Rechenschaftsbericht des Präsidenten Auf der Mitgliederversammlung anlässlich des 53. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie
„Es ist nicht zu erkennen, dass die rotgrüne Regierungskoalition ihrem erklärten Ziel, die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme durch eine entschiedene Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einerseits und durch weitreichende Strukturreformen als flankierende Maßnahmen andererseits herzustellen, nähergekommen sei.„
Sozialpolitik gescheitert Vor einem Jahr habe ich meinen Rechenschaftsbericht mit dieser Behauptung begonnen. Nun, ein Jahr später, darf man wohl feststellen, daß die Sozial- und Arbeitsmarkt-Politik dieser Bundesregierung gescheitert ist. Das Versprechen, „einen mittelfristigen Abbau der Arbeitslosigkeit in Höhe von rd. 2 Millionen Menschen“ zu erreichen, wurde ja längst korrigiert und bis vor kurzem für das anstehende Wahljahr ein Ziel von nicht mehr als 3,5 Millionen Arbeitslosen vehement vorausgesagt. Der Bundeskanzler hat nun auch diese Vorgabe aufgeben müssen und sehr schnell und selbstbewußt die Ursachen für diese Entwicklung gefunden. Das anvisierte Wirtschaftswachstum, als Voraussetzung für neue Arbeitsplätze, kann ebenfalls nicht mehr erreicht werden. Die Rentenreform führt nicht zur Erniedrigung der Beiträge auf 19 %, sondern trotz freiwilliger Altersvorsorge wird eine Erhöhung ins Haus stehen. Das erklärte Vorhaben, die Lohnnebenkosten unter 40 % zu senken, kann ebenfalls nicht umgesetzt werden. Die sozialen Sicherungssysteme verfallen. Solche Realitäten haben aber eine erhebliche Auswirkung auch auf die Gesundheitspolitik. Ebenfalls vor einem Jahr habe ich in meinem Bericht festgestellt, „die Grüne
514 |
Der Urologe [B] 5•2001
Gesundheitsministerin Andrea Fischer gerät offensichtlich immer stärker unter politischen Druck“. Wie bekannt, folgte wenige Monate danach der Wechsel in der Führung des Bundesgesundheitsministeriums. Nach der doch etwas ruhmlosen Ablösung der Grünen Andrea Fischer sollte ihre rote Nachfolgerin Ulla Schmidt die Zeit bis zur Bundestagswahl im Herbst 2002 mit „Anstand und Ruhe an der Gesundheitsfront“ überbrücken. Die Hoffnung war, ohne Beitragssatzerhöhungen im Wahljahr auszukommen, einen Zwist mit den Leistungserbringern unseres Gesundheitswesens und der Industrie zu verhindern und die Krankenkassenfunktionäre bei Laune zu halten. Das Gegenteil ist nun allerdings der Fall. Die Berliner Gesundheitspolitik wird aktuell von Hektik bestimmt, obwohl der Bundeskanzler doch stets von einer Politik der „„ruhigen Hand“ spricht. Gerade einmal ein gutes halbes Jahr im Amt, steht die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bereits vor dem Scherbenhaufen einer Politik, die sie allerdings nicht allein zu verantworten hat. Nicht nur die Opposition läßt kein gutes Haar an ihrer Gesundheitspolitik, sondern auch aus den eigenen Reihen wird der Bundesgesundheitsministerin in der Zwischenzeit Konzeptionslosigkeit vorgeworfen.
