierende Apnoen mit Sättigungs- Abfällen bis 50% zu beobachten, von denen sich die Patientin unterschiedlich schnell erholte. Es erfolgte eine Therapie mit Solusin, sowie eine erweiterte Diagnostik (EEG, Labor, Liquor, Polysomnografie, Genetik). Dabei fiel eine komplexe Chromosomenabberation am Chromosom 3: der3(p22>p25.3:: p25.3->qter) mit partieller Monosomie (3pter-p25.3) und partieller Trisomie (3p22–25.3) auf. Im Verlauf trat bei einer Kontroll-Blutentnahme eine Synkope mit Atemstillstand auf, die eine Reanimation notwendig machte. Eine zunächst kleine Nabelhernie nahm im 4. Lebensmonat so an Größe zu, dass die Indikation zur Operation gestellt wurde. Außerdem erfolgte eine Abklärung wegen einer abnormen Gewichtzunahme mit einem cushingnoiden Äußeren. Schlussfolgerungen: Die Auffälligkeiten der Patientin stehen mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit genetischen Imbalancen aufgrund der Chromosomen- Aberration. In der in die Abberration einbezogenen Region sind u. a. die Gene für den Parathormonrezeptor 1, das Cartilage Associated Protein, der TGF-Rezeptor Typ 2, Fibulin-2, der Schilddrüsenhormon-Rezeptor B, Biotinidase sowie Grehlin lokalisiert, so dass diese Gene aufgrund von Gendosis-Verände- rungen in die phänotypische Expression einbezogen sein können. Ein zytogenetisch vergleichbarer Fall findet sich in der Literatur nicht, so dass die Frage nach analogen Fällen an das Auditorium gestellt wird. DGKJ-PO-90 Chronisch-multifokale nicht-bakterielle Osteomyelitis bei Hypophosphatasie-Patienten H. Girschick1, M. Beer2, M. Warmuth-Metz3, P. Raab4, E. Mornet5, P. Schneider6 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Pädiatrische Radiologie, Institut für Röntgendiagnostik, Würzburg; 3Abteilung Neuroradiologie, Institut für Röntgendiagnostik, Universität Würzburg, Würzburg; 4Pädiatrische Orthopädie, Orthopädische Kliniken, Würzburg; 5Université de Versaille, Saint-Quentin-en-Yvelines Bâtiment Fermat, Versaille, Frankreich, Versailles, Frankreich; 6Klinik für Nuklearmedizin, Universität Würzburg, Würzburg Bei der kindlichen Hypophosphatasie (HP) können im Alltag chronische Knochenschmerzen die Lebensqualität stark beeinflussen. Biochemisch scheint hier ein Hyperprostaglandinismus ausgelöst durch Pyrophosphate eine Rolle zu spielen. Wir präsentieren zwei Kinder mit Hypophosphatasie, welche zusätzlich an einer chronisch-multifokalen, nicht-bakteriellen Osteomyelitis (CRMO) erkrankt sind. Bei einem 6-jährigen Mädchen trat eine knöcherne Schwellung des Os zygomaticum im Rahmen einer Wachstumshormontherapie bei noch unbekannter Hypophosphatasie auf. Die weitere Abklärung hat den genetischen Defekt definieren lassen. Eine Biopsie aus dieser tumorösen Läsion hat einen chronisch-entzündlich lymphozytären Prozess
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ergeben, welcher steril war. Eine zweite 10-jährige Patientin hatte im Anschluss an einen Fahrradsturz über Rückenschmerzen geklagt. Eine Röntgenuntersuchung hat eine Kompression von 2 Brustwirbelkörpern ergeben. Auch hier hat die weitere Diagnostik eine Hypophosphatasie definieren können. Die Biopsie einer dritten Knochenläsion der Rippe zeigte ebenso eine CRMO. Nicht-steroidale Antiphlogistika haben bei beiden Kindern innerhalb eines Jahres eine komplette Remission erreichen lassen. In der anfänglichen Differentialdiagnose musste aufgrund der bildgebenden Verfahren eine jeweils maligne Erkrankung mit eingeschlossen werden. Eine chronische Inflammation, welche sekundär zu dem Stoffwechseldefekt bei HP angesiedelt ist, ist bei entsprechender Klinik zu erwägen. DGKJ-PO-91 Vererbung oder Veranlagung? Der SLE im Kindesalter H. Girschick1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg Die Inzidenz des systemischen Lupus erythematodes beträgt in der restlichen Welt zwischen 15–122 Personen auf 100.000. Etwa 10–20% davon sind unter 18 Jahren. Der Anteil weiblicher Patientinnen beträgt etwa 9 zu 1. In der Regel sind Kinder unter 8 Lebensjahren nicht betroffen. Ein gehäuftes Auftreten bei afroamerikanischen und hispanischen Volksgruppen ist bekannt. Ist in der Familie schon eine Person erkrankt, dann besteht ein hohes familiäres Risiko von etwa 29-fach erhöhter Gefahr an einem SLE zu erkranken. Zweieiige Zwillinge erkranken bis zu 5% gemeinsam an einem SLE. Genetisch identische eineiige Zwillinge sind bis zu 58% ebenfalls betroffen. Daran, dass die Konkordanz hier nicht 100% beträgt, zeigt, dass die mögliche Vererbung eines SLE nicht nach den Mendel-Gesetzen erfolgt, sondern eventuell polygenetisch erfolgt und dass eine Vielzahl von weiteren Faktoren wie z.B. die Umwelt, Infektionen, Medikamente, die Geographie und der Zufall hier eine entscheidende Rolle spielen. Beim SLE ist eine unkontrollierte Entzündung einer Vielzahl von Organen auf der Grundlage einer komplexen immunologischen Störung, die praktisch alle Sparten des Immunsystems erfasst, bekannt. Im Besonderen ist eine B-Zell-Hyperaktivität mit Hypergammaglobulinämie, Bildung von Autoantikörpern, Hypermutation von Antikörpern und Änderungen im Immunglobulin-Repertoire von ätiologischer Bedeutung. Wir haben eine gemeinsame Überexpression dieses Kostimulationspaares CD40/CD40-Ligant auf einzelnen B-Zellen beschrieben. Dies ermöglicht es den B-Zellen T-Zell-unabhängig zu proliferieren. Des Weiteren konnten wir eine genetische Überaktivität der Rezeptorrevision von Immunglobulin-Genen innerhalb von B-Zellen nachweisen. Dieser genetische Prozess ist mit der Bildung von autoimmunen Immunglobulin-Rezeptoren verbunden und kann ursächlich für die Bildung von Autoantikörpern sein. In der Literatur sind weitere Veränderungen von genetischer Expression, z.B. von Immunglobulinen Fc-Rezeptoren, Komplementbestandteilen, weiteren Kostimulationsmolekülen, des Weiteren Elementen der Signaltransduktion im Interferon-Signalweg bekannt. Störungen im Bereich der Toll-like-RezeptorExpression und auch von MHC-Molekülen, des Weiteren im Bereich von Autoinflammationsgenen NOD2/CARD15 wurden beschrieben. Somit besteht beim SLE eine polygene Veranlagung von Genvariationen und z. T. auch Gendefekten. Diese begünstigen komplexe Entzündungsvorgänge. Solche Genvariationen/-defekte könnten vererbt werden. Beim SLE können nahezu alle Bereiche des Immunsystems in die Störung einbezogen sein. Hormone, Umwelteinflüsse, Infektionen, Medikamente und weitere Faktoren beeinflussen die Funktion dieser Gene und damit das klinische Krankheitsbild.
Endokrinologie und Diabetologie I DGKJ-PO-92 Sekundäre Leberglykogenose bei Jugendlichen mit schlecht eingestelltem Diabetes mellitus Typ 1 D. Dunstheimer1, M. Sindichakis1, H. Arnholdt2, P. H. Heidemann1 1I. Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Augsburg, Augsburg; 2Institut für Pathologie, Klinikum Augsburg, Augsburg Das Vollbild des Mauriac-Syndrom, bestehend aus dem Symptomenkomplex Hepatomegalie, Verzögerung von Pubertät und Wachstum und Hyperlipidämie, wie von Mauriac 1930 erstmals beschrieben, wird heute aufgrund der verbesserten Insulintherapie nur noch sehr selten beobachtet. Wiederholt gibt es jedoch Einzelfallberichte von Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1, die im Rahmen einer schlechten Stoffwechseleinstellung (SE) eine Hepatopathie mit Hepatomegalie und Transaminasenerhöhung entwickelt haben. Wir berichten über drei Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1: Patientin (Pat) A (15,3 Jahre (J), Alter bei Erstmanifestation (EM) 1,3 J), Pat B (14 J, Alter bei EM 10,3 J) und Pat C (15,7 J, Alter bei EM 10,2 J). Bei Pat A und B war ab dem 12., bei Pat C ab dem 14. Lebensjahr eine Verschlechterung der SE mit steigendem HbA1c und hohem Insulinbedarf (1,1–1,8 I.E./kg/d) zu beobachten. Die Patienten entwickelten im Verlauf eine Hepatomegalie mit Transaminasenerhöhung sowie eine kombinierte Hyperlipidämie, die sich rasch unter einer Euglykämie durch i.v.- bzw. s.c.-Insulin normalisierten. Nach Ausschluss einer Infektion mit hepatotropen Viren, eines α1-Antitrypsinmangels und eines M. Wilson wurde eine Leberbiopsie durchgeführt, die eine mäßige herdförmige Verfettung und eine Glykogenspeicherung in den Hepatozyten zeigte. Zum Ausschluss einer primären Glykogenspeichererkrankung (GSD) wurden bei Pat A und B die Enzymaktivitäten der Phosphorylasekinase (GSD VIII), Phosphorylase b (GSD VI), Amyloglukosidase (GSD III) und der Glukose-6-Phosphatase (GSD Ia) bzw. das Glukose-6-Phosphatasegen untersucht. Alle Untersuchungen zeigten Normalbefunde. Pathophysiologisch lässt sich die Speicherung von Glykogen in die Hepatozyten bei schlechter diabetischer SE durch die Hyperglykämie und die unphysiologisch hohe Insulinzufuhr erklären: Glukose gelangt insulinunabhängig in die Leberzelle und wird zu Glukose-6-Phosphat umgewandelt, woraus Glykogen gebildet wird. Das hierzu notwendige Enzym Glykogensynthase wird durch die Phosphatase aktiviert, deren Aktivität vom Glukosegehalt in der Leberzelle und der Insulinkonzentration abhängt. Hinzu kommt, dass die Glykogenolyse in Anwesenheit von Glukose gehemmt wird. Im Gegensatz zur nichtalkoholischen Steatosis hepatis, die langfristig zu einer Fibrose bzw. Zirrhose führt, handelt sich bei der beschriebenen sekundären Leberglykogenose um ein reversibles Geschehen. Eine vollständige Remission ist nach einer kurzen Phase einer guten SE möglich. Deshalb halten wir eine Leberbiopsie bei Auftreten einer Hepatopathie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, auch bei gleichzeitig bestehender Adipositas, für sinnvoll. Warum nicht alle Patienten bei einer schlechten SE eine sekundäre Leberglykogenose entwickeln ist noch ungeklärt. Es ist zu diskutieren, ob bei den beschriebenen Patienten genetisch bedingt unterschiedliche Enzymaktivitäten in der Glykogensynthese bzw. Defekte in der Glykogenolyse oder im Bereich des zellulären Glukosetransporters vorliegen. DGKJ-PO-93 Neumutation im Kalzium-Sensing-Rezeptor-Gen als Ursache einer idiopathischen, benignen hypocalzurischen Hypercalcämie bei einem 12 Jahre alten Jungen G. de Sousa1, E. Kaminsky2, T. Reinehr1, W. Andler1 1Vestische Kinderklinik, Datteln; 2Praxis für Humangenetik Altona, Hamburg Einleitung: Inaktivierende Mutationen im Gen des Kalzium-SensingRezeptors sind im Zusammenhang mit der familiären hypocalzurischen Hypercalcämie beschrieben. Die Störung folgt einem autosomal-do-
minanten Erbgang. Bestimmte Neumutationen im Kalzium-SensingRezeptor-Gen (CASR) können eine idiopathische benigne hypocalzurische Hypercalcämie verursachen. Fallbericht: Bei einem 12 Jahre alten Jungen wird eine Hypercalcämie als Zufallsbefund festgestellt (Ca 3,37 mmol/l). Die Eigen –und Familienanamnese sowie der körperliche Untersuchungsbefund sind unauffällig. Labor: Normalwerte für AP, Kreatinin, Gesamteiweiß, CRP, Schilddrüsenhormone und Cortisol. Ca 3,19 mmol/l, anorganisches Phosphat 3,3 mg/dl, Mg 1.07 mmol/l, Intaktes Parathormon 81 pg/ml, Calcitonin <5 pg/ml, 25-OHD 16 ng/ml. Urin: Ca 2,3 mmol/l, anorganisches Phosphat 77,5 mg/dl, Kreatinin 153,7 mg/dl. Calcium-Ausscheidung im Urin 223 μmol/mmol (Ref.: 30–624 μmol/mmol). Analyse des CASR: Heterozygotenstatus im Exon 4, Codon 185, an Position 2 Basenaustausch G>A (Mutation R 185 Q). Bei beiden Elternteilen (Normocalcämie) Mutation nicht nachweisbar. Schlussfolgerung: Im beschriebenen Fall hat die Mutation R 185 Q zu einer idiopathischen, benignen hypocalzurischen Hypercalcämie bei einem 12 Jahre alten Jungen geführt. Als Neumutation wurde diese Mutation bisher auch bei einem Neugeborenen mit einen neonatalen schweren Hyperparathreoidismus beschrieben. DGKJ-PO-94 Idiopathische intrakranielle Druckerhöhung und Übergewicht: Ein Bericht über 3 jugendliche Patienten G. de Sousa1, M. Blankenburg1, F. Aksu1, R. Wunsch1, W. Andler1, T. Reinehr1 1Vestische Kinderklinik, Datteln Einleitung: Die Prävalenz der Adipositas im Kindes- und Jugendalter nimmt zu. Neben metabolischen, kardiovaskulären, endokrinen und gastrointestinalen Folgen, ist auch die Prävalenz der idiopathischen intrakraniellen Drückerhöhung (Pseudotumor cerebri) bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen erhöht. Der Pseudotumor cerebri ist im Kindes- und Jugendalter ein seltenes Krankheitsbild. Wir berichten über 3 übergewichtige Jugendliche, bei denen ein Pseudotumor cerebri diagnostiziert werden konnte. Fallbericht: Die klinischen Daten der Patienten sind in ◉ Tab. 1 zusammengefasst. Tab. 1. Klinische Daten der Patienten Pat.Nr.
Alter Geschlecht Anamnese (Jahre)
Body-MassIndex
1
15
männlich
Kopfschmerzen seit 6 Monaten Doppelbilder seit 1 Monat
36,7 kg/m2 (>P 99,5)
2
14
weiblich
Kopfschmerzen seit 1 Monat, 25,3 mg/m2 intermitt. verschwommen gesehen (P 90–97)
3
15
weiblich
Kopfschmerzen seit 2 Jahren, Visusverschlechterung
24,7 kg/m2 (P 90–97)
Die Untersuchungsergebnisse sowie die medikamentöse Behandlung sind in ◉ Tab. 2 dargestellt. Ein arterielle Hypertonie konnte bei allen Patienten ausgeschlossen werden. Tab. 2. Diagnostik und Therapie bei 3 Jugendlichen mit Pseudotumor cerebri Pat.- Augenärztlicher Nr. Befund
Kranielle Liquordruck Medikamentöse Kernspintomographie (cm Wassersäule) Therapie
1
Stauungspapille bds. Papillenödem bds, sonst 52 unauffälliger Befund
Diamox
2
Stauungspapille bds. Papillenödem bds, sonst 35 unauffälliger Befund
2×500 ret. Tbl Diamox 250 mg 1-1-2
3
o.B.
Diamox 2×250 mg
o.B.
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Schlussfolgerung: Bei übergewichtigen bzw. adipösen Patienten mit Kopfschmerzen sollte an einen Pseudotumor cerebri gedacht werden. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-PO-95 Gewichtsstatus und kardiovaskuläres Risikoprofil bei adipösen Kindern und Jugendlichen 1 Jahr nach Beendigung des ambulanten Schulungsprogramms „Obeldicks“ G. de Sousa1, A. Toschke2, A. Schaefer1, M. Dobe1, U. Damschen1, K. Winkel1, D. Hoffmann1, T. Reinehr1 1Vestische Kinderklinik, Datteln; 2Division of Health and Social Care, King’s College London, Kondon, Großbritannien Einleitung und Fragestellung: Es gibt nur wenige publizierte Daten über die mittelfristige Verbesserung des kardiovaskulären Risikoprofils (KVRP) bei adipösen Kindern nach Teilnahme an einem ambulanten Interventionsprogramm. Wir haben daher den Verlauf von Gewichtsstatus und KVRP adipöser Kinder 1 Jahr nach Beendigung unseres einjährigen ambulanten Schulungsprogramms „Obeldicks“ erfasst. Patienten und Methoden: SDS-BMI, Blutdruck, Serumlipide und Insulinresistenzindex HOMA wurden im Verlauf von 2 Jahren bei 240 adipösen Kindern (BMI >P 97, Alter 6–14 Jahre, mittlerer BMI 26,9 kg/ m2) ausgewertet. 203 dieser Kinder haben am Schulungsprogramm „Obeldicks“ teilgenommen. Bei den restlichen 37 Kindern wurde keine Intervention durchgeführt. Die Kontrollgruppe bestand aus 12 normalgewichtigen Kindern gleichen Alters und Geschlechts. Ergebnisse: Blutdruck, HOMA, Nüchterninsulin, Triglyzeride und LDL-Cholesterin waren bei den adipösen Kindern signifikant höher (p<0,05) als bei den normalgewichtigen Kindern, während HDL-Cholesterin signifikant niedriger war. 29 Kindern haben das Schulungsprogramm nicht beendet. 126 Kinder konnten ihr Übergewicht reduzieren. Im Gegensatz zu den 37 Kindern ohne Intervention und den 48 Kindern ohne Verringerung des SDS-BMI, war bei diesen 126 Kindern eine signifikante Verbesserung (p<0,05) des Blutdrucks (Abnahme des systolischen Blutdrucks um 8%, Abnahme des diastolischen Blutdrucks um 12%), der Serumlipide (Abnahme der Triglyzeride um 12%, Abnahme des LDL-Cholesterins um 5%, Zunahme des HDL-Cholesterins um 7%), der Nüchterninsulinwerte (Abnahme um 13%) sowie des Insulinresistenzindexes HOMA (Abnahme um 17%) zu verzeichnen. Die Verringerung des SDS-BMI sowie die Verbesserung des KVRP war bei den 126 Kindern auch 1 Jahr nach Beendigung des Programms noch nachzuweisen. Schlussfolgerung: Die Teilnahme an unserem ambulanten Schulungsprogramms „Obeldicks“ führte bei der Mehrheit der Teilnehmer zur Reduktion des Übergewichts und zu einer Verbesserung des KVRP. Diese Veränderungen waren auch 1 Jahr nach Beendigung des Programms nachweisbar. DGKJ-PO-96 Beckwith-Wiedemann-Syndrom bei einem 2-jährigen Mädchen mit Gigantismus, morbider Adipositas und Beinlängendifferenz S. Blüher1, W. Heinritz2, U. G. Froster2, A. Keller1 1Universitätskinderklinik, Leipzig; 2Institut für Humangenetik, Universität Leipzig, Leipzig Hintergrund: Das Beckwith-Wiedemann-Syndrom (ExomphalosMakroglossie-Gigantismus-, EMG-Syndrom) ist ein genetisch determiniertes Krankheitsbild und assoziiert mit Hochwuchs, asymmetrischem Größenwachstum (Hemihyperthrophie), Makroglossie, Organomegalie, Nierenfehlbildungen sowie dem gehäuften Auftreten von Tumoren (Wilms-Tumore, adrenokortikalen Karzinomen, Hepatoblastome). Von bisher 500 dokumentierten Fällen traten 15% familiär auf. Die genetischen Ursachen liegen auf dem Chromosomen 11 und umfassen Mutationen am IGF-2 und H19-Gen sowie Methylierungsdefekte am LIT1-Gen. Methodik und Fallbericht: Ein 1,8 jähriges Mädchen wurde aufgrund einer ausgeprägten Adipositas in unserer ambulanten Betreuung vorgestellt. Familienanamnestisch besteht mütterlicherseits ein gehäuftes Auftreten von massiver Adipositas. Eigenanamnestisch bestand eine Geburtseinleitung bei Terminüberschreitung (normales Geburtsge-
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wicht von 3650 g und Geburtslänge von 54 cm), der Mutter waren außerdem eine massive Gewichtszunahme seit Ende des ersten Lebensjahres sowie eine zunehmende Beinlängen- und Schuhgrößendifferenz (2 Schuhgrößen) aufgefallen. Alle Meilensteine wurden bisher zeitgerecht absolviert. Bei Vorstellung wog das Mädchen 23,1 kg bei einer Körperlänge von 92,5 cm (+2.6 SDS), was einem BMI von 27,9 kg/m2 (+3,5 SDS) entspricht. Paraklinisch fielen eine dezente Transaminasenerhöhung sowie ein ausgeprägter Hyperinsulinismus (peak 1700 pmol/L) beim oralen Glucosetoleranztestes auf. Eine Sonographie des Abdomens war unauffällig. Die Hemihyperthrophie sowie der Gigantismus lenkte den Verdacht auf das Vorliegen eines Beckwith-Wiedemann-Syndroms. Dieses konnte molekulargenetisch bestätigt werden. Es fand sich ein auffälliges Methylierungsmuster im LIT1-Gen bei Ausschluss einer uniparentalen Disomie im Chromosom 11. Im maternalen Allel fand sich ebenfalls eine geringfügige abnormale Methylierung im Bereich des LIT1-Gens. Weitere genetische Veränderungen, insbesondere H19-Methylierungsdefekte oder IGF-2 Mutationen, konnten nicht bestätigt werden. Diskussion: Da das Beckwith-Wiedemann-Syndrom mit einem erhöhten Tumorrisiko einhergeht, ist eine frühzeitige Diagnostik zur Einleitung der weiteren Maßnahmen essentiell. Kinder mit diesem Krankheitsbild bedürfen einer engmaschigen Betreuung einschließlich Ernährungsberatung und Bewegungsförderung zur Gewichtsstabilisierung. Aufgrund des erhöhten Tumorrisikos bei Kindern mit EMG-Syndrom sollten regelmäßige sonographische Kontrollen des Abdomens erfolgen. Schlussfolgerung: Bei einem asymmetrischen Größenwachstum in Kombination mit einer Adipositas sollte differentialdiagnostisch das Vorliegen eines Beckwith-Wiedemann-Syndroms in Betracht gezogen werden. Die frühzeitige Diagnosestellung hat einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Therapieführung, und die umfassende, kompetente Betreuung sowie das zeitnahe Erkennen von Begleiterkrankungen der betroffenen Kinder, insbesondere von assoziierten Tumorerkrankungen. DKGJ-PO-97 URMEL-ICE (Ulm Research on Metabolism, Exercise and Lifestyle Intervention in Children): Prävalenz von Übergewicht bei Ulmer Schulkindern – Veränderungen in 30 Jahren S. Berg1, Chr. Galm2, J. Klenk3, H. Ditschuneit4, O. Wartha5, S. Brandstetter6, E. Kohne1, R. Peter3, S. Weiland3, J. Steinacker6, K. Debatin1, M. Wabitsch7 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm; 2Sektion Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm; 3Institut für Epidemiologie, Ulm; 4Universität Ulm, Ulm; 5Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL), Ulm; 6Sektion Sportmedizin, Zentrum für Innere Medizin, Ulm; 7Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm Einleitung: URMEL-ICE, ein interdisziplinäres, schulbasiertes Präventionsprojekt, verfolgt bei Grundschülern und deren Familien das Ziel, die körperliche Inaktivität sowie den Verzehr von zuckerhaltigen Getränken zu reduzieren und die Aktivität im Alltag zu steigern. Dadurch sollen kardiovaskuläre Risikofaktoren und das Körpergewicht günstig beeinflusst werden. Die Wirksamkeit des Programms wird im Schuljahr 2006/2007 im Rahmen einer prospektiven, cluster-randomisierten Interventionsstudie überprüft (gefördert durch die Landesstiftung Baden-Württemberg). Aktuell wurden die Daten der Basis-Erhebung ausgewertet. Das Körpergewicht und die Hautfaltendicken wurden mit den Messdaten von gleichaltrigen Kindern des Schulkinderprojektes aus dem Jahr 1976 verglichen. Methoden: Messwerte wurden mit geeichten Instrumenten durch geschultes Personal in den Räumen der Kinderklinik Ulm erhoben. Ergebnisse: N=1051 Kinder der zweiten Klasse wurden rekrutiert (54% Jungen (m), 30% mit Migrationshintergrund (MH), Alter: 7,5+/–0,4 Jahre). Bezogen auf die aktuellen Referenzwerte (BMIAGA) liegt ein Übergewicht bei 12,2% und eine Adipositas bei 4,5% der
Schulkinder vor. Bei Kindern aus Familien mit MH liegt bei 16,8% ein Übergewicht und bei 7,0% eine Adipositas vor. Eine bivariate Analyse zeigt folgende Einflussfaktoren für das Übergewicht (OR (95%-KI)): Übergewicht der Mutter (2,28 (1,36–3,82)), Übergewicht des Vaters (2,54 (1,54–4,19)), Rauchen während der Schwangerschaft (3,09 (2,00– 4,76)), TV-Konsum >2 Stunden/Tag (3,97 (1,49–10,62)). Im Vergleich zu den Messwerten des Schulkinderprojektes im Jahr 1976 haben heute 31,4% (26,8% ohne MH) der Kinder ein erhöhtes Körpergewicht (>90. Gewichtsperzentil1975). Der Zuwachs an Fettmasse in 30 Jahren wird durch die Veränderung Perzentile (P) der Hautfaltendicken deutlich (1976 vs 2006, in mm): Trizeps: P 50 (m: 8,2 vs 12,0; Mädchen (w): 9,7 vs 13,7), P 90 (m: 11,4 vs 22,3; w: 13,6 vs 25,0), Subscapular: P 50 (m: 5,1 vs 6,3; w: 5,8 vs 7,0), P 90 (m: 7,1 vs 13,0; w: 8,7 vs 15,3). Schlussfolgerung: Dies sind nach unserer Kenntnis die einzigen Daten aus den alten Bundesländern, die eine deutliche Zunahme der Körperfettmasse bei Schulkindern in den letzten 30 Jahren zeigen. Im Jahr 2006 sind die Körpergewichte und die Hautfaltendicken von Kindern an Ulmer Grundschulen deutlich höher als im Jahr 1976. Der deutliche Zuwachs an Fettmasse wird durch einen deutlichen Anstieg des Medians der Hautfaltendicke deutlich. Das 90. Perzentil der Hautfaltendicken hat sich sogar verdoppelt. Wirksame Präventionsmaßnahmen zur Unterstützung der Kinder in einem gesunden Ernährungs- und Bewegungsverhalten sind erforderlich um den gesundheitlichen Folgen einer erhöhten Körperfettmasse vorzubeugen. DGKJ-PO-98 Persistierende Hypoglykämien im Säuglings- und Kindesalter: Wichtige Differentialdiagnosen! K. Buder1, A. Rißmann1, D. Wiemann1, K. Mohnike1 1Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg Fragestellung: Der kongenitale Hyperinsulinismus (CHI) ist eine der häufigsten Ursachen persistierender Hypoglykämien im Säuglingsund Kindesalter. Ein hoher Glukosebedarf (>10 mg/kg/min) ist charakteristisch. Zur Vermeidung eines Hirnschadens ist die schnelle differentialdiagnostische Abklärung mit entsprechender Therapieeinleitung notwendig. Material und Methoden: Die 4 Patienten, von denen wir berichten, (3 Mädchen, 1 Junge) fielen im Alter zwischen 10 h und 5 Monaten erstmals mit Blutglukosekonzentrationen zwischen 0,6 und 1,0 mmol/l auf. Ergebnisse: Die Kombination von Hypoglykämie und einem Glukosebedarf >10 mg/kgKG/min ließ an einen CHI denken. Nach initialer Stabilisierung der Blutglukosekonzentration erfolgte ein Therapieversuch mit Diazoxid. 2 Patienten sprachen auf diese Therapie an, Euglykämie wurde erreicht. In den 2 anderen Fällen wurden mit Octreotid und Glukagon stabile Glukosekonzentrationen aufrechterhalten. Zur weiteren Differentialdiagnostik wurde bei diesen 2 Patienten eine Pankreasvenenkatheterisierung durchgeführt, mit dem Ergebnis einer fokalen Form des CHI einerseits und einer diffusen Form andererseits. Bei einem weiteren Patienten wurde eine diffuse Form im 18F-DOPAPET-CT festgestellt. Im Falle des einen diazoxidsensiblen Patienten wurde bei stabilem Glukosehaushalt Diazoxid nach ca. 1 Monat abgesetzt, es handelte sich hierbei um einen transienten Hyperinsulinismus. Der Patient mit fokaler Form wurde durch operative Entfernung des Fokus geheilt. In einem Fall mit diffuser Form konnte mit Diazoxid eine Stabilisierung erreicht werden, wogegen im anderen Fall erst eine Resektion von ca. 95% des Pankreas zur Euglykämie führte. Diskussion: Bei Vorliegen der Konstellation von wiederkehrenden Hypoglykämien, Hyperinsulinismus, niedriger Konzentration von freien Fettsäuren und Ketonkörpern sowie glykämischer Antwort nach s.c. Gabe von Glukagon ist das Vorliegen eines CHI wahrscheinlich. Um Hirnschäden zu vermeiden, ist neben der initalen Glukoseinfusion die Glukagon- und Somatostatingabe effektiv. Nach Stabilisierung sollte ein Therapieversuch mit Diazoxid unternommen werden. Gleichzeitig ist eine Differenzierung zwischen fokaler und diffuser Form anzu-
streben. Hierfür wurde die Pankreasvenenkatheterisierung erfolgreich durch das 18FDOPA- PET-CT abgelöst. Durch operative Entfernung des Fokus kann die fokale Form geheilt werden. Die diffuse Form wird medikamentös (Diazoxid, Octreotid) behandelt; bei Nichtansprechen ist eine 95–98%ige Pankreatektomie erforderlich, welche v.a. mit den Risiken einer exokrinen Pankreainsuffizienz und eines Diabetes mellitus assoziiert ist. Schlussfolgerung: Die differentialdiagnostische Abklärung des Leitsymptoms Hypoglykämie im Säuglings- und Kindesalter ist für die konsequente Therapie entscheidend. Ziele sind Euglykämie und Vermeidung von Komplikationen infolge Neuroglukopenie. DGKJ-PO-99 Aktuelle Diagnostik des Silver-Russel-Syndroms (SRS): Die molekulargenetische Analyse bestätigt die klinische Diagnose bei ca. 50% der Fälle E. Kämmerer1, N. Schönherr2, H. A. Wollmann3, M. B. Ranke3, G. Binder3, T. Eggermann2 1Humangenetik/Kinderkardiologie, Aachen; 2Humangenetik, Aachen; 3Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen Fragestellung: Das Silver-Russel-Syndrom (SRS) ist gekennzeichnet durch prä- und postnatalen Kleinwuchs, relative Makrozephalie, kraniofaziale Dysmorphien, Asymmetrie und weitere weniger konstante Merkmale. Während bis vor kurzem die klinische Diagnose nur bei ca.10% der Patienten durch Nachweis einer maternalen Uniparentalen Disomie des Chromosoms 7 (matUPD7) bestätigt werden konnte, erlaubt die Analyse der jüngst berichteten epigenetischen Veränderungen in der Region 11p15 eine Diagnose in einer großen Zahl weiterer Fälle. Bei den 11p15-Epimutationen handelt es sich um Veränderungen, die gegensätzlich zu denen des durch Großwuchs charakterisierten Beckwith-Wiedemann-Syndroms sind. In einzelnen SRS-Fällen sind konventionell cytogenetisch darstellbare Veränderungen berichtet, insbesondere Duplikationen von maternalem 7pund 11p-Material. Basierend auf diesen Befunden wird ein neuer diagnostischer Algorithmus für das SRS entwickelt. Material und Methoden: Ein Kollektiv von 96 Patienten mit klinischen Merkmalen des SRS wurde in Hinblick auf Epimutationen in 11p15, auf eine matUPD7 sowie Chromosomenveränderungen untersucht. Epimutationen in 11p15 wurden mittels MLPA und die matUPD7 mit Hilfe einer methylierungsspezifischen PCR dargestellt. Ergebnisse: Bei 38% der Patienten fanden sich Abberrationen in 11p15, in 9% fand sich eine matUPD7 und bei 2% Chromosomenaberrationen. Im Vordergrund der 11p15 Veränderungen stehen Hypomethylierungen der H19/IGF2-Imprintingcenter-Region 1 (ICR1). Unter Berücksichtigung aller drei diagnostischer Verfahren kann bei ca. 50% der Fälle mit klinischer Verdachtsdiagnose eine genetische Veränderung nachgewiesen werden. Diskussion: Das SRS ist genetisch heterogen, genomische Veränderungen umfassen (epi)genetische Veränderungen in 11p15 und auf Chromosom 7. Allerdings konnte in bisherigen Analysen zu Kandidatengenen auf beiden Chromosomen kein ursächliches Gen identifiziert werden. Auch die funktionellen Konsequenzen der 11p15-Imprintingstörung sind bisher unklar. Während die Assoziation zwischen Imprintingveränderungen einzelner Chromosomen mit spezifischen Syndromen wie dem Prader-Willi- oder Angelman-Syndrom bekannt ist, ist die Beteiligung von Epimutationen auf zwei verschiedenen Chromosomen an der Ätiologie eines Syndroms wie beim SRS einmalig. Schlussfolgerung: Es gilt den funktionellen Zusammenhang zwischen den beobachteten genetischen Veränderungen und dem Phänotyp des SRS aufzuklären. Derzeit ist unklar, ob und wie die beiden Mutationen auf den Chromosomen 7 und 11 ursächlich zusammenhängen.
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Abstracts Endokrinologie und Diabetologie II DGKJ-PO-100 Interventionen zur Unterstützung der Regelversorgung von Kindern mit Diabetes Typ I – Inanspruchnahme und Effekte -Ergebnisse einer multizentrischen Beobachtungsstudie H. Weyhreter1, R. Holl2 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm; 2Institut für Epidemiologie, Universität Ulm, Ulm Fragestellung: Im klinischen Alltag ist es bei Problempatienten oft notwendig die Regelversorgung durch ergänzende Behandlungen (Schulung, Psychologische Beratung usw.) zu unterstützen. Trotz der Häufigkeit solcher Interventionen gibt es nur wenig Informationen über deren Effekte. Die dargestellte Studie soll helfen, diese Lücke zu schließen. Patienten und Methoden: In einer multizentrischen Beobachtungsstudie, an der 22 Behandlungszentren in wohnortnaher Versorgung teilnahmen, wurden von 765 Patienten und deren Eltern Daten zur Lebensqualität, zu psychosozialen Aspekten sowie zu somatischen Parametern (Stoffwechselgüte) und zur Notwendigkeit und Realisierung von Interventionen zusätzlich zur Regelversorgung erfasst. Das Alter der Patienten lag bei 11,5±3,7 Jahre, die Diabetesdauer betrug 3,7±3,2 Jahre; der HbA1C lag bei 7,5±1,3%. Die Bestimmung der Effekte der Interventionen erfolgte durch eine Einschätzung des Behandlungsteams und durch Vergleich des HbA1C der Ersterhebung und der Katamnese (Beobachtungsdauer: 1,16±0,17 Jahre). Ergebnisse: Bei 197 Patienten (25,7%) wurden zusätzlich zur Regelversorgung weitere Maßnahmen, vor allem ambulante oder stationäre Schulungen, auch psychologische Interventionen empfohlen. 69,6% der Patienten nahmen diese Empfehlungen auch in Anspruch. Die größten Interventionseffekte wurden vom Team in der Veränderung der Stoffwechselwerte und der Compliance bei ambulanten oder stationären Schulungen, die geringsten Veränderungen wurden im Verhalten der Patienten und in der Familiensituation gesehen. Bei Zugrundelegung des HbA1C – Verlaufs als objektivem Kriterium des Interventionseffektes fand sich in dem Beobachtungszeitraum, unabhängig von der Art der Intervention und davon, ob die Behandlung auch durchgeführt wurde, kein Hinweis für eine Stoffwechselverbesserung der zusätzlich behandelten Patienten. Patienten, für die eine zusätzliche Intervention vorgeschlagen worden war. Sie zeigten vielmehr im Vergleich zu allen anderen Patienten eine signifikante Stoffwechselverschlechterung (0,5±1,3 vs. 0,16±1,1%; p=0.002). Zwischen der Einschätzung der Interventionseffekte aus der Sicht des Teams und den realen Stoffwechselveränderungen im Beobachtungszeitraum bestand kein statistisch signifikanter Zusammenhang (r=0.11). Diskussion und Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer großen Zahl von Patienten im Verlauf der Regelversorgung behandlungsbedürftige Probleme bestehen. Sie zeigen auch, dass mit den gewählten Maßnahmen nur mäßige Effekte erzielt werden können. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer im klinischen Alltag verankerten, an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Interventionsstellung, der besseren Vorbereitung und Vernetzung von Therapien, verbunden mit der Notwendigkeit permanenter Effizienzkontrolle. DGKJ-PO-101 Alter von Mädchen mit Ullrich-Turner Syndrom bei Therapiebeginn mit Wachstumshormon – Analyse der KIGS-Daten von 1987 bis 1999 H.-G. Dörr1, M. Bettendorf2, B. Hauffa3, F. Lorenzen4, O. Mehls2, T. Rohrer5, E. Said6, N. Stahnke7, H. Steinkamp6, E. Ucur6, M. B. Ranke8 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Kinderklinik, Klinikum d.RuprechtKarl-Universität, Heidelberg; 3Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen; 4Kinderarztpraxis, Hannover; 5Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg; 6Pfizer GmbH, Karlsruhe; 7Endokrinologikum, Hamburg; 8Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen Mädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom (UTS) erreichen ohne Therapie im Mittel eine Endgröße von ca. 146 cm. Seit 1991 ist Wachstumshor-
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mon (hGH) zur Verbesserung der Endgröße für Mädchen mit UTS in Deutschland zugelassen. Als wichtige Faktoren für den Therapieerfolg wurden in den letzten Jahren die Elterngröße (Zielgröße), die GH-Dosis und vor allem ein Therapiebeginn in einem jungen Alter evaluiert. So hat sich gezeigt, dass eine Verbesserung der Endgröße um 7–10 cm möglich ist. Fragestellung und Untersuchung: Um festzustellen in welchem Alter bei den UTS-Mädchen die Therapie mit hGH begonnen wurde und zu untersuchen, ob sich eine Änderung im Zeitverlauf fand, wurden die Daten der deutschen Mädchen mit UTS analysiert, die in der pharmakoepidemiologischen Anwendungsbeobachtung KIGS (Pfizer International Growth Data Base) zum Zeitpunkt Januar 2007 dokumentiert waren und bei denen die hGH Therapie bereits beendet wurde. Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der retrospektiven Auswertung lagen Daten von 289 UTS-Mädchen nach Ende der GH Therapie in KIGS vor. Das Alter (Median) aller Mädchen lag bei Therapiebeginn bei 9.46 und bei Therapieende bei 16.7 Jahren. Die prospektive Endgröße konnte im Median um 5 cm verbessert werden. Das Alter im Median bei Therapiebeginn war in den Jahrgängen 1987 bis 1999:
1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999
Alter 10,3 11,1 10,8 9,97 9,31 8,59 7,98 8,99 8,29 10,6 9,83 9,99 11,6 n
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Zusammenfassung: Zwischen 1987 und 1993 verminderte sich das Alter bei Therapiebeginn von 9,31 auf 7,98 Jahre. In den darauf folgenden Jahren stieg das Alter aber wieder an und erreichte 1999 den höchsten Wert mit 11.6 Jahren. Schlussfolgerungen: Trotz intensiven Bemühens von Seiten der Spezialisten ist es definitiv nicht gelungen, kleinwüchsige Mädchen mit UTS früher mit GH zu behandeln. Dies ist sicher ein, wenn nicht sogar der wichtigste Faktor dafür, dass das primäre Therapieziel – Verbesserung der Endgröße – suboptimal ist. Da die klinischen Symptome bei UTSMädchen in ihrer Ausprägung sehr variabel und oft nur mittels einer sorgfältigen körperlichen Untersuchung zu erfassen sind bzw. typische Stigmata auch vollständig fehlen, muss man fordern, dass bei jedem kleinwüchsigen Mädchen, dessen Kleinwuchs nicht erklärt werden kann, frühzeitig eine Chromosomenanalyse durchzuführen ist. DGKJ-PO-102 Adipositas – Führen soziokulturelle Besonderheiten dazu, dass türkische Kinder öfter und stärker betroffen sind als deutsche Kinder H. Hoff-Emden1, S. Celik-Bilgili1 1Rehabilitationsklinik für Kinder und Jugendliche, Beelitz-Heilstätten Fragestellung: Im Rahmen der Diskussion um die stetig steigende Zahl adipöser Kinder und Jugendlicher fällt insbesondere der hohe Anteil von Familien mit Migrationshintergrund auf. Im Spezialbericht 2003 zur Gesundheit Berliner Kinder sind deutsche Kinder zu 11,4%, türkische zu 22,7% übergewichtig (Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, 2003). Dies trifft zu trotz des gleichwertigen medizinischen Angebots. Inhaltlich und konzeptionell identische Angebote in der Reha-Klinik werden nicht im gleichen Masse genutzt. Es werden vielfältige Probleme wie Sprachbarrieren, niedriges Bildungsniveau der Eltern, aber auch unzureichende Informationen und unspezifische Ängste postuliert. Methoden: Es wurden 70 adipöse türkische Patienten, die im Zeitraum von 2001 bis 2006 in unserer Reha-Klinik in Behandlung waren, bezüglich ihrer soziodemographischen und medizinischen Daten im Vergleich mit 521 adipösen Patienten der ASRA-Studie (Dr. A. van Egmond-Fröhlich 2005) untersucht. 30 Patienten der ASRA-Studie rekrutierten sich aus unserer Klinik. Die türkische Patientengruppe besteht aus Kindern und Jugendlichen im Alter von 9–17. Die Teilnehmer der ASRA-Studie sind im Alter von 9 bis 16 bei Datenerhebung gewesen. Ergebnisse: Es konnten deutliche Unterschiede im Bereich des Bildungsniveaus der Eltern festgestellt werden. Es bestanden Unterschiede in den BMI-Werten bei Aufnahme, die türkischen Kinder und Jugendliche hat-
ten einen höheren Ausgangs-BMI als die deutschen. Die Ergebnisse der BMI-Reduktion der türkischen Kinder und Jugendlichen war kleiner und die Reha-Dauer kürzer. Bei der ASRA-Studie war die Reha-Dauer auf mindestens 4 Wochen angelegt. Bei den türkischen Familien konnten häufiger Reha-Abbrüche auf Grund von Heimweh-Reaktionen, geringerer Frustrationstoleranz und sehr enger familiärer Bindungen und fehlender elterlicher Unterstützung der Rehamaßnahme registriert werden. Diskussion: Die dramatische Entwicklung bezüglich der Adipositas insbesondere bei türkischen Migranten erfordert eine frühzeitige und spezielle Intervention zur Erarbeitung der momentanen Motivation und nachhaltigen Veränderungsmotivation. Die speziellen Möglichkeiten einer Reha-Klinik sollten genutzt werden, um mit der Familie gemeinsame Perspektiven zu erarbeiten. Um den Transfer in das häusliche Milieu zu ermöglichen, sind hierzu spezifische soziokulturelle Kenntnisse erforderlich. Neben der Entwicklung und Anpassung von entsprechenden Instrumentarien (z.B. Fragebögen, Modifikation der Elternschulung) sollte den Familien die Sicherheit „fühlbaren Verständnisses“ vermittelt werden, um frühzeitige Abbrüche zu verhindern. Die Teilnahme an einer speziellen Nachsorge kann die erworbenen Kenntnisse vertiefen. DGKJ-PO-103 Mikrovaskuläre Folgeerkrankungen beim Typ-1-Diabetes mit pädiatrischem Beginn: Prävalenz und Risikofaktoren bei 14985 Patienten der DPV-Wiss-Datenbank R. Holl1, E. Fröhlich-Reiterer2, S. Hofer3, K. Placzek4, M. Freff5, H. Hammes6, M. Grabert1, K. Raile7 , Für die DPV – Studiengruppe 1Abteilung Epidemiologie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm; 2Universitätskinderklinik Graz, Graz, Österreich; 3Universitätskinderklinik Innsbruck, Innsbruck, Österreich; 4Kinderklinik Dresden-Neustadt, Dresden; 5Kinderklinik Rüsselsheim, Rüsselsheim; 6Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 7Universitätskinderklinik Charité Berlin, Berlin Hintergrund: Der Typ-1-Diabetes ist eine der häufigsten endokrinologischen Erkrankungen in der Pädiatrie. Während kurzfristig die Vermeidung akuter Komplikationen (Hypoglykämie, Ketoazidose) im Vordergrund steht, ist langfristig das Verhindern mikro- und makrovaskulärer Folgeerkrankungen das primäre Therapieziel. Aufgrund der langen Latenz sind vaskuläre Komplikationen während der pädiatrischen Betreuungsperiode eher selten und werden deshalb oft vernachlässigt. Methode: Die DPV-Dokumentationsinitiative basiert auf einer Software zur standardisierten, prospektiven Verlaufsdokumentation in spezialisierten Diabetesambulanzen, Praxen und Kliniken. Seit 1995 wird dieser Ansatz bundesweit angeboten, zunächst vorweigend in pädiatrischen, in den letzten Jahren auch in internisti Yschen Zentren. Aus dem aktuellen Datenbestand (März 2007) wurden die Patienten mit pädiatrischem Beginn (vor dem 18. Lebensjahr) eines Typ-1-Diabetes ausgewählt, bei denen im aktuellsten Behandlungsjahr sowohl eine Augendiagnostik als auch die Urinalbuminauscheidung bestimmt worden war (persistierende Mikroalbuminurie: mindestens 2 von 3 Urinproben pathologisch). Kaplan-MeierKurven und logistische Regressionsanalyse wurden eingesetzt. Ergebnisse: 14985 Patienten aus 242 Behandlungszentren in Deutschland und Österreich wurden eingeschlossen. Im Median waren die Patienten mit 8.9 Jahren erkrankt [Q1–Q3:5.3–11.9 Jahre]. 3238 Patienten waren bei der aktuellsten Untersuchung älter als 18 Jahre – in dieser Gruppe hatten 28.2% eine Retinopathie und 12.6% eine Mikroalbuminurie. Nach 24.1 Jahren hatten 25% der Patienten eine Retinopathie. Der langfristige HbA1c-Mittelwert, hatte einen hochsignifikanten Einfluss: HbA1c <7.5%: 28.6 Jahre versus HbA1c >7.5%: 21.0 Jahre (p>0.0001, log-rank-Test). Weitere signifikante Einflussfaktoren waren Alter bei Diabetesbeginn und Zigarettenrauchen. Nach 26.9 Jahren bestand bei 25% der Patienten eine Mikroalbuminurie, wiederum hatte die langfristige Stoffwechseleinstellung einen großen Einfluss: HbA1c >7.5%: 21.0 Jahre, HbA1c <7.5%: 34.6 Jahre, p<0.0001). Alter bei Diabetesbeginn, Hypertension, Dyslipidämie und Zigarettenrauchen waren weitere signifikante Einflussfaktoren. Schlussfolgerung: Die DPV-Datenbank umfasst eine große Anzahl aktuell betreuter Patienten, welche vor dem 18. Lebensjahr an einem
Typ-1-Diabetes erkrankt waren. Die Ergebnisse bestätigen, dass eine Retinopathie häufiger und früher auftritt als eine Mikroalbuminurie. Neben Alter bei Manifestation und Diabetesdauer erhöht eine langfristig unbefriedigende Stoffwechseleinstellung das Risiko für mikrovaskuläre Folgeerkrankungen hochsignifikant, ebenso wie das Zigarettenrauchen. Als weitere modifizierbare Risikofaktoren für die Nephropathie zeigten sich ein erhöhter Blutdruck und eine Fettstoffwechselstörung. Auch in der pädiatrischen Diabetesbetreuung müssen diese Risikofaktoren erkannt und behandelt werden, um die Rate von Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter weiter zu reduzieren. DGKJ-PO-104 Molekulargenetische Bestätigung eines 3M-Syndroms bei einem Kind mit prä- und postnatalem Kleinwuchs J. Sy1, C. Huber2, K. Niethammer1, V. Cormier-Daire2, C.-J. Partsch1 1Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Esslingen, Esslingen; 2Départment de Génétique Médicale, Hopital Necker, Paris, Frankreich Fragestellung: Mehrere Hundert Syndrome mit Kleinwuchs sind bekannt. Aufgrund der Vielfalt der klinischen Symptomatik dürften viele Kleinwuchs-Syndrome als unterdiagnostiziert gelten. Bei klinischer und radiologischer Vorselektion kann die zielgerichtete molekular-genetische Diagnostik helfen, Diagnosen zu sichern und die diagnostische Ungewissheit für die Eltern zu beenden. Kasuistik: Die Patientin ist das 1. Kind konsanguiner Eltern türkischer Abstammung. Geburtsgewicht (1900 g) und Geburtslänge (37 cm) lagen jeweils weit unter der 3. Perzentile für das Gestationsalter (38+4 SSW). Der Kopfumfang war dagegen im Normbereich (35,5 cm=75. Perz.). Postnatal blieb der Kleinwuchs bestehen und entwickelte sich bis zu –6,37 SD im Alter von 17 Monaten (64 cm). Der Kopfumfang blieb normal (47,2 cm=50. Perz.). Zusätzliche Stigmata waren ein Dolichozephalus, ein dreieckiges Gesicht mit spitzem Kinn und prominenter Stirn, ein kurze Nase mit antevertierten Nares und fleischiger Nasenspitze, ein kurzer Thorax, kurze und schlanke Extremitäten und prominente Calcanei. Die statomotorische Entwicklung war normal. Radiologisch fanden sich (noch) keine hohen Wirbelkörper. Diagnostik: Die molekulargenetische Analyse des CUL7-Gens ergab ein homozygote Insertion in Exon 8 (1939 ins G). Diese führt zu einem prämaturen Stop-Codon. Die Mutation lag heterozygot auch bei der Mutter vor. Der Vater ließ sich nicht untersuchen. Diskussion: Durch den Nachweis der homozygoten Mutation im CUL7-Gen konnte die klinisch vermutete Diagnose eines 3M-Syndroms abgesichert werden. Der Erbgang ist autosomal rezessiv. Derzeit sind etwa 40 Fälle klinisch beschrieben, zuletzt auch 3 Patienten aus Ägypten (1). Huber et al. (2) beschrieben 2005 erstmals Mutationen im CUL7Gen bei einer Reihe von Patienten mit 3M-Syndrom (OMIM 273750). Mittlerweile konnte durch die Internationale Studiengruppe 3MSyndrom eine große Zahl weiterer Mutationen nachgewiesen werden. Literatur (1) Temtamy et al., Clin Dysmorphol 15,55–64 (2006) (2) Huber et al., Nat Genet. 37,1119–1124 (2005)
DGKJ-PO-105 Werden mehr kleinwüchsige Jungen als Mädchen im Rahmen der zugelassenen Indikationen mit Wachstumshormon in Deutschland behandelt? – Analyse der KIGS-Daten H.-G. Dörr1, M. Bettendorf2, B. Hauffa3, F. Lorenzen4, O. Mehls2, T. Rohrer5, E. Said6, N. Stahnke7, H. Steinkamp6, E. Ucur6, M. B. Ranke8 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Kinderklinik, Klinikum d.RuprechtKarl-Universität, Heidelberg; 3Klinik für Kinder und Jugendmedizin der Universität, Essen; 4Kinderarztpraxis, Hannover; 5Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg; 6Pfizer GmbH, Karlsruhe; 7Endokrinologikum, Hamburg; 8Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen In Deutschland sind derzeit fünf pädiatrische Indikationen für die Therapie mit Wachstumshormon (hGH) zugelassen: WachstumshorMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts monmangel (GHD), Ullrich-Turner Syndrom (UTS), chronische Niereninsuffizienz (CRI), Prader-Willi-Syndrom (PWS) und Kleinwuchs bei Kindern, die bei Geburt zu klein und oder zu leicht waren (SGA). Fragestellung und Untersuchung: Um festzustellen, wie die Geschlechtsverteilung bei den zugelassenen Indikationen ist, wurden die Daten der deutschen Patienten analysiert, die in der pharmakoepidemiologischen Anwendungsbeobachtung KIGS (Pfizer International Growth Data Base) zum Zeitpunkt Januar 2007 dokumentiert waren. Dabei wurde die Indikation UTS nicht berücksichtigt, da hier nur Mädchen behandelt werden. Die Diagnose GHD wurde nach der Ätiologie idiopathisch (IGHD) bzw. organisch (OGHD) analysiert. Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der retrospektiven Auswertung befanden sich 5460 Patienten in der Datenbank. Die Aufteilung der Patienten nach Diagnose und Geschlecht ist nachfolgender ◉ Tab. zu entnehmen. Diagnose
GHD
CRI
PWS
SGA
IGHD
OGHD
n Gesamt
3352
1017
445
156
490
Jungen (m)
2320
651
315
78
301
Mädchen (w)
1032
366
130
78
189
1,77:1
2,42:1
1:1
1,59:1
Verhältnis m:w 2,25:1
Zusammenfassung: Die vorliegenden Daten zeigen, dass bei den Indikationen GHD (IGHD, OGHD), CRI und SGA deutlich mehr Jungen als Mädchen mit hGH behandelt werden. Lediglich bei der Indikation PWS ist das Geschlechtsverhältnis ausgeglichen. Schlussfolgerungen: Bei den Patienten mit CRI kann das Geschlechtsverhältnis dadurch erklärt werden, dass die angeborenen Fehlbildungen des Harntrakts bei Jungen deutlich häufiger sind als bei Mädchen und deshalb letzthin mehr Jungen niereninsuffizient werden. Darüber hinaus kann man spekulieren, ob nicht bei einigen Diagnosen wie z.B. OGHD nach Hirntumoren eine Knabenwendigkeit per se vorliegt. Man muss allerdings bei der Indikation IGHD und SGA unterstellen, dass kleinwüchsige Mädchen nicht mit hGH behandelt werden, weil bei ihnen der Kleinwuchs eher akzeptiert wird als bei Jungen und sie daher keiner adäquaten Diagnostik zugeführt werden. Nachdem Wachstumshormon als somatotropes Hormon zahlreiche Effekte auf Organogenese und Stoffwechsel ausübt, muss befürchtet werden, dass die Nichtbehandlung bei Mädchen mit IGHD neben dem Wachstum auch andere Organsysteme nachteilig beeinflusst. DGKJ-PO-106 Neue Mutation L451F als Ursache des Aldosteronsynthasemangels Typ 1 S. Kim1, F. G. Riepe2, O. Kordonouri1, S. Wudy3, T. Danne1, S. Heger1 1Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover; 2Universitätskinderklinik, Kiel; 3Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-v.-Liebig-Universität, Gießen Hintergrund: Der kongenitale Hypoaldosteronismus ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, die auf einem Mangel an Aldosteronsynthase zurückzuführen ist. Klinisch präsentiert sich der Aldosteronsynthasemangel (ASM) in den ersten Lebenswochen mit Gedeihstörung, Salzverlust und Trinkschwäche. Das CYP11B2-Gen auf Chromosom 8q22 codiert das Enzym Aldosteronsynthase (P450aldo). Bisher sind 23 Mutationen beschrieben worden, die einzeln, aber auch in Kombination auftreten können. Die ersten Beschreibungen eines isolierten Aldosteronmangels, ohne Beeinträchtigung der Cortisoloder Sexualhormonsynthese, stammen aus den 60er Jahren. Daten zur Prävalenz des ASM liegen nicht vor. Da P450aldo sowohl eine Hydroxylase- als auch Oxidase-Aktivität besitzt, lassen sich hormonell zwei verschiedene Typen des Aldosteronsynthasemangels abgrenzen, die sich jedoch klinisch nicht unterscheiden. Der ASM I definiert sich über eine mangelnde 18-Hydroxylase-Aktivität mit konsekutivem Anstau von Corticosteron. Der ASM II hingegen ist gekennzeichnet durch
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eine mangelnde 18-Oxidase-Aktivität mit einem Aufstau von 18-hydroxylierten Steroiden. Die Plasma-Renin-Aktivität ist bei beiden Formen stark erhöht, weshalb die Erkrankung auch als kongenitaler hyperreninämischer Hypoaldosteronismus (CHH) bezeichnet wird. Kasuistik: Wir berichten von einer Patientin, die im Alter von 8 Wochen durch Gedeihstörung und Trinkschwäche auffiel. Ihr Gewicht mit 3080 g lag zu diesem Zeitpunkt deutlich unter ihrem Geburtsgewicht von 3320 g. Laborchemisch auffällig waren eine Hyponatriämie (134 mmol/l), eine Hyperkaliämie (5,9 mmol/l) sowie eine erniedrigte Serumosmolalität. Auffällig waren eine um den Faktor 100 gegenüber dem Normalwert erhöhte Plasma-Renin-Aktivität und ein Aldosteron, welches im unteren Normbereich lag. Eine Harn-Steroid-Analyse mittels Gaschromatographie/ Massenspektrometrie lieferte den Nachweis einer Erhöhung von nicht 18-hydroxylierten Aldosteron-Vorstufen, eine für einen ASM I typische Konstellation. Die weitere endokrinologische Diagnostik zeigte eine unbeeinträchtigte Glukokortikoidsynthese. In der Molekulargenetischen Untersuchung des Aldosteronsynthase-Gens (CYP11B2) wurde die homozygote Mutation c1351C>T (L451F) in Exon 8 gefunden. Die in der Literatur noch nicht beschriebene Mutation wurde bereits bei mehreren Familien aus dem Nahen Osten detektiert und ist mit dem ASM I assoziiert. Unter Substitutionstherapie mit Fludrocortison zeigte sich eine rasche Normalisierung der Elektrolytwerte und der PRA, sowie ein normales Gedeihen des Kindes. Zusammenfassung: Der ASM ist eine seltene Erkrankung der Aldosteronbiosynthese, die in den ersten Lebensmonaten zu schweren Gedeih- und Elektrolytstörungen führen kann. Wir berichten über eine Patientin, die eine bisher noch nicht beschriebene Mutation im Aldosteronsynthase-Gen aufweist. DGKJ-PO-107 Das „neue“ Knochenstoffwechsel-Regulationssystem RANK/RANKL/ OPG -In der Pädiatrie noch zu wenig beachtet J. Seidel1, E. Kauf2, J. Clement3, B. Blanz4, U. Brandl2, F. Zintl2 1SRH Wald-Klinikum Gera, Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Gera; 2Friedrich Schiller Universität Klinik f. Kinder-u.Jugendmed., Jena; 3Onkologisches Forschungslabor, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Klinik für Innere Medizin 2, Jena; 4Friedrich-Schiller-Universität Jena, Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie, Jena Fragestellung: Der Knochenumbau wird durch ein komplexes Netzwerk aus hormonellen und lokalen Faktoren geregelt. Verschiebungen des Gleichgewichtes zwischen Knochenauf- und -abbau können zu Störungen der Knochenstruktur und Veränderungen der Knochendichte führen. Dabei scheint das erst vor wenigen Jahren entdeckte CouplingSystem RANK/RANKL/OPG eine besondere Rolle zu spielen. Deshalb wurde dieses System bei Patienten mit verschiedenen Knochen-Stoffwechselerkrankungen näher betrachtet und durch Untersuchungen von Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN) ergänzt. Methodik: Bei 18 Patienten mit Knochenstoffwechselstörungen (4 mit Hyper- phosphatasie, OMIM 239000; 2 mit Transitorischer Hyperphosphatasie; 2 mit Hypophosphatasie, OMIM 171760) und 10 Patienten mit anderen Knochen- Erkrankungen, 18 altersgleichen Normal-Personen und 24 Patientinnen mit AN wurden Parameter des Knochenabbaus (TRAP im Serum, Pyd und DPyd im Urin), des Knochenaufbaus (AP/Ostase, OC, PICP) und Serum-Konzentrationen von Vertretern des Couplingsystems OPG/RANK-Ligand/RANK vor und nach Therapie mittels EIA bestimmt. Bei den Hyperphosphatasie-Patienten erfolgte eine zyklische Applikation von i.V. Bisphosphonaten. Die AN-Patienten wurden hyperkalorisch (und psychotherapeutisch) ohne zusätzliche Östrogen- oder Calciumsubstitution behandelt. Bei ausgewählten Erkrankungen wurden zusätzliche Untersuchungen im Knochenzellkultur-Medium durchgeführt. Ergebnisse: Patienten mit Hyperphosphatasie wiesen im Vergleich zu Patienten mit Hypophosphatasie und Patienten mit anderen Knochenerkrankungen sowie AN einen deutlich gesteigerten Knochenumsatz (massiv erhöhte Parameter des Knochenauf und -abbaus) auf, bei
gleichzeitig signifikant erhöhter Konzentration des löslichen Faktors RANK-Ligand (sRANKL) und veränderter RANKL/OPG-Ratio. ANPatientinnen zeigten vor der Behandlung einen deutlich herabgesetzten Knochenumsatz bei down-Regulation von RANKL. Unter den o.g. Behandlungen fanden sich signifikante Konzentrationsänderungen von Knochenauf und -abbau- Parametern zu; parallel dazu wurden signifikante Veränderungen im Coupling-System OPG/RANKL/RANK beobachtet. Schlussfolgerung: Es konnte nachgewiesen werden, dass das Couplingsystem PG/RANKL/RANK in die Pathogenese von primären und sekundären Knochenstoffwechselstörungen des Kindes- und Jugendalters einbezogen ist. Die Betrachtung dieses Regulations- Systems erscheint deshalb bei allen Erkrankungen, die primär oder sekundär mit Knochenstruktur- und/ oder Knochendichte- Veränderungen einhergehen, indiziert. Aktuelle Untersuchungen konnten nachweisen, dass dieses System auch an der Pathogenese der Atherosklerose beteiligt ist. Auf klinische Studien des Einsatzes von molekularen Faktoren zur therapeutischen Beeinflussung des Systems RANK/RANKL/OPG wird verwiesen.
Neonatologie, Intensiv- und Notfallmedizin I DGKJ-PO-108 Qualitätssicherung bei ärztlichen Verordnungen mit einem computergestützten Programm für die neonatale und pädiatrische Intensivmedizin J. H. Höpner1, R. König1, S. Gehring1, P. Rohatsch1, J. Quintana1, R. Dahm1, R.G. Huth1 1Kinderklinik, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Die Erstellung von ärztlichen Verordnungsplänen ist wesentlicher Bestandteil der Planung und Dokumentation der täglichen Stationsarbeit, die sich durch den Einsatz von computergestützen Systemen bedeutend erleichtern lässt. Verordnungspläne sollten eindeutig, lesbar und fehlerfrei sein. Eine strukturierte Abfrage von Daten mit automatisierter Verarbeitung ist unbedingt notwendig. Automatisierte Berechnungen erhöhen die Sicherheit beim Verordnen. Fragestellung: Wir stellen das Verordnungsprogramm für eine neonatale und eine interdisziplinäre pädiatrischen Intensivstation einer Universitätskinderklinik vor. Methode: Das Programm nTcMedic erlaubt die elektronische Erstellung von Verordnungsplänen am Bettplatz der Patienten, so dass der Benutzer bei der Erstellung der Tagespläne auf alle Informationen aus dem Monitoring und dem Patientendokumentatiossystem direkt zugreifen kann. Durch die Möglichkeit, Verordnungspläne vom Vortag oder vom letzten Aufenthalt auf den aktuellen Tag zu übernehmen und nur noch aktuelle Veränderungen einzupflegen, wird viel Zeit gespart. Die Sicherheit gegenüber einem konventionell erstellten Plan wird erhöht, indem die gebräuchlichen Medikamente in Menüs zur Auswahl vorkonfiguriert sind und eine automatische Dosisberechnung erfolgt. Das Programm ist sowohl für die Zusammenarbeit mit einer Apotheke, die die Infusionen anfertigt, als auch für die Selbstherstellung geeignet, da einerseits ein übersichtlicher Plan mit Angaben zur Ernährung (EQ, Volumen pro KOF oder KG) und zur Infusionslösung (Osmolarität) und andererseits optional auch ein Rezept zur Herstellung der Infusionslösung aus handelsüblichen Basislösungen erstellt wird. Zusätzlich kann eine automatisierte Infusionsdokumentation integriert werden. In einem letzten Abschnitt lassen sich die verordneten Monitoring-Parameter darstellen. Ergebnisse: Dieses klinische Verordnungssystem wird seit 1997 bei fast 5000 Patienten mit über 30000 Verordnungen eingesetzt. Interne Qualitätssicherung durch Supervision über den Oberarzt sowie Kontrollen bei der Herstellung in der Apotheke haben die Fehlerquote bei der Verordnung von Medikamenten und Infusionslösungen auf ein Minimum reduziert. Die klare Zuordnung der Verantwortlichkeit durch Passwortabfrage bei der Erstellung oder Veränderung einer Verordnung sichert
eine jederzeit nachvollziehbare Dokumentation. Durch den Einsatz von Transpondern wurde ein weiterer Sicherheitsaspekt ergänzt. Die ursprüngliche Softwarerealisierung wurde bis heute auf die Basis aktueller Software-Standards aktualisiert. Durch die Integration von Stammdaten, der Labordokumentation, einer Verlaufsdokumentation sowie eines DRG-relevanten Zwischenspeichers wurden wichtige Dokumentationsbausteine ergänzt. Schlussfolgerung: In unserer Erfahrung aus nun fast 10 Jahren im klinischen Einsatz sehen wir ein stabiles, robustes Programm, mit dessen Hilfe sich eindeutige und (fast) fehlerfreie Verordnungspläne erstellen lassen. DKGJ-PO-109 Posthämorrhagischer Hydrocephalus nach intrauteriner intraventrikulärer Blutung (IVH) G. Saur1, C. Paschold2, J. Freihorst1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ostalbklinikum, Aalen; 2Frauenklinik, Ostalbklinikum, Aalen 25 jährige 2. Gravida, 1 Abort. IVF wegen primärer Sterilität bei Hyperandrogen-ämie. 2,5 mg Dexamethason / Tag wegen Hyperinsulinismus bis zur 23. SSW, hierunter normoglycämisch. 100 μg L-Thyroxin / Tag wegen Struma diffusa. Seit der 13. SSW Therapie mit initial 20 mg Fluoxetin / Tag, zuletzt 25 mg / Tag wegen Depression. Schmierblutungen in der Frühschwangerschaft, ansonsten unauffälliger Schwangerschaftsverlauf, sonographisch kein Hinweis für fetale Fehlbildung (21. SSW). Mit 35 SSW unauffälliger sonographischer Befund beim niedergelassenen Frauenarzt. Mit 36+1 SSW dann in der Klinik Verdacht auf IVH mit posthämorrhagischem Hydrocephalus. Entbindung per Sectio, post natum Bestätigung der Diagnose. Primäre Versorgung des Kindes mit einem Rickham-Reservoir am 2. Lebenstag, im Alter von 3 1/2 Wochen Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts. Die intrauterine IVH stellt sicher eine seltene Ursache für einen konnatalen Hydrocephalus dar, wobei auch der Zeitpunkt der Blutung mit ungefähr 34 SSW bei unserem Kind ungewöhnlich ist. Ein Trauma konnte anamnestisch ausgeschlossen werden, ebenso fanden sich keine Hinweise für eine infektiöse Genese bzw. eine Gerinnungsstörung. Im Serum des Kindes war mit 78 μg/L 3 Tage post natum eine Norfluoxetinkonzentration im therapeutischen Bereich nachweisbar. Daher erscheint eine Störung der Plättchenfunktion durch Fluoxetin als selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) denkbar, die tierexperimentellen und humanen Daten hierzu sind jedoch spärlich und zum Teil widersprüchlich. Eine Untersuchung der Plättchenfunktion unmittelbar post natum wurde nicht durchgeführt. DGKJ-PO-110 KITS (Kinder Intensiv Transport Service) zum Transport von lungenkranken Kindern ins ECMO Zentrum F. Loersch1, S. Hien1, M. Kratz1, H. Wirth2, P. Lasch3, J. Runde3, J. Braun4, K. Graf5, T. Schaible1 1Kinderklinik, Universitätsklinikum, Mannheim; 2Kinderchirurgie, Universitätsklinikum, Mannheim; 3Kinderklinik, Klinikum Bremen Mitte, Bremen; 4Deutsche Rettungsflugwacht, Stuttgart; 5HDM – Luftrettung, Nürnberg Hintergrund: Die Extracorporale Membranoxygenierung (ECMO) hat sich beim neonatalen Lungenversagen trotz verbesserter Beatmungsmethoden als Rescuetherapie bewährt. In die großen deutschen ECMO-Zentrum (Mannheim/Bremen) werden pro Jahr etwa 60–80 Kinder zur Option ECMO verlegt. Häufig gestaltet sich der Transport dieser Kinder besonders für kleinere Kliniken als sehr aufwendig, da auf dem Transport meist iNO, Hochfrequenzoszillation sowie Kreislauftherapie gewährleistet sein muss. Wir haben hierfür eine Transportlogistik mit zentraler Rufnummer, Intensivverlegungstrage sowie einem ärztlichen und pflegerischen Rufdienst für die Abholung dieser Kinder installiert. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Material und Methodik: Mit einem Spezialtragenhersteller wurde eine Sandwichtrage entwickelt, die neben einem für die Oszillation geeigneten Beatmungsgerät (Stefanie), einem iNO-Kopf, 12 Perfusoren, eine Wärmepumpe, eine ECMO-Roller-Pumpe, sowie 2x 3-Liter Sauerstoff, 1× 3-Liter Druckluft und 1× 2-Liter NO enthält. Für die Stromversorgung stehen spezielle Bleiakkus mit einer Kapazität von 4 h für die Beatmung und 3 h für die ECMO-Pumpe zur Verfügung. Ein Rückhaltesystem zur Befestigung des Neugeborenen ist ebenfalls integriert. Die Transporttrage wurde aus der Erfahrung mit 92 von uns abgeholten Kindern seit dem Jahr 2000 heraus entwickelt (bis 100 km mit einem Rettungswagen mit 220 Volt, Sauerstoff und Druckluft, ab 100 km mit dem Hubschrauber Bell 412 DRF/HDM Luftrettung oder BK 117 DRF). Ergebnisse: 81% der Kinder wurden geflogen, 19% mit einem RTW transportiert. Kein Patient ist auf dem Transport verstorben. Ein konventioneller Transportinkubator ohne zusätzlich eingebautes NO, HFO etc konnte nur in 28% der Fälle eingesetzt werden. Alle anderen Patienten hatten mindestens eine additive Therapieform. Bei 59% war eine Beatmung mit NO, bei 31% mit Hochfrequenzoszillation, und bei 9% unter ECMO notwendig. Pleuradrainagen als Hinweis für deutliche Traumatisierung der Lungen waren bei 27% vorhanden. Weiterhin zeigte sich, dass eine frühe Verlegung ins ECMO-Zentrum beim Lungenversagen die Mortalität deutlich senken konnte: die Gruppe der in den ersten 24 Lebensstunden verlegten Patienten wies eine Überlebensrate von 78% auf, von den erst nach 24 h verlegten überlebten nur 52% (p<0,05). Diskussion: Intensivtransporte beim neonatalen Lungenversagen sind aufgrund der additiven Therapieformen aufwändig geworden und erfordern spezielles Equipment und geschultes Personal. Deutschlandweit sollten sich einige wenige Transportstützpunkte für die interhospitale Verlegung dieser Patienten etablieren, die in kurzer Zeit einsatzbereit sein können und mit standardisiertem Equipment und geschultem Personal ausrücken. DGKJ-PO-111 Elektive Sectio bei Reifgeborenen – die „wet lung“, ein nicht zu unterschätzendes Risiko M. Galiano1, R. Carbon2, M. Weyand3, W. Rascher4, M. Schroth4 1Universitätsklinikum Erlangen Kinder- und Jugendklinik, Erlangen; 2Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung für Kinderchirurgie, Erlangen; 3Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung für Herzchirurgie, Erlangen; 4Universitätsklinikum Erlangen, Kinder- und Jugendklinik, Erlangen Einleitung: Sectiones werden häufig auch bei Reifgeborenen durchgeführt ohne medizinische Indikation. Eine dabei auftretende Komplikation ist die „wet lung“ mit Atemnotsyndrom und therapiebedürftiger respiratorischer Insuffizienz. Therapieoptionen sind CPAP, Intubationsbeatmung und die Gabe von Surfactant. Wir berichten von 3 Fällen, bei denen es im Rahmen der Diagnose einer „wet lung“ zu intensivpflichtigen Komplikationen kam. Kasuistiken: Fall 1: RG mit zunehmendem Atemnotsyndrom nach Sectio, Notwendigkeit der Beatmung und Gabe von Surfactant. Nach anfänglicher Besserung zunehmende Verschlechterung der respiratorischen Situation, Diagnose eines Mediastinalpneumothorax. Bei insuffizienter Entlastung des Mediastinalpneumothorax durch mehrfache Thoraxdrainagen und zunehmender kardiorespiratorischer Insuffizienz, Thorakotomie mit Diagnose mehrfacher Lungenlecks. Bei Lungenversagen ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung). Fall 2: RG nach Sectio, zunehmende respiratorische Insuffizienz. Nach CPAP-Versuch, Intubation. Parallel Diagnose eines Pneumothorax, der eine Entlastung durch Thoraxdrainage erforderlich machte. Im Verlauf Surfactant-Gabe und HFO-rescue. Langsame Besserung der respiratorischen Situation und restitutio ad integrum. Fall3: RG, 1 Stunde nach Sectio zunehmende respiratorische Insuffizienz und in der Folge Diagnose eines Mediastinal- und Spitzenpneumothorax. Bei zunehmender Verschattung der Lunge Intubation und Gabe von Surfactant,
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langsame Besserung mit spontaner Resorption des Pneus. Restitutio ad integrum. Diskussion: Nach Sectio reif geborener Kinder stellt die Diagnose einer „wet lung“ mit mehr oder minder ausgeprägtem Atemnotsyndrom keine Seltenheit dar. In Einzelfällen erfordert das ANS eine intensive Therapie (Beatmung, Gabe von Surfactant, evt. Thoraxdrainagen) bei darüber hinaus behandlungsbedürftigen Komplikationen (z.B. Pneumothorax). Zusammenfassung: 1) Die Indikation zur Sectio muss auch bei Reifgeborenen im Hinblick auf mögliche respiratorische Komplikationen ernsthaft überdacht und mit den Eltern diskutiert werden. 2) Nach Gabe von Surfactant sind die Beatmungsparameter entsprechend der veränderten Compliance der Lunge anzupassen, um ein Barotrauma der Lunge zu vermeiden. DGKJ-PO-112 Rezidivierende konnatale CMV-Krankheit – ein Fallbericht S. Kabisch1, M. Uhlemann1, D. Olbertz2, S. Schäfer3, D. Haffner1 1Univ. Kinderklinik, Rostock; 2Kinderklinik, Klinikum Südstadt, Rostock; 3Virologie, Mikrobiologisches Institut, Rostock Einleitung: Primäre CMV-Infektionen während der Schwangerschaft können zu konnataler CMV-Infektion, konnataler CMV-Krankheit und zur neonatalen Sepsis führen. Die Patienten zeigen eine Vielzahl von Symptomen und können schwere Entwicklungsstörungen aufweisen. Kasuistik: Wir berichten über einen jetzt 15 Monate alten männlichen Patienten. Unauffälliger Schwangerschaftsverlauf. Geburt durch Sectio bei pathologischem CTG und Wachstumsretardierung nach 29 SSW mit einem Körpergewicht von 855 g (<5. Perzentile). NabelarterienpH 7,18, APGAR 2/8/8. Postnatal respiratorische Adaptaionsstörung, klinische Zeichen einer Sepsis mit Petechien und Thrombozytopenie. CrP und IL-6 im Normbereich. Bei Verdacht auf perinatale Infektion Beginn einer antibiotischen Therapie ohne klinische Besserung. Im Rahmen der weiterführenden Diagnostik Nachweis einer CMV-Primärinfektion der Mutter während der Schwangerschaft. Serologisch Nachweis der konnatalen CMV-Infektion beim Patienten, einschließlich sonographischem Nachweis intrakranieller Verkalkungen.Beginn der Ganciclovirtherapie am 6. Lebenstag mit 10 mg/kg/d über 2 Wochen, anschließend mit 5 mg/kg/d über 4 Wochen, darunter Besserung des klinischen Zustandes und der paraklinischen Befunde. Im Alter von 8 Wochen Rezidiv mit erneuten Petechien, Thrombozytopenie und Anstieg der IgM- und IgG-Titer in der CMV-Serologie. Erneuter Beginn mit Ganciclovir (10 mg/kg/d) über 4 Wochen, dann mit 5 mg/kg/d über 16 Tage. EineVirusresistenz gegen Ganciclovir konnte ausgeschlossen werden. Fortführung der virustatischen Therapie in oraler Erhaltungsdosis mit 50 mg/kg/d über 5 Monate ohne Nebenwirkungen. Besserung des klinischen Zustandes und Abfall der Viruslast im Plasma und im Urin. IgG stets erhöht messbar, IgM zum Zeitpunkt des Therapieendes einmalig negativ. Nach Beendigung der Erhaltungstherapie erneuter Anstieg des IgG- und IgM-Titers. Im NeugeborenenHörscreening bereits Nachweis einer Hörstörung, Kontrolle durch BERA. Frühzeitige Versorgung der Hörminderung mit Hörhilfen (li 80 dB, re 50 dB Hörschwelle). Entwicklung eines Mikrozephalus mit Hirnvolumenminderung und einen Strabismus convergenz. Seit dem 14. Lebensmonat cerebrale Krampfanfälle mit antikonvulsiver Therapie. Psychomotorische Entwicklungverzögerung im Alter von 15 Monaten. Fazit: Trotz regelrecht durchgeführter virustatischer Therapie kam es zu einem Rezidiv. Eine vollständige Elimination des Virus aus dem Plasma und dem Urin bzw. eine anhaltende Negativität für IgM ist bei unserem Patienten nicht erfolgt. Bei guter Therapieverträglichkeit ist eine langfristige Therapie bei Hörstörungen und Mikrozephalie gerechtfertigt.
DGKJ-PO-113 Neonatale Listeriose S. Karle1, T. Ehe2, T. Fröhlich1, M. Schroth1, W. Rascher1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Anästhesiologische Klinik, Erlangen Einleitung: Die neonatale Listeriose wird je nach Beginn und Schwere unterschieden: die Frühform (1.–4./5. Lebenstag) mit meist schwerer Sepsis, respiratorischen Symptomen und typischen Hautveränderungen, sowie die Spätform (>4./5. Lebenstag) mit Meningoencephalitis. Erreger sind zumeist Listeria monocytogenes. Fallbericht: Anamnese: Wir berichten über ein weibliches Frühgeborenes der 31. Schwangerschaftswoche, das spontan zu Hause auf dem Bauernhof zur Welt kam. Nach bis dahin unauffälligem Schwangerschaftsverlauf stellte sich die Mutter am Geburtstag wegen Fieber und Bauch schmerzen ambulant beim Gynäkologen vor und wurde bei V.a. Pyelonephritis anti biotisch behandelt. Die Erstversorgung, Intubation und Reanimation des Kindes erfolgte durch die hinzugerufenen Rettungskräfte und den dazugezogenen Kinderarzt zu Hause. Nach Stabilisierung wurde es auf die neonatologische Intensivstation verlegt. Klinischer Befund: Weibliches Frühgeborenes der 31. SSW, Geburtsgewicht 1470 g, analgo sediert und intubiert. Makulopapulöse Effluoreszenz am gesamten Integument, deutlich eingeschränkte Mikrozirkulation, Körperkerntemperatur 31,5°C. Verlauf. Diagnostik: Bei klinisch und laborchemisch septischem Krankheits bil d wurde die Patientin intensivmedizinisch weiterbehandelt, antibiotisch mit Piperacillin (später Ampicillin) und Tobramycin. Die Blutkultur ergab den Nachweis von Listeria monocytogenes, die antibiotische Therapie wurde für ins ge samt 3 Wochen weitergeführt. Sono gra phisch zeigte sich eine intrazerebrale Hämorrhagie II° beidseits, klinisch neurologisch zum Entlassungs zeit punkt eine zentrale Koordinations- und Tonusstörung. Diskussion: Insbesondere bei dem oben geschilderten makulopapulösem Exanthem sollte im Rahmen der Gesamtheit der Anamnese und des klinischer Befundes an eine neonatale Frühform der Listeriose gedacht werden. Therapie der Wahl ist eine Kombination von Amoxicillin mit einem Aminoglykosid, dennoch wird die Letalität trotz adäquater antibiotischer Therapie mit 40–60% angegeben (Handbuch der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie, 3. Auflage, 2000). Bei dem hier geschilderten Patienten ist diese aufgrund der häuslichen Frühgeburtlichkeit als höher einzuschätzen. DKGJ-PO-114 Der homozygote Faktor XIII-Mangel – eine seltene und gefährliche Koagulopathie O. Andres1, R. Großmann2, H. Girschick1, A. Sturm1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Hämophiliezentrum, Medizinische Klinik III/Institut für Transfusionsmedizin, Frankfurt Einleitung: Der homozygote Faktor XIII-Mangel ist mit einer Prävalenz von 1:1.000.000 bis 1:5.000.000 eine sehr seltene Gerinnungsstörung. Typisch hierfür sind Nabelstumpfblutungen, intrakranielle Blutungen, eine ausgeprägte Blutungsneigung, Wundheilungsstörungen und eine erhöhte Abortrate. Patienten werden in der Regel schon im Säuglings- oder Kindesalter durch schwere Blutungsereignisse symptomatisch. Wir stellen die klinische Relevanz des homozygoten Faktor XIII-Mangels beispielhaft an zwei von uns diagnostizierten Patienten vor, die durch massive neonatale oder postoperative Blutungsereignisse klinisch auffällig wurden. Kasuistik I: Bei einem reifen Neugeborenen mit einer massiven Nabelstumpfblutung führte eine Faktor XIII-Substitution bei dringendem Verdacht auf einen schweren Faktor XIII-Mangel zur Blutstillung. Grenzwertig erniedrigte Faktor XIII-Aktivitäten bei den Eltern untermauerten den Verdacht eines homozygoten Faktor XIII-Mangels beim Kind. Die Molekulargenetik bestätigte im Verlauf zwei heterozygote Missense-Mutationen im Faktor XIII-Gen. Unter einer monatlichen prophylaktischen Substitution ist der Patient seitdem blutungsfrei.
Kasuistik II: Ein knapp 13 Jahre alter Junge türkischer Herkunft wurde uns mit einer schweren Nachblutung und Hämarthros nach Arthroskopie und Kapselraffung des rechten Kniegelenks zuverlegt. Durch die Substitution von Faktor XIII bei erniedrigter Faktor-XIII-Aktivität wurde die Blutung erfolgreich gestillt. Der Junge war schon einige Jahre zuvor durch eine Nachblutung nach einer Zirkumzision sowie ein punktionspflichtiges Hämarthros nach inadäquatem Trauma symptomatisch gewesen. Im Intervall wurde die Faktor XIII-Aktivität bei dem Jungen weiterhin deutlich erniedrigt bestimmt, so dass wir von einem homozygoten Gendefekt ausgehen. Bei zwei Geschwistern und dem Vater lag die Faktor XIII-Aktivität im Bereich des Heterozygotenstatus. Die Eltern sind konsanguin. Fazit: Der homozygote Faktor XIII-Mangel ist eine seltene Gerinnungsstörung, die aber zu lebensbedrohlichen Blutungen führen kann. Nabelstumpfblutungen, intrakranielle Blutungen, Wundheilungsstörungen und eine Abortneigung in Verbindung mit normwertigen Gerinnungsübersichtsparametern sind hochverdächtig. Eine gründliche Anamneseerhebung, nicht aber die Bestimmung der Gerinnungsübersichtsparameter vermögen diese Patienten zu erkennen. DGKJ-PO-115 Cantrell’sche Pentalogie – Postpartales Management T. Fröhlich1, M. Ries2, R. Carbon3, M. Weyand4, H. Singer1, W. Rascher1, M. Schroth1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Klinikum Kinderklinik, Memmingen; 3Kinderchirurgie, Chirugische Klinik, Erlangen; 4Zentrum für Herzchirurgie, Erlangen Einleitung: Die Cantrell’sche Pentalogie (CP) wurde erstmals 1958 von Cantrell beschrieben (1). Die CP beinhaltet das Spektrum eines kombinierten thorako-abdominellen Mittelliniendefektes unterschiedlichen Ausmaßes (z.B. Ventrikel-Divertikel) bis hin zur Ektopia cordis als Maximalvariante. Das Krankheitsbild beinhaltet Defekte im Bereich des distalen Sternums, der oberen Bauchdecke, des oberen Diaphragmas, des kaudalen Perikards (z.B. als Perikardagenesie) mit perikardio-peritonealer Kommunikation und angeborene Herzfehler unterschiedlichen Schweregrades. Wir berichten über dieses seltene Krankheitsbild anhand von 6 Kasuistiken aus unserer Klinik. Patientenbeschreibung: Dokumentiert werden 6 Patienten (4 männlich, 2 weiblich), mit entsprechenden klinischen Charakteristika: Sternaldefekt (6 von 6), Omphalozele (5/6), Gastroschisis (1/6), Zwerchfelllücke (6/6), Perikarddysgenesie (6/6), Vitium cordis (6/6), hiervon Ektopia cordis in 23 Fällen (zweimalig als Ventrikel-Divertikel), eine Fallot’sche Tetralogie war in 3 von 6 Fällen assoziiert. Das Outcome der Patienten war inhomogen: erfolgreich operiert (4/6), Exitus letalis (postpartal, postoperativ) (2/6). Diskussion: Abhängig vom Schweregrad des Defektes muss bei pränatal diagnostizierten Fällen das postpartale Management geplant werden. Bei Verdacht auf Vorliegen eines Mittelliniendefektes empfiehlt sich zwingend eine echokardiographische Abklärung. Dies ist ebenfalls bei Vorliegen einer Omphalozele zum Ausschluss der seltenen CP obligat Es erfolgt eine frühe kinderchirurgische und herzchirurgische Versorgung des diaphragmalen und perikardialen Defektes. Im Idealfall sollte zur Versorgung der Ektopia cordis die Möglichkeit einer Versorgung mittels Herz-Lungen-Maschine gegeben sein. Es erfolgt gegebenenfalls zeitversetzt die Korrektur des Vitium cordis. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ist für eine optimale Versorgung obligat, eine Entbindung in einem Schwerpunktzentrum ist somit zwingend. Literatur Cantrell JR, Haller JA, Ravitch MM (1958) A syndrome of congenital defects involving the abdominal wall, sternum, diaphragma, pericardium and heart. Surg Gynecol Obstet 107:602–607.
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Abstracts Neonatologie, Intensiv- und Notfallmedizin II DGKJ-PO-116 Bedeutung der Differentialdiagnose bei erstmaliger Feststellung einer fetalen Bradykardie S. Schmidt1, M. Klemme1, I. Heer2, U. Hasbargen2, S. Rückert2, A. Schulze1 1Neonatologie Perinatalzentrum – Großhadern, Kinderklinik des Dr. von Haunerschen Kinderspitals der Universität München, München; 2Perinatalzentrum – Großhadern, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Großhadern der Universität München, München Fallbericht: Akute Kreißsaalaufnahme einer 44 jährigen G II, P I in der 30. SSW (Adipositas per magna, Z.n. Spätabort 26. SSW) wegen erstmals sonographisch diagnostizierter fetaler Bradykardie, morphologisch unauffälliges Kind. Dopplersonographisch hochgradiger V.a. einen echten Nabelschnurknoten. Sofortige Sectio caesarea mit Bestätigung dieses Knotens. Erstversorgung mit primärer Intubation bei Atemnotsyndrom und Bradykardie. APGAR 5 nach 5 Min., NS-pH 7,34. Trotz kardiorespiratorischer Stabilisierung Kind weiterhin bradykard. Diagnostik: Nachweis eines AV-Blockes III° im EKG (Kammerfrequenz 70/min, Vorhoffrequenz 180/min). Klinisch und echokardiographisch keine Herzinsuffizienzzeichen, Vorhofseptum-defekt. Bestätigung eines neonatalen Lupus erythematodes (NLE) bei komplettem AV-Block ohne kutane, hepatische, hämatologische Symptome durch Nachweis von SS-A(Ro)-Antikörper bei der Mutter, diese zeigte wie ca. 60% aller seropositiven Schwangeren keine klinischen Zeichen einer Autoimmunerkrankung. Therapie und Verlauf: Einmalige Surfactant Gabe und maschinelle Beatmung über 9 Tage, Koffeintherapie bei idiopathischen Apnoen, Herzfrequenz unverändert bei 80/min. Im Langzeit-EKG im 3. Lebensmonat Herzfrequenz 35/min bei AV-Block III°, somit Indikation eines Herzschrittmachers. Klinische und kardiologische Nachuntersuchungen sind unauffällig. Diskussion: Die weiterbestehende Bradykardie nach kardiorespiratorischer Stabilisierung sowie der unauffällige NS-pH Wert schließen den Nabelschnurknoten als Ursache der fetalen Bradykardie weitestgehend aus. Eine fetale Echokardiographie zur Darstellung einer Dissoziation von Vorhof- und Kammerfrequenz war wegen erschwerter Schallbedingungen bei Adipositas und der klinischen Brisanz nicht möglich. Dieser Fall zeigt, dass der AV-Block im Rahmen eines NLE erstmalig nach der 30. SSW zur Beobachtung kommen kann, obwohl es wahrscheinlich bereits in der 18.-24. SSW durch eine antikörpervermittelte Entzündungsreaktion mütterlicher transplazentar übertragener Antikörper mit fetalen kardialen Strukturen zur irreversiblen Zerstörung des kindlichen Reizleitungssystems kommt. Fazit: Diese Kasuistik zeigt ein Problem auf mit dem Geburtshilfe und Neonatologie bei erstmalig beobachteter fetaler Bradykardie konfrontiert werden können. In Unkenntnis eines Lupus bedingten AV-Blockes und sonographisch hochgradigem V.a. einen Nabelschnurknoten wurde diese Bradykardie als akute Hypoxie/Ischämie bzw. Preloadverlust interpretiert. Retrospektiv waren Notsectio und Frühgeburtlichkeit wegen dieser Indikation unnötig. Das Risiko des Nabelschnurknotens im Falle einer Fortsetzung der Schwangerschaft ist nicht quantifizierbar. DGKJ-PO-117 Pulsoxymetrie-Screening bei reifen, gesunden Neugeborenen: Ergebnisse und Erfahrungen nach einem Jahr mit standardisiertem Vorgehen O. Götz1, J. Franke1, H. Müller1 1Klinikum Kempten – Oberallgäu GmbH Kinderklinik, Kempten Einleitung: Das frühzeitige Erkennen von lebensbedrohlichen Störungen bei primär gesunden, reifen Neugeborenen wird angesichts im-
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mer kürzerer Verweildauern von Mutter und Kind postnatal erschwert. Neben einer, auch wiederholten, gründlichen klinischen Untersuchung hat sich die Bestimmung der Sauerstoffsättigung mittels Pulsoximetrie als Verfahren zur Erkennung zyanotischer Herzfehler bewährt. Eine multizentrische Schweizer Studie fand hierfür eine Sensitivität von 100%, eine Spezifität von 99% bei einem positiven Vorhersagewert von 63%. Wir führen in unserem Haus seit Januar 2006 bei allen auf der Wochenbettstation betreuten Neugeborenen eine Messung der Sauerstoffsättigung nach standardisiertem Schema durch und berichten über die in einem Jahr gesammelten Ergebnisse und Erfahrungen. Methodik: Es wird zwischen der 6. und 16. Lebensstunde der Neugeborenen die Sauerstoffsättigung punktuell durch die Pflegekräfte mit dem Pulsoxymeter Nellcor N-595 bestimmt. Das weitere Vorgehen erfolgt in Abhängigkeit vom gemessenen Wert: Werte größer/gleich 95% gelten als normal, Kinder mit Werten zwischen 90% und 94% werden umgehend dem Kinderarzt vorgestellt und nachkontrolliert, bei Werten unter 90% wird das Neugeborene umgehend einer erweiterten Diagnostik zugeführt. Ergebnisse: Von 1390 lebend geborenen Kindern wurden 1087 (78%) auf der Wochenbettstation betreut. Bei 1075 Neugeborenen wurde die Sauerstoffsättigung gemessen, drei Eltern lehnten die Durchführung ab, neun Kinder wurden ambulant entbunden. Bei 14 Kindern (1,3%) fanden wir kontrollbedürftige Werte, bei 4 Kindern (0,4%) pathologische Werte. Ein Patient hatte im Rahmen einer Anpassungsstörung eine persistierende fetale Zirkulation entwickelt, ein zweiter Patient wurde herzgesund aufgrund einer konnatalen Infektion behandelt und bei zwei Patienten fanden wir vorher nicht bekannte zyanotische Vitien: Eine Fallot’sche Tetralogie und eine totale Lungenvenenfehleinmündung. Alle vier Patienten wurden durch die frühzeitige Diagnosestellung in noch guten klinischem Zustand einer entsprechenden Überwachung und Therapie zugeführt. Erfahrungen: Durch die umfassende Schulung von Pflegekräften und Hebammen, die Anschaffung eines Pulsoxymeters mit Artefakterkennung, das Erstellen eines eindeutigen Ablaufschemas und die schriftliche Aufklärung der Eltern war die Akzeptanz des Verfahrens bei allen Beteiligten überraschend schnell gegeben und hoch. Die Zahl der notwendigen Kontrollmessungen blieb gering. Durch die Verwendung eines desinfizierbaren Mehrfachsensors sind die laufenden Kosten gering, der Zeitaufwand pro Kind liegt bei unter drei Minuten. Schlussfolgerung: Die Messung der Sauerstoffsättigung bei primär gesunden, reifen Neugeborenen nach standardisiertem Vorgehen hat sich als zusätzliches Verfahren in der Beurteilung der Kinder bewährt. Kennen alle Beteiligten die Grenzen des Verfahrens, ist das Pox-Screening ein positiver Baustein in den Bemühungen, größtmögliche Sicherheit für Neugeborene zu erreichen. Der Benefit dürfte umso größer sein, je geringer die neonatologische Präsenz in einer geburtshilflichen Abteilung ist. DKGJ-PO-118 Ausgeprägte psychiatrische Symptomatik bei Migräne -ein Fallbericht Chr. Hanke1, H. Omran1 1Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg Wir berichten über ein 13-jähriges gesundes Mädchen die sich mit plötzlich aufgetretener Bewusstseinsstörung und in schwerem Erregungszustand vorstellte. Eigenanamnestisch waren bislang zwei kurze, selbst limitierende Kopfschmerzepisoden mit Parästhesien und Schwäche im rechten Arm aufgefallen. Wegen zunehmender Eigen- und Fremdgefährdung wurde das Mädchen zur Sedierung auf die Intensivstation verlegt und dort mit Propofol, Neurocil, Haloperidol und Dipidolor behandelt. Eine breit angelegte Organdiagnostik war unauffällig. Nach 36 Stunden trat eine vollständige Rückbildung der Symptomatik mit retrograder Amnesie für die Ereignisse ein. Retrospektiv wurde die Episode als confusionelle Migraine gedeutet und eine sofortige Su-
matriptantherapie bei erneuten Symptomen empfohlenÄhnliche Fälle wurden beschrieben, die Ausgeprägtheit und Dauer der Symptomatik in diesem Fall sind aber außergewöhnlich.
die Details der seltenen partiellen Trisomie 7 (q31.2) sowie die medizinischen und ethischen Probleme der Behandlung. Dabei steht das Management der respiratorischen Insuffizienz im Mittelpunkt.