Finanzmisere der Krankenkassen offenkundig Ursachen für viele der jetzt aufgetretenen Probleme sind allerdings hausgemacht und vorhersehbare Bürden, die die Finanzmisere der Krankenkassen verschärfen. Zum Beispiel: ◗ Kürzung der Krankenversicherungsbeiträge für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe,
◗ zusätzliche Ausgaben der Kassen für Krankengeld nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, ◗ teilweise Rücknahme der Zuzahlungen für Arzneimittel, Krankenhausbehandlungen etc. ◗ Bezahlung von Basis- Impfprogrammen und Schulzahnpflege, ◗ Subventionskürzungen der öffentlichen Hand für die Krankenversicherung der Rentner, ◗ Finanztransfer der Beitragszahler West an die maroden Ost-Kassen. Ausgelöst wurde diese Hektik aktuell durch die Beitragssatzerhöhungen der AOK in Hessen und Baden-Württemberg und die Ankündigung weiterer Krankenkassen, im kommenden Jahr ihre Beitragssätze ebenfalls deutlich anzuheben. Begründet wird dieser Schritt mit den Folgen aus dem verfassungsrechtlich überfälligen sog.Arzneimittelbudgetablösungsgesetz, das aus Sicht der Kassen wegen überschießenden Verordungsverhaltens der Ärzte zu einer erheblichen Kostenexplosion im Arzneimittelsektor führen wird. Es ist schlicht eine Unverfrorenheit, die Ärzte in diesem Zusammenhang als „Verschwender“ zu bezeichnen. Die für die Versicherten geforderte Qualität hat ihren Preis. Qualität und Finanzierung der Versorgung sind untrennbar miteinander verbunden. Die vollzogenen und angekündigten Beitragssatzerhöhungen verlangen nun ein schnelles Handeln und die Forderung nach einer Gesundheitsreform, noch vor der anstehenden Bundestagswahl, wird immer lauter. Allerdings war
Düsseldorf, 21. September 2001, Sperrfrist 21.09.01 Es gilt das gesprochene Wort
Politische Überlegungen zur Zukunft der GKV Zusätzlich kamen politisch nicht abgestimmte Überlegungen aus dem Bundeskanzleramt, mit welchen Maßnahmen unser Gesundheitswesen saniert werden könnte. In diesem Thesenpapier wird davon ausgegangen, daß bis zum Jahre 2040 die Beitragssätze von derzeit durchschnittlich 13,4 % auf etwa 31 % ansteigen könnten. Diese Beitragsschübe werden allein in Folge der Verschiebung im Altersaufbau unserer Bevölkerung und in Folge des medizinischen Fortschrittes mit der dadurch verlängerten Lebenserwartung gesehen. Der Subventionsbedarf der Gesetzlichen Krankenversicherung zu Gunsten der Krankenversicherung der Rentner hat bereits im Jahr 2000 ein Volumen von rd. 60 Milliarden DM, also etwa 25 % der Gesamtausgaben erreicht. Dieser Effekt werde sich in den nächsten Jahren durch die demografische Entwicklung dramatisch verschärfen und der notwendige Finanzbedarf müsse von einer sinkenden Zahl von Erwerbstätigen getragen werden. So würde der Subventionsbedarf für die Krankenversicherung der Rentner im Jahre 2040 etwa 24 % Beitrags-Prozentpunkte erreichen, wobei allein die Entwicklung neuerer Behandlungsverfahren die Kosten der Versicherten durchschnittlich um etwa 26 % pro Jahr ansteigen ließen. Nach den Vorstellungen des Bundeskanzleramtes könnten nach der in der Schweiz realisierten Gesundheitsreform folgende Reformschritte eingeleitet werden: Nach dem Vorbild der amerikanischen HMOTarife könnte ein durchgängiger Sachleistungstarif eingeführt werden, wobei allerdings die freie Wahl des Arztes und des Krankenhauses erhalten bleiben sollte. Darüber hinaus könnte auch ein
ebenfalls durchgängiger Kostenerstattungstarif mit wählbarem Selbstbehalt vorgesehen werden. Besonders kritisch wird von den Traditionalisten der SPD dabei ein Splitting des derzeitigen Pflichtleistungskataloges der Krankenversicherung in Grund- und Wahlleistungen zurückgewiesen. Die Bundesgesundheitsministerin beurteilt diese Vorstellungen ihres Kanzlers allerdings anders: ◗ Kernpunkt aller Reformen müsse nach ihrer Ansicht der Aufbau integrierter Versorgungskonzepte sein. Die Solidarität in der Krankenversicherung sei in jedem Falle zu erhalten, weshalb eine Gliederung des Leistungskataloges in Grund- und Wahlleistungen abzulehnen ist. Kapitalgedeckte Zusatzversicherungen für diesen Fall seien „ökonomischer“ Unsinn. In der nun neu angefachten Diskussion haben sich auch Die Grünen wieder für die Gesundheitspolitik interessiert und einen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm zur Sanierung des Gesundheitswesens vorgestellt. Danach sei die Beitragserhebung ausschließlich lohnbezogen historisch überholt und verteilungspolitisch ungerecht, was im Klartext bedeutet, daß alle Einkommensarten zukünftig zur Finanzierung der Sozialversicherungen herangezogen werden müssen. Es wird eine beitragsfinanzierte Bürgerversicherung für Krankheit, Alter und Pflege angestrebt, wobei alle Einkommensformen sozialund rentenversicherungspflichtig werden sollen. Eindeutig allerdings sprechen sich Die Grünen ebenfalls für einen Grund- und Wahlleistungskatalog in der Gesetzlichen Krankenversicherung aus, wobei Wahlmöglichkeiten auf medizinisch nicht unbedingt notwendige Leistungen einzugrenzen seien. Der Sozialexperte der Unionsfraktion, Horst Seehofer, sieht in dem Schweizer Modell demgegenüber durchaus einen Weg, der unser Gesundheitswesen langfristig sanieren könnte. Trotz dieser heftigen politischen Auseinandersetzungen darf bezweifelt werden, daß die Bundesregierung noch in den verbleibenden 12 Monaten bis zur Bundestagswahl ein weitgehendes Reformprogramm des Gesundheitswesens durchführen wird, trotz der vernichtenden Beurteilung unseres
Berufspolitik BDU
es nicht die Opposition, die eine schnelle Reform der gesetzlichen Krankenversicherung in der Sommerpause thematisierte. Vielmehr hat der Wirtschaftsminister Werner Müller durch seinen Vorschlag, den Arbeitgeberbeitrag zu den Krankenkassenbeiträgen einzufrieren und als Lohn auszuzahlen, um den Versicherten den Aufbau einer kapitalgedeckten Eigenvorsorge analog zu der sog. Riester-Rente zu ermöglichen, das Sommertheater in der Gesundheitspolitik eröffnet.
Gesundheitssystems durch den Dachverständigenrat. Zugesichert zumindest wurde, dem Wahlvolk rechtzeitig die Eckpunkte für eine große Gesundheitsreform bekanntzugeben. Was ist dann noch bis dahin zu erwarten ?
Einkaufsmodelle und Primärarztsystem Mit Interesse, aber auch Skepsis darf in Kürze der erste Bericht des sog.„Runden Tisches“ erwartet werden, der von der Bundesgesundheitsministerin zur Gestaltung der Zukunft der Gesundheitsversorgung einberufen wurde. Dieses Gremium hat sich auf folgendes Arbeitsprogramm festgelegt: ◗ Modernisierung der Arznei- und Heilmittelverordnung, ◗ Zukunft der Versorgung in Krankenhäusern, ◗ Strategien zum Ausbau sektorübergreifender (integrierter) Versorgungsformen, ◗ Weiterentwicklung der Qualität der Gesundheitsversorgung und der Nutzung evidenzbasierter Medizin und Pflege, ◗ Konzepte zur Stärkung der Prävention, ◗ Zukunft der ambulanten Versorgung. Ob dabei die Vorstellungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer tatsächlich politische Mehrheiten finden und in die Gesetzgebung einfließen werden, darf bei allem Respekt bezweifelt werden. Es sickerte jedoch durch, daß auf Einladung des Bundesgesundheitsministeriums Vertreter des Hausärzteverbandes an diesen Beratungen teilnehmen, während der Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände dieses Recht nicht zugestanden wurde. Es scheint also jetzt bereits festzustehen, welche Arztgruppe in Zukunft gefördert werden soll. Der Dissens zwischen Krankenkassen und Politik einerseits und der Ärzteschaft andererseits zeigt sich bereits im vorgesehenen Gesetz zum Risikostrukturausgleich das im übrigen ein Disease-Management-Programm für Volkskrankheiten wie Brustkrebs, Bluthochdruck, koronare Herzkrankheiten und Diabetes mellitus vorsieht. Die Inhalte der notwendigen Leistungen solDer Urologe [B] 5•2001 |
515
len dabei allein von den Krankenkassen bestimmt werden und das Programm soll nun, unter dem Druck drohender Beitragssatzerhöhungen, bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden. Dieses Disease-Management-Programm birgt allerdings die Gefahr, über Sonderverträge mit einzelnen Ärzten ein Einkaufsmodell zu installieren. Da aber angeblich etwa 60 % des Honorarvolumens für diese Krankheiten eingeplant werden müssen und ggf. die beteiligten Ärzte durch die Krankenkassen direkt vergütet werden, stellt sich erneut die Frage nach der Existenzberechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen und dem noch gesetzlichen Sicherstellungsauftrag. Nicht ohne Grund werden diese Pläne lautstark durch den Hausärzteverband begrüßt, bedeutet dieses Programm doch den Einstieg in das Primärarztsystem. Völlig unklar ist derzeit bei diesen Überlegungen, wie und in welcher Höhe z.B. der Urologe dann bei einem registrierten Diabetes-Patienten mit behandlungsbedürftiger BPH honoriert werden soll. In diesem Risikostrukturausgleichsgesetz sollen auch Mindestbeiträge für Billigkassen festgelegt werden, um den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich als Steuerung des Leistungsgeschehens zu gewährleisten. Gleichzeitig wird beraten, ob man die Kosten der Krankenkassen reduzieren kann, wenn sog. versicherungsfremde Leistungen wie Sterbegeld, Mutterschaftsgeld, Urlaubsgeld etc. aus der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen werden. Das vorgesehene Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzipes ist zwar durch den Bundestag verabschiedet, aber vom Bundesrat in den entsprechenden Vermittlungsausschuß verwiesen worden. Die dabei ursprünglich angedachte Honoraraufbesserung für die neuen Bundesländer ist am Widerspruch der Regierungskoalition gescheitert. In der Diskussion ist auch die sog. Positivliste, wobei bereits eine Vorschlagsliste für die entsprechenden Arzneimittel vorliegt.