DGKJ-PO-119 Duale Endothelin-Rezeptor-Blockade bei pulmonaler Hypertonie im ersten Lebensjahr: Eine therapeutische Option? (Fallbericht) L. Celik1, K. Papakostas1, M. Schubert1, A. Weise1, A. Artmann1, J.-H. Nuernberg1 1Abteilung für Angeborene Herzfehler / Kinderkardiologie, Klinikum Links der Weser, Bremen
DGKJ-PO-121 Aneurysma der Vena Galeni – Perinatales Management T. Fröhlich1, N. Hart2, A. Dörfler3, W. Rascher1, M. Schroth1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Universitätsfrauenklinik, Erlangen; 3Neuroradiologie, Radiologisches Institut, Erlangen
Einleitung: Die pulmonale Hypertonie (PAH) ist eine chronische progrediente Erkrankung mit sehr schlechter Prognose. Die Erfahrung mit neuen antipulmonalhypertensiven Medikamenten zur Verzögerung der Progredienz der PAH ist im Säuglingsalter sehr begrenzt. Berichtet wird über den Verlauf eines extrem unreifen Frühgeborenen (FG) mit PAH bei bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) und sehr großem Duktus arteriosus (PDA). Kasuistik: Vorstellung eines ehem. FG (26+3 SSW, 730 g, Z. n. Langzeitbeatmung mit resultierender BPD) im Alter von 8.5 Monaten mit der Frage nach Verschluss des PDA (Gewicht 5040 g, O2-Bedarf 4 ltr, tcSaO2 präduktal 92%, postduktal 72%). BGA: pH 7,36, pCO2 72,9 mmHg, HCO3 40,7 mmol/l, BE 12 mmol/l, pO2 67 mmHg, Lactat 1,8 mmol/l. Echographisch großer PDA mit RL-Shunt, ausgeprägte RV-Hypertrophie. Die Testokklusion des PDA führte zu weit suprasystemischen Drucken im RV. Die medikamentöse Testung des pulmonalvaskulären Widerstandes (PVR) zeigte Reagibilität. Gemäß PAH-Leitlinien Behandlung mit einem Kalziumantagonisten, zusätzlich inhalatives Iloprost in Kombination mit dem Phosphodiesterase-5-Hemmer Sildenafil. Nach 3 initialen Beatmungsphasen gelang die anhaltende Entwöhnung vom Respirator über 5 Monate mit angeglichenem tcSaO2-Niveau prä-und postduktal (>92%, 1–2 ltr. O2). Die RV-Funktion war stabil unter milder Herzinsuffizienztherapie (Diuretika, Betablocker, NT-Pro-BNP langsam rückläufig von 867 auf 563 ng/l). Die psychomotorische Entwicklung verlief positiv. Um die pflegeintensive und belastende Inhalationstherapie im 3 stündlichen Intervall zu umgehen, wurde die Medikation auf den dualen Endothelinblocker Bosentan bisher ohne bedeutsame Nebenwirkungen erfolgreich umgestellt. Zusammenfassung: Die medikamentöse Therapie der PAH ist heute gut strukturiert, jedoch ist die Erfahrung bei ehem. FG und Säuglingen sehr begrenzt. Der Fall zeigt, dass die Kombinations-Therapie mit einem Phosphodiesterase-5-Hemmer und Iloprost-Inhalationen erfolgreich eingesetzt werden kann. Die Umstellung auf einen oralen dualen Endothelin-Rezeptorblocker zur Vermeidung der intensiven Inhalationstherapie war nebenwirkungsarm möglich. Der weitere Verlauf muss die Wertigkeit dieser neuen Therapieform zeigen, jedoch scheint eine Verbesserung der Prognose der PAH möglich zu sein. DKGJ-PO-120 Chromosomale Aberration mit infauster Prognose beim Neugeborenen und Auftreten einer respiratorischen Insuffizienz (Partielle Trisomie 7) – Behandlungsoptionen H.-J. Feickert1, K. Manzke1, E. Gilberg1 1Kinderklinik, Klinikum Neubrandenburg, Neubrandenburg Im September 2006 wurde unsere Patientin H.I. mit einem schweren Missbildungssyndrom geboren (Hydrozephalus, angeborene Schwerhörigkeit, angeborene Sehstörung, mediane Gaumenspalte, PierreBobin-Sequenz, supraglottische Zyste, Syndaktilien, aorto-pulmonale Kollateralen, Thymushyperplasie, Muskelschwäche, respiratorische Insuffizienz). Als Ursache wurde eine partielle Trisomie 7 (q31.2) mit Veränderungen des Chromsom 22 nachgewiesen. Alle vergleichbaren publizierten Fälle (8) hatten einen infausten Verlauf innerhalb der ersten Lebensjahre. Anhand des vorliegenden Falles beschreiben wir
Einleitung: Ein Aneurysma der Vena Galeni ist eine seltene arteriovenöse fistelartige Läsion, die ca. 1% aller zerebrovaskulären Malformationen ausmacht. Pränatal erfolgt die Diagnose ultrasonographisch. Hauptkomplikationen stellen kardiale Dekompensation und Lungenhypertension dar. Eine therapeutische Option besteht in der Embolisation der fistelartigen Läsion. Insgesamt ist diese Malformation mit einer hohen perinatalen Mortalität verbunden. Kasuistik: Eine 24jährige Gravida-II, Para-0 stellte sich erstmalig in der 34. Schwangerschaftswoche bei uns vor. Im Rahmen der Pränataldiagnostik stellte sich ein großes intrakranielles Aneurysma im Bereich der Vena Galeni mit lokal verdrängender Komponente dar. Es bestand eine ausgeprägte Kardiomegalie mit AV-Klappeninsuffizienz, Hepatomegalie und pathologischen Flüssen (A. cerebri media und im Ductus venosus). Parallel erfolgten interdisziplinäre Konferenzen (Geburtshilfe, Neonatologie und Neuroradiologie) zur Planung einer potentiellen therapeutischen Strategie. Bei Vorliegen indirekter Zeichen einer kardialen Dekompensation des Feten wurde die baldige Entbindung mit den Eltern diskutiert und per Sektio durchgeführt. Das vitale männliche Neugeborene (Gewicht 2740 g, Apgar 8/9/9, pH 7,35, BE 1,5) war zunächst in einem auch kardiologisch stabilen klinischen Zustand, verschlechterte sich jedoch zunehmend und verstarb am 5. Lebenstag aufgrund einer progredienten kardialen Dekompensation bedingt durch eine enorme Volumenbelastung des linken Ventrikels. Diskussion: Bei kardial nicht dekompensierten, reifen Kindern stellt der operative oder radiologisch interventionelle Verschluss des Aneurysmas eine Option dar. Ein Therapieversuch im Rahmen dieser Kasuistik wurde aufgrund der ausgeprägten und progredienten Herzinsuffizienz sowie des neuroradiologischen Befundes (ein MRT zur Erhärtung des Ausmaßes der arteriovenösen Malformation wurde durchgeführt) als nicht erfolgsversprechend eingestuft und nach Rücksprache mit den Eltern unterlassen. Zur Planung des Procedere diente unter anderem ein nach Lasjaunias entwickeltes Scoring, welches das Behandlungsprocedere in dieser Situation unterstützte (1). Dieses Scoring System umfasst eine klinische Beurteilung der wesentlichen Organsysteme (Herz, ZNS, Lunge, Leber, Niere). Zusammenfassung: Die Diagnose eines Aneurysmas der Vena Galeni impliziert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Geburtshilfe, Neonatologie und Neuroradiologie sowohl prä- als auch postpartal. Zur Einschätzung der Prognose und damit zur Evaluation der Therapieoptionen dient ein auf große Fallzahlen basierendes Scoring System (1). Insgesamt bleibt diese Malformation trotzdem mit einer hohen perinatalen Mortalität assoziiert. Literatur 1. Lasjaunias P et al.: The Management of Vein of Galen Aneurysmal Malformation, Neurosurgery 59 (5), Supplement 2006: S3–184-S3–194
DGKJ-PO-122 Wie effektiv schützt Heimmonitoring vor dem plötzlichen Säuglingstod (SIDS) – Nachanalyse der nationalen SIDS-Studie 19982001 D. Aryus1, M. Vennemann2, U. Beyer1, G. Jorch1 1Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg; 2Institut für Rechtsmedizin der WWU-Universität, Münster In einer deutschlandweiten Fallkontrollstudie wurden 333 SIDS-Opfer erfaßt und hinsichtlich ihrer Lebensumstände mit 998 KontrollsäuglinMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts gen verglichen (BMBF-Studie Münster 1998–2001). Ein Heimmonitor war 12 SIDS-Opfern und 25 Kontrollkindern verordnet worden. In der „intent-to-treat“ Analyse errechnet sich daraus eine univariate Odds-Ratio von 1,6 (0,8–3,3), bei multivariatem Analyse-Ansatz eine Odds-Ratio von 0,7 (0,2–2,0), wodurch belegt wird, dass erwartungsgemäß nicht die Heimmonitorverordnung das SIDS-Risiko erhöht hat, sondern die Heimmonitorverordnung Konsequenz des erhöhten SIDS-Risikos war. Angeschlossen war der Monitor während des Todeseintritts nur bei 3 der 12 SIDS-Opfer bzw. während des Referenzschlafes nur bei 16 der 25 Kontrollkinder. Aufgrund der niedrigen Fallzahl konnte die Odds-Ratio für diese „treat“ Analyse nur univariat berechnet werde. Sie lag bei 0,6 (0,1–2,0) und war somit niedriger als in der univariaten „intent-to-trat“ Analyse. Bei den 3 trotz Monitoranschluß verstorbenen SIDS-Opfern hatte der Monitor in einem Falle keinen Alarm gegeben. In den anderen beiden Fällen waren die Reanimationsbemühungen erfolglos geblieben. Zusammenfassend konnte mit dieser Nachanalyse der Daten einer großen Multizenterstudie kein Beweis für die Wirksamkeit des Heimmonitorings zur SIDS-Prävention erbracht werden. Möglicherweise ist aber ein gravierendes Complianceproblem dafür verantwortlich. DGKJ-PO-123 Knochennekrosen als Folgeschaden einer Meningokokkensepsis J. Mülle1, E. Fastnacht1, F. Kämmerer2, H. Schepler3, B. Köster1, H. Alfke2, T. Rosenbaum1 1Kinderklinik, Märkische Kliniken GmbH, Lüdenscheid; 2Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Märkische Kliniken GmbH, Lüdenscheid; 3Plastische und Handchirurgie, Märkische Kliniken GmbH, Lüdenscheid Einleitung: Trotz potenter Antibiotika und effektiver Supportivtherapien geht die Meningokokkensepsis immer noch mit hohen Letalitätsund Komplikationsraten einher. Typische Spätschäden sind großflächige Hautnekrosen, der Verlust nekrotischer Gliedmaßen sowie zahlreiche neurologische Komplikationen. Knochennekrosen gehören dagegen nicht zu den Befunden, die typischerweise mit einer Meningokokkensepsis assoziiert werden. Wir berichten über einen Säugling mit akuter Meningokokkensepsis, bei dem sich trotz prompter Diagnose und Therapie ein schwerstes Krankheitsbild mit kompletter knöcherner Destruktion des rechten Sprunggelenkes sowie erheblichen Weichteilnekrosen des distalen Unterschenkels entwickelte. Verlauf: Ein zuvor gesunder, 8 Monate alter Junge wurde mit hohem Fieber, rezidivierendem Erbrechen, multiplen Petechien und Hämatomen in unserer Notaufnahme vorgestellt. Unter der Vorstellung einer Meningokokkensepsis wurde das Kind sofort stationär aufgenommen. Auf eine initiale Lumbalpunktion musste aufgrund des vital bedrohten Allgemeinzustandes verzichtet werden. In der Blutkultur konnten jedoch Meningokokken Serotyp B nachgewiesen werden. Es erfolgte die sofortige antibiotische Therapie mit Ceftriaxon, zuvor wurden 1,5 mg Dexametason verabreicht. Unter rascher Verschlechterung des Allgemeinzustandes bildete sich schließlich das Vollbild eines WaterhouseFriedrichsen-Syndroms aus. Bei Katecholaminpflichtigkeit wurde das Kind auf die Intensivstation übernommen und musste schließlich intubiert und maschinell beatmet werden. Zusätzlich wurde mehrfach aktiviertes Protein C zur Therapie der Verbrauchskoagulopathie gegeben. Trotz dieser Maßnahmen kam es zu multiplen Hautnekrosen im Bereich der Ohren, der oberen und unteren Extremitäten und am Gesäß. Mehrere Nekrosektomien und Spalthauttransplantationen wurden erforderlich, eine Amputation der 2.–4. Zehe rechts war unvermeidbar. Der distale Unterschenkel zeigte ausgedehnte Weichteil – und Knochendefekte. Ein mikrochirurgischer rekonstruktiver Eingriff verbot sich aber vor dem Hintergrund des embolischen Geschehens zum damaligen Zeitpunkt. Der ca. 3×2 cm große Defekt heilte sekundär nach 6 Monaten. Nach orthetischer Versorgung sind weitere chirurgische Eingriffe im Intervall geplant. Schlussfolgerung: Der dargestellte Verlauf zeigt, dass die Meningokokkensepsis trotz zahlreicher potenter Therapieoptionen ihren Schrecken
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als foudroyant verlaufende Erkrankung mit unsicherem Ausgang noch nicht verloren hat. Knochennekrosen als Folgeschäden sind selten, sollten aber bei Verlaufskontrollen berücksichtigt werden, da sie zu einer bleibenden Behinderung führen können und einen erheblichen Einfluss auf das weitere Leben des Patienten haben. Die Bedeutung einer wirksamen Impfprävention wird vor diesem Hintergrund in eindringlicher Weise vor Augen geführt.
Kardiologie I DGKJ-PO-124 Pulmonale Septembolie aus infiziertem, katheterassoziiertem V. cava-Thrombus – dramatischer Verlauf einer Candidasepsis J. Schallner1, R. Schwarze1, K. Hochauf2, H.-J. Häusler1, G. Hahn1, M. Gahr1 1Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden; 2Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Fragestellung: Die Candidasepsis ist die schwerste Form einer systemischen Candidose und zeichnet sich durch eine hohe Mortalität von bis zu 88% aus. Ein begünstigender Faktor der zunehmenden Inzidenz sind Veränderungen der Immunkompetenz und der physiologischen zellulären Immunabwehr im Rahmen der intensivmedizinischen Versorgung kritisch kranker Patienten. Die allein durch die Grunderkrankung verursachte Letalität erhöht sich mit Diagnosestellung einer disseminierten Candidose um durchschnittlich 39%. Die Behandlungsstrategie der Candidasepsis im Kindesalter ist uneinheitlich. Methodik: Wir beschreiben den lebensbedrohlichen Verlauf eines 17 Jahre alten Jungen nach einem Polytrauma mit komplizierter Candidasepsis und pulmonaler Septembolie auf dem Boden eines katheterassoziierten superioren Vena cava (SVC) Thrombus. Ergebnisse: Bei septischem Fieberverlauf wurde nach dem CandidaNachweis in der Blutkultur eine antimykotische Therapie mit Voriconazol begonnen, dann auf Amphotericin B kombiniert mit Flucytosin umgestellt. Der Thrombus im Bereich der SVC persistierte unter einer therapeutischen Heparinisierung mit niedermolekularem Heparin. Eine PET-CT-Thorax erbrachte den Hinweis auf eine pulmonale Septembolie. Bei unverändert septischem Verlauf kam es zu einem progredientem Verfall des Patienten. Der foudroyante Verlauf konnte erst durch Thrombus-Lyse unter hochdosierter antimykotischer Kombinationstherapie aufgehalten werden. Der Patient ist seit 18 Monaten unter einer Voriconazol Dauertherapie bei pulmonalem Residualzustand symptomlos. Diskussion: Unter dem im vorliegenden Fall beschriebenen therapeutischen Vorgehen kam es am 29. Tag zu einem klinischen Behandlungserfolg, der mit Hilfe der mikrobiologischen Titerverläufe im Verlauf objektivierbar war. Die Behandlungsstrategie der Candidasepsis im Kindesalter ist uneinheitlich. Bei dem Indexpatienten konnte ein zu Grunde liegender Immundefekt ausgeschlossen werden, sodass von einer Mykose als Komplikation einer intensivmedizinischen Behandlung mit Anlage eines permanenten Verweilkatheters ausgegangen werden muss. Schlussfolgerung: Mit einer Letalität von bis zu 88% geht die Candidasepsis mit einer prognostisch dramatischen Verschlechterung eines intensivmedizinisch betreuten Patienten einher. Häufig ist kein mikrobiologischer Nachweis von Sprosspilzen möglich, sodass bei septischem Fieberverlauf unter breiter antibiotischer Abschirmung eine systemische Mykose in Betracht gezogen werden sollte. Die Behandlungsstrategie für eine Candidasepsis im Kindesalter ist uneinheitlich und muss dem individuellen Verlauf angepasst werden.
DKGJ-PO-125 Etablierung eines neuen Tiermodells für die Erprobung von neuen therapeutischen Strategien für muskuläre Ventrikelseptumdefektverschlüsse N. Lang1, R. Kozlik-Feldmann1, R. Aumann1, R. Sodian2, D. Rassoulian2, M. Hinterseer3, S. Daebritz2, H. Netz1 1Departement of Pediatric Cardiology, University Hospital Grosshadern, Ludwig-Maximilians-University, Munich; 2Cardiac Surgery, University Hospital Grosshadern, Ludwig-Maximilians-University, Munich; 3Cardiac Surgery and Cardiology, University Hospital Grosshadern, Ludwig-Maximilians-University, Munich Fragestellung: Ventrikelseptumdefekte (VSDs) stellen ungefähr 30% der kardialen Fehlbildungen. Bei muskulären Defekten stoßen bisher sowohl interventionelle als auch chirurgische Therapieverfahren an ihre Grenzen. Somit ist es von großer Notwendigkeit, neue Therapiestrategien zu entwickeln. Deswegen haben wir ein neues Tiermodell für die Bewertung und Etablierung von neuen therapeutischen Strategien für den Verschluss von muskulären VSDs entwickelt. Material und Methoden: An Deutschen Hausschweinen (n=9) wurde eine anterolaterale Thorakotomie zur Exposition des Herzens durchgeführt. VSDs wurden mittels eines eigens entwickelten Stanzinstruments (d=7.5 mm) geschaffen. Dazu wurde das Stanzinstrument über eine linksventrikuläre Inzision unter zweidimensionaler (2D) und dreidimensionaler (3D) echokardiographischer Kontrolle zum muskulären Septum vorgeschoben. Ergebnisse: Induktion von muskulären Ventrikelseptumdefekten war in allen 9 untersuchten Tieren erfolgreich, welche durch Echokardiographie, hämodynamische Messungen und Explantation des Herzens bestätigt wurde. Die Defekte waren im muskulären und apikalen Anteil sowie im „Inlet“ und im vorderen Teil des Septums lokalisiert. Alle Schweine waren hämodynamisch stabil am Ende des Procederes, so dass eine Testung eines neuen Therapieverfahrens grundsätzlich möglich gewesen wäre. Der Durchmesser und das Shuntvolumen des Schweines betrugen 4.8–7.3 mm (Mittelwert: 5.9 mm) und 12.9–41.3% (Mittelwert: 22.1%). Der pulmonalarterielle Mitteldruck (PAP) und der pumonalkapilläre Verschlussdruck (PCWP) zeigte in den Tieren nur einen leichten, unsignifikanten Anstieg (PAP: 23.3±4.9 mmHg to 25.7±8.7 mmHg; PCWP: 13.5±8.4 mmHg to 13.3±4.78 mmHg). Somit konnte die Entwicklung eines pulmonalen Hochdrucks oder einer linksventrikulären Dysfunktion weitestgehend ausgeschlossen werden. Schlussfolgerung: Das hier beschriebene Tiermodell eignet sich für die Evaluierung und Etablierung von neuen therapeutischen Strategien für den Verschluss von muskulären VSDs.
Abb. 1: Repräsentativer muskulärer VSD in 3D Echokardiographie
DKGJ-PO-126 Krankheits-Spektrum in der Abteilung für Kinderkardiologie, Tikur Anbessa Klinik, Addis Abeba E. Gedlu1, Y. Mehadi1 1Pediatrics, Tikur Anbesa Clinic, Addis Abeba, Ethiopia In der kindercardiologischen Abteilung der Tikur Anbessa Klinik, Addis Abeba, Aethiopien wurde über zwei Jahre (Januar 2003–Dezember 2004) eine Retrospectiv-Studie durchgeführt mit dem Ziel, das Spektrum aller cardiologischen Neuaufnahmen in der Pädiatrie zu beschreiben. Von diesen hatten 177 (55%) Patienten eine angeborene Herzerkrankung, während 39% (n=127) eine rheumatische Herzerkrankung (RHD) aufwiesen und 6% (n=20) eine nichtrheumatische erworbene Herzerkrankung. Alle Patienten mit RHD hatten eine Beteiligung der Mitralklappe; die Mitralklappe war bei 35% (n=44) von ihnen alleinig beteiligt. Der jüngste Patient mit MS war acht Jahre alt. 35% der Patienten wiesen eine Myokarditis auf. Fünf (25%) der Patienten mit erworbener, nicht-rheumatischer Herzerkrankung wiesen eine Cardiomyopathie auf, und vier (20%) eine Arrhythmie. Angeborene und erworbene Herzerkrankungen haben einen signifikanten Anteil an Morbidität und Mortalität unter äthiopischen Kindern. Aus diesem Grunde wird empfohlen, eine Community-based Studie durchzuführen, um das Ausmaß kindlicher Herzerkrankungenq uantitativ in der äthiopischen Bevölkerung erfassen zu können, und so Gegenmaßnahmen auf nationaler Ebene einleiten zu können. DGKJ-PO-279 Endokarditisprophylaxe bei kardialen Risikopatienten bei Interventionen im Oropharynx–Wissen bei Zahnärzten (Endocarditis Prophylaxis in Interventions in Oropharynx / EPIO-Study)–Erste Ergebnisse R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München Einleitung: Endokarditis häufige Erkrankung, Inzidenz 7/100.000, Morbidität ca. 60% und Mortalität 20–40% (CHD-Studie, Register ALKK). Dentale Eingriffe eine Hauptursache signifikanter Bakteriämien, führen mit Inzidenz von ca. 1,71–2,02 und Oropharynx-Chirurgie von ca. 2,56/100 Interventionen bei Risikopatienten ohne Prophylaxe zu Endokarditiden, meist binnen 14 Tagen nach Eingriff. Methode: In eigenen, zentralen, zertifizierten/CME 8 Tageskursen über „Rationale Antibiotikatherapie und -prophylaxe in der zahnärztlichen Klinik und Praxis bei Erkrankungen und Eingriffen im ZMK-Bereich sowie benachbarter Organsysteme“ ab 2002 Erhebung des Wissens bei Zahnärzten jeweils vor Seminaren standardisiert mittels Fragebogen. Ergebnisse: 384 Zahnärzte geprüft, 240 m., 144 w., Alter 25–64 Jahre, 23 Kliniker, 361 Praktiker: Durchschnitt Wissen um Endokarditisprophylaxe bei dentalen Eingriffen nur ca. 38,6%, minimal 18,75,% und maximal 82,82%, Durchschnitt Unwissen 61,4%. Kliniker nicht besser als Praktiker. Kenntnisse v.a. in Therapieindikationen zur Prophylaxe bei dentalen Eingriffen, kaum in Praxisumsetzung bei Risikostratifizierung von Herzpatienten in Standard- u. Hochrisiko sowie kein Risiko. Kaum Wissen um EbM-Prophylaxe der Präparate und Dosierungen bei Patienten im Kindes-, aber auch im Erwachsenenalter (!) bei Standardund Hochrisiko, bei Penizillinverträglichkeit und -unverträglichkeit. Meist Vermischung Prophylaxe und Therapie sowie Prophylaxe auch bei KHK-Reperfusion (ACB, PCI), PM und ICD. Allgemeine Anamnese meist nur schriftlich erhoben. Konklusion: Genaue Datenerfassung des Wissens der Zahnärzte über die Endokarditisprophylaxe bei Risikopatienten mit noch nahezu Durchschnitt 2/3 (61,4%) Unwissen unterstreicht weiterhin erheblichen Aufklärungsbedarf und Notwendigkeit von Schulungen zur Akzeptanz der Prophylaxe und leitliniengerechten Durchführung in dieser ärztlichen Fachgruppe.
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Abstracts DGKJ-PO-128 Kardiale Manifestation einer Lyme-Borreliose S. Budäus1, C. Rickers1, H.-H. Kramer1 1Klinik für Kinderkardiologie der Universitätsklinik Kiel, Kiel
oft nicht gestellt wird. Dieser Fallbericht zeigt, dass bei kardiorespiratorischer Symptomatik mit der Diagnose eines Perikardergusses an eine Mykoplasmeninfektion gedacht werden sollte.
Einleitung: Als Komplikation der Lyme-Borreliose treten hauptsächlich Erkrankungen der Haut, des Nervensystems und der Gelenke auf. Kardiale Manifestationen sind selten. Kasuistik: Ein 17-jähriger Junge erleidet morgens nach dem Aufstehen einen Adam-Stokes-Anfall. Der hinzugerufene Notarzt dokumentiert einen AV-Block III° und veranlasst eine stationäre Einweisung. Auf genauere Nachfrage gibt der Junge an, vor ca. zwei Wochen eine gerötete Stelle in der rechten Leiste wie bei Zeckenbiss entdeckt zu haben. Aufgrund positiver Borrelienserologie (ELISA, Westernblot) und der Anamnese wird eine intravenöse antibiotische Therapie mit Penicillin über 15 Tage durchgeführt. Darunter tritt zunächst ein Wechsel in einen AV-Block II° Typ Mobitz auf. Zum Entlassungszeitpunkt besteht überwiegend ein stabiler Sinusrhythmus mit 1:1 Überleitung und kurzen Phasen von einem AV-Block II° Typ Wenckebach. Diskussion: Die häufigste kardiale Manifestation der Lyme-Borreliose ist die akute Lyme-Karditis. Sie wird Tage bis Monate nach Beginn des Erythema migrans beobachtet und tritt häufig in Form von AVBlockierungen auf. 50% der Patienten haben einen AV-Block III. Die Überleitungsstörungen sind meist spontan innerhalb von 6 Wochen rückläufig, passager kann ein AV-Block I° bestehen. Eine Schrittmacherimplantation ist selten notwendig. Die Effektivität der antibiotischen Therapie hinsichtlich Remissionsrate und Remissionszeitpunkt ist unklar. Schlussfolgerung: Diese Kasuistik zeigt, dass bei der Abklärung von Synkopen auch an die Möglichkeit einer kardialen Beteiligung bei Lyme-Karditis als seltene Ursache für einen AV-Block III° zu denken ist. Die Diagnose wird durch eine synoptische Wertung von Anamnese, klinischen Befunden und Serolgie gestellt.
DGKJ-PO-280 Herzkinder unter 2 Jahren mit hämodynamisch bedeutsamem Vitium brauchen eine RSV-Prophylaxe mit Palivizumab – Rationale und evidenzbasierte Empfehlungen R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München
DGKJ-PO-129 Perikarderguss als seltene Manifestation einer Pneumonie mit Mycoplasma pneumoniae M. Schier1, K. Müller-Deile1, W. von Schütz1, M. Sinnig1, S. Krohn1, T. Danne1, S. Heger1 1Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover Die Ätiologie eines Perikardergusses im Kindesalter ist oft unklar. Als mögliche Ursachen kommen Infektionen hervorgerufen durch Bakterien, Mykobakterien, Viren, Parasiten und Pilze, immunologische und maligne Erkrankungen in Frage. Wir berichten über einen 10-jährigen Jungen, der uns mit Tachydyspnoe und seit fünf Tagen bestehenden linksseitigen Thoraxschmerzen vorgestellt wurde. Die konventionelle Röntgenthoraxaufnahme zeigte eine erhebliche Kardiomegalie mit Pleuraergüssen beidseits bei retrokardialer Pleuropneumonie. Die Echokardiographie zeigte einen Perikarderguss. Bei der Perikardpunktion wurden 400 ml bernsteinfarbenes, granulozytäres und lymphozytäres Exsudat gewonnen. Die Pleurapunktion ergab 100 ml Exsudat. Im Perikardpunktat und im Blut wurden serologisch Mycoplasma pneumoniae nachgewiesen, so dass eine antibiotische Therapie mit Erythromycin erfolgte. Hierunter besserte sich der klinische Zustand des Patienten rasch. Mykoplasmeninfektionen machen bei Kindern etwa 30% der ambulant erworbenen Pneumonien aus. Klinisch wird zwischen pulmonalen und extrapulmonalen Infektionen unterschieden. Als extrapulmonale Manifestationen können Gelenkbeteiligungen, hämolytische Anämien, Enzephalitis und aseptische Meningitis auftreten. Kardiale Infektionen wie Perikarditis oder Myokarditis werden im Kindesalter nur sporadisch beobachtet. Kardiale oder andere extrapulmonale Manifestationen einer Mykoplasmeninfektion können auch ohne Beteiligung der Lunge auftreten. Eine „PubMed“- Abfrage ergab nur 7 Beschreibungen einer Perikarditis bei Mykoplasmeninfektionen von Kindern. Es ist unklar, ob es sich dabei tatsächlich um ein seltenes Ereignis handelt oder die Diagnose
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Problem: RSV verursacht jedes Jahr saisonale Epidemien, Durchseuchung bis zum 2. Lebensjahr ca.100% (PID-ARI.net). In USA >125.000 Hospitalisierungen und ca. 6,3 Todesfälle/100.000 Kinderjahre bis 4 Jahre. Hohe Morbidität und Mortalität v.a. bei Prämaturität, chronischer Lungenerkrankung und angeborenen Herzfehlern (CHD). Keine effiziente, spezifische Therapie verfügbar. Ergebnisse: Frühere Studien bei RSV-hospitalisierten Kindern mit CHD belegen Mortalität bis 37%, aktuelle Daten bis 2,5% -3,4% bei 33% Intensiv-Care-Unit-Pflichtigkeit, OR vs. Kinder ohne CHD 6,0. CHD-Kinder zudem hochempfänglich für nosokomiale Infektionen, Mortalitätsrate 44%, v.a. bei CHD mit vermehrter Lungendurchblutung und Pulmonaler Hypertonie. In multizentrischer RCT (Germany: 4 Zentren), n=1.287 Kinder im Alter von
DGKJ-PO-131 Stellenwert, Sicherheit und hämodynamische Effekte der MRT bei kinderkardiologischen Intensivpatienten S. Sarikouch1, R. Schäffler1, N. A. Haas1, G. Kirchner1, D. Kececioglu1 1Herzzentrum NRW Klinik f. Kinderkardiologie, Bad Oeynhausen Fragestellung: Die Magnetresonanztomographie hat sich als wichtiges diagnostisches Werkzeug bei angeborenen Herzfehlern etabliert. Ihre Nutzung bei kritisch kranken Kindern erfolgte aufgrund der anspruchsvollen MRT-Umgebung in der Vergangenheit restriktiv. Wir untersuchten die Frage nach den akuten hämodynamischen Auswirkungen und dem Nutzen-Risiko-Verhältnis der kardialen MRT bei dieser hochselektionierten Patientengruppe. Material und Methode: Retrospektive Analyse aller intensivpflichtigen Patienten, unter Hilfe der elektronischen Patientenakten, die im Rahmen unseres kinderkardiologischen MRT-Programmes in den letzten 2 Jahren untersucht wurden.Alter, Diagnosen, Inotropika, Diurese vor und nach der Untersuchung, Diuretikadosen, Körpertemperatur und Laktat-Werte nach der Untersuchung, Länge der Untersuchung, unerwünschte Ereignisse, nachfolgende Prozeduren sowie Dauer des Intensivaufenthaltes wurden erfasst. Ergebnisse: 24/592 Patienten waren intensivpflichtig. 22 Säuglinge, 2 Schulkinder. 10/24 waren postoperativ. Intrakardiale Fehlbildungen bestanden bei 19, vaskuläre Ringe/Trachealstenosen bei 3, 1 Kardiomyopathie, 1 Myokardinfarkt. Mittlerer Intensivaufenthalt 25,7 Tage. 8 Patienten waren beatmet, 6 bedurften Inotropika. Alle nichtbeatmeten Patieten wurden für das MRT intubiert und noch im MRT-Labor extubiert. Mittlere Untersuchungsdauer 108 Minuten. Alle Kinder bis auf eines waren hämodynamisch stabil und bedurften keiner Katecholaminerhöhung. Ein 10-Monate altes Mädchen erhielt eine Einzeldosis Epinephrin bei relativer Bradykardie nach einer 20 s. Atempause für eine Kontrastmittelsequenz. Bei Rückkehr auf die Station betrug die mittlere Temperatur 36,9°C, das Serum-Laktat 1,2 mmol/l. Die Diurese war insignifikant besser am Tag der Untersuchung gegenüber dem Vortag bei unveränderter Medikation (644 ml vs. 603 ml). Bei 18/24 Patienten erfolgten anschließend katheterinterventionelle oder operative Maßnahmen. Schlussfolgerungen: Die kardiale MRT ist von hohem klinischem Nutzen und kann mit niedrigem Risiko auch bei kinderkardiologischen Intensivpatienten durchgeführt werden. DGKJ-PO-132 Neugeborenes einer diabetischen Mutter mit massiver Ventrikelseptumhypertrophie und erhöhtem IGF-1 Spiegel R. Zeller1, J. Seyfarth1, Chr. Baguette1, M. Chr. Seghaye1 1Kinderkardiologie, RWTH Aachen, Aachen
Ein reifes Neugeborenes (GG: 4.480 g) einer 36-jährigen 2G/2P mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ I und Verdacht auf HashimotoThyreoiditis zeigt nach Sectio zunehmend Stöhnen und Nasenflügeln.
Die Pränataldiagnostik war unauffällig gewesen. Postnatal echokardiographische Diagnose einer massiven Ventrikelseptumhypertrophie (14 mm) (◉ Abb.) bei überkontraktilem linken Ventrikel, schmalem LV-Cavum und Turbulenzen im LVOT (2.5 m/Sek.). Laborchemisch niedrige Blutzuckerwerte und erhöhte Plasmakonzentrationen des Wachstumsfaktors Insulin Growth Factor-1 (IGF-1) (66 μg/L). Unter Propanolol (1 mg/kg/d) wurden sowohl eine rasche klinische Besserung als auch eine Regression der Septumdicke beobachtet. Das Kind konnte am 13. Tag in gutem Zustand entlassen werden. Die Septumdicke betrug 9 mm und der Fluss über den LVOT 1.1 m/Sek. Ein Zusammenhang zwischen erhöhtem IGF-1 und kardialer bzw. septaler Hypertrophie ist sowohl in vivo als auch in vitro beschrieben. In vitro bewirkt eine hohe IGF-1 Expression (Ligand und Rezeptor) eine Proliferation von Kardiomyozyten. Unsere Fallbeschreibung legt erstmalig nahe, dass IGF-1 für die Myokardhypertrophie bei Kindern von diabetischen Müttern mitverantwortlich ist.
Neuropädiatrie I DKGJ-PO-133 Effekte der Neuropeptide Calcitonin Gene-Related Protein (CGRP), Galanin und der neuronalen (nNOS) und endothelialen NOS (eNOS) auf das zelluläre Regenerationsverhalten nach indirektem ZNS Trauma M. Galiano1, R. Zigmond2, J.-P. Changeux3, S. Wimalawansa4, G. Kreutzberg5, G. Raivich6 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Department of Neurosciences, Case Western Reserve University, Cleveland, Ohio, USA; 3Neurobiologie Moleculaire, Institut Pasteur, Paris, Frankreich; 4Department of Endocrinology, Medical School, New Brunswick; 5ehem. Abteilung für Neuromorphologie, Max Planck Institut für Neurobiologie, Martinsried; 6Obstetrics and Gynaecology Department, University College of London, London, Großbritannien Fragestellung: Das posttraumatische Reaktions- und Regenerationsverhalten im ZNS wird hinsichtlich seiner interzellulären molekularen Kommunikationsmechanismen erst zum Teil verstanden. Eine wichtige Rolle wird dabei durch das von verletzten Neuronen exprimierte IL6 eingenommen (Galiano et al. 2001). Hier untersuchten wir die Rolle von 4 weiteren, nach Fazialis-Axotomie massiv neusynthetisierten neuronalen Signal-Moleküle: CGRP und Galanin, nNOS und eNOS. Methode: Vergleich Gen-defizienter Mäuse mit der jeweiligen Wildtyp Gruppe, in Hinblick auf die Verletzungsreaktion im Fazialiskern und auf das Regenerationsverhalten des peripheren Fazialis-Nervs nach Durchtrennung und Quetschung. Ergebnisse: a) CGRP-Defizienz führte zu einer gesteigerten Einwanderung von Lymphozyten in den Fazialiskern, sowohl in der Früh- wie auch in der Spät-Phase. Es zeigte sich kein Effekt auf die mikrogliale und astrozytäre Reaktion, periphere Regeneration oder das zentrale Ausprossen von Axonen um die verletzten Motoneurone. b) Galanin-Defizienz zeigte in keinem der untersuchten Reaktionen ein verändertes Verhalten. c) nNOS-Defizienz führte zu einer verminderten lymphozytären Einwanderung in der frühen und späten posttraumatischen Phase. eNOS-defiziente Tiere zeigten im axotomierten Fazialis ein vermehrtes Aussprossen Galanin-positiver Axone in der späten Phase um den Tag 14. Diskussion und Zusammenfassung: Anders als bei der Deletion von IL6, mit massiver Beeinträchtigung der Reaktion (Mikroglia, Astrozyten, Lymphozyten-Einwanderung, axonale Regeneration und zentrales Aussprossen (Galiano et al. 2001)), führt die Deletion von CGRP, nNOS und eNOS, jeweils allein, nur zu geringen Effekten, und die Deletion von Galanin, trotz starker Induktion nach Verletzung, zu keinen, die im gewählten Versuchsmodell nachgewiesen werden konnten. Insgesamt unterstreichen diese Befunde die Komplexität und teilweise Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Redundanz der den morphologischen Veränderungen der Regeneration zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen. Literatur Galiano M, Liu ZQ, Kalla R, Bohatschek M, Koppius A, Gschwendtner A, Xu S, Werner A, Kloss CU, Jones LL, Bluethmann H, Raivich G (2001) Interleukin-6 (IL6) and cellular response to facial nerve injury: effects on lymphocyte recruitment, early microglial activation and axonal outgrowth in IL6-deficient mice. Eur J Neurosci 14:327–41
DKGJ-PO-134 6 Fälle von subaktuer sklerosierender Panenzephalitis (SSPE) Die Erfahrungen in Bethel über 6 Jahre J. Otte1, S. Vieker1, E. Knauss1, T. Polster1 1Kinderklinik, Krankenanstalten Gilead, Bielefeld (Bethel) Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine progressive degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Pathogenese ist nicht sicher geklärt, es wird aber eine persistierende Infektion des zentralen Nervensystems mit einer genetischen Variante des Masern-Virus diskutiert. Unsere Patienten entwickelten SSPE 7–10 Jahre nach Infektion mit Wild-Masern. Die Infektion mit Masern in einem sehr frühen Lebensalter ist als Risikofaktor für die SSPE anerkannt. Die Hälfte aller Patienten mit SSPE hatten Masern vor dem Alter von 2 Jahren. Das Risiko für eine SSPE nach Masern-Impfung ist hingegen denkbar gering. Wir berichten über 6 Fälle von SSPE über 6 Jahre, die in Bethel aufgetreten sind. 2 dieser Kinder befinden sich derzeit im Stadium II, die anderen 4 Kinder im Stadium IV. Wir diskutieren moderne diagnostische und therapeutische Maßnahmen für diese seltenen Erkrankungen. Der extrem ungünstige Verlauf dieser schweren Masern-Komplikationen unterstreicht erneut die Bedeutung einer frühzeitigen Masern-Impfung. Dies ist besonders aktuell angesichts der neuen Masern-Epidemien in Deutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen. DKGJ-PO-135 Ein elfjähriges Mädchen mit Glukosetransporter- Typ 1 (GLUT1)Defekt-Syndrom L. Müller1, A. Verstege1, K. Drossel2, A. Panzer1, A. von Moers1 1Kinderklinik, DRK Kliniken Westend, Berlin; 2Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin Das Glukosetransporter-Typ 1 (GLUT1)-Defekt-Syndrom ist eine Erkrankung, die aus einem verminderten Glukose-Transport über die Blut-Hirn-Schranke resultiert. Grund dafür ist ein Defekt des GLUT1Gens auf dem kurzen Arm von Chromosom 1. Die dadurch entstehende Hypoglykorrhachie äußert sich in neurologischen Symptomen wie zerebralen Krampfanfällen, mentaler Retardierung und unterschiedlichen Formen einer zentralen Bewegungsstörung. Die Krampfanfälle beginnen meist im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit und erweisen sich in der Mehrzahl als refraktär gegen eine Therapie mit Antikonvulsiva. Es kann sich ein sekundärer Mikrozephalus entwickeln. Die Anfälle sind häufig mit Nahrungskarenz assoziiert. Die Diagnose wird durch die Bestimmung des Quotienten aus Liquorglukosegehalt und Blutglukosegehalt sowie durch eine molekulargenetische Untersuchung gesichert. Als validierte Therapie steht bislang die ketogene Diät zur Verfügung. Wir berichten von einem elf Jahre alten Mädchen, bei dem seit dem 3. Lebensjahr zerebrale Krampfanfälle auftreten. Initial erfolgte die antikonvulsive Therapie mit Valproat und Topiramat. Unter beiden Medikamenten verschlechterte sich die Anfallssituation. Nach Beendigung der medikamentösen Therapie im Jahr 2004 traten weiterhin Anfälle auf. Zusätzlich wurde die Diagnose eines Aufmerksamkeitsdefizitssyndroms gestellt. In der kognitiven Leistungsdiagnostik ergab sich ein extrem heterogenes Profil mit unterdurchschnittlichem allgemeinem intellektuellem Leistungsniveau. Zudem entwickelte sie eine erheblich beeinträchtigte körperliche Leistungsfähigkeit und eine intermittierende Gangunsi-
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cherheit. Im Mai 2006 wurde das Mädchen zur Reevaluation in unserer Klinik vorgestellt. Sie zeigte weiterhin Krampfanfälle, die sich meist in absenceartigen Zuständen mit intermittierender Tonuserhöhung manifestierten Im EEG wurden 2 Episoden mit generalisierten SpikeWave-Komplexen dokumentiert. Die daraufhin begonnene Therapie mit Ethosuximid führte zu einem Sistieren der Anfälle, jedoch auch zu einer Verlangsamung und einer Abnahme der Konzentrationsfähigkeit. Eine Nüchtern-Lumbalpunktion zeigte eine Hypoglykorrhachie bei normalen Blutzuckerwerten. Die molekulargenetische Diagnostik bestätigte den Verdacht auf eine GLUT1-Defizienz. Der Beginn der ketogenen Diät gestaltete sich unproblematisch. Eine endgültige Wirksamkeitsabschätzung lässt sich erst nach 3 Monaten stabiler und konsequenter Ketose beurteilen. Dieser ungewöhnlich milde Verlauf macht deutlich, dass die GLUT1-Defizienz auch bei Epilepsieformen wie den atypischen Absencen bedacht werden sollte. DGKJ-PO-136 Akuter Visusverlust mit Papillenödem – differentialdiagnostische Überlegungen anhand eines Fallbeispiels I. Lorenz1, A. Bergua2, D. Wenzel1, W. Rascher1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Universitäts-Augenklinik, Erlangen Ein plötzlicher Visusverlust bei einer 4 1/2-jährigen Patientin führte zur stationären Aufnahme. Begleitsymptome lagen nicht vor. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine Trochlearisparese rechts als zusätzlich neurologisch-ophthalmologischer Befund, weitere Auffälligkeiten fanden sich nicht. Die laborchemischen Untersuchungen waren nicht wegweisend. Fundoskopisch zeigte sich ein beidseitiges Papillenödem mit peripapillären retinalen Blutungen. Im Glaskörper waren keine Zellen nachweisbar. Der Visus der Patientin lag bei <0,16 bds. Neurophysiologische Untersuchungen (VEP, EEG) sowie die zerebrale Bildgebung (CCT, MRT) ergänzten die Diagnostik, wobei die Bildgebung keine Pathologie ergab. Im VEP fanden sich fehlende Antworten rechts und verzögerte, amplitudenverminderte Antworten links. Liquordiagnostisch konnten keine Erreger oder spezifische Antikörper nachgewiesen werden. Der Liquorproteingehalt war unauffällig. In der weiteren Diagnostik ließen sich oligoklonale Banden nachweisen. Die Therapie erfolgte bis zum Erhalt der negativen mikrobiologischen Befunde antibiotisch und virostatisch, kombiniert mit hochdosierten Prednisongaben und Acetacolamid. Im Verlauf besserte sich der Visus der Patientin innerhalb von 14 Tagen bereits deutlich, das Papillenödem und die retinalen Blutungen bildeten sich zurück, auch die Trochlearisparese war rückläufig. Differentialdiagnostische Überlegungen schlossen ein länger bestehendes Geschehen mit intracranieller Druckerhöhung im Sinne eines Pseudotumor cerebri (IIH) mit ein. Die fundoskopischen Befunde unterstützten diese Hypothese, zumal das Papillenödem als Stauungspapille interpretiert werden konnte. Erst der Nachweis oligoklonaler Antikörper im Liquor erhärtete den Verdacht einer unspezifischen Entzündung im Sinne einer Papillitis/Optikusneuritis. Die rasche Besserung der klinischen Symptomatik scheint diese Diagnose zu bestätigen. DKGJ-PO-137 Inzidenz von Kernikterus in Deutschland ESPED-Erhebung zur Erfassung von Kernikterusfällen unter Berücksichtigung der Vitamin K Prophylaxe F. Schaaff1, R. von Kries2, P. Bartmann3 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Mainz; 2Abt. für Epidemiologie im Kindes- und Jugendalter, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin LMU München, München; 3Abt. Neonatologie, Universitätskinderklinik Bonn, Bonn Hintergrund: In den letzten Jahren wird von einer Zunahme von Kernikterusfällen in den USA und dem europäischen Ausland berichtet. Zur Inzidenz in Deutschland liegen bisher nicht ausreichend Daten vor.
Ziel: Erfassung der Inzidenz des Kernikterus in Deutschland unter Berücksichtigung der Art der Vitamin K Prophylaxe. Methode: Über einen Zeitraum von insgesamt 30 Monaten (1.7.2003– 31.12.2005) wurden Daten mittels ESPED-Meldesystem (monatliche Abfrage an 381 pädiatrische Abteilungen; Rücklaufrate 98%) zu Inzidenz und möglichen Risikofaktoren des Kernikterus unter besonderer Berücksichtigung der Art der Vitamin K Prophylaxe (parenteral/oral/ Art der Präparation) erhoben. Dahinter steht die pathophysiologische Erwägung, dass die Gabe von parenteralem micellarem Vitamin K über die Verdrängung des Bilirubins aus der Albuminbindung die Inzidenz des Kernikterus erhöhen könnte. Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum wurden 17 Fälle an ESPED gemeldet, davon 14 korrekt. 13 Fragebögen lagen zur Auswertung vor, darunter zwei Doppelmeldungen. Insgesamt konnten 11 Fälle ausgewertet werden. Die maximalen Bilirubinwerte wurden am 3.-15. Lebenstag (Median 5. Lebenstag) gemessen (26,1–44,8; Median 33,9 mg/dl). Unter den Patienten waren 5 near-term Frühgeborene und sechs Reifgeborene. 9/11 Kindern waren mindestens 9 Tage vor dem errechneten Termin geboren (Median 37+5 Schwangerschaftswochen). Die Entbindung erfolgte bei 8 der 11 Kinder stationär, bei einem Patient zuhause und bei zwei ambulant in einem Geburtshaus. Die Entlassung erfolgte im Median am 2. Lebenstag. Der Beginn der klinischen Symptomatik des Kernikterus wurde zwischen dem 1. und 13. Lebenstag (Median 5. Lebenstag) datiert. Risikofaktoren für die Entwicklung eines Kernikterus umfassten M. haemolyticus neonatorum (n=2), A0-Konstellation, Hypothyreose, G6PD-Mangel, Hämatome und das Gestationsalter. 8/11 Kindern waren gestillt. Keines der gemeldeten Kinder mit Kernikterus erhielt „Konakion MM“ parenteral. Diskussion und Schlussfolgerungen: Kernikterus in Deutschland tritt nicht nur bei Kindern mit „klassischen Risikofaktoren“ wie Morbus haemolyticus neonatorum auf, sondern auch bei Patienten mit weniger berücksichtigten Risikofaktoren. 9 von 11 Patienten wurden vor dem errechneten Termin geboren. Bei einigen Patienten ist das Gestationsalter der einzige Risikofaktor. Niedriges Gestationsalter ist, wie auch in den amerikanischen Erhebungen, als bedeutender „neuer“ Risikofaktor anzusehen. Frühentlassung aus dem Krankenhaus, fehlende Bilirubinkontrollen und mangelnde Aufklärung zu Risiken der Hyperbilirubinämie könnten eine Rolle spielen. Die Risikofaktoren sollten in das Management der Hyperbilirubinämie mit einbezogen werden. DGKJ-PO-138 Zur Verlaufskontrolle des Hydrocephalus bei Kindern mit hydrostatischem Shunt Chr. Geyer1, B. Panknin1, I. Sorge1, G. Gräfe1, H. Till1 1Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig, Leipzig Die Volumetrie des Ventrikelsystems über Schnittbildverfahren ist als Verlaufskontrolle für mit Hydrocephalus belastete Neugeborene und Säuglinge aus verschiedenen Gründen nicht als Routineverfahren etabliert. Es dominieren verschiedene liniare Messysteme zur Deskription. Reproduzierbare Messwerte erlauben ein frühzeitiges Erkennen chronischer Unter- oder Überdrainagen. Die mit dem Einsatz hydrostatischer Ventileinheiten verbundene positionsabhängige Variabilität des Auslasswiderstandes soll Schlitzventrikel, Shuntsynostosen und Hygrome bei der Behandlung des kindlichen Hydrocephalus vermeinden. Derart abgeleitete Ventrikelsysteme entwickeln sich gegenüber mit Differentialdruckventilen drainierten Systemen anders. Die vorliegende Studie vergleicht verschiedene Parameter zur Verlaufsbeurteilung des mit hydrostatischem Ventil geshunteten Hydrocephalus. Im Zeitraum 2004 bis 2006 wurden 41 Neugeborenen und Säuglingen mit einem Hydrocephalus unterschiedlicher Genese mit einem hydrostatischen Ventil abgeleitet. Im Rahmen einer prospektiven Anwendungsbeobachtung wurden zu definierten Nachuntersuchungszeitpunkten klinische und radiologische Parameter zur Entwicklung des Hydrocephalus erfasst. Im einzelnen handelte es sich Kopfumfang (KU), die Fläche der Seitenventrikel in Höhe des Foramen Monroi (FM), die Fronto-occipital-horn-ratio (FOH), der Evensindex (EI) und der Ventrikelindex
(VI). Die Messungen erfolgten unmittelbar präoperativ sowie 6 und 12 Monaten nach Shuntanlage. Es bestehen signifikante Korrelationen zwischen FOH, KU, FM, EI und VI für den Untersuchungszeitraum bei den eigenen Patienten. Defizite ergeben sich bei asymmetrischen Hydrocephalusformen. Auch für Kinder mit durch hydrostatischem Ventil drainerten Hydrocephalus in der beschriebenen Altersgruppe erlauben die etablierten Untersuchungsverfahren eine sichere und exakte Verlaufsbeurteilung. Dabei bleibt die regelmäßige Kontrolle des Kopfumfangs ein wichtiger und effizienter Parameter der klinischen Routine zur der Entwicklung des Ventrikelsystems. DGKJ-PO-139 Selbststeuerung von Blickfokus und Gesichtsausdruck bei Kindern mit ADHS – videogestützte Verhaltensbeobachtung hilft zur Dosisfindung H.-J. Kühle1, F. Jansen1 1Praxis für Kinder- und Jugendmedizin, Giessen Fragestellung: ADHS ist nicht nur in Verhaltensergebnissen und wiederkehrenden Verhaltensweisen nach DSM-IV sichtbar, sondern zeigt sich auch in neurophysiologischen Veränderungen und in der Fähigkeit, den Blickkontakt nicht zu verlieren und in der Feinsteuerung des Gesichtsausdrucks (1). Kann mit der von Jansen vorgeschlagenen videogestützten Verhaltensbeobachtung die Selbststeuerung bei Kindern mit ADHS erfasst werden? Gibt es messbare Veränderungen schon bei Dosisveränderungen um 2.5 mg Methylphenidat (MPH)? Welche Beziehung besteht zwischen Stimulanziendosis und Verhalten? Wie wirkt sich eine Optimierung der feinen Selbststeuerung auf intellektuelle Leistungen, Bewertung des Verhaltens durch die Eltern anhand der DSM-IV-Merkmale und den klinischen Verlauf aus? Material und Methode: Inanspruchnahmestichprobe von 25 Kindern mit ADHS (mittleres Alter 10 4/12 Jahre, mittlerer IQ 103). Die Kinder wurden beim Kartenspiel mit der Mutter gefilmt und rechneten an Alter und Fähigkeiten angepasste Kopfrechenaufgaben mittleren Schweregrades. Aufnahmen erfolgten ohne Medikament und 75 Minuten nach Einnahme von MPH in von Aufnahme zu Aufnahme um 2.5 mg steigender Dosis. 2-Minuten-Abschnitte von 5–6 verschiedenen Aufnahmen wurden in Zufallsreihenfolge auf ein Band geschnitten und an vier Rater geschickt, die weder Kinder noch Dosen kannten. Nach Vortraining an zwei Wochenenden an anderem Bildmaterial zählten sie die Blickabbrüche aus und bewerteten die Variabilität des Lächelns auf einer 5-Punkte-Skala. Ergebnisse: Die ANCOVA zeigte einen signifikanten Effekt der Dosis auf Blickabbrüche und Variabilität des Lächelns. Blickabbrüche waren bei optimaler Dosis am seltensten, bei 2.5 mg darüber oder darunter deutlich häufiger. Die Variabilität des Lächelns war bei optimaler Dosis am größten und ab 2.5 mg Veränderung schlechter. Die Anzahl richtig gelöster Rechenaufgaben war ab 2.5 mg über oder unter der optimalen Dosis signifikant schlechter; die Beziehungen von Stimulanziendosis zum Verhalten entsprechen einer (umgekehrten) U-Funktion. die mit der bezüglich der Selbststeuerung optimalen MPH-Dosis behandelten Kinder verbesserten sich im Elternurteil nach DSM-IV hochsignifikant und erreichten alle eine Remission(2). Der klinische Verlauf war gut. Diskussion: Die unwillkürliche Selbststeuerung von Kindern mit ADHS kann mit videogestützter Verhaltensbeobachtung erfasst werden. Mit zunehmender Standardisierung von Training und Auswertung soll die Reliabilität weiter erhöht werden. Die Störung der unwillkürlichen Steuerung bei ADHS hat Folgen für die Kommunikationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit, die Verbesserung der Steuerung bessert auch die Verhaltensergebnisse. Schlussfolgerung: Die videogestützte Beobachtung der Selbststeuerung kann ein nützliches Instrument zu Stimulanziendosisfindung und Therapiekontrolle sein. Literatur 1 Kühle et al. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 8 (2001) 607–621 2 Kühle et al. Journal of Attention Disorders 10 (2007) 350–358
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Abstracts Neuropädiatrie II DGKJ-PO-140 Psychosoziale Aspekte bei cerebellärem Mutismus oder Posterior Fossa Syndrom nach Kleinhirn-Operationen: 2 Fallberichte B. Stehle1, R. Korinthenberg1, V. Mall1, V. van Velthoven-Wurster2, I. Krug1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg; 2Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg Einleitung: Unter Cerebellärem Mutismus, der auch als Posterior Fossa Syndrom bezeichnet wird, versteht man eine reversible Komplikation nach einer Tumoroperation im Bereich der hinteren Schädelgrube (Fossa posterior). Die typischen Symptome bestehen aus neurologischen und psychischen Auffälligkeiten, insbesondere erhebliche Beeinträchtigungen der expressiven Sprache bis hin zum totalen Mutismus. Viele Kinder weisen zusätzlich eine Verhaltensänderung auf, sind emotional labil oder aggressiv. Allen Verläufen gemeinsam ist der vorübergehende Verlauf von Tagen bis hin zu mehreren Monaten. Die genaue Ursache des Syndroms ist noch unklar, in der Literatur werderden Läsionen der Kleinhirnkerngebiete diskutiert. Eine primäre psychogene Ätiologie wie beim elektiven Mutismus erscheint eher unwahrscheinlich. Fragestellung: Anhand von 2 Fallberichten soll auf wichtige psychosoziale Aspekte in der Betreuung von Kindern mit Cerebellärem Mutismus in der Akutphase und in der Langzeitbetreuung eingegangen werden. Fallbericht 1: Ein 9 Jahre altes Mädchen mit einem Pilocytischen Astrocytom entwickelte nach der Operation einen kompletten Mutismus, ein ausgeprägtes Rückzugsverhalten, war sehr weinerlich und litt unter einer leichten Gangataxie. Die Familie war trotz Informationen über den transienten Verlauf der Symptome stark belastet. Fünf Wochen nach der Operation begann die Patientin wieder zu sprechen und das Rückzugsverhalten liess langsam nach. Sie entwickelte im Verlauf eine sychische Folgesymptomatik mit ausgeprägten Ängsten. Fallbericht 2: Ein 10 Jahre altes Mädchen mit einem Medulloblastom entwickelte nach der Operation ebenfalls einen zunächst kompletten Mutismus. Dieser ging nach ca. 2 Wochen über in ein stark reduziertes Sprachvermögen mit abgehackter und verwaschener Sprache. Das Mädchen zeigte über den gesamten Behandlungsverlauf (HIT 2000 Studie) eine schwere Verhaltensstörung und Nahrungsverweigerung. Das Mädchen litt 5 Jahre nach Erstdiagnose an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Alpträumen und depressiver Symptomatik sowie einer expressiven Sprachstörung. Diskussion: In beiden Fallverläufen wird deutlich, dass der Cerebelläre Mutismus eine psychisch extrem belastende Situation für die Familien und Patienten darstellt. Eine Aufklärung in der Akutphase über die Reversibilität der Symptome und neurologische Ursache wirkt entlastend und verhindert Schuldgefühle bei den Eltern. Zusätzlich ist eine gezielte Beratung der Angehörigen und des medizinischen Betreuungspersonals dahingehend notwendig, wie der Umgang mit dem Kind erleichtert werden kann. Nach der Akutphase ist eine psychologische Begleitung erforderlich, um psychische Folgestörungen frühzeitig erkennen und entsprechend behandeln zu können. DGKJ-PO-141 Morbus Addison und schwere Enzephalopathie: Leitsymptome einer horizontalen HIV-Infektion bei einem Kleinkind aus Usbekistan S. Beblo1, A. Merkenschlager1, J. Allmendinger1, J. Strehlau1, R. Pfäffle1, W. Kiess1, U. Wintergerst2, V. Schuster1 1Universitätskinderklinik, Leipzig; 2Klinikum der Universität München, München Wir berichten von einem zweieinhalb Jahre alten Jungen aus Usbekistan mit rezidivierender Enzephalopathie und cerebralen Anfällen, die jeweils durch Infektionen oder Regelimpfungen provoziert wurden.
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Die Diagnostik ergab eine Nebennierenrindeninsuffizienz (Hyperpigmentierung, massiv erniedrigtes Plasmacortisol bei 50fach erhöhtem ACTH) und eine horizontal übertragene HIV-Infektion. Vermutlich führten infektassoziierte Addison-Krisen zu hypovolämischem Schock mit nachfolgender Bluttransfusion und dadurch HIV-Infektion (die Mutter des Kindes ist HIV negativ). Die Nebenniereninsuffizienz ist möglicherweise durch die HIV-Infektion zusätzlich verstärkt worden. In der Folge kam es zu einer schweren progredienten Enzephalopathie. Trotz hoch aktiver antiretroviraler Therapie, die die Viruslast deutlich senkte (von 200000 auf 1000 Kopien/ml innerhalb von 3 Wochen), verbesserte sich der klinische Zustand des Patienten nicht. Die Frage der genetisch determinierten bzw. erworbenen (z.B.: CMV-Infektion) NNR-Insuffizienz muss derzeit offen bleiben. Wir diskutieren die Interaktionen zwischen HIV und anderen Ursachen einer Enzephalopathie sowie die Folgen der HIV-Epidemie unter Kindern in den GUSStaaten. DGKJ-PO-142 Variable Ausprägung des Pallister-Killian-Syndroms mit milder Form mentaler Retardierung A. Podbiera1, B. Oehl-Jaschkowitz2, I. Grunwald3, M. G. Shamdeen1 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Homburg; 2Gemeinschaftspraxis für Humangenetik, Homburg; 3Universitätsklinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Homburg Einleitung: Die Ursachen mentaler Retardierung sind heterogen. Das Vorliegen zusätzlicher Symptome wie beispielsweise Dysmorphie oder Mikrozephalie lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine genetische Aberration annehmen, auch wenn diese durch die genetische Primärdiagnostik wie konventionelle Chromosomenanalyse aus Blutlymphozyten und den Ausschluss der häufigsten monogenen Defekte nicht nachweisbar ist. Am Beispiel des vorgestellten Pallister-Killian-Syndroms (PKS) soll deutlich gemacht werden, dass genetische Krankheitsbilder stärker variabel sind als bisher in der Literatur beschrieben. Fallvorstellung: Wir stellen einen 1 5/12 Jahre alten Jungen und ein 7 jähriges Mädchen mit unterschiedlicher Ausprägung einzelner klassischer Symptome des PKS sowie einer beim PKS bisher kaum beschriebenen sehr milden Form einer mentalen Retardierung vor. Der Junge zeigt eine kombinierte Entwicklungsverzögerung, Hydronephrose, eine Myelinisierungsstörung, Innenohrschwerhörigkeit, Dysmorphiezeichen und einen intermittierenden Nystagmus mit V.a. Netzhautdystrophie. Bei dem Mädchen waren einzelne dysmorphe Stigmata, eine muskuläre Hypotonie, Pigmentierungsstörungen der Haut und eine milde Entwicklungsverzögerung auffällig. Während sie im Rechnen Durchschnittswerte zeigt, liegen die Werte des K-ABC im Bereich der Lernbehinderung. Beide Kinder zeigten in der konventionellen Chromosomenanalyse einen numerisch und strukturell unauffälligen Chromosomensatz. Die Diagnose eines Pallister-Killian-Syndroms mit einer Mosaik-Tetrasomie 12p, wurde jeweils nach Hautbiopsie bzw. Mundschleimhautabstrich gestellt. Diskussion: Die variable Ausprägung der Symptomatik bei beiden Kindern, insbesondere die ungewöhnlich milde Retardierung des Mädchens machen deutlich, dass eine in Betracht gezogene Differentialdiagnose auch dann nicht ausgeschlossen werden darf, wenn einzelne, typische Symptome wie beispielsweise die bisher beim PKS beschriebene schwere mentale Retardierung, nicht vorliegen. Der Aspekt der variablen Expression muss bei der Indikation für genetische Untersuchungen zunehmend berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss der diagnostischen Relevanz, wenn auch isolierter, so doch typischer Symptome Beachtung geschenkt werden. Die Variabilität beim PKS ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine unterschiedliche Verteilung des chromosomalen Mosaiks zurückzuführen, wobei das Verteilungsmuster des Mosaiks in den Fibroblasten keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Verteilung in anderen Organen, insbesondere im Gehirn zulässt.
DGKJ-PO-143 Crisponi Syndrom und Kälte induziertes Schwitzen: Zwei Variationen desselben Krankheitsbildes F. Rutsch1, L. Crisponi2, A. Meloni2, F. Strasser3, M. R. Toliat4, G. Nürnberg4, A. Rauch5, W. Höhne6, R. Kleta7, B. Wollnik8, T. Reese9, G. Kurlemann1, A. Cao2, P. Nürnberg4, G. Crisponi10 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster; 2Istituto di Neurogenetica e Neurofarmacologia, CNR, Cagliari, Italien; 3Praxis für Kinder- und Jugendmedizin, Nabburg; 4Cologne Center for Genomics, Köln; 5Institut für Humangenetik, Friedrich Alexander Universität Erlangen, Erlangen; 6Institut für Biochemie, Charité Universitätsklinikum, Berlin; 7Nephrology, Royal Free Hospital, London, Großbritannien; 8Institut für Humangenetik, Universität Köln, Köln; 9Kinderabteilung, Mathias-Spital, Rheine; 10Casa di cura Sant’Anna, Cagliari, Italien Das Crisponi Syndrom (CS) ist eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung mit Dysmorphien, Hyperthermieneigung, Schluckstörungen und paroxysmalen Kontraktionen der Gesichtsmuskulatur. Die meisten betroffenen Patienten versterben bereits innerhalb der ersten Lebensmonate im Rahmen von Hyperthermien bis 42°C. Die genetische Ursache des CS war bisher nicht bekannt. In einer genomweiten Kopplungsanalyse bei 5 sardinischen und 3 türkischen Familien konnten wir eine kritische Region auf Chromosom 19p12–13.1 identifizieren. Das wahrscheinlichste Kandidatengen war CRLF1 (Cytokine ReceptorLike Factor 1). Das CRLF1- Protein ist nach Bindung an Cardiotrophinlike Cytokine (CLC) ein wesentlicher Ligand des Ciliary Neurotrophic Factor (CNTF) –Rezeptors. CRLF1-Mutationen wurden vor kurzem bei Patienten mit Cold Induced Sweating Syndrom (CISS) beschrieben. CISS gehört zusammen mit dem Stüve-Wiedemann Syndrom zu einer Gruppe von Syndromen mit überlappendem Phänotyp. Die wenigen bekannten Patienten mit CISS zeigen eine Skoliose und entwickeln bei Umgebungstemperaturen <22°C profuse Schweißausbrüche am Oberkörper. Wir konnten in den acht untersuchten Familien mit CS vier verschiedene CRLF1 Mutationen nachweisen (1 Missense, 1 Insertion, 1 Nonsense, 1 Insertion/Deletion). Die Mutationen segregierten in allen Familien mit der Erkrankung. Die gefundenen Mutationen bei CS unterschieden sich weder hinsichtlich ihrer Lokalisation noch hinsichtlich ihres Typs wesentlich von den bekannten Mutationen bei CISS. Wir untersuchten daraufhin adoleszente Patienten mit CS auf das Vorhandensein eines Kälte induzierten Schwitzens. Alle untersuchten Probanden zeigten dieses Symptom. CS und CISS sind verschiedene Variationen desselben Krankheitsbildes. Das CS kann als neues Mitglied der Familie der CNTF-Rezeptor assoziierten Syndrome angesehen werden. Die Assoziation von CS mit CRLF1-Mutationen unterstreicht die wesentliche Bedeutung des CNTF-Rezeptor-Pathways für die Entwicklung motorischer und autonomer Funktionen des Nervensystems. DGKJ-PO-144 Relapsing ADEM (akute demyelinisierende Enzephalomyelitis) oder Multiple Sklerosis (MS) – eine schwierige Differentialdiagnose C. Bölke1, Chr. Merzkirch1, B. Zieger2, M. Henschen1 1Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Schwarzwald-Baar-Klinikum, Villingen-Schwenningen; 2Radiologie, Schwarzwald-Baar-Klinikum, Villingen-Schwenningen Wir berichten von einem mittlerweile 2 jährigem Jungen, der uns im Alter von 16 Monaten mit Krampfanfällen vorgestellt wurde. Im Verlauf entwickelte sich eine Gangunsicherheit, Fazialisparese links und Schluckstörung. Im NMR zeigten sich in ein fleckiges angehobenes Signal kortikal/subkortikal parietal beidseits mit etwas verwaschener Markrindengrenze, dazu leichte Signalanhebungen auch im Marklager in der Umgebung der Cella media, links mehr als rechts und ein inhomogenes Signal im Thalamus rechts. Bei späteren Aufnahmen ließen sich zusätzlich eine Bluthirnschrankenstörung und eine Diffusionsstörung nachweisen. Bei unspezifischer Serologie und schwach positiven oligoklonalen Banden im Liqour stellten wir die Diagnose ei-
ner ADEM, die wir mit Prednisolon hochdosiert i.v. behandelten. Darunter zeigte sich eine deutliche Besserung der neurologischen Symptomatik. Bei einer Kontrolle nach 3 Monaten zeigte sich eine stabile Klinik mit noch bestehender leichter Ataxie und Schluckstörung. Im Kontroll-NMR konnte eine Atrophie der vormals betroffenen Bezirke temporal und parietal nachgewiesen werden. Neu aufgetreten waren Veränderungen in der weißen Substanz periventrikulär bds. ohne Störung der Bluthirnschranke. Auch nach weiteren 3 Monaten zeigte sich sowohl klinisch als auch im NMR ein stabiler Befund. Neu war jetzt im EEG ein Sharp wave-Focus rechts fronto-zentro-temporal, der zuvor nicht darstellbar war. 2 Monate später, im Alter von 24 Monaten, kam es zu einem erneuten fokalen Krampfgeschehen. Im Vergleich zur Voruntersuchung zeigten sich im NMR mehrere neu aufgetretene kleine Zonen mit gestörter Bluthirnschranke und deutlicher perifokaler Signalanhebung parietal beidseits und parieto-temporal rechts. Bei zusätzlichen neuen neurologischen Defiziten führten erneut wir eine Kortison Therapie über 5 Tage i.v. durch unter der es zu keinen neuerlichen Krampfanfällen kam. Zurzeit bestehen beim Jungen noch leichte neurologische Defizite, die sich langsam zurückbilden. Die ADEM ist eine seltene akute entzündliche ZNS-Erkrankung, die häufig nach einer Infektion und sehr selten nach Impfungen, aber auch ohne erkennbaren Auslöser auftreten kann. Zugrunde liegen autoimmun verursachte Demyelinisierungen, die im gesamten ZNS auftreten können. Im Unterschied zur MS verläuft die Erkrankung in der Regel monophasisch. Die Prognose ist insgesamt günstig. Bei unserem Patienten fällt, wie auch in der Literatur beschrieben, die Differenzierung einer relapsing ADEM oder einer MS schwer. Die Behandlung im Kleinkindalter besteht jedoch sowohl bei der MS als auch der ADEM in einer Stoßtherapie mit hochdosiertem Cortison. Über eine eventuelle Langzeit-Immunmodulation werden wir später nach NMR Kontrolle und Erhalt der ausstehenden Diagnostik (u.a. evozierte Potentiale) entscheiden. Zusammenfassend handelt es sich im Kleinkindalter um seltene entzündliche ZNS-Erkrankung, deren Diagnose und damit verbundener Therapie jedoch von entscheidender Bedeutung für das betroffene Kind ist. DGKJ-PO-145 Psychische Auffälligkeiten nach Quecksilberexposition im Nierigdosisbereich: Simulation oder Vergiftung? J. Schelling1, R. Willi2, S. Gerling1, T. Zilker2, H. Segerer1 1Kinderklinik St. Hedwig, Regensburg; 2Toxikologische Abteilung, II.Medizinische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität München, München Fragestellung: Wir berichten von einem 8 1/2 jährigen Knaben mit Feer’scher Erkrankung. Der Junge stellte sich mit generalisiertem Exanthem, Fieber und Synkope vor. Zusätzlich bestand eine Konzentrationsstörung, Müdigkeit und eine bislang nicht beobachtete motorische Unruhe. Er zeigte einen feinschlägigen Tremor und hatte ausgeprägte Myalgien der unteren Extremitäten. Umfangreiche Untersuchungen konnten keine Ursache für die Beschwerden aufzeigen, ebensowenig ließen sich die Beschwerden objektivieren. Ein enormer sekundärer Krankheitsgewinn war deutlich. Erst als der Vater berichtete, dass im Zimmer des Patienten ein quecksilberhaltiges Fieberthermometer zerbrochen sei und keine ausreichende Giftentfernung erfolgte, konnte dem V.a. auf eine Feer’sche Erkrankung nachgegangen werden. Die Quecksilber-Ausscheidung im nativen 24h-Sammelurin war nur leicht über dem aktuellen Referenzbereich erhöht. Nach Gabe von DMPS zeigte sich jedoch eine deutlich erhöhte Quecksilber-Ausscheidung im 24h-Sammelurin. Der Heilversuch durch Entgiftung wurde schließlich mit DMSA weitergeführt, da der Patient eine Typ IV-Allergie auf DMPS zeigte. Darunter besserten sich die Beschwerden zusehends und seit zwei Monaten ist der Junge beschwerdefrei. Diskussion: Die Feer’sche Erkrankung ist eine seltene Erkrankung im Kindesalter. Als ursächlich wird eine chronische Exposition gegenüber organischem oder elementarem Quecksilber, bzw. eine ÜberempfindMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts lichkeit gegenüber Quecksilber angenommen. In unserem Fall wurde die Exposition durch ein zerbrochenes Quecksilber-Fieberthermometer verursacht. Die wichtigsten Symptome sind Wesensveränderung, Akrodynie, Muskeladynamie mit Motilitätsstörungen, Tremor, Tachykardie und Bluthochdruck. Die Diagnose ist oftmals schwer zu stellen, beweisend war in unserem Fall der Anstieg der Quecksilberausscheidung im Sammelurin und das gute klinische Ansprechen auf die Chelattherapie. In unserem Beitrag werden wir zudem auf die unterschiedlichen Quecksilbervergiftungen (organisch/elementar) eingehen und, anhand der Literatur, Normwerte und Therapie darstellen. Zusammenfassung: Die Feer’sche Erkrankung ist eine im Kindesalter seltene Entität. Bei unklaren renalen und neuro-psychiatrischen Störungen muss eine Quecksilber-Intoxikation ausgeschlossen werden. DGKJ-PO-146 Frühsymptomatik, Zeitspanne bis zur Diagnosestellung sowie Erwerb und Verlust des freien Gehens bei Metachromatischer Leukodystrophie (MLD) Chr. Kehrer1, B. Kustermann-Kuhn1, I. Krägeloh-Mann1 1Abt. Neuropädiatrie und Entwicklungsneurologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Tübingen, Tübingen Im Rahmen des vom BMBF finanzierten Forschungsnetzwerks LEUKONET untersucht die Tübinger Arbeitsgruppe (Projekt 2) den klinischen Verlauf der Metachromatischen Leukodystrophie (MLD). Die Patientenrekrutierung erfolgt über den Kontakt zu Kliniken, Laboren und Elterninitiativen. Mittels eines standardisierten Fragebogens werden anamnestische Daten, Entwicklungsparameter sowie klinische und neurologische Parameter erfasst. Wir berichten über Ergebnisse von 46 Patienten mit MLD. 14 hatten eine spätinfantile, 27 eine juvenile und 5 eine adulte Form der MLD. Der Median der Zeitspanne vom Auftreten erster Symptome bis zur Diagnosestellung betrug 15 Monate (P25P75:7-33). Diese Zeitspanne war bei Patienten mit juveniler Verlaufsform (26 Monate) signifikant länger als bei Patienten mit spätinfantiler Verlaufsform (11 Monate; p~0,02). Zu den häufigsten Erstsymptomen gehörten Bewegungsauffälligkeiten (71%), Gangstörung (69%), allgemeine Entwicklungsrückschritte (66%) und feinmotorische Auffälligkeiten (54%). Patienten mit juveniler Verlaufsform scheinen ein unterschiedliches Muster der Erstmanifestationssymptome zu zeigen; die Erstsymptome „Feinmotorische Auffälligkeiten“ (p~0,01), „Konzentrationsstörung“ (p<0,0001) und „Verhaltensauffälligkeiten“ (p~0,01) waren signifikant häufiger gegenüber der spätinfantilen Form. Im Hinblick auf das Erlernen des freien Gehens zeigten sich keine Unterschiede zwischen der spätinfantilen, juvenilen und adulten Verlaufsform. Im Hinblick auf den Verlust des freien Gehens zeigte sich jedoch ein hochsignifikanter Unterschied mit einem Lauflernverlust von 1–3 Jahren bei der infantilen, 5–16 Jahren bei der juvenilen und 20–24 Jahren bei der adulten Verlaufsform. Exemplarisch an drei 2–4 Jahre alten Mädchen mit spätinfantiler Verlaufsform konnte mittels der Beurteilung standardisierter funktionellen motorischen Scores (GMFCS, BFMF) der Verlust sämtlicher motorischer Fähigkeiten bis hin zum Verlust der Kopfkontrolle innerhalb von 2–18 Monaten aufgezeigt werden. Insbesondere im Hinblick auf die sich konkreter abzeichnenden Therapieoptionen (Stammzelltransplantation, Enzymersatztherapie) ist die Kenntnis um Klinik und natürlichen Verlauf der MLD relevant. Besonders für Patienten mit juveniler Verlaufsform und signifikant späterer Diagnosestellung spielt dies eine Rolle. In Zukunft wird es wichtig sein, mittels standardisierter motorischer funktioneller Scores (GMFCS, BFMF) den natürlichen Krankheitsverlauf zu beschreiben, um eine bessere Kenntnis der Krankheitsdynamik zu gewinnen und mögliche Rückschlüsse auf klinische Entitäten zu ziehen.
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Langzeitbetreuung nach lebensbedrohlichen Krankheiten I DGKJ-PO-147 Successful Implantation of a cochlea-Implant in a 4 year old boy after Kidney Transplantation. A Case Report T. Jungraithmayr1, P. Zorowka2, D. Nekahm2, G. Cortina3, D. Roussinow4, L. Zimmerhackl3 1Kinderklinik, Klinikum d.Ruprecht-Karl- Universität, Heidelberg; 2Klinik für Hör,Stimm-, und Sprachstörungen, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich; 3Pädiatrie 1, Medizinische Universität, Innsbruck, Österreich; 4Pädiatrische Nephrologie, Pädiatrische Universität, Sofia, Bulgarien Introduction: The Implantation of a cochlea Implant is performed routinely in children with inner ear hearing loss. A serious complication of the implantation is a local infection with the risk of meningitis. Because of this risk a successful cochlea Implant in children under immunosuppression has not been described yet. Patient: A 4 year old boy with congenital kidney dysplasia had successfully received a renal living related trasnplant from his father at age 21/2 years. The postoperative course was uneventfull and the immunosuppression was performed with prednisolon, tacrolimus and MMF. Course: The boy already had a profound hearing loss before the transplantation, probably due to recurrent otitis media and longterm furosemide use. After transplantation first an improvement of the hearing was tried by the use of hearing devices. This attempt was ineffective and abandoned after one year. The indication for a cochlea Implant was set and the operation was performed 20 months after the transplantation. After 14 months the postoperative course showed no complications. Speech development and objective hearing improved with intensive supportive ergotherapy and logopedia. Conclusion: Even after Transplantation the Implantation of a cochlea Implant is possible in children under Immunosuppression. DGKJ-PO-148 Laparoschisis und Omphalocele Behandlungskonzept und Spätergebnisse Erlanger Krankengut 1994–2004 K. Henrich1, H. P. Hümmer1, P. G. Weber1 1Kinderchirurgische Abteilung der Friedrich Alexander Universität Erlangen, Erlangen Einleitung: Von Februar 1994 bis April 2004 behandelten wir 40 Kinder mit Laparoschisis (LS) und 26 Kinder mit Omphalocele (OC). Material und Methoden: Wir untersuchten Schwangerschaftsverlauf, prä- und postnatale Komplikationen, Entwicklung, Operation, postoperative Behandlung und Langzeitergebnisse. Zusätzlich wurden 37 dieser 66 Kinder (56%) nachuntersucht. Dabei analysierten wir deren Bauchwandmuskulatur, Entwicklung, kosmetisches Ergebnis und Lebensqualität. Ergebnisse: Der Nachuntersuchungszeitraum betrug im Median 6,3 (1–10) Jahre. Bei 35/40 Kindern (88%) mit LS und bei 18/26 (69%) mit OC war die Fehlbildung pränatal bekannt. Das Durchschnittsalter der Mütter bei LS war mit 23,9 Jahren deutlich geringer als bei OC (29,9 Jahre). Per Kaiserschnitt wurden 93% der LS und 65% der OC entbunden. Die Ergebnisse nach vaginaler Entbindung waren nicht schlechter als nach Sectio. Zusätzliche angeborene Anomalien fanden sich bei 28% der LS, diese beschränkten sich auf den Gastrointestinaltrakt. Bei den OC zeigten 81% weitere Anomalien. Der operative Direktverschluss des Bauchwanddefektes war bei 31/40 (78%) der LS und bei 15/26 (58%) der OC möglich. Alle Kinder mit LS überlebten, zwei Kinder mit OC (8%) verstarben. Die Ergebnisse nach primärem Bauchwandverschluss waren besser als nach mehrzeitigem Vorgehen. Die Nachuntersuchung zeigte gute Ergebnisse in allen Gruppen. Anfängliche Verzögerungen in der Entwicklung wurden rasch aufgeholt und 75% der Kinder hatten keine oder nur sehr selten gastrointestinale Probleme. Nahezu alle
Kinder lagen bezüglich Gewichts- und Größenentwicklung im Normbereich, die körperliche und geistige Entwicklung stellte sich nur bei einem Drittel der Patienten verzögert dar. Das Ergebnis in Bezug auf die Narbe wurde in etwa 80% mit gut oder sehr gut beurteilt. Die Lebensqualität der Kinder mit LS und OC kann, mit Ausnahme schwerer Fehlbildungen, als nicht eingeschränkt beurteilt werden. Schlussfolgerung: Fortschreitende Entwicklungen in der Pränataldiagnostik und optimierte Bedingungen im Perinatalzentrum haben zu Verbesserungen bei der Behandlung von LS und OC geführt. Unsere Langzeitergebnisse belegen klar, dass sowohl anfängliche gastrointestinale Probleme als auch Entwicklungsverzögerungen innerhalb der ersten beiden Lebensjahre aufgeholt werden. Somit darf die Schwangerenberatung bei LS und OC optimistisch durchgeführt werden. Schlüsselwörter: Omphalozele, Laparoschisis, Pränataldiagnostik, Langzeitergebnisse, Lebensqualität, Schwangerenberatung. DGKJ-PO-149 Langzeit-Resultate nach ECMO-Therapie bei 36 Kindern mit kongenitaler Zwerchfellhernie K. Zahn1, S. Maier1, T. Schaible2, D. Dinter3, W. Neff3, K.-L. Waag1, I. Jester1 1Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 2Pädiatrie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 3Klinische Radiologie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim Einleitung: Nachbeobachtungsergebnisse nach operativer Korrektur bei Kindern mit kongenitaler Zwerchfellhernie sind kaum publiziert. In dieser Studie standen die Stenoserate nach Carotisrekonstruktion und die neurologische Entwicklung, sowie cerebrale Veränderungen nach ECMO-Therapie im Vordergrund. Methoden: Die Kinder werden im Rahmen unseres ZwerchfellhernienNachsorgeprogrammes in der Regel im Alter von 6 und 12 Monaten und anschließend jährlich gesehen. Hierbei wird im Alter von 2 Jahren ein MRT zur Beurteilung der Carotisdurchblutung und zum Screening auf eventuell nachweisbare Hirnveränderungen durchgeführt. Zum Vergleich erfolgte dies anfangs auch bei Kindern ohne ECMO-Therapie. Ergebnisse: Ein MRT wurde bislang bei 36 Kindern nach ECMO-Therapie und 12 Vergleichspatienten durchgeführt. Hiervon war bei 34 Neugeborenen veno-arterielles ECMO durchgeführt und die Arteria carotis in 28 Fällen primär rekonstruiert worden. Bei 2 Patienten erfolgte veno-venöses ECMO. Im Durchschnitt erfolgte die ECMO-Therapie über 8 Tage. Bei 14 von 28 Patienten fand sich ein Verschluss der A. carotis nach 2 Jahren. Bei den 14 patenten Gefäßrekonstruktionen war in 5 Fällen eine geringgradige Stenosierung nachweisbar. Leichte Hirnveränderungen im Sinne einer Erweiterung der Liquorräume ließen sich im Vergleichskollektiv bei einem von 12 Patienten und bei 11 von 32 Kindern nach ECMO-Therapie nachweisen. Schwere Hirnveränderungen (Blutung, Infarkt) fanden sich bei 9 von 32 ECMO-Patienten. Die MRT-morphologisch nachweisbaren Hirnveränderungen korrelieren hierbei mit der neurophysiologischen Entwicklung der Kinder. Diese war bei 15 Patienten nach CMO-Therapie altersentsprechend, bei 10 Kindern war eine leichte und bei 8 eine schwere Retardierung nachweisbar. Im Vergleichskollektiv fand sich bei einem Patienten eine leichte Retardierung. Diskussion: Ein Verschluss der A. carotis nach Rekonstruktion lag in 50% vor und wurde insbesondere nach längerdauernder ECMOTherapie beobachtet. n Bezug auf cerebrale Veränderungen ließ sich ein statistisch signifikanter Einfluss der ECMO-Therapie nachweisen (p=0,0085), wohingegen das Gestationsalter, das Geburtsgewicht und eine pränatale Diagnosestellung – einhergehend mit einem signifikant geringeren Gestationsalter zum Zeitpunkt der Geburt – keinen erkennbaren Effekt haben. Blutungen und Infarkte fanden sich hauptsächlich bei den Patienten, bei denen die A. carotis primär ligiert worden war bzw. bei denen sie sekundär thrombosierte. Schlussfolgerung: In Bezug auf die Ätiologie der hirnmorphologischen Veränderungen müssen neben der mechanischen Komponente der ECMOTherapie weitere Faktoren in Betracht gezogen werden, da keine strenge Sei-
tenkorrelation mit der Kanüllierungsseite besteht. Eine Carotisrekonstruktion scheint trotz der hohen Okklusionsrate für die Patienten von Vorteil zu sein. Die Komplikationsrate ist umso geringer, je kürzer die ECMO-Therapie dauerte. Ein verändertes chirurgisches Vorgehen könnte das Langzeitergebnis der Carotisrekonstruktion möglicherweise verbessern. DGKJ-PO-150 Profitieren Neugeborene mit linksseitiger kongenitaler Zwerchfellhernie von einer primären Fundopexie? – Vorläufige Ergebnisse K. Zahn1, S. Maier1, C. Kabs1, T. Schaible2, K.-L. Waag1, I. Jester1 1Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim; 2Pädiatrie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim Einleitung: Insbesondere bei Kindern mit linksseitiger Zwerchfellhernie stellt der gastro-ösophageale Reflux postoperativ ein häufiges und schwerwiegendes Problem dar. Die rezidivierenden pulmonalen Infekte und die Ernährungsprobleme führen zu einer Gedeihstörung, die teilweise eine längere teilparenterale Ernährung früh postoperativ und u.U. auch eine enterale Ernährung über ein Jejunostoma notwendig macht. Ein erneuter operativer Eingriff zur Antirefluxplastik ist z.T. unumgänglich. Methoden: Wir begannen daher eine prospektive, randomisierte und einfach geblindete Studie, bei der die Neugeborenen mit linksseitiger Zwerchfellhernie zwei verschiedenen Gruppen zugelost werden. Die eine Gruppe erhält bereits zum Zeitpunkt der Zwerchfellkorrektur eine Fundopexie nach Thal, die andere nicht. Die weitere Evaluation erfolgt in regelmäßigen Abständen im Rahmen unseres Nachsorgeprogrammes und ggf. mit einer MDP. Ergebnisse: Bislang haben insgesamt 38 Patienten an der Studie teilgenommen, von denen 6 verstarben. Nach 6 Monaten hatten 6/12 Patienten in der Gruppe ohne Fundopexie einen gastro-ösophagealen Reflux und 4/14 Säuglinge mit Fundopexie. Nach 12 Monaten waren es 2 von 7 herkömmlich operierten Patienten, wobei in der Zwischenzeit einer eine Antirefluxplastik erhalten hatte. In der Gruppe mit Fundopexie war bei 2 von 10 Kindern ein gastro-ösophagealer Reflux nachweisbar. Diskussion: In dem Patientenkollektiv mit primärer Fundopexie zeigten zwei Kinder mit schwierigem Verlauf einen persistierenden gastro-ösophagealen Reflux und erhielten daher innerhalb des ersten Lebensjahres eine Antirefluxplastik und Jejunostoma-Anlage. Bei einem weiteren erfolgte aufgrund der Refluxsymptomatik eine Hemifundoplicatio nach Thal. Die übrigen Kinder entwickelten sich altersentsprechend. In der Gruppe ohne Fundopexie war der gastro-ösophageale Reflux hingegen bei ansonsten gesunden Kindern nachweisbar. Bei zwei Patienten war die Symptomatik so massiv, dass sie mittlerweile eine Antirefluxplastik erhielten. Schlussfolgerung: In der Gruppe der Patienten ohne Fundopexie hatten 50% der Kinder einen gastro-ösophagealen Reflux in den ersten 6 Lebensmonaten. In dem Kollektiv mit Fundopexie waren es 28%. Hieraus lässt sich noch kein signifikanter Unterschied ablesen, aber es scheint einen Vorteil durch eine prophylaktische Fundopexie zum Zeitpunkt des Defektverschlusses bei Kindern mit linksseitiger Zwerchfellhernie zu geben. Allerdings ist die primäre Fundopexie bei Patienten mit kompliziertem Verlauf und Multimorbidität nicht ausreichend, um einen gastro-ösophagealen Reflux vollständig zu verhindern. Die Langzeitergebnisse bleiben abzuwarten. DGKJ-PO-151 Outcome des steroidsensiblen Nephrotischen Syndroms im Kindesund Jugendalter – Eine Querschnittsstudie im Langzeitverlauf I. Franke1, R. Hagemann1, M. J. Lentze1 1Universitätsklinikum, Zentrum für Kinderheilkunde, Pädiatrische Nephrologie, Bonn Das Nephrotische Syndrom (NS) des Kindes- und Jugendalter hat seit der Einführung einer initialen standardisierten Steroidtherapie viel Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts von seinem Schrecken verloren. In einer kombinierten klinischen und retrospektiven Erhebung wurden die Daten von 59 Patienten (P.), die vor 1995 mit NS im Bonner Zentrum behandelt wurden ausgewertet. 43 P. mit steroidsensiblem NS konnten in die Studie aufgenommen werden. Der mittlere Beobachtungszeitraum lag bei 30 Jahren. Das mediane Alter bei Erstmanifestation bei 3.8 Jahren. Die mittlere Rezidivhäufigkeit lag bei 5.8/P. 16% hatten kein Rezidiv, 4 P. hatten Rezidive im Erwachsenenalter. Die mittlere Nierenfunktion war nicht eingeschränkt, die mittlere Proteinurie/Albuminurie lag unter der Nachweisgrenze. Cystatin C, Beta-2-Mikroglobulin, Beta-Traceprotein waren im Normalbereich; kein P. litt an einer chronischen Niereninsuffizienz. Erhöhte Blutdruckwerte >140/90 mm Hg wurden bei 33% der Patienten bestimmt. 14% standen unter antihypertensiver Therapie. 2 P. erlitten einen Herzinfarkt als Erwachsene. Kein P. erkrankte an einer malignen Erkrankung. Der BMI lag bei 25 kg/m2; die tasächliche Endlänge unterschied sich nicht von der genetischen Zielgröße (+1.3 cm). Die Hälfte der P. sind verheiratet; 17 P. haben insgesamt 29 Kinder. Ein P. hat eine Fertilitätsstörung. Einer beruflichen Tätigkeit gehen 81% der P. nach 12% sind noch in Ausbildung. Zusammenfassung: Kein P. mit steroidsensiblem NS hat eine Nieren insuffizienz, dagegen haben 33% aller P. einen Hypertonus. Endlänge, Körpergewicht, Familienstand, Berufsausbildung und -tätigkeit unterscheiden sich nicht von der Normalbevölkerung. DKGJ-PO-152 Zahnärztliche Langzeitbetreuung von pädiatrischen Patienten am Beispiel von frühkindlichen Verätzungen des Mundraumes L. Schwabe1, S. Victoria1, J. L. Berten2, P. Brachvogel2, N.-C. Gellrich2, R. Schwestka-Polly2, M. Stiesch-Scholz1 1Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover; 2Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover Patientenfall: Beispielhaft zeigt dieser Fallbericht die Auswirkungen sowie erheblichen Wachstums- und Entwicklungsstörungen im Cavum oris, Nasopharynx und Ösophagus, die nach Ingestion eines laugenhaltigen Haushaltsreinigers bei einer 2jährigen Patientin auftraten und eine fast 20jährige Therapie erforderten. Therapie und Behandlungsergebnis: Zunächst erfolgte die Primärversorgung und eine weitere intensivmedizinische Akuttherapie sowie die Anlage eines Tracheostomas. Die Ösophagus-Verätzungen mussten durch multiple Bougierungen über 3 Jahre behandelt werden, danach konnte das Tracheostoma zurückverlagert werden. Als Verletzungsfolge bestanden jedoch weiterhin hochgradig narbige Veränderungen in der gesamten Mundhöhle sowie eine Adhäsion der Zunge an Unterkiefer und Arcus palatoglossus. Dies führte zu einer MundöffnungsEinschränkung und Problemen bei der Sprachlautbildung. Während des Wachstums zeigte sich eine zunehmende Minderentwicklung des Oberkiefers sowie eine Unterentwicklung der Alveolarfortsätze mit entsprechenden Anomalien der Zahn- und Kieferstellung. Kieferorthopädische Apparaturen, die Kiefer- und Gesichtschirurgische Einlage multipler Spalthauttransplantate sowie die Anwendung lokaler Lappenplastiken konnten dem nur bedingt entgegenwirken. Deshalb bestanden bei der inzwischen 16jährigen Patientin starke ästhetische Einschränkungen die nur durch Umstellungs-Osteotomien des Oberkiefers korrigiert werden konnten. Aufgrund der ausgeprägten Lingualkippung der Zähne wurden diese nach Abschluss des Wachstums entfernt und durch 5 Implantate im Ober- und 6 Implantate im Unterkiefer ersetzt. Zwischenzeitlich erhielt die Patientin provisorische Totalprothesen in beiden Kiefern. Die endgültige zahnärztlich-prothetische Versorgung erfolgte durch herausnehmbaren Zahnersatz, der durch Locator-Attachments auf den Implantaten fixiert wurde. Die Patientin ist mit dem erzielten Behandlungsergebnis zufrieden und medizinisch, sozial und beruflich rehabilitiert. Diskussion: Derartig ausgedehnte Verletzungen, aber auch häufiger
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auftretende frühzeitige Zahnverluste bzw. Nichtanlagen von Zähnen, stören den Funktionskreis des stomatognathen Systems. Dies kann sich sowohl auf die Sprachentwicklung als auch das Kieferwachstum eines Kindes auswirken. Rechtzeitige Diagnostik und interdisziplinäre Therapie solcher Störungen ist notwendig, um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen. Schlussfolgerung: Nur bei einer fächerübergreifenden zahnärztlich, kieferchirurgisch, kieferorthopädisch und pädiatrisch interdisziplinären Therapie lassen sich bei derartig komplexen Behandlungsfällen optimale Therapieergebnisse erzielen. DKGJ-PO-153 „Psychische Spätfolgen nach der Therapie einer akuten lymphatischen Leukämie“ C. Twardy1, S. Enke1, U. Mittler1 1Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätskinderklinik, Magdeburg Fragestellung: Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist eine maligne Erkrankung der Leukozyten aufgrund klonaler Proliferation unreifer hämatopoetischer Vorläuferzellen, die ohne eine sehr intensive und langwierige Chemotherapie zum Tod der meist jungen Patienten führt. In der Untersuchung wird der Frage nachgegangen, ob die lebensbedrohliche Erkrankung der Kinder und ihre Behandlung langfristige Folgen für die Ängstlichkeitsentwicklung der Patienten sowie für die Herausbildung oder Veränderung von Kontrollüberzeugungen bei Patienten bzw. deren Eltern hat. Methode: Es wurden 36 Patienten im Alter von 9 bis 23 Jahren (Median 17 J.) durchschnittlich 7,83 Jahre (SD=3,62 Jahre) nach Therapieabschluss sowie ihre Eltern untersucht. Die Erfassung retrospektiv erinnerter Ängstlichkeit (Zustandsangst), generalisierter Ängstlichkeit und Kontrollüber zeugungen erfolgte mit den standardisierten Fragebögen Kinder-Angst-Test II (KAT II) bei Patienten unter 15 Jahren, das State-Trait-Angstinventar (STAI) bei Patienten über 15 Jahren sowie der IPC-Fragebogen zu Kontrollüberzeugungen bei Patienten ab 18 Jahren und den Eltern aller Patienten. Außerdem wurden eventuell bestehende weitere belastende Lebensereignisse erfasst, um den ursächlichen Einfluss der ALL-Erkrankung auf die Ergebnisse besser abschätzen zu können. Ergebnisse: Die erinnerte Angst (KAT-R) ist bei 10 von 14 untersuchten Kindern erhöht. Der STAI-X1 zeigt bei 21 Patienten im Mittel 39 von 80 Rohpunkten hinsichtlich retrospektiver Angst, d.h. auch in dieser Patientengruppe wird die Zustandsangst noch deutlich erinnert. KAT-A weist bei 15 Kindern eine generalisierte Ängstlichkeit im oberen Normbereich auf. Bezüglich der generalisierten Ängstlichkeit ergeben sich im STAI-X2 keine Abweichungen von der Normalpopulation. Die Kontrollüberzeugungen (IPC) der Patienten und der Eltern liegen im Mittel im Durchschnittsbereich der Eichstichprobe, jedoch finden sich ausgeprägte interindividuelle Abweichungen. So zeigen 15 Eltern einen überdurchschnittlichen Wert für selbstbestimmte Kontrollüberzeugung. Diskussion: Die retrospektive Zustandsangst bezogen auf die medizinische Krankheitssituation der Patienten ist 7 Jahre nach Therapieabschluss noch präsent (KAT, STAI). Es hat sich jedoch keine erhöhte generalisierte Ängstlichkeit herausgebildet. Entgegen der ursprünglichen Annahme zeigt ein Teil der Elternstichprobe ein erhöhtes Maß an selbstbestimmter Kontrollüberzeugung. Bei den Patienten lässt sich dieser Trend nicht aufzeigen. Schlussfolgerung: Die Patienten und ihre Eltern weisen mehrere Jahre nach Therapieabschluss keine erheblichen psychischen Spätfolgen bezüglich der Variablen Ängstlichkeit und Kontrollüberzeugung auf, was möglicherweise für eine gelungene Krankheitsbewältigung spricht.
Sozialpädiatrie I DGSPJ-PO-1 Warum erhöht das Mitschlafen im Elternbett das SIDS-Risiko für Säuglinge? Nachanalyse einer gesamtdeutschen SIDS-Studie 1998–2001 X. Heidemann1, M. Vennemann2, U. Beyer1, G. Jorch1 1Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg; 2Institut für Rechtsmedizin, Münster Fallkontrollstudien haben ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Säuglingstod (SIDS) für Säuglinge gezeigt, die im Elternbett mitschliefen. Allerdings war dieses sehr eng assoziiert mit mütterlichem Rauchen während der Schwangerschaft . Bei fehlender präpartaler Rauchexposition beschränkte sich die Risikoerhöhung auf die ersten 12 Lebenswochen und war nicht sehr stark ausgeprägt (Lancet 2004; 363:185). In diese Nachanalyse der gesamtdeutschen SIDS-Studie (Acta Paediatr 2005; 94:655) wurden die 132 SIDS-Opfer dieser Studie ohne präpartale Rauchexpositon einbezogen. Dabei wurden die sonstigen Schlafbedingungen der 14 im Elternbett mit den 118 an einem anderen Schlafplatz verstorbenen Säuglingen verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass hinsichtlich der Risikofaktoren „Bedeckung durch Oberbetten“, „postpartale Rauchexposition“ und „Alkoholabusus der Eltern“ die im Elterbett verstorbenen SIDS-Opfer kein erhöhtes Risikoprofil aufwiesen. Besonders auffallend war, dass im Elternbett die Seitenlage fast doppelt so häufig angewendet wurde wie an anderen Schlafplätzen. Somit wurden mehr Säuglinge dem Extremrisiko „Drehen von der Seitenlage in die Bauchlage“ ausgesetzt (Odds ratio 45,4!). Fazit: Das ohnehin niedrige SIDS-Risiko für in den ersten 12 Lebenswochen im Elternbett mitschlafende Säuglinge ohne präpartale maternale Rauchexposition kann möglicherweise noch weiter reduziert werden, wenn auf postpartales Rauchen verzichtet wird und die Säuglinge auch im Elternbett konsequent in Rückenlage hingelegt werden. DGSPJ-PO-2 Kohortenstudie zum Entwicklungsstand von Drillingen im Alter von 7 bis 9 Jahren und deren Einfluss auf Familienleben und Stress in der Eltern-Kind-Beziehung S. Mannfeld1, A. Schulze1 1Neonatologische Abteilung, Klinikum Großhadern, München Hintergrund: Aktuelle Langzeit-Outcome-Daten für höhergradige Mehrlingskinder sind für die Beratung bei assistierter Reproduktion sowie in der Schwangerschaft und postpartal bedeutsam. Besondere Bedürfnisse von betroffenen Familien sollen ermittelt werden, um die Betreuung verbessern zu können. Fragestellung: Der Entwicklungsstand von Drillingen im Grundschulalter wird mit dem reif geborener Einlingskinder verglichen und der Einfluss der Mehrlinge auf Familienleben und Eltern-Kind-Beziehung untersucht. Methodik: Kognitive Entwicklung (Hamburg Wechsler Intelligenztest für Kinder/HAWIK III), Einfluss der Kinder auf das Familienleben (Kansas Family Life Satisfaction Scale/KFLSS) und Stress in der ElternKind-Beziehung (Parenting Stress Index/ PSI) von 48 Drillingskindern der Geburtenjahrgänge 1996 bis 1998 (Alter zum Untersuchungszeitpunkt (UZ) 8 Jahre (J) 5 Monate (M) ±8 M; MW±SD) wurden verglichen mit dem Outcome von 48 nach Matching-Kriterien (vollendete 37 SSW; Kinder/ Mütter gleichaltrig bei Toleranzbereich ±14 Tage/ ±2 J) ausgewählten Einlingskindern (Alter z. UZ 8 J 7 M ±9 M). Konfirmatorisches Testen der Zielkriterien HAWIK und PSI mit dem gepaarten T-Test. Testen der Subscales der KFLSS mit dem Chi-Quadrat-Test (Likelihood-Quotient). Ergebnisse: Die Drillinge erreichten im Durchschnitt Werte im Normalbereich sowohl im HAWIK III als auch im PSI und in der KFLSS. Sowohl der Gesamt-Intelligenzquotient (97±16) als auch Verbal- und
Handlungs-IQ (102±16 / 92±19) waren statistisch signifikant niedriger als die entsprechenden Ergebnisse der Kontrollen (Gesamt-IQ 111±15 p<0,001/ Verbal-IQ 116±21; p<0,001/ Handlungs-IQ 102±17; p= 0,001). Alle Werte befanden sich aber innerhalb des Normbereichs (100±15). Die Gesamtwerte des PSI lagen bei den Drillingen (222±39) tendenziell höher als bei den Kontrollen (205±47), nur in der elternspezifischen Domäne unterschieden sich die Werte statistisch signifikant (Drillinge 125±24 / Kontrollen 111±27; p<0,01). Die Daten der KFLSS unterschieden sich in der Subscale „Zufriedenheit (Z) mit dem Familienleben“ signifikant zwischen Drillingseltern und Eltern der Kontrollkinder (p<0,05 im Chi-Quadrat-Test; sehr geringe Korrelation nach Spearman). Die übrigen Subscales zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede (Z mit dem Verhältnis (V) z. Lebenspartner / V zu den Kindern / V der Kinder untereinander p>0,05). Schlussfolgerung: Diese Studie zeigt ein günstiges Outcome bei den Drillingen sowohl bezüglich ihrer kognitiven Entwicklung im Grundschulalter als auch bezüglich der Qualität des Familienlebens. Die statistisch signifikanten Unterschiede im HAWIK III erscheinen klinisch nicht bedeutsam, da die Daten der Drillinge sich durchgehend im Normbereich befinden. DGSPJ-PO-3 Überprüfung der Validität einer Kurzversion des Elternfragebogens ELFRA-2 zur Früherkennung von Sprachentwicklungsverzögerungen V. Bleul1, S. Sachse1, W. von Suchodoletz1 1Spezialambulanz und Forschungsabteilung für Entwicklungsfragen, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München, München Hintergrund: Zur Früherkennung von Kindern mit Sprachentwicklungsverzögerungen haben sich Elternfragebögen als brauchbare Instrumente erwiesen. Einem generellen Einsatz des ELFRA-2 steht allerdings dessen Länge (296 Items) entgegen. Wir erstellten deshalb eine Kurzversion mit insgesamt 48 Items (Sachse et al. in Druck). Ziel dieser Studie ist es, die Treffsicherheit der Kurzversion zu überprüfen. Methoden: 902 Eltern wurde kurz vor dem zweiten Geburtstag ihres Kindes die Kurzversion des ELFRA-2 zugeschickt (Rücklaufquote 75%). Eltern von einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern (n=549) erhielten eine Woche nach Eintreffen der ausgefüllten Kurzfassung zusätzlich die Langfassung des ELFRA-2 (Rücklaufquote 89%). Die Übereinstimmung der Ergebnisse zwischen den beiden Bögen wurde in dimensionaler und kategorialer Hinsicht berechnet. Ergebnisse: Die mit der Kurz- bzw. Langfassung erfassten Wortschatzwerte korrelierten sehr hoch miteinander (rSp 0,90, p<0.01). Mit der Kurzform werden 15,8% der Kinder als Late Talkers eingestuft (gegenüber 15,3% mit der Langform). 96,5% aller Kinder wurden mit beiden Versionen übereinstimmend bewertet. Wenn die Langform als „Goldstandard“ herangezogen wird, dann beträgt die Sensitivität der Kurzform 90,3% und die Spezifität 97,7%. Schlussfolgerungen: Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass mit einer Kurzversion des ELFRA-2 die Erfassung zweijähriger, sprachentwicklungsverzögerter Kinder mit einer ähnlichen Zuverlässigkeit wie mit der deutlich aufwändigeren Langversion gelingt. Die Kurzform kann somit für den routinemäßigen Einsatz in der klinischen Praxis als geeignet angesehen werden. Sie kann von den Müttern im Wartezimmer ausgefüllt und anschließend sofort ausgewertet werden. DGSPJ-PO-4 Down Syndrom und Ernährung M. Gelb1 1Dres.Gelb&Knecht, Kinder- und Jugendärztliche Gemeinschaftspraxis, Bretten Das Ernährungsverhalten und die Ernährungsprobleme bei Kindern,Jugendlichen und Erwachsenen mit Down-Syndrom bedürfen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts einer genauen Beobachtung, Analyse und ggfs. frühzeitigen Intervention. Primär sind Ernährungsprobleme im Sinne von Trink- und Essstörungen zu beobachten, häufig einhergehend mit einem mässigen oder gar schlechten Gedeihen der kleinen Patienten. Dies korreliert gehäuft auch mit diversen zusätzlichen Beeinträchtigungen wie cardialen und gastrointestinalen Fehlbildungen, orofacialen Funktionsstörungen, aber auch Mutter-Kind-Interaktionsstörungen. Sekundär kann aber beobachtet werden, dass sich diese Problematik im Kleinkindalter rückbildet und die Nahrungsaufnahme in der Quantität kein Problem mehr darstellt, es aber dabei gehäuft zu einer inadäquaten Energiezufuhr kommt. Diese wiederum führt über die Jahre hinweg zu einem kontinuierlich steigenden BMI. Eltern müssen für diese Problematik deutlich sensibilisiert werden, kontinuierliche Schulung ist erforderlich.Eine engmaschige Kontrolle und professionelle Beratung mit Focus auf die Gewichtsentwicklung und das Ernährungsverhaltens scheint erforderlich. Ebenso sollten Einrichtungen, die Kinder,Jugendliche und Erwachsene mit Down-Syndrom betreuen, einen entsprechenden Focus auf diese Problematik haben. DGSPJ-PO-5 Die besondere Situation konfessioneller Kinderkliniken in der Sowjetischen Besatzungszone/DDR B. Meißner1, E. Fukala2, L. Patzer2 1Ressort Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Fachbereich Gesundheit/. Veterinärwesen, Halle (Saale); 2St. Barbara Krankenhaus Kinderzentrum, Halle Einleitung: Nach dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems mit Beendigung des 2. Weltkrieges stand zur Behandlung von erkrankten Kindern nur eine unzureichende Anzahl von Krankenhäusern zur Verfügung. Die konfessionellen Krankenhäuser konnten ihre Tätigkeit fortführen bzw. neue Wirkungsstätten gründen, nachdem die Sowjetische Militäradministration Deutschlands die Kirchen aufgerufen hatte, ihre Tätigkeit unverzüglich wieder aufzunehmen. Dies war nur möglich, da die Kirchen nicht enteignet worden waren. Auch nach der Gründung der DDR und in deren weiteren Entwicklung konnten sie sich, z.T. neben staatlichen Kinderkliniken im atheistischen Staat behaupten. Die Betreuung der Kinder wurde im zunehmenden Maße durch Kinderärzte realisiert, nachdem 1920 die Fachrichtung als eigenständige anerkannt worden war. Zuvor war dies meist durch Internisten oder Chirirgen erfolgt. Ziel: Gründe für die Existenz und Charakteristika konfessioneller Kinderkliniken herauszuarbeiten Methode: In einer retrospektiven Studie wurde versucht zu analysieren, wie viele und unter welchen Bedingungen Kinderkliniken in konfessioneller Trägerschaft auf dem Gebiet der DDR existierten. Durch einen ersten Fragebogen wurde bei den Trägern der konfessionellen Kinderkliniken (Caritas und Diakonie) erfragt, welche Kinderkiniken bestanden. In einem zweiten Fragebogen standen strukturelle und ideelle Merkmale im Vordergrund. Die Beantwortung der Fragen des zweiten Fragebogens erfolgte vor Ort in Interviews mit Ärzten und Schwestern, die in der zu untersuchenden Zeit den jeweiligen Einrichtungen tätig waren. Zusätzlich wurden schriftliche Nachweise, meist in Form von Chroniken oder Festschriften analysert. Ergebnisse: Die Gründe für das Fortbestehen dieser Kliniken in kirchlicer Trägerschaft waren sehr komplex und variierten entsprechend der politischen Ereignisse mehrerer Jahrzehnte. Unterschiede zwischen konfessionellen und staatlichen Kinderkliniken zeigten sich vor allem im prozentualen Anteil an der Gesamtbettenzahl, der Leitung, der Finzierung, den baulichen Vorraussetzungen und der technischen Ausstattung. Dies betraf auch das pflegerische und ärztliche Personal und deren Ausbildung. Die Rekrutierung christlich eingestellten Pflegepersonals aus den meist an die Krankenhäuser angegliederten Krankenpflegschulen und die hohe Akzeptanz dieser Einrichtungen in der überwiegend atheistischen Bevölkerung hatten einen großen Anteil daran, dass es möglich war, die pflegerische und heilende Tadition im kirchlichen Auftrag auch im sozialistischen Staat über viele Jahrzehnze fortzuführen.
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DGSPJ-PO-6 Findet man Unterschiede im Gesundheitszustand der Roma-Kinder und der tschechischen Kinder ? F. Schneiberg1, L. Kukla1 1Institut für Sozialmedizin und öffentliches Gesundheitswesen, 1.Medizinische Fakultät, Karlsuniversität, Prag, Praha 2Institut für Sozialmedizin, Masaryk-Universität, Brün, Abteilung für präventive und soziale Pädiatrie, Brno, Tschechien Wir haben den Gesundheitszustand und die Entwicklung der RomaKinder und der tschechischen Kinder verglichen. Wir haben besonders Geburt, Geburtpathologie, Wachstum, Stillen, Impfung, Morbidität, Hospitalisierungen, Operationen, Verletzungen verfolgt. Wir haben die Daten des Projektes ELSPAC analysiert, in dem 5693 Kinder waren, davon 162 Roma-Kinder. Die Daten haben wir aus der medizinischen Dokumentation der Kinder in 6 Etappen des Projektes gewonnen: Geburt, 8. Monat, 18. Monat, 3.,5 und 7. Jahr. Roma-Kinder werden nach einer kürzeren Schwangerschaft mit einem niedrigeren Geburtsgewicht, einer kürzeren Geburtslänge, sowie auch mit einem kleineren Kopfumfang geboren. In allen Etappen bis 7 Jahre ihrer Alter erreichten sie eine niedrigere Körpergröße und ein kleineres Körpergewicht. Sie sind eine kürzere Zeit gestillt. Die Impfungsrate ist etwas niedriger. Sie sind häufiger hospitalisiert. DGSPJ-PO-7 Zum psychopathologischen Profil der infantilen Cerebralparese. Effekte der Ätiopathogenese M. Storck1, S. Strojek1, J. Köhler1 1Fachklinik Hohenstücken, Neurologisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche, Brandenburg Fragestellung: Epidemiologische Studien von u.a. Mc.Dermott (06) belegen ein ca. 3.5–5-fach erhöhtes Risiko zur Ausbildung psychischer Störungen bei Kindern mit Infantiler Cerebralparese im Vergleich mit gesunden Kontrollen. Differentielle Einflüsse der Ätiopathogenese auf die Verteilung und das Profil dieser Störungen wurden bisher kaum untersucht. Methode: In zwei nach Alter, Geschlecht und funktionalem Status parallelisierten Gruppen von stationär in der Fachklinik Hohenstücken behandelten Tetra-, bzw. hemiparetischen Kindern (jeweils n=20) im Vorschulalter wurden mit Hilfe der Child-Behavior-Checklist Häufigkeit und Verteilung unterschiedlicher Verhaltensstörungen untersucht. Ergebnisse: Das Befundmuster der beiden Untersuchungsgruppen war signifikant verschieden. In der Hemiparese-Gruppe dominierten – unabhängig von der betroffenen Lateralität – externalisierende Störungen mit Hyperaktivität und oppositionellem Verhalten; in der TetrapareseGruppe internalisierende Störungen mit emotionalen Problemen und Angsstörungen. Diskussion und Schlussfolgerungen: Die ICP-Unterformen weisen ein erheblich differenziertes (und bisher wenig untersuchtes) psychopathologisches Profil auf. Wir diskutieren diese Ergebnisse mit Referenz auf Mechanismen zur funktionellen Reorganisation frühkindlicher Hirnschädigungen und die unterschiedliche Ätiopathogenese dieser Unterformen. DGSPJ-PO-8 Verzehr von Erfrischungsgetränken und Ernährungsqualität bei Kindern und Jugendlichen in der DONALD Studie L. Libuda1, U. Alexy1, W. Sichert-Hellert1, M. Kersting1 1Ernährungsverhalten, Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund, Dortmund Fragestellung: Erfrischungsgetränke (Limonaden, Nektare, Fruchtsaftgetränke, Eistee) sind bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland
beliebt. Für diese Getränke ist ein hoher Zuckergehalt und ein geringer Gehalt an Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe) charakteristisch. Daher wurde in der DONALD Studie (DOrtmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) untersucht, wie sich der Verzehr von Erfrischungsgetränken auf die Zufuhr einzelner Nährstoffe und die gesamte ernährungsphysiologische Qualität bei Kindern und Jugendlichen auswirkt. Methode: Für die Auswertung wurden 3925 3-Tage-Wiege-Ernährungsprotokolle von 829 Teilnehmern der DONALD Studie aus dem Zeitraum 1985–2006 herangezogen, in denen mindestens einmal der Verzehr eines Erfrischungsgetränkes protokolliert wurde. Der Einfluss des Verzehrs von Erfrischungsgetränken auf die Zufuhr verschiedener Nährstoffe wurde anhand eines gemischten linearen Modells untersucht. Als Parameter für den Verzehr wurde die Energiezufuhr aus Erfrischungsgetränken, standardisiert für Alter und Gesamtenergiezufuhr, herangezogen. Zusätzlich wurden Alter, Geschlecht und Zeit seit Studienbeginn (Zeittrends) als potentielle Einflussvariablen berücksichtigt. Als abhängige Variablen wurden der prozentuale Anteil der Nährstoffzufuhr an den jeweiligen Referenzwerten (% Ref) und der NQI (Nutritional Quality Index) als Indikator für die gesamte Ernährungsqualität ausgewählt. Ergebnisse: Der Anteil der Erfrischungsgetränke an der Gesamtenergiezufuhr stieg von 5,7% bei 2-Jährigen auf 8,8% bei 18-Jährigen signifikant an. Mit der alters- und energieadjustierten Energiezufuhr aus Erfrischungsgetränken stiegen der Anteil von Kohlenhydraten an der Gesamtenergiezufuhr sowie die Zufuhr der Vitamine C und E (% Ref). Ein signifikant negativer Zusammenhang wurde für den Anteil von Fett und Proteinen an der Gesamtenergiezufuhr festgestellt sowie für die Zufuhr der Vitamine K, B2, B6 und Folsäure und der Mineralstoffe Kalzium, Magnesium und Phosphor (% Ref). Eine zunehmende Energiezufuhr aus Erfrischungsgetränken verschlechterte den NQI (p<0,001). Schlussfolgerung: Der Verzehr von Erfrischungsgetränken verschlechterte die Qualität der Ernährung von Kindern und Jugendlichen gemessen an der Nährstoffzufuhr. Durch die Anreicherung zahlreicher Erfrischungsgetränke z.B. mit Vitamin C wird der negative Effekt vermutlich zum Teil verdeckt und unterschätzt. Unerwünscht ist vor allem die Verringerung der Aufnahme „kritischer“ Nährstoffe wie Folsäure und Kalzium. Die DONALD Studie bestätigt Studien aus den USA. Neben dem erhöhten Risiko für Übergewicht und Adipositas ist das Risiko für eine verschlechterte Ernährungsqualität ein weiteres Argument zur Vermeidung eines hohen Verzehrs von Erfrischungsgetränken bei Kindern und Jugendlichen. Mit Förderung durch das BMELV über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) DGSPJ-PO-9 Übergewicht, Trinkgewohnheiten und Migrationshintergrund bei Grundschulkindern: Erste Ergebnisse der „trinkfit“ Studie R. Muckelbauer1, K. Clausen1, W. Sichert-Hellert1, M. Kersting1 1Ernährungsverhalten, Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund, Dortmund Hintergrund: Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas ist bei Kindern mit Migrationshintergrund besonders hoch. Als eine Ursache wird ein hoher Verzehr süßer, energiehaltiger Getränke diskutiert. In der Interventionsstudie „trinkfit“ (2005 bis 2008) zur Verbesserung der Trinkgewohnheiten wurde anhand von Querschnittsdaten vor Interventionsbeginn untersucht, welche Faktoren mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht und Adipositas in Zusammenhang stehen. Methode: „trinkfit“ ist eine cluster-randomisierte kontrollierte Interventionsstudie mit Kindern der 2. und 3. Klassen aus 33 Grundschulen in sozial benachteiligten Stadtteilen in Dortmund und Essen. Vor der Intervention wurden Körpergröße und -gewicht gemessen und Trinkgewohnheiten sowie Gewohnheiten der körperlichen Aktivität erfragt. Der Einfluss der Faktoren Alter, Geschlecht, Trinkgewohnheiten, Migrationshintergrund, Aktivität, Inaktivität und Fernsehkonsum auf das
Risiko für Übergewicht (90. 97. Perzentile) wurde mit logistischer Regression untersucht. Ergebnisse: Von 3212 Kindern (Teilnahmequote: 84%) hatten 43% einen Migrationshintergrund. Unter diesen waren 12% übergewichtig und 10% adipös, unter den Kindern ohne Migrationshintergrund waren 10% übergewichtig und 8% adipös. Als Getränk zum Frühstück wurde Wasser am häufigsten genannt (44% der Kinder), gefolgt von Milch/-getränken (36%) und Säften/Limonaden (33%). Die häufigsten Getränke am Schulvormittag waren Säfte/Limonaden (43%), Milch/getränke (38%) und Wasser (31%). Die tägliche Trinkmenge bestand zu 39% aus Wasser, 34% äften/Limonaden, 16% Milch/-getränken, 7% Tee und 4% anderen Getränken. Als signifikanter Risikofaktor für Übergewicht erwies sich ein bestehender Migrationshintergrund (OR: 1,32). Signifikante Risikofaktoren für Adipositas waren neben einem Migrationshintergrund (OR: 1,56) das Alter (OR: 1,49) und der Verzehr von Mineralwasser (OR: 1,09 je Glas). Schlussfolgerung: In diesem großen Kollektiv aus einem sozial benachteiligten Umfeld war der Migrationshintergrund ein signifikanter Risikofaktor für Übergewicht und Adipositas im Kindesalter. Kinder mit Migrationshintergrund sollten daher in der selektiven Prävention besonders berücksichtigt werden. Ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr süßer, energiehaltiger Getränke und dem Körpergewicht konnte in dieser Querschnittsuntersuchung nicht nachgewiesen werden. Der berichtete höhere Verzehr an Mineralwasser bei adipösen Kindern lässt vermuten, dass sich adipöse im Vergleich zu übergewichtigen Kindern ihres Gewichtsproblems eher bewusst sind und versuchen, diesem mit einem höheren Wasserverzehr entgegen zu wirken oder das zumindest angaben. Mit Förderung durch das BMELV über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und den Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) DGSPJ-PO-10 Diagnostik und Versorgungsrealität von Kindern mit Verdacht einer Aufmerksamkeitsstörung – eine multizentrische Studie H. Weyhreter1, J. Braun1, R. Holl2, L. Mock1, G. Kathrin1, H. Bode1 1Universitäts-Kinderklinik, Ulm; 2Epidemiologie, Universität Ulm, Ulm Fragestellung: In einer multizentrischen Studie, an der 6 Sozialpädiatrische Zentren in Baden-Württemberg teilnahmen, wurden alle Kinder und Jugendlichen im Alter von 814 Jahren einbezogen, bei denen von den Eltern bei der Anmeldung Konzentrations-, Ausdauer und Aufmerksamkeitsprobleme als wesentliche Vorstellungsgründe genannt wurden. Ziel der Studie ist die Beschreibung der klinischen Urteilsbildung, der Versorgung der Patienten und der Zusammenhänge von Behandlungseffekten und Diagnosevariablen. Methodik: Zur Erfassung der Versorgungsgeschichte bis zum Zeitpunkt der Vorstellung im SPZ wurden selbst entwickelte Elternfragebogen eingesetzt. Intelligenz, Konzentration, Verhalten, emotionaler Befindlichkeit wurden mittels HAWIK III (alternativ K-ABC), TPK 2–6, CBCL, TRF, Du Paul- Skalen, Depressionsinventar und KINDL erfasst. Zur Erfassung der klinischen Urteilsbildung der Untersucher, der Diagnose nach DSM IV bzw. ICD 10, der vorgeschlagenen Interventionen wurde ein selbst entwickelter Fragebogen, zur Bewertung der Behandlungsziele das Goal-attainment scaling verwendet. Der somatische Status der Patienten wurde anhand eines vorgegebenen Befundprotokolles durch einen Risikoindex abgebildet. Ergebnisse: 178 Patienten und deren Familien nahmen an der Studie teil. Das Alter betrug 9,2±1,4 Jahre (M+SD), 79% Jungen, 21% Mädchen. Weit mehr als die Hälfte der Kinder hatte vor der SPZ-Vorstellung bereits mindestens eine Behandlung (Ergotherapie: N=87). Bei 53,9% der Patienten wurde im SPZ ein AD(H)S diagnostiziert. Patienten mit AD(H)S-Diagnose unterschieden sich signifikant von anderen Diagnosen in der TPK, den Du Paul- Skalen, im TRF und der CBCL. Als Interventionen wurden vor allem medikamentöse Behandlungen (N=48) empfohlen. Die Empfehlung einer medikamentösen Behandlung zeigte Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts sich signifikant korreliert mit dem ‘diagnostischen Urteil’ des Psychologen (Einschätzung der Aufmerksamkeit: p=0.00001, der sozialen Integration: p=0.1, der emotionalen Befindlichkeit: p=0.02, der Aktivität: p=0.02) und der Einschätzung der Ursache der Verhaltensauffälligkeiten des Kindes (p=0.0000). Beim Vergleich der Störungsursachenattribution von Eltern und Psychologen zeigten sich sehr signifikante Korrelationen für die Ursachen ‘angeboren schwieriges Temperament’ (r=0.26; p=0.002), ‘familiäre Probleme’ (r=0.35; p<0.0001) und ‘ungünstige schulische Bedingungen’ (r=0.026; p=0.002). Diskussion und Schlussfolgerungen: Viele Kinder zeigten sich schon vor der SPZ-Vorstellung auffällig; eine differenzierte Diagnostik erfolgt bei vielen Patienten erst im Grundschulalter. Die Interventionsempfehlungen sind abhängig vom Störungskonzept und dem diagnostischen Eindruck des Untersuchers. Nachuntersuchungen der Patienten nach 2 und 5 Jahren sollen zeigen, wie die Versorgung der Kinder realisiert werden konnte, welche Effekte zu beobachten sind und welche Verbesserungen für die Versorgung daraus abgeleitet werden können. DGSPJ-PO-11 Entwicklungsprognose von ICSI-Kindern im 6. Lebensjahr I. Sanchez Albisua1, K. Lidzba1, S. Borell-Kost1, U. Mau-Holzmann2, P. Licht3, I. Krägeloh-Mann1 1Eberhard-Karls-Universität Universitätsklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen; 2Humangenetik, Tübingen; 3Frauenklinik, Tübingen Einführung: Die Entwicklungsprognose von durch ICSI (intracytoplasmic sperm injection) gezeugten Kindern ist unklar. Patienten und Methoden: Wir verglichen die Gesundheitsentwicklung und Entwicklungsprognose von 44 durch ICSI entstandenen Einlingen (27 Jungen und 17 Mädchen) mit 42 Kontrollkindern im Alter von 18 Monaten, 3,5 Jahren und 5,5 Jahren. Bei jedem Kind wurden eine klinische Untersuchung und Entwicklungsdiagnostik im fein-, grobmotorischen und Sprachbereich durchgeführt. Im Alter von 5,5 Jahren erfolgte eine psychologische Testung mittels ABC-Kaufman-Test und eine Verhaltensbeurteilung mittels VBL-EL-3–6-Elternfragebogen. Bei der psychologischen Testung im Alter von 5,5 Jahren wurden die Kinder mit solchen kongenitalen Anomalien ausgeschossen, die mit Entwicklungsstörung einhergehen. Ergebnisse: Fünf ICSI- (14,7%) vs. 2 Kontrollkinder (5,1%, p=0.2) hatten kongenitale Anomalien. Vier ICSI- vs. keine Kontrollkinder (p=0.04) hatten schwere kongenitale Anomalien (definiert als solche die eine signifikante Auswirkung auf die Entwicklung haben oder die chronisch werden): Angelman-Syndrom (n=1), Lissenzephalie (n=1), Hanhart-Syndrom (n=1) und Nesidioblastose (n=1). Eine Chromosomenanalyse wurde bei 23 ICSI-Kindern durchgeführt und war unauffällig. Bei dem Kind mit Angelman-Syndrom wurde ein imprinting defect festgestellt. Alle Kinder bis auf die 3 erwähnten Kinder mit Angelman-Syndrom, Lissenzephalie und Hanhart-Syndrom zeigten eine altersentsprechende Entwicklung im Alter von 18 Monaten. Im Alter von 3,5 Jahren zeigten fünf weitere ICSI- und vier Kontrollkinder Auffälligkeiten in einem oder mehreren Entwicklungsbereichen. Der IQ im 6. Lebensjahr war 106±9 bei den ICSI- und 104±8 bei den Kontrollkindern. Die Durchschnittswerte der Verhaltensbeurteilung lagen für beide Gruppen für alle Aspekte im Normbereich. ICSI-Jungen zeigten eine bessere soziale Kompetenz als Kontrolljungen (6,0±1,8 vs. 4,5±1,9, p=0,037). ICSI-Mädchen zeigten weniger emotionale Auffälligkeiten als Kontrollmädchen (4,5±1,7 vs. 6,5±1,6, p=0,007). Schlussfolgerung: Es besteht wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko für schwere kongenitale Majoranomalien bei ICSI-Kindern. Ein erhöhtes Risiko für „imprinting defects“ kann nicht ausgeschlossen werden. Nach Ausschluss der Kinder mit schweren kongenitalen Majoranomalien ist die entwicklungsneurologische Prognose der von uns untersuchten Kindern im 6. LJ in der ICSI- und der Kontrollgruppe gleich. Das Verhaltensprofil der ICSI-Kinder ist teilweise besser als bei deren sex-matched Kontrollen.
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DGSPJ-PO-12 Besser vorsorgen: Kooperation niedergelassener und universitärer Kinder- und Jugendärzte F. Fehr1, H.-M. Bosse2, S. Huwendiek2 1Gemeinschaftspraxis für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Neuropädiatrie und pädiatrische Pulmonologie und Zentrum Kinderheilkunde, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sinsheim / Heidelberg; 2Zentrum Kinderheilkunde, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg Fragestellung: Unsere Bevölkerung ist nicht nur arm an Kindern, sondern es bestehen zunehmende Befürchtungen, dass sich viele Kinder nicht optimal entwickeln. Neue „Kinderkrankheiten“ wie Übergewicht, motorische und sprachliche Entwicklungsverzögerung, Störungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und schulischer Entwicklung sind in aller Munde. Kinderärzte als Fachleute für Prävention müssen einzugreifen. Wie können universitäre und niedergelassene Kinderärzte hier zum Wohl der Kinder kooperieren? Wie kann das Bewusstsein für diese Zusammenhänge bereits früh im Medizinstudium implementiert werden? Diese Fragestellungen führten zu dem hier vorgestellten Projekt. Material und Methode In mehreren Treffen von zwei Lehrbeauftragten des Zentrums für Kinder und Jugendmedizin Heidelberg und einem Vertreter der niedergelassenen Pädiater wurde das Konzept für dieses longitudinale Projekt im Bereich der Prävention entwickelt. Mit Hilfe von Fragebögen und im Rahmen einer Informationsveranstaltung (n=50 Studierende) wurden Studierende zu ihrem Interesse, Erwartungen und Befürchtungen an ein solches Projekt befragt. Die Ergebnisse wurden bei der Ausgestaltung des Projekts berücksichtigt. Ergebnisse: Damit schon möglichst früh für diese Zusammenhänge sensibilisiert wird, wurden niedergelassenen Kinderärzte der Region Medizinstudierende beigeordnet, die ausgewählte Familien vor der Geburt und bis zum 2. Geburtstag des Kindes besuchen und zu Visiten beim Kinderarzt begleiten. Die Entwicklung der Kinder und Familien mit Hauptaugenmerk auf den salutogenetischen Ressourcen wird von den Studierenden als Portfolio dokumentiert. Regelmäßige universitäre Tutorien und Besprechungen mit den Praxisärzten vervollständigen das Programm. Diskussion Das Projekt befindet sich aktuell noch in der Pilotphase mit zwei Gruppen von jeweils 8 Studierenden. Es ist dazu vorgesehen, entsprechend den Erfahrungen mit den Pilotgruppen ausgestaltet und ausgeweitet zu werden. Anhand von Fragebögen und Fokus-Gruppen Analysen wird das Projekt im Vergleich zu einer Kontrollgruppe hinsichtlich Studienzufriedenheit, Wissen zur Prävention, praktischen und kommunikativen Fertigkeiten und dem Selbstverständnis als Vertreter des Gesundheitssystems untersucht werden. Schlussfolgerung: Die frühe Implementierung von präventiver und fördernder, sprechender und tätiger Medizin soll im Rahmen dieses Projekts zu nachhaltiger Wertschätzung dieser Aspekte unter Medizinstudierenden führen. Die initiierten Studien werden zeigen, ob diese Ziele erreicht werden können. DGSPJ-PO-13 Befunderhebung und Therapiezielfindung mit Hilfe der ICF „bottomup“ und „top-down“ M. Häußler1 1Frühdiagnosezentrum Würzburg, Würzburg In der modernen Ergotherapie bezeichnet das Begriffspaar „bottomup“ und „top-down“ gegenläufige Prozesse der Befunderhebung und Therapiezielfindung. Dementsprechend gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten die ICF bei der Befunderhebung in Sozialpädiatrischen Zentren einzusetzen. Die Befunderhebung über eine ICF-Checklist entspricht weitgehend dem „bottom-up“-Ansatz. Dargestellt wird hier hauptsächlich die Befunderhebung mit dem „ICF-Blatt“, die sich am „top-down“-Ansatz orientiert. Hier richtet sich die Befunderhebung nach den Anliegen der Eltern. Die Formulierung eines Therapieziels wird dadurch erleichtert.
Samstag, 15. September 2007 Arzneimittelversorgung/-sicherheit, Verbraucherschutz II DGKJ-PO-154 Arzneimitteltherapie der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland: Analyse der Methylphenidat-Verordnungen in Nordbaden 2003 M. Schlander1, O. Schwarz1, G.-E. Trott2, M. Viapiano3, N. Bonauer3 1Institute for Innovation & Valuation in Health Care, Eschborn; 2Praxis Prof. Trott, Aschaffenburg; 3Regionaldirektion Karlsruhe, Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, Karlsruhe Die Zahl der Methylphenidat-Verordnungen in Deutschland hat seit 1990 um das Fünfzigfache zugenommen. Fragestellung: Analyse der Methylphenidat-Verordnungen für Kinder und Jugendliche mit ADHS auf der Basis administrativer Daten aus Nordbaden für das Jahr 2003; Charakterisierung der Arzneimitteltherapie nach Patienten (Alter, Geschlecht, Vorliegen gleichzeitiger Störungen des Sozialverhaltens), Dosis, Dauer und verordnenden Ärzten. Methode: Die integrierte Nordbaden-Datenbank umfasst die vollständigen administrativen Daten aus der nichtstationären Versorgung aller 2.2 Millionen gesetzlich Krankenversicherten der Region, davon 468.000 Kinder und Jugendliche, aus dem Jahr 2003. 11.245 Kinder und Jugendliche mit einer Diagnose einer Hyperkinetischen Störung („ADHS“, F90.0; bzw. F90.1 bei gleichzeitigem Vorliegen von Störungen des Sozialverhaltens) wurden identifiziert. Für eine retrospektive Analyse der regionalen Methylphenidat-Verordnungen wurden nach Pseudonymisierung der Patienten und der beteiligten Ärzte die Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung und eines Verbands der Gesetzlichen Kranken versicherung (GKV) der vier Quartale 2003 integriert. Ergebnisse: Die 12-Monats-Verordnungsprävalenz von Methylphenidat betrug 1.7% (bei 7–12-jährigen Kindern) bzw. 0.6% (bei 13–19-jährigen Jugendlichen). Von den Patienten mit einer ADHS-Diagnose erhielten 4.3% der Kinder im Vorschulalter (0–6 Jahre) Methylphenidat verordnet. Von den 7–12-Jährigen mit ADHS erhielten 35.1% (95%-Konfidenzintervall [KI] 33.0%–37.1%) Methylphenidat, von den 13–19-Jährigen 46.2% (95%KI 42.7%–49.8%). Kinder mit gleichzeitigen Störungen des Sozialverhaltens (42.4%; 39.4%–45.5% versus 27.9%; 26.2%–29.7%) und Jungen (34.4%; 32.6%–36.2% versus Mädchen: 25.5%; 22.7%28.4%) erhielten häufiger Methylphenidat. Nur sehr wenige Patienten(<1%) erhielten eine höhere Dosierung als empfohlen. 40% der Methylphenidat-Verordnungen erfolgten durch Kinderärzte, 35% durch Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und 12% durch Ärzte für Allgemeinmedizin bzw. hausärztlich tätige Internisten. Im Verlauf der vier Quartale des Jahres 2003 nahm die Zahl der verordneten definierten Tagesdosen mit einer Rate von 27% p.a. zu. Diskussion: Obwohl die Zahl der Methylphenidat-Verordnungen auch während des Jahres 2003 weiter zunahm, gibt die vorliegende Analyse keinen Hinweis auf inadäquate Pharmakotherapie. Die niedrige Verordnungsrate bei Kindern im Vorschulalter entspricht den Leitlinien. Zu den Limitationen administrativer Analysen zählt das Fehlen einer Möglichkeit, die Richtigkeit der zugrundeliegenden Diagnosen zu verifizieren. Schlussfolgerung: Angesichts seit 2003 weiter steigender Methylphenidat-Verordnungen sollte die Entwicklung auch zukünftig mit geeigneter Versorgungsforschung begleitet werden. Die bisherige Verordnungszunahme scheint durch eine Unterversorgungssituation in der Vergangenheit erklärbar.
DGKJ-PO-155 Erfahrungen mit der 12. AMG- Novelle (EU-Richtlinie 2001/20/EG): Ein Alptraum für multizentrische nicht-kommerzielle von Wissenschaftlern initiierten Studien (IIT’s) A. Schwarzer1, S. Koletzko1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU, Muenchen Gesetzliche Regelung: Seit Inkrafttreten der 12. AMG-Novelle haben sich die Vorraussetzung für die Durchführung von Arzneimittelstudien deutlich geändert. Ziele der Richtlinie sind, eine Harmonisierung innerhalb der EU, Qualitätssicherung (GCP), Stärkung des Schutzes der Studienteilnehmer sowie einen Überblick über laufende Prüfungen mittels einer europäischen Studiendatenbank zu erreichen. Wir berichten über bei der Vorbereitung einer multizentrischen klinischen Studie bei Kindern gemachten Erfahrungen. Hintergrund: Die Therapie von Kindern, die mit einem doppel-resistentem H. pylori Stamm infiziert sind, gibt es keine studiengestuetzte Therapieempfehlung. In einer Pilotstudie erzielten wir mit einem Therapieregime mit Hochdosis Esomeprazol, Metronidazol und Amoxicillin eine gute Eradikationsrate und wollten dieses Schema in einer offenen multizentrischen Studie überprüfen. 19 deutsche Kliniken erklärten ihre Teilnahme. Fuer die Durchführung der Studie als „Investigator Initiated Trial“ (IIT) stellte sie Fa. AstraZeneca Geld für Versicherung, Logistik und Auswertung zur Verfügung. Erfahrungsbericht: Insgesamt 19 Genehmigungsanträge mussten bei den jeweils beteiligten EK sowie bei BfArM gestellt werden. Dies bedeutete: 1. Viel Zeit: Anforderung der Unterlagen zur klinischen Eignung der Zentren und der Prüfärzte mit Lebenslauf und Financial Discloser Formular; Studientreffen; Erstellung des Prüfplans, Ausfüllen der online Antragsbögen bei BfArM. 2. Viel Aufwand: Obwohl die lokalen EK nur die Eignung des Zentrum und der lokalen Prüfer feststellen müssen, verlangen viele EK die Unterlagen in mehrfacher Ausführung. Das erforderte die Erstellung von >10.000 Kopien, 50 Antragsordnern plus jeweils elektronischer Datei aller Unterlagen auf CD, und den Versand von 19 Paketen. 3. Viel Geld für EK und Versicherung: Trotz Antrag auf Gebuehren reduktion an die EK und Offenlegung der finanziellen Unterstützung (Vertragskopie), forderten einige EK bis zu z.B. 1300.- € (EK Nordrhein) für die Feststellung der Eignung des lokalen Prüfers. Gesamtkosten der Ethikkommissionen bisher 6249.- €. Da die LMU München über keinen Gruppenversicherungsvertrag verfügt, kostete die Versicherung 8569.- €. Zusammenfassung: Positiv: genaue Vorgaben zum Einreichungsverfahren, gute Beratung und Hilfestellung durch BfArM, Reduktion der Gebühren einiger EK, einschließlich der federführenden EK der LMU München. Negativ: keine einheitlichen Voraussetzungen bei den einzelnen EK. Unnötige Rückfragen zum Studienprotokoll von EK. Unangemessener hoher personeller, finanzieller und logistischer Aufwand. Schlussfolgerungen: Die 12. AMG-Novelle bedeutet für die Durchführung von IIT’s einen kaum mehr tragbaren Mehraufwand. Durch die hohe personelle sowie finanzielle Belastung sind investigator initiierte klinische Studien in Zukunft kaum mehr durchführbar. Unter diesen Bedingungen wird die klinische Forschung praktisch auf von der Industrie in Auftrag gegebene Studien reduziert. Insbesondere in der Pädiatrie wo einfache, aber klinisch relevante Fragestellungen bei der Industrie aufgrund der häufig zu kleinen Patientenkollektive nicht auf Interesse stoßen, könnte dies eine nicht vertretbare, drastische Minderung klinischer Studien bedeuten. DGKJ-PO-156 Kalkulation der Verordnung von nicht zugelassenen Arzneimitteln in deutschen Kinderklinken A. Beilken1, U. Sanden1, J. Peukert1, L. Steffens1, C. Lohfert1 1Lohfert & Lohfert AG, Hamburg Einführung: Eine rationale und zugleich gesetzeskonforme Pharmakotherapie von Kindern ist aufgrund bestehender Diskrepanzen zwiMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts schen den wissenschaftlich gesicherten Indikationen einerseits und den gesetzlichen Zulassungen andererseits in vielen Bereichen der Pädiatrie erschwert oder faktisch nicht möglich. Als Konsequenz aus dieser seit langem bekannten Problematik sind in der aktuellen europäischen Gesetzgebung vereinfachte Verfahren zur Zulassung von Präparaten mit bestehender wissenschaftlicher Datengrundlage sowie finanzielle Anreize für die Zulassung von neuen Präparaten bei Kindern implementiert. Die Größenordnung der Arzneimitteltherapie ohne Zulassung bei Kindern oder außerhalb der zugelassenen Indikationen (Off-Label-Use) im stationären Bereich ist aber bislang nicht bekannt. Methodik: Zur Kalkulation der Verordnung von Arzneimitteln ohne Zulassung bei Kindern wurden die Daten der Materialwirtschaft des Jahres 2006 von 20 Kinderkliniken, bzw. Kinderfachabteilungen in Deutschland ausgewertet, die in diesem Zeitraum im Rahmen der Steuerung des medizinischen Sachbedarfs (MES®-Verfahren) an die Lohfert & Lohfert AG übermittelt wurden. In Menge und Wert wurde auf Generika-Basis der Anteil derjenigen Arzneimittel ermittelt, die für Kinder bis zum 12. Lebensjahr nicht zugelassen sind. In der Kalkulation wurden die Universitätskliniken sowie die ausgewiesenen Intensivstationen gesondert berücksichtigt, da hier erfahrungsgemäß ein vermehrter Gebrauch von Arzneimitteln außerhalb der bestehenden Zulassungen zu erwarten ist. Ergebnisse: In die Auswertung gingen die Daten von 11 Kinderklinken von Krankenhäusern der Regel- und Maximalversorgung (R/M) mit 7 Intensivstationen sowie von 9 Universitäts-Kinderkliniken mit 9 Intensiv-Fachabteilungen mit einem Gesamtwert von 13,5 Mio Euro ein. Der Anteil der Präparate ohne Zulassung bei Kindern sowie die nach Anzahl und Wert führenden Präparate ohne Zulassung sind in der folgenden ◉ Tab. dargestellt:
Kinderkl.
Intensiv
Kinderkl.
Intensiv
(R/M)
(R/M)
(Uni)
(Uni)
Anzahl Präparate ohne Zulassung (%)
22.485 (2,2%)
8.283 (0,12%)
456.219 (6,14%)
27.816 (3,79%)
Top-Generikum
Enoxaparin
Ranitidin
Ganciclovir
Ganciclovir
€ 59.492 (9,86%)
€ 2.083.330 (23,16%)
€ 191.862 (10,43%)
Wert Präparate ohne € 205.444 Zulassung (%) (11,54%) Top-Generikum
Caspofungin Caspofungin Caspofungin Esoprosteno
Der Wert der nicht zugelassenen Medikamente summiert sich auf ca. 2,5 Mio. Euro, entsprechend 18,8% der in den Kinderkliniken verwendeten Arzneimittel. Hinzu kommt die Verwendung von Arzneimitteln, die bei bestehender Zulassung für Kinder außerhalb der zugelassenen Indikationen eingesetzt werden (Off-label-Use im engeren Sinne).
Diskussion: Der hohe Anteil Verordnungen ohne Zulassungen bei Kindern insbesondere in den Universitätsklinika dokumentiert den akuten Handlungsbedarf für eine Vereinfachung der Zulassungen in der pädiatrischen Arzneimitteltherapie. Neben den überwiegend ökonomisch gesteuerten Zulassungsverfahren der Pharmaindustrie sollten alternative Zulassungsverfahren, z.B. unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Therapieoptimierungsstudien, zu einer gleichwertigen Rechtssicherheit führen können. DGKJ-PO-157 Herstellung spezieller Darreichungsformen und Dosierungen durch Klinikapotheken für die Pädiatrie Chr. Brochhausen1, A. Hildebrand2, U. Berger3, C. J. Kirkpatrick1, H. Seyberth2, G. Klaus2 1REPAIRlab, Institut für Pathologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2Zentrum für Kinderheilkunde, Philipps-Universität, Marburg; 3Apotheke des Klinikums der Philipps-Universität, Marburg Einleitung: Neue Richtlinien schreiben vor, dass Arzneimittel bei potentiellem Gebrauch in der Pädiatrie bereits während der Entwicklung
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für Kinder getestet werden müssen. Damit könnten in Zukunft bei neuen Medikamenten auch Darreichungsformen und Dosisbereiche für die pädiatrische Population vorliegen. In der aktuellen Praxis wird eine große Zahl an Medikamenten außerhalb der formalen Zulassung verabreicht, was mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für unerwünschte Wirkungen einhergeht. Die Herstellung spezieller Formulierungen und Dosierungen durch Klinikapotheken für den Gebrauch in der Pädiatrie ist weit verbreitet. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Erfassung der Herstellung spezieller Formulierungen und Dosierungen für Kinderkliniken durch die jeweiligen Klinikapotheken. Material und Methoden: Basierend auf einer Pilotstudie wurde ein Fragebogen entwickelt mit 96 aktiven Substanzen mit der Frage nach den Dosierungen und Formulierungen, wie sie von Kinderkliniken angefragt werden. Darüber hinaus konnten weitere Substanzen hinzugefügt werden. Dieser Fragebogen wurde an 60 Klinikapotheken aus allen Bundesländern versand. Der Rücklauf wurde nach 9 Monaten ausgewertet. Ergebnisse: Von 60 angeschriebenen Apotheken antworteten 27, das entspricht einem Rücklauf von 45%. Insgesamt konnten 32 Substanzen mit speziellen Darreichungsformen identifiziert werden. In den meisten Fällen wurden flüssige Darreichungsformen hergestellt. Wir konnten eine Liste der „Top 10“ Substanzen erstellen, die als flüssige Darreichung von den meisten Apotheken hergestellt wurden. Weiterhin konnten 90 Substanzen identifiziert werden, für die spezielle Dosierungen bereitgestellt wurden, wobei bis zu 10 unterschiedliche Dosierungen keine Seltenheit waren. Der weiteste Dosisbereich wurde für Diuretika und Corticosteroide hergestellt. Diskussion: Die Ergebnisse demonstrieren, dass die Präparation von speziellen Darreichungsformen und Dosierungen für pädiatrische Stationen tägliche Praxis in deutschen Klinikapotheken ist. Die Studie zeigt weiterhin die Notwendigkeit der Verfügbarkeit von aktiven Substanzen auf, die einfach und in einem weiten Dosisspektrum verabreicht werden können. Für die am Häufigsten veränderten und im größten Dosisbereich applizierten Medikamente ergibt sich die Notwendigkeit für weiterführende Untersuchungen zur sog. „easy to dose“ Formulierung. Schließlich macht die vorliegende Untersuchung deutlich, dass nicht nur für neue Wirkstoffe die pädiatrische Darreichungsform notwendig ist, sondern dass für eine Großzahl bereits auf dem Markt befindlicher Medikamente pädiatrische Dosierungen und Darreichungen nötig sind. DGKJ-PO-158 Man muss nicht jeden Fehler selber machen, um aus ihm zu lernen, Online-Fehlerberichterstattung für niedergelassene Kinderarztpraxen ergänzen Fehlermanagementsysteme D. A. Ewald1 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der JWG-Universität, Frankfurt Die Förderung der Patientensicherheit und die Erhöhung der organisatorischen und damit ökonomischen Effizienz im Gesundheitswesen haben seit Beginn der Gesundheitsreform 2000 zur Etablierung von Qualitätsmanagementsystemen geführt. Ein wesentlicher Teil des Qualitätsmanagement und der Qualitätssicherung ist das Identifizieren und Erfassen von Fehlern oder Situationen, die beinahe zu einer kritischen Situation geführt hätten. Dabei ist es ganz gleich, ob diese organisatorisch oder kommunikations-bedingt sind oder gar Behandlungsfehler. Sind solche Beinahe-Fehler bekannt, kann eine Organisation, wie eine Krankenhausabteilung oder die Praxis eines niedergelassenen Arztes, die Umstände analysieren, den Fehler beseitigen und Vorbeugemaßnahmen einführen. Eine Fülle unterschiedlicher Methoden und Systemen habe sich kraft des Einfallsreichtums von QM-Beauftragten und der Flut an Managementratgebern in den unterschiedlichen Einrichtungen etabliert. Arztpraxen, wie Kliniken verwenden meist klassische Beschwerdemanagementsysteme, die auf Fragebogen-Erfassung oder Berichterstattung per Zettel beruhen. Online-Berichtssysteme hingegen scheinen unter anderem einen wesentlichen Vorteil zu besitzen, in dem sie es ermöglichen eingestellte
Fehler von anderen Nutzern mitlesen und kommentieren zu lassen. Für den Berichterstatter, wie auch für den nur Lesenden, bietet sich über dieses Medium die Chance, Fehleranalysen und Vorbeuge-Lösungen präsentiert zu bekommen, ggf. sogar mit anderen im Sinne eines Diskussionsforums interaktiv zu erörtern. Auf diese Weise sollen Überwachungsbemühungen, aber auch – aufgrund eines postulierten Lerneffektes – Schulungskosten zu reduzieren sein. Bislang fanden Online-Berichtssysteme vielfach lediglich innerhalb von Kliniken bzw. deren Intranet Verwendung. In dem solch ein System aber im Internet betrieben wird, ergibt sich für dezentrale Organisationsformen, wie niedergelassene Arztpraxen, die Möglichkeit ebenso an einem OnlineFehlerberichtssystem zu partizipieren. Wir stellen ein Online-Fehlerberichtssystem vor, das niedergelassenen Kinderärzten genau dies im Rahmen eines geschützten, benutzergruppen-definierten Bereiches via Internet ermöglicht. Erste Ergebnisse geben Aufschluß über die Nutzungsfrequenz der beteiligten Arztpraxen, gestatten eine Analyse der klassifizierten Fehlerarten und eine Bewertung des Nutzens für die Qualitätssicherung. Kritisch wird der postulierte Lerneffekt bzw. Benefit für den Nutzer begutachtet. DGKJ-PO-159 Zurückgezogen DKGJ-PO-160 Aktuelle Impfpläne von Österreich, Deutschland, und 8 weiteren EULändern, USA und Kanada und deren nationale Finanzierung K. Dachs1, M. Prelog1, L. Zimmerhackl1 1Pädiatrie 1, Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde, Innsbruck, Österreich Einleitung: Impfungen zählen zu den wichtigsten präventiven Maßnahmen der modernen Medizin. In allen industrialisierten Ländern existieren Impfpläne, die jährlich auf den neuesten Stand gebracht werden. Die kostenlose Grundimmunisierung aller Kinder zählt mittlerweile zum Standard eines jeden fortschrittlichen Gesundheitssystems. In der Einleitung der vorliegenden Arbeit werden die verschiedenen impfpräventablen Erkrankungen abgehandelt, wobei jeweils Ätiologie, Pathogenese, Häufigkeit, Klinik, Komplikationen und Prophylaxe beleuchtet werden. Material und Methoden: Nach eingehendem Literaturstudium zur Thematik erfolgte die Suche nach aktuellen Publikationen zu den einzelnen Krankheiten, gegen die immunisiert werden kann. Um sowohl die aktuellen Impfempfehlungen der einzelnen Länder als auch die Frage der Finanzierung zu klären, wurde mit den Verantwortlichen der einzelnen Gesundheitsministerien korrespondiert. Die Impfempfehlungen der zu behandelnden Länder wurden in Tabellen eingetragen. Ergebnisse: Die Unterschiede hinsichtlich der einzelnen Impfungen wurden jeweils pro Impfung zusätzlich hervorgehoben: So ist etwa die Immunisierung gegen Tuberkulose in Frankreich für alle Kinder vor Eintritt in den Kindergarten obligat, während sie in allen anderen untersuchten Ländern nicht mehr, oder wie in Luxemburg, nur auf Indikation empfohlen wird. Die Impfung gegen Masern-MumpsRöteln wird in allen Ländern öffentlich empfohlen und bezahlt. In Kanada (Provinz Ontario) ist der Nachweis dieser Impfung für den Schuleintritt nötig. Seit 2006 wird die Impfung gegen durch Rotavirus verursachte Gastroenteritis für alle Säuglinge in Österreich empfohlen. Während die Impfung in allen anderen Ländern noch nicht zugelassen ist, wird sie seit kurzem auch in den USA wieder empfohlen, nachdem der Impfstoff RotaShield® 1999 ein Jahr nach Einführung wegen zahlreicher Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde. Diskussion und Schlussfolgerung: Die Impfempfehlungen wurden im Hinblick auf Epidemiologie und Effektivität mit aktueller Literatur verglichen und diskutiert. Obwohl sich die einzelnen Impfempfehlungen in den Ländern vor allem hinsichtlich der Zeitabstände zwischen den einzelnen Impfungen unterscheiden, ist die Grundimmunisierung in
allen Ländern dieselbe. Alle Länder scheinen den großen Nutzen von Immunisierung im Kindesalter erkannt zu haben, da die meisten Impfungen erstattet werden. Wichtig erscheint zusätzliche Aufklärungsarbeit, um Immunisierungslücken zu vermeiden. Es gilt die Impfmoral der Eltern weiter zu stärken, um schwere impfpräventable Krankheiten einzudämmen oder gar zu eliminieren.
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie IV DGKJ-PO-161 Rhabdoidtumoren im Kindesalter – 4 Fallberichte I. Pawlita1, S. Hartrampf1, F. Nagel1, B. Becker1, J. Hilberath1, M. Streiter2, U. Graubner1, M. Albert1, I. Schmid1 1Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Dr. v. Haunersches Kinderspital an der LMU München, München; 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätskinderklinik Ulm, Ulm Rhabdoidtumoren (RT) sind aggressive bösartige Tumoren des Säuglings- und Kleinkindalters. Die typischen Lokalisationen sind die Nieren und das ZNS (atypisch teratoider Rhabdoidtumor, ATRT), obwohl auch andere Weichgewebe betroffen sein können. Bei fast 70% der Tumoren finden sich Mutationen oder Deletionen beider Kopien des hSNF5/INI1 Gens (SMARCB1), das sich in der Region 22q11.2 befindet. Wir berichten über 4 Patienten, die im Zeitraum 2004 bis 2007 in unserer Abteilung behandelt wurden. Die Lokalisationen der Primärtumoren waren im Bereich der Niere mit Lungenmetastasen (n=1), im ZNS (n=1), intraabdominell mit Leber und Lungenmetastasen (n=1) und Thoraxwand und ZNS (n=1). Veränderungen des hSNF5/INI1 Gens lagen bei drei Patienten im Tumor, bei einem Patienten zusätzlich als Keimbahnmutation vor. Der vierte Patient hatte keine Keimbahnmutation, die Untersuchung im Tumor konnte nicht durchgeführt werden. Die chirurgische Resektion der Tumormanifestationen war komplett in zwei von vier Fällen. Bei den anderen beiden Fällen war dies nicht möglich. Alle Patienten erhielten eine adjuvante/neoadjuvante Polychemotherapie, einer zusätzlich eine Hochdosistherapie mit autologem Stammzellrescue. Bei den zwei Patienten mit R0-Resektion wurden außerdem die ehemaligen Tumorlokalisationen konventionell bestrahlt. Bei drei von drei beurteilbaren Patienten konnte initial ein gutes Ansprechen auf die Chemotherapie festgestellt werden. Alle zeigten dann aber eine Progression unter Therapie. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 5 Monaten sind 2 von 4 Patienten am Tumorprogress unter Therapie verstorben. Dabei handelt es sich um die Patienten ohne komplette Tumorresektion. Die anderen Patienten sind derzeit tumorfrei und am Leben. Diese kleine Serie von Patienten illustriert die typischen genetischen Befunde, Tumorlokalisationen und den aggressiven Charakter von Rhabdoidtumoren. Übereinstimmend mit Angaben in der Literatur scheint nur eine intensive Therapie mit kompletter chirurgischer Resektion, Chemotherapie und Bestrahlung erfolgversprechend zu sein DGKJ-PO-162 Makrophagenaktivierungssyndrom-eine Kasuistik S. Walsh1, C.-F. Classen1 1Univ. Kinderklinik, Rostock Das erworbene Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) kann bei vielen Grunderkrankungen (Rheuma, paraneoplastisch, Immundefekt, Viruserkrankungen), selten auch spontan auftreten und ist typischerweise mit sepsisähnlichen Symptomen, Hepatosplenomegalie, Hämophagozytose, sehr hohem Ferritin, sCD25 (löslichem IL-2-Rezeptor) und Triglyceriden, sowie Hypofbrinogenämie und Zytopenie verbunden. Der folgende Fall zeigt die Schwierigkeit der Diagnosestellung. Familien- und Eigenanamnese: Bis auf eine chron. Pankreatitis beim Vater unauffällig, insb. bisher keine auffälligen Fieberepisoden. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Aktualanamnese: Der 15-jährige Junge wurde wegen seit 6 Tagen, trotz Clarythromycin anhaltendem Fieber, Bauchschmerzen, Schulterschmerzen und zunehmenden Effloreszenzen vorstellig. Untersuchungsbefund: Deutlich reduzierter AZ, blass, schweißig; makulopapulöse Effloreszenzen an Füssen und Thorax; Tonsillen belegt, mäßige cervikale Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, weiterer Status regelrecht. Temp. 38,7°C. Paraklinik (pathologisch): Hb 8.2 mmol/l, Hk 0.37, Ery. 4.74 Tpt/l, Thrombo. 34 Gpt/l, Leuko. 3.81 Gpt/l, 54% Stabk., 3% Monoz., Retikuloz. relativ 0.21%. Fibrinogen 1,8 g/l, CRP 190 mg/l, Creatinin 96 μmol/l, Harnst. 2.07 mmol/l, ASAT 311 U/l, Gamma-GT 278 U/l, LDH 2649 U/l, Ferritin 29545 μg/l, sCD25 1644 U/ml Rachenabstrich: Nachweis von Staph. aureus; Blutkulturen negativ, Virus-Serologie und PCR negativ für CMV, EBV, HHV, HSV 1/2, VZV, HIV, Influenza, Parainfluenza, Parvovirus B19, Hepatitis A/B/C; CT-Thorax/Abdomen: Hepatosplenomegalie, Pleuraerguß bds.; Echokardiographie: geringer Perikarderguß; Knochenmarkpunktion: mäßig links verschobene Granulopoese, ganz vereinzelt stimulierte Makrophagen. Therapie und Verlauf: Bei septischem Bild, DD EBV-Infektion, erfolgte zunächst eine antibiot. Therapie mit Cefotaxim und Gentamicin; dann Imipenem, Vancomycin und Clarythromycin. Darunter weiter steigende Infektionsparameter und Kurzatmigkiet mit Sauerstoffbedarf, in der Folge massive Gliederschmerzen und Perikardergüsse. Unter der Annahme eines MAS wurde am 5. Tag die antibiotische Therapie beendet und eine Behandlung mit Methylprednisolon (2 mg/kg/d) und Cyclosporin A (angestrebter Talspiegel 100 μg/l) begonnen. Darunter stabilisierte sich der AZ, der Patient entfieberte, die Pleuraergüsse bildeten sich binnen 10 Tagen zurück und die Infektionsparameter waren rückläufig. Nach 23 Tagen konnte der Patient in gutem AZ entlassen werden. Das Steroid wurde über 2 Monate ausgeschlichen, die CsATherapie ist für 6 Monate vorgesehen. Abgesehen von einem deutlichen Cushing-Syndrom ist der Patient anhaltend beschwerdefrei. Diskussion: Dieser Fall zeigt, dass bei sepsisähnlichem Bild mit sehr hohem Ferritin, variablen Zytopenien und multiplem Organversagen nach Ausschluss einer onkologischen Erkrankung auch ohne spezifische Grunderkrankung an ein MAS gedacht werden sollte. DGKJ-PO-163 Obere Einflussstauung als Folge einer idiopathischen Mediastinalfibrose D. Laux1, K. Genzel1, A. Lemmer1, A. Sauerbrey1 1Abt. für Pädiatrische Hämato-Onkologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Helios Klinikum Erfurt GmbH, Erfurt Hintergrund: Die idiopathische Mediastinalfibrose ist eine seltene Erkrankung, welche bei Diagnose eines retrosternalen Tumors im Kindes- und Erwachsenalter differentialdiagnostisch erwogen werden sollte. Die klinische Manifestation reicht von einer Zufallsdiagnose bei Symptomlosigkeit bis zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern durch eine progrediente obere Einflussstauung. Kasuistik: Wir berichten über einen mental retardierten 19-jährigen Patienten mit der Zufallsdiagnose eines Mediastinaltumors, der uns zur weiteren Diagnostik und Therapie zugewiesen wurde. In der CT des Thorax zeigte sich eine weichteilisodense Raumforderung im vorderen Mediastinum mit Tracheakompression und Ummauerung der Gefäße der oberen Thoraxapertur. Mehrere Versuche der CT-gestützten Punktion sowie der Thorakoskopie schlugen aufgrund der steinharten Konsistenz des Tumors fehl. Letztendlich wurde eine mediale Thorakotomie notwendig, in der repräsentative Anteile des Prozesses entfernt und die Diagnose einer idiopathischen Mediastinalfibrose gestellt wurde. Nach initialer postoperativer Erholung kam es im Verlauf zu einer klinischen Verschlechterung mit erst intermittierender und dann permanenter oberer Einflussstauung. Trotz medikamentöser Versuche der Immunsuppression ließ sich die Progredienz des Krankheitsbildes nicht beeinflussen. Als ultima ratio erfolgte in der Thoraxchirurgie die operative Dekompression der oberen Thoraxapertur. Nach der Rehabilitation war der Patient über mehrere Monate klinisch stabil. Die akute stationäre Aufnahme erfolgte im März 2006 mit respiratorischer Par-
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tialinsuffizienz bei erneut klinisch manifester oberer Einflussstauung. In der Notfall-CT des Thorax zeigte sich neben einer Pneumonie eine Progredienz der bekannten Mediastinalfibrose mit Ummauerung von Trachea, Aorta, oberer Thoraxapertur sowie eine beginnende pulmonale Fibrose. Aufgrund der ausgeschöpften konservativen und operativen Therapieoptionen wurde auf eine Intensivtherapie verzichtet. Der Patient verstarb innerhalb von 24 h an akutem respiratorischem Versagen. Diskussion: Die idiopathische Mediastinalfibrose ist eine Ausschlussdiagnose in der Differentialdiagnose der retrosternalen Raumforderung. Die Diagnosestellung ist schwierig, da initial aufgrund von Klinik und Bildgebung fast immer an das Vorliegen einer malignen Raumforderung gedacht wird. Die konservativen Therapieoptionen sind begrenzt: eine Immunsuppression kann versucht werden. Ultima ratio ist die thoraxchirurgische Dekompression der oberen Thoraxapertur. Neben letalen Verläufen wie in unserer Kasuistik sind ebenso Fälle mit postoperativer Symptomfreiheit über Jahrzehnte berichtet worden. DGKJ-PO-164 Zerebrale Vitamin K-Mangelblutung bei einem ägyptischen Säugling A. Redlich1, M. Schulze1, P. Vorwerk1, M. Gleißner1 1Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg Einleitung: Vitamin K-Mangelblutungen treten bei vollgestillten Neugeborenen ohne Prophylaxe mit einer Häufigkeit von ungefähr 10:100000 auf. Die Prophylaxe kann das Risiko um ca. 95% auf ca. 0,5:100000 senken. Kasuistik: Ein bislang gesunder, vollgestillter 2 1/2-monatiger Säugling fiel durch zunehmende Schläfrigkeit und Erbrechen auf. Das Kind wurde in Ägypten geboren und kam im Alter von 6 Wochen mit seiner Familie nach Deutschland. Die durchgeführte Schädelsonographie zeigte eine inhomogene echoreiche Raumforderung im Inselgebiet links mit Verdrängung der Mittelllinie. Auf Grund der Magnetresonanztomographie wurde der Verdacht auf einen Hirntumor mit Einblutung geäußert. Die plasmatische Gerinnung war pathologisch verändert: Thromboplastinzeit (Quick-Wert) unter 5%, partielle Thromboplastinzeit 116,8 s. Die durchgeführte Kraniotomie links und mikrochirurgische Tumorresektion sowie der postoperative Verlauf verliefen komplikationslos. Histologisch stellte sich eine mehrzeitige Blutung ohne Tumornachweis dar. Eine Vitamin KProphylaxe war in Ägypten nicht durchgeführt worden. Schlussfolgerung: Eine Vitamin K-Prophylaxe für Neugeborene ist nicht in jedem Land obligat. Kinderärzte, die ausländische Säuglinge betreuen, sollten diesen Umstand bedenken und gezielt nach der Vitamin K-Prophylaxe fragen. DGKJ-PO-165 Molekulargenetische Untersuchungen bei Patienten mit familiärer und sporadischer kongenitaler primärer Erythrozytose H. Cario1, S. R. Sola2, L. Florensa2, A. Neusuess3, H. L. Pahl4, K. Schwarz5, E. Kohne1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm; 2Hospital Sant Joan de Déu Barcelona, Barcelona, Spanien; 3Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 4Sektion Exp. Anaesthesiologie, Zentrum für Klinische Forschung, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 5Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm und Abt. für Klin. Transfusionsmedizin, Universitätsklinikum Ulm, Ulm Hintergrund: Die einzige bisher molekular charakterisierte Form der primären familiären kongenitalen Erythrozytose wird durch dominante Mutationen des Erythropoietin-Rezeptor (EPOR)-Gens verursacht. Die bisher beschriebenen verschiedenen Mutationen traten überwiegend bei einzelnen Patienten oder Familien auf. Ziel: Die Suche nach zugrunde liegenden genetischen Veränderungen bei Patienten mit kongenitaler primärer Erythrozytose bisher unge-
klärter Ursache. Die Identifizierung neuer o. bekannter EPOR-Mutationen. Der Ausschluss oder die Identifizierung einer JAK2-Gen-Mutation JAK2 Val617Phe, anderer JAK2-Mutationen sowie einer erhöhten PRV-1mRNA-Expression bei Patienten ohne EPOR-Mutation. Methode: Sechzehn Patienten im Alter von 5–66 Jahren mit einem Serumerythropoietin <10 mU/ml, darunter drei miteinander verwandte Patienten, wurden untersucht. Die Untersuchungen beinhalteten die Sequenzierung des EPOR- und des JAK2-Gens, eine allel-spezifische JAK2-PCR, die quantitative PRV-1 RT-PCR, sowie in vitro-Assays erythroider Kolonien. Ergebnisse: Eine neue, sporadische EPOR-Mutation EPOR 1453G>A, die zur Entstehung eines Stopsignals im Codon 439 (Trp439Stop) führt, wurde bei einem fünfjährigen spanischen Mädchen entdeckt. Die bereits beschriebene Mutation EPOR 1414C>G (Tyr426Stop) lag den familiären Fällen zugrunde. Der klinische Phänotyp in dieser Familie reicht von thrombotischen Komplikationen und regelmäßiger Aderlasstherapie bei einem Familienangehörigen bis hin zu aktuell normalen Hämoglobinwerten und Fehlen jeglicher Symptome bei einem anderen. Eine ähnliche phänotypische Variabilität war in der Erstbeschreibung der Mutation berichtet worden. Keiner der Patienten wies eine JAK2-Gen-Mutation auf. Die PRV-1-mRNA-Expression war bei allen untersuchten Patienten normal. Schlussfolgerung: EPOR-Gen-Mutationen verursachen familiär oder sporadisch auftretende, kongenitale, primäre Erythrozytosen bei Patienten unterschiedlicher Herkunft, erklären diese Erkrankung aber nur in etwa 15% der Fälle. Der Phänotyp der EPOR-Gen-Defekte weist eine bemerkenswerte Variabilität auf. JAK2-Gen-Mutationen scheinen in die Pathogenese dieser Erkrankungen nicht involviert. DGKJ-PO-166 Erythrozytose bei Diamond-Blackfan-Anämie in Remission M. Kartal1, J. Meerpohl1, C. Niemeyer1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg Die Diamond-Blackfan Anämie (DBA) ist eine genetisch und klinisch heterogene Erkrankung, die durch Knochenmarkversagen der roten Zellreihe charakterisiert ist. Das Manifestationsalter ist in der Regel das erste Lebensjahr. Ungefähr zwei Drittel der Patienten sprechen auf eine Prednisontherapie an, während Non-Responder transfusionsabhängig bleiben. Remissionen können bei bis zu 20% der Patienten auch nach jahrelanger Steroid- oder Transfusionsabhängigkeit auftreten. Trotz der aktuellen Einblicke in die molekulare Genese der DBA bleibt der Verlauf der Erkrankung nicht vorhersagbar. Wir stellen den Krankheitsverlauf eines 19 Jahre alten jungen Mannes vor, bei dem im Alter von 8 Monaten eine DBA diagnostiziert wurde. Trotz mehrfacher Steroidversuche blieb der Patient transfusionsabhängig. Vielfältige therapeutische Versuche mit Danazol, Immunglobulinen, Interleukin 3 und hochdosiertem Methylprednisolon blieben erfolglos. Im Alter von zehn Jahren hatte der Patient einen positiven direkten Coombs-Test mit spezifischen Autoantikörpern gegen Rhesus-Antigen C und –e wie auch nicht weiter spezifizierbare Antikörper. Aufgrund dieser Immunisierung musste der Patient phasenweise im Abstand von 5 Tagen transfundiert werden, um einen Ziel-Hämoglobinwert von 8 g/dl zu erhalten. Cyclosporin, eine Splenektomie und eine anti-CD20-Antikörpertherapie zeigten keinerlei nachhaltigen Effekt auf die Immunhämolyse. Im Rahmen der langen Transfusionsabhängigkeit entwickelte der Patient eine Hämosiderose mit endokriner Insuffizienz, die eine Hormonsubstitution unter anderem mit Hydrocortison erforderlich machte. Zur Therapie der schweren hämolytischen Anämie erfolgte 2005 ein erneuter Steroidversuch mit 1 mg/kg KG Prednison-Äquivalent. Unerwarteterweise sprach die Anämie prompt an und der Patient befindet sich seither bei unverändertem Antikörperprofil in Remission seiner DBA. Allerdings zeigt der Patient trotz regelmäßiger und in Häufigkeit und Menge zunehmender Aderlässe zur Reduktion der Eisenüberladung aktuell Hämoglobin-Werte von 19 g/dl und einen Hämatokrit von 55%. Wesentliche Ursachen für eine sekundäre Erythrozytose konnten ausgeschlossen werden. Das spontane
Wachstum erythropoetischer Kolonien in der Progenitorkultur weist auf eine Hypersensitivität gegenüber Erythropoetin hin. Andere Charakteristika einer Polyzythämia vera wie eine JAK2V617F-Mutation oder eine PRV-1-Expression sind zur Zeit nicht nachweisbar. Der Fall zeigt, dass eine Reevaluation des Steroidansprechens selbst nach mehrfachen, erfolglosen Therapieversuchen auch bei jungen Erwachsenen erfolgreich sein kann. Es bleibt jedoch bei unserem Patienten offen, ob sich aus der kongenitalen Erkrankung mit Knochenmarkversagen der roten Zellreihe nicht eine myeloproliferative Erkrankung derselben Zellreihe entwickelt hat. Beschrieben wurde ein solcher Fall unseres Wissens bisher nicht. DKGJ-PO-167 Die diagnostische Herausforderung: Hyperferritinämie-KataraktSyndrom – ein Fallbericht N. Rochow1, N. Bachmaier1, F. Tost2, T. Bernig1, J. F. Beck1 1Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald; 2Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald Einführung: Das hereditäre Hyperferritinämie- Katarakt- Syndrom (HHCS) ist eine autosomal dominante Erkrankung, bei der hohe Serumferritin-Konzentrationen ohne Eisenüberladung einhergehen mit einer früh auftretenden biokulären Katarakt. Bislang sind mehr als 40 Fälle verursacht durch 25 verschiedene Mutationen im „Iron Responsive Element“ vom L-Ferritin beschrieben. Kasuistik: Bei einem 3 jährigen Mädchen wurde während einer stationären Behandlung wegen einer Gastroenteritis in einem externen Krankenhaus ein erhöhter Serumferritin-Wert von 2530 μg/l festgestellt. Die Serumferritin-Konzentration blieb bei unaufälligen Eisenund Transferrin-Konzentrationen im Serum auch in nachfolgenden Kontrollen stark erhöht. Nach Ausschluss einer Hämochromatose, einer Hämoglobinopathie, eine Thalassämie sowie einem myelodysplastischen Syndrom war die Familienanamnese mit frühzeitiger biokulärer Katarakt beim Großvater wegweisend. In diesem Zusammenhang wurden eine beginnende Katarakt bei der Patientin und eine Katarakt beim Vater diagnostiziert. Bei Serumferritin-Bestimmungen in der gesamten Familie fand sich eine Hyperferritinämie bei Vater und Großvater der Patientin. Alle 3 Patienten sind Träger einer heterozygoten A zu G Mutation in der CAGUG Schleifensequenz des IRE in der 5’ untranslated region der L-Ferritin mRNA auf Position 40, ausgehend von Position 1 als Start der Transkription. Diskussion: Eine Hyperferritinämie kann Indikator einer malignen Erkrankung sein. Dies führte aber bei den meisten bisher beschriebenen Patienten mit HHCS zu belastenden Untersuchungen bis zur Diagnosestellung. Trotz normaler bzw. niedriger Serum-Eisenkonzentrationen bei normaler Transferrinsättigung wurde häufig eine Hämochromatose vermutet und Knochenmarkspunktionen, Leberbiopsien, Aderlasse, CT Untersuchungen oder Therapien mit Chelatbildnern durchgeführt. Zusammenfassung: Differentialdiagnostisch ist bei ätiologisch unklaren hohen Ferritin-Konzentrationen ein HHCS zu bedenken; frühe bilaterale Katarakt bzw. hohe Ferritin-Konzentrationen in der Familie sind wegweisend und können bei Vorliegen eines HHCS belastende Diagnostik und Therapien verhindern. Ebenfalls kann ein HHCS Ursache einer Katarakt im Kindesalter sein. DGKJ-PO-168 Doppelinfektion mit Aspergillus fumigatus und Absidia corymbifera bei einer 14-jährigen Patientin mit akuter lymphoblastischer Leukämie C. Graef1, A. Simon1, G. Fleischhack1, R. Bialek1, U. Bode1 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Fallbericht: Wir berichten über eine 14jährige ALL-Patientin mit disseminierten Infektion von Aspergillus fumigatus sowie Absidia coMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts rymbifera. Die Patientin entwickelte in Protokoll I Phase 1 Dexa eine schwere Hepatopathie und lang dauernde febrile Neutropenie. Bei anhaltenden abdominelle Beschwerden zeigte ein MRT zahlreiche, insgesamt etwa 30% des Nierenparenchyms ausmachende, abszessartige Veränderungen in beiden Nieren. Eine CT-gesteuerte Biopsie einer der Nierenläsionen bestätigte histologisch eine Aspergillose. Computertomographisch zeigte sich außerdem ein großer Rundherd im rechten Lungen-Mittellappen, welcher reseziert wurde. DNA-Extraktionen aus dem Resektat ergaben mittels PCR den Nachweis einer Doppelinfektion durch Aspergillus fumigatus und Absidia corymbifera. Nach operativer Entfernung des Lungenbefalls und unter antimykotischer Therapie mit liposomalem Amphotericin B (LamB) (3 mg/kg/d i.v.) und Voriconazol zunächst stabiler Allgemeinzustand mit unveränderter Situation der Nierenherde, so dass die Chemotherapie fortgesetzt werden konnte. Ein Therapieversuch mit Posaconazol oral scheiterte an unzureichenden Plasmaspiegeln. Im weiteren Verlauf dann bei noch ausreichendem Blutbild septisches Krankheitsbild mit akuter Verschlechterung der respiratorischen Situation und Nachweis disseminierter Rundherde in allen Lungenlappen. Daraufhin breite antibiotische Therapie und Dosissteigerung von LAmB auf 5 mg/kg/d und Erweiterung der antimykotischen Therapie um Caspofungin. Bei Ausbreitung der invasiven Aspergillose kombiniert mit disseminierter Mukormykose unter antimykotischer Therapie erscheint uns das Risiko einer Fortführung der Chemotherapie mittlerweile zu groß. Unsere therapeutischen Optionen sind leider sehr begrenzt. Eine operative Sanierung kommt bei solch ausgedehntem Nieren- und Lungenbefall nicht in Frage. Sowohl die invasive Aspergillose als auch die Mukormykose sind bekannte opportunistische Infektionen bei immunsupprimierten Patienten. Disseminierte, wie hier Lunge und Nieren betreffende, Doppelinfektionen mit verschiedenen Pilzen, insbesondere Aspergillose mit Mukormykose, und deren Behandlung sind in der Literatur bisher kaum beschrieben.
Pädiatrische Onkologie und Hämatologie V DGKJ-PO-169 Legionellen-Pneumonie bei einem Patienten nach allogener Stammzelltransplantation: Komplikation eines Aquariumswasserwechsels ? Chr. Timke1, J. Moritz2, T. Ankermann1, A. Claviez1, M. Schrappe1, A. Schrauder1 1Klinik für Allgemeine Pädiatrie, UK S-H Campus Kiel, Kiel; 2Klinik für Diagnostische Radiologie, UK S-H Campus Kiel, Kiel Einleitung: Bei Patienten nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT), speziell unter medikamentöser Therapie einer chronischen Graft-versus-Host-Disease (GvHD), besteht eine gravierende Immunsuppression. Neben einer medikamentösen InfektionsProphylaxe wird den Patienten empfohlen, potentielle Infektionsquellen wie große Menschenmengen, kontaminierte Lebensmittel, Besuch von Tierställen und Kontakt zu infektiösen Patienten zu meiden. Wir berichten über einen 26-jährigen Mann mit Pneumonie durch Legionella pneumophila nach allogener HSZT, der sich möglicherweise beim Wechsel des Aquariumswassers infiziert hat. Fallbericht: Nach 2 erfolglosen immunsuppressiven Therapieversuchen seiner aplastischen Anämie konnte für den Patienten ein Fremdspender für eine allogene HSZT identifiziert werden, die im Januar 2006 durchgeführt wurde. Der Patient entwickelte im weiteren Verlauf eine chronisch extensive GvHD der Leber und Haut und erhielt eine kombinierte Therapie mit Methylprednisolon, Mycophenolatmofetil und Alemtuzumab. Zwei Monate nach der letzten Alemtuzumab-Gabe stellte sich der Patient mit zunehmendem Husten, Atemnot und Fieber bis 38,9°C vor. Im Röntgenbild der Lunge wurde ein einzelner Rundherd im rechten Oberlappen nachgewiesen, im nachfolgend durchgeführten CT fanden sich darüber hinaus keine weiteren Infiltrate. Wir begannen eine empirische antiinfektiöse Therapie mit Piperacillin/Tazobactam, Tobramycin, Amphotericin B und später zusätzlich Caspofungin. Zur
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Erregersicherung wurde eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage durchgeführt, in der immunfluoreszenzmikrokopisch Legionella pneumophila nachgewiesen wurde. Unter zusätzlicher Therapie mit Ciprofloxacin besserte sich das klinische Bild des Patienten, sodass nach zwei Wochen eine ambulante Therapiefortführung erfolgte. Bei erneuter Befragung berichtete der Patient von einem zwei Wochen vor Beginn der klinischen Symptomatik selbst durchgeführten Wasserwechsel im häuslichen Aquarium. Eine ausführliche Erregersuche im häuslichen Umfeld des Patienten ergab den Nachweis von Legionella pneumophila in Wasserproben des Aquariums. Alle weiteren Wasserproben im Haushalt blieben bisher ohne Legionellen-Nachweis. Schlussfolgerung: Wir berichten über einen Patienten mit einer Legionellen-Pneumonie unter medikamentöser Immunsuppression bei chronischer GvHD. Eine mögliche Infektionsquelle stellte das häusliche Aquariumswasser dar. Um das Risiko einer Infektion durch Aerosole zu vermindern, sollten stark immunsupprimierte Patienten den Kontakt zu Aquariumswasser meiden. DGKJ-PO-170 Erfolgreiche hämatopoetische Stammzelltransplantation bei einem Patienten mit Septischer Granulomatose und McLeod Phänotyp nach Sensibilisierung gegen Kx- und K- Antigene M. Hönig1, W. A. Flegel2, A. Schulz1, C. Schütz1, S. Corbacioglu1, J. Freihorst3, U. Baumann4, A. Seltsam5, K. Debatin1, W. Friedrich1 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm, Ulm; 2Insitut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm, Ulm; 3Kinderklinik, Ostalb-Klinikum Aalen, Aalen; 4Pädiatrische Pneumologie und Neonatologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 5Institut für Transfusionsmedizin, Hannover Einleitung: Die Septische Granulomatose ist ein primärer Immundefekt mit defizienter Sauerstoffradikalbildung in Phagozyten. Die häufigste Form wird X-chromosomal vererbt und kann in Einzelfällen – wenn eine große Deletion die Genloci für gp91-phox und das XK-Protein umfasst – mit dem sogenannten McLeod Phänotyp assoziiert sein. Das Fehlen von XK-Protein auf der Erythrozytenmembran hat eine deutlich reduzierte Expression von Kell-Antigenen zur Folge. Werden diese Patienten mit Erythrozyten transfundiert, die XK- oder Kell-Proteine tragen, findet eine Sensibilisierung statt. Bei Reexposition können schwere hämolytische Reaktionen auftreten. Fallvorstellung: Eine solche Konstellation bestand bei einem Patienten mit Septischer Granulomatose und McLeod Phänotyp, der im Alter von 10 Monaten mit Kx- (dem Antigen auf XK) and K-positiven Erythrozyten transfundiert wurde. Im Alter von 10 Jahren erlitt er auf eine erneute Erythrozytengabe eine schwere hämolytische Transfusionsreaktion. Mit 14 Jahren wurde bei fortschreitender Aspergillose eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) erwogen. Die Verfügbarkeit kompatibler Blutprodukte (Kx-negativ) ist jedoch extrem begrenzt. Zudem birgt die zwingende Expression von Kx auf Spenderzellen das Risiko der Transplantatabstossung. Um diesen potentiellen Komplikationen zu begegnen, wurde folgende Strategie gewählt: Kryokonservierung autologer Erythrozyten und Stammzellen, Depletion der B-Zellen des Empfängers (anti-CD20-Antikörper). Die Konditionierung erfolgte mit Ganzkörperbestrahlung, Fludarabin und ATG. Ergebnisse: Die hämatologische und immunologische Rekonstitution war zeitgerecht, Transfusionen in Aplasie wurden problemlos toleriert. Eineinhalb Jahre nach HSCT zeigt der Junge einen kompletten Spenderchimärismus und führt ein normales Leben. Schlussfolgerung: Bei Patienten mit X-chromosomal vererbter Septischer Granulomatose ist der Ausschluss eines McLeod Phänotyps vor Transfusion mit zellhaltigen Blutprodukten zwingend geboten. Jedoch kann auch nach Sensibilisierung gegen Kx- und K-Antigene eine allogene HSCT erfolgreich durchgeführt werden.