Zukunft der Krankenhäuser Zwischenzeitlich liegt der 1. Referentenentwurf der Begleitgesetze zur Einfüh-
516 |
Der Urologe [B] 5•2001
rung der Diagnosis Related Groups (DRG) vor. Nicht wie ursprünglich geplant zum 1. Januar 2003, sondern erst zum 1. Januar 2004, müssen die Krankenhäuser beginnen, ihr komplettes Abrechnungssystem auf Fallpauschalen umzustellen.Allerdings kann bereits im Jahr 2003 freiwillig das DRG-System durch die Krankenhäuser eingeführt werden, was dann ein Jahr länger Budgetneutralität garantiert und außerdem für geplante, aber nicht erbrachte Leistung, eine höhere Entschädigung durch Mindererlösausgleich garantiert. Mit dem DRG-System, das auf der Grundlage der australischen Fallpauschalen entwickelt wird, wird das gesamte Leistungsspektrum der Krankenhäuser in einem Katalog von etwa 800 Fallgruppen dargestellt und pauschal vergütet werden. Die Ausgaben der Krankenhäuser werden also nicht mehr über Budgets mit tagesgleichen Pflegesätzen, sondern ausschließlich über die Preise der Fallpauschalen und die daraus erzielten Erlöse gesteuert werden. Die Einführung des DRG-Systems muß mit Fug und Recht als der einschneidendste Reformschritt in unserem Gesundheitswesen seit Jahrzehnten gewertet werden. Unabhängig von der Tatsache, daß die Krankenhausfinanzierung ausschließlich auf erlösorientierte Leistungen beschränkt werden wird, hat dieses System aber auch erhebliche Auswirkungen auf den niedergelassenen Bereich. Obwohl das Bundesgesundheitsministerium Befürchtungen zurückweist, daß es mit der Einführung von durchgängigen Fallpauschalen zu einer Ausdünnung des medizinischen Leistungsspektrums der Krankenhäuser oder gar zu Wartelisten kommen könnte, kann durchaus nicht ausgeschlossen werden, daß sich nach der vollständigen Einführung des neuen Abrechnungssystems ab 1. Januar 2007 im ambulanten Versorgungsbereich ähnliche Entwicklungen abzeichnen werden, wie sie in unserem Nachbarland Österreich Realität wurden, wo bereits die diagnoseabhängigen Fallpauschalen eingeführt und dabei ebenfalls das australische Modell übernommen wurden. Eine Ergebnisanalyse hat dort gezeigt, daß die Krankenhäuser ihre Patienten wegen der pauschalen Finanzierung sehr früh aus der stationären Behandlung entlassen. Die niedergelassenen Ärzte wiederum können wegen des Honorarbudgets
die sehr teuere Nachbehandlung aber nicht sicherstellen und weisen deshalb diese Patienten sehr schnell wieder in die Kliniken ein. Dies hatte in Österreich zur Folge, daß die Verweildauer je Patient zwar deutlich sinkt, ohne daß wegen der Pauschalen die Kosten reduziert werden. Die Zahl der Krankenhausaufenthalte stieg jedoch gleichzeitig kräftig an. Damit werden die Krankenhausleistungen teuerer und dem ambulanten Bereich werden durch Fallpauschalensysteme auf der einen Seite Geld, auf der anderen Seite Patienten entzogen. Diese Negativ-Entwicklung könnte hierzulande dazu führen, daß vielen Krankenhäusern im Wettbewerb um Patienten die finanziellen Mittel nicht ausreichen werden und sie deshalb schließen müssen und die betriebswirtschaftlichen Defizite im niedergelassenen Bereich weiter steigen. In einer Studie der Unternehmensberatung Anderson wird so auch prognostiziert, daß von den derzeitigen 2200 deutschen Krankenhäusern etwa 500 bis zum Jahre 2015 schließen müssen. Jedermann sollte eigentlich erkennen, daß unter diesen Umfeldbedingungen ärztliche Standespolitik weder für die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, noch für die ärztlichen Berufsverbände mit allzu großer Aussicht auf greifbare Erfolge umgesetzt werden kann. Was sind aber Erfolge ? Nachvollziehbar aus der Sicht der Ärzte eine kostendeckende Honorierung ihrer Leistungen, die eine angemessene und der langen Ausbildung Rechnung tragenden Lebenführung ermöglicht. Solange allerdings ökonomische Grundeinsichten mit verteilungsstaatlichen Mitteln untergraben werden und der Arztberuf wegen angeblich hoher Einkommen in der öffentlichen Meinung mit weitem Abstand als „Traumjob“ angesehen wird, werden die berechtigten Forderungen unseres Berufsstandes ungehört bleiben. Solange Arbeitslosigkeit in Deutschland sozialpolitisch erzeugt wird und so beispielsweise ein Handwerksgeselle, der regulär arbeitet, womöglich bescheidener lebt als der „Arbeitslose“ mit einer Kombination aus schwarzen Einkünften und weißen Alimenten, werden keine Voraussetzungen geschaffen, die es erlauben, den immer geringer werdenden Anteil an
EBM 2000 plus Das große Reformvorhaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der EBM 2ooo plus, könnte in wenigen Monaten abgeschlossen sein und im Laufe des nächsten Jahres in eine Testphase eintreten. In regelmäßigen Gesprächen mit den Krankenkassen hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung ihr Modellvorhaben vertiefend erläutert und zur Diskussion gestellt. Dabei zeigte sich sehr bald, daß die Rahmenbedingungen des URO-EBM von den Krankenkassen als zukunftsweisende Gebührenordnung angesehen wird. In enger Zusammenarbeit mit der Honorarabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde zunächst eine „abgespkckte“ Version auf der Basis des UROEBM vorgestellt. Überraschend haben dann die Krankenkassen die KBV aufgefordert, den URO-EBM in seiner Urfassung in die Systematik des EBM 2ooo plus zu übernehmen und als das entsprechende Kapitel für unser Fachgebiet auszuweisen. Gerne sind wir diesem Wunsch gefolgt und in vielen Ein-
zelgesprächen wurde dann das Kapitel Urologie des EBM 2ooo plus erarbeitet, in seinen Inhalten nahezu identisch mit dem URO-EBM. Mit der Begründung, dass es keine anerkannten Leitlinien gebe, ausgenommen für den Diabetes mellitus, haben die Krankenkassen nun aktuell entschieden, diagnose- und therapieorientierte Leistungskomplexe im EBM 2000 plus nicht zuzulassen. Somit musste u.a. das Kapitel Urologie erneut umgearbeitet werden. Abgesehen von einer betriebswirtschaftlichen Kalkulationsgrundlage und abgeschotteten Arztgruppenkapiteln bleibt es weitgehend beim derzeitigen EBM! Auch auf den Katalog der ambulanten und sog. stationsersetzenden Eingriffe nach § 115b SGB V haben wir Einfluß nehmen können.Allerdings konnte generell zwischen den vom Gesetzgeber vorgesehen Vertragspartnern, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft, bislang noch keine Einigung darüber erzielt werden und es ist nicht damit zu rechnen, daß vor Mitte des Jahres 2002 eine Einführung erfolgen wird.
GOÄ-Novellierung lässt auf sich warten Die seit langem angemahnte Reform der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr eingeleitet werden. Das Bundesgesundheitsministerium will eine Überarbeitung der GOÄ nur schrittweise und erst nach Verabschiedung des EBM 2ooo plus als eine Grundlage in Angriff nehmen. Dabei soll eine einigermaßen ausgewogene und nachvollziehbare Relation des Vergütungsniveaus zwischen privat- und vertragsärztlicher Honorierung hergestellt werden. Aus der Sicht des Verordnungsgebers, der zwar eine dringende Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses und eine lineare Anpassung des Punktwertes durchaus einsieht, werden als Hauptproblem einer Novellierung die divergierenden Interessen zwischen Ärzteschaft einerseits und den Kostenträgern andererseits angesehen. Immerhin werden jährlich rd. 15 Milliarden DM über die Amtliche Gebührenordnung für Ärzte reguliert, wobei die Beihilfestellen des Bundes, der Länder und der Kommunen bereits
Berufspolitik BDU
den GKV-Ausgaben für den ambulanten Versorgungsbereich wesentlich zu erhöhen. Solange eine ideologisch gefärbte Politik nicht den Mut hat, unseren Bürgern die Wahrheit über die Finanzsituation in unserem Gesundheitswesen schonungslos aufzudecken und eine höhere Selbstbeteiligung für alle Leistungsbereiche einfordert, wird in nicht all zu ferner Zukunft unser Gesundheitswesen endgültig zur ZweiklassenMedizin verkommen. Der Berufsverband der Deutschen Urologen hat auch in dieser schwierigen Zeit des Umbruchs und des drohenden finanziellen Kollapses mit großer Intensität versucht, an Entscheidungen mitzuwirken und Perspektiven für eine ökonomische Sicherstellung in angemessener Weise vorzubereiten. Einige bereits eingeleitete Reformschritte unseres Gesundheitssystems sind derzeit noch nicht abgeschlossen und ihre Umsetzung wird sich noch über mehrere Jahre hinziehen. Trotzdem ist es erfreulicherweise gelungen, in einzelnen Bereichen urologische Belange in langwierigen Verhandlungsrunden unter manchmal äußerst schwierigen Bedingungen unmißverständlich zu positionieren.