DGKJ-PO-171 Dystrophie, Ekzem, paralytischer Ileus: Symptome einer Abt-LettererSiwe-Erkrankung bei einem 15 Monate alten Jungen J. Wirbelauer1, H. Hamm2, P.G. Schlegel1, W. Thomas1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Univ. Hautklinik, Würzburg Einleitung: Die Liste möglicher Differenzialdiagnosen der Gedeihstörung im Säuglings- und Kleinkindesalter ist lang. Exanthematöse und erythematöse Hautveränderungen werden bei Immunopathien, aber auch bei Mangelzuständen an Vitaminen oder Spurenelementen beobachtet. Patient: Stationäre Aufnahme des 15 Monate alten Jungen in krankem Allgemeinbefinden mit Ileus, Hepatomegalie, Aszites, Petechien und Otitis media rechts. Laborchemisch Leberinsuffizienz mit Hypoproteinämie und Koagulopathie, Immunglobulin-Mangel und Thrombozytopenie. Ein Schweißtest zeigte ebenso unauffällige Befunde wie eine Dünndarmbiopsie zum Ausschluss einer Zöliakie. Die Diagnose der Histiozytose konnte in einer Biopsie des Ekzems wie auch der Dünndarmbiopsie histologisch gesichert werden. Schlussfolgerung: Die Abt-Letterer-Siwe Erkrankung ist die akute, seltene und disseminierte Form der Histiozytose im Kleinkindesalter. Die Charakteristik der Erkrankung wird vorgestellt. Auch wenn das klinische Bild variabel ist, so verläuft die Erkrankung unbehandelt tödlich. Eine systemische Chemotherapie, evtl. mit allogener Stammzelltherapie, verbessert die Prognose. DGKJ-PO-172 Varizella-Zoster-Virus (VZV)-Infektionen und VZV-Impfung bei Kindern mit akuter lymphoblastischer Leukämie: Bericht aus der Studie ALL-BFM 2000 A. Schrauder1, A. Möricke1, C. Henke-Gendo2, G. Cario1, M. Stanulla3, M. Schrappe1 1Universitätskinderklinik, Kiel; 2Abt. für Virologie, Med. Hochschule, Hannover; 3Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover Infektionen mit Varizella-Zoster-Virus (VZV) bei Kindern mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) stellen eine gefürchtete und potentiell lebensbedrohliche Komplikation dar. In der aktuellen Therapiestudie ALL-BFM 2000 wurden zwischen dem 01.08.99 und 31.10.06 3207 Patienten mit ALL (Alter >1 Jahr bei Diagnosestellung) behandelt. Zwölf der 35 als schwerwiegend erfassten Virusinfektionen unter ALLTherapie (ausgenommen Stammzelltransplantation) wurden durch VZV verursacht. Weitere häufig diagnostizierte Viren waren HerpesSimplex-Virus, Adenovirus sowie Rotavirus. Ein Patient war schon bei Diagnosestellung der ALL an VZV erkrankt. Neun VZV-Erkrankungen traten unter der intensiven Chemotherapie auf, zwei im Rahmen der oralen Erhaltungstherapie. Von den 12 an VZV erkrankten Patienten verstarben fünf, eine weitere Patientin verstarb nach einer VZV-Impfung (Schrauder et al., Lancet 2007 Apr 7; 369(9568)). Die Mehrzahl der VZV-Fälle wies atypische Verläufe ohne ein initiales VZV-typisches Exanthem auf. Führende Initialsymptome waren Pneumonien, Hepatitiden und/oder Enzephalitiden. Bemerkenswert ist zudem eine mit bis zu 6 Wochen deutlich verlängerte VZV-Virämiephase unter der ALLTherapie. Neben der Vermeidung von Kontakten zu VZV-Erkrankten muss bei Kindern mit ALL bei jedem Verdacht einer VZV-Infektion eine sofortige und wiederholte VZV-Diagnostik mittels quantitativer PCR im peripheren Blut (und ggf. Liquor, Aszites, Rachenspülwasser u.a.) angestrebt werden. Ebenso ist eine sofortige empirische Therapie mit Aciclovir i.v. sowie VZV-Hyperimmunglobulin i.v. bis zum sicheren Ausschluss einer VZV-Virämie oder VZV-Erkrankung bzw. bis zu deren vollständigem Ausheilen einzuleiten. In Absprache mit der entsprechenden Studienleitung ist die ALL-Therapie je nach Therapiephase und Dynamik der VZV-Erkrankung zu modifizieren oder auch im Einzelfall zu unterbrechen, um eine intermittierende lymphozytäre Regeneration zu ermöglichen. Der Zeitpunkt einer VZV-Impfung bei Kindern unter onkologischer Therapie wird international kontrovers
diskutiert, er sollte unseres Erachtens nach bei Kindern mit ALL frühestens 9 Monate nach Ende der Chemotherapie (einschließlich Bestrahlung und ALL-Erhaltungstherapie) und bei Lymphozytenwerten im peripheren Blut von mindestens 1.500/μl gewählt werden. DGKJ-PO-173 Transdermales Buprenorphin bei Kindern und Jugendlichen I. Wilhelm1, C. Gravou-Apostolatou2, W. Holter2, R. Sittl1, N. Grießinger1 1Anästhesiologische Klinik Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen; 2Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Einleitung: Für die transdermale Verabreichung von Buprenorphin bei Kindern mit chronischen Schmerzen gibt es bisher keine Studien. Nachfolgend stellen wir unsere Erfahrungen mit Buprenorphin-TTS bei Kindern und Jugendlichen anhand von 8 Fallberichten vor. Methoden: In einem Zeitraum von 4 Jahren wurden alle Kinder und Jugendliche, die mit transdermalem Buprenorphin behandelt wurden, dokumentiert. Pharmakokinetische und –dynamische Daten von Buprenorphin nach sublingualer Mehrfachapplikation oder transdermaler Verabreichung im Kindesalter fehlen. Die lange Wirkdauer und ein von der Nierenfunktion unabhängiger Metabolismus machen Buprenorphin zu einem interessanten Analgetikum für Kinder. Buprenorphin-TTS ist für Kinder nicht zugelassen. Ergebnisse: 8 Kinder (4 weiblich, 4 männlich, Durchschnittsalter 11,1 Jahre) wurden ambulant und stationär mit transdermalen Buprenorphin therapiert. An einer malignen Grunderkrankung waren 6 Kinder erkrankt, die anderen beiden Kinder litten unter einem Joubert-Syndrom bzw. unter einem McCune-Albright-Syndrom. Bei 6 Kindern wurde die Therapie mit einem zerteilten viertel 35 μg/h Pflaster d.h. mit 8,75 μg/h begonnen und je nach Schmerzwert langsam gesteigert. Die maximale Dosierung lag bei einem 10 jährigen Mädchen (15 kg) und bei einem 15 jährigen Jungen (45 kg) bei einem Pflaster mit 70 μg/h Buprenorphin. Bei allen Kindern führte die Anwendung des transdermalen Buprenorphinpflaster zu einer durchschnittlichen Schmerzlinderung von NRS 4 (numerische Rating Skala (NRS) von 0=kein Schmerz bis 10=maximal vorstellbarer Schmerz). Die Therapie wurde 3–16 Wochen durchgeführt (Durchschnittliche Behandlungsdauer 10 Wochen). An Nebenwirkungen trat bei einem Kind eine mit Laktulose behandelbare Obstipation auf. Bei einem Kind musste die Lokalisation des Pflasters bereits nach zwei und nicht erst nach 3,5 Tagen gewechselt werden, da es sonst zu einer reversiblen Hautrötung gekommen wäre. Sedierung, Atemdepression oder Übelkeit und Erbrechen traten nicht auf. 7 Kinder waren vor der Buprenorphingabe mit Tramadol und Metamizol behandelt worden und mussten aufgrund einer unzureichenden Schmerzlinderung auf ein starkes Opioid umgestellt werden. Bei 2 Kindern war aufgrund einer Mukositis eine orale Applikation von Medikamenten nicht möglich. 3 Kinder verweigerten die orale oder rektale Medikamenteneinnahme, eine intravenöse Applikation war aufgrund eines fehlenden Zugangs ambulant nicht möglich. Bei 2 Kindern konnte bis zu ihrem Todestag mit transdermalen Buprenorphin eine Schmerzfreiheit erreicht werden. 4 Kinder mussten aufgrund der Zunahme der Schmerzen und einer Verschlechterung der Allgemeinsituation (z.B. Dyspnoe und Unruhe) nach einiger Zeit auf eine intravenöse Medikamentengabe umgestellt werden. Zusammenfassung: Als Therapieoption in der Schmerztherapie bei Kindern ist der Einsatz von transdermalem Buprenorphin sinnvoll. Es bewirkt bei Kindern mit chronischen Schmerzen über einen längeren Behandlungszeitraum eine gute Schmerzlinderung mit wenig Nebenwirkungen.
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Abstracts DGKJ-PO-174 Thromboserisiko bei Jugendlichen unter oraler Kontrazeption M. Schwenger1, J.-C. Bernhard2, F. Tschirner3, M. Lorey3, I. Weis1, E. ZaneaWangler2, M. Rister1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Städt. Klinikum Kemperhof, Koblenz; 2Klinik für Gefäßchirurgie, Städt. Klinikum Kemperhof, Koblenz; 3Abteilung für diagnostische und interventionelle Radiologie, Städt. Klinikum Kemperhof, Koblenz Die Sexual- und Kontrazeptionsberatung bei Jugendlichen spielt in der Jugendmedizin eine wichtige Rolle. Einerseits ist eine sichere Empfängnisverhütung ein Beitrag zur sexuellen Gesundheit Jugendlicher, andererseits birgt die medikamentöse Empfängnisverhütung auch Risiken. Wir berichten von einer 16-jähringen Patientin, die wegen Coxitis links, bei seit 14 Tagen bestehenden linksseitigen glutealen Schmerzen, in unsere Klinik eingewiesen wurde. Die Medikation bei Aufnahme bestand aus 3× tgl. NSAR und einem oralen Ovulationshemmer. Unter Bettruhe und Fortführung der NSAR-Therapie kam es zur Zunahme der Schmerzintensität mit Ausstrahlung in den Rücken, die linke Leiste, den linken Oberschenkel und den linken Unterbauch. Bei der körperlichen Untersuchung der adipösen Patientin (BMI 26,4 kg/m2), fiel ein ausgeprägter Wirbelsäulenklopfschmerz, sowie ein deutlicher Unterschenkeldruckschmerz links auf. Beide Beine waren mit einem lividen Aspekt auffällig marmoriert und konnten unter starken Schmerzen frei bewegt werden. Die restlichen Gelenke erschienen unauffällig. Alle peripheren Pulse waren palpabel. Außer einer Erhöhung der DDimere auf 2,0 mg/l und des CRP auf 68,8 mg/l waren die Laborwerte unauffällig. Die Doppler-Untersuchung der Gefäße der unteren Extremitäten, konnte eine tiefe Beinvenenthrombose links nachweisen. In der MRT-Angiographie der Beckengefäße zeigte sich zusätzlich eine tiefe Beckenvenenthrombose bds. mit Mitbeteiligung der Vena cava inferior. Die erweiterte Gerinnungsdiagnostik ergab bei der Patientin und beim Vater eine heterozygote Faktor-V-Leiden Mutation. Aufgrund stärkster Schmerzen entschlossen wir in einer interdisziplinären Konferenz, eine beidseitige simultane Beckenvenenthrombektomie mit Thrombektomie der linken Oberschenkeletage durchzuführen. Die weitere Behandlung besteht aus einer Marcumar-Therapie für mindestens 1 Jahr und der Kompressionsbehandlung mittels Strumpfhose für mindestens 2 Jahre. Die orale Kontrazeption, die für die Thrombose eine auslösende Rolle spielte, wurde beendet. Das Fallbeispiel zeigt, dass vor Verordnung oraler Kontrazeptiva bei Jugendlichen zumindest anamnestisch ein erhöhtes Thromboserisiko ausgeschlossen werden sollte. Ist ein solches Thromboserisiko vorhanden, ist eine ausführliche Gerinnungsdiagnostik erforderlich und es bedarf einer ausführlichen Aufklärung. Als Kontrazeption steht der adipösen Patientin mit Faktor-V-Leiden Mutation und Z. n. tiefer Beinvenenthrombose, nur nicht-hormonelle Verhütungsmethoden wie das Kondom oder das Diaphragma zur Verfügung. Beide Verhütungsmethoden bieten bei korrekter Anwendung eine effiziente Kontrazeption. DKGJ-PO-175 Verminderte Katecholaminausscheidung im Urin von Patienten mit einem Kraniopharyngeom und hypothalamischer Adipositas U. Gebhardt1, Chr. Kalentzi2, D. Hunneman3, H. Müller1, Chr. Roth4 1Zentrum für Kinder und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Oldenburg; 2Kinderabteilung, Marienkrankenhaus, Papenburg; 3Universitäts- Kinderklinik, Göttingen; 4Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Patienten mit Kraniopharyngeom entwickeln häufig eine Adipositas, Tagesmüdigkeit und eingeschränkte physische Aktivität. Wir untersuchten, ob eine hypothalamische Läsion durch das Kraniopharyngeom bzw. die operative und strahlentherapeutische Behandlung zur Reduktion des zentralen Sympathikotonus und der Bewegungsaktivität führt. Die Katecholaminmetabolite Vanillinmandelsäure (VMA) und Homovanillinsäure (HVA) wurden im Morgenurin von 93 Kindern
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und Jugendlichen mit Kraniopharyngeom (KRANIOPHARYNGEOM 2000) bestimmt und mit einer altersentsprechenden Kontrollgruppe verglichen. Die Bewegungsaktivität wurde mittels Fragebogen bewertet. Ergebnisse: Adipöse Kinder und Jugendliche mit Kraniopharyngeom (BMI>2SDS), boten im Morgenurin niedrigere HVA- und VMA-Spiegel sowie niedrigere Aktivitätsscores als Patienten mit einem normalen BMI (BMI<2SDS). Im Urin der Patienten mit hypothalamischer Tumorbeteiligung (BMI-SDS: 4.3±0.4) war die Ausscheidung von VMA (VMAcp/VMAcontrol 0.81±0.06) und HVA (HVAcp/HVAcontrol 0.77±0.06) im Vergleich zu Patienten ohne Hypothalamusbeteiligung des Kraniopharyngeom (BMI-SDS: 1.4±0.3; VMAcp/VMAcontrol 0.88±0.05; HVAcp/HVAcontrol 1.06±0.07) deutlich vermindert (p<0.01;p<0.01). Patienten mit hypothalamischer Tumorlokalisation hatten signifikant (p<0.01) niedrigere Aktivitätsscores als Patienten ohne hypothalamische Beteiligung ihres Kraniopharyngeom. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstützen die Spekulation, dass eine gestörte zentrale sympathiko-adrenerge Regulation bei Kraniopharyngeom -Patienten mit hypothalamischer Tumorlokalisation zu einer Reduktion der körperlichen Aktivität und zur Adipositas führen kann. Auf der Suche nach Therapieoptionen bei hypothalamisch bedingter Adipositas sollte ein gestörter Symphatikotonus als pathogenetischer Faktor und möglicher Ansatzpunkt für eine Therapie in Betracht gezogen werden. DGKJ-PO-176 Hohe Rezidiv-und Progressionsraten nach Kraniopharyngeom im Kindes-und Jugendalter – Zwischenauswertung der Studie KRANIOPHARYNGEOM 2000 und Konzept der Folgestudie KRANIOPHARYNGEOM 2007 U. Gebhardt1, F. Pohl2, R.-D. Kortmann3, A. Emser4, R. Kolb1, M. WarmuthMetz5, T. Pietsch6, G. Calaminus7, N. Sörensen8, H. L. Müller1 1Zentrum für Kinder und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Oldenburg; 2Abtlg. für Strahlentherapie, Universitätsklinikum, Regensburg; 3Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum, Leipzig; 4Insitut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universitätsklinikum, Mainz; 5Abtlg. für Neuroradiologie, Universitätsklinikum, Würzburg; 6Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum, Bonn; 7Klinik für Päd. Onkologie und Hämatologie, Universitätsklinikum, Düsseldorf; 8Klinik für Pädiatrische Neurochirurgie, Universitätsklinikum, Würzburg In der multizentrischen Querschnittsstudie HIT-ENDO wurden 306 Kinder und Jugendliche mit Kraniopharyngeom hinsichtlich Therapie und Langzeitprognose untersucht. Die Gesamtüberlebensraten lagen bei 94±4% für bestrahlte Patienten und bei 93±5% für nicht bestrahlte Patienten. Die prospektive multizentrische Beobachtungsstudie KRANIOPHARYNGEOM 2000 (www.kraniopharyngeom.de) untersuchte die Rezidivraten nach kompletter Resektion und die Progressionsraten nach inkompletter Resektion des Kraniopharyngeoms sowie den Einfluss der Strahlentherapie (XRT) auf Häufigkeit und zeitliches Auftreten von Rezidiven und Tumorprogressionen. Seit 2001 wurden 124 Kraniopharyngeom-Patienten rekrutiert und prospektiv untersucht. Das mediane Alter bei Diagnose lag bei 9.5 Jahren (1–17 J.). Mit einem hohen Grad an Vollständigkeit (85%) wurden Daten zum neurochirurgischen und strahlentherapeutischen Vorgehen prospektiv erfasst. Das Kraniopharyngeom war suprasellär lokalsiert in 17%, intrasellär in 3% und kombiniert intra- und suprasellär in 80% der Fälle. Angaben zu den XRT-Modalitäten waren bei 26 von 31 Patienten auswertbar. Kraniopharyngeom-Patienten wurden bestrahlt in einem medianen Alter von 11.6 Jahren (4–18 J.), im Mittel 9 Monate nach KraniopharyngeomDiagnose. Bei allen Patienten erfolgte eine 3d-CT-geplante XRT. Die mittlere Gesamtdosis lag bei 52.2 Gray (50.4–60 Gy). Eine Zwischenauswertung zur ereignisfreien Überlebenszeit (3-Jahres-EFS) ergab hohe Raten an frühen Ereignissen im Sinne von Tumorprogressionen nach subtotaler Resektion (EFS: 0.27±0.07) bzw. Rezidiven nach kom-
pletter Resektion (EFS: 0.60±0.09). Das Vorliegen einer Hypothalamusbeteiligung des Kraniopharyngeoms hatte negativen Einfluss auf die Langzeitprognose der Patienten. Wir schlussfolgern, dass Rezidive nach kompletter Resektion bzw. Tumorprogression nach inkompletter Resektion eines Kraniopharyngeoms auch nach XRT häufige und frühe Ereignisse während der ersten 3 Jahre nach Diagnose darstellen. Regelmäßige Kontrollen der Bildgebung und des klinischen Status insbesondere in den ersten Jahren nach Diagnose eines Kraniopharyngeoms im Kindes- und Jugendalter sind zu empfehlen. Aufgrund häufiger früher Progressionen nach inkompletter Resektion bedarf es innovativer Therapieansätze für diese Risikopatienten, die meist eine Hypothalamusbeteiligung aufweisen. Die neue Folgestudie KRANIOPHARYNGEOM 2007 (www.kinderkrebsinfo.de/kranio2007) untersucht randomisiert (für Patienten im Alter ≥5 Jahre) den optimalen Zeitpunkt der postoperativen Strahlentherapie nach inkompletter Resektion (direkte postoperative Bestrahlung versus Bestrahlung bei Progression). Die Endpunkte der Analyse drei Jahre nach Randomisation sind Lebensqualität, Gesamtüberleben und Ereignisfreies Überleben. Gefördert durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung, Bonn DGKJ-PO-177 Differentielle Schmerztherapie bei einem Kind im Verlaufe einer onkologischen Erkrankung C. Gravou-Apostolatou1, I. Wilhelm2, R. Sittl2, D. Stachel1, W. Holter1, N. Grießinger2 1Kinder- und Jugendklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen; 2Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Einleitung: Jedes Jahr erkranken in Deutschland ca. 1500 Kinder und Jugendliche an einer onkologischen Erkrankung. Schmerzen können erste Leitsymptome der Erkrankung sein und die Lebensqualität der Patienten sowohl während der Therapie als auch in der Palliativphase erheblich einschränken. Am Beispiel einer Patientin mit Neuroblastom Stadium IV sollen die Möglichkeiten der multimodalen Schmerztherapie im Verlauf der Erkrankung gezeigt werden. Fallbericht: Die 5-jährige Patientin wurde wegen starker Bauchschmerzen in die Kinderklinik eingewiesen. Die eingeleitete Diagnostik erbrachte die Diagnose eines Neuroblastoms Stadium IV. Die nachfolgende antineoplastische Therapie beinhaltete komplexe Chemotherapieblöcke, Bestrahlung, Tumorresektion, MIBG-Therapie, sowie eine Hochdosischemotherapie mit nachfolgender Stammzellgabe. Während der zweijährigen Therapie war eine Schmerztherapie häufig notwendig. Grund hierfür waren zu Beginn die Bauchschmerzen (viscerale Schmerzen) aufgrund des Tumorwachstums, später Schmerzen bei ausgeprägter Mukositis (Nozizeptor-schmerzen nach den Chemotherapieblöcken und der Hochdosistherapie sowie postoperative Schmerzen nach der operativen Tumorresektion. Trotz der intensiven Therapie kam es zu einem nicht mehr therapierbaren Rezidiv mit neuropathischen Schmerzen. In der palliativen Phase konnte die Patientin, entsprechend ihres Wunsches, trotz der invasiven Schmerztherapie ambulant weiterbetreut werden. Ergebnis: Während der gesamten Erkrankungsdauer war immer wieder eine komplexe Schmerztherapie notwendig. In der Lebensendphase erhielt die Patientin eine hochdosierte i.v.-Schmerztherapie (Opioide, NMDA- Antagonisten, Spasmolytika, Antiemetika und Antidepressiva zur Sedation da Benzodiazepine zu einer paradoxen Reaktion führten. Für die kleine Patientin konnte während ihrer Erkrankung und in ihrer Lebensendphase eine gute Lebens-qualität erreicht werden. Schlussfolgerung: Neben einer multimodalen antineoplastischen Therapie ist bei Kindern und Jugendlichen mit onkologischen Erkrankungen in den verschiedenen Phasen der Erkrankung eine differenzierte und an den pathophysiologischen Ursachen orientierte Schmerztherapie notwendig. Eine enge Kooperationzwischen Onkologen, erfahrenen Schmerztherapeuten, niedergelassenen Kinderarzt, ambulantem Palliativdienst und den Angehörigen ist Voraussetzung für eine optimale Therapie.
Pädiatrische Gastroenterologie III DGKJ-PO-178 Therapie einer portalen Hypertension im Jugendalter H. Staude1, F. Prall2, F. Walther1, K. H. Hauenstein3, D. Haffner1 1Univ. Kinderklinik, Rostock; 2Abt. Pathologie, Universitätsklinik Rostock, Rostock; 3Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinik Rostock, Rostock Das Budd-Chiari-Syndrom ist eine seltene Hepathopathie, welche durch einen posthepatischen Verschluss der Lebervenen mit portaler Hypertension charakterisiert ist. Das klinische Management ist hierbei abhängig von der Ätiologie und Schwere der Leberschädigung. Wir berichten über einen Patienten, dessen klinischer Verlauf die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Stentshunts (TIPS) – erforderte. Fallbericht: Ein bei Diagnosestellung 16-jähriger Jugendlicher wurde im November 2006 erstmals aufgrund Stuhlunregelmäßigkeiten, einer Thrombozytopenie und unklarer Transaminasenerhöhung in unserer Kinderklinik vorgestellt. Im Verlauf kam es zu einer massiven Hämatemesis mit transfusionsbedürftiger Anämie. Bildmorphologisch, endoskopisch bzw. laborchemisch bestanden eine Leberzirrhose (Child-Pugh B), eine portale Hypertension mit Ösophagusvarizen II–III° und ein Hypersplenismus. Bemerkenswert hierbei war die mittels Sonographie zunächst nicht nachweisbare portale Hypertension. Die erweiterte Diagnostik ergab eine akute EBV-Infektion (positives IgM) und das Vorliegen eines M. Meulengracht. Weitere infektiöse, immunologische, kardiale, neoplastische oder metabolische Ursachen wurden ausgeschlossen. In einer Leberbiopsie zeigten sich histologisch mäßige periportale Fibrosebildungen mit regional wechselnder Parenchymhyperplasie und aplasie ohne weitere Entzündungszeichen oder Zeichen einer venookklusiven Erkrankung. Die Sinusoide waren erweitert. Die unter Betablocker-Therapie durchgeführte transjuguläre Lebervenenverschlussdruck-Messung wies einen erhöhten Verschlussdruck und fehlenden Übertritt des Kontrastmittels in das Portalsystem nach, dem Bild eines intrahepatischen Blockes entsprechend. Zur Sekundärprophylaxe einer Blutung und bei ausgeprägtem Hypersplenismus erfolgte (unter Berücksichtigung einer eventuell notwendigen Lebertransplantation) eine TIPS-Anlage und Varizenembolisation. Risikofaktoren einer Thrombophilie ließen sich nicht nachweisen. Postinterventionell zeigte sich eine Stabilisierung des Hypersplenismus, jedoch auch eine Verminderung der hepatischen Clearance. Schlussfolgerung: Die portale Hypertension erfordert eine differenzierte Diagnostik zur Risikostratifizierung und somit der Bahnung der weiteren therapeutischen Schritte. Bei dem vorgestellten Patienten kam es durch eine EBV-Infektion zu einer Dekompensation einer postsinusoidalen/ posthepatischen Kongestion, welche trotz aller Risiken den Einsatz eines portosystemischen Shuntverfahrens erforderte. DGKJ-PO-179 Intraabdomineller Abszess bei einem 11 Tage alten Neugeborenen T. Selke1, K. Riebe2, J. Riechmann3, J. Rakob1, A. von Moers1 1Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, DRK Kliniken Westend, Berlin; 2Deutsches Kinderurologiezentrum, Berlin; 3Radiologie, DRK-Kliniken Westend, Berlin Hintergrund: Divertikel gehören zu den angeborenen Fehlbildungen des Darmes.Manifeste klinische Symptome treten i.d.R. nicht in den ersten Lebenswochen auf. Fallbericht: Wir berichten über ein reifes, männliches Neugeborenes,welches nach unauffälliger Geburt und Postnatalphase am 11.Lebenstag aufgenommen wurde.Das Kind trank weniger,war z.T.apathisch und erbrach gallig,auch wurden dünnere Stühle abgesetzt. Bei V.a. NG-Infektion erfolgte ein „Septic-work up“.Hierbei zeigten sich Hinweise für eine bakterielle Infektion. Wir behandelten Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts antibiotisch mit Ampicillin,Gentamycin und Cefotaxim.Hierunter war der AZ stabil,jedoch war ein voller MM-Ernährungsaufbau nicht möglich.Erbrechen trat weiterhin regelmäßig z.T. gallig auf.In der Abdomen-Sonographie zeigte sich eine rundliche Raumforderung im rechten Mittelbauch mit deutlicher Wand und gemischtem,eher echoarmen Inhalt.Bei dem V.a.eine Darmduplikatur/Zyste erfolgte eine obere MDP,die einen verzögerten Abfluß nach distal zeigte.Am 6.Tag der stationären Behandlung erfolgte die Laparotomie.Hierbei zeigte sich überraschenderweise ein retrocolisch hochgeschlagenes Meckel – Divertikel mit Abszedierung rechts paraduodenal.Die Kinderchirurgische Therapie bestand aus Meckelabtragung und Abszessausräumung.Die Entlassung konnte drei Tage später erfolgen. Schlussfolgerung: Meckel Divertikel werden fast nie im jungen Säuglingsalter symptomatisch.In einer Medline Recherche (Mai 2007) fand sich hierzu kein einziger Bericht. Der geschilderte Fall zeigt als Erstbeschreibung,dass bei abdomineller entzündlicher Raumforderung im Neugeborenenalter auch an ein atypisch gelegenes,infizierte Meckel-Divertikel gedacht werden muss. DGKJ-PO-180 Statomotorische Entwicklungsverzögerung als Leitsymptom einer schweren Gedeihstörung durch Cystische Fibrose und Zöliakie D. Laux1, S. Tippelt1, G. Weinmann1, A. Sauerbrey1 1Abt. für Allgemeine Pädiatrie und Neuropädiatrie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Helios KLinikum Erfurt GmbH, Erfurt Hintergrund: Die Assoziation von Cystischer Fibrose und Zöliakie ist wiederholt in Fallberichten beschrieben worden. Man geht von einer Häufigkeit der zufälligen Koexistenz beider Erkrankungen von 1 auf 2 Millionen in der Allgemeinbevölkerung aus. Die Schwierigkeit der Diagnosestellung liegt in der überlappenden klinischen Symptomatik beider Krankheitsbilder im Kleinkindalter. Kasuistik: Wir berichten über eine 1 1/2 jährige Patientin, einziges Kind gesunder Eltern, welche ab dem 6. Lebensmonat aufgrund einer statomotorischen Entwicklungsverzögerung klinisch auffällig wurde. Die Patientin wurde im SPZ und wiederholt in einem auswärtigen neuropädiatrischen Zentrum zur Diagnostik vorgestellt wurde. Eine umfangreiche Stoffwechsel- und Syndromdiagnostik brachte keinen pathologischen Befund. Die kraniale Bildgebung sowie kardiale und elektrophysiologische Untersuchungen waren unauffällig. Im November 2006 wurde das Mädchen mit rezidivierendem Erbrechen in unserer Klinik stationär aufgenommen. Klinisch lag eine schwere Gedeihstörung vor: das 17 Monate alte Mädchen wog zur Aufnahme 8930 g (P3), war 77,5 cm (P10) groß und hatte bilaterale Lid- und Beinödeme. Neurologisch bestand eine Dissoziation zwischen stark retardierter grobmotorischer Entwicklung mit muskulärer Rumpfund Extremitätenhypotonie bei gleichzeitig altersentsprechend entwickeltem Sprachverständnis und Sozialverhalten. Anamnestisch berichteten die Eltern über voluminöse, fettglänzende Stühle. Eine umfangreiche Labordiagnostik zeigte u.a. eine Hypalbuminämie von 24 g/l. Sonomorphologisch bestand der dringende Verdacht auf eine Enteropathie. Die Gewebstransglutaminase war auf >200 E/ml erhöht. In der Dünndarmbiopsie bestätigte sich die Diagnose einer Zöliakie mit histologischem Marsh-Typ IIIb. In den fettpositiven Stühlen konnte keine Elastase nachgewiesen werden, womit zusätzlich eine exokrine Pankreasinsuffizienz bestand. Der Schweißtest war jedoch negativ. Zum sicheren Ausschluss einer Mukoviszidose wurde eine genetische Untersuchung veranlasst, in der eine homozygote ΔF508-Mutation nachgewiesen werden konnte. Das Mädchen erhielt eine Pankreasenzymersatztherapie und wurde von diesem Zeitpunkt an glutenfrei ernährt. Mit Ernährungsumstellung normalisierten sich die Stühle und eine Gewichtszunahme sowie neurologische Fortschritte setzten ein. Es erfolgte die Anbindung an unsere CF-Ambulanz. Schlussfolgerung: Bei statomotorischer Entwicklungsverzögerung und muskulärer Hypotonie ist differentialdiagnostisch ein Substratmangel durch enterale Malassimilation auszuschließen. Bei schweren Formen
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der Gedeihstörung sollte auch die Möglichkeit der Koexistenz von zwei klassischen Krankheitsbildern der Pädiatrie erwogen werden. DGKJ-PO-181 Der nuclear pregnane X receptor (NR1I2) SNP (-25385) ist nicht mit CED im Kindesalter assoziiert M. Lacher1, R. Kappler1, S. Berkholz1, P. Bufler2, M. Kabesch2, D. von Schweinitz1, S. Koletzko2 1Kinderchirurgische Klinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München; 2Kinderklinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München Ziel: Der nuclear pregnane X receptor (PXR) ist ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Immunabwehr gegen toxische Substanzen wie Xenobiotika. Bei Erwachsenen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED) wurden genetische Varianten im PXR kodierenden Gen NR1I2 auf Chromosom 3q beschrieben, mit einer starken Genotyp-Phänotyp Korrelation (Dring et al., Gastroenterology, 2006 Feb;130(2):341–8). Daher war Ziel dieser Studie, die Assoziation eines NR1I2 Polymorphismus in einem pädiatrischen CED-Kollektiv zu evaluieren. Methoden: Kollektiv: 114 kaukasische Kinder mit CED (79 M. Crohn (MC), 30 C. ulcerosa (CU), 5 C. indeterminata (CI)) und 120 ethnisch passende, gesunde, erwachsene Patienten. Genexpressionsanalyse: Messung der mRNA-Expression von NR1I2 in Kolonbiopsien von ausgewählten CED-Patienten und Kontrollen mittels real-time PCR Assay. Real-time PCR SNP Genotypisierung: Durchführung eines TaqMan® SNP Genotyping Assays (Applied Biosystems, Foster City, CA, USA) zur Untersuchung des C/T SNP (25385) des NR1I2 Gens auf Chromosom 3q. Ergebnisse: Die beschriebene Assoziation zwischen dem –25385 SNP und CED-Patienten konnte in unserem pädiatrischen Kollektiv nicht bestätigt werden. Folgende Allelfrequenzen wurden gemessen: -25385C Allel: n=141 (61,7%) versus n=143 (59,6%) in der Kontrollgruppe (p=0,637, OR=0,910, KI [0,627–1,319]). Genotyp AA wurde bei 43 Patienten versus 36 Kontrollen gemessen (p=0,245, OR=1,000), Genotyp AB bei 55 Patienten versus 71 Kontrollen (OR=0,649, KI [0,368–1,142]) und Genotyp BB bei 16 Patienten versus 13 Kontrollen (OR=1,030, KI [0,438–2,424]). Auch bei der Subgruppenanalyse fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Lokalisation (kolonaler versus ilealer Befall), Entzündung im oberen GI-Trakt, Geschlecht und familiäre Disposition. Zusammenfassung und Schlussfolgerung: Wir stellen die erste Untersuchung eines NR1I2 Polymorphismus in einem pädiatrischen CEDKollektiv vor. Unsere Ergebnisse können eine Assoziation zwischen dem –25385 SNP und CED im Kindesalter nicht bestätigen, da sowohl die Allelfrequenzen als auch der Genotyp von CED-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen in unserer deutschen, kaukasischen Population keine signifikanten Unterschiede zeigen. DGKJ-PO-182 Polymorphismus im CXCL9 Gen ist mit M. Crohn im Kindesalter assoziiert M. Lacher1, R. Kappler1, S. Berkholz1, T. Arenz2, M. Kabesch2, D. von Schweinitz1, S. Koletzko2 1Kinderchirurgische Klinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München; 2Kinderklinik, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München Hintergründe und Ziele: Die Ätiologie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) ist nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass bei CED eine Barrierestörung und eine überschießende Immunantwort auf Darmbakterien vorliegen. Hierbei spielen verschiedene Gene des Immunsystems eine Rolle, die durch Umwelteinflüsse getriggert werden. Seit der Entdeckung des ersten Suszeptibilitäts-Gens für M. Crohn auf Chromosom 16 (CARD15 (NOD2)) wurden über 10 Untersuchungen des gesamten Genoms vorgenommen und Assozia-
tionen verschiedener Genloci mit CED beschrieben. Diese Untersuchungen wurden fast ausschließlich bei Erwachsenen mit CED durchgeführt. Ziel der aktuellen Studie war die Suche von Genloci in einem pädiatrischen Kollektiv, die mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert sind. Methoden: Kollektiv: 114 kaukasische Kinder mit CED (79 M. Crohn, 30 C. ulcerosa, 5 C. indeterminata) und 120 ethnisch passende, gesunde erwachsene Patienten. Klinische Klassifizierung gemäß CEDATA-Erfassung. Genexpressionsanalyse: Messung der mRNA-Expression von 88 Genen aus unterschiedlichem biologischen Kontext (Signalwege, Entzündung, Zellzyklus und Apoptose) in Kolonbiopsien von ausgewählten CED-Patienten und Kontrollen mittels real-time PCR Assay im 96well Format. Real-time PCR SNP Genotypisierung: Durchführung eines TaqMan® SNP Genotyping Assays (Applied Biosystems, Foster City, CA, USA) zur Untersuchung des G/A Polymorphismus im Intron 1 des CXCL9 Gens an Lokalisation 77147452(-) von Chromosom 4q21. Ergebnisse: In der Genexpressionsanalyse beobachteten wir eine mukosale Überexpression des Chemokin (C-X-C motif) Liganden 9 Gens CXCL9 in 3 von 5 M. Crohn Fällen. Bei der SNP Genotypisierung fand sich in unserer Kontrollgruppe (n=120) eine vergleichbare Frequenz (0,31) des minoren Allels A des Polymorphismus zu der bereits für Kaukasierpopulationen beschriebenen Frequenz (0,33) sowie ein Hardy-Weinberg Äquilibrium der Genotypfrequenzen. In unserem CEDKollektiv zeigte sich eine signifikante Erhöhung des G Allels bei M. Crohn im Vergleich zur Kontrollgruppe (p=0,016), jedoch nicht bei C. ulcerosa und C. indeterminata. Nach Stratifizierung fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Lokalisation (kolonaler versus ilealer Befall), Entzündung im oberen GI-Trakt, Geschlecht und familiäre Disposition. Schlussfolgerung: Unsere Untersuchung des CXCL9 Gens in einem pädiatrischen CED-Kollektiv weisen darauf hin, dass dieses Gen im Darm von M. Crohn-Patienten stark exprimiert wird und dass ein G/A Polymorphismus im Intron 1 mit M. Crohn im Kindesalter assoziiert ist. DGKJ-PO-183 Kongenitale Aplasie der Pfortader – Lebertransplantation bei nicht beherrschbarer portosystemischer Enzephalopathie S. Straub1, J. Henker1, W. Luck2, G. Hahn3, M. Laaß1 1Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden; 2Otto-Heubner-Centrum für Kinderheilkunde, Universitätsmedizin Charité, Berlin; 3Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Anamnese: Ein kompletter kongenitaler extrahepatischer portosystemischer Shunt ist eine seltene Erkrankung mit einer fehlenden portalvenösen Durchblutung der Leber. Wir berichten über einen nun 20-jährigen Mann, der seit Beginn des Schulalters Konzentrationsschwäche und Aufmerksamkeitsprobleme aufwies. Im 13. Lebensjahr wurde im Zuge der Abklärung einer CK-Erhöhung eine Hyperammonämie diagnostiziert. Abdomineller Ultraschall und (MR-)Angiographie ergaben die Diagnose einer atypischen Vena portae mit fehlender portaler Leberdurchblutung. Es zeigte sich ein großes Sammelgefäß nach Vereinigung von V. mesenterica superior und V. lienalis, das direkt in den rechten Vorhof des Herzens mündete. Die V. cava inferior trat nach einem Bogen von dorsal in das rechte Atrium ein. Verlauf: Trotz Eiweißrestriktion, Gabe von Laktulose und einer antibiotischen Darmdekontamination konnte das Serumammoniak nicht dauerhaft auf niedrigem Niveau gehalten werden. Bei weiterer Progredienz der Enzephalopathie wurde die Indikation zur Lebertransplantation gestellt. Diese erfolgte im 19. Lebensjahr des Patienten. Post transplantationem zeigte sich ein weitgehender Rückgang der enzephalopathischen Symptome. Der Patient konnte einen Abschluss einer Körperbehindertenschule erreichen, einen eigenständigen Haushalt gründen und eine Lehre beginnen.
Diskussion: Somit bestand bei diesem Patienten ein kompletter portosystemischer Shunt mit konsekutiver Enzephalopathie. Die Einteilung solcher Anomalien erfolgt nach dem Erstbeschreiber als AbernethyMalformation Typ Ib. Die meisten Fallberichte zeigen eine Drainage der atypischen Vena portae in die Vena cava inferior (suprarenal bzw. suprahepatisch). Unseres Wissens ist dies der zweite beschriebene Fall einer direkten Einmündung in den rechten Vorhof. Weitere Anomalien, wie angeborene Herzfehler oder benigne sowie maligne Lebertumoren, waren im Gegensatz zu den meisten anderen berichteten Fällen bei unserem Patienten nicht zu beobachten. Sowohl Ursache als auch embryonaler Ursprung der aufgezeigten Gefäßanomalie sind weitgehend unklar. Sowohl ein persistierender Ductus venosus Arantii als auch ein Persistieren der embryonalen Vena omphalomesenterica oder linksseitigen V. umbilicalis sind denkbar. Dies ist der erste Bericht einer erfolgreichen Lebertransplantation bei einer derartigen vaskulären Fehlbildung. Schlussfolgerung: Eine kongenitale Aplasie der Pfortader mit konsekutiver portosystemischer Enzephalopathie ist eine seltene Erkrankung. Unklare neurologische Symptome sollten dennoch unter anderem an eine Lebererkrankung denken lassen. Fallstrick ist sicherlich der Befund normalwertiger Transaminasen, da eine hepatische Schädigung bei fehlender portaler Durchblutung nicht obligat ist. Die Bestimmung des Serumammoniaks ist hier richtungweisend. DGKJ-PO-184 Beeinflussung des pH-Wertes eines Nährmediums durch probiotische und kariogene Laktobazillen R. Schilke1, M. Khoramnia1, J. Volk1, A. Beckedorf1, I. Wahl1, H. Günay1, G. Leyhausen1 1Zahnerhaltung und Parodontologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover Ziel: Laktobazillen gehören zur physiologischen Standortflora der Mundhöhle. Durch ihre Fähigkeit niedermolekulare Kohlenhydrate zu Säuren zu metabolisieren, ist ihre Rolle in der Kariogenese unbestritten. Einige Laktobazillen werden jedoch in Therapeutika und probiotischen Lebensmitteln zur Förderung der Gesundheit eingesetzt. Die Auswirkung dieser Laktobazillen auf die Mundhöhle wird kontrovers beurteilt. In einer In-vitro-Studie sollte die Änderung des pH-Wertes eines Flüssigmediums durch verschiedene Laktobazillen in Abhängigkeit zu unterschiedlichen Kohlenhydratquellen untersucht werden. Die Ergebnisse von Typstämmen von bekanntermaßen kariogenen Laktobazillen werden denen von probiotischen Keimen gegenüber gestellt. Material und Methodik: Die beiden Typstämme L. acidophilus (DSMZ 20079) und L. salivarius ssp. salivarius (DSMZ 20555) sowie die beiden probiotischen Laktobazillen-Stämme L. acidophilus La 5 (angezüchtet aus Probiolait Joghurtdrink, Mibell, EDEKA) und L. reuteri protectis (ATCC 55730; angezüchtet aus Pro-Digesta Tablets, Biogaia AB., Sweden) wurden jeweils in einem modifizierten MRS-Medium in einer Ausgangskonzentration von 10×106 lebenden Keimen pro ml Lösung bei 37°C und 5% CO2 inkubiert. Als Kohlenhydratquelle wurden diesem Medium äquimolare Zusätze der Monosaccharide Fruktose oder Glukose (20 g × l-1) bzw. halb-äquimolaren Mengen der Disaccharide Laktose und Saccharose zugesetzt. Der Ausgangs-pH wurde auf 5,7 eingestellt. Über einen Zeitraum von 24 h wurde das Wachstumsverhalten durch Ermittlung der optischen Dichte und die Veränderung des pH-Wertes aufgezeichnet. Ergebnisse: Die Laktobazillen zeigten ein unterschiedliches Wachstumsverhalten in Abhängigkeit vom Kohlenhydratangebot. Glukose und Saccharose führten zu einer schnelleren Änderung der optischen Dichte als Fruktose und Laktose. Nach spätestens 8 Stunden war jedoch der für Zahnschmelz als kritisch angesehene pH-Wert von 5,2 bei allen untersuchten Bakteriensuspensionen unabhängig von der Kohlenhydratquelle deutlich unterschritten. Nur marginale Unterschiede zeigten sich bei dem pH-Wert zwischen den Typstämmen und den probiotischen Laktobazillen nach 24 h: bei Fruktose lag der pH-Wert Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts zwischen 4,53 und 3,24, bei Glukose zwischen 3,85 und 3,28, bei Laktose zwischen 3,94 und 3,50 und bei Saccharose zwischen 4,10 und 3,20. Die geringste pH-Wertänderung wurde bei L. reuteri protectis und Fruktose (ΔpH=4,53), die größte bei L. salivarius ssp. salivarius und Saccharose beobachtet (ΔpH=3,20). Schlussfolgerungen: Auch probiotische Laktobazillenstämme können zu einer deutlichen Absenkung des pH-Wertes führen, die weitgehend unabhängig von der Kohlenhydratquelle ist. Bei einer Retention dieser Laktobazillen innerhalb der Mundhöhle sollte daher nicht nur deren Interaktion mit anderen Zellen sondern auch deren kariogenes Potenzial beachtet werden.
Pädiatrische Gastroenterologie IV DGKJ-PO-185 Eine Komplikation der perkutanen endoskopischen Gastrostomie: Die gastrokolische Fistel S. Cyrull1 1Universitätsklinikum Essen, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Essen Hintergrund: Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) hat sich seit ihrer Entwicklung 1980 wegen ihrer einfachen Anlage, ihrer guten Handhabung und der geringen Beeinträchtigung der Patienten als bevorzugte Methode der Langzeitsondenernährung sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern bewährt. Komplikationen sind insgesamt selten, mit Ausnahme von leichten Wundinfektionen, Entstehung von Granulationsgewebe und Stomalecks, die meist einfach lokal behandelbar sind. Auch gastrokolische Fisteln, die als Folge einer unbemerkten Interposition des Colon transversum während der PEGAnlage entstehen, sind selten. Wir beschreiben diese Komplikation, deren Ursache, Symptomatik und Therapie anhand von 3 Patienten, und erläutern eine Technik zur Vermeidung von gastrokolischen Fisteln bei PEG-Anlage. Fallberichte: Wir berichten über 3 Patienten, bei denen es nach PEGAnlage zur Entwicklung einer gastrokolischen Fistel kam: Patient
Diagnose
10 Jahre, schwerste M psychomotorische Retardierung
Symptome
10 Jahre, Z.n. Symptomfrei, M Nierentransplantation Zufallsbefund bei Urethralklappen, Tetraspastik, psychomotorische Retardierung 18 Monate, M
Chronische Lebererkrankung, Dystrophie
Diagnostik
Therapie
Schwerste radiologische Kontrast chirurgische Kachexie, mitteldarstellung über Fistelexzision, Durchfälle nach die PEG PEG-Neuanlage PEG-Benutzung Ösophagogastro duodenoskopie
chirurgische Fistelexzision bei Fundoplicatio nach Nissen
Durchfälle nach radiologische Kontrast- chirurgische PEG-Benutzung mitteldarstellung über Fistelexzision, die PEG oraler Kostaufbau
Schlussfolgerung: Die gastrokolische Fistel ist eine seltene Komplikation der PEG, die oft erst nach Dislokation der Halteplatte in das Kolon mit einer Latenz von bis zu mehreren Jahren symptomatisch wird. Diarrhöen unmittelbar nach PEG-Benutzung, Koterbrechen, Gedeihstörungen und Übelkeit sind die häufigsten Symptome, die an eine gastrokolische Fistel denken lassen sollten. Therapeutisch werden chirurgische Fistelexzision und ggf. Kolonsegmentresektion durchgeführt. In einigen Fällen ist jedoch eine Sondenentfernung mit anschließendem Spontanverschluss der Fistel ausreichend. Bei unseren eigenen Patienten wurde bisher noch keine gastrokolische Fistel nach PEG-Anlage diagnostiziert. Zur Vermeidung dieser Komplikation bei der PEG-Anlage punktieren wir mit einer dünnen Nadel unter Aspiration. Luftaspiration vor endoskopischer Sicht der Nadel im Magen weist auf eine Koloninterposition hin. Außerdem erfolgt die PEG-Anlage nur bei guter Diaphanoskopie.
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DGKJ-PO-186 Erste Ergebnisse der Expression von Nestin bei nekrotisierender Enterokolitis- Marker des regenerierenden Endothels? Chr. Brochhausen1, Chr. B. Wiedenroth1, W. Coerdt2, C. J. Kirkpatrick1 1REPAIRlab, Institut für Pathologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2Abteilung für Kinderpathologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Einleitung: Nestin ist ein Intermediärfilament, welches in frühen Stadien der Entwicklung exprimiert wird und dann durch unterschiedliche gewebespezifische Intermediärfilamente ersetzt wird. Daher wurde Nestin zunächst als Marker für Stamm- und Progenitorzellen angesehen. Aktuelle Untersuchungen konnten demonstrieren, dass Nestin bei der Tumorvaskulogenese in situ und während der Endothelproliferation in vitro exprimiert wird. In der vorliegenden Untersuchung wurde die Nestinexpression der Gefäße in Präparaten mit nekrotisierender Enterokolitis von Neugeborenen und Säuglingen analysiert und mit Präparaten von Wundrändern erwachsener Patienten verglichen. Material und Methoden: Präparate von Säuglingen (unter 3 Monaten, n=5) mit nekrotisierender Enterokolitis und Präparate von Wundrändern erwachsener Patienten (n=5) wurden Antikörpern gegen Nestin (1:200 und 1:1000) mittels automatisierter Immunhistologie gemäß standardisierter Methoden nach der Peroxidase-Methode gefärbt. Als Kontrolle wurde normales Brustdrüsengewebe gefärbt. Ergebnisse: Granulationsgewebe der Präparate mit nekrotisierender Enterokolitis zeigten eine sehr starke Expression von Nestin, insbesondere in kleinen Gefäßen. Im Granulationsgewebe von erwachsenen Patienten konnte eine mäßiggradig bis starke Nestinexpression vor allem in kleinen Gefäßen und Kapillaren nachgewiesen werden. In normalem Brustdrüsengewebe zeigte sich in kleinen Gefäßen und Kapillaren eine gering bis mäßiggradige Expression von Nestin. Diskussion: Nestin wird in Granulationsgewebe und hier insbesondere in neu gebildeten Kapillaren stark exprimiert, während größere Gefäße nur eine mäßiggradige Expression dieses Intermediärfilamentes zeigen. Diese Ergebnisse unterstützen vorangegangene Untersuchungen, wonach Nestin bei der Angiogenese und proliferierendem Endothel nachgewiesen wurde. Die äußerst starke Expression von Nestin in Granulationsgewebe von Säuglingen gibt Hinweise auf die Unterschiede der Wundheilung bei Kindern und Erwachsenen. Weitere Untersuchungen zur Nestinexpression in Gefäßen von Kindern unterschiedlichen Alters und Erwachsenen sind nötig zur Klärung der Rolle von Nestin bei der Angiogenese bzw. Hömöostatse im Gefäßbett. Insgesamt eröffnen diese ersten Ergebnisse interessante Aspekte zur Pathophysiologie der entwicklungsabhängigen Wundheilung und für innovative Ansätze im Rahmen der Regenerativen Medizin zum Wohle pädiatrischer Patienten. DGKJ-PO-187 Calprotectin im Stuhl von Kindern ≥3 Jahre mit Verdacht auf chronisch-entzündlicher Darmerkrankung Chr. Prell1, C. Waschk1, J. Pereira1, M. Alberer1, T. Arenz1, P. Bufler1, S. Koletzko1 1Klinikum der Universität München, München Hintergrund: Calprotectin ist ein Proteinbestandteil von neutrophilen Granulozyten. Erhöhte Calprotectin-Konzentrationen im Stuhl finden sich bei entzündlichen Veränderungen des Darmes. In der Literatur liegen für symptomatische Kinder bisher nur wenige Daten zur diagnostischen Treffsicherheit dieses Markers vor. Fragestellungen: Wie sicher schließt ein negativer Calprotectinwert das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) aus? Wie sicher werden Kinder mit M.Crohn bzw. Colitis ulcerosa durch einen positiven Test erkannt? Methodik: Es wurden alle pädiatrischen Patienten ≥3 Jahre eingeschlossen, bei denen im Zeitraum vom 03/2003 bis 05/2005 wegen gastrointestinaler Beschwerden eine Calprotectin-Bestimmung im Stuhl (Calprotectin-Test, Fa. NovaTec) durchgeführt wurde. Bei Mehrfachmessungen wurde nur der erste Wert berücksichtigt. Die Akten aller
Kinder wurden auf die endgültige Diagnose gesichtet. Eltern von Kindern mit einem Normalbefund (0–50 μg/g) oder grenzwertigem Ergebnis (50–100 μg/g) wurde ein standardisierter Fragebogen zur Erfassung der jetzigen Beschwerden, weiterer diagnostischer Maßnahmen seit der Vorstellung und ein Stuhlröhrchen zur erneuten CalprotectinBestimmung zugeschickt. Ergebnisse: In den 26 Monaten wurden 1022 Calprotectin-Messungen durchgeführt. Nach Ausschluss von Mehrfachmessungen, Patienten <3 oder >18 Jahre, Patienten mit bereits bekannter CED, akuter oder chronischer Erkrankung oder Operation am Magendarmtrakt (frische Zöliakie, Kurzdarm, allergische Colitis, CF, Immundefekt, infektiöse Gastroenteritis) verblieben 150 Patienten. Von diesen waren 110 Befunde negativ, 5 grenzwertig und 35 positiv. Von 82 der 115 Patienten (71%) mit negativem/grenzwertigem Calprotectin erhielten wir bis zum 10.05.07 einen vollständig ausgefüllten Fragebogen. 77 Patienten (67%) sendeten zusätzlich eine Stuhlprobe. Die Calprotectin-Messung ergab in 75 von 77 Fällen ein negatives Ergebnis, einschließlich aller 5 Kinder mit grenzwertigem Befund. Zwei Proben ehemals negativer Patienten zeigten ein grenzwertiges Ergebnis (gerade durchgemachte Gastroenteritis) bzw. ein positives Ergebnis (103 μg/g, zwischenzeitlich wegen Dünndarmpolyp und Invagination operiert). Alle Patienten, bei denen endoskopisch die Diagnose M. Crohn (n=20) oder Colitis ulcerosa (n=5) gesichert werden konnte, hatten ein positives Testergebnis (Spannbreite 101–5700 μg/g). Bei den verbleibenden 10 Patienten mit positivem Calprotectin-Test blieb die Diagnose unklar. Eine Nachuntersuchung ist geplant. Schlussfolgerung: Ein negativer Calprotectin-Wert scheint eine CED ziemlich sicher auszuschließen, da keiner der 77 nachuntersuchten Patienten im Verlauf von 15–38 Monaten eine CED entwickelte. Symptomatische Patienten, bei denen die diagnostische Abklärung eine CED ergab, wurden durch die Calprotectinmessung erkannt. Der Einsatz einer weiterführenden Diagnostik ist bei Fällen mit wiederholt erhöhtem Calprotectin angeraten. DGKJ-PO-188 Stellenwert der Calprotectin-Messung bei Kindern ≥3 Jahren mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (CED) J. Pereira1, Chr. Prell1, C. Waschk1, M. Alberer1, T. Arenz1, P. Bufler1, S. Koletzko1 1Klinikum der Universität München, München Hintergrund: Zur Einschätzung der Krankheitsaktivität von Kindern mit CED werden im klinischen Alltag und für Studien Aktivitätsindices (AI) verwendet, in denen sowohl klinische Symptome als auch Laborparameter eingehen. Danach wird die Aktivität in Remission, leichte, mittelschwere und schwere Aktivität eingestuft. Wir konnten zeigen, dass die fäkale Calprotectin-Konzentration (fCal) ein empfindlicher Parameter für Entzündung im Darm ist und gut zwischen Kindern mit funktionellen Darmbeschwerden und Kindern mit CED bei Diagnose diskriminiert. Fragestellung: Wie korreliert fCal bei Kindern mit CED mit den AI, bzw. einzelnen Blutparametern (BSG, CRP, Albumin, Hb, Leukozyten). Wie oft finden sich erhöhte fCal-Werte trotz klinischer Remission, bzw. normales fCal bei leichter, mittelschwerer oder schwerer Krankheitsaktivität? Methodik: Wir untersuchten retrospektiv alle Patienten ≥3 Jahre mit Colitis ulcerosa (CU) und M. Crohn (MC), bei denen zwischen März 2003 und Mai 2005 alle Daten zur Berechnung der AI und zeitgleich fCal gemessen wurde. Folgende AI wurden bestimmt: bei MC: PCDAI und modifizierter Lloyd Still Index (mLS), bei CU: UCAI und mLS. In die Analyse wurde von jedem Kind nur die erste Untersuchung mit vollständigem Datensatz aufgenommen. Ergebnisse: Insgesamt untersuchten wir 104 Patienten, 36 mit CU (18 männlich, 18 weiblich) und 68 mit MC (45 männlich, 23 weiblich). Es zeigte sich keine Korrelation zwischen fCal und Geschlecht bzw. Alter. Negative Korrelationen fanden sich zwischen fCal und mLS (r=–0,58, p<0,0001 für CU und r=–0,41, p<0,0001 für MC), Albumin i.S. (r=– 0,42, p<0,0001) und Hb-Wert (r=–0,42, p<0,0001) nur bei MC. Die fCal-Werte korrelierten positiv mit dem PCDAI (r=0,46, p<0,0001)
und dem UCAI (r=0,44, p<0,01). Für die Entzündungswerte im Blut fand sich nur bei MC eine signifikante Korrelation mit dem fCal (CRP: r=0,34, p<0.05, BSG: r=0,55, p<0,0001). Nur 10 von 34 MC Kindern in klinischer Remission (PCDAI <10) und 8 von 18 UC-Kindern in Remission (UCAI <3) hatten ein normales fCal (<50 mg/g Stuhl). Umgekehrt fand sich ein normales fCal nur bei 1 von 34 Kindern mit aktivem MC, bzw. 1 von 18 mit aktiver CU. Schlussfolgerung: Die Messung von fCal ist ein sensitiver Marker zur Erfassung von entzündlicher Aktivität im Darm. Wir vermuten, dass eine Mukosaheilung nur bei der Hälfte der CU-Patienten bzw. ein weniger als ein Drittel der MC-Patienten mit klinischer Remission – angezeigt durch AI – eingetreten ist. Langzeituntersuchungen müssen klären, ob ein normaler fCal-Wert ein prädiktiver Parameter für eine länger anhaltende Remission ist. DGKJ-PO-189 Intestinale Lymphangiektasie nach pränatalem Volvulus D. Scholz1, J. Enders1, H. Lehmann1, G. Alzen1, K.-P. Zimmer1 1Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-v.-Liebig-Universität, Gießen Fragestellung: Die intestinale Lymphangiektasie manifestiert sich als exsudative Enteropathie und tritt sekundär außer bei entzündlichen, infektiösen oder malignen Erkrankungen des Dünndarms auch bei portaler Hypertension oder Behinderung des zentralvenösen Abflusses auf. Wir berichten über einen Fall von sekundärer kongenitaler intestinaler Lymphangiektasie nach pränatalem Volvulus. Material und Methode: Ein neun Monate alter Säugling wurde uns mit Verdacht auf Morbus Waldmann (primäre intestinale Lymphangiektasie) aus Russland zur Diagnostik vorgestellt. Nach vorzeitiger Entbindung in der 37. SSW wegen Gestose war das Mädchen ab dem 4. Lebenstag unter dem Verdacht auf eine Duodenalatresie intensivmedizinisch behandelt worden. Im Alter von 2 Wochen waren ein mesenteriales Lymphangiom und 6 cm Dünndarm reseziert worden. Im Anschluss an eine Phase guten Gedeihens unter Hydrolysatnahrung entwickelte sich unter Muttermilchernährung eine chronische Diarrhö mit Hypoproteinämie, Anasarka und Gedeihstörung. Die tägliche parenterale Substitution von Albumin, Immunglobulin oder frisch gefrorenem Plasma über einen zentralvenösen Katheter war durch Thrombosierung der linken Vena jugularis interna kompliziert worden. Ergebnisse: Die Stuhluntersuchungen zeigten eine stark erhöhte Ausscheidung von Alpha-1-Antitrypsin stellvertretend für den enteralen Verlust an Plasmaproteinen ohne Hinweise auf eine Entzündung oder Infektion des Darmes. Eine Störung der Glykosylierung (CDG-Syndrom) oder des Aminosäurestoffwechsels wurde ausgeschlossen. Die bei sonographischen Hinweisen auf Volvulus durchgeführte Kernspintomographie demonstrierte einen Abbruch der jejunalen Mesenterialgefäße mit Kollateralisierung über die kolischen Gefäße bei Fehlen der normalen Darmdrehung. Die perkutane transluminale Zöliakographie wurde durch einen thrombotischen Verschluss der Arteria femoralis superficialis kompliziert, der rasch kollateralisierte. Die Trombophiliediagnostik war negativ. Unter Therapie mit niedermolekularem Heparin und Ersatz der Nahrungsfette durch mittelkettige Triglyceride und essenzielle Fettsäuren sistierten die Diarrhö und der enterale Proteinverlust, so dass auf die parenterale Substitution vollständig verzichtet werden konnte. Diskussion: Die anatomischen Verhältnisse sprechen für einen präoder perinatal abgelaufenen Volvulus mit Kollateralisierung der verschlossenen Mesenterialwurzel und Ausbildung einer sekundären intestinalen Lymphangiektasie. Die resultierende exsudative Enteropathie verschwand unter Elimination langkettiger Fettsäuren aus der Nahrung, wobei der Beitrag des Heparins erst nach Beendigung der Therapie deutlich werden wird. Schlussfolgerung: Die rasche Ausbildung einer kollateralen Gefäßversorgung ermöglichte in diesem Fall eines pränatalen Volvulus mit Verschluss der Mesenterialwurzel das Überleben. Das beschriebene Krankheitsbild stellt eine seltene Differenzialdiagnose der kongenitalen intestinalen Lymphangiektasie dar. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts DGKJ-PO-190 Buried-Bumper-Syndrom nach perkutaner endoskopischer Gastrostomie (PEG) bei Kindern und Jugendlichen H. Köhler1, T. Lang2, R. Behrens3 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Kinderklinik St. Hedwig, Regensburg; 3Klinikum Süd, Nürnberg Klinik für Kinder und Jugendliche, Nürnberg Bei länger andauernder insuffizienter oraler Nahrungs- oder Flüssigkeitszufuhr ist die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) die Methode der Wahl zur Platzierung einer intestinalen Ernährungssonde. Eine bisher im pädiatrischen Patientengut nur anekdotisch berichtete Komplikation der PEG ist das Einwachsen der inneren Halteplatte in die Magen- bzw. Bauchwand, auch buried bumper syndrome (BBS) genannt. Klinisch fällt das BBS meist durch eine mangelnde Mobilisierbarkeit oder Funktionsuntüchtigkeit der PEG Sonde auf. Wir analysierten die BBS Fälle in 3 kindergastroenterologischen Schwerpunkten. Während des Beobachtungszeitraumes von 17 Jahren wurden 700 PEG durchgeführt und insgesamt 17 BBS Fälle beobachtet. Dies entspricht einer BBS Prävalenz von 2,4%. Das Patientenalter war 2–18,5 Jahre (Median 6 Jahre 9 Monate), PEG Liegezeit 2–48 Monate (Median 19 Monate), Indikation zur PEG waren 13× zentrale Dysphagie, 3× Herzfehler, 1× Stoffwechseldefekt. Neun Patienten wurden von Angehörigen und 8 Patienten von professionellem Personal betreut. In 8 Fällen konnte die eingewachsene innere Halteplatte mittels endoskopisch-kontrollierter push and pull Technik in 2 Fällen endoskopisch-interventionell (ektr. Messer / Fistulotom) in 7 Fällen nur chirurgisch mobilisiert werden. Das BBS ist auch bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten. Die Pflege der PEG mit täglichem Einschub der Sonde in den Magen ist ein wichtiger Nachsorgepunkt durch den sich diese Komplikation in der Regel vermeiden lässt. Wenn die innere Halteplatte sich in der Magenwand und (noch) nicht in der Bauchwand befindet lässt sich durch eine endoskopische Interventionen eine Operation vielfach vermeiden. DGKJ-PO-191 Vorläufige Daten der prospektiven, multizentrischen Invaginationsstudie bei Kindern im Alter <15 Jahre Chr. Klodt1, A. Jenke1, P. Wintermeyer1, S. Wirth1, U. Heininger2 1Klinikum Wuppertal GmbH Zentrum f. Kinder- u. Jugendmedizin, Wuppertal-Barmen; 2Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel Obwohl die Invagination eine der häufigsten Erkrankungen in der pädiatrischen Gastroenterologie ist, gibt es nur wenige verlässliche Daten über die exakte Inzidenz, prädisponierende Faktoren und die optimale konservative Therapie. In Anbetracht der kürzlich eingeführten Rotavirus-Impfstoffe sind diese Daten von umso größerer Bedeutung. Studiendesign: Die Erhebung epidemiologischer und therapeutischer Daten erfolgte im Rahmen einer nationalen, multizentrischen, prospektiven Studie. Über die „Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen“ (ESPED) wurden Invaginationsfragebögen an die behandelnden pädiatrischen und kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen verschickt. Ergebnisse: Das vorliegende Datenmaterial umfasst die ersten 10 Monate der auf 2 Jahre angelegten Studie. Von 348 pädiatrischen Abteilungen wurden insgesamt 565 nachgewiesene Invaginationsfälle gemeldet, 55,6% davon bei Kindern im Alter unter 2 Jahren. Die ermittelte Inzidenz in dieser Altersgruppe lag bei 26,8/100000 Lebendgeburten/ Jahr mit einer klaren Knabenwendigkeit von 2,1:1 und liegt damit im gleichen Bereich wie die von Heininger et al. für die Schweiz ermittelte Inzidenz von 31/100000 Lebendgeburten/Jahr. Insgesamt erfolgte bei 19,9% der Fälle eine operative Reposition (5% primär, 15% sekundär nach missglückter konservativer Therapie). Bei der konservativen Therapie zeigte sich die Reposition mit Luft unter radiologischer Kontrolle den anderen Therapieoptionen deutlich überlegen. Hier konnte in 95,5% der Fälle erfolgreich desinvaginiert werden, dies gelang bei Ultraschall basierten Verfahren nur in 81,5% der Fälle (p<0,05). Der prozentuale Anteil der im Alter von 6 Monaten mit Muttermilch er-
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nährten Säuglinge lag mit 20% niedriger als erwartet. Muttermilch scheint also in dieser Altersgruppe ein protektiver Faktor zu sein. Zusammenfassung: Die optimale konservative Therapie scheint die Reposition mit Luft unter radiologischer Kontrolle zu sein bei einer recht hohen Gesamtinzidenz für operative Eingriffe. Für Säuglinge im Alter bis 6 Monaten scheint Muttermilch eine protektive Rolle zu spielen, wobei aufgrund der noch niedrigen Fallzahl keine statistische Signifikanz erreicht wird. Diese Daten mögen hilfreich sein, die konservative Therapie und die Prävention von Invaginationen in Zukunft zu optimieren. DGKJ-PO-192 Heftiges Erbrechen und schwere Vigilanzstörung nach Intoxikation mit Ricinussamen F. G. Struwe1, K. Nüsken1, R. Jung1, N. Naumann1, L. Nährlich1, W. Rascher1 1Kinder- und Jugendklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen Hintergrund: Intoxikationen mit Samen des Wunderbaums (Ricinus communis, Palma Christi) sind selten, verlaufen aber häufig schwer mit ausgeprägter gastrointestinaler und neurologischer Symptomatik. Todesfälle sind berichtet worden. Fallbericht: Ein 31/2 Jahre altes Mädchen wurde abends somnolent in unserer Notfallambulanz vorgestellt, nachdem es seit dem Mittag heftig und anhaltend erbrochen habe. Die Erzieherin berichtete, dass das Kind am gleichen Tag morgens mit einer Tüte Ricinussamen gespielt habe. Am Abend sei ihr aufgefallen, dass die Tüte geöffnet worden war und 4 Samen fehlten. Das Mädchen wurde mit ausgeprägter Blässe, reduziertem Turgor, Tachykardie, wechselnder muskulärer Hypotonie, Apathie bis Somnolenz vorgestellt. Es zeigte eingeschränkte Reaktionen auf Schmerzreize, eine deutlich verlangsamte Reaktion auf Ansprache und keine Lautäußerungen. Im Labor zeigten sich ein unauffälliges Blutbild einschließlich Differenzierung, eine leichte metabolische Azidose. Im Normbereich lagen Laktat, Nierenwerte, Leberenzyme, CRP, Glucose, und Gerinnung. Das EEG zeigte eine intermittierende Verlangsamung bitemporooccipital ohne relevante Seitendifferenz. Therapeutisch wurde das Mädchen intravenös rehydriert, einmalig mit Natrium-Bikarbonat gepuffert und erhielt per Magensonde Carbo medicinalis sowie Glaubersalz. Nach mehreren Stunden klarte das Mädchen zunehmend auf, so dass eine weitere intensivmedizinische Überwachung nicht mehr erforderlich war. Weitere engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen zeigten unauffällige Befunde. Diskussion: Der vorgestellte Fall zeigt geradezu klassisch, wie akzidentelle Ingestionen bei Unwissenheit über das Gefährdungspotential einer Substanz zu bedrohlichen Intoxikationen führen können. Ricinussamen enthalten (anders als das aus ihnen gewonnene Öl) hochtoxische Verbindungen, die schwere Vergiftungen bereits bei Aufnahme kleiner Mengen von Samen zur Folge haben können. Die Symptomatik des o.a. Falles ist gut vereinbar mit dem typischen Vergiftungsbild. Auch die laborchemischen Befunde sprechen gegen die Differentialdiagnose einer alleinigen schweren Dehydratation nach heftigem Erbrechen. DGKJ-PO-193 Omentum-Nekrose bei einem Kind mit Down-Syndrom P. Raffl1, M. Cont1, A. Wieser2, P. Andriolo3, J. Egger1 1Pädiatrie, Krankenhaus Franz Tappeiner Meran, Meran, Italien; 2Radiologie, Krankenhaus Franz Tappeiner Meran, Meran, Italien; 3Kinderchirurgie, Krankenhaus Bozen, Bozen, Italien Einleitung: Die Nekrose des Omentum majus ist eine seltene Ursache akuter Abdominalschmerzen im Kindesalter. Die Manifestation der Erkrankung ist häufig ein akutes Abdomen, das eine akute Appendizitis, eine akute Cholezystitis oder eine Torsion des Ovars vortäuschen kann. Pathogenetisch zeigt sich in den meisten Fällen eine Torsion der versorgenden Gefäße des Omentum majus mit daraus resultierendem Infarkt und Nekrose des betroffenen Gewebes. Wir berichten über eine Omentum-Nekrose bei einem Kind mit Down-Syndrom.
Patient und Methoden: Unser Patient, ein 6-jähriger mit Trisomie 21 klagte seit Stunden über zunehmende Schmerzen im rechten Unterbauch. Er hatte kein Fieber und kein Erbrechen. Bei der körperlichen Untersuchung war das Abdomen weich, es zeigte sich aber eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit des rechten unteren Quadranten sowie ein Loslassschmerz über dem McBurney-Punkt. Der linke Unterbauch war reizfrei. Die Sonographie des Abdomens zeigte eine venöse Stauung sowie ein Ödem des großen Netzes und freie Flüssigkeit zwischen den Darmschlingen. Die Appendix konnte nicht eindeutig identifiziert werden. Während des operativen Eingriffes wurde eine Omentum-Nekrose als Ursache der akuten Bauchschmerzen erkannt und die betroffenen Anteile exzidiert. Ergebnis: Der postoperative Verlauf war komplikationslos mit rascher Besserung. Schlussfolgerung: Klinisch ist es nicht möglich, die Omentum-Nekrose gegen häufigere Ursachen eines akuten Abdomens abzugrenzen. Ein Risikofaktor für die Omentum-Nekrose ist eine Adipositas, aufgrunddessen sollte auch bei Patienten mit Down-Syndrom bei akuten Bauchschmerzen eine Omentum-Nekrose in Erwägung gezogen werden. Der Ultraschall kann für die Differentialdiagnose hilfreich sein.
Pädiatrische Allergologie und Pulmologie II DKGJ-PO-194 Die Rolle der klassischen Antigen-Bindungsstelle (CDR-3) in einem murinen Asthma-Modell J. Wagner1, S. Kerzel1, H. W. Schroeder Jr.2, A.-Ö. Yildirim3, H. Fehrenbach3, R.F. Maier1, M. Zemlin1 1Phillips Universität Zentrum für Kinderheilkunde, Marburg; 2Developmental and Clinical Immunology, Birmingham (AL), USA; 3Zentrum für Innere Medizin, Marburg Das zentrale Effektormolekül der allergischen Immunantwort ist das IgE. Die Antigenspezifität des Antikörpers wird durch die klassische Antigenbindungsstelle vermittelt, wobei die Antigen-Antikörper-Interaktion im Wesentlichen über die complementarity determining regions (CDR) erfolgt. Im Zentrum der klassischen Antigen-Bindungsstelle befindet sich die CDR-3-Region. Experimentelle Daten deuten darauf hin, dass bestimmte Allergene außerhalb der klassischen Antigen-Bindungsstelle binden. Dies käme einer Superantigen-ähnlichen Interaktion gleich. Zentrale Fragestellung unserer Untersuchung war daher, welchen Einfluss qualitativ veränderte CDR-3-Regionen auf den allergischen Phänotyp haben. In unserem murinen Asthmamodell wurde als Allergen Ovalbumin verwendet, welches sich durch besonders hydrophobe Epitope auszeichnet. Daher haben wir transgene Mäuse verwendet, deren CDR-3 Region bevorzugt geladene (also nicht-hydrophobe) Aminosäuren enthält (ΔDid-Mäuse; n=28). Als Kontrolltiere wurden Wildtyp-Mäuse (bevorzugt neutrale Aminosäuren in CDR-3, n=41), sowie nicht-sensibilisierte Tiere beider Genotypen eingesetzt (n=10 pro Gruppe). Zur Abschätzung der bronchialen Reagibilität wurde eine in vivo Lungenfunktionsprüfung durchgeführt. Dabei reagierten alle sensibilisierten Tiere mit einer signifikanten bronchialen Hyperreagibilität auf inhalatives Methacholin. Zwar zeigten alle Tiere auf die Sensibilisierung einen signifikanten Anstieg des Serum-IgE, bei den ΔDid-Mäusen war dieser Anstieg jedoch signifikant vermindert (51%±9% gegenüber Wildtyp-Tieren; p<0.05). Darüber hinaus fand sich bei DDid-Mäusen eine signifikante Reduktion der eosinophilen Atemwegsentzündung in der bronchoalveolären Lavage (48%±15% gegenüber Wildtyp-Tieren; p<0.05). Insgesamt konnten wir zeigen, dass eine qualitativ veränderte CDR-3-Region wesentliche Parameter der allergischen Entzündungsreaktion beeinflusst. Dies unterstützt die Hypothese, dass die Allergen-IgE-Interaktion primär über die klassische Antigen-Bindungsstelle vermittelt wird. Unterstützt durch SFB/TR22 der DFG.
DGKJ-PO-195 Differentialdiagnose einer Pleuropneumonie: Wegener’sche Granulomatose A. Kapser1, L. Lassay1, A. Perez-Bousa2, Chr. Hohl3, N. Wagner1 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Pathologie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 3Radiologie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Die Wegener’sche Granulomatose ist eine seltene Erkrankung, die durch eine nekrotisierende granulomatöse Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Gefäße gekennzeichnet ist. Grundsätzlich kann jedes Organ betroffen sein, vorwiegend zeigt sich ein Befall der Nieren sowie des oberen und unteren Respirationstraktes. Der Erkrankungsgipfel liegt um das 50. Lebensjahr, Männer erkranken häufiger als Frauen, Kinder erkranken selten. Wir präsentieren den seltenen Fall einer Wegenerschen Granulomatose bei einem 15 Jahre alten Jungen, der initial wegen einer Pleuropneumonie behandelt wurde. Seit 14 Tagen bestand ein trockener Husten, intermittierendes Fieber und Nachtschweiß, welche zunächst antipyretisch und mit Amoxicillin behandelt wurden. Bei zunehmendem Pleuraerguß wurde eine i.v.-antibiotische Therapie mit Cefuroxim und Tobramycin und eine orale Antibiose mit Clarithromycin begonnen. Im Verlauf stellte sich radiologisch weiterhin eine Pleuropneumonie mit Teilatelektase links basal dar, subfebrile Temperaturen blieben bestehen und es war nur ein mäßiger Abfall der Entzündungsparameter zu verzeichnen. Daraufhin wurde bei therapierefraktärer Pneumonie ein CT des Thorax durchgeführt, welches außer der Pleuropneumonie mit angrenzenden Dystelektasen zusätzlich beidseits pulmonale teils pleuraständige Rundherde zeigte. Um ein Malignom auszuschließen, wurde eine chirurgische Exploration mit Lungenkeilresektion des rechten Ober-und Unterlappens durchgeführt. Vorher wurde ein Tuberkulin-Test angelegt, der negativ war. In der Histologie zeigte sich das Bild einer nekrotisierenden Vaskulitis mit multiplen epitheloidzelligen Granulomen und einer Eosinophilie, damit vereinbar mit einer Wegener’schen Granulomatose. Im Serum fiel ein grenzwertig erhöhter ANCA-Titer auf. Unter der Therapie mit Prednisolon, Cotrimoxazol und Methotrexat zeigten sich eine Rückläufigkeit der Verdichtung links basal und der Rundherde sowie eine Normalisierung der Entzündungsparameter. Dieser Fall zeigt, dass eine Wegener’sche Granulomatose auch bei Jugendlichen mit einer antibiotisch therapierefraktären Pneumonie (ohne Nierenbeteiligung) mit in die Differentialdiagnostik einbezogen werden sollte. Hier kann bei unspezifischem Röntgenbefund der Lunge ein CT des Thorax zur differentialdiagnostischen Abklärung hilfreich sein. Die endgültige Diagnosestellung konnte in diesem Fall erst durch den histologischen Nachweis erfolgen. DGKJ-PO-196 Allergische Erkrankungen – Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) M. Schlaud1, K. Atzpodien1, W. Thierfelder1 1Abt. Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Robert Koch-Institut, Berlin Im bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KIGGS) wurden von 2003–2006 an einer populationsbezogenen Stichprobe von 17.641 0- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen Daten zu verschiedenen Aspekten des Gesundheitszustands erhoben; darunter auch zu den atopischen Erkrankungen Asthma, atopisches Ekzem und Heuschnupfen sowie zum allergischen Kontaktekzem. Bei den 3bis 17-jährigen Probanden wurde zusätzlich eine Blutprobe entnommen und das Serum auf spezifische IgE-Antikörper gegen 20 verbreitete Allergene untersucht (Dermatophagoides pteronyssinus, Dermatophagoides farinae, Katzenschuppen, Pferdeepithelien, Hundeschuppen, Eiklar, Erdnuss, Sojabohne, Milcheiweiß, Karotte, Kartoffel, Weizenmehl, Grüner Apfel, Reis, Roggenpollen, Lieschgraspollen, Cladosporium herbarum, Aspergillus fumigatus, Birkenpollen, Beifußpollen). Dabei kam das Testsystem Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts IMMUNOCAP der Firma Phadia zum Einsatz. Die Bestimmungen wurden auf dem UNICAP 1000 (Phadia) durchgeführt. Die Konzentrationsangaben erfolgten in kU/l und zusätzlich in daraus abgeleiteten 6 Klassen. Ab Klasse 1 oder höher (=0,35 kU/l) wurde das Testergebnis als positiv gewertet. Elternangaben über allergische Erkrankungen liegen für 98,9% und IgE-Titer für 87,7% der untersuchten Probanden vor. Die Lebenszeitprävalenz (LZP) mindestens einer atopischen Erkrankung betrug 22,9% (95%KI 22,0–23,7%), die 12-Monats-Prävalenz (12MP) 16,1% (15,4–16,8%), Jungen (17,3; 16,3–18,2%) waren häufiger betroffen als Mädchen (14,9; 14,0–15,8%). Kinder mit Migrationshintergrund waren aktuell seltener von einer atopischen Erkrankung betroffen, ebenso Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus. Die LZP des allergischen Kontaktekzems lag nach Elternangaben bei 9,9% (9,4–10,5%), Mädchen (13,8; 12,9–14,8%) waren häufiger betroffen als Jungen (6,2; 5,6–6,9%). 40,8% (39,6–42,0%) der 3- bis 17Jährigen waren gegenüber mindestens einem der getesteten Allergene sensibilisiert, Jungen (45,0; 43,5–46,5%) häufiger als Mädchen (36,4; 35,0–37,9%). In den alten Bundesländern war die LZP des allergischen Kontaktekzems höher (10,2; 9,6–10,9%) als in den neuen Bundesländern (8,4; 7,4–9,6%); ansonsten zeigten sich keine statistisch signifikanten Ost-West-Unterschiede. Die KiGGS-Daten liefern erstmals bundesweit repräsentative Daten über allergische Erkrankungen und Sensibilisierungenbei Kindern und Jugendlichen. Die beobachteten Prävalenzunterschiede stehen in weitgehender Übereinstimmung mit bisherigen Studien und können die Hygienehypothese stützen. Die Prävalenzen zwischen Ost- und Westdeutschland scheinen sich inzwischen vollständig angenähert zu haben. Weitere analytische Auswertungen sind in Vorbereitung. DGKJ-PO-197 Zurückgezogen DGKJ-PO-198 Seltene Differentialdiagnose eines kongenitalen Stridors – Die Wertigkeit der Babylungenfunktion anhand eines Fallberichts P. Salfeld1, M. Albiez1, J. Lange1, A. Superti-Furga1, M. Kopp1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg Einleitung: Der kongenitale Stridor ist eine häufige Fehlbildung. In der diagnostischen Abklärung ist die Babylungenfunktion ein einfach durchführbares, sensitives und nicht-invasives Verfahren. Wie wir mit unserem Fallbericht zeigen möchten, kann die Babylungenfunktionsuntersuchung das weitere Procedere maßgeblich bestimmen. Fallbericht: Die Patientin hat sich im Alter von einem Jahr erstmals in unserer Ambulanz aufgrund eines oberen Luftwegsinfektes vorgestellt. In der körperlichen Untersuchung war ein ausgeprägter inspiratorischer Stridor auffällig, der laut Angaben der Eltern seit dem 3. Lebenstag über das ganze erste Lebensjahr bestand. Dieser verschlimmerte sich in Rückenlage als auch – wie in diesem Fall – im Infekt. Es wurde eine Baby-lungenfunktionsuntersuchung in Sedierung durchgeführt (Viasys / Jaeger BabyBodyplethysmograph, Deutschland). Hier zeigte sich die für die Laryngomalazie – die häufigste Ursache des kongenitalen inspiratorischen Stridors – typische hahnenkamm-förmige Zackelung im inspiratorischen Schenkel der Fluss-Volumenkurve. In der Resistance-Schleife jedoch imponierte die Veränderung im Inspirationsschenkel als fixe Obstruktion. Aus diesem Grund wurde eine Bronchoskopie durchgeführt. Dabei wurde eine zystische Raumforderung im Larynxbereich gesehen und die seltene Diagnose einer Larynxzyste gestellt. Aufgrund der bedrohlichen Obstruktion erfolgte nach Intubation und MRT-Bildgebung zunächst die Punktion der Zyste. Im weiteren Verlauf muss nun anhand der klinischen Symptomatik über eine operative Entfernung der Zyste entschieden werden. Schlussfolgerung: Die Babylungenfunktion kann mittels Erfassung der Fluss-Volumenkurve bei Ruheatmung sowie der Resistance-Schleifen nützliche Informationen bezüglich der Lokalisation (intra-/extrathorakal) und der Pathologie (variabel/fixiert) des kongenitalen Stridors
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liefern. Bei der Laryngomalazie, mit 60% die häufigste Ursache des kongenitalen Stridors, finden sich charakteristische inspiratorische Veränderungen, die in der Babylungenfunktion zweifelsfrei abgebildet werden können. Bei zusätzlichen pathologischen Befunden ist wie in unserer Kasuistik eine Bronchoskopie indiziert. DGKJ-PO-199 Kongenitale pulmonale Lymphangiektasie N. Spychalski1, M. Kandler2, H. Köhler2, R. Carbon1, T. Zimmermann2 1Kinderchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik, Erlangen; 2UniversitätsKinderklinik, Erlangen Bei der pulmonalen Lymphangiektasie (PL) handelt es sich um eine seltene, angeborene Anomalie der pulmonalen Lymphgefäße. Erstmals beschrieben wurde diese von Virchow 1856. Die Prognose ist schlecht und häufig bereits in der neonatal Periode letal. Wir berichten von einem männlichen Säugling, der in der 38. SSW mit einem Geburtsgewicht von 3500 g und 52 cm Körpergröße und einem Apgar-Score von 10/10 nach 5 und 10 Minuten geboren wurde. Nabelschnur pH 7,14, unauffälliges Neugeborenen-Screening. Im Altern von 6 Wochen wurde uns der Säugling mit zunehmender Dyspnoe und intercostalen Einziehungen vorgestellt. Mit Sättigungsabfällen unter 80% war der Säugling sauerstoffpflichtig. Die initiale Röntgen Thoraxaufnahme zeigte Dystelektasen und interstitielle Infiltrate, laborchemisch fielen erhöhte Entzündungsparameter auf. Bei ausbleibender Besserung unter intravenöser Antibiotikatherapie und inhalativer Behandlung erfolgte ein CT des Thorax. Hier zeigten sich vor allem Infiltrate in den posterioren Arealen des oberen und unteren Lungenlappens beidseits. Kardiale Ursachen konnten ausgeschlossen werden, Blutkulturen und mikrobiologische Untersuchungen des Trachealsekrets waren unauffällig. Bei fortbestehender Sauerstoffabhängigkeit wurde die Indikation zur offenen Lungenbiopsie gestellt. Makroskopisch zeigte sich ein emphysematös verändertes Lungengewebe, mikroskopisch waren die interlobären Septen verdickt und die pulmonalen Lymphgefäße aufgeweitet. In den Gefäßen zeigte sich myxoides Gewebe. Es erfolgte eine Lymphabflussszintigraphie der oberen und unteren Extremität, hier war kein eindeutig pathologischer Befund zu erheben. Es konnte die Diagnose einer kongenitalen pulmonalen Lymphangiektasie gestellt werden. Eine Behandlung mit hochdosierten Glukokortikoiden und Hydroxychloroquinsulfat wurde eingeleitet. Der weitere Verlauf war erfreulich. Im Alter von 9 Monaten wog der Junge 7890 g bei einer Größe von 74 cm, Atemfrequenz 40–60/Min., pCO2 50 mmHg, O2Sättigung 95% mit 1–1,5 l O2/min. Wie in diesem Fall gezeigt und bereits in einzelnen Fällen vorbeschrieben ist ein Überleben mit einer kongenitaler pulmonaler Lymphangiektasie möglich. DGKJ-PO-200 Hereditäres Angioödem – nicht immer eine einfache Diagnose Chr. Peiser1, R. Keitzer1, I. Schulze1, U. Wahn1, V. Wahn1 1Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Universitätsmedizin Berlin, Berlin Einführung: Beim klassischen Weg der Komplementaktivierung hat der C1‑Inhibitor die Funktion, einer unkontrollierten Bildung von Kininen entgegenzuwirken. Beim hereditären Angioödem (HAE), dem häufigsten Komplementdefekt, liegt eine Mutation des für den C1-Inhibitor kodierenden Gens auf Chromosom 11 vor, so dass es zu einem Mangel (HAE Typ I) oder einer Dysfunktion (HAE Typ II) des C1-Inhibitors kommt. Der Vererbungsmodus ist meist autosomal dominant; die Neumutationsrate beträgt 20%. Beim sehr seltenen Typ III (Östrogen-abhängiger Typ) wird der C1-Inhibitor durch Proteinbindung inaktiviert. Das klinische Bild des HAE wird durch das plötzliche Auftreten von Gewebsschwellungen bestimmt, die je nach Schweregrad und Lokalisation zu unterschiedlichen Komplikationen führen können. Kasuistik: Wir berichten über ein Mädchen konsanguiner Eltern, das
nach unauffälligem Schwangerschaftsverlauf als Erstgeborenes auf die Welt kam. Die Säuglings- und Kleinkinderzeit verlief unauffällig. Im Alter von 5 Jahren traten wiederholt nicht-entzündliche, nichtschmerzhafte Schwellungen eines Fußes auf, welche sich nach wenigen Tagen wieder zurückbildeten. Die rheumatologische Diagnostik zeigte keine pathologischen Werte. Weiterhin wurde das Mädchen einmal ohne ersichtlichen Grund für wenige Minuten bewußtlos. Die neurologische Untersuchung ergab einen Normalbefund. Mit 7 Jahren kam es erneut zu Schwellungen von Fuß und Hand, weswegen weitere diagnostische Schritte erfolgten. Dabei fand man, dass der C1-Inhibitor mit 5 mg/dl deutlich unterhalb des Normbereiches lag, womit die Diagnose eines HAE eindeutig gestellt war. Zur Behandlung wurde ein C1-Inhibitor-Konzentrat verschrieben, welches als Notfallmedikament im Falle einer bedrohlichen Schwellung im Bereich der Atemwege vom Notarzt intravenös gegeben werden sollte. Im Verlauf hatte das Mädchen weitere Schwellungen eines Fußes, einmal traten abdominelle Beschwerden auf und zweimal kam es zum Quinckeödem. Beurteilung: Die Klinik des HAE hängt vor allem von der Lokalisation des Ödems ab. Die Schwellung eines Fußes oder einer Hand ist zwar lästig, aber nicht schmerzhaft oder gefährlich. Die bei dem vorgestellten Mädchen aufgetretene Bewusstlosigkeit könnte durch eine zerebrale Schwellung ausgelöst worden sein, die abdominellen Beschwerden durch Schwellungs zustände der Darmwand. Schlussfolgerung: Die hier gezeigte Kasuistik macht deutlich, wie schwierig eine frühzeitige Diagnosestellung eines HAE sein kann, weil einerseits die Symptome recht unspezifisch sind und andererseits zunächst andere, weitaus häufigere Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden müssen. So kommt es, dass obwohl sich über die Hälfte aller Erkrankungen bereits in der ersten Lebensdekade manifestieren, die Diagnose eines HAE meist erst jenseits des 30. Lebensjahres gestellt wird. Angesichts der Tatsache, dass das HAE tödlich verlaufen kann, ist eine solche Latenzzeit inakzeptabel. DGKJ-PO-201 Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Kindern mit ambulant erworbenen Pneumonien und begleitendem Pleuraerguss in Deutschland und Frankreich – eine retrospektive Untersuchung Y. Struss1, K. Kunkel1, A. Heinzmann1, S. Bui2, R. Berner1, A. Superti-Furga1, M. Kopp1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg; 2Hôpital Pellegrin-Enfant, Bordeaux, Frankreich Hintergrund: Pleuraergüsse sind häufige Komplikationen einer bakteriellen Pneumonie im Kindesalter. Bislang gibt es jedoch keine einheitlichen Therapieempfehlungen. Fragestellung: Unterscheidet sich die diagnostische und therapeutische Vorgehensweise bei Kindern mit ambulant erworbenen Pneumonien und begleitendem Pleuraerguss in Deutschland und Frankreich? Methode: Es wurden alle Krankenakten von Kindern, die mit einem Diagnoseschlüssel „Krankheiten der Pleura“ (ICD-10: J90, J91, J 86.0, J86.9) zwischen 2001 und 2006 hospitalisiert waren, durchgesehen. Aus Freiburg (F) gingen n=28, aus Bordeaux (B) n=58 Kinder in die weitere Auswertung ein. Ergebnisse: Die untersuchten Patienten waren bei Diagnosestellung im Mittel 7,3 (F) bzw. 5,5 (B) Jahre alt und waren 12,5 (F) bzw. 15,1 (B) Tage hospitalisiert. Das Verhältnis von betroffenen Jungen und Mädchen betrug 1,8:1 (F) bzw. 1,5:1 (B). Die häufigsten Symptome bei Aufnahme waren Husten (F: 89%; B: 72%), Fieber (F: 82%; B: 68%), Reduktion des Allgemeinzustandes (F: 82%; B:65%), Dyspnoe (F: 42%; B: 55%) und Abdominalschmerzen (F: 28%; B: keine Angaben). Bei der initialen laborchemischen Untersuchung betrug das CRP 139,3 mg/l (F: Range 3–303 mg/l) bzw. 193,8 mg/l (B: Range 5–500 mg/l), die Leukozytenzahlen lagen bei 15,9 (F: Range 5,7 28,9 G/l) bzw. 16,0 (B: Range 1,3–37,0 G/l). In Bordeaux wurden 79% (46/58) der Kinder punktiert, in Freiburg 31% (9/28), dabei gelang im Punktat bei 46% (B) bzw. 33% (F) ein Erregernachweis (B: Pneumokokken 50%, β-hämolysierende Streptokokken 21%, Staph. aureus 17%,
Mykoplasmen 8%; F: Pneumokokken 39%, Staph. aureus 10%, Mykoplasmen 10%). Während des Krankenhausaufenthaltes erhielten alle Kinder in Bordeaux und Freiburg eine antibiotische Therapie (F: Dauer im Mittel 17 Tage; Range: 3–38 Tage). In Freiburg wurden 6 von 28 Kindern mit einer Pleuradrainage entlastet (21%), in Bordeaux 37 von 58 Kindern (64%). In Freiburg erhielten zur antiphlogistischen Therapie des Pleuraergusses 43% der Kinder Ibuprofen, 5 von 28 Kindern (28%) erhielten eine systemische Steroidtherapie mit Prednisolon i.v. In Bordeaux erhielt kein Kind Antiphlogistika oder Steroide. Schlussfolgerung: Sowohl die diagnostische wie auch die therapeutische Vorgehensweise bei Kindern mit ambulant erworbenen Pneumonien und begleitendem Pleuraerguss unterscheiden sich in Freiburg und Bordeaux erheblich. Für evidenzbasierte Therapieempfehlungen, z.B. zur Entlastung des Ergusses mittels Punktion, zur Dauer der antibiotischen Therapie oder zum Einsatz von Antiphlogistika, sind prospektive klinische Studien notwendig.