mehr als 5o % aller durch die Gebührenordnung ausgelösten Kostenerstattungsbeträge tragen müssen. Aber auch die Anpassung des Leistungsverzeichnisses selbst an den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und Erkenntnis wird vom Bundesgesundheitsministerium als überaus konfliktreich angesehen.Auf Grund des Votums des 104. Deutschen Ärztetages 2001 sind nun Reformoptionen durch das von der Ärzteschaft akzeptierte Vorschlagsmodell möglich. Wie bekannt, sind die vertragspartnerschaftlichen Reformmodelle im Bereich der GOÄ aus rechtlichen, verfassungsrechtlichen und kartellrechtlichen Gründen verworfen worden. Durch die Berufung als GOÄ-Verantwortlicher für die Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände ist davon auszugehen, daß ich auch in den anstehenden Beratungen die fachärztlichen Interessen zum Vortrag bringen kann.
Belegarztwesen unter DRG – Fallpauschalen Völlig überraschend kam die Einladung der Fachreferenten des Bundesgesundheitsministeriums zu einem Gedankenaustausch über die Positionierung der Belegärzte in dem neuen DRG-System. Dabei wurden auch mögliche Reformen bei der Abrechnung von Privatpatienten unter dem neuen Fallpauschalensystem angesprochen. Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung wurden wegen eines drohenden Paradigmenwechsels der beleg- und wahlärztlichen Liquidationsmöglichkeiten informiert und haben ebenso wie ich auf den Arbeitsentwurf zur Begleitgesetzgebung reagiert. Die für das Belegarztwesen angedachten Veränderungen wären durchaus geeignet zur Existenzfrage für dieses bewährte Versorgungssystem zu werden.Mit großer Befriedigung ist zur Kenntnis zu nehmen, daß meine Vorschläge nun im Kabinettsentwurf der Begleitgesetzgebung zur DRG-Einführung Eingang gefunden haben. Auch die vorgesehenen Änderungen im Liquidationsrecht sind derzeit zumindest nicht mehr weiter aktualisiert worden.
Aktuelle BDU-Projekte und -Positionen Wie in meinem letzten Rechenschaftsbericht zugesichert, haben wir den Der Urologe [B] 5•2001 |
517
bereits eingeschlagenen Weg, über andere Einnahmenquellen eine zusätzliche finanzielle Absicherung zu gewährleisten, konsequent weiter verfolgt. Nach einer einführenden bundesweiten Fortbildungsveranstaltungsreihe zum Thema „Aging male“ wurde nun vor kurzem eine Nachfolgeveranstaltungsserie unter dem Thema „Vital ins Alter“ begonnen. In vier Vortragsblöcken werden dort wissenschaftliche Zusammenhänge, aber auch eine Umsetzung in der Praxis vermittelt und durch eine Abschlußprüfung zertifiziert. Mit dieser Fortbildungsreihe wollen wir unmißverständlich aufzeigen, daß der Urologe der sachkompetente Facharzt zur Erkennung und Behandlung aller Gesundheitsprobleme des Mannes ist. Nach den uns vorliegenden Rechtsgutachten zu diesem Thema muß derzeit allerdings noch festgestellt werden, daß ein pathophysiologischer Hormonabfall beim alternden Mann wohl eine GKV-Leistung darstellt. Ein altersabhängiges Nachlassen der Funktion der Gonadenachse ohne wesentliche Begleitsymptomatik sehen wir derzeit jedoch als eine altersmäßige physiologische Veränderung an und empfehlen deshalb, in solchen Fällen Diagnostik und Therapie als eine selbstzuzahlende Vitaloptimierung nach den Grundsätzen des IGEL-Kataloges zu betrachten. Eine abschließende Beurteilung durch die gemeinsame Rechtsabteilung der Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung steht noch aus. Sollte aber eine ärztliche Behandlung des Alters-Hypogonadismus generell unter Budgetbedingungen gefordert werden, werden wir selbstverständlich diese Leistungen ablehnen, so lange nicht die dafür notwendigen Finanzmittel in das urologische Honorarvolumen einfließen. Die gleiche Aussage gilt im übrigen für die immer noch strittige Frage, ob Medikamente zur Behandlung der erektilen Dysfunktion auf Grund der Rechtsprechung als Kassenleistung zu verordnen sind. Noch einmal möchte ich ausdrücklich betonen,daß die Arzneimittelrichtlinien vom September 1998 für den niedergelassenen und vertragsärztlich tätigen Arzt weiterhin ihre Gültigkeit haben. Danach kann die Verordnung von Medikamenten zur Behandlung der erektilen Dysfunktion nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erfolgen.