Nephrologie II DGKJ-PO-202 Steroidsensibles Nephrotisches Syndrom (SSNS): Langzeitanalyse zur psychosozialen Belastung (PSB) E.-M. Rüth1, T. Neuhaus2, M. Landolt3, M. Kemper4 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Pädiatrische Nephrologie, Universitätskinderklinik, Zürich, Schweiz; 3Abteilung für Psychosomatik, Universitätskinderklinik, Zürich; 4Univ.-Kinderklinik Eppendorf, Hamburg Hintergrund: In einer Querschnittsuntersuchung erhobene Daten zeigten eine erhöhte psychosoziale Belastung und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen mit steroidsensiblem nephrotischem Syndrom (Rüth J Pediatr 2004). Wir untersuchten, ob sich in der Langzeitevaluation die psychosoziale Belastung bei diesen Patienten unter Berücksichtigung des Krankheitsverlaufs verändert. Patienten und Methoden: 40 Patienten wurden innerhalb von 12 Monaten zweimal untersucht (Alter bei Zweituntersuchung 10.6 (520) Jahre). Die PSB wurde mittels „Child Behavior Checklist (CBCL)“ und „Teacher Report Form (TRF)“ ermittelt. Beide Testverfahren erfassen jeweils 3 Scores: Internalisierung (Zurückgezogenheit, Angst, Depression, somatische Beschwerden), Externalisierung (Aggressivität, Aufmerksamkeitsdefizite, delinquentes Verhalten) und einen Gesamtscore. Ergebnisse: Die Eltern beurteilen die PSB im Verlauf vergleichbar zur Ausgangsuntersuchung, unabhängig von der Therapie. Hingegen bewerteten Lehrer die 18 schulpflichtigen Patienten, die weder Steroide noch steroidsparende Medikation benötigten, signifikant positiver hinsichtlich des internalisierenden (P=0.021) und des Gesamt-Scores (P=0.004). Der externalisierende Score zeigte sich leicht verbessert (P=0.09). Fazit: Auch die Langzeitdaten belegen eine psychosoziale Belastung bei SSNS. Hier zeigte sich die Notwendigkeit einer medikamentösen Therapie mittels Steroiden oder steroidsparenden Medikamenten als negativer Einflussfaktor auf die psychosoziale Belastung der Patienten. Die unterschiedliche Beurteilung durch Eltern und Lehrer ist möglicherweise durch eine größere Objektivität der Lehrpersonen bedingt. DGKJ-PO-203 Eine seltene Konstellation: Autosomal rezessives Alport-Syndrom und ADPKD in Kombination bei drei Söhnen konsanguiner Eltern M. Feldkötter1, B. Beck1, S. Habbig1, K. Zerres2, M. Nagel3, B. Hoppe1 1Universitäts-Kinderklinik Köln, Pädiatrische Nephrologie, Köln; 2Institut für Humangenetik der Universität Aachen, Aachen; 3Zentrum für Nephrologie und Stoffwechsel, Weißwasser Einleitung: Zystische Nierenerkrankungen und das Alport-Syndrom sind die beiden häufigsten genetischen Ursachen einer chronischen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Niereninsuffizienz (CNI). Dabei ist die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) mit einer Häufigkeit von 1:1000 die häufigste hereditäre monogene Nephropathie. Ungefähr 80-90% der Patienten weisen eine Mutation im PKD1-Gen (16p13.3) auf. Eine CNI tritt in der Regel um das 55. Lebensjahr auf. Die zweithäufigste erbliche Ursache ist das Alport-Syndrom. Ungefähr 85% der Fälle sind X-chromosomal bedingt, die Prävalenz des hier beschriebenen autosomal rezessiven Alport-Syndroms (COL4A3 und COL4A4, 2q36-q37) beträgt 1:50000. Fallbericht: Wir berichten über eine seltene Konstellation zweier hereditärer monogener Nierenerkrankungen in einer türkischen Familie, deren drei Söhne an ADPKD und/oder Alport-Syndrom erkrankt sind. Die Eltern der Patienten sind konsanguin. Mütterlicherseits ist die ADPKD über 3 Generationen zurück zu verfolgen. Die Mutter sowie einer ihrer Brüder sind erkrankt, der Großvater ist dialysepflichtig, seine Mutter starb mit 52 Jahren an einer Leber- und Nierenerkrankung. Väterlicherseits ist die Familienanamnese unauffällig. Die 1993 geborenen zweieiigen Zwillingsbrüder R.D. und S.D. sind seit ihrem 3. Lebensjahr klinisch auffällig. Bei R.D. fielen eine persistierende Hämaturie und eine Proteinurie auf, sonographisch zeigte sich ein unauffälliger Nierenbefund. Die Nierenbiopsie bestätigte die Verdachtsdiagnose Alport-Syndrom. Unter Therapie mit ACE-Hemmern persistiert die Hämaturie, die Nierenfunktion ist uneingeschränkt. Im Jahr 2001 erfolgte der Nachweis einer cochleären Schwerhörigkeit. Bei S.D. erfolgte 1996 der erste sonographische Zystennachweis mit deutlicher Progredienz im Verlauf, bei stabilen Nierenfunktionswerten. Im Jahr 1999 wurde der jüngere Bruder M.D. geboren. Bei ihm fielen bald sowohl Nierenzysten als auch eine Mikrohämaturie auf. Unter Therapie mit ACE-Hemmern stabile Nierenfunktion, er entwickelte ebenfalls eine Schwerhörigkeit. Wegen der ADPKD wurde bei den Patienten R.D. und S.D. sowie bei deren Mutter und dem Großvater eine indirekte Genotyp-Analyse durchgeführt. Diese zeigte ein, mit der Konstellation vereinbares Ergebnis, indem alle drei Erkrankten auf 16p13.3 einen identischen Haplotyp aufweisen, der phänotypisch nicht erkrankte Bruder R.D. aber einen anderen mütterlichen Haplotyp. Das AlportSyndrom konnte, neben dem positivem Biopsie Ergebnis bei S.D., auch molekulargenetisch mit einer homoyzgoten Frameshift-Mutation im Exon 41 des COL4A3-Genes bei den Patienten S.D. und M.D., einer Heteroyzgotie beider Eltern und einem negativem Mutationsbefund bei R.D. bestätigt werden. Wir finden in der hier beschriebenen Familie die äußert seltene Kombination zweier hereditärer Nierenerkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit an beiden gleichzeitig zu erkranken liegt bei 1:50000000. Die Situation in dieser Familie ist jedoch höchstwahrscheinlich einzigartig. DGKJ-PO-204 Inzidenz des Nephrotischen Syndroms in Deutschland abschließende Daten der ESPED-Studie I. Franke1, C. Lawrenz1, M. J. Lentze1 1Universitätsklinik, Zentrum für Kinderheilkunde, Pädiatrische Nephrologie, Bonn Einleitung: Zur Planung und Durchführung von Therapiestudien ist die Inzidenz des nephrotischen Syndroms (NS) von herausragender Bedeutung. Bislang wurde die Inzidenz des NS in Deutschland mit 12 / 100.000 Kinder- und Jugendliche <18 Jahren geschätzt. Seit 1.1.2005 wird die Erstmanifestation des NS im Rahmen der monatlichen ESPED-Erhebung in allen deutschen Kinderkliniken erfragt. Mit Stand vom 01.04.2007 werden Daten aus dem Jahr 2005 und 2006 wiedergegeben. Ergebnisse: Insgesamt sind 392 Meldungen eingegangen. 218 Meldungen betrafen das Jahr 2005, 174 das Jahr 2006. Davon 27 Fehl- und 16 Doppelmeldungen. 60 Bögen sind bis jetzt nicht zurückgesandt worden. 289 Bögen konnten ausgewertet werden. Das mittlere Alter war 5,6 Jahre, davon 4 Neugeborene und 3 Säuglinge. Leichte Knabenwendigkeit mit 0,6:0,4. Ausländischer Herkunft waren 33% der Pati-
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enten. Ein steroidsensibles NS hatten 236, ein steroidresistentes NS 39 P, 9 P wurden nicht mit Steroiden behandelt. Biopsiert wurden 57 P, davon hatten 24 eine minimal change Glomerulonephritis, 18 eine fokal-segmental sklerosierende GN (FSGS), 4 P eine Purpura Schönlein Hennoch GN, 4 weitere eine diffuse mesangiale Sklerose, und jeweils ein P eine IgA-Nephritis, eine Immunkomplex GN, eine mesangioproliferative GN, sowie eine membranöse GN Typ 2. Bei 3 P lag keine Histologie vor. Eine oder mehrere Infektionen erlitten 60 P, davon 3 P eine Sepsis, 2 P eine Peritonitis. Eine Thrombose trat einmal auf. Schlussfolgerung: Die vorläufige Inzidenz des NS in Deutschland beträgt 1,1 / 100.000<18 Jahren. Der Anteil ausländischer Kinder ist erwartungsgemäß hoch. Die FSGS ist mit 6,3% relativ selten. Lebensbedrohliche Infektionen spielen eine untergeordnete Rolle. Die Häufigkeit der Thrombose bei Erstmanifestation des NS beträgt 0,0035:1. Angesichts der geringen Inzidenz des NS wird die Implementierung eines deutschen Nephroseregisters empfohlen. Danksagung: Finanziell ermöglicht wird die Studie durch die Spende des Bonner Fördervereins für nierenkranke Kinder und Jugendliche e.V. www.nierenkranke-kinder.org. Wissenschaftlich beauftragt wird die Studie durch die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie www.apn-online.de DKGJ-PO-205 Langzeitverlauf nach Rituximab bei steroid-abhängigem nephrotischen Syndrom und idiopathischer Thrombozytopenie K. Benz1, K. Dittrich1, D. Stachel1, W. Rascher1, J. Dötsch1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Hintergrund: Der CD20-Antikörper Rituximab wurde zuletzt vereinzelt erfolgreich bei Patienten mit schweren Verläufen eines idiopathischen nephrotischen Syndroms als Rescuetherapie eingesetzt. Bisher gibt es allerdings noch keine Berichte über Langzeitergebnisse. Fallbericht: Wir stellen einen 20 Jahre alten Patienten vor, der im Alter von 2 Jahren an einem nephrotischen Syndrom (NS) erkrankte. Bei häufigen Rezidiven und schliesslich Steroidabhängigkeit erhielt der Patient insgesamt 2× orales Cyclophosphamid, Cyclosporin A und Tacrolimus, ohne dass das Problem der Steroidabhängigkeit gelöst werden konnte. Histologisch zeigte sich zunächst eine minimal change Glomerulopathie, im Verlauf dann eine fokal segmentale Glomerulosklerose. Es erfolgte eine Dauertherapie mit Cyclosporin A und einer niedrigen Steroiddosis. Hierunter zeigte der Patient schwere Steroid-Nebenwirkungen mit Adipositas (BMI max. 42 kg/m2), Katarakt und ausbleibender Pubertätsentwicklung. Jeder Versuch der Steroidreduktion führte zu einem erneuten Rezidiv. Im Alter von 15 Jahren entwickelte der Patient eine idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), die weder auf Immunglobuline noch auf Steroidtherapie dauerhaft ansprach. Deshalb wurde der Patient mit 4 wöchentlichen Gaben des Anti-CD20 Antikörpers Rituximab (je 375 mg/m2) behandelt. Seither trat kein Rezidiv der ITP auf. In den ersten 17 Monaten nach Rituximab hatte der Patient auch kein Rezidiv des NS, in den nachfolgenden 4 Jahren traten insgesamt 5 Rezidive auf, die alle mit Steroiden behandelbar waren und keine Steroidabhängigkeit zeigten. Der Patient hat seit ca. 5 Jahren keine Dauersteroidtherapie mehr, erhält aber weiterhin Cyclosporin A. Es zeigten sich keine Rituximab-assoziierten Nebenwirkungen und der BMI des Patienten besserte sich, ebenso zeigte sich ein rasches Voranschreiten der Pubertät nach Absetzen der Steroide. Diskussion: Die Rituximabbehandlung löste bei unserem Patienten das Problem der ITP und veränderte den Langzeitverlauf des schweren steroidabhängigen NS, indem zunächst über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren kein Rezidiv mehr und im weiteren bis zum heutigen Tag (5,5 Jahre nach Therapie) keine Steroidabhängigkeit mehr auftrat.
DKGJ-PO-206 Zunahme der arteriellen Steifigkeit bei Kindern nach Nierentransplantation S. Briese1, M. Claus1, U. Querfeld1 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin Hintergrund: Kardiovaskuläre Komplikationen gefährden das Langzeitüberleben nach erfolgreicher Nierentransplantation. Gegenwärtig werden geeignete Methoden zur individuellen Risikoabklärung gesucht. Methodik: Wir untersuchten 36 Patienten im Alter von 6 bis 18 Jahren nach Nierentransplantation. Zum Zeitpunkt der Untersuchung befanden sich die Patienten in unterschiedlichen Stadien der Niereninsuffizienz bei funktionierendem Nierentransplantat. Die Diagnostik umfasste morphologische und funktionelle Surrogatparameter von kardiovaskulären Veränderungen: die Intima Media Dicke (IMT) der Arteria carotis, sowie die Pulswellengeschwindigkeit (PWV) und den Aortalen Augmentationsindex (AIx). AIx und PWV wurden als Maß der arteriellen Compliance durch Messung der Pulswelle der Arteria carotis und Arteria femoralis rechnerisch ermittelt (SphygmoCor Gerät). Ergebnisse: Patienten und gesunde Kontrollen hatten ein mittleres Alter von 14 Jahren. Die IMT war bei Patienten und Kontrollen nicht signifikant verschieden. Deutliche Unterschiede zeigte die Messung des AIx mit einem signifikanten Anstieg um 50%: Der mittlere AIx betrug bei Gesunden – 28,2% und bei den Transplantierten – 14,4%. Auch die PWV zeigte einen Anstieg um 15% (4,74 m/s vs. 5,43 m/s). Betrachtet man die verschiedenen Stadien (1–4) der chronischen Niereninsuffizienz (CNI), zeichnet sich ein Trend zu einer Zunahme sowohl im AIx als auch in der PWV ab. Zusammenfassung: Bei transplantierten Kindern und Jugendlichen lassen sich mit nichtinvasiven Verfahren funktionelle Veränderungen der großen Arterien nachweisen, vor allem eine deutliche Abnahme der arteriellen Elastizität gekennzeichnet durch einen Anstieg des AIx und der PWV. n
Stadium CNI
Alter
GFR*
Alx
PWV
IMT
matose ausgeschlossen und die Diagnose eines BP gesichert. Therapie und Verlauf: Wir begannen eine systemische Therapie mit Decortin. Unter dieser Therapie entwickelte der Junge immer wieder verschieden große hämorrhagische Bullae am gesamten Integument. Es bestand ein erheblicher Pruritus, über die nässenden Blasen kam es zu einem Verlust von Albumin. Die Therapie mit Decortin verhinderte allenfalls eine Befundprogression, bei jeglicher Reduktion kam es zu einer prompten Verschlechterung des Krankheitsbildes. Im Verlauf entwickelte der Patient ein Cushing sowie eine Hypertonie. Weder die regelmäßige Gabe von intravenösen Immunglobulinen, noch die Immunsuppression mit Cellcept (Mycophenolatmofetil), Cyclosporin A und Dapson führten zu einer längerfristigen Besserung. Aufgrund des mangelhaften Ansprechens und den Nebenwirkungen der Medikamente, entschieden wir uns im Oktober zu einer Therapie mit Rituximab. Nach Implantation eines Hickman-Katheters gaben wir eine einmalige Dosis von 375 mg/m2 KOF Rituximab. Schon am Folgetag besserte sich das Hautbild deutlich. Die CD 19/20 positiven Zellen sanken bis auf wenige, innerhalb von 2 Monaten bestanden wieder Normalwerte. Unter der Reduktion und dem Ausschleichen der immunsuppressiven Therapie traten in der Folge keine neuen Bullae mehr auf. Diskussion: Rituximab ist zugelassen für die Behandlung von Lymphomen. Für die erfolgreiche Behandlung des Pemphigus vulgaris und des Pemphigus foliaceus gibt es Einzelberichte (1, 2). Das Management schwerer bullöser Hauterkrankungen ist eine Gradwanderung zwischen einer lebensbedrohlichen Erkrankung und dem limitierten Potential und den Nebenwirkungen systemischer Therapien (2). Wie in den zitierten Fällen (1, 2), gab der refraktäre Verlauf für die multiplen immunsuppressiven Medikamente die Entscheidung die Therapie mit Rituximab zu beginnen. Literatur (1) Connelly EA, Aber C, Kleiner G, Nousari C, Charles C, Schachner LA. Generalized erythrodermic pemphigus foliaceus in a child and its successful response to rituximab treatment. Pediatr Dermatol 2007; 24(2):172–6. (2) Kong HH, Prose NS, Ware RE, Hall RP. Successful treatment of refractory childhood pemphgus vulgaris with anti-CD20 monoclonal antibody (rituximab). Pediatr Dermatol 2005;22(5):461–4
(GFR*) 10
1 (≥90)
12,2
113
–13,8±16,6
5,2±0,5
0,56±0,06
15
2 (89–60)
13,6
74
–14,9±16,5
5,5±0,8
0,56±0,07
10
3 (59–30)
16,1
44
–15,6±12,8
5,4±1,2
0,50±0,02
1
4 (29–15)
18
26
4
7,2
–
0
5 (<15)
–
–
–
–
–
*mittlere Schwartz-Clearance
DGKJ-PO-207 Schweres bullöses Pemphigoid bei einem 5-Monate alten Kind – erfolgreiche Behandlung mit Rituximab J. Schulze1, P. Bader1, S. Zielen1 1Klinikum der J.W.Goethe-Univ. Zentrum der Kinderheilkunde, Frankfurt Einleitung: Das bullöse Pemphigoid (PB) ist in der Kindheit sehr selten, eine Abgrenzung von anderen subepidermalen Erkrankungen wie der linearen IgA-Dermatose und der kongenitalen Epidermolyse kann schwierig sein. Meist ist die Erkrankung unter der Therapie von topischen oder systemischen Steroiden selbst limitierend. Es gibt Berichte über die erfolgreiche Behandlung mit Dapson, Cyclosporin A und Azathioprin. Klinischer Fall: Der Ende Januar 2006 geborene Patient hatte Anfang Juni 06 beginnend an den Füßen einen bullösen Ausschlag entwickelt. In der serologischen Untersuchung fanden sich zirkulierende IgG-Autoantikörper, die linear an der Basalmembran binden. In der Spalthaut fanden sich ebenfalls bindende IgG-Autoantikörper. Kein Nachweis zirkulierender IgA-Autoantikörper. Damit war eine lineare IgA-Der-
Stoffwechsel II DGKJ-PO-208 Adipositas bei Kindern und Jugendlichen – Neurophysiologische Unterschiede im Vergleich zu Normalgewichtigen und Ergebnisse einer Interventionsstudie C. Schröder1, N. Utzig1, H. Hirschfeld1, K. Wagner1, J. Schmidt1, M. Jagdhuhn1, A. Hamm2, H. Lauffer1 1Neuropädiatrie und Stoffwechsel, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald; Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Greifswald; 2Institut für physiologische und klinische Psychologie/Psychotherapie, Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald, Greifswald Fragestellung: Welche somatischen und paraklinischen Parameter der Adipositas sind durch Interventionsprojekte positiv zu beeinflussen? Gibt es neurophysiologische Korrelate des unterschiedlichen Ess- und Bewegungsverhaltens Normalgewichtiger und Adipöser? Methodik: 45 adipöse Kinder und Jugendliche wurden ein Jahr lang betreut. Entsprechend den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter umfasste die Intervention Ernährungsumstellung, Bewegungs- und Sporttherapie sowie psychotherapeutische Begleitung. Somatische, paraklinische und psychologische Parameter, ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) und peripher physiologische Befunde wurden vor und nach Intervention erfasst. 30 Normalgewichtige stellten sich für die Neurophysiologie als Kontrollgruppe zur Verfügung. Visuell evozierte Potentiale (EKP) wurden nach Darbietung von Bildern 4 verschiedener Kategorien registriert. Bildinhalte waren Nahrungsmittel, bewegungsintensive Sportarten, diesbezüglich neutrale Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Bilder sowie emotional freundlich ansprechende Bilder. Die Messung erfolgte mit einem 128-Kanal-EEG-System. Ergebnisse: Nach der Intervention verbesserte sich der BMI-SDS (nicht signifikant: Mittelwert 2,26 vs. 2,18 kg/m2). Es kam zu einer signifikanten Abnahme des LDL/HDL-Cholesterin-Quotienten (2,62 vs. 2,37) und der ALAT (0,44 vs. 0,41 μmol/l). Harnsäure, Triglyzeride und TSH blieben unverändert. Die maximale Leistung in der Fahrradergometrie nahm signifikant zu (129 vs. 136 W). Bezogen auf das Körpergewicht blieb die Leistungsfähigkeit jedoch konstant (1,81 vs. 1,80 W/kg KG). Im Gruppenvergleich der EKP zeigte sich im Bereich der frontalen Kortexareale eine intensivere Reaktion der Adipösen auf Nahrungsbilder während die Normalgewichtigen ausgeprägter auf Bewegungsbilder reagierten. Schlussfolgerungen: Stoffwechselparameter im Sinne von kardiovaskulären Risikofaktoren und körperliche Leistungsfähigkeit sind durch Interventionsprojekte positiv zu beeinflussen. Adipöse und normalgewichtige Kinder verarbeiten visuelle Reize Ernährung und Bewegung betreffend im frontalen Kortex unterschiedlich. DGKJ-PO-209 Komorbiditäten bei Adipositas im Kindes- und Jugendalter: Einfluss einer einjährigen ambulanten Intervention B. Krämer1, R. Holl2, A. Artlich1, J. Laimbacher3 1St. Nikolaus-Kinderkrankenh., Ravensburg; 2Universitäts-Kinderklinik, Ulm; 3Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen, Schweiz Hintergrund: Die Prävalenz der Adipositas im Kindes- und Jugendalter hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Es existiert eine zunehmend große Zahl ambulanter und stationärer Therapieangebote. Die Evaluation solcher Programme hat sich bisher überwiegend auf die Veränderungen des BMI, selten auf das Ernährungs- und Bewegungsverhalten konzentriert. Der Fokus dieser Untersuchung waren Veränderungen medizinischer Komorbiditäten und Risikofaktoren des metabolischen Syndroms während einer einjährigen ambulanten Intervention (Kinder im Gleichgewicht – www.kig-adipositas.net). Methoden: 52 adipöse Kinder und Jugendliche (BMI >P97, 24 M : 30 F, mittleres Alter 12,1 a (range 7,2–17,5a)) wurden vor und nach einer einjährigen Schulung nach dem Konzept „Leichter, aktiver, gesünder“(1) evaluiert. Das Curriculum bestand aus 70 Einheiten (25 Theorie, 35 Sport, 10 Praxis) für die Betroffenen und 43 Einheiten (34, 3 bzw. 6) für die Eltern. 5 Kinder brachen die Intervention vorzeitig ab (11%). Ergebnisse: Die Evaluation schloss eine körperliche Untersuchung, eine Nüchternblutentnahme, einen oralen Glukosetoleranztest und die Anlage eines 24h-RR-Messgerätes ein. Initial fanden sich bei 84% aller Kinder Komorbiditäten, bzw. Risikofaktoren für Sekundär- und Folgeerkrankungen. Am Ende der Schulung war die Häufigkeit des metabolischen Syndroms von 24 auf 13.5%, die der arteriellen Hypertension von 33 auf 19 % zurückgegangen. BMI und medizinische Komorbiditäten vor und nach Ende der Intervention zeigt die ◉ Tab. Die statistische Testung erfolgte non-parametrisch mit dem signed-rank test.
T0 [mean ± SEM]
T1 [mean ± SEM]
Signifikanzniveau
BMI-SDS
2,38±0,06
2,24±0,09
p<0,05
Cholesterin [mg/dl]
181,9±4,2
171,9±4,5
p<0,05
Triglyceride ]mg/dl]
128,5±9,8
107,9±7,9
p<0,01
GOT / ASAT [U/L]
28,7±2,7
18,7±0,9
p<0,001
GPT / ALAT [U/L]
34,9±5,1
26,7±2,6
p<0,05
125,3±1,3
p<0,05
Blutdruck 128,5±1,5 systolisch tagsüber [mmHg]
Für die diastolischen Blutdrücke, HDL- und LDL-Cholesterin fanden sich keine signifikanten Unterschiede vor und nach der Intervention.
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Schlussfolgerung: Das Schulungskonzept „Leichter, aktiver, gesünder“ führt nicht nur zu einer signifikanten Reduktion des BMI, sondern verbessert auch kardiovaskuläre Risikofaktoren. Der Wirksamkeitsvergleich verschiedener Interventionen bei Adipositas sollte auch den Verlauf der genannten Komorbiditäten einschließen – vorzugsweise im langjährigen Verlauf. DKGJ-PO-210 Therapie des Adenosindeaminase-Mangels mit PEG-Adenosindeaminase U. Wintergerst1, J. Rosenecker1, M. Hershfield2, K. Schwarz3, Y. S. Shin4, B. Belohradsky1 1Klinikum der Universität München, München; 2Duke University, Durham, USA; 3Institut für Transfusionsmedizin, Ulm; 4Labor für Stoffwechselgenetik, München Hintergrund: Der Adenosindeaminase-Mangel (ADA-SCID) ist ein Stoffwechseldefekt, bei welchem es zu einer ausgeprägten Lymphopenie (<200/μl) mit den Symptomen eines kombinierten Immundefekts kommt. Ziel der Therapie ist es, die toxischen Metabolite (dAXP), die zur Apoptose von T-Zellen führen und normalerweise von der ADA abgebaut werden, zu verringern. Die Standardtherapie ist die Knochenmarktransplantation oder – bei fehlendem Spender, die regelmäßige Gabe von PEG-Adenosindeaminase (ADAGENR). Erstere benötigt einen HLA-identischen Spender und ist häufig mit neurologischen Komplikationen assoziiert. In jüngster Zeit wurde auch eine Genersatztherapie erfolgreich durchgeführt. Patient: Ein 5 Monate alter Junge wurde mit einer beatmungspflichtigen interstitiellen Pneumonie aufgenommen. In der BAL wurde Pneumocystis jirovecii nachgewiesen. Im Differentialblutbild fiel eine ausgeprägte Lymphopenie (2%, abs. 80/μl) auf. Während die T-ZellSubpopulationen „normal“ waren – ein Lymphozytentransformationstest konnte aufgrund der Lymphopenie nicht durchgeführt werden – konnte in den Erythrozyten keine Adenosindeaminase nachgewiesen werden. Die Diagnose eines ADA-SCID wurde molekulargenetisch gesichert. Da kein HLA-identisches Geschwister als KMT-Spender zur Verfügung stand, wurde eine Substitutionstherapie mit AdagenR (2×25–30 E/kg/Woche) eingeleitet. Es kam zu einer raschen klinischen Erholung, obwohl die Lymphozyten in den nächsten Monaten lediglich auf 1500–1800/μl und die CD3-Zellen auf ca. 20% anstiegen. Die toxischen Metabolite (dAXP) fielen innerhalb von 20 Wochen auf einen Wert unterhalb des Messbereichs ab. Das Kind ist asymptomatisch und hat sich bisher normal entwickelt. Schlussfolgerung: PEG-Adenosindesaminase reduziert effektiv die bei ADA-SCID anfallenden toxischen Metabolite.Sie hat den Vorteil gegenüber den anderen Therapiemodalitäten, dass sie rasch verfügbar ist. In vielen Fällen jedoch kommt es nur zu einer partiellen Immunrekonstitution. DGKJ-PO-211 Candida-assoziierte Kathetersepsis bei zwei Adoleszenten mit Methylmalonazidurie K. Halstenberg1, A. Groll1, F. Rutsch1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster Fragestellung: Infektionen mit Candida-Spezies treten vor allem bei immunsupprimierten onkologischen Patienten auf. Langandauernde Neutropenie begünstig die Entstehung von systemischen Candidainfektionen. Die Methylmalonazidurie (MMA) ist eine Organoazidopathie, bei der eine Störung des intramitochondrialen Abbaus von verzweigtkettigen Aminosäuren vorliegt. Das klinische Erscheinungsbild zeigt eine große Variabilität. Betroffene Patienten zeigen häufig eine Neutropenie. Berichte über Infektionen bei adoleszenten MMA-Patienten insbesondere mit Candida-Spezies liegen bisher nicht vor. Fallbericht: Wir berichten über zwei Patienten mit MMA, die seit
der Neonatalzeit regelmäßig in unserer Klinik betreut werden. Multiple Episoden mit Erbrechen und drohender Stoffwechsel entgleisung führten bei beiden Patienten zur Anlage einer PEG-Sonde und eines Port-Systems im Alter von 6 Jahren. Nach vorangehenden bakteriellen Septikämien trat im Adoleszenten alter eine Kathetersepsis mit Candida-Spezies auf. Der erste Patient wurde im Alter von 10 1/2 Jahren mit einer Stoffwechselentgleisung im Rahmen einer akuten Pankreatitis aufgenommen. Am dritten Tag begannen septische Temperatur verläufe. Ergebnisse der Blutuntersuchung: Leukozyten 1200/μl, Granulozyten 132/μl, CRP 17,5 mg/dl, Laktat 5,7 mmol/l, Ammoniak 278 μg/dl. Ergebnisse der Blutkulturen: Nachweis von Candida parapsilosis und Kocuria rhizophila. Es erfolgte die Portexplantation und eine Therapie mit Imipenem, Vancomycin, Caspofungin und Granulozyten-CSF. Bei Anstieg der Leberenzyme wurde die antimykotische Therapie auf Amphotericin B umgestellt. Diese Therapie wurde nach 2 Wochen auf Fluconazol umgestellt. Unter der Therapie kam es zu einer raschen Entfieberung und zur Normalisierung der Entzündungs-sowie Stoffwechsel parameter. Bei der zweiten Patientin trat im Rahmen einer Stoffwechselentgleisung zunächst eine Sepsis mit Staphylokkokus epidermidis auf. Das Port-System wurde explantiert und eine Therapie mit Vancomycin und Imipenem durchgeführt. Einen Monat nach Neuimplantation eines Ports trat erneut septisches Fieber auf. Im Genitalbereich, an der PEG-Austrittsstelle, sowie im Stuhl waren Hefen nachweisbar. Ergebnisse der Blutuntersuchung: Leukozyten 2700/μl, Granulozyten 972/μl, CRP 23,5 mg/dl, Laktat 8,8 mmol/l, Ammoniak 85 μg/dl. Ergebnisse der Blutkultur: Nachweis von Candida albicans. Im Thorax-CT fanden sich Zeichen für eine Candidapneumonie. Es erfolgte die Portexplantation und eine Therapie mit Voriconazol für 4 Monate. Die Therapie führte zu einer raschen Entfieberung, Normalisierung der Entzündungs- sowie Stoffwechselparameter und Rückbildung der pilzverdächtigen Herde. Diskussion: Patienten mit MMA leiden häufig unter Neutropenie und Stoffwechselentgleisungen mit Azidose sowie Dehydratation. In diesen Phasen sind sie, insbesondere bei dauerhaftem Vorhandensein von zentralvenösen Kathetersystemen, gefährdet, an einer Sepsis durch Candida-Spezies zu erkranken. DKGJ-PO-212 Klinik und Genetik der Generalisierten Infantilen Arterienkalzifikation (GACI) P. Böyer1, Y. Nitschke1, N. Ruf2, G. Weißen-Plenz3, D. Schnabel4, R. Terkeltaub5, F. Rutsch1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster; 2Max Delbrück Zentrum für Molekulare Medizin, Berlin; 3Medizinische Klinik C, Universitätsklinikum Münster, Münster; 4Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin; 5Rheumatology/Immunology, University of California San Diego, San Diego, USA Einleitung: Die Generalisierte Infantile Arterienkalzifikation (GACI, OMIM 208000) entsteht durch autosomal-rezessiv vererbte Defekte im ENPP1-Gen. Durch den resultierenden Mangel an anorganischem Pyrophosphat kommt es zu Hydroxylapatiteinlagerungen in die Media großer und mittlerer Arterien mit begleitender Intimaproliferation. Zusätzlich findet man periartikuläre Kalzifikationen. Betroffene Patienten versterben meist innerhalb der ersten Lebensmonate. Es stellt sich die Frage, wie häufig ENPP1-Mutationen bei klinisch diagnostizierter GACI vorkommen und ob sich Fälle mit und ohne Mutationen hinsichtlich Manifestation und klinischem Verlauf unterscheiden. Methoden: Molekulargenetische Untersuchung von 52 Patienten mit klinischer Diagnose GACI. Retrospektive Analyse der Patientendaten anhand standardisierter Fragebögen und Angaben in Veröffentlichungen. Analyse von Krankheitsmanifestation und klinischem Verlauf unter Berücksichtigung einer Bisphosphonattherapie. Ergebnisse: 40 der 52 Patienten hatten homozygote bzw. compoundheterozygote Mutationen im ENPP1-Gen, von diesen verstarben 26 innerhalb der ersten 7,5 Monate (Median: 20 Tage), 14 überlebten am
Zeitpunkt der Datenerhebung (Median: 4,5 Jahre). Bei 12 Patienten konnte keine Mutation nachgewiesen werden, von diesen überlebten sieben. 27 der 52 Patienten waren Frühgeborene, 26 wurden per Sectio geboren, 12 zeigten ein pathologisches CTG. 35 Kinder entwickelten Zeichen einer Herzinsuffizienz, 21 einen Bluthochdruck. Pulmonale Symptome fanden sich bei 26 Patienten, 20 wurden beatmungspflichtig. Gefäßkalzifikationen betrafen in erster Linie Aorta und Koronarien, bei verstorbenen Patienten zusätzlich häufig Aa. pulmonales und Aa. renales. 10 Patienten wiesen periartikuläre Kalzifikationen wiesen auf. Todesursache war meist Herzversagen. 4 der überlebenden Patienten zeigten einen spontanen Rückgang der Kalzifikationen. Unter Bisphosphonattherapie gingen die Kalzifikationen bei 8 von 14 Patienten zurück. Diskussion: 23% der klinisch diagnostizierten GACI-Fälle zeigten keine ENPP1-Mutation, sie unterschieden sich hinsichtlich der Krankheitsmanifestation nicht wesentlich von Patienten mit Mutationen, jedoch überlebten in dieser Gruppe 58%. Von den Patienten mit nachgewiesenen Mutationen überlebten nur 35%. Unter Bisphosphonattherapie überlebten 57% der behandelten Patienten, ohne Therapie nur 29%. Eine Bisphosphonattherapie bei GACI erscheint daher sinnvoll, ein einheitliches Behandlungsregime besteht bisher nicht. DGKJ-PO-213 Langzeitbetreuung von Patienten mit kindlicher Hypophosphatasie H. Girschick1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg Die Hypophosphatasie ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, welche einem autosomal-rezessiven Erbgang folgt. Der Defekt ist lokalisiert im Gen der gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase. Klinisch werden mehrere Phänotypen anhand der Schwere der Ausprägung unterschieden. Diese vermeintlich strikte Trennung lässt sich im klinischen Alltag nicht aufrechterhalten, am ehesten liegt ein Kontinuum des Schweregrades vor. Bei der kindlichen Hypophosphatasie stehen im Wesentlichen Rachitis-artige Veränderungen, Zahnprobleme, Kraniosynostosen und eine generelle Wachstumsstörung im Vordergrund. Im Alltag klagen die betroffenen Kinder häufig über Beinschmerzen, v.a. bei Belastung, welche zu einer zusätzlichen Einschränkung der Lebensqualität führt. Es besteht eine klinische Unsicherheit in wie weit diese klinische Variabilität lediglich vom genetischen Phänotyp oder auch von sekundären metabolischen Faktoren abhängt, die den Phänotyp beeinflussen können. Wir konnten in einer Kohorte von 18 Hypophosphatasie-Patienten einen als chronisch anzusehenden Hyperprostaglandinismus nachweisen, welcher direkt mit der Schmerzcharakteristik in Verbindung steht: nicht-steroidale Antiphlogistika haben hier eine entscheidende Verbesserung der körperlichen Aktivität erreicht. In-vitro-Zellkulturmodelle konnten zeigen, dass Pyrophosphate, welche im Rahmen des metabolischen Defektes sich im Körper konzentrieren ursächlich für die Produktion von Prostaglandinen sind. Der Langzeiteinsatz von nicht-steroidalen Antiphlogistika scheint keinen signifikanten Einfluss auf die Knochenentwicklung dieser Kinder zu nehmen. Knochendichteuntersuchungen konnten hier keinen zusätzlichen Effekt im Vergleich zum natürlichen Verlauf der Erkrankung zeigen. DGKJ-PO-214 Gelenkskomplikationen bei Patienten mit zystischer Fibrose H. Girschick1, H. Hebestreit1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg Patienten mit zystischer Fibrose erkranken bekanntermaßen häufig an chronischen Infektionen und nachfolgender Entzündung des Respirationstraktes. Häufig werden Staphylococcus aureus, Haemophilus influenza, Pseudomonas aeruginosa, Candida species und Aspergillus fumigatus als pathogene Erreger nachgewiesen. Die nachfolgende Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts chronische Entzündungsreaktion im Luftwegsbereich könnte weitere pathogenetische Mechanismen inflammatorischer Art in weiter entfernt liegenden Organen auslösen. In einer Kohorte von 87 Patienten mit zystischer Fibrose haben wir 6 Patienten beobachtet, welche an einer prolongiert chronisch-ablaufenden, am ehesten reaktiven Arthritis erkrankt waren. In 5 dieser Patienten waren weniger als 5 Gelenke, im Wesentlichen der unteren Extremitäten betroffen (Oligoarthritis). Eine Behandlung mit nicht-steroidalen Antiphlogistika war in all diesen Patienten effektiv. Bei 3 der Patienten traten Rezidive der Arthritis häufig auf, ein erneuter Ansatz von NSAID war jeweils erfolgreich. Ein 6. Patient war an einer septischen Arthritis erkrankt, ein bakterieller Erreger war allerdings aufgrund einer vorangehenden antibiotischen Therapie bei diesem Jungen nicht nachweisbar. Ein weiterer Patient war an einer septischen Arthritis der Knies inklusive Osteomyelitis des angrenzenden Femurs mit Nachweis von Candida albicans erkrankt. Hier war eine Langzeittherapie mit Antimykotika erforderlich. Aufgrund eines sehr schlechten Ernährungsstatus musste hier eine sekundäre Immundefizienz als Ursache für diese invasive Candida-Infektion angenommen werden. Zusammenfassend erscheinen Gelenkskomplikationen bei Patienten mit zystischer Fibrose häufig. Ein multidisziplinärer Ansatz in Diagnostik und Therapie ist erforderlich. Die meisten der Patienten zeigen eine prolongierte Arthritis am ehesten reaktiver Art, welche mit nicht-steroidalen Antiphlogistika effektiv therapiert werden kann. Am ehesten sind hier chronische Inflammationsprozesse, z.B. ausgelöst durch eine Überaktivität von Toll-like-Rezeptoren anzunehmen.
Stoffwechsel III
DGKJ-PO-215 Circadiane Untersuchungen von Coenzym Q10 in Plasma und Blutzellen T. Menke1, P. Niklowitz1, W. Andler1 1Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten-Herdecke, Datteln
DKGJ-PO-217 CoenzymQ10-Plasmaspiegel bei Kindern mit Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLOS) T. Menke1, P. Niklowitz1, J. Okun2, W. Andler1, D. Haas2 1Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten-Herdecke, Datteln; 2Sektion für angeborene Stoffwechselerkrankungen, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
Einleitung: Coenzym Q10 (CoQ10) spielt als Antioxidans und Elektronendonator in der Atmungskette eine wichtige Rolle. Die Substanz wird sowohl von menschlichen Körper selber produziert als auch über die Nahrung aufgenommen. Aufgrund seiner bioenergetischen und antioxidativen Eigenschaften erscheint die Bestimmung von CoQ10 bei Erkrankungen mit mitochondrialer Dysfunktion und oxidativem Streß auch im Kindesalter sinnvoll. Inwiefern der CoQ10-Status jedoch durch Aktivität und Nahrungsaufnahme beeinflusst wird und somit einer circadiane Rhythmik unterliegt, ist nicht bekannt. Methodik: Für die Bestimmung von CoQ10 im Plasma wurde bei 9 Erwachsenen über einen Zeitraum von 24 Stunden während des Tages in Zweistundenintervallen und während der Nacht in Dreistundenintervallen 2 ml Heparinblut gesammelt. Für die Analyse in Blutzellen wurde zudem um 8.00 h, 16.00 h und 22.00 h 2 ml EDTA-Blut gesammelt. Die Analyse von CoQ10 erfolgte mittels HPLC. Resultate: Die CoQ10-Spiegel im Plasma zeigen sich unverändert . Lediglich in der Nacht (3.00 h) findet sich ein diskrete Verminderung der Plasmakonzentration, die mit einer parallelen Erniedrigung der Cholesterinkonzentration im Plasma einhergeht. Die CoQ10-Konzentrationen in den Blutzellen zeigen ebenfalls keine Tagesschwankungen. Zusammenfassung: Der Coenzym Q10-Status in Plasma und Blutzellen ist weitgehend unbeeinflußt von Aktivität und Nahrungsaufnahme. Es erscheint sinnvoll, bei der Messung von alimentären Substanzen die erforderliche Blutentnahme morgens und nüchtern durchzuführen. In der Pädiatrie ist ein derartiges Vorgehen jedoch insbesondere im 1. Lebensjahr problematisch. Die hier erhobenen Daten lassen vermuten, dass der CoQ10-Status im Tagesverlauf individuell stabil bleibt und keinen circadianen Schwankungen unterliegt.
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DKGJ-PO-216 Smith-Lemli-Opitz-Syndrom, Defekt der Cholesterolbiosynthese H. Straßburger1, D. Haas2, A. Kühn-Remane1, M. Buller1 1Klinik für Kinder – und Jugendmedizin, HANSE-Klinikum Wismar, Wismar; 2Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Stoffwechselzentrum, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLOS) ist eine Erkrankung des Intermediärstoffwechsels, welche autosomal-rezessiv vererbt wird. Patienten mit SLOS haben einen Defekt des Enzyms 7-Dehydrocholesterol-Reduktase, die den letzten Schritt der Cholesterinbiosynthese katalysiert Dies führt zu einer erhöhten Plasmakonzentration der Cholesterinvorstufen 7- und 8-Dehydrocholesterol (7+8-DHC), sowie bei den meisten Patienten zu einer erniedrigten Cholesterinkonzentration. Fallbericht: Wir berichten über ein männliches, hypotrophes Neugeborenes. Der Schwangerschaftsverlauf war unauffällig. Die Geburt erfolgte in der 38. SSW bei intrauteriner Retardierung und Beckenendlage per Sectio caesarea. Auffällige Befunde bei der Erstuntersuchung waren Mikrocephalie, muskuläre Hypotonie, spitzhoher Gaumen, Retrognathie, Hexadaktylien der Füße beidseits; Syndaktylie der 2.und 3. Zehe beidseits und eine penoskrotale Hypospadie. Postnatal Probleme der oralen Ernährung bei fehlendem Saug,- und Schluckreflex. Passend zu den multiplen, angeboren Fehlbildungen zeigte sich eine deutlich erniedrigte Plasma-Cholesterinkonzentration.
Einleitung: CoenzymQ10 (CoQ10) spielt als lipophiles Antioxidans und als Elektronendonator in der Atmungskette im menschlichen Körper eine wichtige Rolle. Die Biosynthese der Isoprenseitenkette bei der körpereigenen Bildung von CoQ10 erfolgt über den Weg der Cholesterinsynthese. Erniedrigte CoQ10-Spiegel wurden bei Defekten im proximalen Cholesterolsyntheseweg (Mevalonazidurie) beschrieben. Zur Therapie des SLOS werden bei vielen Patienten HMG-CoA-Reduktase-Hemmstoffe eingesetzt. Inwiefern der CoQ10Status bei SLOS Patienten bereits vor Therapie verändert ist und ob er sich unter HMGCoA-Reduktase-Hemmstoffen,verändert, ist nicht bekannt. Methodik: Bei 12 Kindern mit SLOS [Therapie: Cholesterol (n=7), Cholesterol+ Simvastatin (n=5)] wurde der CoQ10-Spiegel im Plasma mittels HPLC gemessen und mit einem Vergleichsgruppe von gesunden gleichaltrigen Kindern (n=92) verglichen. Auch wurden die CoQ10Plasmaspiegel in den Therapieuntergruppen [Cholesterol (Gruppe A) versus Cholesterol+Simvastatin (Gruppe B)] miteinander verglichen. Resultate: Die CoQ10-Plasmaspiegel sind bei Patienten mit SLOS signifikant erniedrigt (0,62±0,18 pmol/μl versus 0,93±0,31 pmol/μl, p=0,0002). Die lipidkorrigierten CoQ10-Plasmaspiegel zeigen jedoch keinen signifikanten Unterschied im Vergleich zur Kontrollgruppe (240±73 μmol/molChol versus 257±77 μmol/mol Chol, p=0,308). In den Therapieuntergruppen der Patienten mit SLOS findet sich kein Unterschied im CoQ10-Plasmaspiegel (Gruppe A:0,64±0 pmol/μl, Gruppe B:0,62±0,21 pmol/μl, Gruppe A:244±81 μmol/molChol, Gruppe B:235±70 μmol/molChol). Diskussion: Die CoQ10-Plasmaspiegel bei Patienten mit SLOS sind signifikant erniedrigt. Der Unterschied hebt sich auf, wenn die CoQ0Konzentrationen auf den Plasmalipidgehalt bezogen werden. Es sind daher weitergehende Studien notwendig (z.B. intrazelluläre CoQ10Messungen in Blutzellen), um den CoQ10-Status bei Patienten mit
SLOS unabhängig vom Lipidgehalt zu untersuchen. Die zusätzliche Gabe von HMG-Reduktasehemmstoffen (Simvastatin) scheint keinen Einfluss auf den CoQ10-Plasmaspiegel bei Patienten mit SLOS zu haben. Verlaufstudien des CoQ10-Status bei einem größeren Patientenkollektiv vor und unter Therapie mit Statinen sind notwendig. DGKJ-PO-218 B Zell Differenzierung hin zu Plasmazellen in der Synovia bei Juveniler Idiopathischer Arthritis N. Suffa1, H. Morbach1, P. Richl1, M. Albers1, H. J. Girschick1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg Die Juvenile Idiopathische Arthritis (JIA) stellt eine der häufigsten Ursachen von Gelenkbeschwerden im Kindesalter dar. Vermutlich auf autoimmunologischen Prozessen beruhend steht die Synovitis im Vordergrund der Erkrankung. Das häufige Auftreten von Antinukleären Antikörpern bei der frühkindlichen Oligoarthritis, eine der häufigsten Sybtypen der JIA, weist auf eine Beteiligung von B Zellen in der Pathogenese der Erkrankung hin. Wir stellten die Frage, ob B Zellen im inflammatorischen Milieu der Synovitis zu (Auto)antikörper produzierenden Plasmazellen differenzieren können. Mittels durchflusszytometrischer Analyse gelang uns der Nachweis von Plasmazellen in der Synovialflüssigkeit in ungefähr einem Drittel der untersuchten Patienten (n=13). Eine Sequenzierung der Kappa Leichtkettengene einzelner Plasmazellen und Gedächtnis B Zellen erbrachte den Nachweis klonaler Differenzierung akkumulierter Gedächtnis Zellen zu Plasmazellen.Plasmazellen entstehen somit in situ in der Synovia von Kindern mit frühkindlicher Oligoarthritis durch antigenspezifische Aktivierung akkumulierter Gedächtnis B Zellen. DKGJ-PO-219 Korrelation zwischen Wachstumsparametern und mitochondrialer ATP-Produktion S. B. Wortmann1, H. Zweers2, R. Rodenburg3, E. Morava1 1Department of Pediatrics, Nijmegen Centre for Mitochondrial Disorders at the Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande; 2Department of Dietetics, Nijmegen Centre for Mitochondrial Disorders at the Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen; 3Lab Pediatrics and Neurology, Nijmegen Centre for Mitochondrial Disorders at the Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande Gedeihstörungen und Ernährungsprobleme sind ein häufiges Symptom bei Kindern mit primären Störungen der oxydativen Phosphorylierung (OXPHOS). Sekundäre Verminderung der mitochondrialen Funktion kommt auch bei Patienten mit extremer Mangelernährung vor. Aus früheren Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe ist bekannt, dass eine Optimalisierung des Ernährungszustands die residuale mitochondriale Energieproduktionskapazität erhöhen kann und zwar sowohl bei Patienten mit sekundären Mitochondriopathien, als auch bei Kindern mit primären OXPHOS Krankheitsbildern. Fragestellung: Somit ergibt sich die Frage, ob bei Patienten mit OXPHOS Erkrankungen eine lineare Korrelation zwischen Wachstumsparametern und ATP-Produktion besteht. Material und Methode: Die Wachtumsdaten von 81 aufeinanderfolgenden Kindern mit Verdacht auf eine mitochondriale Erkrankung wurden auf eine mögliche Korrelation mit der mitochondrialen ATPProduktion (gemessen in einer frischen Muskelbiopsie) hin untersucht. Die Kinder wurden in zwei Gruppen unterteilt: mit bzw. ohne nachweisbare Defizienz eines oder mehrerer Enzymkomplexe des OXPHOS-Systems. Ergebnisse: In der Gesamtgruppe aller Patienten mit einer mitochondrialen Dysfunktion korreliert die ATP-Produktionsrate signifikant mit Gewicht und Grösse in Bezug auf das Alter. Dies ist besonders deutlich bei Kindern ohne assoziierte Enzymdefizienzen des OXPHOSSystems. Keine signifikante Korrelation für die genannten Parameter
wurde in der Unterruppe von Kindern mit assoziierten Enzymkomplexdefizienzen gefunden. Schlussfolgerung: Der biochemische Nachweis einer verminderten Energieproduktion ist pathognomonisch für primäre Mitochondriopathien, jedoch kann eine mitochondriale Dysfunktion auch sekundär bei einem insuffizienten Ernährungszustand und/oder einer Gedeihstörung auftreten. Wir fanden eine signifikante Korrelation zwischen ATP-Produktion und Wachstumsparametern in der Gesamtgruppe von Kindern mit der klinischen Diagnose Mitochondriopathie. Die ATP-Produktion in Patienten mit assoziierter Defizienz eines oder mehrerer Enzymkomplexe des OXPHOS-Systems war deutlich niedriger als in der Gruppe der Patienten ohne. Insbesondere wurde in der letztgenannten Untergruppe keine signifikante Korrelation zu Gewicht und Grösse in Bezug auf das Alter gesehen. Die Wachstumsparameter und der Ernährungszustand sollten bei der Interpretation der biochemischen Befunde der Muskelbiopsie von Kindern mit Verdacht auf eine Störung des OXPHOS-Systems immer berücksichtigt werden. DGKJ-PO-220 Prozessqualität im Neonatalscreening auf angeborene metabole und endokrine Störungen: Ergebnisse aus dem nationalen Screeningreport der Deutschen Gesellschaft für Neugeborenenscreening U. Nennstiel-Ratzel1, A. Lüders1, U. Ceglarek2, I. Starke3, M. Stopsack4, E. Rauterberg5, O. Blankenstein6, Chr. Fusch7, A. Schulze8 1GE4 Public Health, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim; 2Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig; 3Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg; 4Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 5Zentrum für Kinderheilkunde der Justusv.-Liebig-Universität, Gießen; 6Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin; 7Kinderklinik, Ernst-MoritzArndt Universität, Greifswald; 8Department of Paediatrics, University of Toronto, Toronto, Kanada Hintergrund: Am 21.12.2004 änderte der gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) die Kinderrichtlinien und gab damit den Weg zur bundesweit einheitlichen Finanzierung des erweiterten Neugeborenenscreenings frei. In diesen Richtlinien sind Details des Screeningprozesses geregelt. Werden die Vorgaben der Screeningrichtlinien erfüllt oder können sie überhaupt erfüllt werden? Methode: Die Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening erfasst Prozessdaten und Ergebnisse aller deutschen Screeninglaboratorien und wertet diese aus. Hierzu melden einmal jährlich die 10 für das Screening in Deutschland zugelassenen Laboratorien Daten unter anderem zu Prozesszeiten, Recall Raten, Prävalenzen und Methoden. Ergebnisse: Im Jahr 2005 wurden in Deutschland 697.563 Kinder gescreent, das entspricht in etwa der Zahl der Neugeborenen. Auffällige Befunde mussten 8.183 mal kontrolliert werden. Damit liegt die Recall Rate bei 1,2% (Range der einzelnen Laboratorien 0,152,41% [17OHP=0,67%, TSH=0,14%, Biotinidase=0,03%, Galaktosämie=0,1%, MS/MS=0,26%] bezogen auf die zeitgerecht gescreenten Kinder). Bei 540 Kindern konnte eine der Zielkrankheiten bestätigt werden, d.h. eines von 1.290 Neugeborenen ist betroffen. Laut Screeningrichtlinien (§8, 1) soll die Blutprobe zwischen der 36. und 72. Lebensstunde abgenommen werden. In 76% der Fälle erfolgte die Blutentnahme richtlinienkonform, in 22,25% (Range 14,9342%) erst nach der 72. Stunde, in 1,75% (Range 0,96–4,26%) vor der 36. Stunde. Vor einer Frühentlassung (vor der 36. Stunde) soll eine erste Abnahme und nach der 36. Stunde die Kontrolle erfolgen (§8, 1). Diese erste Abnahme vor der 36.Stunde erfolgt in mindestens 30% der Fälle nicht. Die Zeitdauer zwischen der Blutentnahme und der Übermittlung eines auffälligen Befundes soll nicht über 72 Stunden liegen (§6, 3), in 22,3% (Range 3,25–46,7%) geht die Probe jedoch erst nach einem Zeitraum von mehr als 72 Stunden nach der Blutentnahme im Labor ein, in weiteren 22,32% (Range 10,2– 46,8%) der Fälle in dem Zeitraum zwischen 48 und 72 Stunden. Wird das Screening abgelehnt oder verstirbt das Neugeborene, so ist dies auf Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts einer leeren Testkarte zu dokumentieren und diese an das Labor zu senden (§9, 6). Nur 5 Labore erhalten leere Testkarten. Fazit: Etliche der Zielvorgaben der geänderten Kinderrichtlinien können auf Grund präanalytischer Faktoren wie z.B. nicht zeitgerechter Blutentnahme oder zu langer Transportzeit nicht umgesetzt werden. Als Konsequenz ist auf der einen Seite eine Anpassung der Screeningrichtlinien an die Realität und auf der anderen Seite eine bessere Organisation von Seiten den Einsender zu fordern. DGKJ-PO-221 Waardenburg Syndrom Typ I: Nachweis von intragenischer und kompletter Deletion des PAX3-Gens durch MLPA (multiplex ligationdependent probe amplification) G. Wildhardt1, J. Trübenbach1, C. Kubisch2, J. Decker3, D. Steinberger4 1Bioscientia, Zentrum für Humangenetik, Ingelheim, Ingelheim; 2Klinikum der Universität zu Köln, Institut für Humangenetik, Köln; 3Bioscientia, Zentrum für Humangenetik Ingelheim, Johannes-Gutenberg Universität, Medizinische Klinik und Poliklinik Hämatologie, Onkologie u. Pneumologie, Mainz, Ingelheim / Mainz; 4Bioscientia, Zentrum für Humangenetik Ingelheim, Justus-Liebig Universität, Institut für Humangenetik, Giessen, Ingelheim / Giessen Das Waardenburg-Syndrom (WS) ist durch sensori-neurale Schwerhörigkeit und Pigmentierungsstörungen der Iris, Haare und Haut charakterisiert. Je nach zugrunde liegendem Genlocus, Symptomatik und Kombination mit weiteren Funktionsstörungen und Fehlbildungen lassen sich vier WS-Typen unterscheiden. Das für WS1 als charakterisch angesehene Symptom ist der vergrößerte Abstand der inneren Lidwinkel (Dystopia canthorum). WS2 ist charakterisiert durch das Fehlen der Dystopia canthorum. Beim WS3 (syn.: Klein-Waardenburg-Syndrom) treten neben den typischen WS1-Symptomen zusätzlich Extremitätenfehlbildungen auf. Beim seltenen WS-Typ 4 (syn.: Sha-Waardenburg-Syndrom) besteht eine WS1-Symptomatik in Kombination mit einem Morbus Hirschsprung. Die verschiedenen Formen des WS sind mit Mutationen in unterschiedlichen Genen assoziiert. Für WS1 und WS3 sind Mutationen im PAX3-Gen ursächlich. WS2 ist mit Mutationen im MITF-Gen assoziiert und bei WS4 sind Mutationen in den Genen EDN3, EDNRB und SOX10 nachweisbar. Wir stellen Ergebnisse molekulargenetischer Analysen von Betroffenen mit Waardenburg Syndrom Typ1 und von deren Familienangehörigen vor. Bei den aus zwei Familien stammenden Indexpatienten wurden Schwerhörigkeit, Pigmentauffälligkeiten und Dystopia canthorum diagnostiziert. Sequenzanalysen des PAX3Gens ergaben in beiden Fällen einen unauffälligen Befund. Mittels MLPA (multiplex ligation-dependent probe amplification) konnte für den einen Indexpatienten eine Deletion des Exon 7 und für den anderen eine Deletion des kompletten PAX3-Gens nachgewiesen werden. Umschriebene intragenische Mutationen sind in der Literatur bisher nicht als eine molekukare Ursache eines WS dokumentiert worden. Aus den erhobenen Befunden kann für die molekulargenetische Diagnostik des WS abgeleitet werden, dass bei einem hinreichenden klinischen Verdacht und unauffälligem Ergebnis der Gensequenzierung die Durchführung einer MLPA sinnvoll ist. DKGJ-PO-222 Akzidentelle Vergiftung mit 3,4-methylendioxy-Nmethylamphetamin (Ecstasy) im Säuglingsalter K. Schlee-Böckh1, S. Polz1, U. Winckelmann2, B. Zimmer1 1Kinderklinik, Stadtkrankenhaus Hessenklinik, Rüsselsheim; 2Kinderklinik, Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken, Wiesbaden Weltweit sind bisher nur 2 Fälle von Ecstasy Intoxikation im Kindesalter bekannt. Daten über Fälle im Säuglingsalter liegen bisher nicht vor. Es wird in einer Falldarstellung über eine akzidentelle Intoxikation mit 3,4-methylendioxy-N-methylamphetamin, bekannt als die sythetisch hergestellte Droge Ecstasy im Säuglingsalter berichtet.
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Falldarstellung: 9 Monate alter weiblicher Säugling mit bisher unauffälliger, altersgerechter Entwicklung. Familienanamnese und Schwangerschaftanamnese unauffällig. Akut aufgetretene Wesensveränderung, körperliche Unruhe mit ungezielten Ruderbewegungen der Arme und Beine, subfebrile Temperatur. Bei der körperlichen Untersuchung zudem auffällige weite, lichtstarre Pupillen. Anamnestisch kein Hinweis auf Trauma oder Medikamenteneinnahme. Auch nach mehrfachem Nachfragen wird eine Medikamenteneinnahme oder die Erreichbarkeit giftiger Substanzen von Seiten der Eltern verneint. Routinelabor, Blutkultur, LP: unauffällig. Apparative Diagostik : CT, MRT- Schädel: unauffällig Das EEG zeigte eine massive Betaüberlagerung. Bei anhaltendem Verdacht auf Intoxikation mit unbekannter Substanz Untersuchung des bei stationärer Aufnahme asservierten Urins und Serum auf toxische Sustanzen. Im Urin und Serum Nachweis von AmphetaminDerivaten bzw. Ecstasy (MDMA). Im Verlauf kontinuierlicher Rückgang der Unruhezustände. Nach 8 Tagen Restitutio ad integrum. Diskussion: In den meisten Vergiftungsfällen wird der Verdacht durch das Vorliegen eines unklar einzuordnenden klinischen Bildes erhoben. Bestimmte Gifte können Symtome häufig vorkommender Krankheitsbilder mimen. Anhand des vorliegenden Falles sollen die klinischen Symptome der äußerst seltenen Intoxikation mit MDMA im Säuglingsalter dargestellt werden. Der Fall soll aufmerksam machen, dass trotz negativer Anamnese dem Verdacht auf Intoxikation diagnostisch nachgegangen werden muss und dabei auch illegale Drogen als Intoxikationsursache in Frage kommen können.
Infektiologie III DKGJ-PO-223 Varizellen-Durchimpfungsrate und Einflussfaktoren bei Kindern und Jugendlichen im Raum München – Ergebnisse aus dem Bayerischen Varizellen-Surveillance-Projekt (BaVariPro) A. Köhn1, M. Piechatzek1, A. Streng1, V. Grote2, J. G. Liese1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 2Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München Fragestellung: Seit 2004 besteht eine generelle Empfehlung der STIKO, alle Kinder zwischen 11 und 14 Monaten gegen Windpocken impfen zu lassen. Ein Ziel des seit 2006 bestehenden Bayerischen Varizellen-Surveillance-Projektes ist die Bestimmung der in Folge der Impfempfehlung erzielten Varizellen-Durchimpfungsraten in Stadt und Landkreis München. Zusammenhänge zwischen der Impfbereitschaft und deren Einflussfaktoren sollen aufgeklärt werden. Methode: Zwischen Nov 2006 und Jan 2007 wurde eine Stichprobe von 600 Eltern von Kindern im Alter von 18 bis 36 Monaten in München Stadt und Land (d.h. ca. 0,3% der Gesamtzahl aller Münchener Kinder ≤16 Jahre) über die Einwohnermeldeämter per Zufallsauswahl ermittelt. Die ausgewählten Familien erhielten einen Fragebogen zur Impfung und möglichen Einflussfaktoren. Bei Nichtantwort innerhalb eines Monats wurde zusätzlich ein Erinnerungsschreiben verschickt. Ergebnisse: Die Antwortrate lag bis April 2007 bei 57%. Die Durchimpfungsrate bei Varizellen betrug insgesamt 39% und bei der ersten Masernimpfung 87%. Nach Einführung der Impfkostenerstattung (Juli 2005) stieg die Durchimpfungsrate von 31% auf 40% an. Von den befragten Eltern beurteilten 54% die Impfung als sinnvoll, 23% als nicht sinnvoll, bei 21% der Eltern bestand noch Beratungsbedarf (2% ohne Angaben). Eine deutliche Assoziation bestand zwischen ärztlicher Empfehlung und Impfstatus: bei 77% der Kinder stimmte die Empfehlung des Arztes für oder gegen die Varizellenimpfung mit dem Impfstatus des Kindes überein (negative Arztempfehlung / Kind nicht geimpft: 46%; positive Arztempfehlung / Kind geimpft: 31%; p<0,001). Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem Impfstatus des Kindes und dem Einkommen (p=0,392) oder dem Ausbildungsstatus der Eltern (Mutter: p=0,638). Diskussion: 2,5 Jahre nach Empfehlung der allgemeinen Varizellenimpfung waren die Durchimpfungsraten der 18 bis 36 Monate alten
Kinder für Varizellen noch relativ niedrig. Die Impfbereitschaft war weniger beeinflusst von Einkommen und Bildungsstand der Eltern als von der Haltung der Kinderärzte. Unabhängig davon bestand noch erheblicher Beratungsbedarf. Schlussfolgerung: Die Weiterführung der Erhebung der Durchimpfungsrate ist notwendig, um Defizite und deren Ursachen rechtzeitig zu erkennen, da nur bei ausreichender Durchimpfungsrate positive Herdenimmunitätseffekte erzielt werden können. DKGJ-PO-224 Bakteriämien durch Enterokokken: Klinisch-epidemiologische und mikrobiologische Aspekte bei 50 hospitalisierten Kindern in den Jahren 1997 bis 2006 M. Hufnagel1, A. Burger1, R. Berner1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg Fragestellung: Das Erregerspektrum bei hospitalisierten Kindern mit Bakteriämien wie auch die zugrunde liegenden Risikofaktoren unterlaufen einem ständigen epidemiologischen Wandel. Deren Kenntnisse sind Voraussetzung für die Auswahl einer effektiven empirischen Antibiotikatherapie. In der Literatur wird über einen Anstieg der Inzidenz von Enterokokken-Bakteriämien im Kindesalter berichtet. Daten aus Deutschland sind in den letzten Jahren nicht publiziert. Methoden: In einer retrospektiven Analyse bei hospitalisierten Kindern an der Universitäts-kinderklinik Freiburg wurden klinisch-epidemiologische und mikrobiologische Daten von 50 Kindern mit Nachweis von Enterokokken in der Blutkultur (monomikrobiell, eine Probe pro Patient und Infektionsepisode) in den Jahren 1997 bis 2006 analysiert. Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum war ein kontinuierlicher Anstieg der Enterokokken unter allen positiven Blutkulturen (n=609, entsprechend 8,2%) zu verzeichnen. E. faecalis (n=20) und E. faecium (n=18) waren für 76% der Enterokokken-Isolate verantwortlich. Die hauptsächlich betroffene Altersgruppe waren Neugeborene und Säuglinge (62% aller Patienten). 80% der Fälle waren im Hospital erworben. 49 von 50 Patienten wiesen eine Grunderkrankung auf, in erster Linie waren Neu- und Frühgeborene (in 44% der Fälle), onkologische (26%) und knochenmarktransplantierte Patienten (18%) betroffen. Risikofaktoren für eine Bakteriämie mit Enterokokken waren neben dem Vorliegen einer Grunderkrankung, zentrale Venenkatheter (80% der Patienten) und eine Antibiotika-Vorbehandlung (56%). Die Antibiotika-Resistenzentwicklung zeigte einen kontinuierlichen Anstieg bei der Ampicillin- und der Aminoglykosid-Resistenz (35,4% bzw. 39,6%). Vancomycin- oder „high-level“-Aminoglykosid-Resistenzen waren nicht zu verzeichnen. Die Letalität hat zugenommen und wies unter den positiven Blutkulturen mit gram-positiven Bakterien die höchste Letalität (6%) auf. Schlussfolgerung: Bakteriämien durch Enterokokken haben in den letzten Jahren zugenommen. Vor allem Kinder mit Grunderkrankungen und zentralen Venenkathetern sind betroffen. Das Risiko an einer Enterokokken-Bakteriämie zu versterben, ist angestiegen. Die Antibiotika-Resistenzlage kann trotz einer Zunahme der Ampicillin- und Aminoglykosid-Resistenz noch als relativ günstig angesehen werden. DGKJ-PO-225 Otitis media als primäre Manifestation einer Tuberkulose bei einem 6 Wochen alten Säugling J. Lange1, H. Guettel1, J.-E. Otten2, R. Schmelzeisen2, P. Greiner1, P. Henneke1, R. Berner1 1Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg; 2Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg Einleitung: Die Tuberkulose ist nur sehr selten die Ursache für eine Otitis media. In Deutschland manifestieren sich Erstinfektionen in 90% als pulmonale Formen.
Fallbeschreibung: Wir stellen ein ehemaliges Frühgeborenes der 34. Schwangerschaftswoche vor, das in Tiflis (Georgien) geboren wurde. Die Schwangerschaft war bereits kompliziert durch mangelnde mütterliche Gewichtszunahme, Schwächegefühl und vorzeitige Wehen, ohne dass dies zur Diagnosestellung führte. Der Säugling entwickelte im Alter von 6 Wochen eine eitrige Otorrhoe und erhielt eine Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure, worauf sich die Otorrhoe wenig besserte. Im Alter von 3 Monaten konnte durch eine Biopsie sowohl kulturell als auch in der PCR die Diagnose einer tuberkulösen Otitis media gestellt werden; radiologisch zeigte sich das klassische Bild einer Miliartuberkulose bei klinisch erstaunlich wenig krank wirkendem Kind. Daraufhin wurde auch bei der Mutter eine Tuberkulose diagnostiziert. Beim Säugling wurde mit einer Dreifachtherapie begonnen (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid). Im Verlauf kam es zu einer ausgedehnten einschmelzenden Lymphadenitis colli mit Scrophuloderm, weshalb die Therapie um Ethambutol erweitert und die Patientin in unsere Klinik verlegt wurde. In der MRT-Diagnostik zeigten sich eine schwere destruierende Otitis media mit Mastoiditis sowie ein ausgedehnter zervikaler Lymphknoten-Befall mit Einbeziehung der Schädelbasis und der angrenzenden Dura. Es wurde die Indikation zur Cortisontherapie und einer chirurgischen Intervention im Sinne eines Debulking gestellt. Intraoperativ wurden nekrotisch zerfallene Lymphknoten im Bereich des M. sternocleidomastoideus, am lateralen hinteren Halsdreieck, nuchal und entlang des N. fazialis entfernt. Die Gewebeuntersuchung ergab eine epitheloidzellige granulomatöse Entzündung mit verkäsenden Nekrosen, in der PCR war M. tuberculosis DNA nachweisbar, ohne dass sich der Erreger noch kulturell anzüchten ließ. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos, das Lymphknotenkonglomerat war wesentlich verkleinert worden. Die Patientin konnte nach einer 1 Woche in gutem Allgemeinzustand unter tuberkulostatischer Zweifach-und ausschleichender Glukortikoidtherapie zunächst nach Georgien entlassen werden. Eine Verlaufskontrolle ist in 3 Monaten vorgesehen. Schlussfolgerung: Eine Otitis media ist eine extrem seltene Primärmanifestation einer frühen Säuglingstuberkulose. Ein chirurgisches Debulking kann neben der tuberkulostatischen Therapie eine Option bei ausgeprägter zervikaler Lymphadenopathie sein. DGKJ-PO-226 Schwere intensivstationspflichtige Influenzavirus-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen – Ergebnisse aus der ESPED-Erhebung J. G. Liese1, V. Grote2, A. Streng1 1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität München, München; 2Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München, München Fragestellung: Ziel der seit 2005 durchgeführten ESPED-Erhebung (Erhebungseinheit für seltene pädiatrische Erkrankungen in Deutschland) ist die Erfassung der Häufigkeit und Therapie schwerer Komplikationen sowie die Erfassung von Todesfällen im Rahmen von Influenza-Infektionen. Methode: Über das ESPED-Meldesystem (monatliche Nachfrage bei allen deutschen Kinderkliniken) wurden von Okt 2005 bis Dez 2006 Meldungen zu folgender Falldefinition erfasst: Kind ≤16 Jahre mit laborbestätigter Influenza, das im Krankenhaus im Rahmen einer Influenza-Infektion verstirbt oder auf einer Intensivstation aus mindestens einem der folgenden Gründe behandelt werden muss: beatmungspflichtig, CPAP-bedürftig, Enzephalitis / Enzephalopathie, Bronchitis / Bronchiolitis, komplizierter Fieberkrampf, Influenza-assoziierte Pneumonie, sekundäre bakterielle Pneumonie, Status asthmaticus, Sepsis, Myokarditis. Zu den Meldungen wurden detaillierte Fragebögen erhoben. Ergebnisse: Bis Ende 2006 gingen insgesamt 12 valide Meldungen aus 10 Kliniken ein (9 Feb–März 2006, 3 Nov–Dez 2006); zu 10 Meldungen liegen Fragebögen vor. Bis Ende 2006 wurde kein Influenza-assoziierter Todesfall gemeldet. Die Patienten waren zwischen <1 Monat und 15 Jahre alt (7 männlich, 3 weiblich). Bei 5 der 10 Kinder lag mehr als ein Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Meldegrund vor. Häufigster Meldegrund war eine Influenza-assoziierte Pneumonie (6×), gefolgt von sekundärer bakterieller Pneumonie (3×) und Bronchitis / Bronchiolitis (3×). Bei 2 Kindern trat eine Enzephalitis / Enzephalopathie auf. Bei 4 Kindern wurde eine Influenza Typ A-, bei 5 eine Typ B- Infektion nachgewiesen (1 fehlend). Grunderkrankungen wurden bei 4 der 10 Kinder genannt. Die Patienten waren zwischen 3 und 50 Tagen intensivstationspflichtig (Median: 8,5 Tage), und zwischen 5 und 75 Tage in stationärer Betreuung (Median: 19 Tage). Spezielle Behandlungsmaßnahmen waren: Inhalation und die Gabe von intravenösen Antibiotika (9 Kinder), Oseltamivir (4 Kinder), Katecholamine (2 Kinder). Zwei Kinder benötigten eine intratracheale Beatmung, und ein Kind eine CPAP-Beatmung. Bei 4 Patienten wurden mögliche bleibende Defekte angegeben (2× pulmonale Verschwartung, 2× nicht näher spezifiziert). Diskussion: Die Fallzahl von 12 schweren Influenza-Fällen bis Ende 2006 liegt unter der Erwartung. Neben der schwachen Influenza Saison 2005/2006 ist eine mögliche Ursache, dass Influenza-Infektionen bei hospitalisierten Kindern oftmals nicht diagnostisch untersucht und klinisch erkannt werden, oder dass diagnostizierte Erkrankungen nicht an die ESPED gemeldet wurden. Schlussfolgerung: Zur Abschätzung der tatsächlichen Zahl intensivstationspflichtiger Influenza-Infektionen sowie der möglichen Untererfassung in der ESPED-Erhebung sollte eine prospektive Studie mit symptombezogener Influenza-Diagnostik in einer begrenzten Zahl von pädiatrischen Intensivstationen durchgeführt werden. DGKJ-PO-227 Antibiotikaresistenzen von Sepsiserregern 2000–2005 bei Patienten der Kinderklinik Innsbruck M. Zlamy1, M. Prelog1, R. Würzner2, L. Zimmerhackl1 1Pädiatrie 1, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich; 2Department für Hygiene und Sozialmedizin, Medizinische Universität, Innsbruck, Österreich In den letzten Jahren wurde weltweit eine steigende Mortalität und Morbidität unter Sepsisfällen berichtet. Immer mehr der früher gezielt mit einem Antibiotikum behandelbaren Fälle von Bakteriämie sind heute auf Grund von Resistenzen auch mit Antibiotikakombinationen nur sehr schwer beherrschbar. Deshalb wird es immer wichtiger, genau über die Resistenzspektren der krankenhaus- und regionsspezifischen Sepsiserreger Bescheid zu wissen. Am Department für Pädiatrie, Medizinische Universität Innsbruck,wurden die Daten aller 398 Sepsisfälle von Jänner 2000 bis Oktober 2005 evaluiert. Der Erregernachweis durch Blutkulturen und das dazugehörige Antibiogramm wurden am Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck erstellt. 282 Buben (52.61%) und 254 Mädchen (57.39%) wurden wegen einer Sepsis behandelt. Der Altersmedian für alle Kinder liegt bei 14 Monaten (Alter zwischen 1 bis 229 Monate). Für die statistische Auswertung wurden die Patienten in 2 Gruppen zusammengefasst. Säuglinge und Patienten über 1 Jahr wurden vergleichend analysiert. In beiden Altersgruppen dominieren koaglulase-negative Staphylokokken mit 151 positiven Blutkulturen (37,94%), Staphylokokkus aureus mit 43 Fällen (10,8%) und Escherichia coli mit 37 (9,03%). Eine Oxacillinresistenz fand sich in 2,33% der Staphylococcus aureus Infektionen und in 49,01% Sepsisfällen mit koagulase-negativen Staphylokokken. Nosokomiale Infektionen durch koagulase-negativen Staphylokokken zeigten eine Resistenz von über 55%, gegen alle 3 Generationen von Cephalosporinen. 40% der „community acquired“ Infektionen mit koagulase-negativen Staphylokokken zeigten eine Resistenz gegen Cephalosporine aller 3 Generationen. Es ist auffällig, dass nosokomiale Infektionen im Allgemeinen eine viel höhere Resistenzrate aufwiesen als „community acquired“ Infektionen. Für die Zukunft ist es wichtiger denn je die Resistenzenspektren zu beachten und somit eine adäquate empirische Antibiotikatherapie zu ermöglichen und damit das Aufkommen von multiresistenten Bakterien hinauszuzögern.
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DGKJ-PO-228 Gibt es ein optimales Impfschema gegen die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) bei Kindern? Chr. Wittermann1, U. Nicolay2, A. K. Hilbert2 1Kinderärzte Weilheim, Weilheim; 2Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH & Co. KG, Marburg Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) stellt eine wichtige virale Infektionskrankheit in West-, Zentral- und Osteuropa sowie in Teilen Asiens dar. Epidemiologische Daten weisen auf eine allgemeine Zunahme der FSME Erkrankungen in endemischen Gebieten und auf eine weitere Ausbreitung des Virus auch auf bislang FSME-freie Regionen hin. Öffentliche Empfehlungen zur Impfung bestehen mittlerweile in vielen Ländern Europas, insbesondere auch für Kinder. Obwohl FSME-Impfstoffe nun bereits seit mehr als 20 Jahren erfolgreich eingesetzt werden, gibt es bislang nur wenige Daten zu einem direkten Vergleich verschiedener Immunisierungsschemata und verschiedener Impfstoffe. Daher wurde eine kontrollierte, stratifizierte (nach Altersgruppen) und randomisierte Studie an 334 Kindern durchgeführt, in der beide in Deutschland erhältliche, pädiatrische FSME-Impfstoffe (Encepur® Kinder und FSME-IMMUN® Junior) in zwei verschiedenen Impfschemata: ein konventionelles (CS; Impfung an den Tagen 0, 28 und 300) und ein abgekürztes Schema (AS; Impfung an den Tagen 0, 14 und 300), vergleichend untersucht wurden. Beide Impfstoffe zeigten eine exzellente Verträglichkeit. Sowohl lokale als auch systemische Reaktionen, wie auch Fieber (Körpertemperatur >38°C), waren selten in allen Altersgruppen und zumeist mild. Antikörpertiter, bestimmt mit Hilfe von Virus-Neutralisationstesten, stiegen innerhalb von zwei Wochen nach der zweiten Dosis deutlich an, mit den höchsten erzielbaren Titern im konventionellen Schema. Encepur® Kinder zeigte eine höhere Immunogenität als FSME-IMMUN® Junior, unabhängig davon nach welchem Impfschema die Kinder geimpft wurden. Für eine Langzeitprotektion gegen FSME scheint es von Vorteil zu sein, einen etwa 4wöchigen Abstand zwischen der ersten und zweiten Dosis zu wählen. DKGJ-PO-229 Perinatale Versorgung der Kinder von Müttern mit Hepatitis C Wunsch und Wirklichkeit S. Datta1, W. Eberl1, M. Asbrock1, H.-G. Koch1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Braunschweig gGmbH, Braunschweig Einleitung: Neugeborene von Müttern mit Hepatitis C tragen ein geringes Risiko für eine perinatal erworbene Infektion. Dennoch bedarf es im Verlauf des ersten Lebensjahres einer Verlaufsdiagnostik, um vertikal infizierte Kinder zu identifizieren. Methodik: Im Rahmen eine Nachuntersuchung von 20 in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Braunschweig geborener Kinder, deren Mütter einen positiven HCV – Antikörper – Nachweis hatten wurde die Einhaltung der bei Entlassung aus der Klinik gegebenen Empfehlung (Untersuchung der HCV – PCR mit 3–6 Monaten, HCV – AK mit 12 Monaten) überprüft. Ergebnisse: Die Betreuung der Neugeborenen erfolgte durch 16 verschiedene Kinderärzt/Innen der Region. 16/20 Kinder wurden im Verlauf nicht mehr im Hinblick auf eine HCV – Infektion untersucht. Gründe waren: Informationsverlust durch Arztwechsel, nicht Wahrnehmen des Problems aus dem Arztbrief, keine Arztbesuche im kritischen Zeitraum. 4/20 Kinder wurden mit HCV – Antikörpertest untersucht, kein Patient mittels HCV – PCR. In der späteren, hier durchgeführten Nachuntersuchung zeigte sich letztendlich kein Patient positiv für eine vertikal erworbene Infektion. Diskussion: Die kritische Überprüfung der Umsetzung einer im Arztbrief gegebenen Empfehlung in einer für die Patienten wichtigen Frage ergab ein ernüchterndes Ergebnis. In Kombination mit der Tatsache, dass häufig die Zuverlässigkeit der oft drogenabhängigen Eltern in Frage steht, scheint der Arztbrief nicht das geeignete Medium für die
Übermittlung der Information zu sein. Es bedarf zur frühen erfassung einer vertikalen HCV – Infektion einer besseren Kommunikation und gezielten Organisation von Untersuchungsterminen in Kinderarztpraxis oder Klinikambulanz, wie sie in der Betreuung von Kindern HIV – infizierter Mütter üblich ist.
Angeboren aber nicht vererbt II / Verschiedenes DKGJ-PO-230 Mobbing lähmt J. Berrang1 1Kinderklinik, Gemeinschafts-Krankenhaus, Herdecke Einleitung: Verlust oder Veränderungen körperlicher Funktionen werden den dissoziativen Störungen zugeordnet, wenn sie Ausdruck eines psychischen Konfliktes sind. Die Funktionsausfälle lassen sich durch willentliche Kontrolle nicht beeinflussen, eine pathophysiologische Erklärung ist nicht bekannt. Bekannte Symptome sind Gangauffälligkeiten, Lähmungen, Seh- und Hörstörungen, Bewusstseinsstörungen und Krampfanfälle. Psychopathologisch liegt eine starke Diskrepanz zwischen der meist schweren körperlichen Symptomatik und der subjektiven Empfindung des Symptomes vor. Fallbericht: Wir berichten von einem 16;6 jährigen Mädchen, welches auf der psychosomatischen Station mit kompletter Parese beider Beine, bestehend seit 3 Wochen, aufgenommen wurde. Anamnestisch war die Patientin im Sportunterricht mehrfach von Bällen am Kopf getroffen und unter dem Verdacht einer Comotio im Krankenhaus behandelt worden. Nach der Entlassung traten im engen zeitlichen Zusammenhang Kopfschmerzen, Schwindel und 2 synkopale Ereignisse auf. Bei einem erneuten Krankenhausaufenthalt entwickelte die Patienten eine komplette Parese beider Beine. Untersuchungsergebnisse: elektrophysiologische, laborchemische und bildgebende Untersuchungen zeigten keinerlei Hinweise auf organische Ursachen. Blasen- und Mastdarmfunktion sowie Reflexe waren erhalten. Zum Zeitpunkt der Aufnahme besuchte die Patientin die 10. Klasse eines Gymnasiums. Aufgrund von Mobbing durch ihre Mitschülerinnen hatte die Patientin kurz zuvor an eine andere, räumlich naheliegende Schule gewechselt. Im Sportunterricht kam es weiterhin zum Zusammentreffen mit den o.g. Schülerinnen. Eine leistungsbezogene Überforderung war aufgrund der Ergebnisse der HAWIK III Testung nicht anzunehmen. Hinweise auf eine depressive Erkrankung, eine Traumatisierung oder sexuellen Mißbrauch fanden sich nicht. Wir sahen die Schulfehltage als primären Krankheitsgewinn. Mit dem Ziel der Wiederherstellung der Gehfähigkeit begannen wir zunächst mit einer kleinschrittigen Übungsbehandlung. Dieses Vorgehen zeigte keine Verbesserung der Symptomatik. Unter Einbeziehung der Eltern erarbeiteten wir in Folge ein Konfrontationsprogramm: Wir forderten die Patientin auf, sich am Folgetag entweder mit dem Rollstuhl in die Heimatschule zu begeben oder selbstständig gehend die Krankenhausschule zu besuchen. Wohl zur Verhinderung der Offenbarung ihrer körperlichen Störung überwand die Patientin ihre innere Blockade, stand auf und ging zur Krankenhausschule. Wir beobachteten weiterhin eine Neigung zu Blockadehaltung bei Auftreten von Problemen. So kam es zu einem Symptomshift hin zu einer Verweigerung der Nahrungsaufnahme. Eine langfristige Behandlung ist erforderlich, der Übergang in eine ambulante Behandlung wurde organisiert. Fazit: Dissoziative Störungen müssen differentialdiagnostisch bei funktionellen Einschränkungen immer erwogen werden. In den meisten Fällen ist das Auftreten der Symptomatik mit einem Trauma oder sexuellem Missbrauch vergesellschaftet. Im vorliegenden Fall konnten hierfür keine Hinweise gefunden werden. Ein schulischer Konflikt wurde als Auslöser angenommen. Neben der Beendigung körperlicher Störungen ist die Aufarbeitung der initialen Ursache und das Erlernen alternativer Strategien zur Konfliktlösung von besonderer Bedeutung.
DGKJ-PO-231 Die Bedeutung kleiner Kinderkliniken für Versorgung und Weiterbildung. Chancen und Risiken sowie nötige Veränderungen. Erfahrungen einer AG in Niedersachsen J. Böhmann1, M. Schneider2 1Kinderklinik, Klinikum Delmenhorst, Delmenhorst; 2Kreiskrankenhaus Neustadt Klinik f. Kinder-u. Jugendmedizin, Neustadt Notwendige Reformen im Gesundheitswesen und ebenso notwendige Maßnahmen zur Qualitätssicherung – siehe GBA – Beschlüsse werden vor dem Hintergrund des demographischen Wandels die Versorgungsstruktur besonders in der Kinderheilkunde und Jugendmedizin nachhaltig verändern. Zusammenhänge von sozialer Lage und epidemiologisch bedrückender Krankheitslasten verschärfen diese Debatte. Auf die in Deutschland europaweit singuläre Versorgungsstruktur mit einer Vielzahl kleiner Versorgungskliniken und der so genannten zweiten Facharztschiene im ambulanten Bereich kommt dadurch eine große Herausforderung zu. Ohne entsprechende Anpassung ist die traditionelle Versorgung mit Fachärzten in ländlichen Regionen und Kleinstädten teilweise als problematisch anzusehen. Will man das historisch gewachsene deutsche System nicht zu Gunsten der Übernahme eines zentralistischen Modells nach skandinavischem (internationalem) Vorbild ersatzlos aufgeben, müssen sich alle Kliniken einer entsprechenden Diskussion stellen. Bereits in den vergangenen Jahren wurden Zukunftsperspektiven diskutiert und einzelne Modelle guter Praxis erarbeitet. In Kooperation mit den für den Versorgungsauftrag auch im Falle monistischer Finanzierung zuständigen Landesbehörden, müssen sich alle kleinen Einrichtungen entsprechend positionieren. Eine Unterstützung dieses immerhin unter Umständen Existenz gefährdenden Prozesses durch Berufsverbände und Gesundheitspolitik ist angesichts der demografischen Entwicklung wünschenswert und erforderlich. Der Veränderungsprozess muss dringend eingeleitet werden und sollte die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. Individuelle Interessen sollten thematisiert werden, dürfen diesen Prozess allerdings nicht gefährden. Eine Arbeitsgruppe niedersächsischer Kinderkliniken stellt die Rahmenbedingungen für so genannte Flächenstaaten unter den Aspekten der Ökonomie und der Qualitätssicherung dar, um auf der Basis valider Daten realistische Perspektiven zu entwickeln. Dabei spielt die Facharztweiterbildung ebenso eine Rolle wie vielfältige Kooperationen z.B. mit dem Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens. DGKJ-PO-232 Magenruptur bei einem Frühgeborenen A. Rosenhahn1, M. Bondartschuk2, J. Seidel3, H. Axel1 1Friedrich Schiller Universität Klinik f. Kinder-u. Jugendmed., Jena; 2Kinderchirurgie, Friedrich Schiller Universität, Jena; 3Klinikum der Stadt Gera, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Gera Einleitung: Spontane Magenrupturen sind seltene Probleme mit hoher Mortalität in der frühen Neonatalperiode. Fallbericht: Ein männliches Frühgeborenes (31+5. Schwangerschaftswoche, Geburtsgewicht 1410 g) nach spontaner Geburt mit postnatal zunächst ungestörter Adaptation fiel am dritten Lebenstag mit plötzlicher abdomineller Symptomatik auf. Neben Allgemeinsymptomen wie Tachykardie, Tachypnoe und Kreislaufinsuffizienz, zeigte sich eine glänzende Bauchdecke bei massiv geblähtem Abdomen ohne Peristaltik. In der seitlichen Röntgenaufnahme des Abdomens war freie Luft sichtbar. Bei der explorativen Laparotomie wurde eine fast komplett nekrotische rupturierte Magenvorderwand gefunden. Mikrobiologisch ließ sich eine systemische Candida dubliniensis Infektion nachweisen. Magenwandanomalien waren histologisch nicht nachweisbar. Nach umfangreicher neonatologischer Intensivtherapie (7 Tage), totaler parenteraler Ernährung (12 Tage), konnte das Kind nach 7 Wochen stationärer Behandlung mit einem Körpergewicht von 2370 g bei kompletter Brustmilchernährung nach Hause entlassen werden. Diskussion: Frühgeburtlichkeit, Asphyxie, CPAP-Beatmung und Ulcus ventriculi stellen Risikofaktoren der spontanen Magenruptur dar. WeiterMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts hin werden traumatische Magenrupturen, z.B. durch nasogastrale Sonden sowie postinfekitöse, u.a. auch nach Candidainfektion, beschrieben. Pathophysiologisch werden muskuläre Fehlbildungen, durch Sauerstoffmange hervorgerufene lokale Ischämie der Magenwand und das Fehlen von Cajal-Zellen als Ursache einer spontanen Magenruptur diskutiert. Eine prompte intensivmedizinische Behandlung sowie die interdisziplinäre Kooperation mit anderen Fachabteilungen sind wichtig, um das Überleben von Frühgeborenen mit Magenruptur zu sichern. DGKJ-PO-233 Beziehungen zwischen der Apgar-Benotung und der somatischen Klassifikation Neugeborener D. M. Olbertz1, M. Voigt2, Chr. Fusch2, S. Michaelsen2, W. Hoffmann3, N. Rochow2 1Abt. Neonatologie am Klinikum Südstadt, Rostock; 2Abt. Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der EMAU, Greifswald; 3Institut für Community Medicine der EMAU, Greifswald Zielstellung: Ziel unserer Analyse war es, die nach dem Apgar-Score beurteilte postnatale Anpassung Neugeborener unter Berücksichtigung der somatischen Klassifikation zu untersuchen. Patientengut und Methodik: Die Daten entstammen der deutschen Perinatalerhebung mit n= 508.926 Neugeborenen der Jahre 19982000 aus 8 Bundesländern. Auf dem Perinatologischen Basis-Erhebungsbogen wird auch der Apgar-Wert der Neugeborenen nach 1, 5 und 10 Min. verschlüsselt. Zur somatischen Klassifikation der Neugeborenen wurden die 10. und 90. Gewichtsperzentilwerte berechnet. Neugeborene unter der 10. Perzentile wurden als hypotroph, Neugeborene zwischen der 10. und 90. Perzentile als eutroph und Neugeborene über der 90. Perzentile als hypertroph eingestuft. Ergebnisse: Der Anteil einer schlechten 5-Min.-Apgarbenotung (0–3) lag bei den sehr unreifen Frühgeborenen (<32 SSW) bei 17,3% (FG insgesamt: 4,1%). Termingeborene wiesen zu dieser Zeit nur in 0,2% eine solche perinatale Asphyxie auf. Unter den eutrophen Frühgeborenen lag der Anteil der schlechten 5-Min.-Apgarbenotung bei 3,6%, während dieser Anteil bei den hypotrophen Frühgeborenen 8,7% (2,7fache) betrug. Schlussfolgerungen: Nur durch den Umstand der Hypotrophie zeigen Frühgeborene eine schlechtere postnatale Adaptation. Die Beziehungen zwischen Apgar-Benotung und der somatischen Klassifikation sind somit bedeutend. Die somatische Klassifikation erlaubt eine Prognose über die frühe postnatale Anpassung Neugeborener. DGKJ-PO-234 Nierenstruktur und –funktion bei genetisch bedingter erniedrigter Nephronenzahl im Tiermodell der GDNF heterozygoten knockout Maus K. Benz1, V. Campean2, N. Cordasic3, J. Dötsch1, K. F. Hilgers3, K. Amann2 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Pathologisches Institut, Erlangen; 3Medizinische Klinik für Nephrologie und Hypertensiologie, Erlangen Hintergrund: Ein Zusammenhang zwischen niedrigerer Nephronenzahl und späterer arterieller Hypertonie ist experimentell und klinisch beschrieben ohne dass die genauen Pathomechanismen bekannt wären. Neben einem veränderten Salzhandling oder einer Überaktivierung des RAAS werden u.a. auch postglomeruläre Strukturveränderungen diskutiert. GDNF (Glial cell line derived neurotrophic growth factor) heterozygote Mäuse (GDNF+/–) weisen bei Geburt eine reduzierte Nephronenzahl und im Alter von 14 Monaten eine milde Hypertonie auf. Sie stellen somit ein ideales Modell dar, um strukturelle und funktionelle Änderungen einer genetisch bedingten Nephronenreduktion zu untersuchen. Material und Methoden: Bei 22 Mäusen im Alter von 26 Wochen (10 GDNF+/–, 12 C57B6 wildtyp Kontrollen) wurden Blutdruckmessungen sowie Blutentnahmen durchgeführt. Nach Perfusionsfixation wurden die Nieren entnommen und mittels morphometrischer und
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stereologischer Methoden untersucht. Die Lokalisation und Expression verschiedener, für die Hypertonieentstehung möglicherweise relevanter tubulärer Transporter wurde mittels Immunhistologie, Doppelfärbungen und semiquantitativer Scores analysiert. Ergebnisse: Im Alter von 26 Wochen zeigen GDNF+/und wildtyp Mäuse keine signifikanten Unterschiede im intraarteriell sowie mittels tailcuff gemessenen Blutdruck. Serum- und Urin Elektrolyte, Kreatinin und Harnstoffwerte waren ebenfalls vergleichbar. Die GDNF+/– Mäuse hatten eine um 30% signifikant niedrigere Nephronenzahl (12400 vs. 8900 Glomeruli pro Niere) und eine kompensatorische Vergrößerung der Glomeruli (+ 48%). Die Analyse der renalen Schädigungsindizes (GSI, MSI, TSI, VSI), der Zellzahl pro Glomerulus, tubulärer und glomerulärer Proliferationsmarker (PCNA) sowie der Anzahl an Arterien, der Wand- und Lumenfläche intrarenaler Arterien zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen GDNF+/– und wildtyp Kontrollen. Ebenso war die Expression und die Lokalisation der untersuchten tubulären Transportsysteme (Na-Ca-Exchanger, Na-Cl-Cotransporter, Calbindin, 11β-Hydroxysteroiddehydrogenase-2) bei den GDNF +/– Mäusen und den wildtyp Kontrollen vergleichbar. Unterschiede in der nervalen Versorgung der Niere konnten ebenfalls ausgeschlossen werden. Schlussfolgerung: Eine um ca. 30% niedrigere Nephronenzahl geht bei GDNF+/– Mäusen zumindest in der Phase der Normotension nicht mit postglomerulären Strukturveränderungen einher. Ob andere Mechanismen wie z.B. ein gestörtes Salzhandling für die Hypertonieentstehung im Erwachsenenalter verantwortlich sein könnten, wird derzeit untersucht. Ein Vergleich der Nierenstruktur und -funktion bei genetisch bedingter erniedrigter Nephronenzahl und Nephronenreduktion bei intrauteriner Wachstumsrestriktion (IUGR) ist hilfreich zur Aufdeckung IUGR-spezifischer Pathomechanismen. DKGJ-PO-235 Zurückgezogen DGKJ-PO-236 Acrofaziale Dysostose Typ Nager mit ausgeprägter Mikro-Retrognathie S. Seeliger1, E. Harms1, B. Kruse-Lösler1, G. Rellensmann1 1Westf. Wilhelms-Univ.- Kinderklinik, Münster Die Patientin ist das 3. Kind gesunder Eltern. In der 28. SSW wurden per Ultraschall Fehlbildungen des Gesichts-, Wirbel-, und Extremitätenbereiches diagnostiziert. In der 35. SSW. erfolgte eine rasche spontane Entbindung. Klinisch zeigte sich ein Frühgeborenes mit schwerer respiratorischer Insuffizienz und fehlender Spontanatmung. APGAR: 2/4/5, NS-pH: 7,40, Geburtsgewicht: 1950 g (<10. Perz.), Länge: 43 cm (<10. Perz.), Kopfumfang: 31,5 cm (25. Perz.). Klinisch imponierte eine ausgeprägte Mikro-Retrognathie und Ankylosierung des Kiefergelenkes, hypoplastischer Oberkiefer, Verschluss der äußeren Gehörgänge bds., Humerushypolplasie rechts, Verschmelzung von Radius und Scapula rechts, rechtwinkelige Synostierung von Humers und Radius links, Mittelhandknochen I und II rechts sowie III und V links sind synostiert. Der IV und V Strahl rechts ist nicht angelegt. Postpartal wurde die Patientin bis zum 18. Lebenstag maschinell beatmet. Im Verlauf war die Patientin wiederholt respiratorpflichtig. Im 6. Lebensmonat wurde eine Lösung der Ankylose beider Kiefergelenke und die Anlage eines Halo-Fixateurs externa durchgeführt. Auf diese Weise konnte über einen Zug auf den Unterkiefer eine Verlagerung des Kiefers nach ventral von ca. 1 cm erreicht werden. Eine Extensionsbehandlung war für ca. 2 Monate geplant, musste aber wegen einer Lockerung der Extensionsschraube vorzeitig nach 40 Tagen beendet werden. Im 10. Lebensmonat erfolgte eine operative Distraktion und Verlagerungs- osteotomie des Unterkiefers. Im 16. Lebensmonat wurden die Mandibuladistraktoren entfernt mit gleichzeitiger Ankylomlösung und Anlage von Silikonfolien. Im Rahmen einer Infektion der oberen Atemwege verstarb die Patientin im Alter von 24 Monaten nachts in der häuslichen Umgebung.
Akrofaziale Dysostosen, Erstbeschreibung des Typs Nager 1948 von Nager und de Reynier, stellen eine heterogene Gruppe von mandibulofazialen und Extremitätenfehlbildungen dar. Eine Störung der Entwicklung in der 3. bis 4. Embryonalwoche wird vermutet, als möglicher Genort wird eine Mutation auf Chromosom 1q21 und 9q32 angenommen. Das Krankheitsbild kann sporadisch, autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv auftreten. Die Morbidität und Mortalität im Neugeboren- und Säuglingsalter ist in hohem Maße von der Atemwegsobstruktion und Komplikationen auf dem Boden der Gesichtsschädeldysmorphie bestimmt, die Sterblichkeit beträgt 20%. Rezidivierende pulmonale Infekte als Folge von Hypoventilation und Aspirationen verschlechtern die respiratorische Situation zusätzlich. Für das Neugeboren-/Säuglingsalter wurden unterschiedliche therapeutische Ansätze zur Verbesserung der Ventilation beschrieben. Leider kam es in unserem Fall durch die Lockerung der Extensionsschraube am Kinn zu einer vorzeitigen Beendigung der Extensionsbehandlung des Unterkiefers, was den gesamten therapeutischen Ansatz der Vorverlagerung des Unterkiefers verzögerte. Unter Berücksichtigung dieser Komplikation ist eine primäre Tracheotomie und sekundäre Extensionsbehandlung im 2 bis 3 Lebensjahr als sichereres Vorgehen zu diskutieren um so die respiratorischen Probleme post-partum zu minimieren und sekundär eine bessere Verankerung der Extensionsschraube zu erreichen.