518 |
Der Urologe [B] 5•2001
Eine Änderung dieser für uns bindenden Richtlinien ist bislang nicht erfolgt. In gleicher Weise werden wir es auch nicht ohne entsprechende Reaktion zulassen, wenn die PSA-Bestimmung ohne zusätzliche Finanzmittel verpflichtender Bestandteil in der Früherkennungsuntersuchung des Mannes werden sollte. Noch ist die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichtes (AZ: B6KA7/00R) vom Juni dieses Jahres nicht bekannt. Trotzdem muß ich Sie gerade im Zusammenhang mit dem zuletzt Gesagten auf diese Rechtsprechung hinweisen. Das BSG rüttelt nicht am Sachleistungsprinzip. Es folgt konsequent der bisherigen Rechtsprechung. Demnach gehört aus der Sicht des BSG das Sachleistungsprinzip zu den Grundlagen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Verweigerung einer Behandlung auf Chipkarte wird als ein grober Gesetzesverstoß angesehen. Ärzte dürfen weder eine Privatliquidation ausstellen oder Zuzahlungen verlangen, wenn im Einzelfall Leistungen nach ihrer Ansicht nicht kostendeckend im vertragsärztlichen Bereich honoriert werden. In diesem Zusammenhang hat sich das BSG auch mit Protestmöglichkeiten der Kassenärzte auseinandergesetzt. Freiwillig sind die Ärzte einem System beigetreten, das Streik oder Boykott nicht zuläßt. Es ist davon auszugehen, daß die Krankenkassen dieses BSGUrteil dazu nutzen werden, bei einem vermeintlichen Verstoß entsprechende Maßnahmen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen massiv einzufordern. Dieses Urteil könnte natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf den IGELKatalog haben. Derzeit allerdings sehen wir keinen Anlaß, Einschränkungen an den Empfehlungen, die durch den Innovationsausschuß des BDU in diesem Zusammenhang ergangen sind, vorzunehmen. Trotzdem, auch wenn der Urologe ganz selbstverständlich der Spezialarzt für den Mann ist, müssen wir mit solchen, etwas plakativen Forderungen sehr sensibel in den Körperschaften auftreten. Bei der anstehenden Novellierung der Weiterbildungsordnung werden wir zwar die Seneszenz des Mannes als Bestandteil der urologischen Grundweiterbildung einfordern, wir müssen aber auch die Gesamtheit unseres Fachgebietes in der bisherigen Form um
jeden Preis erhalten. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Der alternde Mann, unter Federführung von Herrn Prof. Dr. WEIDNER, wurde ein entsprechendes Vorschlagspapier für die BÄK erarbeitet und in diesem Zusammenhang auch die Zusatzbezeichnung „Androloge“ konzipiert.