Rheumatologie DGKJ-PO-237 Periodisches Fiebersyndrom assoziiert mit bisher nicht beschriebenen Mutationen des TNFRSF1A-Gens J. Trübenbach1, G. Wildhardt1, B. Belohradsky2, J. Niebel3, J. Decker4, D. Steinberger5 1Bioscientia, Zentrum für Humangenetik Ingelheim, Ingelheim; 2Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München, Antimikrobielle Therapie und Infektionsimmunologie, München; 3Deutsche Klinik für Diagnostik, Wiesbaden; 4Bioscientia, Zentrum für Humangenetik Ingelheim, Johannes-Gutenberg Universität, Medizinische Klinik und Poliklinik Hämatologie, Onkologie u. Pneumologie, Mainz, Ingelheim / Mainz; 5Bioscientia, Zentrum für Humangenetik Ingelheim, Justus-Liebig Universität, Institut für Humangenetik, Ingelheim / Giessen Die periodischen Fiebersyndrome bilden eine Gruppe von vielgestaltigen Krankheitsbildern mit rekurrentem Auftreten von Fieberschüben in Kombination mit verschiedenen Symptomen wie muskuloskelettale Beschwerden und Hautveränderungen.. Wichtige Hinweise auf ein periodisches Fiebersyndrom sind Manifestationsalter, Symptomatik, Dauer der Schübe und der symptomfreien Intervalle, ein stark erhöhter CRP-Wert im Schub sowie familiäres Auftreten der Symptome. Mit konventionellen labordiagnostischen Verfahren können häufig lediglich unspezifische Entzündungsparameter als auffällig verändert nachgewiesen werden. Zur Diagnostik der verschiedenen periodischen Fiebersyndrome stehen zumeist keine krankheitsspezifischen Marker zur Verfügung. In den vergangenen Jahren konnten mehrere Gene identifiziert werden, deren Veränderungen ursächlich für distinkte periodische Fiebersyndrome sind. So ist das familiäre Mittelmeerfieber mit Mutationen im MEFV-Gen, das TNF-Rezeptorassoziierte periodische Syndrom (TRAPS) mit solchen des TNFRSF1A-Gens und das Hyperimmunglobulinämie-D- periodische Fiebersyndrom (HIDS) mit Veränderungen des MVK-Gens assoziiert. Wir berichten über molekulargenetische Analysen eines deutschstämmigen Patienten, bei dem zunächst die klinische Verdachtsdiagnose eines familiären Mittelmeerfiebers erhoben wurde. Bei diesem Patienten wurden zwei Nukleotidaustausche, c.263G>C and c.264C>A, im TNFRSF1A-Gen nachgewiesen. Mit molekulargenetischen Analysen von Proben beider Eltern konnte gezeigt werden, dass die Nukleotidaustausche monoallelisch vorliegen. Aufgrund der monoallelischen Verteilung führen die Mutationen somit zu dem Aminosäureaustausch Cystein zu Serin an Position 88 des Proteins (p.Cys88Ser).
Der Aminosäureaustausch betrifft die cystein-reiche Domäne 2 (CRD2) des TNFRSF1A-Proteins und beeinflusst mutmaßlich die Tertärstruktur des Proteins, indem die Bildung einer Disulfidbrücke durch den Aminosäureaustausch beeinträchtigt wird. Analysen des MVK-Gen zeigten eine Transition G>A (c.155G>A), die zu einem Aminosäureaustausch Serin zu Asparagin (p.Ser52Asn) führt. Diese Veränderung wurde als ein Polymorphismus beschrieben. Die Analyse des MEVK-Gens zeigte keine Veränderungen. Die klinischen Befunde des Indexpatienten werden im Kontext mit den genetischen Ergebnissen diskutiert. DGKJ-PO-238 Beckenvenenthrombose beidseits bei V. cava Aplasie und heterozygoter Faktor V-Mutation bei einem 16-jährigen Jungen D. Tanase1, I. Wollenschläger1, T. Pfeiffer2, A. Trotter1 1Hegau-Bodensee-Klinikum Singen, Klinik für Kinder und Jugendliche, Singen; 2Hegau-Bodensee-Klinikum Singen, Gefäßchirurgie, Singen Fragestellung: Venöse Thrombosen im Kindes- und Jugendalter sind seltene Ereignisse [Nowak-Göttl et al. 2001] Anhand eines Fallbeispiels soll die notwendige Differentialdiagnostik erläutert werden. Material und Methode: Ein 16-jähriger Junge stellte sich mit seit 5 Tagen bestehenden Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in beide Oberschenkel vor. Die Oberschenkel warne ödematös verändert. Die durchgeführte Diagnostik mit Phlebographie, Cavographie, Abdomen-CT und MR ergab Beckenvenenthrombosen beidseits bei Aplasie der V. cava inferior mit Umgehungskreisläufen über das Azygos- bzw. Hemiazygos-System. Insbesondere die V. hemiazygos stellte sich stark erweitert dar. Zusätzlich wurde im Rahmen des Thrombophilie-Screenings eine heterozygote Faktor V-(Leiden)-Mutation diagnostiziert. Ergebnisse: Über einen transinguinalen Katheter erfolgte die Thrombektomie der Beckenvenen und die beidseitige Anlage von arteriovenösen Fisteln inguinal. Die postoperative Antikoagulation wurde gewichtsadaptiert mit niedermolekularem Heparin durchgeführt. Die inguinalen AV-Fistel wurden nach 3 Monaten verschlossen. Diskussion: Anomalien der Vena cava inferior sind seltene congenitale Ursachen einer tiefen Venenthrombose (TVT). Bei Patienten mit einer TVT finden sich in 5 und 16% Anomalien der V. cava inferior als Ursache [Rugeri et al. 2001, Garcia-Fuster et al. 2006]. Betroffene Patienten werden meistens vor dem 30 Lebensjahr symptomatisch, bei manchen liegt zusätzlich eine hereditäre Thrombophilie vor. Das Risiko einer erneuten Thrombose bei einer Faktor V-Mutation wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Es scheint jedoch gesichert, dass bei Vorliegen weiterer Thrombophiliefaktoren das Risiko zunimmt. Über das Risiko eines Thromboserezidivs bei Patienten mit einer Aplasie oder Hypoplasie der vena cava ist nur wenig bekannt; ein erneutes thrombotisches Ereignis wird in kleinem Patientenkollektiv bei 2 von 5, bzw. 2 von 6 Patienten beschrieben [Obernosterer et al. 2002, Garcia-Fuster et al. 2006]. Aufgrund des kombinierten Vorliegens zweier Risikofaktoren ist im vorliegenden Fall von einer deutlich erhöhten Gefährdung auszugehen, so dass der Patient eine Dauerantikoagulation erhält. Schlussfolgerung: Bei ischialgiformen Schmerzen in Zusammenhang mit Ödemen der unteren Extremität sollte auch bei Kindern und Jugendlichen an eine Thrombose als mögliche Ursache gedacht werden. Weiterführende Diagnostik wie oben beschrieben ist dabei unbedingt notwendig. DGKJ-PO-239 Große ungewöhnliche Mongolenflecke assoziiert mit Cutis marmorata teleangiectatica congenita – seltene Form einer Phakomatosis pigmentovascularis P. Nitsch1, G. Fleischhack1, A. Simon1, U. Bode1 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Einleitung: Cutis marmorata teleangiectatica congenita ist eine seltene angeborene kutane Gefäßmalformation, die durch eine marmorierte Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Haut, Phlebektasien, Teleangiektasien, Hautatrophie und -ulzerationen charakterisiert ist. Die Veränderungen können lokal oder generalisiert auftreten und bereits bei der Geburt sichtbar sein. Die Assoziation mit großen oder ungewöhnlich geformten Mongolenflecken wird als eine seltene Form der Phakomatosis pigmentovascularis beschrieben. Beide Erkrankungen können mit systemischen Fehlbildungen assoziiert sein, deren Vorkommen für die Prognose entscheidend ist. Die häufigsten in der Literatur genannten Anomalien sind Glaukome, retinale Ablösung, Hypo- oder Hypertrophie der betroffenen Extremität, cerebrale Fehlbildungen wie Makrozephalie oder Asymmetrie der Hemisphären sowie andere Gefäßmalformationen. Die Diagnosestellung erfolgt klinisch. Eine Assoziation mit anderen Phakomatosen wie dem SturgeWeber- oder dem Klippel-Trenaunay-Syndrom ist beschrieben. Kasuistik: Wir berichten über einen 6 Monate alten Säugling, der bei uns mit lividen, netzartigen Hautveränderungen am rechten Bein und rechtem Arm in Verbindung mit einem großen Mongolenfleck im Bereich des Rückens und der Bauchwand vorgestellt wurde. Die Veränderungen waren bereits in der ersten Lebenswoche sichtbar und nahmen im Verlauf der ersten Lebensmonate zu. Zusätzlich zeigten sich eine Hypotrophie der betroffenen Extremitäten sowie eine motorische Entwicklungsverzögerung. Aufgrund der typischen Symptomkonstellation stellten wir die Diagnose einer Phakomatosis pigmentovascularis Typ V. Die laborchemische und die apparative Diagnostik (Hirn-, Herz-, Abdomen-sonographie; Gefäßdoppler der Extremitäten) sowie die ophtalmologische Untersuchung ergaben einen unauffälligen Befund. Das Kind wird regelmässig kinderneurologisch, -radiologisch und ophtalmologisch untersucht und kontinuierlich physiotherapeutisch betreut. Zusammenfassung: Cutis marmorata teleangiectatica congenita ist eine seltene kutane Gefäßmalformation. In Verbindung mit ungewöhnlichen, großen Mongolenflecken gehört sie in die Gruppe der Phakomatosis pigmentovascularis. Beide Hautanomalien können sich im Laufe der ersten Lebensjahre zurückbilden. In einigen Fällen ist die Erkrankung jedoch mit anderen Missbildungen assoziiert, die dann die Prognose bestimmen. Regelmäßige pädiatrische, entwicklungsneurologische sowie ophtalmologische Kontrollen sind bei diesen Kindern notwendig. DGKJ-PO-240 Sport bei juveniler idiopathischer Arthritis (JIA)- eine Patientenbefragung G. Poghosyan1, H. Michels1 1Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen Fragestellung: Wie ist die Situation von Schülern mit JIA hinsichtlich sportlicher Betätigung? Methodik: Vom 01.11.2006 bis 01.04.2007 befragten wir mittels eines standardisierten Fragebogens konsekutiv alle im DZKJR stationär aufgenommenen Patienten mit JIA hinsichtlich ihrer sportlichen Aktivitäten. Ergebnisse: Von 567 befragten Patienten (Pat) mit JIA waren 329 im Schulalter. Am Schulsport nehmen 200/326 (61%) teil (3 Pat – KA), davon 90/200 (45%) voll, 110/200 (55%) im Sinne von Teilsport. Außerhalb der Schule gehen 197/329 (60%) einer sportlichen Betätigung nach, am häufigsten Schwimmen (57%), Wintersport (alpines Skifahren, Skilanglauf, Snowboard, Schlittschuhfahren) (53%), Fahrradfahren (40%), Fußball (29%), sonstige Ballspiele (Volley-, Basket-, Handball) (23%), Reiten (21%) sowie Leichtathletik (9%), Geräteturnen (7%) und Wassersport (5%). Etwa 50% der Sporttreibenden gehen ihrer Sportart 2–3 Mal pro Woche nach, je etwa 25% betreiben sie 1× bzw. 4× und häufiger. Von den 197 Sporttreibenden führen 60% ihren Sport zum Teil privat durch, 55% sind auch in einem Verein engagiert, nur 5% treiben Leistungssport. Die Durchführung ihres Sports ist für 66/196 (36%) mit Schmerzen verbunden (90% gering, 9% deutlich, bei keinem „stark“), bei 14/196 (7%) treten auch Gelenkschwellungen auf. Dabei liegt die
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Dauer der Beschwerden bei 2/3 unter einer Stunde (h), bei 17% zwischen 1–3 h, bei 15% über 3 h. Von 328 Patienten sind 35% der Ansicht, dass sich Sport und Rheuma eher nicht vertragen, 46% glauben, Rheuma und Sport sei kein Widerspruch, 19% wissen es nicht. Diskussion: Jeweils etwa 60% der Befragten nehmen am Schulsport teil bzw. betreiben außerhalb der Schule fast alle gängigen Sportarten. Unbeantwortet bleibt die Frage, welche Gründe bzw. Motivationen die einen Sport treiben, die anderen Abstand nehmen lässt. Dem soll in einer weiteren Untersuchung nachgegangen werden. Zusammenfassung und Schlussfolgerung: Jeweils 60% der Schüler mit JIA nehmen am Schulsport teil bzw. betreiben außerhalb der Schule alle gängigen Sportarten, am häufigsten handelt es sich um Schwimmen und Fahrradfahren, auch Fußball wird von etwa einem Drittel gespielt. Dem Kinderrheumatologen kommt die wichtige Aufgabe zu, die Kinder und Jugendlichen diesbezüglich kompetent zu beraten und jeweils individuell Sportarten zu finden, die sie gerne betreiben und die mit der aktuellen Situation der rheumatischen Grunderkrankung vereinbar sind. DGKJ-PO-241 CINCA-Syndrom bei einem 16-jährigen Mädchen, gesichert durch Nachweis einer Mutation im CIAS1-Gen Chr. Schaut1, H. Michel1, M. Kuch1, J. Kühr1, R. Germann1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Städtisches Klinikum Karlsruhe, Karlsruhe Einleitung: Das CINCA (Chronic Infantile Neurological, Cutaneous, Articular)-Syndrom, auch als NOMID (Neonatal Onset Multisystemic Inflammatory Disease) bezeichnet, ist eine sich in den ersten Lebenswochen manifestierende chronisch-entzündliche Multisystemerkrankung. Das klinische Bild ist typischerweise geprägt durch eine chronisch rezidivierende Urtikaria, periodische Fieberschübe, Arthritiden, chronische aseptische Meningitis, erweiterte Liquorräume mit erhöhtem intrakraniellen Druck, Optikusatrophie mit Papillenödem, sensorineurale Schwerhörigkeit und unterschiedlich stark ausgeprägte mentale Retardierung. Der Erkrankung liegt eine Mutation im CIAS1Gen zugrunde, die eine Überexpression von Cryopyrin und konsekutiv eine erhöhte Aktivität von Interleukin-1 induziert. Es liegt ein autosomal dominanter Erbgang vor. Kasuistik: Wir stellen ein 16 jähriges adoptiertes Mädchen vor, bei dem vor etwa 10 Jahren nach aufgetretener Sehstörung Stauungspapillen diagnostiziert und der Verdacht auf einen Pseudotumor cerebri gestellt wurde. Ein Therapieversuch mit Lasix und Diamox blieb erfolglos, unter kurzzeitiger Behandlung mit Fortecortin zeigte sich eine vorübergehende Befundbesserung. Augenärztliche Kontrollen zeigten im Verlauf unveränderte Stauungspapillen. Zusätzlich traten rezidivierend urtikarielle Exantheme an Stamm und Extremitäten, sowie intermittierend Hand-und Fußgelenkschwellungen auf. Aktuell Wiedervorstellung in unserer Klinik bei seit 3 Monaten bestehender Hörminderung, sowie progredienten Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen. Die Diagnostik ergab Papillenödeme, einen Hydrocephalus communicans mit erhöhtem Hirndruck, eine mittelgradige sensorineurale Schwerhörigkeit und einen IQ im Bereich niedriger Intelligenz. Labordiagnostisch zeigten sich erhöhte humorale Entzündungszeichen (Leukozytose, erhöhtes CRP und beschleunigte Blutsenkung) und positive Kälteautoantikörper. Mittels molekulargenetischer Diagnostik gelang der Nachweis einer heterozygoten Mutation G569R (Gly569Arg, GGG>AGG, nt1705G>A) im Exon 3 des CIAS1-Gens. Die Therapie mit dem Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten Anakinra, der bei Patienten mit CINCA-Syndrom bereits mehrfach erfolgreich zum Einsatz kam, wurde eingeleitet. Hierunter zeigten sich die klinischen Krankheitszeichen innerhalb weniger Tage rückläufig. Schlussfolgerung: Das CINCA-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Die entsprechende apparative und molekulargenetische Diagnostik sollte beim kombinierten Auftreten rezidivierender Urtikaria, periodischer Fieberschübe, Arthritiden, Cephalgien, Seh- und Hör-
minderung, sowie kontinuierlich erhöhten humoralen Entzündungszeichen erfolgen, um frühzeitig die adäquate Therapie einzuleiten und so möglicherweise Endorganschäden zu verhindern. DGKJ-PO-242 Assoziationen von Polymorphismen in den MIF und IL-6 kodierenden Genen bei der Juvenilen Idiopathischen Arthritis S. Huber1, F. Katarina1, G. Dannecker2, G. Ganser3, H. Michels4, C. Müller1, J. P. Haas1 1Universität Greifswald, Klinik für Kinder und Jugendmedizin, Greifswald; 2Olgahospital Päd. Zentrum, Stuttgart; 3St. Josefs Stift, Kinderheumatologische Klinik, Sendenhorst; 4Kinderklinik und Rheuma-Kinderklinik der Rummelsberger Anstalten, Garmisch-Partenkirchen Einleitung: Polymorphismen in Genen regulatorischer Zytokine wurden mit den Verläufen verschiedener inflammatorischer Erkrankungen assoziiert gefunden. Die Promotorpolymorphismen –174 G/C im Interleukin-6 (IL-6) und –173 G/C im Macrophage inhibiting factor (MIF) Gen wurden in einer englischen Patientengruppe mit der systemischen Verlaufsform einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) assoziiert beobachtet. Ziel unserer Studie war eine Verifizierung dieser Befunde in einem deutschen Patientenkollektiv. Material und Methoden: 838 Patienten der Kinderkliniken: Tübingen, Sendenhorst, Garmisch-Partenkirchen, Erlangen und Greifswald mit einer JIA wurden in die Analysen eingeschlossen. Verglichen wurde mit 401 randomisierten gesunden unverwandten Kontrollen, die Teilnehmer an der populationsbasierten „Study of health in pommerania“ sind und bei denen anamnestisch eine JIA ausgeschlossen wurde. Nach Präparation der DNA, PCR Amplifikation mittels genspezifischer Primer erfolgte eine Alleltypisierung der Promotorpolymorphismen (–174 G/C IL-6; –173 G/C MIF) nach Restriktionsverdau der PCR Produkte mittels NLA III bzw. Alu I. Die statistische Analyse der Daten erfolgte mittels Chi-Quadratest und einer Risikoberechnung nach Haldane. Analysiert wurden klinische Subtypen, Beginnalter, Auftreten einer Iridozyklitis und Erkrankungsverlauf. Ergebnisse: Patienten mit einer systemischen JIA (n=88) zeigten weder bei den Allelen des IL-6 Promotors noch des MIF Promotors signifikante Assoziationen. Signifikante Veränderungen der Allelhäufigkeiten zeigten sich beim IL-6 Promotor nur bei der seronegativen polyartikulären Verlaufsform. Die Signifikanzniveaus bei MIF und IL-6 variierten deutlich je nach Zusammensetzung der Patienten- und Kontrollgruppen. Dabei fand sich eine Abhängigkeit vom Regionalisierungsgrad der jeweiligen Kohorte. Assoziationen ergaben sich immer dann, wenn lokale Kohorten mit überregionalen Kohorten verglichen wurden. Diskussion: Die Ergebnisse der deutschen weichen erheblich von denen der englischen JIA-Kohorte ab. Allerdings finden sich auch bezüglich der Kontrollgruppen erhebliche Unterschiede für die Allelfrequenzen beider Promotorpolymorphismen. Offenbar sind einzelne Zytokinpolymorphismen lokal sehr unterschiedlich selektioniert worden, so dass bei populationsbasierten Untersuchungen die Regionalisierungsgrade der Kohorten berücksichtigt werden müssen. Diese Studie wird gefördert vom BMBF (NBL 3, Referenz-Nr. 01 ZZ 0403). DGKJ-PO-243 Differentialdiagnose sklerodermiformer Hautveränderungen B. Fiebig1, Chr. M. Hedrich1, S. Sallmann1, N. Bruck1, G. Heubner2, M. Gahr1 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 2Kinderabteilung, Kreiskrankenhaus, Freital Differentialdiagnostische Überlegungen bei sklerodermiformen Hautveränderungen ziehen eine Vielzahl von Erkrankungen mit Beteiligung der Haut und des Bindegewebes in Betracht. Assoziiert sind diese Hautveränderungen häufig mit systemischen Autoimmunerkrankungen, wie z.B. der systemischen Sklerodermie oder des Lupus erythematodes. Aufgrund der Seltenheit der verschiedenen Krankheitsbilder erfolgt die Diagnose und Therapieeinstellung häufig erst spät, so dass aufgetretene
Sklerosierungen irreversibel sein können. Overlap-Syndrome und uneinheitliche Klassifikationskriterien erschweren die Diagnosestellung zusätzlich. Vorgestellt werden drei Patienten mit unterschiedlichen Formen der Hautsklerosierungen, welche in unserer Einrichtung diagnostiziert und behandelt werden. Der erste Patient wurde im Alter von 5 Jahren mit seit einem Jahr progredienter Dystrophie der linken unteren Extremität und folgender lokalisierter Wachstumsverzögerung vorgestellt. Es zeigte sich eine Hypotrophie und Verhärtung der Haut, sowie der Nachweis antinukleärer Antikörper (1:640) und Scl70. Nach umfangreicher Differentialdiagnostik wurde die Diagnose einer zirkumskripten Sklerodermie gestellt. Auf eine medikamentöse Therapie konnte bislang bei fehlender Krankheitsaktivität verzichtet werden. Die zweite Patientin stellte sich mit seit einem Jahr bestehenden Gangauffälligkeiten und progredienter Schwäche der Hand vor. Es fiel eine Atrophie der prätibialen Haut des Unterschenkels auf, welche auf Nachfrage initial hyperpigmentiert war. Es zeigte sich eine Polyarthritis nahezu aller Gelenke. Paraklinisch fielen eine Eosinophilie, eine Fasziitis im MRT und eine Morphea profunda des Hautbioptates auf. Nach Diagnose einer eosinophilen Fasziitis behandelten wir initial mit Methylprednisolonpulstherapien und frühzeitiger Einstellung auf Methotrexat mit gutem klinischen Verlauf. Bei dem dritten Patienten wurde im Alter von 18 Jahren die Diagnose einer systemischen Sklerodermie (DD: Sklerodermie Overlap-Syndrom) nach initialem Verdacht auf eine enthesitisassoziierte Arthritis gestellt. Es bestand eine Arthritis beider Sprunggelenke. Im Verlauf kam es zu einer generalisierten Hautverhärtung mit Bewegungseinschränkung. Wir behandelten initial mit Prednisolon und Ibuprofen, intensiver Physiotherapie und Lymphdrainage und, aufgrund des deutlichen Progresses der sklerodermiformen Hautveränderungen, mit einer frühzeitigen Basismedikation mittels Methotrexat. Hierunter kam es zu einer guten klinischen Rückläufigkeit der Arthritis und beschriebenen Hautsklerosierungen. Die durchgeführte Systemdiagnostik erbrachte bislang unauffällige Befunde. Eine frühzeitige Diagnosestellung mit spezifischer Therapie bei sklerodermiformen Hautveränderungen kann irreversible Folgeschäden verhindern, ist jedoch aufgrund der Seltenheit der Krankheitsbilder und der differentialdiagnostischen Überlegungen häufig schwierig.
Endokrinologie und Diabetologie III DGKJ-PO-244 Adipöse Kinder und Jugendliche in Therapieprogrammen in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Dokumentation durch die APV-Initiative zeigt hohe Rate kardiovaskulärer Risikofaktoren C. Weigel1, I. Knerr1, T. Reinehr2, D. L’Allemand3, K. Zwiauer4, H. SiefkenKaletka5, C. Fromme6, A. Chen-Stute7, G. Tuschy8, G. Scheerschmidt9, K. Mohnike10, R. Holl11 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Vestische Kinderklinik, Datteln; 3Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen, Schweiz; 4Kinder- und Jugendabteilung, Zentralklinikum St. Pölten, St. Pölten, Österreich; 5Fachklinik für Kinder- und Jugendrehabilitation, Edelsteinklinik, Bruchweiler; 61. Kinderklinik, Augsburg; 7Adipositas-Zentrum Bethesda zu Duisburg e.V., Duisburg; 8Praxis für Psychoanalyse/Psychotherapie, Berlin; 9Charlottenhall, Rehabilitationsund Vorsorgeklinik gGmbH, Bad Salzungen; 10Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg; 11Stabsabteilung Unterricht, Zentralinstitut für Biomedizinische Technik, Ulm Fragestellung: Die Prävalenz der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen nimmt stetig zu. In Deutschland sind 10–20% der Kinder und Jugendlichen adipös bzw. übergewichtig. Aktuelle Therapieangebote sind durch eine große Heterogenität gekennzeichnet, wobei sowohl unterschiedlich intensive ambulante Therapieprogramme als auch stationäre Betreuungen im Rahmen einer Reha-Maßnahme angeboten werden. Therapieerfolge werden oft von Therapieanbietern zentrumsspezifisch unterschiedlich definiert und evaluiert. Methode: Seit 2002 wird die APV-Software (Adipositas Patienten Verlaufsdokumentation) zur standardisierten prospektiven DokumenMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts tation der pädiatrischen Adipositastherapie eingesetzt (Universität Ulm). Im April 2007 lagen 101574 Datensätze von 34535 Patienten vor. Insgesamt haben sich 113 Zentren beteiligt, 22 Reha-Kliniken und 91 ambulante Therapieeinrichtungen. 37% der Patienten sind bei Erstvorstellung extrem adipös (>99.5. Percentile), 41% sind adipös (97–99.5. Perc.), 16% sind übergewichtig (>90.-<97. Perc.) und 6% sind noch normalgewichtig (≤90. Perc.). Ergebnisse: Eine arterielle Hypertension lag bei 34% der Patienten vor, wobei häufiger der diastolische (26%) als der systolische Blutdruck (16%) erhöht war. 14% der Patienten hatten eine Hypertriglyceridämie (>150 mg/dl), bei 15% war das LDL-Cholesterin auf über 130 mg/dl erhöht, bei 10% das HDL-Cholesterin unter 35 mg/dl erniedrigt. 3% wiesen eine Störung des Kohlenhydratstoffwechsels auf, 0.7% hatten eine manifeste diabetische Stoffwechsellage. Die Rate der Hypertension, des erniedrigten HDL-Cholesterins, der Hypertriglyceridämie und der diabetischen Stoffwechselstörung steigen nach Adjustierung für Alter und Geschlecht signifikant mit dem Ausmaß der Adipositas an: Die Odds Ratios (extreme Adipositas versus Normalgewicht) betragen: 3.3 [2.7–4.0], 4.7 [2.6–8.7], 2.1 [1.5–3.0] und 2.6 [1.1–64.4]. Schlussfolgerung: Eine standardisierte prospektive Dokumentation von Kindern und Jugendlichen in spezialisierten Adipositas-Behandlungseinrichtungen zeigt eine hohe Rate kardiovaskulärer Ko-Morbidität. Dies muss in der Therapieplanung und weiteren Evaluation des Behandlungserfolges vermehrt berücksichtigt werden. DKGJ-PO-245 4 Jahres follow-up von adipösen Kindern und Jugendlichen im Obeldicks Programm A. Schaefer1, K. Winkel1, M. Dobe1, U. Damschen1, G. de Sousa1, N. Kleutges1, M. Kersting2, D. Hoffmann1, A. Toschke3, T. Reinehr1 1Vestische Kinderklinik, Datteln; 2Ernährungsverhalten, Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund; 3King’s College London, Division of Health and Social Care Research, London, Großbritannien Da Adipositas zu schwerwiegenden somatischen und psychischen Folgeerscheinungen führen kann ist eine nachhaltige wirksame Behandlung erforderlich. Langzeitdaten fehlen bisher zu vielen Behandlungsangeboten. Methode: Wir untersuchten die Veränderungen des Gewichtsstatus als Standard deviation score des BMI vierteljährlich im ersten Jahr und jährlich über die nächsten 3 Jahre bei allen adipösen Kindern und Jugendlichen, die an dem einjährigen ambulanten Adipositasprogramm Obeldicks teilnahmen. Dieses Schulungsprogramm basiert auf Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Alle Analysen wurden auf dem intention-to-treat Ansatz durchgeführt. Ergebnis: 170 Kinder und Jugendliche (mittleres Alter 10,5 Jahre, 51% Mädchen, mittlerer BMI 26,9 kg/m2, mittlere SDS-BMI 2,54) nahmen an der „Obeldicks“ Schulung teil. 19 (11%) Kinder brachen die Intervention ab und 9 (5%) Teilnehmer gingen im anschließend follow- up verloren. 131 Kinder (77%) verringerten ihr Übergewicht am Ende der einjährigen Intervention und 122 (66%) 3 Jahre nach Ende der Intervention verglichen zum Ausmass des Übergewichts bei Beginn der Intervention (mittlere SDS-BMI Reduktion 0.41 am Ende der Intervention, mittlere SDS-BMI Reduktion 0.48 3 Jahre nach Ende der Intervention). Die Übergewichtsreduktion 3 Jahre nach Ende der Intervention war unabhängig vom Alter Geschlechts und Ausmaß des Übergewichts der Teilnehmer zu Beginn der Intervention und unabhängig vom BMI und Alter der Eltern. Die Reduktion von 0.33 SDSBMI in den ersten 3 Monaten der Intervention war der beste Prädiktor für den Langzeiterfolg (95% prädiktiver Wert). Schlussfolgerung: Die Teilnahme an der einjährigen ambulanten Adipositasschulung Obeldicks führte bei den meisten Teilnehmer zu einer nachhaltigen Gewichtsreduktion, welche auch 3 Jahre nach der Intervention noch nachweisbar war. Der Erfolg in den ersten 3 Monaten war prädiktiv für den Langzeiteffekt.
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DGKJ-PO-246 Langzeitverläufe des arteriellen Blutdrucks („Tracking“) von der Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter bei 868 Patienten mit Diabetes Typ 1 aus Deutschland und Österreich I. Knerr1, A. Dost2, R. Lepler3, K. Raile4, W. Rascher1, E. Schober5, R. Holl6 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen; 2Friedrich Schiller Universität Klinik f. Kinder-u. Jugendmed., Jena; 3Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Hamburg; 4Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin; 5Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Österreich; 6Abt. Epidemiologie, Universität Ulm, Ulm Fragestellung: Wir untersuchten im Rahmen einer longitudinalen Verlaufsbeobachtung arteriellen Blutdruck (BP) und Prävalenz der Hypertonie als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) bei 868 Patienten mit Typ 1 Diabetes im Alter von 6,0 to 19,9 Jahren aus 95 Diabeteszentren in Deutschland und Österreich (DPV Wiss). Material und Methode: Für den Erhebungszeitraum von 1977–2006 wurden pro Patient 1–4× jährliche Vorstellungen ausgewertet bezüglich HbA1c (standardisiert nach der DCCT Referenz), Gewicht, Größe und Ruhe-BP (sphygmomanometrisch oder mittels Dinamap gemessen). Die Daten wurden gemäß der Declaration of Helsinki erhoben und anonymisiert im DPV-Programm (Diabetes Patienten Verlaufsdaten, Universität Ulm) ausgewertet. Patienten mit weiteren chronischen Erkrankungen oder Dauermedikation wurden ausgeschlossen, so dass von 1353 gescreenten Patienten 868 ausgewählt wurden (96% Kaukasier, 4% andere Ethnizität; Alter bei Diagnose 5,9±2,4 Jahre; 432 weiblich, 436 männlich). Als BP-Referenz dienten die europäischen Daten von 28043 Kindern und Jugendlichen, zugeordnet nach Alter und Geschlecht, analog die aktuellen deutschen Referenzdaten für den body mass index (BMI). Die Daten wurden in 3 Altersgruppen stratifiziert: 6,0–9,9 J. (präpubertär), 10,0–15,9 J. (pubertär) und 16,0–19,9 J. (postpubertär). Berechnet wurden standard deviation score (SDS), Kruskal Wallis Test, Wilcoxon Test und Pearson Korrelation. Ergebnisse: Innerhalb der 3 Altersgruppen lag der mittlere Wert (±SD) des HbA1c bei 7,4±1,4%, 7,9±1,3%, 8,4%±1,7, des BMI-SDS bei 0,24±0,73, 0,37±0,78, 0,60±0,89, des systolischen BP bei 106±7, 116±8, 127±11, des diastolischen BP bei 65±6, 68±7, 72±7 mmHg. Der mittlere BP-SDS stieg im Vergleich der 3 Altersgruppen an (z.B. +0,09, +0,12, +0,52 für den systolischen BP, P<0,000001). In den beiden jüngeren Gruppen wiesen bis zu 4% der Patienten BP-Werte über der 97. Perzentile auf, aber 13,9% in der postpubertären Gruppe. Der BP korrelierte mit dem HbA1c und BMISDS (r=0,2148 bis 0,3663, P<0,0001). Ein Tracking des BP zeigte, dass präpubertäre Kinder mit höherem BP auch pubertär und postpubertär erhöhte systolische und diastolische BP-Werte aufwiesen (P<0,000001). Diskussion: Patienten mit erhöhtem BP in der Kindheit weisen auch später höhere BP-Werte auf, während Kinder mit niedrig-normalen BP-Werten auch pubertär und postpubertär im unteren Perzentilenbereich lagen. Die frühzeitige Detektion dieses Risikos für CVD ist möglich und eine frühe Intervention notwendig, denn die Morbidität und Mortalität durch CVD ist bei Patienten mit Typ 1 Diabetes bis zu 10fach erhöht. Schlussfolgerung: Die BP-Bestimmung bei Kindern mit Typ 1 Diabetes erlaubt schon frühzeitig eine weitere Abschätzung des CVD-Risikos und die therapeutische Intervention zur Prävention hypertensiver Komplikationen. DKGJ-PO-247 Übergewicht und Adipositas bei Thüringer Kindern G. Dieminger1, K. Zellner2, K. Kromeyer-Hauschild2, U. Claussen2, J. Seidel1 1Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, SRH Wald-Klinikum Gera gGmbH, Gera; 2Institut für Humangenetik und Anthropologie der FSU Jena, Jena Einleitung: Die steigende Anzahl übergewichtiger und adipöser Kinder in Europa gibt Anlass zur Besorgnis. Die WHO bezeichnet den weltweit zu beobachtenden Anstieg sogar als „Epidemie“. Aufgrund
der aktuellen Entwicklung auch in Deutschland ist die Politik zunehmend sensibilisiert auf diese Thematik. Um dringend notwendige Präventionsnetzwerke aufzubauen und umfassende Unterstützung aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu erhalten, bedarf es jedoch harter Daten. Methode: Zur Darstellung der Situation in Thüringen, wurde im Jahr 2001 eine Untersuchung an Jenaer Schulen durchgeführt, in die Messergebnisse von 1.289 Jungen und 1.307 Mädchen im Alter von 7–17 Jahren eingingen. Erfasst wurden die Körperhöhe und das Körpergewicht, aus denen rechnerisch der BMI ermittelt wurde. Die Untersuchungen wurden durch Fettfaltenmessungen mittels Calipper ergänzt. Ergebnisse: Es fand sich eine Prävalenz für Übergewicht von 6,3% bei den Jungen und 5,9% bei den Mädchen. Adipös waren 2,2% der Jungen und 2% der Mäd- chen. Da diese Untersuchung Bestandteil der seit 1980 durchgeführten Studien ist, bestand die Möglichkeit des Vergleiches mit den Ergebnissen zu den Vorunter- suchungen. Dabei zeigten sich ein deutlicher Anstieg zwischen 1985 und 1995 (der Zeitraum der politischen Wende der ehemaligen DDR) und ein weiterer moderater Anstieg von 1995 auf 2001. Doch nicht nur hier ergaben sich alarmierende Zahlen, auch innerhalb der Gruppe der als normgewichtig geltenden Kinder zeigten sich einerseits Abnahmen bei den in unteren BMI-Bereichen liegenden Kindern und andererseits Zunahmen im oberen Bereich, so dass perspektivisch von einer weiteren Zunahme der Adipositas und des Übergewichtes in den nächsten Jahren auszugehen ist. Die BMI-Daten wurden durch die Ergebnisse der Fettfaltenmessungen bestätigt. Aktuelle bisher noch unveröffentlichte Daten der Schuluntersuchungen von 2006 bestätigen diesen Trend. Schlussfolgerungen: Es ist dringend angezeigt, gegen diese in Zukunft weiter zunehmende Problematik, verursacht durch eine wachsende Anzahl übergewichtiger und adipöser Kinder, bereits jetzt konsequent vorzugehen. Da Begleit- und Folgekrankheiten des Übergewichts erhebliche medizinische Konsequenzen besitzen, kommt somit diesem Problem auch eine massive gesundheitspolitische Bedeutung zu. Präventionsmaßnahmen müssen deshalb bereits im Vorschulalter beginnen, unter Einbeziehung der gesamten Familie. Ziel muss sein, durch präventive Maßnahmen frühzeitig gegen Überernährung und Bewegungsmangel zu intervenieren und bereits übergewichtige und adipöse Kinder rechtzeitig in Behandlungsprogramme mit Langzeiteffekt zu integrieren. DGKJ-PO-248 Wachstumsfaktoren bei Kindern und Jugendlichen mit klassischem Adrenogenitalen Syndrom mit 21-Hydroxylasedefekt (AGS) Th.M.K. Völkl1, D. Simm1, J. Biskupek-Sigwart1, M. Rauh1, H.-G. Dörr1 1Universitäts-Kinderklinik, Erlangen Kürzlich konnte gezeigt werden, dass bei Kindern mit AGS veränderte IGF1- and IGFBP3-Konzentrationen im Serum mit der metabolischen Einstellung korrelieren. Die Zielsetzung unserer Untersuchung war die Analyse von IGF1-, IGFBP3-, der säure-labilen Untereinheit (ALS) und der molaren Ratio IGF1:IGFBP3 (MR) im Serum von AGS-Patienten sowie die Analyse möglicher Zusammenhänge mit klinischen Parametern wie chronologisches Alters (CA), Körpermassenindex (BMI), Tannerstadium (TS), Medikation und metabolischer Einstellung. Methodik: 56 Patienten im Alter von 5,6 bis 19,0 Jahren (Median 10.6, n=33 Mädchen) wurden untersucht. Alle Patienten hatten ein molekulargenetisch gesichertes AGS (mit Salzverlust n=45) und waren unter Standaradsubstitutionstherapie mit Steroiden. Blutproben wurden zwischen 08:00 und 10:00 Uhr abgenommen. Die Konzentrationen von IGF1, IGFBP3, ALS und Insulin i. S. wurden mittels ELISA gemessen; MR (molarer Korrekturfaktor 0.00417) und HOMA-IR berechnet. Wir bestimmten populationsbasierte SD Scores (SDS) korrigiert für Geschlecht und Alter. Ergebnisse (Median, Quartilen): IGF1 war nicht signifikant verändert (0,05 SDS; –1,21, 0,92), wohingegen IGFBP3 im Vergleich zur Referenzpopulation erhöht war (1,50 SDS; 0,58, 1,95; p<0.0001). Demzufolge war auch die MR erniedrigt (–0,64 SDS; –1,38,
0,32; p=0,0017). ALS war deutlich erniedrigt (–1,95 SDS; –3,075, –1,00; p<0,0001). Die ALS-SDS Werte waren niedriger bei pubertären als bei infantilen Kindern (p=0.0267) und niedriger bei den Mädchen (p=0.0038). Die Korrelationsanalysen (rs, p) ergaben Zusammenhänge zwischen MR/ALS und CA (–0,583, <0,0001/ –0,428, 0,0010), TS (–0,500, <0,0001/ –0,334, 0,0118), Knochenalter (0,407, 0,0075/ 0,426, 0,0049), und ALS (0,405, 0,0020). Für MR und ALS fanden wir keine signifikanten Korrelationen mit dem BMI, der HOMA-IR, der Hydrokortison- und Fludrokortisondosis oder anderen Variablen der metabolischen Einstellung. Es gab keinen Unterschied zwischen den klinischen AGS-Formen (mit/ohne Salzverlust). Zusammenfassung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass der trimerische IGF1-IGFBP3-ALS-Komplex bei Kinder und Jugendliche mit AGS verändert ist. Wir fanden keinen Zusammenhang mit der metabolischen Einstellung des AGS. DKGJ-PO-249 TCF7L2-gene polymorphisms confer an increased risk for early impairment of glucose metabolism and increased height in obese children A. Körner1, P. Kovacs2, J. Berndt2, M. Stumvoll2, W. Kiess1 1Universitätskinderklinik, Leipzig; 2Med. Klinik III, Leipzig Variants in the TCF7L2-gene have been associated with increased risk for type 2 diabetes in adults. To evaluate whether these risk variants confer a higher risk for obesity and early impairment of glucose metabolism in children, we genotyped five risk variants of the TCF7L2gene in a representative cohort of 1029 Caucasian children and in an independent cohort of 283 obese children. Applying a case control design, we observed a significantly lower prevalence of the rs11196205 and rs7895340 risk alleles in the obese compared to lean children (0.40 vs. 0.45, P=0.02). There was, however, no statistical significant relationship between these genotypes and quantitative traits of obesity in neither the schoolchildren nor obesity cohort. Along with the marked elevation in BMI in obese children, they were significantly taller than lean children. This increase in height was independently associated with risk variants of the TCF7L2-gene, while in the normal representative cohort height appeared to be decreased in carriers of the minor alleles. This increase in height may be phenomenal for the constitutional (growth) acceleration frequently seen in obese children that has been discussed as potentially accelerating diabetes manifestation along with autoimmunity and insulin resistance in the „accelerator hypothesis“. In the obese cohort, three risk alleles (rs7901695, rs7903146, rs1225572) were significantly associated with higher fasting and stimulated blood glucose levels independent of sex, age, pubertal stage, height, and BMI. Quantitative traits of insulin secretion appeared with a similar tendency but were not statistically significant. Hence, our data indicate for the first time that TCF7L2-gene variants confer an increased risk for early impairment of glucose metabolism in obese children, which is consistent with adult studies identifying TCF7L2 as a major diabetes susceptibility gene. DKGJ-PO-250 Postnatales Wachstum sehr kleiner Frühgeborener (VLBW): Wachstumshormon-Rezeptor-Variante assoziiert mit Aufholwachstum F. Schreiner1, S. Stutte1, P. Bartmann1, B. Gohlke1, J. Wölfle1 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn Kontext: Frühgeborene Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g (very low birth weight, VLBW) haben ein erhöhtes Risiko als Erwachsene kleinwüchsig zu bleiben. Die molekularen Grundlagen des postnatalen Aufhol- oder „Catch-up“-Wachstums sind weitgehend unbekannt. Kürzlich wurde die Exon3-Minusvariante (d3) des Wachstumshormon (GH) -Rezeptors (GHR) mit verstärkter intrazellulärer Signalantwort und verbessertem Ansprechen auf GH-Therapie in Verbindung gebracht. Wir Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts spekulierten, dass diese GHR-Variante Einfluss auf das postnatale Wachstumsmuster ehemaliger VLBW-Kinder haben könnte. Patienten und Methoden: Wir untersuchten 77 anderweitig gesunde ehemalige Frühgeborene mit Geburtsgewicht unter 1500 g (Mittel 940 g) und verglichen postnatales Wachstumsmuster und GHR-Genotyp (multiplex PCR). Mittleres Alter bei Untersuchung war 6,0 Jahre (Bereich 4,2–8,0 Jahre). Auxiologische Daten wurden ausgedrückt als SDS-Werte. Catch-up wurde definiert als aktuelle Körperhöhe >–1 SDS, korrigiert nach genetischer (aus Elterngrößen errechneter) Zielgröße. Ergebnisse: Von 77 Kindern zeigten 54 (70%) ausreichendes postnatales Aufholwachstum. Die höchste Catch-up Rate (12/12; 100%) zeigten dabei Kinder mit zwei Exon3 -Minusallelen (d3/d3 homozygot), die niedrigste (17/32; 53%) diejenigen homozygot für das Wildtyp-Allel (fl/fl; fl= full-length). Diese Unterschiede waren statistisch hochsignifikant (p<0,01 für d3/d3 vs. fl/fl; p< 0,01 für [d3/d3+d3/fl] vs. fl/fl). Entsprechend ergaben sich signifikante Korrelationen zwischen GHR-Genotyp und sowohl Aufholwachstum als auch Längen-SDS. Zudem zeigten Kinder, die homozygot für die GHRd3-Variante waren, signifikant höhere Serumspiegel für IGF-1 und IGFBP-3 gegenüber denen mit nur einem oder keinem GHRd3-Allel. Schlussfolgerung: Unsere Daten zeigen einen hochsignifikanten prädiktiven Einfluss des GHR-Exon3-Genotyps auf das postnatale Wachstumsmuster sehr kleiner Frühgeborener. Diejenigen Kinder, die mindestens ein d3-Allel tragen, zeigen signifikant häufiger Aufholwachstum in den genetischen Zielgrößenbereich. Zukünftige Studien müssen zeigen, inwieweit diese GHR-Variante auch andere mit niedrigem Geburtsgewicht in Verbindung gebrachte Risiken wie die Entwicklung eines metabolischen Syndroms beeinflusst.
Endokrinologie und Diabetologie IV DGKJ-PO-251 „Immigrantenrachitis“ – Farbiger Patient mit dem klinischen und radiologischen Vollbild einer Vitamin D-Mangelrachitis S. Platzer1, S. Schilling1, M. Melter1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Regensburg, Regensburg Hintergrund: Die Rachitis ist assoziiert mit Knochendeformitäten, Wachstums- und Entwicklungsverzögerung, laborchemischen Veränderungen, sowie selten mit zerebralem Anfallsleiden. In Deutschland findet sie sich heutzutage selten. Fallberichte über klinisch manifeste Vitamin D-Mangelrachitiden bei US-amerikanischen Kleinkindern zeigen jedoch eine relevante Prävalenz von schwerwiegenden Vitamin D-Mangelerkrankungen vorwiegend bei farbigen Kindern. Die höchste Inzidenz liegt dabei im Alter zwischen 3 und 18 Monaten. Pathogenetische Faktoren dieser Patienten sind ausschließliches Stillen ohne zusätzliche Vitamin D-Supplementierung, sowie unzureichende Sonnenlichtexposition besonders bei dunkel pigmentierter Haut. Anamnese und klinisches Erscheinungsbild: Wir sahen einen 21 Monate alten in Deutschland lebenden farbigen Jungen, Vater afrikanischer, Mutter europäischer Herkunft. Bis zum 3. Lebensmonat wurde er voll gestillt. Ab dem 4. Lebensmonat erfolgte die Ernährung fast ausschließlich mit kalziumarmer Beikost. Eine Vitamin D-Supplementierung wurde gegen Ende des 2. Lebensmonat von den Eltern eigenständig beendet. Klinisch zeigte sich ein Kleinwuchs (<3. Perzentile), Genu varum links, Genu valgum rechts, metaphysäre Auftreibungen an beiden Handgelenken, sowie ein rachitischer Rosenkranz im Bereich der kaudalen Rippen. Der Zahnstatus war unauffällig. Röntgendiagnostik: Radiologisch zeigten sich in den Aufnahmen von Thorax, Kniegelenke und linker Hand: Ausgeprägte Demineralisierung der Knochenstruktur mit Auftreibungen der knie-und handgelenksnahen Metaphysen, sowie Auftreibungen der ventralen Rippenendigungen am Übergang zum knorpeligen Anteil im Sinne eines rachitischen Rosenkranzes.
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Labordiagnostik: Blut: Ca 2,28 mmol/L (normal); anorg. Phosphat 0,6 mmol/L (¯); Alkal. Phosphatase 900 U/L ( ); Parathormon 123 ng/l ( ); 25-OH-Cholecalceferol <20 nmol/l (¯). Therapie: Beginn mit einer hochdosierten Vitamin D-und Ca-Supplementierung. Fazit: Wir stellen diese Kasuistik dar, um zu veranschaulichen, dass die Vitamin D-Mangelrachitis, wenngleich in Deutschland insgesamt eine Rarität, insbesondere bei Patienten mit dunklem Hautkolorit bei entsprechender klinischer und laborchemischer Symptomatik eine wichtige Differentialdiagnose darstellt. DKGJ-PO-252 Ungewöhnlich schwere Manifestation eines neonatalen Prader-WilliSyndroms G. Haverkämper1, E. Mildenberger1, Chr. Hertzberg2, H. Neitzel3, M. Emeis1, T. Kühn1, R. Rossi1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Perinatalzentrum, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin; 2Diagnose- und Behandlungszentrum, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin; 3Charité Campus Virchow Klinikum, Institut für Humangenetik, Berlin Hintergrund: Das Prader-Willi-Syndrom ist eine sporadisch auftretende Erkrankung, die im Neugeborenen- und Säuglingsalter durch Muskelhypotonie und Trinkschwäche, Kryptorchismus, kraniofaziale Dysmorphie und seltener durch einen Hydrops fetalis charakterisiert ist. Eine schwere respiratorische Insuffizienz, die, wie in unserem Fall, eine intensive maschinelle Beatmung notwendig macht, ist sehr selten. Kasuistik: Es handelt sich um das dritte Kind konsanguiner, gesunder Eltern türkischer Herkunft. Die Geschwister sind ebenfalls gesund, die weitere Familienanamnese unauffällig. Ultraschalluntersuchungen zeigten ein Polyhydramnion bei sonst normal entwickeltem Fetus. Die Feindiagnostik war unauffällig. Die Mutter berichtete über „normale“ Kindsbewegungen. Nach 37+6 SSW wurde ein 2885 g schwerer, hydropischer Junge per Re-Sectio geboren, der durch eine deutliche Muskelhypotonie und respiratorische Insuffizienz auffiel. Apgar 6/6/7, NapH 7,32. Nach anfänglicher CPAP-Beatmung verschlechterte sich der Zustand rasch, es wurden Intubation und maschinelle Beatmung notwendig. Im Röntgen-Thorax zeigten sich beidseitige Verschattungen (ähnlich wie RDS) sowie leichte Pleuraergüsse bei normal entwickelter Lunge. Surfactantgaben blieben ohne anhaltenden Effekt, es war eine intensive Beatmung (u.a. Hochfrequenzoszillation, Stickstoffmonoxid) über zehn Tage notwendig. Weitere klinische Auffälligkeiten waren ein Kryptorchismus, schwache Muskeleigenreflexe und ein fehlender Saugreflex. Die Größe der Hände und Füße war normal, Schädel und Gesicht waren nicht dysmorph. Sonographisch fand sich im Abdomen geringer Aszites ohne Organomegalie, Untersuchungen des Schädels und des Herzen waren unauffällig. Es ergab sich kein Hinweis auf eine mütterliche oder kindliche Infektion, Normwerte für Laktat, Blutgasanalyse und Transaminasen. Eine immunologische Ursache des Hydrops konnte ausgeschlossen werden. Aufgrund der unerwartet schwierigen Beatmungssituation und der Hypotonie vermuteten wir initial eine Muskelerkrankung, spinale Muskelatrophie und myotone Dystrophie konnten jedoch ausgeschlossen werden. Mittels FISH-Analyse wurde die Diagnose eines Prader-Willi-Syndroms gestellt (Spontandeletion, Chromosom 15q11–13, elterliches Genom normal).Inzwischen atmet das Kind spontan bei noch leicht erhöhtem Sauerstoffbedarf. Diskussion: Obwohl in der Literatur schon mehrfach erwähnt, zeigt unserer Fall erneut die Notwendigkeit, die Diagnose des Prader-Willi-Syndroms bei einem muskelhypotonen Neugeborenen frühzeitig zu bedenken. Da der Nachweis schnell und unkompliziert ist, kann so weitere unnötige Diagnostik (z.B. Muskelbiopsie) vermieden und die Familie frühzeitig auf die speziellen Probleme vorbereitet werden. In unserem Fall führte die schwere respiratorische Insuffizienz und die Konsanguinität zunächst zum Verdacht einer Muskelerkrankung bzw. eines Stoffwechseldefektes.
DGKJ-PO-253 Adipositasbehandlung in der stationären Rehabilitation: Was sagt den längerfristigen Therapie-Erfolg vorher? P. Warschburger1, D. Kiosz2 1Institut für Psychologie, Potsdam; 2Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde, Kiel Hintergrund: Die kurzfristige Wirksamkeit der stationären Adipositastherapie ist gut belegt. Probleme bereitet die längerfristige Wirksamkeit(Warschburger et al. 2005). Das Ausmaß des initialen Gewichtsverlusts sowie psychosoziale Merkmale scheinen relevante Prädiktoren zu sein. Gewichtsbezogene Selbstwirksamkeit und psychologische Belastungen sind ebenfalls wichtig (Teixera et al. 2005). Fragestellung: Es interessierte die Frage, ob sich psychosoziale Variable und initialer Gewichtsverlust als prädiktiv auf den längerfristigen Gewichtsverlauf bei Kindern und Jugendlichen erweisen, wie dies bei Erwachsenen bekannt ist. Methodk: In die Studie wurden Kinder und Jugendliche im Alter von 11–17 Jahren aufgenommen, die an einer 6 wöchige stationäre RehaMaßnahme wegen Adipositas (BMI oberhalb 97. Perzentile) teilnahmen. Sie erhielten zu Beginn, am Ende und 1 Jahr nach der Rehabilitaton (postalisch) ein Fragebogenpaket. Es umfasste standardisierte Fragen zur gewichtsbezogenen Lebensqualität und Selbstwirksamkeit, zum Essverhalten und dessen Störbarkeit (Warschburger et al. 2005) sowie Skalen zum Körperbild und Selbstwert (CHQ), Erwartungen an die Rehabilitation und als Kontrollvariable die Tendenz zur sozialen Erwünschtheit. Zusätzlich wurde der Gewichtsstatus abgefragt. Ergebnisse: Bislang liegen 54 komplette Datensätze vor, 30 Mädchen und 24 Jungen, im Alter von durchschnittlich 13,5 Jahren. Der BMISDS lag im Mittel bei 2.46 Punkten. Ein Drittel besuchte die Hauptschule. Berichtet werden soll über die längerfristigen Ergebnisse zum Gewichtsverlauf und die regressionsanalytische Auswertung zum Einfluss der o.g. psychosozialen Variablen. Ausblick: Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Adipositasbehandlungskonzepte im stationären Rahmen diskutiert. Literatur Teixera,P.J. et al, Obesity Reviews 2005,43–65 Warschburger,P., Petermann,F., Fromme,C.: Adipositas –Training mit Kindern und Jugendlichen. Beltz, Weinheim 2005
DGKJ-PO-254 Biologische Schwankungsbreite der SGA-Neugeborenenrate im Geburtsgewicht M. Voigt1, D. Olbertz2, Chr. Fusch1, V. Briese3, V. Hesse4, N. Rochow1 1Kinderklinik, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald; 2Neonatologie, Klinikum Südstadt, Rostock; 3Universitätsfrauenklinik, Rostock; 4Kinderklinik Lindenhof, Krankenhaus Lichtenberg, Berlin Zielstellung: Maternale, plazentare oder fetale Faktoren können dazu führen, dass ein SGA-Neugeborenes geboren wird. Das heißt aber nicht, dass bei einer SGA-Geburt das Neugeborene automatisch als pathologisch einzustufen ist. Die SGA-Neugeborenenrate unterliegt einer natürlichen Schwankungsbreite durch Alter, Körpergewicht, Körperhöhe und Kinderzahl der Mütter. Das Ziel unserer Untersuchung war es deshalb, die Schwankungsbreite der SGA-Neugeborenenrate im Geburtsgewicht für die mütterlichen Merkmale einzeln und in Kombination aufzuzeigen. Patientengut und Methodik: Die Daten entstammen der Perinatalerhebung der Jahre 19952000 mit 2,3 Mio. Einlingsgeburten. Die SGARate wird als Prozentsatz unter der 10. Perzentile des Geburtsgewichtes aller Neugeborenen gleicher Schwangerschaftsdauer definiert und liegt bei 9,8%. Die mütterlichen Parameter Alter, Körpergewicht zu Beginn der Schwangerschaft, Körperhöhe und Kinderzahl (Lebendgeborene) wurden mit dem Perinatologischen Basis-Erhebungsbogen erfasst und standen für eine Auswertung zur Verfügung. Die statistischen Analysen erfolgten mit dem SPSS-Programmpaket.
Ergebnisse: Die Schwankungsbreite der SGA-Neugeborenenrate in Abhängigkeit vom Alter und Kinderzahl (Lebendgeborene) ist nur gering. Bei den 20jährigen und noch jüngeren Müttern liegt sie bei 13%–14% und bei den Müttern mit nur1 Kind bei 11,9%. Hinsichtlich Körpergewicht und Körperhöhe der Mütter sind die Unterschiede gravierend. Bei Körpergewichten unter 60 kg liegen die SGA-Raten sehr hoch. Bei einem Körpergewicht von 40 kg liegt die Rate bei 30%. Analog dazu steigen auch mit kleiner werdenden Müttern die SGA-Raten deutlich an. Bei einer Körperhöhe von 150 cm liegt die Rate bei 20%. Neugeborene von relativ kleinen (<155 cm) und leichten (<50 kg) Müttern weisen eine SGA-Rate von 25,3% auf. Bei relativ großen (>179 cm) und schweren (>89 kg) Müttern liegt sie nur bei 3,4% (Differenz: 21,9%) Schlussfolgerungen: Die Höhe der SGA-Neugeborenenrate wird entscheidend durch die körperbaulichen Merkmale (Körpergewicht und Körperhöhe) der Mütter festgelegt. Bei der somatischen Klassifikation der Neugeborenen und auch bei der Ursachenforschung zu Fragen der Hypotrophie sollten diese Erkenntnisse berücksichtigt werden. Ein Verfahren zur Anwendung bei der somatischen Klassifikation der Neugeborenen unter Berücksichtigung von Körpergewicht und Körperhöhe der Mütter haben wir vorgeschlagen (SGA-Syndrom, Jonas-Verlag, 2003,ISBN 3–89445–327–3) DGKJ-PO-255 Klinische Präsentation bei Manifestation des Typ 1Diabetes mellitus – persistierende soziale Ungleichheit J. Rosenbauer1, A. Icks1, G. Giani1 1Institut für Biometrie und Epidemiologie, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Institut an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf Fragestellung: Ziel der Studie war, die klinische Präsentation bei Manifestation des Typ 1-Diabetes in einer populationsbasierten Kohorte von Kindern zu beschreiben, insbesondere unter Berücksichtigung des Sozialstatus. Material und Methode: Im Zeitraum 20022006 wurden 2735 Kinder unter 15 Jahren mit neu aufgetretenem Typ 1-Diabetes im nordrheinwestfälischen Diabetesregister (Vollständigkeit 97%) registriert. Informationen zur klinischen Symptomatik vor Diagnose und zur klinischen Präsentation und Dauer des stationären Aufenthaltes bei Diagnosestellung wurden mit Hilfe von standardisierten Fragebögen in Kliniken/Praxen und bei den Eltern erfasst. Der Sozialstaus der Familien wurde anhand der elterlichen Schulbildung ermittelt (niedrig: ≤9, mittel: 10–11, hoch: ≥12 Jahre). Die Daten wurden mit Hilfe logistischer Regressionsmodelle analysiert. Ergebnisse: In die Analyse konnten Daten von 1642 Patienten einbezogen werden (60% der registrierten Fälle, 901 Jungen, 0–4 J.: 22.7%; 5–9 J. 36.1%; 10.14 J. 41.2%). Die am häufigsten berichteten Symptome waren Polydipsie (93.6%), Polyurie (92.4%), Gewichtsverlust (76.6%) und Müdigkeit (69.7). Die mittlere Symptomdauer vor Diagnose betrug 31.6 Tage. Familien mit niedrigerem Sozialstatus berichteten eine kürzere Symptomdauer. Bei Diagnosestellung waren 46.7% der Kinder dehydriert, 11.8% im Bewusstsein beeinträchtigt und 0.7% im Koma. Die Mittelwerte von Glukose und HbA1c (relativ zum lokalen oberen Normwert) waren 464.5±193.0 mg/dl and 1.87±0.43. Eine Ketonurie, Bikarbonatwerte ≤10 mmol/l bzw. eine ausgeprägte Ketoazidose (pH≤7.2) wurde bei 79.0%, 14.1% bzw. 15.6% der Kinder beobachtet. Sozial benachteiligte Kinder waren signifikant häufiger metabolisch dekompensiert. 18.2%, 14.6% bzw. 12.8% der Kinder mit niedrigem, mittlerem bzw. hohem Sozialstaus wiesen eine ausgeprägten Ketoazidose auf (p<0.05). Kinder mit niedrigem Sozialstaus waren bei Manifestation im Mittel länger stationär als Kinder aus Familien mit mittlerem oder höherem Bildungsstatus (15.4 vs. 13.8 vs. 13.5 Tage, p<0.05). 13.6% der sozial benachteiligten Kinder waren mindestens 3 Wochen stationär, jedoch nur 6.5% bzw. 5.3% der Kinder mit mittlerem bzw. höherem Sozialstatus (p<0.05). Adjustiert für Confounder lag das relative Risiko für Kinder mit niedrigem im Vergleich zu Kindern mit hohem Sozialstatus für eine ausgeprägte Ketoazidose bei 1.78 (95%-KI: 1.21–2.62; p=0.003), für einen stationären Aufenthalt von ≥3 Wochen bei 2.89 (95%-KI: 1.72–4.86; p<0.001). Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Diskussion und Schlussfolgerung: Sozial benachteiligte Kinder weisen nach wie vor ein höheres Risiko für eine ausgeprägte metabolische Entgleisung und einen längeren stationären Aufenthalt bei Diagnosestellung eines Typ 1-Diabetes auf. Aufklärungsaktivitäten in der Bevölkerung und insbesondere in der Zielgruppe sozial benachteiligter Familien, die auf eine verbesserte Kenntnis der klinischen Symptomatik bei Diabetesmanifestation abzielen, können möglicherweise die soziale Ungleichheit bei Manifestation eines Typ 1-Diabetes vermindern.
Neonatologie, Intensiv- und Notfallmedizin III DKGJ-PO-256 Postpartale subaponeurotische Flüssigkeitsansammlung: Eine selbstlimitierende Liquorfistel A. Schoberer1, E. Yagmur2, E. Boltshauser3, M. Korinth4, P. Niggemann5, N. Wagner1, M. Häusler1 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 3Klinik für Neuropädiatrie, Kinderspital Zürich, Zürich; 4Klinik für Neurochirurgie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 5Klinik für Neuroradiologie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Einleitung: Die Ursachen postpartaler Kopfschwellungen können angeboren (Dermoide, Epidermoidzysten, Enzephalocelen und Lipome) oder posttraumatisch sein. Zu letztgenannten zählen das Caput succedaneum, Kephalhämatome oder suaponeurotische Blutungen. Eine Sonderstellung nimmt die subaponeurotische Flüssigkeitsansammlung (SAF) ein. Sie wurde bisher sehr selten beschrieben, tritt im Verlauf der ersten Lebensmonate auf und imponiert als weiche, fluktuierende meist occipital gelegene subaponeurotische Schwellung. Anamnestisch findet sich eine traumatische Geburt, z.B. eine Vakuumextraktion, bei ansonsten wenig beeinträchtigten Patienten. Ergebnisse: Bei 4 Patienten mit SAF wurden zunächst bildgebende Verfahren eingesetzt, um die Flüssigkeitsansammlung besser einordnen zu können. In der CCT und MRT zeigten sich keine intrakraniellen Auffälligkeiten, die Flüssigkeit imponierte liquorisotens. Bei 3 der 4 Patienten wurden Punktionen durchgeführt. In den Punktaten wurden die liquorspezifischen Proteine beta-Trace-Protein und beta-2Transferrin nachgewiesen. Diskussion und Schlussfolgerung: Unsere Laborbefunde beweisen, dass die SAF Liquor enthalten. Daher werden diese vermutlich durch kleinste, posttraumatische Liquorfisteln hervorgerufen. Da sich die SAF innerhalb von 2–5 Monaten spontan zurückbilden, ist im Gegensatz zu anderen Liquorfisteln keine Therapie notwendig. DGKJ-PO-257 Untersuchungsergebnisse zur neonatologischen Struktur- und Behandlungsqualität sind zwischen Regionen nicht übertragbar Berlin: die Behandlungsqualität VLBW-Frühgeborener ist flächendeckend gut F. Jochum1, B. Schmidt2, K. Schunk3, V. Hesse4, B. Distler5, G. Laske3, A. v. Moers6, M. Lange1, M. Abou-Dakn2, M. Dombrowsky1, D. Elling4, H. Kentenich6, W. Mendling3, M. Untch5 1Ev. Waldkrankenhaus Spandau, Berlin; 2St. Joseph-Krankenhaus, Berlin; 3Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin; 4Sana-Klinikum, Berlin-Lichtenberg; 5Helios-Klinikum, Berlin-Buch; 6DRK-Kliniken Westend, Berlin Hintergrund: Veröffentlichungen über die neonatologischer Behandlungsqualität aus Baden-Württemberg und Niedersachsen haben zu einer breiten Diskussion über die Möglichkeit der Verbesserung der Behandlungsqualität durch Zentralisierung auch in anderen Regionen geführt. Zur Übertragbarkeit von regionalen Untersuchungsergebnissen liegen bisher aber keine vergleichenden Studien vor. Wir untersuchen erstmalig vergleichend die Behandlungsqualität in einem Stadtstaat (Berlin) und stellen die Ergebnisse einer Untersuchung aus einem Flächenstaat (Baden-Württemberg) gegenüber.
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Methodik: In Anlehnung an die Untersuchung zur Versorgungsstruktur in Baden-Württemberg von Hummler et al. werden die Berliner Daten zur Versorgung von sehr untergewichtigen Frühgeborenen (VLBW) retrospektiv für die Jahre 2003 und 2004 komplett erfasst (n>700 VLBW-Frühgeborene). Hierbei werden die im Berlinvergleich „größeren Perinatalzentren des Senates“ (>3000 Geburten / Jahr) mit den sechs „anderen perinatologischen Einrichtungen“ verglichen, die zwischen 1000 und 2000 Geburten / Jahr versorgen und sich an der Versorgung von VLBW-Frügeborenen beteiligen. Ergebnisse: Im Stadtstaat Berlin ergibt sich im Gegensatz zu der Untersuchung aus dem Flächenland Baden-Württemberg für Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht <1.500 g keine schlechtere Behandlungsqualität (Mortalität / Morbidität) in den „kleineren“ vs. den „großen“ Behandlungszentren. Da aus den zur Verfügung stehenden Daten die Fallschwere nicht erfasst werden kann (analog der Publikation aus Baden-Württemberg), wurden die Daten für extrem untergewichtige Frühgeborenen (<1.000 g Geburtsgewicht) separat nach gleichem Muster ausgewertet. Auch die Auswertung der im Bezug auf die Fallschwere homogeneren Gruppe zeigte keinen Unterschied der Behandlungsqualität zwischen den Einrichtungen. Damit stehen die Ergebnisse aus dem Stadtstaat Berlin im Widerspruch zu den Ergebnissen aus Flächenländern wie z.B. Baden-Württemberg. Schlussfolgerung: Unsere Untersuchung zeigt, dass Untersuchungsergebnisse zur regionalen Versorgungsstruktur und deren Korrelation mit der Behandlungsqualität nicht ohne Beachtung regionaler Besonderheiten auf andere Regionen übertragen werden können. Unsere Daten bestätigen die Hypothese, dass indirekte Qualitätsindikatoren, wie z.B. die behandelte Fallzahl / Zeiteinheit und Zentrum wenig prädikative Aussagekraft für die Abschätzung der zukünftigen Behandlungsqualität besitzen. In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen und der Literatur scheinen bessere Zukunftsvorhersagen durch Verwendung der direkten Qualitätsindikatoren, Mortalität und typischen Morbiditätsmerkmalen möglich. Sie sollten zukünftig für die Strukturplanung genutzt werden, da diese Kenngrößen üblicherweise für die untersuchten Einrichtungen relativ zeitstabil sind. Schlüsselworte: Neonatale Morbidität, Regionalisierung, perinatale Mortalität, Bronchopulmonale Dyplasie, Hirnblutungen, Retinopathia prematurorum, Nekrotisiernde Enterokolitis, Qualitätssicherung DGKJ-PO-258 Entwicklung der Geburtsgewichte Frühgeborener seit Einführung der Diagnosis Related Groups (DGRs) K. Ecker1, L. Gortner1, M. Bücheler1, T. Rohrer1, E. Stierkorb1 1Unversitätsklinik für Kinder und Jugendmedizin Gebäude 9, Homburg Fragestellung: Im G-DRG-System werden die Leistungen der Neonatologie hauptsächlich über das Geburtsgewicht gruppiert, womit die Anforderungen an eine exakte Dokumentation gewachsen sind. Wurden die Geburtsgewichte besonders sehr kleiner Frühgeborener vor Einführung der DRGs, z.B. zur Berechnung der Medikamentendosen verwendet und dazu gerundet, haben die Angaben heute Auswirkungen auf die Erlössituation einer Klinik. Daher soll überprüft werden, ob sich die dokumentierten Geburtsgewichte seit Einführung des DRG-Systems verändert haben. Methodik: Die in der Zeit von 2003–2006 im Rahmen der saarländischen Neonatal- und Perinatalerhebung erfassten Geburtsgewichte Frühgeborener wurden verglichen. Von den insgesamt 31.209 gemeldeten Geburten, waren 2.761 (8,85%) Frühgeborene eines Geburtsgewichts von <600 bis 2499 g. Ergebnisse: In den untersuchten Geburtsgewichtsgruppen hat sich das Dokumentationsverhalten im Zeitraum von 2003 bis 2006 nicht verändert hat. Bis auf 3 Ausnahmen wurden die Geburtsgewichte auf Fünferoder Zehnerstellen ohne Dezimalen gerundet. Geburtsgewichte in den ersten und letzten 10 g der jeweiligen DRG-Gruppen (P61A–P66D) entsprechen nicht der statistisch zu erwartenden Verteilung. Besonders in den Gewichtsgruppen 600–749 g und 750 874 g liegen die Angaben
in den ersten 10 g häufiger als in den letzten 10 g vor. Das ist für die Geburtsgewichte extrem kleiner Frühgeborner besonders auffällig.
2003/2004
2003/2004
Bewertungsrelation bei Hauptabteilung
Geburtsgewicht
DRG
letzte 10 g
erste 10 g
letzte 10 g
<600 g
P61A –
0
–
10,5
33,84
P61B
26,11
P61C 15,79
5,26
15,79
5,26
28,97
P61D
22,58
P62A 11,54
3,85
15,63
6,25
28,43
P62B
17,5
600–749 g 750–874 g
erste 10 g
Schlussfolgerungen: Anhand der vorliegenden Geburtsgewichte konnte gezeigt werden, dass in den saarländischen neonatologischen Abteilungen bei der DRG-Gruppierung kein bewusstes „Upcoding“ betrieben wird. Dabei kann angenommen werden, dass durch unsystematisches Auf- bzw. Abrunden der Angaben nicht immer die tatsächlichen Geburtsgewichte dokumentiert wurden, woraus potentiell erhebliche Erlösverluste resultierten. DGKJ-PO-259 Thrombozytopenie mit pränataler intraventrikulärer Hämorrhagie und einseitigem Hörverlust bei einem Frühgeborenen mit konnataler CMV-Infektion A. Reinhold1, Chr. Czernik1, M. Obladen1 1Charite Kliniken f. Kinderheilkunde und Kinderchirugie, Berlin Hintergrund: Die CMV-Infektion ist die häufigste konnatale Virusinfektion, betroffen sind in Deutschland jährlich ca 2000 Neugeborene. Bei nur 10% der infizierten NG verläuft die Infektion symptomatisch. Das klassische Vollbild mit Hepatosplenomegalie, Thrombozytopenie, Frühgeburt, Hypotrophie, cholestatischem Ikterus und zerebraler Beteiligung liegt bei nur ca 5% vor. Langzeitfolgen sind insbesondere ein sensoneuraler Hörverlust sowie mentale Retardierung. Typische intrakranielle Veränderungen sind zerebrale Verkalkungen, Fallberichte über intrakranielle Blutungen liegen nur vereinzelt vor. Eine therapeutische Option besteht in einer antiviralen Therapie mit Ganciclovir. Kasuistik: Das weibliches Frühgeborene wurde spontan nach 35+1 SSW geboren. Schwangerschaft und Geburt waren unkompliziert, zum Zeitpunkt der Geburt fiel ein Polyhydramnion auf. APGAR 8/7/6, NApH 7,33. Postnatal gestörte Adaptation mit CPAP-Behandlung (max. FiO2 0,5), beim hypotrophen NG (GG 1940 g, Länge 44 cm, Kopfumfang 30 cm: alles <10. Perzentile) fielen Petechien, ein Systolikum und ein ausladendes Abdomen mit massiver Hepatosplenomegalie auf. Laborchemisch Nachweis einer Thrombozytopenie mit 43/nl, erhöhten Infektionsparametern und cholestatischem Ikterus. Sonographisch Nachweis einer älteren intraventrikulären Hämorrhagie II° beidseits. Eine Alloimmunthrombozytopenie wurde per HPA-Typisierung ausgeschlossen. Die Diagnose einer konnatalen CMV-Infektion wurde mittels positiver CMV-PCR im Urin sowie CMV-IgM-Nachweis bei Mutter und Kind gestellt. Im Liquor kein Nachweis von CMV-DNA, Zellzahl und Chemie waren unauffällig. Im AEP am 7. Lebenstag Nachweis eines einseitigen sensoneuralen Hörverlusts (Hörschwelle links >100 dBH, rechts bei 20 dBH). Eine Chorioretinitis bestand nicht. Im Verlauf weitere Zeichen einer ZNS-Beteiligung mit Verkalkungen periventrikulär und im Bereich der Gefäßwände. Die Thrombozytopenie wurde mit dreimaligen Gaben von Thrombozytenkonzentraten behandelt. Entsprechend Kimberlin et al wurde am 2. Lebenstag eine antivirale Therapie mit Ganciclovir (12 mg/kg/d i.v. in 2 ED über 6 Wochen) unter engmaschiger Kontrolle von Blutbild und Leberwerten begonnen. Nebenwirkungen, die eine Therapieunterbrechung notwendig machen, traten nicht auf. Schlussfolgerung: Konnatale CMV-Infektionen können sich als akute Infektion präsentieren. Das klassische Vollbild einer konnatalen CMVInfektion ist selten, das Auftreten einer Thrombozytopenie hingegen
ein häufiges Symptom. Diese kann so ausgeprägt sein, dass sie selten schon intrauterin zu einer intrakraniellen Blutung führt. Differentialdignostisch sollte daher bei einer intrauterin auftretenden Blutung neben einer Alloimmunthrombozytopenie auch an eine CMV-Infektion gedacht werden. Die ZNS-Beteiligung verursacht häufig einen sensoneuralen Hörverlust, der noch über Jahre progredient sein kann. Die aktuelle Datenlage deutet darauf hin, dass eine Therapie mit Ganciclovir sich positiv auf das Hörvermögen auswirkt. DGKJ-PO-260 Klinische Risikostruktur von Erstgebärenden – Der Einfluss des Alters auf das Geburtsgewicht, den Geburtsmodus und die Geburtslage der Neugeborenen N. Rochow1, M. Voigt1, K. Schneider2, F. Greven3, Chr. Fusch1, D. Olbertz4 1Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald; 2Perinatalmedizin, Frauenklinik und Poliklinik der Technischen Universität, München; 3Krankenhaus Nordstadt, Hannover; 4Kinderklinik, Klinikum Südstadt, Rostock Zielstellung: Die deutsche Gesellschaft unterliegt einem demografischen Wandel. Die Geburten der erstge bärenden Mütter werden in spätere Lebensabschnitte verschoben. Ziel unserer Untersuchung war es deshalb, den Einfluss des Alter der Erstgebärenden auf das Geburtsgewicht, die Geburts lage und den Entbindungsmodus zu untersuchen. Patientengut und Methodik: Die Daten entstammen der Perinatalerhebung der Bundesrepublik Deutschland von 8 Bundes ländern mit 508.926 Müttern, davon waren 247.593 (48,7%) Erstgebärende.1,6% der erstge bärenden Mütter waren jünger als 17 Jahre und 30,1% älter als 29 Jahre. Neugeborene unter der 10. Geburtsgewichtsperzentile wurden als SGA-Neugeborene eingestuft. Außerdem erfolgte eine Einteilung des Geburtsgewichtes in folgende 3 Gruppen: <2500 g; 2500–3999 g und >3999 g. Das Alter der Erstgebärenden wurde bei der Analyse der Daten berücksichtigt. Die statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Statistikprogrammpaket „SPSS“. Ergebnisse: Die niedrigste Frühgeborenenrate lag bei den 22-jährigen Erstgebärenden mit nur 6,1% vor, danach stiegen die Raten wieder an. Im Altersbereich der über 35-jährigen Erstgebärenden lag die Rate bei 10,4%. Im Altersbereich der 24–29-jährigen Mütter lag mit 9,0% die niedrigste SGA-Rate (im Durchschnitt=9,8%) vor, bei den ganz jungen Erstgebärenden (<18 Jahre) lag die Rate mit 12,5% am höchsten. Mit zunehmendem Alter der Erstgebärenden stieg der Anteil relativ schwerer Neugeborener (>3999 g) an. Bei den 34-jährigen Erstgebärenden betrug ihr Anteil 9,5%. Andererseits nahm auch der Anteil Neugeborener mit niedrigem Ge burtsgewicht (<2500 g) ab einem Alter von 30 und mehr Jahren zu. Der Anteil der Becken endlagen stieg von 3,5% bei den unter 17-Jährigen auf 8,4% bei den über 35-Jährigen an. Mit Kaiserschnitt wurden 12,7% der ganz jungen Erstgebärenden (<18 Jahre) entbunden. Bei den sehr späten Erstgebärenden (>35 Jahre) erhöhte sich der Anteil auf 37,8%. Schlussfolgerungen: Erstgebärende mit höherem Alter gebären verhältnismäßig häufiger schwere Babys (>3999 g) als jüngere Erstgebärende. Gleichzeitig steigt aber auch die Rate Neugeborener mit niedrigem Geburtsgewicht (<2500 g) ab einem Alter von 30 Jahren wieder an. Ältere Erstgebärende ent wickeln häufiger pathologische Geburtslagen und müssen auch häufiger per Kaiserschnitt ent bunden werden. Somit hat die aktuelle Verschiebung des Zeitpunktes der ersten Geburt in einen späteren Lebensabschnitt einen Anstieg von Geburtsrisiken, von Entbindungen per Kaiser schnitt sowie von peripartalen Interventionen zur Folge.
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Abstracts DKGJ-PO-261 ISAAK- Initiative Schmerz-adaptierte Analgesie bei Kindern J.-P. Haas1, N. Bachmaier1, J. Mähl1, R. Rentsch1, K. Müller1, V. Hellwich1, R. D. Stenger1, Chr. Fusch1 1Universität Greifswald, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Greifswald Einleitung: Rezidivierende Schmerzen führen zu einer Sensibilisierung des zentralen nozizeptiven Systems und damit zu Veränderungen des Schmerzgedächtnis. Stress durch postoperative Schmerzen kann die Wundheilung beeinträchtigen. Ein standardisiertes postoperatives Schmerztherapiekonzept mit konsequentem Monitoring unter Einsatz von validierten Scores ermöglicht eine Objektivierung des Schmerzes auch bei kleinen und/oder sedierten Kindern sowie eine situationsadaptierte Analgesie/Analgosedierung mit Eskalationsmöglichkeit. Ziel unseres ISAAK- (= Initiative Schmerz-adaptierte Analgesie bei Kindern) Projektes ist die Standardisierung von Monitoring und Therapie bei der Analgesie/Analgosedierung auf der pädiatrischen Intensivstation. Methodik: Messung der Schmerzintensität (KUSS – Kindliche Unbehagens- und Schmerz- Skala) und des Sedierungsgrades (RamseyScore) bei allen pädiatrischen Intensivpatienten £ 4 LJ nach operativen Eingriffen an Abdomen und Lippen-Kiefer-Gaumen (LKG)-Bereich oder Anlage/Revision eines VP-Shuntes sowie bei Verbrennungsverletzungen. Erfassung der Scores durch das Pflegepersonal zweimal während jeder 8 h-Schicht, bei Schmerzbeobachtungen und vor/nach jeder Veränderung der Analgesie. Einsatz eines für die jeweilige postoperative Analgesie standardisierten 3-Stufen-Schemas nach BasisBolus-Prinzip als nurse-controlled-analgesia. Auswertung der Anzahl erhobener Scores, Anzahl der KUS-Scores >4 (=Schmerz) und Ramsey-Scores=1 (=Unruhe). Analyse der Untergruppen: Verbrennung/ Verbrühung, Pyloromyotomie, Laparotomie, urologische OP, Kraniotomie, Thorakotomie/cervikale OP, traumatologisch-orthopädische OP, LKG-Verschluss-OP und Analgosedierung bei Beatmung. Ergebnisse: In unserer Studie wurden 131 Patienten eingeschlossen wurden. Die Applikation einer Baseline-Analgesie in einfacher Dosierung (Novaminsulfon 40 mg/kgKG/24 h) führte zu einem signifikant verminderten Bedarf an Bolusgaben von Medikamenten der Therapieeskalationsstufen. 7 von 25 Kindern der Gruppen urologische OP und Pyloromyotomie, die keine Baseline-Analgesie nach Standard erhielten, benötigten häufigere Bolusgaben pro Zeiteinheit. Bei keinem Patienten wurden schwere Zwischenfälle beobachtet. Schlussfolgerung: Eine standardisierte Schmerztherapie kann durch suffiziente Basisanalgesie zur Vorbeugung einer Schmerzchronifizierung beitragen und durch Wegfall wiederholter zusätzlicher Bolusgaben eine Analgetikaeinsparung bewirken. Die kooperative Betreuung von Schmerzmonitoring und -therapie durch Pflegepersonal und Ärzte verbessert die Wahrnehmung von Schmerz als 5ten Vitalparameter. DGKJ-PO-262 Enzephalitis im Kindes- und Jugendalter: Eine prospektive Evaluation über einen Zeitraum von 20 Jahren S. Rödl1, I. Marschitz1, U. Gruber-Sedlmayr1, M. Brunner-Krainz1, E. Sorantin2, G. Zobel1 1Univ-Klinik für Kinder und Jugendheilkunde, Graz, Österreich; 2Kinderradiologie, Univ.-Klinik für Radiologie, Graz, Österreich Einleitung: Unter den Encephalitiden ist die Herpesencephalitis die häufigste sporadisch auftretende Enzephalitis im Kindesalter. Die präklinische Erkrankungsdauer mit Fieber, Erbrechen, Bewusstseinstrübung und Paresen ist oft unspezifisch und dauert mehrere Tage bis der Patient durch Krampfanfälle oder Somnolenz zur stationären Aufnahme kommt. Patienten und Methoden: 38 Patienten mit klinischem, laborchemischen, infektiologischem oder morphologischem Nachweis einer Encephalitis und Aufnahme an der 12 Betten umfassenden Intensivstation, prospektive Evaluation seit 20 Jahren. Erheben der präklinischen
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Erkrankung, GCS, PRISM und APSC Score bei Aufnahme, Liquordiagnostik. Bildgebung und EEG. Ergebnisse: Die behandelten Patienten hatten ein mittleres Alter von 7,1±5,7 Jahren, 24 männlich, 14 weiblich. Zum Zeitpunkt der Aufnahme manifestierte sich die Erkrankung sehr unspezifisch in Form von Fieber (n=18), Erbrechen (n=9), Bewusstseinstrübung (n=16) und Krampfanfällen (n=19). Die Erstsymptome bestanden zwischen wenigen Stunden und 7 Tagen und waren primär nicht mit der Diagnose „Enzephalitis“ in Verbindung gebracht worden. Bei der Liquoruntersuchung hatten insgesamt 28 Patienten einen pathologischen Befund, bei der weiteren Virusdiagnostik wurde bei 18 Patienten ein positiver Herpesnachweis erbracht, bei 3 weiteren wurden EBV, Masern bzw. Mycoplasmen als infektiöses Agens identifiziert. Bei 17 Patienten konnte kein Erregernachweis erbracht werden. 14 Patienten hatten einen GCS <=8, 11 waren >=13. Bei MR Untersuchungen hatten 15 von 30 Patienten innerhalb der ersten 24 h nach Aufnahme einen positiven Befund. Im EEG zeigten alle untersuchten Patienten einen pathologischen Befund, jedoch nur 6 Patienten spezifische Veränderungen. Von den Patienten mit Herpesnachweis erholten sich 8 vollständig, 6 hatten eine Defektheilung und 4 verstarben, ohne Herpesnachweis hatten sich 14 vollständig erholt, 5 zeigten eine Defektheilung und 1 Patient verstarb. Diskussion und Schlussfolgerung: Bewußtseinstrübung im Kindesalter erfordert eine rasche Klärung der Äthiologie um möglichst früh eine adäquate Therapie durchzuführen. Unsere Patienten erhielten alle bis zum negativem Herpesnachweis eine Acylovir Therapie. Die Patienten mit nachgewiesener Herpesinfektion hatten eine deutlich schlechtere Prognose gegenüber anderen Infektionen. Krampfanfälle waren bei den Patienten mit defektheilung oder Versterben mit 61% häufiger als bei jenen mit restitutio ad integrum (35%). Ebenso betrug die Beatmungszeit bei Patienten mit Defektheilung oder Tod durchschnittlich 13,5 Tage, bei jenen mit letztlich vollständiger Erholung 4 Tage. DGKJ-PO-263 CO-Vergiftung bei einem 17-jährigen Mädchen: Eine seltene aber wichtige Differentialdiagnose bei Bewusstseinsstörungen unklarer Genese A. C. Harttrampf1, P. Matheiowetz2, U. Stedtler1, M. Hermanns-Clausen1 1Vergiftungs-Informations-Zentrale (VIZ), Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Freiburg; 2Medizinische Klinik, St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, Karlsruhe Einleitung: Die Symptome einer CO-Intoxikation sind variabel und unspezifisch. Daher ist eine korrekte Diagnosestellung schwierig, wenn offensichtliche Hinweise auf eine mögliche CO-Quelle fehlen. Fallbericht: Ein 17-jähriges Mädchen wurde desorientiert, somnolent, agitiert und aggressiv im Badezimmer liegend aufgefunden. Bei niedriger Sättigung um 80% und Erbrechen erfolgten Intubation und Beatmung. Begleitend traten Schwitzen, Mydriasis, träge Pupillenreaktion, Hypertonie sowie Tachykardien um 120/min auf, sodass zunächst die Verdachtsdiagnose eines sympathomimetischen Syndroms bei Drogenintoxikation gestellt wurde. Laut den Eltern arbeitete die Tochter regelmäßig in einer Kneipe, in der auch mit Drogen gedealt würde. Zusätzlich waren anamnestisch rezidivierende Kopfschmerzen unklarer Ursache eruierbar. Ein durchgeführtes Drogenscreening sowie ein CCT waren jedoch unauffällig. Nach Rücksprache mit der Vergiftungs-InformationsZentrale Freiburg wurde die Anamnese erneut geprüft, und wegen eines Gas-Heißwassererhitzers im Badezimmer ein CO-Hb-Wert bestimmt, welcher in einer Blutprobe entnommen 6,5 h nach dem Ereignis 4% betrug. Dies erschien bei Beatmung mit 100% Sauerstoff über 1,5 h initial (später mit Raumluft) unplausibel und daher verdächtig auf eine COIntoxikation. Deshalb wurde die Patientin erneut mit 100% Sauerstoff beatmet. In einer Nachbestimmung der ersten Blutprobe, entnommen 1,5 h nach Auffinden der Patientin, ergab sich ein CO-Hb-Wert von 60%, womit die Diagnose einer CO-Vergiftung gesichert war. Im weiteren stationären Verlauf wie auch in der Nachbeobachtung über einen Zeitraum von 15 Monaten ergaben sich keine Komplikationen.
Schlussfolgerung: CO-Intoxikationen stellen aufgrund der Vielfalt möglicher Symptome ein diagnostisches Chamäleon dar. Bei dem dargestellten Fall mit Vigilanzstörungen und Desorientierung sind zunächst wahrscheinlicher erscheinende Ursachen, wie eine Intoxikation mit Drogen, ausgeschlossen worden und erst nachträglich wurde die Diagnose einer CO-Intoxikation gestellt. Eine frühzeitige SauerstoffBehandlung ist jedoch zur Prophylaxe von Spätschäden wie dem „delayed neuropsychiatric syndrome“ dringend indiziert. CO-Intoxikationen stellen somit eine wichtige und in ihrer Häufigkeit unterschätzte Differentialdiagnose unklarer Bewusstseinsstörungen dar. Bei Bewusstseinsveränderungen unklarer Genese sollte neben häufigen Ursachen auch die CO-Intoxikation als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden: Die genaue Anamnese bezüglich der Umstände kann den wichtigen Hinweis auf eine mögliche CO-Quelle ergeben. DGKJ-PO-264 Vergiftungen mit Kohlenmonoxid im Kindes- und Jugendalter – Hyperbare Sauerstofftherapie zur Verhinderung neurologischer Folgeschäden F. Kaßberger1, M. Besuch1, M. Schroth1, K. Braun1, Chr. Weiss1, M. Walka1 1Kinderklinik, Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg Fragestellung: Die Inhalation von Kohlenmonoxid (CO) ist eine der häufigsten Vergiftungen im Kindes- und Jugendalter. Es stellen sich folgende Fragen: 1) Wann muss bei schweren Vergiftungen eine COEliminierung durch hyperbare O2-Therapie begonnen werden, um neurologische Spätschäden zu verhindern? 2) Warum zeigen die Spätschäden ausgeprägte individuelle Unterschiede, die nur mäßig mit dem gemessenen COHb korrelieren? Material und Methoden: 1) Anhand eines Fallberichtes werden die typischen Probleme der Diagnosestellung und der Einleitung der hyperbaren O2-Therapie besprochen. 2) Literatur zu Häufigkeit, Symptomatik und Schwere der Spätschäden wird vorgestellt. Daraus werden Indikationen zur hyperbaren O2-Therapie abgeleitet sowie die Pathogenese der Spätschäden beleuchtet. Ergebnisse: Ein 14-jähriger Junge wird nach dem Duschen bewusstlos im Badezimmer aufgefunden. Bei Aufnahme klagt der Patient nur über Schwindel und Kopfschmerzen, die Untersuchung ist bis auf einen diskreten Tremor unauffällig. Die bei Hinweisen auf einen defekten Gasboiler durchgeführte Blutgasanalyse ergibt ein COHb von 39%. Bis zum Beginn der hyperbaren O2-Therapie im Druckkammerzentrum erfolgt eine normobare O2-Therapie. Der Patient kann am Folgetag in gutem Zustand entlassen werden. Nachuntersuchungen incl. EEG, EKG, Herzecho und Augenarzt vier Monate später ergeben keine Hinweise auf neurologische oder kardiale Folgeschäden. Im MRT finden sich temporal Auffälligkeiten, die durch die CO-Vergiftung entstanden, aber auch vorbestehend sein könnten. Diskussion: 1. Bei der Beurteilung des ersten COHb-Wertes muss die Dauer der bis dahin durchgeführten normobaren O2-Therapie berücksichtigt werden. Da diese zu einer raschen COHb-Reduktion im Blut führt, während die CO-Konzentration in den Zellen unverändert hoch ist, kann es zu einer fatalen Unterschätzung des Schweregrads kommen. 2. Die Wertigkeit der hyperbaren O2-Therapie wird anhand kleiner Fallzahlen kontrovers diskutiert. Da das Auftreten schwerer Spätschäden offenbar eine große individuelle Varianz zeigt, sollte zumindest bei Patienten mit Bewusstseinsstörungen, kardialen oder neurologischen Symptomen sowie bei asymptomatischen Patienten ab einem COHb größer 25% eine hyperbare O2-Therapie eingeleitet werden. Die Folgeschäden erinnern in ihrer Symptomatik an Mitochondropathien, was zur CO-Interferenz in der Atmungskette, den verschiedenartigen Symptomkon stellationen und dem schwer vorhersagbaren Schweregrad passen würde. Schlussfolgerung: Unter dem Gesichtspunkt drohender mitochondropathie-ähnlicher Spätschäden sollte die Indikation zur hyperbaren
O2-Therapie bei CO-Vergiftungen im Zweifelsfall großzügig gestellt werden, zumal diese Therapie gut verträglich und risikoarm ist.
Kardiologie II DGKJ-PO-265 Pulsoxymetrisch erniedrigte Sauerstoffsättigung – Hämoglobinopathie (HbM-Bonn) als mögliche Ursache A. Hornung1, B. Zur2, M. Ludwig2, B. Stoffel-Wagner2, U. Doll1, Chr. Bernhardt1, J. Breuer1 1Kinderkardiologie, Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn; 2Institut für Klinische Biochemie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn Einleitung: Wir beschreiben das Auftreten einer neuen Hämoglobin M-Variante als autosomal-dominant kongenitale Hämoglobinopathie bei einer Familie (Vater u. Sohn). Auffällig werden die Betroffenen meist erst im Rahmen medizinischer Prozeduren, wo häufig zum ersten Mal eine erniedrigte pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung bestimmt wird. Für die Betroffenen besteht keine Einschränkung in der körperlichen Leistungsfähigkeit. Kasuistik: Wir berichten über einen 5 Jahre alten Jungen in bestem Allgemeinzustand, der zur Abklärung in unserer kinderkardiologischen Ambulanz vorstellig wurde. Im Rahmen einer Narkose (Operation einer Morgagni-Hydatide) war bei ihm erstmalig eine pulsoxymetrisch erniedrigte Sauerstoffsättigung aufgefallen (O2-Sätt. 87%). Bei unserem Patienten bestand keine sichtbare Zyanose. Die ausführliche körperliche Untersuchung, Rö-Thorax, EKG, Echokardiographie und Hyperoxietest ergaben einen Normalbefund. Die arterielle Blutgasanalyse zeigte im Gegensatz zur Pulsoxymetrie einen Normalbefund (pH 7,395, pCO2 38,5 mmHg, pO2 99,2 mmHg, cHCO3 23,5 mmol/l, BE –1,1 mmol/l, SO2 97,3%). Laborchemisch liessen sich bei unserem Patienten ausserdem ein leicht erniedrigter Hämoglobinwert (10,8 g/ dl) sowie Zeichen einer milden chronischen Hämolyse nachweisen (Haptoglobin erniedrigt, freies Hämoglobin und indirektes Bilirubin erhöht). In der Hämoglobinelektrophorese konnte eine neue Variante eines Hämoglobin M analysiert werden. Die weitere molekularbiologische Analytik erbrachte den Nachweis eines in der Literatur bisher nicht beschriebenen Aminosäurenaustausches an Position 88 (Histidin durch Asparaginsäure) der alpha-Globinkette. Hierdurch ensteht durch veränderte intramolekulare Ladungsverhältnisse eine leichte Instabilität des Hämoglobinmoleküls. Der betroffene Hämoglobinanteil wird in dem gemessenen Wellenlängenspektrum (zwischen 660–940 nm) des verwendeten Pulsoxymeters nicht miterfasst. Ob die auffälligen Hämolyseparameter sowie der niedrige Hämoglobinwert möglicherweise durch eine grössere Labilität der betroffenen Erythrozyten bedingt sind, bleibt zu prüfen. Zusammenfassung: Im Rahmen der Zyanoseabklärung sollte nach Ausschluss einer pulmonalen oder kardialen Ursache auch an eine Hämoglobinopathie (z.B. HbM-Bonn) gedacht werden. Auffällig sind hierbei normale arterielle Blutgaswerte bei pulsoxymetrisch erniedrigter Sauerstoffsättigung oder auch sichtbarer Zyanose. Wichtig für die Betroffenen ist die Aufklärung darüber, dass Lebens-erwartung und Lebensqualität unbeeinträchtigt sind sowie die Bedeutung im Bezug auf medizinische Untersuchungen und Eingriffe (falsch pathologische Werte in der Pulsoxymetrie). DGKJ-PO-273 Linksventrikuläres Herzversagen nach operativem ASD-Verschluss bei einer 4,5-jährigen Patientin K. T. Laser1, R. Schäffler1, R. Görg1, G. Kirchner1, D. Kececiglu1 1Herzzentrum NRW Klinik f. Kinderkardiologie, Bad Oeynhausen Einleitung: Der operative ASD-Verschluss gilt als sichere Methode der Behandlung wenn eine interventionelle Therapie nicht möglich ist. Die postoperative linksventrikuläre Funktionsstörung ist dabei eine seltene Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Komplikation, die hauptsächlich im Erwachsenenalter gesehen wird. Fallbericht: Wir berichten über ein viereinhalb Jahre altes Mädchen, das uns mit einem großen ASD und rudimentären Septum-rändern ohne wesentliche klinische Beeinträchtigung vorgestellt wurde. Echokardiographisch war der rechte Ventrikel präoperativ deutlich dilatiert, der linke lag im unteren Normbereich, Zeichen eines erhöhten pulmonalen Widerstandes waren nicht zu sehen. Postoperativ zeigte sich nach Abgang von der Herzlungenmaschine eine eingeschränkte kardiale Funktion, die kurzzeitig eine Katecholamin-Therapie erforderlich machte. Nach zeitgerechter Extubation entwikkelte die Patientin ein Lungenödem mit der Folge einer erneuten maschinellen Beatmung. Die Echokardiographie ergab eine linksventrikuläre Dilatation mit Mitralinsuffizienz, eine diastolische Funktionsstörung mit restriktivem Flussmuster über dem Mitralklappen-Doppler und im Gewebedoppler. Aufgrund der zusätzlich bestehenden systolischen Dysfunktion war eine alleinige AfterloadSenkung nicht ausreichend, um die hämodynamische Situation zu verbessern und es wurde eine erneute Katecholamin-Therapie erforderlich. Am fünften postoperativen Tag konnte die Patientin nach Besserung der Hämodynamik erfolgreich extubiert werden, die Entlassung erfolgte erst 14 Tage später aufgrund einer verlangsamten Rekonvaleszenz. Schlussfolgerung: Linksventrikuläres Herzversagen nach ASD-Verschluss ist eine seltene Komplikation, als Ursache hierfür wird die Steifheit des linken Ventrikels angesehen, der kurzfristig auf die gesteigerte Vorlast nicht adequat reagieren kann. Wie dieser Fall zeigt, können diastolische Adaptationsprobleme selten auch im Kindesalter auftreten. DKGJ-PO-267 Mobile ECMO-Einheit: Häufig die letzte Chance für kritisch kranke Kinder! J. Reckers1, B. Asfour1, Chr. Haun1, Chr. Fink1 1Deutsches Kinderherzzentrum Sankt Augustin, Sankt Augustin Einleitung: Die Unterstützung der pulmonalen und kardialen Funktion mit einer ECMO (Extrakorporalen Membranoxygenierung) ist häufig die letzte Chance für kritisch kranke Kinder. Der Transport der lebensbedrohlich erkrankten Patienten in das nächste ECMO-Zentrum ist aber immer mit einem hohen Risiko für den Patienten verbunden und in einigen Fällen aufgrund des instabilen Zustandes des Patienten nicht mehr möglich. Unser primäres Ziel war es daher eine mobile ECMOEinheit zu entwickeln, die es ermöglicht, den Patienten in der zuweisenden Klinik an die ECMO anzuschließen und dann unter stabilen Bedingungen in ein ECMO-Zentrum zu transportieren. Material und Methoden: Bei der technischen Ausstattung wurde besonders auf geringes Gewicht, kompakte Maße und eine lange Batterielaufzeit der eingesetzten elektrischen und elektronischen Geräte geachtet, so dass die ECMO -Transporte mit jedem Rettungshubschrauber oder Rettungswagen auch über lange Distanzen möglich sind. Das Transportsystem wurde so konzipiert, dass jeder Mensch vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen transportiert werden kann. Die Transportlogistik wurde zusammen mit dem ADAC erstellt. Das ECMO-Team besteht aus Herzchirurgen und pädiatrischen Intensivmedizinern. Ergebnisse: Seit Beginn des ECMO -Transport-Programms im April 2006 wurden bis Mai 2007 acht Kinder mit dem entwickelten System transportiert. Fünf der ECMO-Transporte waren Notfalleinsätze, die Patienten hätten die nächsten Stunden und den Transport in ein spezialisiertes Zentrum ansonsten nicht überlebt. Bei den Patienten handelt es sich um zwei Neugeborene mit respiratorischen Versagen, einen 5-jährigen Jungen mit kardialem Versagen, ein 2-jähriges Mädchen mit Leukämie und RSV-Pneumonie und ein 3-jähriges Mädchen mit einer Hämophilus influenza-Pneumonie. Drei der Transporte waren geplante Verlegungen von Neugeborenen, die bereits mit einer ECMO unterstützt wurden und zur operativen Therapie in ein anderes Zentrum verlegt werden mussten. Alle Patienten haben den ECMO-Transport in gutem Zustand überstanden und konnten weiterbehandelt werden. Fünf von 8 Patienten konnten von der ECMO entwöhnt und nach Hause entlassen werden.
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Diskussion: ECMO ist seit vielen Jahren eine etablierte Form der Unterstützung der pulmonalen und kardialen Funktion kritisch kranker Kinder. Zwischen 45% und 75% dieser kritisch kranken Kinder können nach der ECMO-Unterstützung nach Hause entlassen werden. Schlussfolgerung: Mit dem Aufbau dieses schnell einsatzfähigen ECMOTransport-Programms haben wir unser primäres Ziel, jeden kritisch kranken Patienten sich transportieren und einer optimalen Therapie zuführen zu können, erreicht. Die ersten Kinder haben Dank dieses neuen Programms überlebt und leben mittlerweile gesund bei ihren Eltern. DGKJ-PO-268 Erfolgreiche kardiale Resynchronisationstherapie bei dilatativer Kardiomyopatie mit schmalen QRS-Komplexen J. Schweigel1, V. Razek1, F. T. Riede1, I. Dähnert1, M. Kostelka1, J. Janousek1 1Klinik für Kinderkardiologie, Herzzentrum, Universität Leipzig, Leipzig Einleitung: Die kardiale Resynchronisationstherapie (KRT) ist inzwischen fester Bestandteil der Behandlung herzinsuffizienter Erwachsener mit eingeschränkter linksventrikulärer (LV) Funktion und intraventrikulärer Leitungsverzögerung (QRS >120 ms). Der Stellenwert dieser Therapie ist bei Kindern und Patienten mit schmalen QRSKomplexen nicht gesichert. Fallbericht: Bei einem 8-jährigen Jungen wurde bei verminderter Belastbarkarkeit, neu aufgetretenem Herzgeräusch und Kardiomegalie eine schwere dilatative Kardiomyopatie mit Mitralinsuffizienz diagnostiziert. Weitere Untersuchungen (Stoffwechseldiagnostik, Serologie, Myokardbiopsie und Koronarangiographie) ergaben keinen Anhalt für eine ursächliche Pathologie. Eine umfassende medikamentöse Herzinsuffizienztherapie über 3 Wochen bewirkte keine Verbesserung der LV Funktion. Trotz Präsenz schmaler QRS-Komplexe (<120 ms) ohne typischen Linksschenkelblock wurde echokardiographisch eine deutliche Dyssynchronie des linken Ventrikels mit verspäteter mechanischer Aktivierung der LV freien Wand diagnostiziert (siehe SPWMD, ◉ Tab.). Deshalb wurde zur Therapieoptimierung die Indikation zur KRT gestellt. Die KRT erfolgte mittels eines epikardial am linken Vorhof und auf der LV freien Wand implantierten Schrittmachers. Durch Programmierung einer kurzen atrioventrikulären Verzögerung wurde die mechanische Resynchronisation der LV freien Wand erreicht. Innerhalb von 3 Wochen nach Beginn der KRT zeigte sich eine deutliche Verbesserung der LV Funktion (◉ Tab.) und der Belastbarkeit.
HF/ min
SPWMD ms
LVSF%
LVEDV ml LVESV ml LVEF%
Vor Therapie
119
–
12
220
169
23
Medik. Therapie 117
220
7
209
179
14
3 Wochen KRT
50
20
165
117
28
60
HF=Herzfrequenz, SPWMD=septal to posterior wall motion delay, LVSF=LV shortening fraction, LVEDV=LV enddiastolic volume, LVESV=LV endsystolic volume, LVEF=LV ejection fraction
Schlussfolgerung: Trotz Absenz einer ausgeprägten elektrischen Dyssynchronie (schmale QRS-Komplexe) kann bei dilatativer Kardiomyopatie eine schwerwiegende mechanische Dyssynchronie vorhanden sein. Bei unzureichender Wirkung der medikamentösen Herzinsuffizienztherapie kann KRT eine wesentliche Verbesserung der LV Funktion herbeiführen. DGKJ-PO-269 Bedeutung der individuellen Varianz des QT-Intervalls für die Diagnostik des Long-QT-Syndroms im Kindes- und Jugendalter M. Fischer1, M. Khalil1, H. E. Ulmer1 1Kinderheilkunde II – Pädiatrische Kardiologie/Angeborene Herzfehler, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg Einleitung: Bei der Diagnostik eines Long-QT-Syndroms (LQTS) ist die Dauer des QT-Intervalls bekanntermaßen von verschiedenen phy-
siologischen Variablen, wie z.B. Herzfrequenz, Lebensalter oder Geschlecht, abhängig. Der Einfluss der zirkadianen Varianz des QT-Intervalls wurde bisher wenig beachtet bzw. unterschätzt. Fragestellung: Welche Varianz bzw. Streubreite zeigt das QT-Intervall innerhalb von 24 Stunden bei Vorliegen eines LQTS bzw. bei nicht betroffenen Probanden im Kindes- und Jugendalter? Material und Methode: Bei 142 Kindern und Jugendlichen, davon 76 LQTS-Patienten im Alter von 0,04–19,9 Jahren (Median 10,1 Jahre) und 66 Probanden im Alter von 2,1–18,8 Jahren (Median 11,7 Jahre), wurden über 24 Stunden digitale 12-Kanal-Langzeit-EKG’s abgeleitet (Mortara Instruments®, H-Scribe-II-System). Hieraus wurde halbautomatisch (Mortara Research® Tool V 1.0), d.h. visuell kontrolliert, alle 15 Minuten, in mindestens 6 Ableitungen desselben Schlages das QT-Intervall bestimmt. Die Frequenzadjustierung des QT-Intervalls erfolgte nach der Formel von BAZETT. Die Analyse der Varianz erfolgte unter Verwendung individueller Häufigkeitsverteilungen über die gesamte Aufzeichnungsdauer von 24 Stunden. Ergebnisse: Unabhängig von den signifikant unterschiedlichen mittleren QTc-Werten zwischen den LQTS-Patienten mit 490+44 ms1/2 und den Probanden mit 415+29 ms1/2 (p<0,0001) zeigte sich innerhalb der 24-stündigen Aufzeichnung bei den LQTS-Patienten eine mittlere Streubreite der QTc-Werte von 119+32 ms1/2 und bei den Probanden von 114+27 ms1/2. Diskussion: Das frequenzadjustierte QT-Intervall QTc stellt das am höchsten gewichtete Element in der elektrokardiographischen Diagnostik des LQTS dar. Elektronisch gestützte Analyseverfahren haben gegenüber den manuell gewonnenen Werten aus dem Standard-EKG eine erhebliche Streubreite des QTc-Wertes von bis zu 100 ms1/2 bei Kindern und Jugendlichen mit gesichertem LQTS aufgedeckt. Unerwarteterweise zeigten jedoch auch die gesunden Probanden eine Streubreite in dieser Größenordnung. Da andererseits die jeweiligen Mittelwerte aus den Langzeitaufzeichnungen aus beiden Gruppen eine sichere Diskrimination zwischen Patienten und Probanden zulassen, ist zu schlussfolgern, dass einzelne Messwerte des QT-Intervalls zumindest im Kindes- und Jugendalter nicht zur Diagnosestellung bzw. zum Ausschluss eines LQTS eingesetzt werden dürfen. Zudem erlauben Langzeitaufzeichnungen von Mehrkanal-EKG’s neben der Zeitanalyse auch die Erfassung von Veränderungen der T-Wellen-Morphologie als weitere Marker für das Vorliegen eines LQTS. Schlussfolgerung: Bei V.a. Long-QT-Syndrom empfiehlt es sich zur Beurteilung der QTc-Werte aufgrund der ausgeprägten zirkadianen QTc-Varianz mehrmals zu verschiedenen Tageszeiten ein StandardEKG oder besser jedoch ein 24-stündiges 12-Kanal-Langzeit-EKG abzuleiten. DGKJ-PO-270 Kammerflimmern – eine verkannte Diagnose im Kindesalter? H. Steinherr1, U. Walden1, W. Schenk1, J. Hess2, G. Buheitel1 1Klinikum Augsburg – 2. Klinik für Kinder und Jugendliche, Augsburg; 2Deutsches Herzzentrum Kinderkardiologie, München Einleitung: Herzrhythmusstörungen, i.B. Kammerflimmern sind im Erwachsenenalter eine der häufigsten Todesursachen. Bei Kinder ohne vorhergegangene Herzoperation oder -erkrankung sind nur wenige Fälle von Kammerflimmern mit letalem Ausgang beschrieben. Kasuistik: Wir berichten über ein 11-jähriges Mädchen, das bei einem Volksfestbesuch plötzlich kollabierte, keine Eigenatmung und tastbaren Puls, aber feinschlägige Kloni aller Extremitäten zeigte. Es wurde umgehend eine Laienreanimation durchgeführt. Bei anamnestisch bekanntem cerebralen Anfall wurde das Kind nach erfolgreicher Reanimation durch den Notarzt versorgt und unter dem Verdacht eines erneuten cerebralen Anfallls in unsere Klinik gebracht. Verlauf: Das Kind konnte im Verlauf extubiert werden und zeigte keine neurologischen Auffälligkeiten. Retrospektiv war bei der Basisreanimation ein automatischer externer Defibrillator (AED) eingesetzt und durch den Sanitätsdienst eine Defibrillation durchgeführt worden. Die
Schockabgabe mit einem AED ist nur bei sicher vorliegendem Kammerflimmern und -flattern möglich. Nach Auswertung des EKG-Speichers des AED bestätigte sich das Kammerflimmern sowie das Wiedereinsetzten eines Sinusrhythmus nach Defibrillation und kurzzeitiger Herzdruckmassage. Später konnte die Diagnose von rezidiverenden ventrikulären Tachykardien gestellt werden, deren Ätiologie jedoch unklar bleibt (Aussschluß einer akzessorischen Leitungsbahn und eines Brugada-Syndroms, unauffällige Myokardbiopsie). Es wurde operativ ein Herzschrittmacher mit Defibrillator-Funktion im Deutschen Herzzentrum München implantiert. Das Mädchen ist seither unter einer antiarrhythmischen Therapie mit Sotalol berschwerdefrei. Diskussion: Bei unklaren Kollapszuständen muss immer auch an das Vorliegen einer, wenn auch viel seltener vorkommenden Herzrhythmusstörung gedacht werden, i. B. auch als Differentialdiagnose zu einem cerebralen Anfall. Die Diagnosestellung bei unserer Patientin konnte nur erfolgen, nachdem uns der Einsatz des AED bekannt wurde. Das Überleben ohne Folgeschäden ist wahrscheinlich nur durch den Einsatz des AED bei diesem Kind möglich gewesen, entgegen des damals empfohlenen Reanimationsalgorithmus, der die Verwendung dieser Geräte bei Kindern nicht vorsah. Retrospektiv könnte auch bereits bei dem anamnestischen grand-mal Anfall eine Rhythmusstörung vorgelegen haben. DGKJ-PO-271 Kardiovaskuläre Risikofaktoren bei übergewichtigen und adipösen Kindern und ihre Veränderung unter Interventionsprogrammen Chr. Kallweit1, J. Moser1, B. Böhm2, M. Buck1, C. Bauer3, S. Liptay1, R. Oberhoffer1 1Kinderklinik der TU Krankenhaus München – Schwabing, München; 2Institut für Sport und Gesundheitsförderung der TU München, München; 3Kinderfachklinik, Gaißach Einleitung: Übergewicht und Adipositas im Kindesalter erreichen epidemische Ausmaße und werden aufgrund ihres kardiovaskulären Risikos enorme gesundheitpolitische und -ökonomische Probleme verursachen. Die Häufigkeit des begleitenden metabolischen Syndroms (Hypertonie, Dyslipidämie, Hyperglykämie) sind im Kindesalter ebensowenig systematisch untersucht wie ihre Reaktion auf Interventionsprogramme. Auch ist nicht bekannt, ob die Carotiswanddicke als individueller Marker kardiovaskulären Risikos bei Adipositas im Kindesalter pathologisch verändert ist, und wie sie durch Interventionsprogramme beeinflusst wird. Patienten und Methode: 1. Retrospektive Analyse von 2162 übergewichtigen/adipösen Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 17 Jahren (Mittel 13+/–2 Jahre), vor und nach 4- bis 6-wöchigem stationären Interventionsprogramm. Bestimmung von Körpergewicht, body mass index (BMI), Blutdruck, Serumlipiden, Harnsäure, Blutzucker und Blutsenkungsgeschwindigkeit. 2. Prospektive Analyse von 93 übergewichtigen/adipösen Kindern vor und nach Interventionsprogramm, zusätzlich zu o.g. Parametern sonographische Bestimmung der Intima-Media-Dicke (IMT) der A.carotis communis. Ergebnisse: Retrospektive Studie: Mittlerer BMI von 31.72 kg/m2 (+/–5.73) bei Aufnahme und von 28.56 kg/m2 (+/–5.20) bei Entlassung, entsprechend einer mittleren Gewichtsreduktion von 10%. Systolischer Blutdruck initial in 25.1% oberhalb der 95th Percentile, Gesamt-Cholesterin in 69.9% oberhalb der Altersnorm, LDL-Cholesterin in 73.4%, Triglyceride in 34.1%, Glucose in 4.1% pathologisch erhöht. Positive Assoziation aller Pathologien mit der Gewichtsklassifikation. Signifikante Reduktion aller Pathologien am Ende des Interventionszeitraums, besonders bei der adipösen Population. Prospektive Studie: Mittlere IMT mit 0.546+/–0.053 mm deutlich über altersentsprechenden Normwerten, jedoch ohne eindeutige Veränderung nach Rehabilitationsprogramm. Zusammenfassung: Übergewichtige und adipöse Kinder leiden in hohem Maße unter arterieller Hypertension und Hyper- bzw. DyslipidäMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts mien, die das kardiovaskuläre Risiko bereits im Kindesalter initiieren. Diese Veränderungen sind mit Gewichtsreduktion, vor allem in der Population adipöser Kinder, rückläufig oder normalisieren sich gänzlich. Sonographische Gefäßveränderungen wie Verdickungen der IMT benötigen jedoch offenbar längere Interventionszeiträume bis zu ihrer Normalisierung. DGKJ-PO-272 Herzrhythmusstörungen bei jugendlichen Patienten mit HodgkinLymphom S. Urschel1, J. Hauer2, R. Dalla Pozza3, S. Cremer1, U. Graubner2, I. Schmid2, H. Netz3 1Kinderkardiologie, Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU München, München; 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU München, München; 3Abteilung Kinderkardiologie, Klinikum Großhadern, München Hintergrund: Lymphome stellen die häufigste Neoplasie des Heranwachsenden dar. Trotz der häufig mediastinalen Lage, werden Herzrhythmusstörungen dabei kaum beobachtet. In der Literatur finden sich lediglich Einzelfallberichte, die mit intrakardialem Befall oder kardiotoxischer Chemotherapie vergesellschaftet waren. Kasuistiken: Wir fanden bei 2 Jugendlichen mit Hodgkin-Lymphom im Zuge der kardiologischen Evaluation vor Chemotherapie eine ausgeprägte ventrikuläre Extrasystolie (VES) ohne höhergradige Rhythmusstörung. Eine weitere Patientin fiel klinisch primär durch Vorhofflimmern mit symptomatischer absoluter Arrhythmie(TAA) auf. Im Zuge der stationären Behandlung der TAA wurde die Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms gestellt. In der Bildgebung (Echocardiographie, CT und MRT) zeigte sich bei den Patienten mit VES initial ein mäßiggradiger Perikarderguss, bei der Patientin mit TAA keine Auffälligkeit. Hinweise auf intracardiale Lymphomanteile fanden sich in keinem Fall. Die TAA wurde mittels Amiodaron (10 mg/kgKG&d i.v.) und wiederholter elektrischer Kardioversion behandelt, die VES erforderten keine spezifische Therapie. Nach Abschluss der individuell modifizierten Chemotherapie waren bei allen Patienten die Rhythmusstörungen vollständig verschwunden. Die Amiodaronbehandlung bei der Patientin mit TAA konnte bereits im Verlauf der Lymphomtherapie ausgeschlichen werden. In der Bildgebung fanden sich keine kardialen Auffälligkeiten mehr. Schlussfolgerung: Bei jugendlichen Patienten können als Begleiterscheinung eines Hodgkin-Lymphoms teilweise schwere Herzrhythmusstörungen auftreten. Eine sorgfältige kardiologische Evaluation ggf. inklusive Langzeit-EKG ist vor Chemotherapie notwendig, um eine individuelle Anpassung der Behandlung unter Verzicht auf cardiotoxische Medikamente zu gewährleisten. Die Prognose der Rhythmusstörung erscheint bei erfolgreicher Therapie des Lymphoms günstig.
Kardiologie III DGKJ-PO-266 Hohes kardiovaskuläres Risikoprofil von Kindern in Deutschland – Epidemiologie I: Übergewicht, Fehlernährung, familiäres Risikoverhalten, Dyslipidämien, Diabetes, Sozialstatus, Abstammung R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München Problem: KHK, Todesursache Nr.1 in Industrienationen, beginnt früh bei Kindern. Juvenile Risikofaktorenbefunde (CVRF) sind prädiktiv für Folgeuntersuchungen. Ergebnisse: Übergewicht/Adipositas: 2004: In jüngeren Altersklassen ca. 10% übergewichtig u. 4% adipös, in älteren Altersklassen 13–18% übergewichtig und 5–8% adipös, in 50% mindestens 1 Co-Morbidität
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oder 1 weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor (CVRF). Prävalenzzunahme Übergewicht ca. 0,5% und Adipositas ca. 0,2%/Jahr. Höhere Prävalenz bei nicht-deutsch-nationalen Kindern. Verdoppelung des Anteils 6–10jähriger adipöser Kinder vs. 1984. Häufigkeit Hyper-Chol (>220 mg/dl) bei 9,5%, erhöhte LDL-C (>150 mg/dl) bei 8,3%, erhöhte TG (>150 mg/dl) bei 24,7% sowie systolische Hypertonie (HTN) bei 19,5% und diastolische HTN bei 18,4%. Positive Korrelation von BMI mit Zahl der Risikofaktoren, Intima-Media-Dicke (IMD), Endotheldysfunktion (verminderte NO-Freisetzung und Vasodilatation) sowie Linksventrikulärer Muskelmasse (LVM). Dyslipidämien: Positive Korrelation von BMI mit Gesamt-Chol, LDL-C, TG und niedrigem HDLC. In 41,2% sekundäre Dyslipidämien (19,6% Hyper-LDL-C-Typ, 18,1% 18,1% Hypo-HDL-C-Typ, 3,6% kombinierter Typ). Fehlernährung/familiäres Risikoverhalten: Kinder wie Eltern gleiches Risikoverhalten, Ernährung in 3/4 zu fettreich. Fettanteil in 1/3>50% der Gesamtenergiezufuhr. FS-Muster zumeist falsch: In 1/4>50% Nahrungsfett als gesättigte FS; Anteil mehrfach ungesättigter FS 5%, signifikant. zu niedrig. Diabetes: Prävalenz juveniler Typ-1-Diabetes (0–19 J.) ca. 25.000 Betroffene, ca. 3.000 Neuerkrankungen/Jahr. Inzidenz für 90er Jahre bei ca. 13/100.000 Kinder (0–14 Jahre). Inzidenz Typ-2-Diabetes ca. 2/100.000 bei Kindern und Jugendlichen. Bei Adipositas in ca. 1–2% Typ-2-Diabetes und bis zu 10% gestörte Glukosetoleranz (iGTT): Ca. 200 Kinder (12–19 Jahre) erkranken jährlich an Typ-2-Diabetes. Sozialstatus: Wachsendes soziales Gefälle aller CVRF. Ethnische Abstammung: Migrantenfamilien, v.a. türkischer Abstammung, von hoher Risikofaktoren konstellation von metabolischem Syndrom und Typ-2Diabetes noch wesentlich stärker betroffen als deutschstämmige Kinder.
DGKJ-PO-275 Fehlabgang der linken Koronararterie aus dem rechten Sinus Valsalvae als Ursache für einen Myokardinfarkt K. T. Laser1, S. Sarikouch1, W. Matthies1, D. Kececioglu1 1Herzzentrum NRW Klinik f. Kinderkardiologie, Bad Oeynhausen Einleitung: Koronaranomalien sind seltene mögliche Ursachen einer Reanimations-Situation bei Kindern. Der Abgang der linken Koronararterie aus dem rechten Sinus Valsalvae macht 1–3% der Koronaranomalien aus und kann von großer klinischer Bedeutung sein. Fallbericht: Wir berichten über einen 11-jährigen Jungen, der unter Belastung eine Synkope erlitt und reanimiert werden musste. Seine Vorgeschichte war außer Phasen mit Atemnot unter körperlicher Belastung blande, er nahm regelmäßig am Vereinssport in den Bereichen Fußball und Tennis teil. Die Familien-Anamnese brachte keine neuen Erkenntnisse. Nach stationärer Aufnahme zeigten sich im EKG Infarkt-Zeichen, die kardialen Enzyme waren erhöht, die linksventrikuläre Funktion eingeschränkt, der Junge entwickelte ein Lungen-
ödem. Die Diagnose des Fehlabgangs der linken Koronararterie aus dem rechten Sinus Valsalvae mit Verlauf bzw Kompression zwischen Aorta und RVOT wurde durch Echokardiographie vermutet und durch Herzkatheter und MRT bestätigt. Ein Hauptstamm-Infarkt mit herabgesetzter Funktion des Septums sowie apikaler und lateraler Segmente des linken Ventrikels konnte mit MRT visualisiert werden, die herabgesetzte Funktion wurde quantitativ mit Gewebe-Doppler (2d Strain) ausgewertet. Nach Rückgang der kardialen Enzyme wurde ein Mamaria-Interna-Bypass duchgeführt. Die kardiale Funktion besserte sich zunehmend, bei Entlassung war die EF mit 35–40% noch vermindert. Schlussfolgerungen: Die frühe Diagnose von Koronaranomalien ist aufgrund untypischer bzw manchmal fehlender klinischer Zeichen erschwert. Aufgrund des Mechanismus einer Kompression bei körperlicher Belastung ist eine chirurgische Therapie notwendig, um weitere Ischämie-Ereignisse zu verhindern. Die regionalen myokardialen Deformationsabläufe können zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung gut mit den neueren echokardiographischen Gewebedoppler-Techniken analysiert werden. DGKJ-PO-276 Hohes kardiovaskuläres Risikoprofil von Kindern in Deutschland – Zielwerte/Empfehlungen für die Prävention I: Übergewicht, Fehlernährung, familiäres Risikoverhalten, Dyslipidämien, D.m. R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München Zielwerte: 1. Normwerte: BMI: individuell n. Kromeyer-Hauschild, Wabitsch et al. 2001, AGA, www.a-g-a.de; Lipide n. LRC-CPPT, 1984; Blutzucker: normale GT; Bewertung o-GTT n. Alberti,1998 2. Gesunde Ernährung 3. Gesamtfamiliärer gesunder Lebensstil. Prävention: 1. Präventionsstrategien erforderlich: universale, selektive und gezielte Prävention, u.a.: 2. Gesundheitserziehung in Kindergarten und Schulen sowie in Medien mit gesamtfamiliärer Orientierung sowie sozialgeschichtet adaptierter Vorgehensweise 3. Anstrebung höchstmöglichen Bildungsniveaus in allen sozialer Schichten Änderung der Lifestyle-Faktoren in Schulen wesentlich: 1. Ungeeignete Nahrungsmittel und Getränke aus Schulkantine und Angebot in Schulen verbannen 2. Stattdessen Obst und Eiswasser anbieten 3. Statt zweites Frühstück „bewegte Pause“ 4. Weniger Schulbusse und Aufzüge 5. Mehr moderner, gut angenommener Schulsport (z.B. Inline-Skaten, Beach-Volleyball etc.); 6. Schulhöfe und Sporthallen nachmittags für Sport und Spiel öffnen. Intervention: 1. Ernährungs- und Bewegungsprogramme für übergewichtige/adipöse Kinder 2. Bei HLP: LDL-C >190 mg/dl ohne weitere CVRF bzw. >160 mg/ dl + familiäre Belastung oder weitere CVRF ab 8–10 Jahre ggf. Ezetimib u. Pravastatin; HDL-C >60 mg/dl protektiv; invasive LDL-Apherese bei homozygoter familiärer Hyper-Chol; 3. Bei Diabetes akute Stoffwechselentgleisungen verhindern, assoziierte Folgeerkrankungen reduzieren; normale körperliche und psychosoziale Entwicklung und altersentsprechende Leistungsfähigkeit garantieren; optimale Langzeit-Stoffwechsel- und RR-Kontrolle; regelmäßig Sporttreiben: günstige Beeinflussung der CVRF (Lipoproteine, BMI, RR, post-prandialer BZ, HbA1c); bei adipösen juvenilen Typ-2-Diabetikern neben v.a. Bewegungstherapie und Sport ggf. Metformin (ab 10 Jahre zugelassen).
DGKJ-PO-277 Hohes kardiovaskuläres Risikoprofil von Kindern in Deutschland – Epidemiologie II: Hypertonie, Rauchen, Bewegungsmangel, Beachtung Sozialgefälle und Abstammung R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München Problem: KHK, Todesursache Nr.1 in Industrienationen, beginnt früh bei Kindern. Juvenile Risikofaktorenbefunde (CVRF) sind prädiktiv für Folgeuntersuchungen. Ergebnisse: Hypertonie: Prävalenz von primärer arterieller Hypertension (HTN) bei ca.1–3% der Kinder, bei Jugendlichen höher, vs. Erwachsenen sekundäre Formen von HTN häufiger als essentielle. Renoparenchymatöse Erkrankungen verantwortlich für ca. 75% und renovaskuläre für weitere 10% sekundäre HTN. Prävalenz der HTN variiert direkt mit der des cocomitanten chronischen renalen Nierenversagens (CRF). Nach PEP-Studie (gesamtfamiliäre Infarktprävention, Laufzeit 14 J.): bei Grundschülern positive Korrelation zwschen BMI sowie CVRF, ps und pd: Neben Dyslipidämien Jungen (bzw. Mädchen) 3,4% (3,6%) signifikant erhöhter RR. Bei juveniler Adipositas Häufigkeiten von systolischer und diastolischer HTN 19,5% und 18,4% (n. 2nd Task Force on Hypertension); HTN dabei signifikant assoziiert mit BMI sowie bei pd zusätzliche Knabenwendigkeit. HTN und HLP untereinander signifikant assoziiert. Raucherquoten: 35% der 12- bis 25-Jährigen. 2001 auf 2004 Raucherquote der 12- bis 17-Jährigen rückläufig: 28% auf 23%. Gegenteilig Rauchverhalten in Ostdeutschland: epidemieartig Anstieg nach zunächst Angleichung an West-Niveau – besonders ausgeprägt bei den Mädchen, Anteil der 12- bis 17-Jährigen: Durchschnitt 33%, Jungen 32%, Mädchen 35%. Körperliche Inaktivität: Generell jedes 2. Kind. Deutliche kardiopulmonale Ausdauerschwäche bei ca. 3/4 der Grundschulkinder (6–10 Jahre)(PWC<3 W/kgKG, zumeist <2,5 W/ kgKG sowie in Feldtests) bei Mädchenwendigkeit. Stetige Zunahme motorischer Defizite von Schulkindern (10–18 Jahre) bzw. Abnahme von körperlicher Leistungsfähigkeit im Längsschnittvergleich (vs. 1995: Abnahme Jungen 20%, Mädchen 26%). Sportförderbedürftig inzwischen 47% der Kinder, Verdreifachung vs. 1986. Inaktivität nimmt vom Kindes- über Jugend- und Erwachsenenalter auf 85% zu. Sozialstatus: Wachsendes soziales Gefälle aller CVRF. DGKJ-PO-127 Angina abdominalis und globale Herzinsuffizienz durch sehr große aortopulmonale Kollateralen bei einem Frühgeborenen: erfolgreiche lebensrettende katheterinterventionelle Therapie K. Papakostas1, L. Celik1, M. Schubert1, A. Artmann1, A. Weise1, V. Becker2, D. Hammel2, J.-H. Nuernberg1 1Abteilung für Angeborene Herzfehler / Kinderkardiologie, Klinikum Links der Weser, Bremen; 2Abteilung für Thorax, Herz- und Gefäßchirurgie, Klinikum Links der Weser, Bremen Einleitung: Große aortopulmonale Kollateralen (MAPCA) ohne begleitende kardiale Anomalien sind extrem selten. Sie verursachen nach Abfall des pulmonalvaskulären Widerstandes eine progrediente pulmonale Rezirkulation mit sekundärer Herzinsuffizienz, einer obstruktiven Lungensymptomatik und eine Angina abdominalis durch den ausgeprägten diastolischen Rückfluß in der Aorta abdominalis. Kasuistik: Frühgeborenes (34+5 SSW, Geburtsgewicht 2660 g) mit unauffälliger postnataler Adaptation. Keine Beatmung notwendig. Unkomplizierter Nahrungsaufbau. Bereits mit den ersten Lebenstagen entwickelten sich heftige Abdominalkoliken und Unruhezustände, später Sauerstoffbedarf und Auftreten eines Systolikums. Befunde: Körpergewicht mit 1 Monat 3840 g. Kompensierte, respiratorische Azidose. Radiologisch großes Herz, prominente, zentrale Pulmonalgefäße und unauffälliges Lungenparenchym. Echokardiographisch zeigten sich deutlich vergrößerte linksseitige Herzabschnitte, kräftiger pulmonalvenöser Rückstrom, in der normal dimensionierten Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Aorta descendens Flussbeschleunigung bis auf 3 m/sec. Ca. halbsystemischer Druck im rechten Ventrikel abschätzbar. Es bestanden weder septale Defekte noch ein Ductus arteriosus. Sonographisch zeigten sich die abdominellen parenchymatösen Organe unauffällig. Kranial des Truncus coeliacus Abgang mindenstens eines kräftigen Gefäßes nach rechts, das bis zum Zwerchfell zu verfolgen ist. Distal davon ausgepräges diastolisches run-off-Phänomen. Herzkatheteruntersuchung: links-und rechtsventrikuläre enddiastolische Drücke deutlich erhöht, sekundäre pulmonale Hypertonie. 2 sehr große MAPCA’s (Durchmesser je 4–5 mm) mit Ursprung unmittelbar kaudal des Zwerchfells zogen zum linken und rechten Lungenunterlappen. Es lag ein typischer „double supply“ bei sonst unauffälliger pulmonaler Gefäßstrombahn vor. Interventioneller Verschluss der MAPCA’s mit mehreren großen Metallspiralen. Verlauf: Entlassung nach 9 Tagen ohne Sauerstoff mit milder diuretischer Therapie und deutlicher Besserung der abdominellen Symptomatik. Die invasive Reevaluation nach 4 Monaten (wegen fehlender Entwöhnbarkeit von der diuretischen Medikation) zeigte noch erhöhte enddiastolische Drucke in beiden Ventrikeln und signifikanten Fluss über die vorbehandelten und 3 weitere MAPCA’s. Diese Gefäße wurden ebenfalls katheterinventionell verschlossen. Danach war keine kardiale Medikation notwendig bei uneingeschränktem Gedeihen des asymptomatischen Kindes. Zusammenfassung: Die Angina abdominalis im Kindesalter kann vielfältige Ursachen haben. Die hier beschriebene, hämodynamisch begründete Variante, verursacht durch sehr große MAPCA’s ohne weitere kardiale Fehlbildungen, ist sehr selten. Der katheterter-interventioneller Verschluss der MAPCA’s ist auch bei sehr kleinen Kindern sicher und komplikationslos möglich und erlaubt eine schonende Behandlung des schwerst kranken Frühgeborenen. DGKJ-PO-274 Einfluss ausgeprägter Anämie auf das longitudinale und radiale systolische Kontraktionsverhalten bei einer 4-jährigen Patientin mit linksventrikulärer Hypertrophie K. T. Laser1, R. Schäffler1, G. Kirchner1, N. Haas1, D. Kececioglu1 1Herzzentrum NRW Klinik f. Kinderkardiologie, Bad Oeynhausen Einleitung: Die kardiale Funktion bei Hypertrophie des Myokards abhängig von einer ausreichenden Oxygenierung. Wir berichten über eine eindrucksvolle kardiale Rekompensation durch eine Bluttransfusion. Fallbericht: Ein 4-jähriges Mädchen mit CHARGE-Assoziation wurde uns mit kardialer Dekompensation vorgestellt. Das führende hämodynamische Problem war eine hochgradige Subaortenstenose. Die kardialen Enzyme waren deutlich erhöht, es bestand eine Anämie von 5 g/dl. In der Echokardiographie zeigte sich eine ausgeprägte linksventrikuläre Hypertrophie. Die EF betrug 30%, die FS wurde mit 28% bestimmt, im Gewebe-Doppler (2d Strain) zeigte sich eine deutliche Verminderung der systolischen longitudinalen und radialen Strain- und Strain-Rate Werte, die Rotation war in ihrer Funktion am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbar nach einer Bluttransfusion zeigte die Patientin eine deutliche klinische Besserung, die Herzfrequenz sank von 160/min auf 100/ min, die EF stieg auf 60%, die Deformations-Parameter besserten sich deutlich und die kardialen Enzyme fielen ab. Ursache für die Anämie war ein chronischer intestinaler Blutverlust durch ein Mallory-Weiss Syndrom, die Patientin wurde mittlerweile einer Resektion der Subaortenstenose zugeführt, der postoperative Verlauf war komplikationslos. Schlussfolgerungen: Der Ausgleich einer Anämie kann zu einer deutlichen Besserung der kardialen Funktion führen. Die Beeinträchtigung von radialer und longitudinaler systolischer Kontraktion überwiegt bei ausgeprägter Hypertrophie gegenüber der Rotation. Eine quantitative Beurteilung und Verlaufsbeobachtung der linksventrikulären Funktion mit 2d Strain bietet den Vorteil, alle Kontraktionsformen beurteilen zu können und war in diesem Fall wesentlich aussagekräftiger als etablierte echokardiographische Parameter wie die FS.
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DGKJ-PO-278 Hohes kardiovaskuläres Risikoprofil von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Zielwerte/Empfehlungen für die Prävention II: Hypertonie, Rauchen, Bewegungsmangel, Beachtung Sozialstatus und Abstammung R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, Dr. Richard Eyermann, München Zielwerte: 1. Blutdruck (korrekte RR-Manschette!) individuell: Normwerte: Ruhe-RR n. Task Force on Blood Pressure Control in Children, 1987; Gelegenheits-RR u. 24-h-RR bei Mädchen und Jungen in Wühl et al. for the German Working Group on Pediatric Hypertension, 2002 2. Leistungsdiagnostische Beurteilung: Normwerte: PWCmax Durchschnitt für gesunde Kinder auf Fahrradergometer bei 3,5 W/kg KG Knaben bzw. 3,3 W/kg Mädchen; <2,5 W/kgKG leistungsschwach; PWC 170:2,5 W/kgKG Knaben bzw. 2,4 W/ kgKG Mädchen; O2-Aufnahme: 45–55 ml/min/kg Knaben bzw. 38–40 ml/min/kg Mädchen; HF: niedrige/mittlere/hohe Belastungsintensität 130–160/160–190/>190/min; Subjektives Belastungsempfinden: RPE-Scala n. BORG bei Kindern ab 7 Jahre. Prävention und Intervention: 1. Körperliche Bewegung mindestens 3 h Schulsport/Wo. Und täglich reichlich außerschulische Sportaktivitäten, jedoch mindestens 30 min/die. 2. Rauchen aufhören 3. Bei essentieller HTN adipöser Kinder Allgemeinmaßnahmen Gewichtsreduktion, Sport, NaCl-Restriktion. 4. Grundkrankheiten behandeln. Konklusion: 1. CVRF bereits bei Kindern sehr häufig, v.a. bei Übergewicht/Adipositas (jedes 5. Kind, jeder 3. Jugendliche, 2/3 der Adulten), aber auch bei Typ-1- und v.a. bei juvenilem Typ-2-Diabetes. 2. Globales kardiovaskuläres Risiko unserer Kinder steigt und damit die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität der Bevölkerung, ein Anstieg an kardiovaskulären Events, die v.a. durch einen sehr früh beginnenden, ausgeprägten, meist auch familiären, ungesunden Lebensstil, vorprogrammiert sind. 3. Risikostratifizierung und geeignete Interventionen daher bereits bei unseren Kindern zwingend notwendig. 4. Bislang präventive Maßnahmen völlig unzureichend, therapeutischen Interventionen noch zu selten und oft insuffizient. 5. Prävention v.a. aber auch gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nur gemeinsam lösbar. DGKJ-PO-130 NEC-Komplikation nach Spätdiagnose einer d-TGA Chr. Czernik1, W. Barthlen2, N. Nagdyman3, M. Hübler4, M. Obladen1 1Klinik für Neonatologie, Charite Campus Virchow-Klinikum, Berlin; 2Klinik für Kinderchirurgie, Charite Campus Virchow-Klinikum, Berlin; 3Klinik für Angeborene Herzfehler-Kinderkardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin; 4Klinik für Herz, Thorax- und Gefäßchirurgie, Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin Einleitung: Kardiovaskuläre Malformationen gehören mit einer Inzidenz von 6–8 pro 1000 Lebendgeburten zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Davon bleibt etwa die Hälfte der Neugeborenen in den ersten Lebenstagen asymptomatisch. Die frühe Diagnosestellung gerade der duktusabhängigen Malformationen ist für diese Kinder entscheidend, da eine verspätete Diagnose nach Verschluss des Ductus arteriosus zu einer erhöhten Morbidität und sogar zum Tod führen kann. Neben der klinischen Untersuchung hat sich die Pulsoxymetrie zur Früherkennung von zyanotischen Herzfehlern etabliert. Eine seltene aber gefährliche Komplikation stellt die nekrotisierende Enterokolitis
dar, die nicht nur eine typische Erkrankung des Frühgeborenen ist. Kasuistik: Wir berichten über ein Neugeborenes der 41+0 SSW, das nach ambulanter Geburt bei guter postnataler Adaptation nach Hause entlassen wurde. Bei der U2 am 7. Lebenstag zeigte sich eine deutliche Zyanose mit Sättigungsabfällen. Echokardiographisch wurde die Diagnose einer d-TGA gestellt und eine notfallmäßige Einweisung ins Deutsche Herzzentrum Berlin veranlasst. Nach Intubation und Prostaglandin-E2 Gabe erfolgte notfallmäßig die Ballonatrioseptostomie nach Rashkind. Die SO2 Werte lagen nach dem Manöver bei 80%. Am nächsten Tag entwickelte sich ein aufgetriebenes Abdomen mit Erbrechen und galligem Reflux sowie Entleerung von blutig-tingierten Stühlen. Im Röntgen-Abdomen wurden die typischen Zeichen einer nekrotisierenden Enterokolitis mit Perforation festgestellt, so dass eine notfallmäßige Laparotomie noch am gleichen Tag erfolgte. Intraoperativ zeigte sich eine Perforation am Übergang von Colon descendens zum Sigma. Das gesamte Kolon war livide verfärbt und tigerfellartig gestreift. Zur Enlastung wurde ein doppelläufiges Ileostoma angelegt. Am 3. postoperativen Tag war bei akutem Abdomen eine Re-Laparotomie notwendig mit Resektion eines völlig aufgelösten und veränderten Sigma und Hemikolon links bis zur Flexur sowie die Anlage eines Kolostomas und Blindverschluss des Rektums. Postoperativ wurden Katecholamine, Analgosedierung, 3 fache antibiotische Therapie und Pentaglobin eingesetzt. Nach 2 Wochen intensivmedizinischer Stabilisierung konnte die Arterielle Switch-OP durchgeführt werden. Der weitere Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Schlussfolgerung: Die Prognose von zyanotischen Herzfehlern ist ganz entscheidend von der frühzeitigen Diagnose abhängig. Eine verspätete Diagnose kann zu dramatischem Verlauf mit NEC-Komplikation auch bei reifen Neonaten führen. Die Pulsoximetrie hat sich in den letzten Jahren als eine zuverlässige Methode zur Früherkennung von zyanotischen Herzfehlern etabliert und sollte bei allen Neugeborenen postnatal durchgeführt werden.
Neuropädiatrie III DGKJ-PO-281 Epilepsien nach prä- und perinatalen cerebralen Infarkten: Ergebnisse der operativen Epilepsietherapie H. Chr. Eitel1, T. Pieper1, T. Dushe1, S. Kessler1, S. Petrova1, G. Reichelt1, A. Karlmeier1, K. Krämer1, D. Kolodzieczyk2, M. Kudernatsch2, H. Holthausen1 1Neuropädiatrie, Behandlungszentrum Vogtareuth, Vogtareuth; 2Neurochirurgie, Behandlungszentrum Vogtareuth, Vogtareuth Hintergrund: Kinder mit residualen Läsionen nach prä- oder perinatalen cerebralen Insulten leiden häufig an therapieschwierigen Epilepsien. Diese können die Lebensqualität der Patienten und ihrer Familien stark beeinträchtigen und stellen einen Risikofaktor für die kognitive Entwicklung der Kinder dar. Patienten und Methode: Wir berichten über 23 Patienten, die wegen einer therapieresistenten Epilepsie infolge einer prä- oder perinatalen postischämischen Hirnschädigung zwischen 1998 und 2007 am BHZ Vogtareuth epilepsiechirurgisch behandelt wurden. Die Mehrzahl der Patienten hatte eine ischämische Infarzierung im Bereich des Stromgebietes der A. cerebri media erlitten. Die Indikation zum operativen Eingriff wurde anhand der Ergebnisse eines non-invasiven prächirurgischen Video-EEG-Intensiv-Monitorings sowie einer hochauflösenden craniellen MRT gestellt. Bei der angesichts der Ätiologie teils schwierigen Entscheidung zwischen regionalem oder diskonnektivem hemisphärischem Resektionsverfahren musste neben der Ausdehnung der epileptogenen Zone das neurologische Defizit-Profil des Patienten sorgfältig evaluiert und berücksichtigt werden. Das durchschnittliche Alter zu Beginn der Epilepsie betrug 2 Jahre, bei Operation 8,4 Jahre. Alle Patienten waren mental retardiert, 20 geistig behindert, 3 lernbehindert. Die postoperative Nachbeobachtungszeit beträgt bei 17 Patienten über zwei Jahre, bei den 6 übrigen Patienten zwischen 0,5 und 1,5 Jahren.
Ergebnisse: 13 Patienten unterzogen sich einem hemisphärischen diskonnektiven Eingriff (Hemisphärotomie) und 10 Patienten einer regionalen Resektion (8 Bi-oder Multilobektomien, 2 Lobektomien, überwiegend im temporo- parietooccipitalen Bereich). Postoperativ anfallsfrei sind davon 17 Patienten, 4 sind fast anfallsfrei (Engel-Klassifikation) und 2 Patienten deutlich gebessert. Die Ergebnisse zur postoperativen kognitiven Entwicklung und zur Lebensqualität werden patientenbezogen dargestellt. Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit therapieschwieriger fokaler Epilepsie nach prä-oder perinatalen cerebralen Infarkten kann die operative Epilepsietherapie eine sehr erfolgreiche Behandlungsoption sein. Sowohl die Schwere der Epilepsie als auch die daraus resultierende Bedrohung der kognitiven Entwicklung der Kinder stellen Indikationen zur frühzeitigen prächirurgischen Epilepsie-Diagnostik dar. DGKJ-PO-282 Was wird aus Kindern und Jugendlichen mit Multipler Sklerose (MS)? – Erfahrungen in Augsburg M. Schimmel1, J. Penzien1, P. H. Heidemann1 11. Klinik für Kinder und Jugendliche, Augsburg Obwohl die Mehrzahl der MS-Patienten im frühen Erwachsenenalter diagnostiziert wird, manifestiert sich die MS in ca. 3% schon vor dem 17. Lebensjahr. Langzeitbeobachtungen dieser Patienten sind rar, da sie meist bereits nach kurzer Zeit von der pädiatrischen Betreuung in die der Erwachsenen-Neurologen übergehen und damit als eigene Verlaufsgruppe nicht mehr analysiert werden. Wir stellten uns die Frage, was aus unseren MS-Patienten geworden ist. Mittels strukturiertem Telefoninterview und Arztbriefen wurde der Verlauf von 10 Patienten (w=6, m=4; davon 8 mit schubförmigem, 1 mit primär und 1 mit sekundär progredientem Verlauf) aus dem Zeitraum 1996 bis 03/2007 analysiert. Alter bei ersten Symptomen: 7 8/12–16 1/12 Jahre. Alter bei Diagnosestellung nach den McDonald-Kriterien: 15 3/12–16 11/12 Jahre. Alter bei Interview: 17 1/12–26 6/12 Jahre. Therapie: 1. Schubtherapie mit (Methyl-)Prednisolon i.v. (578 mg/m2/d für 3–5 Tage) und Prednisolon oral (1 mg/kg/d für 9–11 Tage). 2. Verlaufsmodifizierende Therapien: Steroide (n=1), Immunglobuline (2), β-Interferon (5, davon 2 abgebrochen), Glatirameracetat (1), Mitoxantron (1). Zum Zeitpunkt des Interviews standen 3 Patienten unter einer immunmodulatorischen Therapie. Von den 8 Patienten mit schubförmigem Verlauf waren zum Zeitpunkt des Interviews 4 in kompletter klinischer Remission, davon 2 unter Therapie (β-Interferon). Bei 4 Patienten bestanden verschiedene Residuen wie Visusminderung, feinmotorische Defizite, Konzentrationsprobleme, Depression, rasche Ermüdbarkeit, Sensibilitätsstörungen und Ataxie. Eine Patientin mit primär progredientem Verlauf war bereits rollstuhlpflichtig, bei einem Patienten mit sekundär progredientem Verlauf bestand eine zunehmende Gangstörung. Ein weiteres Ergebnis des Interviews war die Enttäuschung der Patienten und Eltern über eine zu zögerliche psychosoziale Beratung und Betreuung. Wir entnehmen unseren Daten, dass der Verlauf bei etlichen jugendlichen MS-Patienten durchaus progredient und ernst ist. Die von uns früher praktizierte Zurückhaltung bezüglich einer verlaufsmodifizierenden Therapie ist nicht mehr haltbar, zumal sich befürchtete gravierende Nebenwirkungen dieser Therapien auch in der Literatur nicht gezeigt haben. Zu empfehlen sind vielmehr eine frühe medikamentöse Dauerbehandlung und eine kontinuierliche psychosoziale Betreuung. Da die jetzigen immunmodulatorischen Medikamente zwar die Schubfrequenz signifikant reduzieren, nicht aber die neurologische Progression zur bleibenden Behinderung verhindern, sind kontrollierte klinische Studien auch bei Kindern mit neuartigen sekundärpräventiven Medikamenten nötig.
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Abstracts DGKJ-PO-283 Ungewöhnlicher Verlauf eines ADEM mit Papillödem nach subklinischer Influenza B-Infektion bei einem 12jährigen Jungen M. K. Bernhard1, A. Merkenschlager1, W. Hirsch2, V. Schuster1 1Universitätskinderklinik, Leipzig; 2Kinderradiologie, Klinik für Radiologie, Leipzig Eine akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) kann im Zusammenhang mit einer Infektion durch verschiedenste Viren, Bakterien oder Parasiten auftreten. Das klinische Bild eines ADEM kann sehr variabel sein, was insbesondere bei initial unauffälligen oder untypischen Befunden des MRT Schädel die Diagnose erschwert. Fallbericht: Ein 12-jähriger Junge litt an seit 3 Wochen bestehenden progredienten Kopfschmerzen und zunehmenden Nüchternerbrechen. Im initialen MRT Schädel waren nur zwei unspezifische hyperdense Signalintensitäten zu erkennen, die als Harmatome gesehen wurden. Die ophthalmologische Untersuchung zeigte ein Papillödem mit einer maximalen Prominenz von 1.5 mm beidseits. Im Liquor war eine Pleozytose mit 41 Mpt/l Zellen nachweisbar, der Liquorausflussdruck war deutlich erhöht. Die Titer für Influenza B wiesen auf eine akute beziehungsweise gerade abgelaufene Infektion hin. Eine bei bestehender Klinik veranlasste MRT Schädel-Kontrolle nach drei Wochen zeigte multiple neue hyperdense Areale im Sinne eines ADEM. Unter einer Methylprednisolon-Stoßtherapie wurde der Patient wieder beschwerdefrei, die MRT-Auffälligkeiten und das Papillödem bildeten sich wieder vollständig zurück. Diskussion: Ein erhöhter Hirndruck mit begleitendem Papillödem sowie Kopfschmerzen und Nüchternerbrechen sind als hervorstechende Symptomatik eines ADEMs sehr selten beschrieben. Die dem ADEM zuzuschreibende Klinik kann sich offenbar auch langsam über mehrere Wochen entwickeln. Da in diesen Fällen möglicherweise im initialen MRT Schädel teilweise noch keine eindeutigen Demyelinisierungsherde zu sehen sind, sollte bei fortbestehenden klinischen Auffälligkeiten die zerebrale Bildgebung großzügig kontrolliert werden. DGKJ-PO-284 Expression des mit mentaler Retardierung assoziierten Gens MEGAP während der Embryonalentwicklung S. Kautt1, R. Waltereit1 1Molekularbiologie, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim Einleitung und Fragestellung: Mentale Retardierung (MR) betrifft bis zu zwei Prozent der Bevölkerung und ist gekennzeichnet durch beeinträchtigtes Lernen und Gedächtnis. Genetisch bedingte MR ist häufig assoziiert mit Mutationen von Genen, die an den Rho-Signaltransduktionskaskaden beteiligt sind. Rho-Signaltransduktionswege regulieren einerseits die Migration der Nervenzellen und das Auswachsen der Axone und Dendriten während der Embryonalentwicklung und andererseits die morphologischen Anpassungsprozesse der dendritischen Spines bei synaptischer Plastizität in adulten Neuronen. Die Mutation von MEGAP (Mental associated GAP-Protein) wird in Zusammenhang gebracht mit einigen Fällen von MR bei Patienten, die vom 3p–Syndrom betroffen sind. Das MEGAP-Protein ist Teil der Rho-Signaltransduktionskaskaden. Hier untersuchten wir das Expressionsmuster von MEGAP-mRNA bei Mäusen während der Embryonalentwicklung. Methoden: Embryos und Gehirngewebe von Stadium E10 bis hin zu adulten Mäusen wurden mittels In-situ-Hybridisierung des MEGAPTranskripts in whole-mount-Technik und an Gehirnschnitten untersucht. Ergebnisse und Schlussfolgerung: Wir zeigen hier eine starke Expression von MEGAP-mRNA im gesamten Zentralnervensystem von MausEmbryos im Stadium E10. Dieses Expressionsmuster ändert sich bei adulten Tieren hin zu einer Expression hauptsächlich im Hippocampus und im Cortex. Das Expressionsmuster entspricht somit denjenigen Regionen des ZNS, in denen neuronale Migration und synaptische
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Plastizität stattfinden. Unsere Ergebnisse bestätigen die vermutete Rolle von MEGAP bei Rho-assoziierter mentaler Retardierung. DGKJ-PO-285 Kasuistik eines Mädchens mit del(4)(q33) und einer okzipitalen Enkephalozele E.-M. Strehle1, R. Quadrelli2, A. Vaglio2, M. Larrandaburu2, B. Mechoso2, A. Quadrelli2, Y.-S. Fan3, H. Zhu3, T. Huang4 1International Centre for Life, Newcastle upon Tyne, Großbritannien; 2Hospital Italiano, Montevideo, Uruguay; 3Mailman Center for Child Development, Miami, USA; 4University of California, Irvine, USA Ziele: Deletionen des langen Armes von Chromosoms 4 gehören zu den seltenen strukturellen Chromosomenaberrationen. Weltweit sind bisher ca. 150 Fälle publiziert worden. Im vorliegenden Fall wird ein fünfjähriges Mädchens mit einer terminalen Deletion, del(4)(q33), und einer Enkephalozele beschrieben. Zusätzlich zu einer Routine-Karyotypisierung wurde eine molekulargenetische Analyse durchgeführt. Methoden: Die Patientin wurde nach der Geburt von einem Team bestehend aus Kinderchirurgen, Pädiatern und Genetikern medizinisch betreut und bis zum 5. Lebensjahr nachuntersucht. Aus Lymphozytenkulturen wurde ihr Karyogramm erstellt und mit der Giemsa-Technik angefärbt. Für die komparative Genomhybridisierung wurde ein Testkit der Firma Agilent Technologies Inc. verwendet (CGH microarray kit 44B). Ergebnisse: Das Mädchen wies folgende Dysmorphiezeichen auf: grosse Fontanellen, mongoloide Augenstellung, enge Lidspalten, Hypertelorismus, Hämangiom auf der Stirn, gefaltete Ohrmuscheln, kleinen Mund, kleines Kinn, überlappende Finger und Klinodaktylie der 5. Finger, überlappende Zehen und hypoplastische 5. Zehen, okzipitale Enkephalozele (chirurgische Exzision am 2. Lebenstag), Arnold-ChiariMissbildung, neuronale Migrationsdefekte, supratentoriellen Hydrozephalus, Kardiomegalie, offenen Ductus Botalli, Aortenisthmusstenose und Ventrikelseptumdefekt (operative Korrektur am 5. Lebenstag). Die Routine-Chromosomenanalyse der Patientin ergab eine Deletion des Chromosoms 4 an der Bruchstelle 4q33, die elterlichen Chromosomen waren normal. Im Gegensatz dazu zeigte die ergänzende DNA-Analyse mit der CGH-Technik eine 25.7 MB Deletion an dem Bruchpunkt 4q32.3. Eine lichtmikroskopische Unterscheidung dieser beiden Segmente war nicht möglich, da sie zu nahe beieinander liegen. Im Alter von 1 Jahr konnte das wachstumsverzögerte Mädchen ohne Hilfe sitzen und mit 2 1/2 Jahren lernte sie laufen. Sie hatte keine Hör- oder Sehbehinderung. Im Alter von 4 Jahren nahm sie selbständig Nahrung zu sich und konnte einzelne Worte sprechen. Schlussfolgerung: Bisher wurde erst ein Fall eines Patienten mit einer (interstitiellen) 4q-Deletion in Kombination mit einer Enkephalozele beschrieben. Es ist vorstellbar, dass Gene, die für die Entwicklung von Enkephalozelen verantwortlich sind, auf Chromsom 4 liegen. Molekulargenetische Untersuchungen können bei der exakten Bestimmung von strukturellen Chromosomendefekten behilflich sein. DGKJ-PO-286 Pränatale Diagnose des Tuberöse Sklerose Komplexes (TSC): wie gehen wir mit dieser Zeitbombe um? S. B. Wortmann1, A. Reimer2, J. Creemers3, R. Mullaart4 1Department of Pediatrics, Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande; 2Department of Pediatric Cardiology, Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande; 3Department of Obstetrics and Gynecology, Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande; 4Department of Pediatric Neurology, Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, Niederlande TSC ist eine autosomal-dominante Phakomatose mit Multiorganbeteiligung. Der Nachweis multipler kardialer Rhabdomyome im pränatalen Ultraschall ist nahezu pathognomisch. Mit Verbesserung der
bildgebenden Verfahren werden auch immer öfter zerebrale Raumforderungen antenatal entdeckt. Fragestellung: Bisher ist unbekannt, ob bereits fötal existente zerebrale Pathologie immer mit einem besonders schlechten und/oder progressivem Krankheitsverlauf korreliert. Gerade dies macht jedoch das Counselling extrem schwierig, nicht nur, wenn über einen Schwangerschaftsabbruch nachgedacht wird, sondern vielmehr auch, um bei Fortsetzung der Schwangerschaft optimale postnatale und Langzeitbetreuung bieten zu können. Material und Methode: Wir präsentieren einen Fall und vergleichen diesen mit den 19 bisher in der Literatur veröffentlichten Fällen von pränatal diagnostiziertem TSC mit gleichzeitiger kardialer und zerebraler Beteiligung. Ergebnisse: Der Indexfall ist das 1e Kind gesunder Eltern. Im Routineultraschall in der 32. SSW fiel eine zerebrale Raumforderung suggestiv für ein Riesenzellastrozytom auf. Ab der 34. SSW wurden auch multiple kardiale Echodensitäten gesehen, was die Verdachtsdiagnose TSC erhärtete. Die Befunde blieben im Verlauf der ansonsten unkomplizierten SS stabil und das Kind wurde termingerecht geboren. Das Mädchen ist mittlerweile 18 Monate alt und entwickelt sich ausgezeichnet. Die kardialen Rhabdomyome sind asymptomatisch. Andere Organbeteiligungen wurden trotz ausgiebiger Evaluation nicht gefunden. Ab dem 10. Lebensmonat auftretende minor motor seizures werden erfolgreich mit Valproat behandelt. Diskussion: In 12 der 19 publizierten Fällen fand ein Schwangerschaftsabbruch statt, ein Kind verstarb intrauterin und zu zwei Kindern sind keine postnatalen Daten bekannt. Zwei Kinder zeigten kardiale Pathologien, welche in einem Fall tödlich endete. Die kardiale Beteiligung ist jedoch zu vernachlässigen, da sie nur selten symptomatisch wird und die Tumoren innerhalb der ersten Lebensjahre involuieren. Leider trifft dies nicht auf die zerebralen Tumoren zu: sie nehmen in Anzahl und Größe zu. Dies manifestiert sich klinisch in Epilepsie, mentaler Retardierung und Verhaltensstörungen. Die Beurteilung dieser Daten ist limitiert (retrospektiv aus Fallmitteilungen statt im Rahmen einer prospektiven Studie). Bezüglich der neurologischen Probleme ist bekannt, dass sich, unsere Patientin eingeschlossen, 3 der 6 Patienten altersgerecht entwickeln (bis zu einem Alter von maximal 18 Monaten). In zwei Fällen wird über Insulte jeweils beginnend im 10. Lebensmonat berichtet. Schlussfolgerung: Eine längere und strukturierte Verlaufsbeobachtung pränatal diagnostizierter Fälle von TSC ist nötig, um einen Vergleich postnataler Krankheitsverläufe zu ermöglichen. Dies ist essentiell nicht nur für ein verantwortungsvolles Counselling im Falle eines potentiellen Schwangerschaftsabbruchs, sondern auch für die optimale postnatale und Langzeitbetreuung. DGKJ-PO-287 Ermittlung der prognostischen Aussagekraft von drei verschiedenen entwicklungsneurologischen Untersuchungen für das motorische Outcome Frühgeborener <1500 g N. Stahlmann1, Chr. Härtel1, A. Knopp1, B. Gehring1, U. Thyen1 1Kinderklinik, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Lübeck § Die Bewertung der General Movements nach Prechtl (korrigiert 3. Monat) § die Bewertung der Lagereaktionen nach Vojta (36.–40. SSW, korrigiert 3. Monat) § die entwicklungsneurologische Untersuchung (in Anlehnung an Amiel-Tison) des Säuglings (36.–40. SSW, korrigiert 3. Monat) werden im Hinblick auf ihre prognostische Aussagekraft bezüglich des motorischen Outcomes und die Entwicklung einer infantilen CP im korrigierten Alter von 20 Monaten für 96 Frühgeborene <1500 g (geboren Juni 2000Oktober 2002) verglichen. Zur objektiven Bewertung der einzelnen Untersuchungen wurden Sensitivität, Spezifität, positiver, negativer Vorhersagewert, falsch positive und falsch negative Resultate berechnet. Einzig die videogestützte Methode nach Prechtl im dritten
Monat erlaubt eine frühe Abschätzung pathologischer motorischer Entwicklung (PVW 0,89 bzw. 0,56 in Bezug auf infantile CP). Bis auf die Provokation der Lagereaktionen nach Vojta (NVW 0,60 bzw. 0,67) ermöglichen alle betrachteten neurologischen Untersuchungen früh mit hoher Wahrscheinlichkeit die Vorhersage eines gesunden motorischen Entwicklungsverlaufs (NVW zwischen 0,84 und 0,90). Die Entwicklung einer infantilen CP kann durch alle untersuchten Methoden frühzeitig weitgehend ausgeschlossen werden (NVW zwischen 0,90 und 1,0), wobei bei Betrachtung der Lagereaktionen nach Vojta zeitgleich hohe falsch positive Resultate (0,74 und 0,89) vermerkt werden müssen. Insgesamt stehen unsere Ergebnisse gut im Einklang mit aktuellen Literatur. Deutlich wird jedoch der Einfluss der niedrigen Prävalenz motorischer Defizite (0,21) sowie manifester infantiler CP (0,05) innerhalb unseres Kollektivs auf den positiven Vorhersagewert (bzw. Sensitivität). Die Ergebnisse der Untersuchung der Lagereaktionen nach Vojta lassen vermuten, dass ohne erweiterte Diagnostik wie Einbeziehen primitiver Reflexe, Muskeltonus und Spontanmotorik eine prognostische Einschätzung der motorischen Entwicklung von sehr unreifen Frühgeborenen <1500 g nicht abgegeben werden kann. In Anbetracht der sehr guten Ergebnisse der Bewertung von General Movements im dritten Monat empfehlen wir, diese Untersuchung zusätzlich in das klinische Nachsorgeprogramm von Frühgeborenen zu integrieren. Sie ersetzt jedoch nicht die standardisierte entwicklungsneurologische Untersuchung, da Fähigkeiten des Sehens, Hörens und Sprechens der Kinder nicht erfasst werden. Durch diese Erweiterung in der Nachsorge ist mit einer massiven Reduzierung der Nachsorgetermine und Entlastung der Frühgeborenen sowie deren Eltern zu rechnen. Die Konzentration der vorhandenen Ressourcen an Unterstützungsmöglichkeiten und Fördermitteln kann auf erkrankte Kinder und deren Familien gerichtet werden. DGKJ-PO-288 Metamphetamin-Intoxikation – unerwartete Ursache plötzlich auftretender neurologischer und kardialer Symptome eines Säuglings B. Mayer1, J. Hammermann1, J. Roesler1, Chr. Vogelberg1 1Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Sogenannte halluzinogene Amphetamine finden seit Beginn der 80er Jahre auch in Europa immer größere Verbreitung. Neben Cannabis steht die Modedroge „Ecstasy“ (3,4-Methylendioxymetamphetamin (MDMA)) an zweiter Stelle der in Deutschland konsumierten illegalen Drogen. Von den Deutschen im Alter von 12–24 Jahren haben etwa 4–5% zumindest einmal „Ecstasy“ genommen. Amphetamine gehören zur Gruppe der Sympathomimetika. Die Symptome einer akuten Intoxikation mit halluzinogenen Amphetaminen reichen von Koordinationsstörungen, Hyperreflexie, Ataxie, Tremor, Nystagmus, Tachykardie, Hypertonie, Synkope und Fieber bis hin zu Verwirrtheit, Halluzinationen, Diarrhoe, Muskelfaszikulationen, Myoklonien und Koma. Auch Todesfälle durch Multiorganversagen sind beschrieben. Wir stellen den Fall eines bei Aufnahme knapp 1 Jahr alten Jungen vor, welcher aus völligem Wohlbefinden heraus plötzlich extreme Verhaltensauffälligkeiten zeigte. Beobachtet wurden Lautieren, athetotische Bewegungsstörungen der Extremitäten, eine nicht fixierte Blickdeviation nach links sowie ein wiederkehrender Bewusstseinsverlust des Kindes. Der Junge war jeweils nur kurzzeitig ansprechbar und zeigte bei der Untersuchung eine intermittierende Tachykardie mit Herzfrequenzen um 180–212 Schlägen pro Minute. Leere Eigen-, Familien- und Medikamentenanamnese. Die daraufhin bei fraglicher Meningitis/Enzephalitis durchgeführte neurologische und auch kardiale Diagnostik ergab, bis auf leicht erhöhte Werte für Myoglobin, CK, CK-MB und LDH bei normwertigem Troponin T, unauffällige Befunde. Im ebenfalls durchgeführten Screening des Urins auf Drogen liesen sich Metamphetamine als Ursache der Symptome in hoher Konzentration nachweisen. Mit abfallendem Metamphetaminspiegel stabilisierte sich auch der klinische Zustand des Patienten. Während bei verhaltensauffälligen, Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts psychisch alterierten Kindern und Jugendlichen schnell eine mögliche Intoxikation als Ursache der Symptomatik in Erwägung gezogen wird, erfolgt bei einem Säugling und Kleinkind mit unauffälliger Anamnese entsprechend der differentialdiagnostischen Wahrscheinlichkeit zunächst die Suche nach einer organischen Ursache. Frühzeitiges Asservieren von Urin bzw. Serum kann helfen eine seltene Ursache wie eine Metamphetamin-Intoxikation aufzudecken. Neben einer klinischen Überwachung sollte im entsprechenden Fall eine symptomatische Therapie erfolgen. DGKJ-PO-289 Atypischer Verlauf einer EBV-assozierten Akut disseminierten Enzephalomyelitis A. Koll1, M. Kleines2, N. Wagner1, M. Häusler1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Aachen; 2Institut für Medizinische Mikrobiologie, Aachen Die akut disseminierte Enzephalomyelitis ist eine immunvermittelte entzündliche ZNS-Erkrankung, die vorwiegend das Marklager betrifft. Als Auslöser wurden Infektionen sowie Impfungen beschrieben. Die Erkrankung ist meist monophasisch, selten multiphasisch und dann schwer von der Multiplen Sklerose zu unterscheiden. Therapeutisch werden insbesondere Steroide eingesetzt. Der Verlauf ist i.d.R. benigne. Ein 6-jähriges Mädchen wurde aufgrund eines prolongierten Krampfanfalles mit Somnolez und Meningismus stationär aufgenommen. Vorausgegangen war ein Luftwegsinfekt. Kurz davor war zusätzlich eine DiTePe-Impfung erfolgt. Die Liquordiagnostik erbrachte eine leichte Pleozytose. Die unter dem Verdacht auf eine Enzephalitis begonnene Aciclovir- und Ceftriaxontherapie führte nur zu einer transienten Besserung. Das Kind wurde wieder somnolent. Während die erneute Liquoruntersuchung einen normalen Status zeigte, fanden sich in der kranialen MRT (FLAIR, T2) mutliple hyperintense Herde im Bereich der Stammganglien, des Kleinhirnstiels, des Striatums sowie an den N. caudati, bildmorphologisch vereinbar mit dem atypischen Verlauf einer ADEM. Die erweiterte serologische Diagnostik erbrachte eine primäre EBV-Infektion ohne Nachweis einer intrathekalen Synthese von Antikörpern gegen EBV sowie bei negativer Liquor PCR. Daraufhin wurde die antivirale und antibiotische Therapie beendet. Auf eine Steroidtherapie wurde, aufgrund des untypischen Verlaufes und der Möglichkeit, dass trotz der negativen Befunde eine virale ZNS-Infektion bestand, verzichtet. Dennoch normalisierte sich die Klinisch rasch spontan. Bei einer MRT-Verlaufskontrolle 3 Monate nach Krankheitsbeginn fand sich eine deuliche Regredienz aller Herde. Das Mädchen war klinisch gesund. Bei der Patienten wurde im Verlauf die Diagnose einer durch EBV verursachten ADEM gestellt. Obwohl im Rahmen primärer EBVInfektionen klassisch eine polyklonale B-Zellstimulation beobachtet wird, wurde die EBV-getriggerte ADEM nur sehr selten beschrieben. Möglicherweise fungierte die kurz zuvor durchgeführte Impfung als zusätzlicher Trigger. Erfreulicherweise war der Verlauf auch ohne spezifische Therapie gut.
Neuropädiatrie IV DGKJ-PO-290 Erfahrungen aus 4 Jahren Sprechstunde für frühkindliche Regulationsstörungen (exzessives Schreien, Schlaf- und Fütterstörungen) am Klinikum Rosenheim M. Kölbl1, E. Ruhenstroth-Bauer1, S. Staller1, T. Uhlig1 1Kinderklinik, Städt. Krankenhaus, Rosenheim Fragestellung: 1. Welche Behandlungsergebnisse werden erzielt? 2. Gibt es Zusammenhänge zwischen dem Alter der Kinder, bzw. Symptomdauer einerseits und der Anzahl von Therapieterminen andererseits?
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Patienten: Eltern mit Kindern zwischen 0 und 3 Jahren, die sich in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Rosenheim mit den oben genannten Regulationsstörungen zwischen September 2003 und August 2007 angemeldet haben. Methode: Ersttermin mit Anamnese und kinderärztlicher Untersuchung, Entwicklungsscreening • videographierte Analyse der Eltern-Kind-Interaktion • Erhebung der Symptome und Belastungssituationen per Fragebögen und Protokollen • Ein bis mehrere Folgetermine mit: 1. videogestützte Analyse der Eltern-Kind-Interaktion beim Wickeln, Spiel, Füttern und Abgrenzung 2. Analyse der Tages- bzw. Essprotokolle 3. psychotherapeutische und kommunikationstherapeutische Arbeit 4. Anleitung zu Schlaf- bzw. Fütterintervention Ergebnisse: ad 1: Die Auswertung zur Belastungssituationen im Alltag ergab eine – Abnahme der Häufigkeit des nächtlichen Aufwachens – Abnahme der Anzahl der Beruhigungs- bzw. Einschlafhilfen – Reduktion der Unruhe/Ablenkbarkeit beim Essen – grössere Zufriedenheit/ Entspannung der Eltern ad 2: Dargestellt werden die Häufigkeitsverteilungen von 2.1. Anzahl der Kinder und Art der zugrundeliegenden Regulationsstörungen 2.2. Alter der Kinder beim Ersttermin – Anzahl von Terminen 2.3. Alter der Kinder beim Ersttermin – Art der Diagnosen/Kombinationen 2.4. „Abbrecher“: Alter der Kinder – Art der Diagnose Diskussion: In der in unserer klinik eingerichteten Sprechstunde wurden heterogene frühkindliche Regulationsstörungen und deren Auswirkung auf die Eltern-Kind-Interaktion diagnostiziert und behandelt. Der intrafamiliäre Leidensdruck ist dabei zum Teil erheblich. Die Art der zugrundeliegenden Störung sowie die Anzahl der Diagnosen (Komorbidität) bestimmen wesentlich die Dauer der Therapie. Die Behandlungsdauer wird auch bestimmt vom zeitlichen Abstand zwischen Beginn der Störung und dem Ersttermin. Das Gespräch zwischen der Psychologin beim telefonischen Erstkontakt stellt häufig bereits eine Entlastung dar. Schlussfolgerung: Eine noch gezieltere Information der Kinderärzte und weiterer an der Betreuung beteiligter Personen (z.B. Hebammen) über frühkindliche Regulationsstörungen / Eltern-Kind-Interaktionsstörungen ist wichtig. Für Eltern stellen Regulationsstörungen eine ernstzunehmende Belastung dar. Langfristig können sie erhebliche negative Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung haben. Die Eltern sollten noch besser über die Problematik und die Therapiemöglichkeiten informiert werden, um die Zeitspanne bis zum Beginn der Beratung/Therapie und die Dauer der Therapie zu verkürzen. DGKJ-PO-291 Atypisches EEG bei einem Kleinkind mit Subakutem Sklerosierender Panenzephalitis und foudroyanten Verlauf ohne Nachweis von Radermecker Komplexen M. Smitka1, M. von der Hagen1, D. Friebel1, G. Hahn2, C. Ikonomidou1 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 2Klinik für Radiologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Einführung: Die Subakut Sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine seltene Spätkomplikation nach Maserninfektion, die durch ein genetisch defektes Masern-Virus verursacht wird und in jedem Fall zum Tode führt. Die Häufigkeit der SSPE schwankt in der Literatur zwischen 1 bis 110 pro 1 Mio. Masernfällen. Die Erkrankung tritt in der Regel sieben bis zehn Jahre nach einer Maserninfektion auf, wobei Schwankungen zwischen 1 Monat bis 27 Jahren beschrieben wurden. Eine deutliche Knabenwendigkeit (m:w – 3:1) ist bekannt. Der Krankheitsverlauf ist langsam progredient über 1–3 Jahre. Ein akuter Verlauf wird besonders häufig nach einer Masern-Infektion in den ersten beiden Lebensjahren beobachtet.
Kasuistik: Der Patient ist das einzige Kind konsanguiner Eltern algerischer Herkunft. Die Vorstellung erfolgte im Alter von 14 Monaten wegen Hypersomnie und Schwäche, unter der Diagnose einer viralen Enzephalitis. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Störung der Wärmeregulation, zu Hyponatriämie, progredientem Verlust motorischer und kognitiver Fähigkeiten, Krampfanfällen, Tetraparese, Verlust der Fixation und sprachlichen Äußerungen. In der durchgeführten Diagnostik zeigten sich in Serum und Liquor positive Maser-AK (IgG und IgM) mit intrathekaler AK-Produktion. Im MRT zeigte sich eine progrediente kortikale und subkortikale Atrophie. Im EEG zeigte sich eine generalisierte Verlangsamung und PLEDs. In der Vorgeschichte fand sich eine Bronchopneumonie im Alter von 3 Monaten, und eine durchgeführte Masern Impfung in Algerien im Alter von 8 Monaten. Der weitere Verlauf war von einer progredienten Verschlechterung geprägt trotz Therapie mit Isoprinosine. Im Alter von 17 Monaten verstarb der Patient. Diskussion: Im vorliegenden Fall könnte die im Alter von 3 Monaten durchgemachte Bronchopneumonie durch Masern verursacht worden sein. Bei Masern-Infektion in den ersten Lebensmonaten sind subklinische oder klinisch inapparente Verläufe möglich, wahrscheinlich bedingt durch die Präsenz maternaler AK. Diese können jedoch die Bildung defekter Masern-Viren, die als Auslöser der SSPE angesehen werden, nicht verhindern. Bei dem hier vorliegenden atypischen EEG-Befund mit lateralisierten periodischen Komplexen waren diese PLEDs das richtungsweisende Element in der Diagnosestellung bei der zugrunde liegenden unspezifischen und vielgestaltigen Symptomatik des Patienten. PLEDs sind auf eine Hemisphäre begrenzt, fokal betont und häufig Folge eines akuten Geschehens. Differentialdiagnostisch ist unter anderem an infektiöse, metabolische, hypoxische oder maligne Prozesse zu denken. Die für eine SSPE klassischen Rademecker-Komplexe konnten nicht nachgewiesen werden. DGKJ-PO-292 Schlafbezogene Atmungsstörungen und nicht-invasive Beatmung bei Muskeldystrophie Duchenne – eine retrospektive Langzeitbeobachtung D. Aschmann1, M. von der Hagen1, P. Schütze1 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden Fragestellung: Eine Beteiligung der Atemmuskulatur tritt bei der Mehrheit der neuromuskulären Erkrankungen (NME) auf. Die Muskeldystrophie Duchenne (DMD) ist mit einer Prävalenz von 1:3500 Knaben die häufigste NME des Kindesalters. Die Ateminsuffizienz ist die häufigste Todesursache bei DMD. Die intermittierende nicht-invasive Beatmung (NIB) stellt die zurzeit einzig effektive Methode zur Behandlung der respiratorischen Insuffizienz bei DMD dar. In einer retrospektiven Studie sollte untersucht werden, inwieweit die NIB zu einer Normalisierung der schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) und einer Verminderung der assoziierten Symptome führt. Patienten und Methode: 33 Patienten mit DMD mit einem Durchschnittsalter von 17 4/12 Jahren (Min. 11, Max. 27 Jahre) wurden in einer retrospektiven Langzeitstudie über einen Zeitraum von 15 Jahren evaluiert. Jeder Patient hatte mindestens eine Lungenfunktions-Untersuchung, eine Polysomnographie (PSG) mit Blutgasanalyse, Echokardiographie und EKG. Alle Patienten waren bei Einschluss in die Studie nicht mehr gehfähig. Zur NIB wurden druck- oder volumengesteuerte Heimbeatmungen im kontrollierten Beatmungmodus verwendet. Ergebnisse: Von den 33 Patienten wurden 10 (30%) ab einem Durchschnittsalter von 17 Jahren (Min. 14., max. 20 Jahre) intermittierend nasal beatmet. Die Indikation zur NIB wurde bei Auftreten von SBASassoziierten Symptomen wie Kopfschmerzen, vermehrte Tagesmüdigkeit, rezidivierenden respiratorischen Infekten, Appetitlosigkeit oder Leistungsminderung und nachgewiesener Hyperkapnie im REMSchlaf gestellt, dabei lag der durchschnittliche nächtliche endexspiratorischen CO2-Wert (etCO2) bei 8,1 kPa (Normbereich: 5,5–6,5 kPa). Unter der Beatmung zeigten sich in den anschließenden Kontrollen bei
allen Patienten eine Normalisierung der nächtlichen etCO2-Werte und eine Besserung der assoziierten Symptome. Zwei Patienten erhielten im Rahmen einer akuten respiratorischen Insuffizienz ein Tracheostoma. Aus dem Patientenkollektiv waren vier Jugendliche verstorben, davon zwei an einer akuten respiratorischen Insuffizienz im Alter von 15 und 18 Jahren. Beide hatten vor ihrem Tod keine NIB angewandt. Bei 33% der Jugendlichen bestand eine Kardiomyopathie. Bei 26% der Patienten war eine Skoliose-Aufrichtungs-Operation erfolgt. Die Häufigkeit von NIB war in der Gruppe der operierten Jugendlichen genau so hoch wie in der Gruppe der nicht-operierten Patienten. Diskussion: Die Indikation zur NIB wurde bei 10 jugendlichen Patienten mit DMD aufgrund einer SBAS gestellt. Es kam zu keinen relevanten Nebenwirkungen. Die rechtzeitige NIB bei Zeichen der SABS hat einen positiven Einfluss auf die Lebensdauer und auf die Tagesbefindlichkeit. Schlussfolgerung: Die intermittierende nächtliche NIB normalisiert schlafbezogene Atmungsstörungen und respiratorische Insuffizienz und führt so zu einer Verbesserung der SBAS-assoziierte Symptome. DGKJ-PO-293 Atypische Manifestation eines Rett-Syndroms bei bislang nicht beschriebener Mutation im MECP2-Gen R. Klaeren1, R. C. Betz2 1Universitätsklinik Zentrum f. Kinderheilkunde, Bonn; 2Institut für Humangenetik, Universität Bonn, Bonn Falldarstellung: Wir berichten über ein 4jähriges afghanisches Mädchen mit atypischem Verlauf eines Rett-Syndroms, das molekulargenetisch eine bislang nicht beschriebene Mutation im MECP2-Gen aufweist. In der Anamnese unauffällige Schwangerschaft und Geburt, unauffällige Entwicklung im ersten Lebensjahr. Im Verlauf des zweiten Lebensjahres Regression der Sprachentwicklung und Einschränkung des sozialen Kontaktes. Bei Vorstellung in unserer Klinik sehr ängstliches Mädchen ohne morphologische Stigmata, biometrische Daten, insbesondere Kopfumfang, im Normbereich. Auffällig waren ein autistisches Verhalten mit fehlender Kontaktaufnahme und monotone Lautäußerungen. Es zeigte sich jedoch eine erhaltene Handfunktion, das Mädchen war in der Lage mit einem Stift auf Papier zu kritzeln und einen Turm aus 5 Bauklötzchen zu bauen. Es wurde eine ausführliches Diagnostikprogramm zur Ursachenklärung durchgeführt. Hier fanden sich unauffällige, bzw. nicht wegweisende Befunde. In der molekulargenetischen Analyse des MECP2-Gens fand sich dann die Mutation c.1208dupC; p.Glu404fsX im Exon 4. Damit muss die Diagnose eines Rett-Syndroms als Ursache der Entwicklungsverzögerung und -regression der Patientin gestellt werden. Diskussion: Das Rett-Syndrom gilt als eine der häufigsten bekannten Ursachen für eine schwere geistige und körperliche Behinderung bei Mädchen. Als typisch gelten eine Regression der Entwicklung mit sekundärer Mikrozephalie, autistischem Verhalten und Verlust der sinnvollen Handfunktion. Neben dem typischen Rett-Syndrom sind Kinder beschrieben, die eine milder ausgeprägte klinische Symptomatik (z.B. „preserved-speech-Variante“) aufweisen. Es gibt zahlreiche Mutationen im MECP2-Gen, die meisten betreffen das Exon 4. Unsere Patientin wies eine erhaltene Handfunktion und einen normalen Kopfumfang auf. Nur die Entwicklungsregression und das autistische Verhalten konnten als wegweisend für das Rett-Syndrom gewertet werden. Schlussfolgerung: Das Spektrum des Rett-Syndroms ist deutlich weiter als zumeist bekannt. Immer wieder werden auch atypische Fälle beschrieben. Wir schließen daraus, dass bei jedem Mädchen mit unklarer Entwicklungsverzögerung, insbesondere wenn eine Entwicklungsregression berichtet wird, differentialdiagnostisch an ein Rett-Syndrom gedacht werden sollte, auch wenn nicht alle typischen Erkrankungszeichen vorhanden sind.
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Abstracts DGKJ-PO-294 FSME bei Säuglingen: eine seltene Erkrankung ohne Folgeschäden? Chr. Leistner1, P. Dahlem1 1Landeskrankenhaus Coburg Klinik f. Kinder und Jugendliche, Coburg Fragestellung: Die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) stellt in Europa eine der häufigsten Ursachen einer viralen Meningoenzephalitis dar. Da bisher selten über FSME-Erkrankungen im Säuglingsalter berichtet wurde, stellt sich die Frage nach der Inzidenz und daran anschliessend der Notwendigkeit einer Impfung in dieser Altersgruppe. Material und Methode: Es wurde eine ausführliche Literaturrecherche der bisher veröffentlichten Fallberichte über FSME bei Säuglingen durchgeführt, darüber hinaus erfolgte die Einbeziehung des Falles eines an unserer Klinik behandelten 4 Monate alten Säuglings mit nachgewiesener FSME. Ergebnisse: Bei den bisher veröffentlichten Fallberichten über FSME im Säuglingsalter handelte es sich um 3 Kinder im Alter von 17 Tagen bis 3 Monaten. Alle Kinder stellten sich mit Fieber vor und zeigten im Verlauf der Erkrankung Krampfanfälle, in einem Fall war intermittierend sogar Intubation und Beatmung notwendig. In 2 der 3 Fälle kam es zu EEGund MRT-Veränderungen im Sinne einer Meningoenzephalitis. Im Gegensatz zu einem unauffälligen neurologischen Outcome der beiden älteren Säuglinge, entwickelte das Neugeborene neurologische Spätschäden im Sinne von epileptischen Anfällen, einer Hemiparese und psychomotorischen Retardierung unter dem morphologischen Korrelat eines Hygroms. Bei unserem 4 Monate alten Patienten führte ein primär fokaler, sekundär generalisierter Krampfanfall zur Aufnahme. EEG und neurologisches Outcome waren bei wiederholten Untersuchungen unauffällig. Allen Patienten gemeinsam war eine Liquor-Pleozytose mit Überwiegen von Lymphozyten. Bei 3 der 4 Patienten war ein vorausgegangener Zeckenbiss erinnerlich., alle Kinder lebten im Hochrisikogebiet. Diskussion: Die FSME weist im Kleinkind- und Säuglingsalter die niedrigste Inzidenz auf. Der Prozentsatz der neurologischen Spätschäden liegt bei Säuglingen und Kindern deutlich niedriger als im Erwachsenenalter. In den letzten Jahren mehren sich jedoch Veröffentlichungen über neuropsychologische Spätschäden bei Kindern sowie schwere neurologische Residuen. Aus diesem Grunde und angesichts der fehlenden Therapiemöglichkeit empfehlen wir eine frühzeitige Aktivimpfung aller Kinder im Risikogebiet ab dem 1. Lebensjahr, im Hochrisikogebiet eventuell sogar schon ab dem 6. Lebensmonat. Gebärfähige Frauen sollten ebenfalls geimpft werden, da eine Übertragung von schützenden Antikörpern diaplazentar oder über die Muttermilch stattfinden kann. Bei jungen Säuglingen sollte weiterhin Wert auf eine Expositionsprophylaxe gelegt werden. Schlussfolgerung: Aufgrund der sich häufenden Berichte über schwerwiegende neurologische Spätschäden im Anschluss an eine FSME-Erkrankung, sollte eine Impfung aller Kinder in den Endemiegebieten ab dem ersten Lebensjahr erfolgen. DGKJ-PO-295 Neurologische Erkrankungen durch EBV-Infektionen – Beschreibung eines heterogenen Krankheitsspektrums A. Stienen1, M. Kleines2, A. Dieckhöfer3, S. Scheithauer2, A. Ludolph4, M. Häusler1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Institut für Medizinische Mikrobiologie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 3Neurologische Klinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 4Klinik für Neuroradiologie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen Einleitung: EBV-Infektionen manifestieren sich in unterschiedlichen klinischen Krankheitsbildern. Ziel dieser Untersuchung war es, neurologische Manifestationen bei EBV-Infektionen näher zu charakterisieren. Methode: Retrospektive Erfassung von Patienten mit isoliert deutlich posotiver intrathekaler Synthese von Antikörpern gegen EBV (Anti-
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körper-spezifischer Index, ASI ≥2) und /oder positiver EBV-PCR im Liquor. Zeitraum 2000 bis 2007. Ergebnisse: Es wurden 63 Patienten (n=AI/n=PCR) im Alter von ein bis 76 Jahren erfasst. Enzephalitis n=6 (3/3), Enzephalopahtie n=1 (0/1), Epilepsie n=2 (2/0), Hirntumore n=2 (2/0), HIV-Infektion n=1 (0/1), Hydrozephalus n=1 (1/0), Kopfschmerzen n=2 (2/0), Lumbalgie n=2 (2/0), Polyneuropathie n=7 (5/2), Meningitis n=5 (1/4), Multiple Sklerose (MS) n=4 (2/3), Myelitis n=1 (1/0), Neuritis n=12 (8/4), Neurodegeneration n=4 (4/0), psychiatrische Symptome n=4 (3/1), Schwindel n=2 (2/0), Vaskulopathie n=4 (3/1)), Visusverlust n=2 (2/0) und ZNSTauma n=1 (1/0). Eine zusätzliche Borreliose fand sich bei sechs Patienten, mit Polyneuropathie (n=2), Neuritis (n=3) bzw. Enzephalopathie (n=1). Bei drei Patienten lag eine bakterielle Meningitis (1/3) vor. Diskussion: Zerebrale EBV-Infektionen verursachen heterogene neurologische Krankheitsbilder, wobei Neuritiden, Polyneuropathien, Enzephalitiden und Meningitiden die häufigsten Diagnosen darstellen. Auffällig ist das häufige Vorkommen weiterer Grunderkrankungen wie Multiple Sklerose, Hirntumor, ZNS-Trauma, Borreliose und bakterielle Meningitis. Bei letzteren Erkrankungen könnte die EBV-Infektion ein Begleitphänomen oder einen kausalen Prozess darstellen. Bezüglich der MS wird dies intensiv diskutiert. Die positive EBV-Liquor-PCR bei einigen unserer Patienten spricht hier für einen direkten Beitrag der EBV-Infektion zur Pathogenese. Schlussfolgerung: EBV-Infektionen sollten bei allen unklaren entzündlichen ZNS-Erkrankungen abgeklärt werden. Ein positives Ergebnis muss jedoch stets in Zusammenschau aller Befunde kritisch gewertet werden. DGKJ-PO-296 Phäno- und genotypisches Spektrum der Merosin (LAMA2)negativen kongenitalen Muskeldystrophie (MDC1A) V. Haug1, G. Dekomien2, K. Schlachter3, T. Müller4, R. Korinthenberg1, J. Kirschner1 1Universitäts – Kinderklinik, Freiburg; 2Institut für Humangenetik, Bochum; 3Landeskrankenhaus Bregenz, Bregenz, Österreich; 4Landeskrankenhaus Feldkirch, Feldkirch, Österreich Einführung: Die Hälfte aller kongenitalen Muskeldystrophien (MDC) weisen aufgrund von Mutationen im Laminin-alpha-2 Gen (LAMA2, 6q22) einen Mangel des extrazellulären Matrixproteins Lamininalpha2 (Merosin, MDC1A) auf. Laminin ist einer der Hauptbestandteile der Basalmembran. Die Laminin-alpha-2 Kette kommt im Muskel, im ZNS und in Schwannzellen vor. Typische klinische Symptome einer MDC1A sind eine schwere generalisierte Muskelhypotonie und Muskelschwäche, variable Kontrakturen, eine CK Erhöhung und eine normale Intelligenz (90%) trotz typischer Leukenzephalopathie im MRT. Bei ca. 30% treten zerebrale Krampfanfälle auf. Mildere Krankheitsverläufe können auf einem partiellen Expressionsdefekt der Laminin-alpha-2 Kette beruhen. In der Muskelbiopsie fallen normalerweise immunhistochemische Färbungen gegen Epitope der Laminin-alpha-2 Kette negativ aus. Fallvorstellung: Die Fallserie umschließt 5 Patienten (drei weiblich, zwei männlich) im Alter von 226 Jahren. Die maximalen funktionellen Fähigkeiten variieren stark von einer verzögerten motorischen Entwicklung mit erhaltener Gehfähigkeit bis 400m, bis zu einer vollständigen Rollstuhlabhängigkeit und Pflegebedürftigkeit. In allen Fällen war die CK deutlich erhöht und die Muskelbiopsie zeigte ein dystrophes Bild. Die Merosinfärbung (Antikörper gegen 80 kD und 300 kD Epitope) ergab drei negative und zwei eindeutig positive Expressionen an der Basalmembran. Bei vier Patienten wurde eine cerebrale Bildgebung durchgeführt, in welcher die typische Leukenzephalopathie zur Darstellung kam. In der Mutationsanalyse konnte bei allen eine compound heterozygote bzw. homozygote Mutation im LAMA2 Gen festgestellt werden. Schlussfolgerung: Alle untersuchten Patienten zeigten eine dystrophe Muskelbiopsie mit hoher CK und typischen Marklagerveränderungen.
Bei den milderen Formen konnte jedoch auch bei Verwendung verschiedener Antikörper keine eindeutige Merosinreduktion in der Muskelbiopsie nachgewiesen werden. Die Bestätigung der Diagnose erfolgte erst durch die genetische Untersuchung. Bei kongenitaler Muskeldystrophie in Kombination mit einer Leukenzephalopathie muss auch bei immunhistochemischem Nachweis von Merosin in der Biopsie an eine (partielle) Merosindefizienz gedacht werden. In diesen Fällen lässt sich die Diagnose dann nur durch eine genetische Untersuchung sichern. DGKJ-PO-297 Dopa-responsive Dystonie als wichtige Differentialdiagnose einer progredienten Gangstörung K. S. Brocke1, A. M. Kaindl2, B. Zirn3, U. Müller3, M. von der Hagen1 1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Kinderklinik, Dresden; 2Laboratoire de Neurologie du Développement UMR Inserm-Paris, France, Klinik für Pädiatrie m.S. Neurologie, Charité, Universitätsmedizin Berlin, Paris/Berlin; 3Institut für Humangenetik der Justus-Liebig-Universität Gießen, Giessen Einleitung: Die autosomal-dominante Form der Dopa-responsiven Dystonie (DRD; Segawa-Syndrom, MIM #128230) wird durch Mutationen im GTP-Cyclohydrolase1-Gen (GCH1; 14q22.1–q22.2) hervorgerufen und zeigt eine große Phänotyp-Variabilität. Mutationen im GCH1-Gen können durch eine gestörte Dopaminsynthese zu einem klinisch relevanten Dopaminmangel und zu unterschiedlich stark ausgeprägten Bewegungsstörungen führen. Die betroffenen Patienten können eine leichte, sich im Kindesalter manifestierende, Gang- oder dyston-choreatische Bewegungsstörung aufweisen, die bis zum Verlust der Gehfähigkeit führen kann. Häufig treten die Symptome mit tageszeitlichen Schwankungen auf und sind mit psychischen Krankheiten assoziiert. Wir möchten auf die DRD als wichtige Differentialdiagnose einer unklaren, fraglich psychogenen, Bewegungsund/oder Gangstörung aufmerksam machen. Patienten und Methoden: Wir berichten über den klinischen Verlauf von vier nicht-verwandten jugendlichen Patienten (drei Mädchen und ein Junge) mit DRD, bei denen progrediente Gangauffälligkeiten, Fußdeformitäten, Muskelschwäche und -krämpfe, Myalgien, Tremor und Depression imponierten. Bei allen Patienten wurde eine Mutationsanalyse des GCH1-Gens durchgeführt. Ergebnisse: Bei drei der hier vorgestellten Patienten konnten verschiedene heterozygote Mutationen im GCH1Gen nachgewiesen werden, bei einer Patientin konnte bisher keine Mutation identifiziert werden. Die Behandlung mit L-Dopa (2–4 mg/kg/Tag) ist bei allen Patienten auch nach 4 bis 7,5 Jahren noch erfolgreich; es bestehen keine dystonchoreatischen Hyper- und Dyskinesien mehr. Diskussion: Das Segawa-Syndrom auf der Basis einer GCH1-Insuffizienz ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit variabler Expressivität und verminderter Penetranz. Auch bei den hier vorgestellten Patienten konnte eine große intra- und interfamiliäre Symptom-Variabilität beobachtet werden, was die Anfälligkeit der DRD-Symptome für Fehldiagnosen erklärt. Bei drei Verwandten der Indexpatienten wurde das Vorliegen einer DRD erst durch die Diagnosestellung der jugendlichen Patienten festgestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die betroffenen Familienmitglieder unter der Diagnose verschiedener neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen symptomatisch behandelt. Schlussfolgerung: Durch diesen Beitrag soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die DRD als eine wichtige Differentialdiagnose unklarer neurologischer Symptome, insbesondere bei Bewegungs- und Gangstörungen, Fußdeformitäten und Myalgien sowie psychischen Störungen, in Betracht gezogen werden muss. Unter lebenslanger Therapie mit L-Dopa können die Betroffenen symptomfrei werden, so dass eine rechtzeitige Diagnosestellung für die Patienten von großer Bedeutung ist.
DGKJ-PO-298 Akute ZNS – Erkrankung im Gefolge von Scharlach H. Michel1, B. Schindler1, M. Kuch1, M. Elgas1, J. Kühr1 1Klinikum der Stadt Karlsruhe, Karlsruhe Hintergrund: Sowohl die Chorea Minor Sydenham als auch PANDAS (Pediatric autoimmune neuropsychiatric disorders associated with streptococcal infections) sind bekannte neurologische Erkrankungen die mit einer A-Streptokokken Erkrankung assoziiert sind. Als seltene Manifestation wurden akute disseminierte Enzephalomyelitiden (ADEM) assoziiert mit A – Streptokokken Infektionen beschrieben. Diese Erkrankungen zeichnen sich unter anderem durch Anti-Basalganglien-Antikörper im Serum sowie durch MR-tomographisch sichtbare Herde in den Stammganglien aus. Anamnese und Klinik: Ein bis dahin gesundes fünfjähriges Mädchen erkrankte an Scharlach und entwickelte zwei Monate darauf persistierendes Fieber. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich im Liquor eine leichte Pleozytose bei normalem Schädel-MRT. Aufgrund des langwierigen Verlaufs und positiver Streptokokken-Serologie erfolgte eine Therapie mit Penicillin über vier Wochen sowie eine Tonsillektomie. Nach Ende der Penicillinbehandlung trat akut Wesensveränderung, Ataxie, Dysarthrie, Tremor sowie ein Nystagmus auf. Diagnostik: Laborchemisch fanden sich weiterhin deutlich erhöhte Streptokokken-Antikörper (ASL, ADB) und fraglich Anti-Basalganglien-Antikörper bei normalem Liquorstatus. MR-Tomographisch zeigte sich nun eine ausgeprägte Encephalitis mit führender Cerebellitis und Beteiligung von Hirnschenkel, Stammganglien, Thalamus und Hypothalamus. Verlauf: Nachdem eine bakterielle oder virale Infektion als Ursache der akuten neurologischen Störungen weitgehend unwahrscheinlich war, konnte die initial begonnene Therapie mit Acyclovir und Cefotaxim beendet werden, und es wurde die Diagnose einer akuten dissemierten Encephalitis nach Streptokokken-Infektion gestellt. Unter Corticosteroid-Therapie kam es zu einer erfreulichen Rückläufigkeit der klinischen Symptomatik und der radiologischen Befunde. Nach Absetzen jeglicher Medikation zeigte sich eine Restitutio ad integrum. Fazit: Zusammenfassend stellen wir bei einer fünf Jahre alten Patientin mit eindrucksvollen akuten neurologischen Ausfällen die Diagnose einer Poststreptokokken-ADEM. Unter Corticosteroid-Therapie zeigte sich ein günstiger Verlauf. Bei entsprechender Anamnese sollte bei Kindern mit Encephalitis diese in der Literatur selten beschriebene Differentialdiagnose bedacht werden.
Langzeitbetreuung nach lebensbedrohlichen Krankheiten II DGKJ-PO-299 Konservative Therapie eines bilateralen Thoraxtraumas R. Schlags1, J. Hoffmann1, T. Hoppen1, R. Ferrari1, M. Hürtgen2, M. Rister1 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Gemeinschaftsklinikum KoblenzMayen, Kemperhof Koblenz, Koblenz; 2Klinik für Thoraxchirurgie, Katholisches Klinikum Koblenz, Koblenz Einleitung: Im Rahmen von stumpfen Thoraxtraumen mit ausgedehnten Lungenverletzungen ist beim Erwachsenen oft eine operative Entfernung der betroffenen Lungenareale nötig. Im Kindesalter kann jedoch bei enger Zusammenarbeit zwischen Thoraxchirurgie und pädiatrischem Intensivmediziner eine Operation mit Lungenparenchymresektion in vielen Fällen vermieden werden. Damit besteht bei pädiatrischen Patienten die Chance, unter Erhaltung einer normalen Lungenfunktion eine ungestörte weitere Entwicklung mit altersentsprechender körperlicher Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Kasuistik: Ein 12 Jahre alter Junge wurde von einem LKW überrollt und erlitt ein stumpfes Thoraxtrauma. Nach der Erstversorgung am Unfallort mit primärer Intubation wurde er von den Thoraxchirurgen Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts zur stationären Betreuung auf die Intensivstation für Kinder- und Jugendliche weitergeleitet. Bei Stückfrakturen der Rippen 1–12 rechts mit großflächiger Thoraxwandinstabilität, Hämatopneumothorax bds. und endobronchialer Blutung wurden zwei Thoraxdrainagen rechts und eine links angelegt. Im Thorax-CT zeigte sich außerdem ein Weichteilemphysem bds. und eine ausgedehnte Einblutung des rechten Unterlappens. Eine Bronchoskopie bestätigte die Blutung, zeigte aber keine Verletzung des zentralen Tracheobronchialsystems. Trotz der Schwere des Befundes und zuerst anhaltenden Blutungen wurde sich angesichts des Alters des Patienten für eine konservative Therapie entschieden. Die Beatmung wurde druckkontrolliert mit einem PEEP von 8 cmH2O und einem PIP von 20 cmH2O durchgeführt. Da die endobronchialen und pleuralen Blutungen während der ersten 12 Stunden erheblich nachließen, wurde am konservativen Management festgehalten. Insgesamt förderten die Thoraxdrainagen in den ersten sechs Tagen 2000 ml blutiges Sekret, sodass sieben Erythrozytenkonzentrate transfundiert wurden. Die Drainagen konnten ab dem 15. Tag nacheinander entfernt werden. Die Kontrollbronchoskopie am 7. Beatmungstag sowie bei Extubation zeigte unauffällige Segmentbronchien ohne frische Blutungen. Die Extubation gelang nach 24 Beatmungstagen problemlos. Vor Verlegung in die Anschlußheilbehandlung konnte eine fast regelrechte Entfaltung und Belüftung beider Lungenflügel im Thorax-CT dargestellt werden. Die ganzkörperplethysmographische Lungenfunktion zeigte eine mäßige Widerstandserhöhung bei eingeschränkter totaler Lungenkapazität (TLC) von 53% und eine Vitalkapazität (VC) von 45%. Beide Werte verbesserten sich 4 Monate nach dem Unfallereignis auf 74% bzw. 76%, ein neurologisches oder motorisches Defizit bestand nicht. Nach 6 Monaten hatte sich die TLC mit 89% und die VC mit 81% nahezu normalisiert. Fazit: Im vorliegenden Fall konnte durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Thoraxchirurgen und dem pädiatrischen Intensivmediziner ein schweres Thoraxtrauma mit ausgedehnten Lungenverletzungen erfolgreich konservativ behandelt werden. Dem Patienten blieb eine normale Lungenfunktion mit annähernd altersensprechender Vitalkapazität bewahrt. DKGJ-PO-300 10 Jahre Empfehlung zur perikonzeptionellen Folsäureprophylaxe – Gibt es Prävalenzänderungen bei den Neuralrohrdefekten? S. Dröscher1, J. Hoyer-Schuschke2, S. Pötzsch2 1Universitäts-Kinderklinik Magdeburg, Magdeburg; 2Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, Magdeburg Fragestellung: In Deutschland beträgt die Inzidenz der Neuralrohrdefekte (NRD) ca. 1–1,5 pro 1000 Lebendgeborene, d.h. jährlich werden etwa 470–850 Kinder mit dieser Fehlbildung geboren. Die perikonzeptionelle Einnahme des Vitamins Folsäure ist eine der wenigen primärprophylaktischen Maßnahmen, durch die das Auftreten dieser schweren kongenitalen Fehlbildungen minimiert werden kann. Seit 1994/95 existiert in Deutschland die Empfehlung bezüglich einer perikonzeptionellen Folsäureprophylaxe mit 400 μg für Frauen im gebärfähigen Alter zur Prävention von NRD. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um eine Folsäureanreicherung von Grundnahrungsmitteln in Deutschland ist der Effekt bisheriger Präventionsmaßnahmen zu hinterfragen: Zeigen sich Prävalenzänderungen bei den NRD seit Einführung der Folsäureprophylaxe in Sachsen-Anhalt? MethodikSachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland mit einer flächendeckenden Fehlbildungserfassung. Ausgewertet werden Daten zu NRD (Anenzephalus, Enzephalozele, Spina bifida) in den Jahren 1980–2005 (Lebend- und Totgeborene, Spontanaborte ab der 16. SSW sowie induzierte Aborte). Besonderes Augenmerk wird auf die Prävalenzentwicklung der NRD im Zeitraum vor Einführung der Empfehlung einer Folsäureprophylaxe gelegt und danach. Ergebnisse: Von 1980–1994, d.h. vor Einführung der Empfehlungen lag die Basisprävalenz der NRD in Sachsen-Anhalt bei 10,3 Erkrankungen pro 10000 Geborene. Im Vergleich liegt in den Jahren nach
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der Empfehlung von 1995 – 2005 die Basisprävalenz ebenfalls bei 10,3 Erkrankungen pro 10000 Geborene. Prävalenzschwankungen von 5,2 Erkrankungen pro 10000 Geborene im Jahr 2005 und 14,9 pro 10000 Geborenen im Jahr 2004 sind zu beobachten. Hierbei ist anzumerken, dass eine verbesserte Pränataldiagnostik das frühzeitige Erkennen von NRD ermöglicht und tendenziell häufiger Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Betrachtet man die Lebendgeborenen so werden ca. 3–10 Kinder pro Jahr in Sachsen- Anhalt mit einem NRD beobachtet. Diskussion und Schlussfolgerung: Es wird deutlich, dass seit der Einführung der Empfehlung einer perikonzeptionellen Folsäureprophylaxe in Sachsen-Anhalt kein erwarteter Prävalenzabfall bei NRD zu verzeichnen ist. Als Grund hierfür ist eine unzureichende Umsetzung der genannten Empfehlungen anzunehmen. Eine obligate Anreicherung von Grundnahrungsmitteln mit Folsäure in Deutschland ist zu fordern, wie es bereits in verschiedenen anderen Ländern erfolgt (z.B. USA, Kanada, Schweiz). Hier konnte eine deutliche Absenkung der Prävalenz der NRD erzielt werden. Bis zur Umsetzung einer solchen Strategie ist die gezielte und frühzeitige Information und Aufklärung aller insbesondere auch jungen Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter durch den Gynäkologen und uns als Kinderärzte zu betreiben, um die Akzeptanz und Umsetzung der Folsäuresupplementierung in einem deutlich höheren Maß als bislang zu gewährleisten. DGKJ-PO-301 Persistierende Zyanose bei einem 4 Monate alten Säugling: Hämoglobin M M. Hütten1, E. Kohne2, E. Yagmur3, K. Heimann1, T. Schaible4, T. G. Wenzl1, N. Wagner1 1Kinderklinik, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 2Hämoglobin Labor, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm; 3Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie, Med. Einrichtungen der RWTH Aachen, Aachen; 4Kinderklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim Einleitung: Eine Zyanose im Säuglingsalter kann verschiedener Ursache sein (z.B. kardial, pulmonal, hämatologisch). Bei Persistenz bedarf es einer raschen ätiologischen Klärung. Kasuistik: Ein 4 Monate alter Säugling mit Z.n. Gastroschisis wurde mit Infekt der oberen Luftwege in unserer Klinik vorgestellt. Am Aufnahmetag sei eine zunehmende Blässe mit bläulicher Verfärbung der Extremitäten aufgefallen. Die körperliche Untersuchung zeigte eine ausgeprägte periorale und periphere Zyanose. Auskultatorisch fielen feinblasige Rasselgeräusche auf. Das Kind reagierte adäquat, der übrige Untersuchungbefund war unauffällig. Verlauf: Die transkutane Sauerstoffsättigung zeigte 60%, nach Sauerstoffgabe (5 l über Nasensonde) 75%. Eine kapilläre Blutgasanalyse erbrachte unauffällige Werte (incl. MetHb). Es erfolgte die sofortige Intubation und Beatmung. Laborchemisch zeigten sich eine Anämie (Hb 79 g/l) und im Verlauf deutlich erhöhte Entzündungszeichen. Bei radiologischem Nachweis einer Pneumonie begannen wir eine antibiotische Therapie. Bei zunehmender Hyperkapnie, respiratorischer Azidose und Hypoxämie erfolgte die Umstellung auf Hochfrequenzoszillation und NO-Therapie. Es schloss sich die Verlegung in ein ECMO-Zentrum an, der Einsatz der ECMO konnte jedoch vermieden werden. Unter kontinuierlicher Normalisierung der pulmonalen Situation bestand eine Diskrepanz zwischen arteriell gemessenem O2-Partialdruck und peripher transkutan abgeleiteter Sättigung fort. Nach Rückübernahme fiel bei gutem Allgemeinzustand eine persistierende Akrozyanose auf; die transkutan gemessene Sättigung überstieg 85% nicht. Die ausführliche Diagnostik hinsichtlich der Zyanose blieb unauffällig. Eine erste konventionelle chromatographische Untersuchung der Hämoglobinvarianten wies bei normalem HbF-Anteil eine unsichere HbA2-Trennung auf. In Zusammenarbeit mit einem Speziallabor gelang der Nachweis eines anomalen Hämoglobins M Saskatoon (>20%). Diskussion: Bei Hämoglobin M Saskatoon besteht ein Strukturdefekt der β-Kette des Hämoglobin A (β63 His->Tyr). Tyrosin bindet kovalent
an das dann dreiwertige Häm. Zusätzlich tritt eine spontane Oxidierbarkeit und eine langsame Met-Hb-Reduktion auf. Die resultierende Methämoglobinämie tritt klinisch ab dem 4. bis 6. Lebensmonat mit der Verschiebung von HbF zu HbA als graublaue Verfärbung insbesondere der Akren und Schleimhäute in Erscheinung. Das HbM ist mäßig instabil, wodurch eine kompensierte Hämolyse vorhanden sein kann (z.B. bei Infekt). Schlussfolgerung: Die Hämoglobinopathien Typ M sind seltene Differenzialdiagnosen bei persistierender Zyanose. Im vorliegenden Fall trat die klinische Manifestation zeitgleich mit einer schweren Pneumonie auf. HbM Saskatoon hat primär keinen Krankheitswert. Hier ist jedoch anzunehmen, dass es nicht nur die klinische Beurteilung beeinflusste, sondern auch – durch die Reduktion der Sauerstoffbindungskapazität – den Krankheitsverlauf agravierte. DKGJ-PO-302 Modulares Rehabilitationskonzept für Kinder und Jugendliche nach Leber- und Nierentranplantation H. Ruder1, M. Melter2, G. Offner2, M. Oldhafer3, L. Pape2, J. H. H. Ehrich2 1ITZ Caritas-Haus Feldberg, Feldberg; 2Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover; 3KfH, Hannover Nieren- und Lebertransplantation haben sich als Standardverfahren der Behandlung von terminalem Organversagen oder Stoffwechselerkrankungen etabliert. Während in der Vergangenheit der frühzeitige Organverlust durch Abstossung oder perioperative Probleme Fokus der Bemühungen war, sind hier so erhebliche Fortschritte erzielt worden, dass die Langzeitfunktion der Organe, Lebensqualität, Langzeitfolgen und komorbide Störungen in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Bisher gibt es kein Konzept, das diesen neuen Anforderungen hinreichend Rechnung trägt. Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen unterliegen dem Ermessen der Kostenträger bzw. der medizinischen Dienste, die die Bedeutung der Rehabilitation und der frühzeitigen Prävention noch nicht hinreichend wahrgenommen haben. Eine erfolgreiche Nachsorge muss aber über die Kontrolle der medizinischen Parameter hinaus gehen, wenn sie nachhaltig effektiv sein soll. Erste Erfahrungen mit dem Programm „endlich erwachsen“ des KfH sind ermutigend, ebenso wie die nachgewiesene Nachhaltigkeit einer sequenziellen Rehabilitation bei anderen pädiatrischen Krankheitsbildern. Zukünftig soll eine modulare Rehabilitation den Anforderungen in den verschiedenen Phasen nach Leber- und Nierentransplantation gerecht werden. Modul 1 ist eine Rehabilitation der betroffenen Familie, etwa 6 Monate nach Transplantation mit dem Ziel der Behandlung der Belastungsreaktion der Eltern, der Anpassungsstörungen bei den Geschwisterkindern und eventuell eines gestörten, auf Grund der lebensbedrohlichen Vorerkrankung, Bindungsverhaltens des transplantierten Kindes. Modul 2 hat individuelle Schwerpunkte, wie Vorbeugung von künftigen Herz- / Kreislauferkrankungen, die wesentlichen Anteil an der Mortalität junger Erwachsener nach Leber- oder Nierentranplantation haben, sowie Verhaltens- Aufmerksamkeits- und Teilleistungsstörungen, die häufig die Schulkarriere und beruflichen Aussichten negativ beeinflussen. Modul 3 wird in sequenziellem Aufbau die Jugendlichen zur Erhöhung der Compliance durch die Pubertätskrise führen. Insbesondere sollen hier alle Jugendlichen erreicht werden, auch jene, die mit dem bisherigen Vorgehen nicht oder gemessen an der Komplexität ihrer Problematik nicht hinreichend erreicht werden können. Erfolge des modulare Konzeptes werden dem einzelnen Patienten aber auch der Gemeinschaft der auf ein Organ wartenden Kinder und Jugendlichen nutzen, da Patienten nach Organverlust erneut in die ständig wachsende Gruppe der Menschen gehören, denen durch eine Organtransplantation geholfen werden könnte. Auch gesundheitsökonomisch spart bereits eine nur um wenige Monate verlängerte Funktionsfähigkeit eines Organs der Versichertengemeinschaft in nicht unerheblichem Umfang Kosten.
DKGJ-PO-303 Langzeitverlauf bei renal bedingtem Oligohydramnion (ROH) I. Klaassen1, T. Neuhaus2, D.-E. Müller-Wiefel1, M. Kemper1 1Univ.-Kinderklinik Eppendorf, Hamburg; 2Universitäts-Kinderspital, Zürich, Schweiz Ein ROH gilt als prognostisch ungünstig, insgesamt liegen bisher jedoch nur wenig Daten zu dieser Problematik vor. Ziel dieser Untersuchung war die Analyse von Komplikationen und Langzeitverlauf von Feten in ROH, die postnatal in unseren Zentren betreut wurden. 25 Patienten (15 Jungen, 10 Mädchen) mit verschiedenen Grunderkrankungen (CAKUT n=16, ARPKD n=5, andere n=4) wurden seit 1990 eingeschlossen. Insgesamt verstarben 7 Patienten (28,0%), davon 5 (20%) in der Neonatalperiode an den Folgen der Lungenhypoplasie und Niereninsuffizienz. Zusätzlich zu diesen Patienten waren 13 weitere beatmungspflichtig (10 mit Pneumothorax); bei einem Kind zeigte sich ein Pneumothorax ohne Beatmungspflichtigkeit. 2 Patienten verstarben später (pulmonale Hypertonie mit 5 Monaten, Sepsis mit 2 Jahren). Der Altersmedian der 18 überlebenden Patienten beträgt 6,7 Jahre (Range 0,2–16,7). Alle entwickelten eine chronische Niereninsuffizienz. 7 dieser Patienten werden konservativ behandelt und haben eine mediane GFR von 47 (Range 19,9–78) ml/min/1,73 m2. 12 Patienten benötigten im medianen Alter von 0,4 Jahren (Range 2 Tage bis 8,2 Jahre) eine Nierenersatztherapie (präemptive Nierentransplantation n=1, Peritonealdialyse n=11); 7 der primär dialysierten Kinder konnten im Alter von 3,5 (Range 3–4) Jahren erfolgreich nierentransplantiert werden. Entwicklungsneurologisch sind 13 Kinder normal, bei insgesamt 5 Patienten bestehen leichte oder moderate psychomotorische Entwicklungsverzögerungen. Zusammenfassend muss beim ROH mit pränatalem Verdacht auf Lungenhypoplasie mit perinatalen Komplikationen gerechnet werden. Dennoch ist die Prognose im Einzelfall nie vorhersehbar, sicher nicht grundsätzlich infaust, auch wenn einige Patienten bereits früh ein Nierenersatzverfahren benötigen. Weitere prospektive Studien mit größeren Patientenkollektiven sind notwendig und geplant, um prä-und postnatale Risikofaktoren, den Langzeitverlauf und evtl. Prognoseparameter besser erfassen zu können. DGKJ-PO-304 Zurückgezogen DGKJ-PO-305 Profitieren Patienten mit Kurzdarmsyndrom von einer Dünndarmdoppelung? K. Reinshagen1, H. Wirth1, N. Hable1, K.-L. Waag1 1Kinderchirurgie, Klinikum Mannheim GmbH, Mannheim Einleitung: Die Technik der Dünndarmdoppelung bietet als chirurgischen Behandlung des Kurzdarmsyndroms die Möglichkeit, den Darm zu verlängern. Neben der Verbesserung des Darmtransportes durch eine Reduktion des Dramdurchmessers verlängert die Operation die Darmtransitzeit und verbessert damit die Resorptionsleistung des Darmes. Ziel der retrospektiven Analyse ist es herauszufinden, ob die Dünndarmdoppelung auch im Langzeitverlauf einen Benefit für die Patienten darstellt. Patienten und Methodik: Von 1987–2007 haben wir bei 55 Patienten eine Dünndarmdoppelung durchgeführt. Die Patienten haben einen Fragebogen zugesandt bekommen oder diesen fernmündlich beantwortet. 52 Patienten konnten ausgewertet werden. Ergebnisse: Von den 52 Patienten ist ein Kind perioperativ und 11 Kinder im Langzeitverlauf verstorben. Das mittlere Follow up beträgt 79 Monate. 79,31% der überlebenden Patienten kommen ohne parenterale Ernährung aus. Diese wurde im Schnitt 10,4 Monate postoperativ beendet. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist bei 49% gering bei 10% stark eingeschränkt, 44% treiben regelmäßig Sport. Von den schulpflichtigen Kindern gehen 73% auf eine Regelschule. Eine Transplantation von Dünndarm ist bei keinem Patienten notwendig geworden. Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Diskussion: Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom profitieren von einer Dünndarmdoppelung. Neben der hohen Wahrscheinlichkeit von der parenteralen Ernährung entwöhnt werden zu können ist auch ein wenig eingeschränktes Alltagsleben mit normaler Schulbildung möglich. Wenn die anatomischen Voraussetzungen erfüllt sind stellt diese Methode die erste Wahl dar zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms.
Kinderchirurgie DGKCH-PO-1 Zystische Darmduplikatur als Ursache einer ileokolischen Invagination M. Röschard1, G. Belt2, A. Artlich1 1Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin, Oberschwabenklinik, Ravensburg; 2Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Oberschwabenklinik, Ravensburg Intestinale Duplikaturen sind seltene kongenitale Anomalien. Sie manifestieren sich mit unspezifischen Symptomen und imitieren so alltäglichere chirurgische Krankheitsbilder, so dass sie sowohl diagnostisch als auch therapeutisch zum Problem werden können. Fallbericht: Wir berichten über ein 8 Wochen altes Mädchen, welches im Dezember 2006 auf unserer Säuglingsstation zunächst unter dem Verdacht auf eine Gastroenteritis aufgenommen wurde. Innerhalb weniger Stunden entwickelten sich zunehmend galliges Erbrechen und blutig tingierte Stühle. Sonographisch fand sich das Bild eines Dünndarmileus bei einer zugrunde liegenden ileokolischen Invagination. Am Invaginatkopf fiel im Längsschnitt eine führende zystische Auftreibung auf und eine vollständige hydrostatische Reposition war nicht möglich (◉ Abb.: Repositionsergebnis). Somit war eine chirurgische Exploration und Reposition unter der Verdachtsdiagnose einer zystischen Darmfehlbildung indiziert. Die nach Reposition in der Bauhin’schen Klappe liegende zystische Struktur entsprach histologisch einer zystischen Darmduplikatur. Diskussion: Untypisches Alter und erfolglose hydrostatische bzw. pneumatische Reposition lassen rasch an das Vorliegen einer pathologisch-anatomischen Grundlage einer Invagination denken (sekundäre Invagination). Häufig finden sich hierbei Meckel’sche Divertikel oder Lymphome. Zystische Dünndarmduplikaturen gehören hingegen zu den selteneren Ursachen. Umgekehrt aber manifestieren sich intestinale Duplikaturen häufig mit einer Invagination – und dann typischerweise im ersten Lebensjahr.
Repositionsergebnis Abb.1: Repositionsergebnis
DGKCH-PO-2 Die axilläre Plexusanästhesie zur Frakturreposition im Kindesalter M. Chmelnik1, M. Keßler1, P. Günther1, S. Holland-Cunz1 1Kinderchirurgie Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg Fragestellung: Metaphysäre Unterarmfrakturen und Epiphysiolysen des distalen Unterarmes sind im Kindes- und Jugendalter häufig. Außer bei den stark verkürzten und grob dislozierten Frakturen bei Kin-
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dern > des 10. Lebensjahrs ist eine geschlossene Reposition und Gipsretention ausreichend. Wir wollen dazu unsere positiven Erfahrungen mit der axillären Plexusanästhesie (aP) zur Reposition vorstellen. Material und Methode: Im Zeitraum von 1/2006 bis 5/2007 wurden 54 Kinder mit repositionspflichtigen metaphysären Frakturen oder Epiphysiolyen des distalen Unterarmes in der Kinderchirurgie Heidelberg behandelt. Das Alter lag zwischen 4 und 14 Jahren. 4 Kinder wurden bei stark dislozierten und verkürzten Frakturen primär mit K-Drähten versorgt. 50 Kinder wurden initial in aP reponiert. Nach Anlage eines i.v. Zuganges wurde unter Überwachung der Sauerstoffsättigung, teilweise ultraschallgesteuert, eine aP vom Kinderchirurgen durchgeführt. Zur Leitungsanästhesie wurden 1%iges Xylonest und 0,2%iges Naropin in altersentsprechender Dosierung im Volumenverhältnis 2:1 verwendet. Die Fraktur wurde im Aushang reponiert und mit einem gespaltenen Oberarm-Gips, bei Extensionsfrakturen in Schede-Stellung, retiniert. Ergebnisse: Alle Kinder haben die Prozedur ohne Probleme überstanden und konnten in der Regel 2 Stunden nach der Versorgung die Notfallambulanz wieder verlassen. Nebenwirkungen, insbesondere toxische und allergische Reaktionen sowie Methämoglobinbildungen traten nicht auf. Ein Wechsel des Verfahrens zur Reposition und KDraht-Osteosynthese in Vollnarkose war in 4 Fällen bei Repositionshindernissen notwendig. Die Röntgenkontrolle zeigte bei einer Fraktur eine nicht zu tolerierende Sekundärdislokation, so dass diese dann in Narkose mit K-Drähten versorgt wurde. Insgesamt musste somit bei 5 Frakturen eine K-Drahtosteosynthese erfolgen. 3 dieser 5 Fälle waren komplett dislozierte und um mehr als 5 mm verkürzte Frakturen. Diskussion: In unserer Klinik hat sich die aP bei metaphysären UAFrakturen sehr gut bewährt. Die rasche Versorgung der Fraktur, der Verzicht auf eine Vollnarkose und die ambulante Betreuung wurden von den Kindern und ihren Eltern als sehr positiv empfunden. Wir empfehlen die Durchführung der Plexusanästhesie bei metaphysären Unterarmfrakturen und Epiphysiolysen des distalen Unterarmes. Ausgenommen von dieser Empfehlung sind komplett dislozierte und deutlich verkürzte Frakturen. Bei diesen Frakturformen hat sich in unserem Patientengut eine erhöhte Zahl an primären Repositionshindernissen und Sekundärdislokationen gezeigt. DGKCH-PO-3 Eosinophile Gastroenteritis – Seltene Ursache eines Ileus im Kindesalter A. Schmedding1, P. Sfendonis1, M. Rosewich2, M. Rose2, M. Kriewald1 1Kinderchirurgie, Bürgerhospital Dr. Senckenbergsche Stiftung, Frankfurt am Main; 2Klinikum der J.W.Goethe-Univ. Zentrum der Kinderheilkunde, Frankfurt Die eosinophile Gastroenteritis ist eine seltene Erkrankung, die sich durch eosinophile Infiltrationen im Magen und Dünndarm, seltener im Dickdarm auszeichnet. Fallbeschreibung: Ein 6-jähriger männlicher Patient stellte sich in der kinderchirurgischen Notaufnahme unter dem klinischen Bild eines Ileus mit akuter massiver Zunahme des Bauchumfanges und krampfartigen Schmerzen vor. Seit 3 Wochen hatte er über rezidiviernde Bauchschmerzen mit Erbrechen und Durchfall geklagt, pathologische Keime in der Stuhluntersuchung waren nicht gefunden worden. Im Röntgen zeigte er Spiegelbildung im Dünndarmbereich, sowie im Ultraschall trüben Ascites und wandverdickte Darmschlingen ohne Peristaltik. Laborchemisch fand sich eine Leukozytose von 49 G/l mit einem Anteil der Eosinophilen von 62%. Die ÖGD in der Pädiatrie zwei Tage nach Aufnahme ergab disseminierte fleckförmige kreisrunde rote Infiltrationen, der Pylorus war ödematös und nicht passierbar. Biopsien aus Pylorus, Corpus und Ösophagus ergaben jeweils ausgeprägte eosinophile Entzündungen. Unter Therapie mit Prednison und DNCG (Cromoglicinsäure) zeigte sich ein schneller Rückgang der eosinophilen Granulozyten mit deutlicher Beschwerdebesserung. Ein RAST-Test auf Nahrungsmittelallergene war negativ. In der Literatur ist eine Inzidenz der Eosinophilen Gastroenteritis von 1–20/100.000 beschrieben, wobei von einer höheren Anzahl nicht diagnostizierter Fälle
aufgrund der unspezifischen Klinik ausgegangen wird. Der Altersgipfel liegt zwischen 20 und 50 Jahren, einzelne Berichte im Kindesalter sind publiziert. Ätiologisch wird unter anderem eine allergische Genese sowie eine Medikamentenassoziation beschrieben. Die Klinik ist sehr unterschiedlich von Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall bis zum Bild einen akuten Abdomens mit Ileus oder Invagination. Eine Eosinophilie im Blut fehlt in 20% der Fälle. In der Therapie spielen Glucocorticoide eine Hauptrolle. Zusammenfassung: Bei unklarer Ursache für gastrointestinale Beschwerden, insbesondere bei dem Auftreten einer Eosinophilie sollte, nach Ausschluss einer parasitären Erkrankung, an eine Eosinophile Gastroenteritis gedacht werden. DGKCH-PO-4 Kindgerechte postoperative Wundversorgung nach Routineoperationen P. G. Weber1, R. Carbon1, F. Weber2, H. P. Hümmer1 1Kinderchirurgie, Universitätsklinikum der FAU, Erlangen; 2Wound Care Division, Mölnlycke Health Care GmbH, Erkrath-Unterfeldhaus Einleitung: Schmerzen beim Verbandswechsel durch das Abziehen von stark klebenden Pflasterverbänden bedeuten für unsere kleinen Patienten eine Quälerei.Kinderchirurgen, Schwestern und die meist anwesenden Eltern empfinden das laute Geschrei zwar als unangenehmes, aber notwendiges Übel. Eine deutliche Hautrötung im Bereich der ehemaligen Klebestellen ist die Antwort der Haut auf die Traumatisierung und wird oft als „Pflasterallergie“ bezeichnet. Für das Ablösen von Klebepflastern sind spezielle Pflasterlöser erhältlich, verbliebene Klebereste werden vom Pflegepersonal gerne mit Wundbenzin „abgerubbelt“, was erneut zu schmerzhaften Empfindungen beim Patienten führt. Aus dieser Situation heraus suchten wir nach einer weniger traumatisierenden Alternative. Material und Methode: Wir führten in der Zeit von 11/2006 bis 03/2007 an 40 Patienten eine Anwendungsbeobachtung mit dem selbsthaftenden – nicht klebenden – Pflasterverband „Mepilex Border Lite“ der Firma Mölnlycke Health Care GmbH durch. Die Patienten waren 1/12 bis 17 Jahre alt und waren kinderchirurgischen Routineeingriffen unterzogen worden. Bei 40 Patienten wurden an 65 Wunden insgesamt 92 Verbandswechsel durchgeführt, jeweils vom gleichen Untersucher und unter standardisierten Bedingungen. Die Patienten bzw. deren Eltern bewerteten anhand einer Schmerzskala (1–10) die Schmerzwerte vor, während und nach der Pflasterabnahme. Besonderheiten wurden gesondert erfasst. Die Daten werden in einer Tabelle dargestellt, Vor- und Nachteile des neuartigen Verbandes werden diskutiert. Ergebnisse: Der Verbandswechsel mit Mepilex Border Lite-Pflastern ist nahezu immer schmerzfrei. So war es z.B. möglich, bei einem schlafenden Säugling nach Leitenbruchoperation die Wunde zu inspizieren, ohne dass dieser dabei erwachte. Verbandsmittelreste verblieben nie auf der Haut der kleinen Patienten. Hautreizungen traten nicht auf. Diese und weitere gute Erfahrungen während der Anwendungsbeobachtung haben inzwischen dazu geführt, dass in unserer Abteilung Mepilex Border Lite als Standardverband nach Routineoperationen verwendet wird. Klebende Verbände werden nur noch zum Fixieren von Drainagen und bei Druckverbänden benötigt. DGKCH-PO-5 Eine neue Variante einer konkrementhaltigen periampullären Zyste als Ursache rezidivierender Pankreatitiden R. B. Troebs1, P. Dettmer1, M. Hemminghaus1, M. Stückle2 1Kinderchirurgische Klinik im Marienhospital, Herne; 2Institut für Diagnostische, Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Herne Wir berichten über einen 8-jährigen Jungen mit rezidivierenden Oberbauchbeschwerden. Die laborchemische Diagnostik ergab stark erhöhte Lipase-Werte bis 3.000 U/l sowie erhöhte Werte für alk. Phosphatase und Laktatdehydrogenase. Im Ultraschall fand sich eine 3 cm große, echoarme Struktur in Höhe des Pankreaskopfes. Eine weitere
Schnittbilddiagnostik belegte schließlich das Vorhandensein einer zystischen Raumforderung im rechten Oberbauch mit Konkrementen im Lumen. Die Cholangio-MR stellte eine Erweitung des Ductus choledochus auf 12 mm dar und bestätigte eine Zyste in Nähe der Papilla Vateri. Es erfolgten die Gastroduodenoskopie und in gleicher Sitzung die Oberbauchlaparotomie. Als Ursache der rezidivierenden Beschwerden fand sich eine Zyste der Duodenalwand, die von einem akzessorischen Pankreasgang gespeist wurde. Nach Marsupialisation derselben und Entfernung der hydrophischen und entzündeten Gallenblase erholte sich der Junge stetig. Schlussfolgerung: Fehlbildungen der Ausführungsgänge von Leber und Pankreas stellen eine seltene Ursache rezidivierender Pankreatitiden dar. In unserem Falle lag eine bis dato nicht beschriebene morphologische Variante zugrunde. DGKCH-PO-6 Supracondyläre Humerusfraktur und Gefäßläsion: Was tun? J. C. Lenz1, S. Hosie1 1Kinderklinik der TU Krankenhaus München – Schwabing, München Bei 4° supracondylären Humerusfrakturen (SCHF) werden in bis zu 10% Gefäßläsionen beschrieben.Unser Vorgehen bei diesen Läsionen: Ist bei einer SCHF eine primäre Durchblutungsstörung vorhanden, so ist dies ein Notfall, der sofort einer Reposition zugeführt wird. Liegt nach Reposition und Stabilisierung einer SCHF eine Durchblutungsstörung vor, empfehlen wir folgendes Vorgehen: Wird die Hand postrepositionem kalt und pulslos, erfolgt eine Gefäßrevision durch anteromedialen Zugang am Ellbogen. Eine Gefäßläsion wird gefäßchirurgisch rekonstruiert. Besteht eine Gefäßeinengung aufgrund eines eingeschlagenen Nervs, muss diese offen aufgehoben werden. Liegt ein Gefäßspasmus vor, der eine Durchblutungsstörung vortäuscht, dokumentiert eine Doppleruntersuchung die Gefäßdurchgängigkeit. Ergibt der Doppler keine Diagnose, erfolgt die Angiografie. Problematisch ist die Gefäßläsion mit tastbarem Puls am Handgelenk. Die Blutversorgung ist durch den Umgehungskreislauf der Ellbogenregion gewährleistet; mögliche Spätfolgen wie Kraftminderung oder Wachstumsrückstand sind nicht absehbar. Eine engmaschige Kontrolle zeigt, ob eine gefäßchirurgische Rekonstruktion erforderlich ist. Vor der Reposition muss über eine vorliegende oder auftretende Gefäßläsion aufgeklärt und ein eventuell notwendiges operatives Vorgehen besprochen werden. DGKCH-PO-7 Erste Erfahrungen mit bioabsorbierbaren Implantaten bei der operativen Kielbrust-Korrektur F. Linke1 1SRH-Zentralklinikum gGmbH Suhl, Suhl Fragestellung: Unter den Brustkorbfehlbildungen findet sich in 5% eine Protrusiodeformität (Kielbrust). Sie entwickelt sich in der Regel erst mit dem Brustkorbwachstum und findet sich überwiegend bei Jungen. Die symmetrisch oder asymmetrisch (Rippenbuckel) auftretende Deformierung kann im Adoleszentenalter druckbedingt zu Schmerzen und letztendlich zu erheblichen psychischen Belastungen führen. Für die thorakoplastische Korrektur stehen bisher reine muskeldynamische oder metallische Fixationsmethoden zur Verfügung. Mit neu entwickelten resorbierbaren Implantaten könnte bei zusätzlicher Stabilisierung der Zweiteingriff verhindert werden. In einer Studie soll deshalb Stabilität und Resorptionsverhalten von resorbierbaren Implantaten (Lactosorb®) bei Kielbrustoperationen überprüft werden. Material und Methode: Zwischen 2004 und 2007 wurden insgesamt 78 Brustwandrekonstruktionen im Alter von 7 bis 43 Jahren durchgeführt. In 67 Fällen handelte es sich um eine Trichterbrust und in 11 Fällen um eine Kielbrust. Bei 7 der 11 Patienten (Alter: 11–15 Jahre) mit Kielbrust erfolgte nach thorakoplastischer Mobilisation der Brustwand die Stabilisierung mit bioabsorbierbaren Stützplatten und Schrauben (Lactosorb®). Entsprechend Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts des Schmerzverhaltens wurden alle 7 Patienten ab dem 3. Tag mobilisiert. 2 der 7 Patienten wurde für 4 Wochen ein Sternumbrace verordnet. Ergebnisse: Der postoperative Verlauf war bei 4 Patienten unauffällig. Das Tragen einer Bandage wurde von beiden Patienten nicht störend empfunden. Ein Patient klagte über ein Fremdkörpergefühl bis 4 Wochen nach der Operation. Bei einem Patienten fand sich nach Sturz ein sog. „floating sternum“. Alle Patienten waren mit dem kosmetischen Ergebnis (NU 4 Monate bis 2 Jahre) sehr zu frieden. Diskussion: Operationsziel der Brustwandkorrekturen muss eine dauerhafte Stabilität und ein gutes kosmetisches Ergebnis sein. Bei konventionellen Operationsverfahren mit Metallstabilisierung ist der Zweiteingriff zur Metallentfernung mit einem erneuten Weichteilschaden verbunden. Durch die definitive Korrektur mit bioabsorbierbaren Implantaten kann der Zweiteingriff verhindert und gleichzeitig eine zusätzliche Stabilität erreicht werden. Schlussfolgerung: Ein erster Erfahrungsbericht zeigt, dass bioabsorbierbare Materialien (Lactosorb®) bei der Kielbrust-Korrektur eine brauchbare Alternative gegenüber Metallstabilisatoren darstellen. Längerfristige Beobachtungen werden notwendig sein, um weitere Fragen über das Resorptiosverhalten und Belastbarkeit zu klären. DGKCH-PO-7b Early results following repair of pectus carinatum with the use of Lactosorb® H. Pilegaard1, T. Petersen2 1Department of Cardiothoracic Surgery, Aarhus University Hospital, Skejby, Aarhus, Dänemark; 2Department of Cardiothoracic Surgery, Aarhus University Hospital, Skejby, Aarhus, Dänemark Objective: Pectus carinatum is an uncommon deformity of the chest. If repair is indicated, most patients need a transverse osteotomy of the anterior sternum. The osteotomy can be supported by a steel strut which then has to be removed. Lactosorb® which is a resorbable product that disappears in around 12 months can also be used. Methods: From april 2006 to may 2007 a total of 31 patients were operated for pectus carinatum. The indication for surgery was disabling cosmetic appearance as described by the patient. In 23 patients Lactosorb was used to stabilize the sternum after osteotomy. All operations were performed by the same surgeon and all patients were seen 6 weeks after surgery. Patient records were reviewed for retrospective analysis. Results: The median age was 15 years (range 1322 years) and all but three were males. There was no mortality. In 23 patients Lactosorb was used. The median duration of surgery was 120 minutes (range 89–194 minutes). The median postoperative hospital stay was 5 days (range 4–6 days). There was no postoperative complications. One patient got fever without any local sign of involvement and was treated with antibiotics. In all patients where Lactosorb was used to support the sternum after osteotomy, the sternum was totally stable after 6 weeks. All patients but two had a satisfactory result. This two patients had a unilateral disease and one of them had a Nuss repair after 8 weeks. The other patient is still under consideration. Conclusion: Lactosorb can be used to support sternum after osteotomy following repair of pectus carinatum and results in a stable sternum after 6 weeks without increasing morbidity. DGKCH-PO-7c Early results following the Nuss operation for pectus excavatum in patients <16 years. – A single institution experience in 218 patients H. Pilegaard1, P. Licht2 1Department of Cardiothoracic surgery, Aarhus University Hospital, Skejby, Aarhus, Dänemark; 2Department of Cardiothoracic surgery, Aarhus University Hospital, Skejby, Aarhus, Dänemark Objective: Pectus excavatum is seen in 1 per 1000 living births. Many patients are disabled from the thoracic deformity and want a correc-
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tive operation. Minimal invasive repair of pectus excavatum (the Nuss operation) has gained increasingly popularity since it was introduced in the 1990’s . We have performed this operation since 2001. The aim of the present study was to investigate early results and complications in patients <16 years. Methods: From november 2001 to may 2007 411 patients were operated for pectus excavatum. 218 of these patients were <16 years. The indication for surgery was disabling cosmetic appearance as described by the patient. All operations were performed by the same surgeon. Patients records were reviewed for retrospective analysis. Results: The median age was 14 (range 7–16) and 80% were males. There was no operative mortality. A satisfactory result was achieved in all but one patient with one pectus bar in 87% and two bars in 13%. The median operative time was 35 minutes (range 17–180 minutes). The median postoperative hospital stay was 5 days (range 3–14). Postoperative complications included bleeding (1), pneumonia (1), seroma (1) and deep infection in 3 patients. Three patients were reoperated because rotation of the bar. Conclusion: The Nuss procedure for pectus excavatum can be done with excellent early results and few complications in experienced hands. DGKCH-PO-8 50 Jahre Erlanger Brustwandkorrektur: Historischer Überblick und Implementierung eines „neuen“ Verfahrens P. G. Weber1, B. Reingruber2, R. Carbon1, H. P. Hümmer1 1Kinderchirurgische Abteilung, Universitätsklinikum der FAU Erlangen, Erlangen; 2Kinderchirurgie St. Hedwig, Klinikum Barmherzige Brüder, Regensburg Die operative Therapie der Trichterbrust gilt noch heute vielerorts als technisch schwierig, gefährlich und ist entsprechend gefürchtet. Die Indikation wird zunehmend restriktiv gestellt und ist nur noch „medizinisch“ begründbar. Alternativ zu anderen in letzter Zeit viel diskutierten Verfahren wurde im Universitätsklinikum Erlangen eine minimalisierte Methode zur chirurgischen Trichterbrustkorrektur entwickelt, die den Patientenwunsch nach einer wenig belastenden, kostengünstigen und im Ergebnis optimalen Korrektur in nahezu allen Fällen erfüllen kann. Historisch gesehen handelt es sich bei dem Erlanger Verfahren um eine Fortentwicklung der früheren Methode nach Hegemann (1956 ff.) mit interner transsternaler Metallbügelstabilisierung. Die Entwicklungsschritte der Op-Technik, Kriterien für die Indikation und Studien zu den Ergebnissen werden chronologisch dargestellt.
Sozialpädiatrie II DGSPJ-PO-14 Zahnärztliche Gesundheitsfrühförderung in der Schwangerschaft – ein inderdisziplinäres Frühpräventionskonzept für Mutter und Kind K. Meyer1, A. Rahman1, S. Nicksch1, H. Günay1 1Klinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover Die Mundgesundheit ist für die Entwicklung der Heranwachsenden von großer Bedeutung und ist ein starker Prädikator für eventuelle Zahnprobleme und damit verbundene lokale, bzw. allg. Folgen im Jugend- und Erwachsenenalter. Eine Risikoerkennung und -minimierung (Karies, Parodontitis, Keimübertragung) sowie eine intensive Ernährungsberatung u. -lenkung der Schwangeren im Sinne einer Gesundheitsfrühförderung führen bei deren Kindern nachweislich zu einer Verbesserung der Mund- u. allg. Gesundheit. So kann durch eine adäquate zahnmedizinische Schwangerenbetreuung nicht nur das Kariesrisiko, sondern auch das Risiko einer Frühgeburt u. durch Beeinflussung der Ernährungsgewohnheiten sogar das Adipositasrisiko des
Kindes gesenkt werden. Bereits schon Anfang der 80er Jahre erkannte man in Deutschland die Notwendigkeit einer zahnärztlichen Gesundheitsfrühförderung schwangerer Frauen. Basierend darauf wurde in der MHH ein zahnärztliches Frühpräventionskonzept für Schwangere entwickelt, welches erstmals Anfang der 90er Jahre eingesetzt wurde. Langzeitstudien beweisen eindeutig die Effizienz dieses zähnärztlichen Konzepts. Der Aufklärungsbedarf u. -wunsch schwangerer Frauen bezüglich der Mundgesundheit ist sehr groß. Die Zahnärzte allein können jedoch der Aufklärungsarbeit nicht gerecht werden, da viele Frauen während ihrer Schwangerschaft oftmals keinen Zahnarzt konsultieren. Dem kann entgegengewirkt werden, wenn verschiedene betreuende Berufgruppen mitwirken. Maßnahmen des Frühpräventionskonzepts: • Bestimmung des individuellen Risikos (Zahn-, Parodontal-, Mundschleimhautbefund, Keimbelastung) • Reduktion der oralpathogenen Keime • Sanierung der Mundhöhle der Schwangeren • Verstärkung des allgem. Gesundheitsbewusstseins (z.B. Änderung des Ernährungsverhaltens) Optimierung der häusl. Mundhygiene • Aufklärung über Infektionswege • Aufklärung über weitere postnatale präventive Betreuung von Mutter/ Eltern/ Bezugspersonen/ Kind Um dies umzusetzen werden während der Schwangerschaft zwei Untersuchungstermine empfohlen. Der erste Termin (S1) sollte im ersten Drittel und der zweite Termin (S2) im letzten Drittel der Schwangerschaft erfolgen. Das Konzept schließt eine postnatale präventive Betreuung von Mutter und Kind (UZ1–3 und PS1–3) mit ein. Um schwangere Frauen über die Notwendigkeit einer zahnmedizinischen Frühförderung aufzuklären, ist es deshalb unerlässlich, dass eine interdisziplinäre Kooperation verschiedener Berufsgruppen (Frauenärzte, Hebammen, Kinderärzte, Zahnärzte) stattfindet. Nur so kann die Schwangere optimal informiert und ggf. behandelt werden. Diesbezüglich konnte nachweislich gezeigt werden, dass die prä- und postnatale Betreuung und Beratung der Mütter im Sinne einer Gesundheitsfrühförderung das Potential hat, sich langfristig positiv auf die orale und allgem. Gesundheit von Mutter u. Kind u. somit der gesamten Familie auszuwirken. DGSPJ-PO-15 Externe Qualitätssicherung mit APV und transparente Finanzierung von Adipositas-Betreuungsprogrammen. „Ausser Rand und Band©“ und das Profit Center Konzept an der Kinderklinik St. Marien, Landshut. S. Lienert1, M. Lingenfelder2, R. Herterich1, Chr. Blank1 1Kinderklinik, Krankenhaus St. Marien, Landshut; 2Institut für Health Care Management e.V. der Philipps-Universität Marburg, Marburg Adipositas stellt ein globales Problem dar. Deutschland teilt sich mit den USA inzwischen den weltweiten Spitzenplatz bei Adipositas. Die volkswirtschaftlichen und individuellen Konsequenzen sind immens. Die Behandlung des Einzelnen ist kosten- und zeitintensiv. Die Wirksamkeit von Programmen ist bislang trotz Langzeitstudien und Metaanalysen nicht ausreichend nachgewiesen. Interventionen sollten bereits im Kindes- und Jugendalter integriert, interdisziplinär und multimodal erfolgen. Sport und Bewegung scheinen ein wesentliches Element zu sein. Unentbehrlich sind deshalb zur Qualitätsüberwachung und -verbesserung sowie zur Erreichung einer guten Verhandlungsgrundlage mit den Kostenträgern eine unabhängige externe Qualitätssicherung und transparente Kostenaufstellung. Hierzu bieten sich die „Adipositas Patienten Verlaufsdokumentation“ (APV) und das Profit Center Konzept an.
DGSPJ-PO-16 Transkulturelle Aspekte von subjektiven Erklärungsmodellen zur Epilepsie A. Panzer1, E. Wohlfart2 1Epilepsieambulanz Kinder/ Jugendliche, DRK Kliniken Westend, Berlin; 2Zentrum für interkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Charité Med.Fakultät d.Humboldt-Univ., Berlin Einleitung: Epilepsieerkrankungen fordern seit jeher Erklärungsmuster heraus, die aus der mystisch – religiösen Grundstruktur der jeweiligen Gesellschaft gespeist werden. Das erkrankte Individuum wird so ein Symbol für Strafe, Erleuchtung oder aber auch Makel einer ganzen Gruppe – wie durch die Euthanasie in Deutschland 1933–1945 noch heute leidvoll nachvollzogen wird. Kasuistik: vorgestellt wird ein 4 jähriger Patient, der aufgrund erstmalig aufgetretener atoner Krampfanfälle in unserer Epilepsieambulanz betreut wird. Zunächst war es nicht möglich, eine Krankheitseinsicht bei der Mutter (türkischer Herkunft) zu erreichen. Erst die Offenlegung der symbolischen Zuschreibung für das Auftreten von Krampfanfällen machte einen Zugang zur weiteren Therapie möglich. Die Mutter berichtete, während der komplizierten Schwangerschaft einen „Vertrag“ mit Allah geschlossen zu haben: sollte das Kind gesund entbunden werden, so verpflichtete sie sich zu einem rituellen Opfer in der Türkei. Dieses hatte sie dann jedoch nicht erbracht und erlebte das Auftreten der Epilepsieerkrankung als gerechte Strafe Allahs. Alle Aktivitäten galten der Scham und dem Versuch der Wiedergutmachung. Hierin sah sie die notwendige Voraussetzung für eine Genesung des Kindes. Schlussfolgerungen: rationale medizinische Diagnose – und Behandlungsansätze transportieren unsere naturwissenschaftlich aufgekärte Weltsicht. Andere Bedeutungszusammenhänge sind nicht Inhalt der Arzt – Patient/ Angehörigen Kommunikation. Gerade bei Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund als der Behandler selbst sind sie Quelle für Mißverständnisse und Widerstand. Nur die Herstellung einer gemeinsamen Ebene der offenen Begegnung ermöglicht die notwendige Verständigung, der es in der Therapie chronischer Erkrankungen bedarf. DGSPJ-PO-17 Medienmissbrauch bei Jugendlichen – Methodik des „Live Life Live“ Screening- und Behandlungskonzepts und erste Ergebnisse im Rahmen der stationären Rehabilitation A. van Egmond-Fröhlich1, S. Ahres-Eipper1, J. Hess1, L. Müller1 1Kinder-Reha-Klinik „Am Nicolausholz“, Bad Kösen Einführung: Medienmissbrauch und hier in erster Linie exzessiver Fernsehkonsum ist durch Verdrängung von körperlicher Aktivität und sozialer Interaktion sowie über ungünstige Beeinflussung der Ernährung eine der wichtigsten Ursachen bzw. Verstärker der Adipositas und des metabolischen Syndroms im Kindes und Jugendalter. Von 512 9–16 Jährigen, die im Rahmen der ASRA Studie wegen Adipositas rehabilitiert wurden, wiesen 60% einen durchschnittlichen täglichen Bildschirmmedienkonsum von über 4 Stunden auf. Medienmissbrauch bewirkt zudem orthopädische Beschwerden, psychosoziale Störungen (z.B. Aufmerksamkeitsdefizit) und beeinträchtige schulische Entwicklung. Die Rehabilitation kann durch Behandlung des Medienmissbrauchs solche Folgeerkrankungen nachhaltiger therapieren und einer Mediensucht vorbeugen. Methodik: Konsekutive jugendliche Rehabilitanden werden mittels eines selbstentwickelten Medienfragebogens und eines Fragebogens zur sozialen Ängstlichkeit (SASCRD) untersucht. Patienten, die die Kriterien für Medienmissbrauch erfüllen, werden mit dem Medienkompetenzmodul „Live Life Live – lebe dein wirkliches Leben“ behandelt. Die an der kognitiven Verhaltenstherapie orientierten Inhalte werden durch Hausaufgaben in Kleingruppenprojektarbeit vertieft. Die Subgruppe der Patienten mit sozialer Ängstlichkeit erhält parallel zusätzlich ein Sozialkompetenztraining. Die neun einstündigen EinMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts heiten des Live Life Live und des Sozialkompetenztrainings werden durch Freizeitpädagogik, Sport und Motopädie unterstützt und sind in das Behandlungskonzept der primären Indikation zur Reha integriert. Der Medienfragebogen wird mittels paralleler Befragung mit Fragebögen zur Internetsucht (Jerusalem) und zur Computerspielsucht validiert. Eine Evaluation der längerfristigen Ergebnisse der Live Life Live Behandlung des Medienmissbrauchs erfolgt im Rahmen der TROIA Studie bei adipösen Jugendlichen. DGSPJ-PO-18 Alkohol- und Drogenintoxikationen bei Kindern und Jugendlichen – 8 Jahresanalyse M. Scheler-Hofmann1, N. Bachmaier1, H. Bahlmann1, Chr. Fusch1, J.-P. Haas1, R.-D. Stenger1 1Kinderklinik, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald Einleitung: Ergebnisse epidemiologischer Studien weisen darauf hin, dass in Deutschland immer mehr Kinder und Jugendliche in zunehmend jüngerem Alter Alkohol und Drogen konsumieren. Die Dunkelziffer scheint hoch zu sein. Nach jüngsten Angaben der Greifswalder Regionalstelle für Suchtvorbeugung und Konfliktbewältigung trinken etwa 5% der 14-Jährigen bereits täglich Alkohol. Die Analyse der in unserer Klinik nach Abusus von Alkohol und Drogen hospitalisierten Patienten sollte dieser Problematik nachgehen. Methodik: Die retrospektive Aufarbeitung der Krankenakten erfasste den Zeitraum vom 01.01.1999–30.04.2007. Neben der jährlichen Patientenzahl wurden Blutalkoholspiegel, qualitative Drogenteste, Alter, Geschlecht, Bildung, soziale Situation, Ursachen und Hospitalisierungsdauer ausgewertet. Resultate: Im Untersuchungszeitraum mussten 81 Knaben und 40 Mädchen mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren (Altersbereich 9–21 Jahre) wegen Alkoholintoxikationen behandelt werden. Bei 12,5% gelang ein zusätzlicher Drogennachweis von Benzodiazepinen, Amphetaminen, Cannabis oder Exstasy. Der mittlere Alkoholspiegel betrug 1,66 Promille (Bereich 0,4–4,6 Promille!). Die jährliche Aufnahmefrequenz variierte zwischen 5 bis 22 Patienten ohne Hinweis auf eine Trendzunahme. Die stationäre Behandlungsdauer betrug zumeist einen Tag. In 18 Fällen mit schwereren Intoxikationen oder auch mit Drogenabusus umfasste sie 2–5 Tage. Aufnahmeschwerpunkte waren in 66% Wochenenden und Feiertage. Hauptanlass für den Alkohol- und Drogengenuss waren in 55% Feiern und in 9% Disco-Veranstaltungen. Als weitere Gründe wurden Liebeskummer, Langeweile, Klassenfahrten, „Kampftrinken“ und Streit mit den Eltern genannt. Zu den Patienten gehörten 22 Realschüler, 17 Azubis, 16 Gymnasiasten. 77 Patienten kamen aus intakten Familien mit einem oder zwei Erziehungsberechtigten. In 11 Fällen befanden sich die Eltern in Scheidung. 7 Jugendliche waren wegen sozialer Probleme im betreuten Wohnen. In 3 Familien waren erwachsene Angehörige als Alkoholiker bekannt. Eine wiederholte Aufnahme wegen Alkohol- und Drogenabusus musste in 6 Fällen erfolgen. Diskussion: Die Aufnahmezahlen, das Patientenalter und das wöchentliche Verteilungsmuster der Aufnahmen wegen Alkoholund Drogenintoxikationen blieben bei einer eindeutigen Knabenwendigkeit im Beobachtungszeitraum konstant. Keinen Einfluss hatten in unserem Klientel die Schul- und Berufsausbildung sowie die soziale Stellung der Eltern. Störungen in den Familienverhältnissen, Erziehungsprobleme und Unterbringung im betreuten Wohnen fanden sich als bahnende Faktoren. Schlussfolgerungen: Es wurde keine stationäre Zunahme von Patienten mit Alkohol- und Drogenintoxikation beobachtet. In vielen Fällen handelt es sich um einen einmaligen Alkoholabusus. Bei Drogenmissbrauch und wiederholtem Alkoholabusus sollten unbedingt eine weitere psychologische Betreuung und Beratung veranlasst werden.
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DGSPJ-PO-19 Neue Trends in der Messung der Intelligenz H. Ottensmeier1, N. Galley2, S. Rutkowski1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Institut für Psychologie, Köln Fragestellung: Mit der Cattell-Horn-Caroll (CHC) Theorie findet erstmalig eine umfassende Intelligenztheorie Eingang in die Konstruktion neuer Batterie Intelligenztests. Kann diese Theorie den Vergleich von Intelligenztests untereinander verbessern und hilfreich sein für die Zusammenstellung einer kurz gefassten Testbatterie? Material und Methode: Mit Hilfe umfangreicher Faktorenanalysen mit testübergreifenden Datensätzen, gelang die Konstruktion einer Theorien mit voneinander unabhängigen Faktoren der Intelligenz auf 3 Ebenen: Der Gesamt-Intelligenz Ebene III (G-Faktor, der Hauptfaktorenebene II mit 8 bis 11 Faktoren die wesentliche Leistungen der Intelligenz beschreiben und mehr als 50 weiteren Nebenfaktoren (Ebene I), die jeweils die Hauptfaktoren untergliedern. Reanalysen bekannter HAWIK Varianten (HAWIK; HAWIK-R, HAWIK-III zeigen die Zuordnungsfähigkeit zur CHC-Theorie aber auch bisherige Strukturmängel wie das Fehlen des fluiden Intelligenzfaktors oder die unterschiedliche Berechnungsgrundlage bisher verwendeter „Index“ Subtestgruppen. Im Vergleich mit dem bereits faktorenanalytisch konstruierten Kaufman Test (K-ABC) wurde erst in der Entwicklung des HAWIK-IV die CHC-Theorie vollständig berücksichtigt. Auf der Basis der CHC-Theorie wurde die Würzburger Psychologische Kurz- Diagnostik (WÜPKD) für Kinder mit Hirntumoren entwickelt. Ergebnisse: Eigene Faktorenanalysen zeigen entsprechend zur CHCTheorie unabhängige Leistungsbereiche wie ‘fluide- ‘ oder ‘kristalline Intelligenz’, ‘visuell-räumliche Vorstellung’, ‘Arbeitsgedächtnis’, ‘mentale-’, ‘motorische Geschwindigkeit’ und ‘Ermüdung’, die für die Messung von Spätfolgen nach Hirntumoren erfolgreich eingesetzt werden konnten. Eine computerisierte CHC orientierte Prüfung motorik- und zeitabhängiger Faktoren ermöglicht kurze Testzeiten. Mit der WÜPKD konnte unter Beibehaltung der Zahl der geprüften Faktoren die Testzeit auf 60 Min. verkürzt werden, um eine im klinischen Alltag durchführbare schonende Prüfung zu erreichen. Diskussion: Eine CHC-Theorie orientierte Diagnostik erfasst wesentliche allgemeinverbindliche Leistungsbereiche. Mit dem Einsatz einer Kurztestbatterie (Würzburger kurz gefasster Intelligenztest WÜP-KD) kann in einem optimierten Zeitrahmen ein Intelligenzscreening erfolgen, das bereits rehabilitationsorientierte Aussagen ermöglichen soll. DGSPJ-PO-20 Würzburger kurz gefasste psychologische Diagnostik (WÜP-KD) der mentalen und sensomotorischen Funktionen auf der Basis der CHCTheorie H. Ottensmeier1, N. Galley2, S. Rutkowski1 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg; 2Psychologisches Institut, Köln Fragestellung: Eine kurze neuropsychologisch orientierte Intelligenzdiagnostik stellt einen notwendigen Bestandteil jeder Befunderhebung bei Kindern mit zerebralen Erkrankungen dar und ist z.B. bei Hirntumoren notwendig, um Leistungsbeeinträchtigungen durch den Tumor beschreiben und eine Risikoabschätzung der Behandlungskonsequenzen durchführen zu können. Auch viele neuropädiatrische Erkrankungen zeigen sensomotorische Auffälligkeiten als wesentlichen Bestandteil einer verminderten Gesamtleistungsfähigkeit. Material und Methoden: Die Würzburger Psychologische Kurz Diagnostik (WÜP-KD) ist ein Screening Instrument, um mentale Funktionen in ca. einer Zeitstunde zu untersuchen. Diese Kurz-Intelligenzdiagnostik ist in ihren wesentlichen Teilen leicht anwendbar und wenig belastend für das Kind. Auch schwer erkrankte Kinder sind so im Behandlungsverlauf untersuchbar. Die WUEP-SD untersucht auf der Basis der empirisch durch konfirmatorische Faktorenanalysen gebildeten
CHC-Theorie (einschließlich der Berücksichtigung der Modelle von Piaget und Luria) außer dem IQ, gedächtnisorientierte-, sensomotorische-, feinmotorischen Funktionen sowie die Reaktionsfähigkeit und die Aufmerksamkeit. Ergebnisse: Die kurzgefasste Intelligenzdiagnostik (WÜP-KD) zeigte bei der Durchführung von Regressionsanalysen, dass sie u. a. die zwei Hauptfaktoren – genannt: ‘Simultanuous Processing’, ‘Sequential Processing’ und den Full IQ (‘Mental Processing Composite’) des K-ABC in einer Regressionsanalyse mit einer Varianzaufklärung von 83% / 71% / 75% aufklären und damit vorhersagen kann. Sie wurde aus einer umfangreichen Testbatterie für Kinder mit Hirntumoren entwickelt und besteht in einem Basisblock aus 3 leicht verfügbaren und weit verbreiteten paper-pencil Tests: einem Matrizentest zur fluiden Intelligenz Coloured Progressive Matrizes (CPM) / Standard Progressive Matrices(SPM), einem visuell-räumlichen und sensomotorisch orientierten Test der Gestaltwiedergabe (Visual-Motor-Integration Test VMI) und einem sequentiellen Kurzzeitgedächtnissubtest der Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC) „Zahlennachsprechen“ und dauert bei Kindern 30 Minuten. In einem II. Block werden computerisiert zeitabhängige, motorische und aufmerksamkeitsorientierte Funktionen in 15–20 Min. geprüft. Dazu wird der Tapping-Speed Test (TS), ein Verfahren zur Prüfung einfacher Reaktionen (RT) sowie eine Kurztestvariante des Continuous Performance Test (WÜPKD-CPT) verwendet. Diskussion: Die kurzgefasste Intelligenzdiagnostik (WUEP-KD) erfüllt auf der Basis der CHC-Theorie die Anforderung sowohl operationale, gedächtnisorientierte und sensomotorische Handlungsfunktionen zu prüfen, die bei Kindern mit Hirntumoren oder anderen neuropädiatrischen Auffälligkeiten unterschiedlich beeinflusst sein können. Sie bietet als Screening-Instrument bereits für die sensomotorische Rehabilitation gezielte Hinweise durch ihren entwicklungs- und handlungsfunktionsorientierten Aufbau. DGSPJ-PO-21 Stillberatung in der Kinderarztpraxis? S. Springer1 1Kinderarztpraxis, Leipzig Fragestellung: (Fast) jeder weiß um die gesundheitlichen Vorteile des Stillens für Mutter und Kind. Die Weltgesundheitsorganisation und die Nationale Stillkommission Deutschlands geben Empfehlungen zur Stillförderung, die dazu dienen, Bedingungen zu schaffen, die es stillwilligen Müttern ermöglichen, ihre Kindern 6 Monate ausschließlich zu stillen und danach mit adäquater Beikost, solange Mutter und Kind es wünschen. Warum bekommen aber in unserem Land nur ca. 10% aller Säuglinge 6 Monate ausschließlich die Mutterbrust (Suse-Studie, Mschr Kinderhkd. 2002), in Norwegen dagegen fast 80%? Als meist genutzte Informationsquellen zum Stillen wurden in der Suse Studie von den Müttern genannt: Bücher/Zeitschriften (57%), Hebammen/ Geburtsvorbereitungskurse/ Stillgruppen (33%), Bekannte/Verwandte (9%), Frauenärzte (2%). Welche Rolle spielt der Kinderarzt? Material und Methode: In einer Leipziger Kinderarztpraxis wird seit über drei Jahren bei allen Neugeborenen und mindestens 1 Jahr betreuten KIindern besonderer Wert auf die Erfassung der Ernährungsanamnese/Stillverhalten gelegt und ggf. mit Stillberatung reagiert. In der Praxis gibt es ein Stillzimmer als Ruhezone und zur Demonstration entsprechender Stillhilfsmittel. Schon zur Erstvorstellung (möglichst vor der U3) erhalten alle stillwilligen Mütter von der Kinderärztin, die auch Still- und Laktationsberaterin IBCLC ist, praktische Hinweise und kurz gefasste schriftliche Informationen zu häufig gestellten Stillfragen. Neben den weiteren Routineuntersuchungen des Säuglings werden die Mütter ermuntert, bei auftretenden Stillproblemen, die nicht mit der betreuenden Hebamme gelöst werden können, umgehend die Praxis zu besuchen. Ergebnisse: Die Stillberatung kann durch effiziente Betreuungsstrategien meist während der Sprechstunde ohne wesentlichen Mehrauf-
wand an Zeit erfolgen. Der Anteil der mit 6 Monaten noch ausschließlich gestillten Säuglinge erreichte 36%, der teilgestillten 64%. Diskussion: Stillende Mütter sind oft unsicher bei widersprüchlichen Informationen durch Familie und Freunde sowie durch medizinisches Personal z.B. zur Einführung von Beikost, zur Arzneiverordnung bei Krankheit der Mutter, beim Stillen von Mehrlingen, bei Wiederaufnahme der Berufstätigkeit u.a. Neben Hebammen und Frauenärzten haben Kinderärzte eine Schlüsselrolle nicht nur bei der Etablierung der Laktation, sondern auch in der weiteren Erhaltung einer erfolgreichen und glücklichen Stillbeziehung. Schlussfolgerung: Stillen ist zwar eine natürliche, aber sozial erlernte Fähigkeit, die ggf. der professionellen Unterstützung durch entsprechend geschulte Ärzte bedarf. Der Europäische „Blueprint of Action“ weist auf die besondere Verantwortung des medizinischen Personals für die Förderung, den Schutz und die Unterstützung des Stillens nicht nur in der eigenen Praxis, sondern auch bei der medizinischen Ausbildung, in der Gemeinde und in der Gesellschaft hin. DGSPJ-PO-22 Verhaltensauffälligkeiten und gesundheitsbezogene Lebensqualität von chronisch kranken Kindern mit Begleitperson in der stationären Kinderrehabilitation S. Hoyer1, D. Kiosz2, G. Niebel3 1Fachklinik Satteldüne, Nebel / Amrum; 2Institut für Humanernährung der Universität Kiel, Kiel; 3Psychologisches Institut der Universität Kiel, Kiel Einleitung und Methode: Stationäre Reha-Maßnahmen für chronisch kranke Kinder werden zunehmend mit Begleitpersonen (Bps) durchgeführt. Weiterführende Maßnahmen, die sich auf a) das Verhalten der Kinder b) die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Kinder in Abhängigkeit von der Erkrankung beziehen, sind für Bps nicht vorgesehen. Sind psychologische Interventionen sinnvoll? Die Studie mit N=69 Bps mit Kindern im Alter von 4–7 mit den Diagnosen Asthma und / oder Neurodermitis fand 2003/04 in der FK Satteldüne der DRV Nord statt. Die Bps wurden am Tag nach Anreise mit der „Child behavior checklist“ und der „Elternversion KindlR“ befragt. Ergebnis: Zu a) Tab. 1 Verhaltensauffälligkeiten (Gesamtgruppe) CBCL
N=66 (Diagnose AS und / oder ND)
Übergeordnete Skalen
T-Werte
Internalisierend
54,83
Externalisierend
54,03
Gesamtwert
55,38
(T-Werte m 63=klinisch auffällig; 60 bis 63=Übergangsbereich). Die „Int. Auffälligkeiten“ lagen mit T=54,83 im durchschnittlichen Bereich. Die häufigsten Verhaltensauffälligkeiten wurden auf der Subskala „Ängstlich/Depressiv“(m=2,51) angegeben, gefolgt von „Sozialer Rückzug“ (m=1,88) und „Körperliche Beschwerden“ (m=1,20). Die „Ext. Auffälligkeiten“ lagen mit T=54,03 ebenfalls im durchschnittlichen Bereich. Verhaltensauffälligkeiten auf der Subskala „Aggressives Verhalten“ lagen mit m=7,45 weit vor der Subskala „Dissoziales Verhalten“ (m=1,46)
Abb. 1 Verhaltensauffälligkeiten Monatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts Zu b) Tab. 2 Lebensqualität (Gesamtgruppe) Kindl-R
N=69 (Diagnose AS und / oder ND) Mittelwert
Total Score
3,98
Skala Erkrankung
4,3
Bps schätzen die Lebensqualität ihres Kindes auf den Skalen „Selbstwert“ (m=3,63), „Körper“ (m=3,85) und „Freunde“ (m=3,96) am geringsten und auf den Skalen „Vorschule/ Kindergarten“ (m=4,24), „Psyche“ (m=4,13) und „Familie“ (m=4,11) am höchsten ein
Abb. 2 Lebensqualität Diskussion: Bei der Einschätzung des Verhaltens ihrer Kinder heben Bps besonders ängstlich-depressive sowie aggressive Verhaltensweisen hervor, wobei die Diagnose des Kindes entscheidet, welcher dieser Bereiche überwiegt. Bedarf an psych. Interventionen besteht beim Umgang mit aggressivem Verhalten der Kinder. Hier bieten sich während der Reha verschiedene Interventionsmöglichkeiten (u.a. Umgang mit Problemverhalten des Kindes; Erlernen eines konsequenten Erziehungsstils oder soziales Kompetenztraining). Die Lebensqualität der Kinder ist aus Sicht der Bps in den Bereichen „Selbstwert“, „Körper“ und „Freunde“ am stärksten eingeschränkt. Psych. Interventionen während der Reha sollten die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls des Kindes durch die Bps fördern und dessen soziale Kompetenz im Umgang mit Gleichaltrigen stärken. Besonderes Augenmerk sollte auf Kinder mit Doppeldiagnose Asthma / Neurodermitis gelegt werden, da diese durch ihre Erkrankung am stärksten beeinträchtigt sind. Es bietet sich zu Beginn der Reha ein präventives Einzelgespräch an, um den betroffenen Familien von Anfang an psychologische Unterstützung zu geben. DGSPJ-PO-23 Unfälle bei bayerischen Vorschulkindern – Geschlechterdifferenzierte Ergebnisse des 1. und 2. GME-Survey A. Heißenhuber1, U. Nennstiel-Ratzel1, G. Bolte1, S. Schick2, B. Liebl3, M. Wildner1 Studiengruppe GME 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim; 2Medizinisch-Biomechanische Unfallanalyse, Institut für Rechtsmedizin, München; 3Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, München Einleitung: Unfällen im Kindesalter kommt eine sehr große Bedeutung zu, da sie bundesweit die häufigste Todesursache bei den Einbis Fünfjährigen darstellen. Vorhandene Daten zur Inzidenz, zu Unfallarten und Unfallursachen sowie zu den Risikofaktoren für Unfälle beziehen sich zumeist auf Studien, da ein flächendeckendes, systematisches und bevölkerungsbezogenes Monitoring mit Ausnahme weniger Gebiete in Deutschland bisher fehlt. Ziel der Untersuchung war für Bayern Angaben zu Unfällen im Vorschulalter zu erhalten. Material und Methoden: Im Rahmen der Gesundheits-MonitoringEinheiten (GME) wurden Eltern von Vorschulkindern anhand eines
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Fragebogens zu verschiedenen gesundheitsrelevanten Bereichen befragt. Fragen zu Unfällen im Vorschulalter entsprechend des Moduls der RKI-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KIGGS) wurden im 1. und 2. GME-Survey 2004/05 und 2005/06 gestellt. Erfasst wurden ärztlich behandelte Unfälle und Verkehrsunfälle, die das Kind jemals erlitten hat und gesondert die in den vorangegangenen 12 Monaten aufgetretenen, ärztlich behandelten Unfälle bzw. Verkehrsunfälle. Darüber hinaus wurden die genauen Angaben zu Unfallursache, Unfallort und Verletzungen des Kindes erfragt, die sich auf den letzten ärztlich behandelten Unfall bezogen, der sich in den vorangegangen 12 Monaten ereignete. Die Studie wurde mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in drei ländlichen und drei städtischen Regionen in Bayern von fünf Gesundheitsämtern im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung durchgeführt. Ergebnisse: An den beiden Surveys nahmen insgesamt 6535 Jungen bzw. 6019 Mädchen. teil. Im Vergleich der Unfallhäufigkeit zwischen Jungen und Mädchen zeigte sich, dass bei Jungen etwas häufiger angegeben wurde, dass sich in den letzten 12 Monaten ein ärztlich untersuchter Unfall ereignete (10,5% vs. 8,5%). Die Ergebnisse der detaillierten Auswertung zu Inzidenzen, Einflussfaktoren und Risikofaktoren für Unfälle werden bei der Tagung unter Berücksichtigung der soziodemographischen Angaben, der Wohnsituation, der körperlichen Aktivität der Kinder und die Messung der motorischen Fähigkeit vorgestellt. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Datenauswertung können als Grundlage für die Konzeption zielgruppen- und problemfeldorientierter Präventionsmaßnahmen herangezogen werden. DGSPJ-PO-24 Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Vorschulkindern in Bayern (1997–2004) G. Morlock1, M. Wildner1, U. Nennstiel-Ratzel1 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim Hintergrund: Die Prävention von Übergewicht und Adipositas ist von großem gesundheitspolitischen Interesse, denn Übergewicht im Kindesalter kann zu schwerwiegenden psychosozialen und gesundheitlichen Belastungen der betroffenen Kinder führen. Auch für Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter sind die Risiken der Adipositas im Kindes- und Jugendalter gut dokumentiert. Im bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey liegt die Prävalenz für Übergewicht für 3–17-jährige Kinder bei 15%, für Adipositas bei 6,3%. Auf Basis der Referenzdaten von 1985–1999 ist die Häufigkeit für Übergewicht dabei um 50% gestiegen, die Adipositasrate hat sich verdoppelt. Daten von Schuleingangsuntersuchungen in Bayern zeigten bis Ende der 90er Jahre ein ähnliches Bild bei Vorschulkindern. Fragestellung der vorliegenden Untersuchung war, wie sich der Trend für Übergewicht und Adipositas in Bayern bis zur Schuleingangsuntersuchung 2004/05 entwickelt hat? Methodik: Datengrundlage der Auswertungen sind Schuleingangsuntersuchungen von 7 Jahrgängen in Bayern im Zeitraum von 1997/98 bis 2004/05. Zur Charakterisierung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern wurden die von der International Obesity Task Force empfohlenen Grenzwerte von Cole et al. verwendet. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde bei der Analyse nur die Altersgruppe 4,75– 6,75 Jahre berücksichtigt. Ergebnisse: Für die Jahre 1982 bis 1997 (4 Jahrgänge) konnten Kalies et al. für drei repräsentative bayerische Landkreise – unter Annahme einer linearen Steigerung – einen jährlichen Anstieg der Übergewichtsrate um ca. 0,3 Prozentpunkte bzw. einen jährlichen Anstieg der Adipositasrate um ca. 0,1 Prozentpunkte beobachten. Der Anteil übergewichtiger Kinder in den Schuleingangsuntersuchungen 1997/98 bis 2002/03 ist um 1,7 Prozentpunkte auf 12,6%, der Anteil adipöser Vorschulkinder um 0,6 Prozentpunkte auf 3,6% gestiegen. In der Schuleingangsuntersuchung 2004/05 waren 11,8% der Kinder übergewichtig und 3,1% davon adipös,
was einer Reduktion der Prävalenzrate um 0,8% für Übergewicht bzw. 0,5% für Adipositas in den letzten beiden Jahrgängen entspricht. Besonders hoch ist die Rate jedoch noch unter Kindern mit Migrationshintergrund. Weitere Ergebnisse der bis zur Schuleingangsuntersuchung 2004/05 fortgeführten Trend-Analyse werden vorgestellt. Fazit: In der Altersgruppe der Vorschulkinder ist entgegen dem allgemeinen Trend der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder seit der Schuleingangsuntersuchung 2003/04 leicht rückläufig. Dies entspricht auch den Beobachtungen im Bundesland Brandenburg. Aufgrund des anhaltend zu hohen Niveaus der Rate an übergewichtigen Kindern kann jedoch keine Entwarnung gegeben werden, Präventionsmaßnahmen sollten zielgruppenspezifisch fortgeführt werden. DGSPJ-PO-25 Kindergesundheit in Köln – Entwicklungen 1995–2004 C. Krause1, A. Yelin1, S. Hattich1, H. Mersmann2, H. Stützer3, R. Wegner2, U. Schauseil-Zipf1 1Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde der Universität zu Köln, Köln; 2Gesundheitsamt der Stadt Köln, Köln; 3Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie der Universität Köln, Köln Es werden Ergebnisse der Schuleingangs-Untersuchung (SEU) 2004 bei 9425 Kindern der Stadt Köln vorgestellt. In 75% (n=7068) lagen zusätzlich die Daten eines Elternfragebogens vor. Die Kölner SEU-Befunde der Jahre 1995–1999 wurden mit den aktuellen Daten verglichen. Als Parameter des sozioökonomischen Status wurden die stadtteilspezifischen Sozialhilfequoten von Kindern zwischen 5 und 13 Jahren des Jahres 2004 herangezogen. 82% der Kinder lebten zum Zeitpunkt der SEU in ihrer Ursprungsfamilie, 12% bei der alleinerziehenden Mutter. Im Zeitraum von 1999 bis 2004 nahm die Häufigkeit von SEU bei Kindern unter 6 Jahren von 50% auf 65% deutlich zu, ohne dass die Zahl der Zurückstellungen anstieg. 37% aller eingeschulten Kinder des SEU-Jahrgangs 2004 hatten einen Migrationshintergrund, definiert als nicht deutsche Abstammung der Mutter. Die Hälfte dieser Kinder (18%) waren türkischer Abstammung. Bei 31% aller Kinder waren die Deutschkenntnisse zum Zeitpunkt der SEU nicht altersentsprechend, davon waren drei Viertel türkischer Abstammung. Die Deutschkenntnisse korrelierten signifikant positiv mit der Dauer des Kindergartenbesuchs. Die Untersuchung der Grob- und Feinmotorik ergab bei 24% bzw 27% Auffälligkeiten, wobei im Vergleich zu den SEU der Jahrgänge 1995 bis 1999 im Gesamtkollektiv keine Veränderungen erkennbar waren. Die motorischen Fähigkeiten bei der SEU 2004 waren allerdings signifikant häufiger auffällig in Stadtteilen mir einem hohen Anteil sozialhilfepflichtiger Kinder, bei Kindern aus Migrationsfamilien und bei übergewichtigen bzw. adipösen Kindern (p<0,001). Mit 13% Übergewicht und Adipositas lag die Häufigkeit bei Kölner Kindern im Vergleich zu 1995 insgesamt auf konstantem Niveau. Jedoch war ein deutlicher Unterschied in der Häufigkeitsverteilung im Hinblick auf die Abstammung erkennbar. 9% der Kinder deutscher und 21% der Kinder südeuropäischer bzw. türkischer Abstammung waren übergewichig oder adipös. Eltern mit Migrationshintergrund konnten das Gewicht ihrer Kinder häufiger nicht objektiv eingeschätzen und empfanden sie als normalgewichtig. Die Häufigkeit und Dauer von sportlichen Aktivitäten laut Fragebogen korrelierte signifikant positiv mit der sozioökonomischen Situation des zugehörigen Stadtbezirks. Übergewichtige zeigten signifikant weniger sportliche Betätigung und mehr Beschäftigung mit Fernseher und PC. Die Teilnahme an der U8 und U9 stieg in den letzten 10 Jahren und lag 2004 bei 86% bzw. 82%, d.h. 2% unter dem NRW-Durchschnitt. Ebenso nahmen die Impfquoten zu. Der steigende Anteil an jüngerer Kinder sowie der relativ hohe Anteil von Kindern aus Migrationsfamilien mit mangelhaften deutschen Sprachkenntnissen erschwert im Stadtraum Köln die erfolgreiche Integration in der Grundschule. Eine Sprachförderung muss bereits im Kindergarten erfolgen. Insbesondere für Stadtkinder müssen Bewegungsanreize und Möglichkeiten zur motorischen und damit auch kognitiven Entwicklungförderung sowie zur Prävention von Übergewicht geschaffen werden. Weiterhin macht die zunehmende Zahl alleinerziehender Mütter bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Vorschulalter notwendig.
DGSPJ-PO-26 Spiel- und Sportunfälle in Kindertagesstätten in Deutschland und Unfallprävention aus ärztlicher Sicht R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, München Problemstellung: Körperliche Spiele und Sport sollen für Wachstum und Entwicklung der Kinder notwendige Reize setzen, nach zunächst Spontanität der Bewegung für bleibende körperliche Bewegung begeistern, für Freizeit- bzw. Breitensport gewinnen und primärpräventiv gesunde Lebensweise in Familie und nachfolgenden Generationen fördern. Unfälle sind dementsprechend kontraproduktiv, Unfallprävention wichtig. Methoden: Erarbeitung praxisrelevanter Maßnahmen zur Unfallprävention in Auswertung von aktuell verfügbaren Daten bis Ende 2004 zu Sport- und Spielverletzungen. Ergebnis: Spiel- und Sportunfälle zählen zu den häufigsten behandlungsbedürftigen Verletzungen. 2004:48.312 Spiel- und Sportunfälle in Kindertageseinrichtungen, davon 83,6% in Kindergärten (ohne Schulkindergärten) sowie weitere Unfälle in Kinderkrippen, Horten und sonstigen Tageseinrichtungen. Unfallrate/1000 von 15,9 an Kindertagesstätten und 14,9 an Kindergärten. Ca. 2/3 der Unfälle (65,2%) in Kindertagesstätten bei Kindern unter 6 Jahren. Ca. 2/3 des Unfallgeschehen, 29.479 Unfälle (61%) bei Jungen, bei Mädchen 39%. Ca. 2/3 der Unfälle (63,3%) an Kinderspielplatzgeräten: Klettergerüst dominiert mit 6.992 Unfällen (22,9%), gefolgt von Rutschbahn 11,4%, Schaukel 8,7%, Wippe 4,3%, Sandkasten 8,7% sowie restlichen 36,7% mit Ballspiele (6,3%), Gerät-/Bodenturnen (5,2%) und Sonstige (25%). Dominierende Diagnosen in Rangfolge Prellungen (32,8%), Zerreißungen (29,1%), geschlossene Frakturen (12,3%) und Distorsionen (11,1%). Nach verletztem Körperteil sind über die Hälfte, 25.384 Unfälle (52,5%), Kopfverletzungen. Balance wird verloren und Kopf über auf den Boden gefallen. Verletzungsbewirkender Gegenstand in 48,9% der Unfälle die Bodenoberfläche. Unfallauslöser ist v.a. das verletzte Kind selbst in 22,9%, gefolgt von anderen Kindern in 15%. Verletzungsmechanismus in 40,4% der Unfälle Stürze: herunter-/herausfallen 24,7%, hinfallen/über etwas fallen 15,7%. Konklusion: Kinder sind unsere Zukunft, unser höchstes Gut. Präventivmedizinisch unbefriedigend sind jedoch seit dem Jahre 2000 die Unfälle in Kindertagesstätten kontinuierlich angestiegen. Über die Hälfte der Verletzungen sind Kopfverletzungen. Ca. 2/3 Unfälle an Kinderspielplatzgeräten sowie 2/3 in der Altersgruppe unter 6 Jahren unterstreichen v.a. mangelnde Aufsichtsverhältnisse durch betreuendes Personal, durch zu geringen Personaleinsatz, z.T. auch durch fehlende professionelle Ausbildung bedingt. Des Weiteren sollten Kinder frühzeitig zu gegenseitiger menschlicher Achtung und Rücksichtnahme erzogen werden. Erfolgreiche Prävention von Kinderunfällen ist darüber hinaus durch motorische Förderung möglich. Eine genaue Datenerfassung u. Analyse von Kinderunfällen ist wichtige ärztliche Aufgabe. Sie ermöglicht die Ableitung effizienter unfallpräventiver Maßnahmen sowie perspektivisch deren Wirksamkeitsnachweis. DGSPJ-PO-27 Schulsportunfälle in Deutschland und Unfallprävention aus ärztlicher Sicht R. Eyermann1 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, München Problem: Sport soll für Wachstum u. Entwicklung notwendige Reize setzen, für Bewegung begeistern u. gesunde Lebensweise in Familie u. Generationen fördern. Unfälle kontraproduktiv. Methoden: Erarbeitung praxisrelevanter Unfallprävention in Kenntnis der Belast- u. Trainierbarkeit in Alters- u. Entwicklungsstufen sowie Belastungen u. Risikofaktoren der Sportarten. Analyse verfügbarer Daten bis 12/2004 zu Sportverletzungen u. -schäden. Ergebnis: Sportunfälle mit häufigste behandlungsbedürftige VerletMonatsschrift Kinderheilkunde Suppl 3 · 2007
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Abstracts zungen. 2004: Bei 9,64 Mio. versicherten Schülern an allg. bildenden Schulen 522.331 meldepflichtige Schulsportunfälle, 5,4% der Schüler im regulären Sportunterricht verletzt. Höchste Sportunfallraten an Hauptschulen. Generell Jungen häufiger verletzt als Mädchen. Altersgruppe über 14j. Jungen höchste Rate. Unfallverteilung: räumlich 82% in Turn/ Sporthalle, zeitlich durch Unterricht 9–12 Uhr u. Unfallmonate nach Ferienzeiten. Tendenziell erhöhte Sportunfallraten in nordöstlichen Bundesländern. Sportspezifisch 54% aller Schulsportunfälle bei Ballsportarten (Fuß-, Basket-, Volley- u. Handball), dabei Unfallverteilung nach v.a. Sportausübung: häufiger bei Jungen bei Fußball u. bei Mädchen bei Volleyball. Ballannahme v.a. unfallträchtige Phase bei Basket-, Volley- u. Handball. Stürze u. Kollisionen v.a. Unfallschwerpunkte bei Fußball. Diagnosen: Außer bei Fußball Hand-, v.a. Fingerverletzungen, meist Zerrungen Distorsionen, Kontusionen. Bei Handball Frakturen am häufigsten, 15%. Bei Fußball v.a. Sprunggelenksverletzungen, v.a. Verstauchungen u. Bänderzerrungen. Bei Geräteturnen v.a. Bock u. Pferd unfallträchtig mit Handverletzungen u. relativ hohem Frakturanteil, gefolgt von Kastenspringen mit meisten Fuß- u. Sprunggelenksverletzungen. Fast 50% der Leichtathletikunfälle bei Läufen mit Verstauchungen u. Zerrungen im Knöchel-/Fußbereich. Meiste Wintersportunfälle beim Schlittschuh- u. Skifahren mit Kniegelenks- u. Unterschenkelverletzungen u. insgesamt höchstem Frakturanteil an Sportarten. Unfallursachen/-prävention: 1. DIN-Normen beachten bei Sportstättenneubau, sonst Entschärfung von Gefahren; 2. Planung des Sportunterrichtes; Ausrichten auf Alter u. Leistungsvermögen; Förderung von Sicherheitsdenken u. Verantwortungsgefühl; 3. Tragen geeigneter Sportkleidung/-schuhe; 4. Vermeidung von Übermüdung (Hauptunfallzeit 11–12 Uhr); 5. Aufwärmen; 6. Überprüfung der Turngeräte vor jeder Sportstunde u. regelmäßige Wartung; 7. Betreibung sportartspezifischer Unfallverhütung bei Leichtathletik, Spiel u. Geräteturnen; stets gute Hilfe- u. Sicherheitsstellungen; 8. Entspannung; 9. Vermeidung zu großer Schülerzahlen; 11. gesundheitsorientierte Intensivierung von Schulsport; 12. Professionelle Sportlehrer. Konklusion: Schulsport präventiv bedeutsam in Bewegungsmangelgesellschaft. Schülerunfallanalyse wichtige ärztliche Aufgabe für effiziente Unfallprävention. Auch Prävention durch motorische Förderung möglich. Begleitendes Propriozeptionstraining zu diskutieren.
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