Prostataerkrankungen eine neue Volkskrankheit Die demographische Entwicklung beeinflußt gerade das Fachgebiet Urologie in besonderem Maße. Sie werden sich vielleicht daran erinnern, daß im Zusammenhang mit der Weiterentwikklung des URO-EBM als Modellvorhaben für die Bereiche der KV Nordrhein sowie Saarland ein unerklärlicher Anstieg der Fallzahlen in unserer Fachgruppe bundesweit festgestellt wurde. In 1998 hatten die Urologen im Mittel 44 % mehr Fälle zu bearbeiten als in 1993. Das ist ein doppelter Anstieg des Fallzahlvolumens im Vergleich zu allen anderen Fachgruppen. Gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung wurde nach einer Erklärung gesucht und die Erkenntnisse dieser Untersuchung dann in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei zeigte sich, daß die Zunahme der Männer jenseits des 60. Lebensjahres in dem genannten Zeitraum etwa 17,5 % beträgt und die überdurchschnittliche Fallzunahme ausschließlich darauf zurückzuführen ist, wobei Prostataadenom und Prostatakarzinom die zentralen Diagnosen darstellen. Die BPH ist die häufigste Diagnose in der urologischen Praxis. Das Prostatakarzinom hat nach der neuesten Statistik des Robert-Koch-Institutes erstmals die erste Stelle unter den Tumorerkrankungen des Mannes eingenommen. Aus diesen Gründen wurden die Prostataerkrankungen von mir zur neuen Volkskrankheit erklärt. Noch im Laufe dieses Herbstes werde ich den Versuch unternehmen, diese Tatsache mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zu besprechen und entsprechende Forderungen stellen, insbesondere eine Aufnahme in das Disease-ManagementProgramm diskutieren. Zudem werden wir ab 3. November sog. „Männergesundheitstage“ bundes-
Fazit für die Praxis Es kann so nicht weitergehen,daß unsere Fachgruppe ohne genügende Finanzmittel unter Budgetbedingungen immer mehr Fälle behandeln muß. Die urologische Grundversorgung unserer Patienten ist massiv gefährdet und muß drastisch reduziert werden, wenn nicht bald die Erkenntnis greift, die Geldmenge den Erfordernissen anzupassen.Es kann nicht angehen, daß die Punktwerte für haus-
ärztliche Leistungen bis zu 50 % höher liegen als die unseres Fachgebietes ! Diese vielfältigen Aufgaben können nur durch vollen persönlichen Einsatz bewerkstelligt werden. Für die Unterstützung durch Präsidium und Hauptausschuß möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken und darf hoffen, daß die schwierigen Verhandlungen und Entscheidungen der nächsten Zukunft mit Harmonie und Konsens unterstützt werden. Populistische Kritik ohne Alternativen ist wenig geeignet, den Realitäten und Fakten in der Gesundheitspolitik gerecht zu werden. Eigennützige Verhaltensweisen verursachen im Einzelfall Kosten für den Berufsverband und erfordern für notwendige Richtigstellungen einen hohen Zeitaufwand, der anderweitig und sinnvoller genutzt werden kann. Die politische Realität, in die wir eingebunden sind, habe ich versucht,
Berufspolitik BDU
weit durchführen und die Öffentlichkeit für diese neue Volkskrankheit sensibilisieren. Wir erhoffen dadurch natürlich auch eine Aufwertung des Urologen als Spezialarzt des Mannes. Wir danken dem Bundespräsidenten a.D., Herrn Professor Dr. Roman Herzog, dass er für diese Männergesundheitstage die Schirmherrschaft übernommen hat.
aufzuzeigen. Vor uns liegt ein Wahljahr und vor uns liegt eine große Gesundheitsreform. Nicht verabschiedet sind noch einige Gesetzgebungsverfahren und Verordnungen. Ich denke hier insbesondere an die Einführung der DRGs, das Risikostrukturausgleichsgesetz, die Weiterbildungsordnung und die Reform der GOÄ, die Umsetzung des EBM 2ooo plus und nicht zu vergessen mögliche Auswirkungen europäischer Gesetzgebungen. Aber auch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Hausärzten und anderen Facharztgruppen, verlangen Erfahrung und kooperierenden Konsens. Selbstverständlich werde ich zusammen mit unseren Mandatsträgern in allen Gremien weiterhin die Interessen unserer kleinen Arztgruppe nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft mit vollem Einsatz und nach bestem Wissen vertreten, solange Sie dies wünschen.
Interview mit BDU-Präsident Dr. Klaus M. Schalkhäuser Die Sozialpolitik ist komplett gescheitert Schlechte Noten gibt der Präsident des
Berufsverbandes Deutscher Urologen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der rot-grünen Koalition. Alle Versprechungen sind nicht eingehalten worden. Die neue Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat tatsächlich ihr Versprechen gehalten und das Arzneimittel-Budget abgeschafft. Ist damit auch der Druck auf die Ärzteschaft verschwunden? Schalkhäuser: Das so genannte ABAG – Arzneimittel-Budget-Abschaffungsgesetz – ist für mich nur eine logische Konsequenz juristischer Empfehlungen innerhalb der Regierung. Es war völlig klar, dass eine Kollektivhaftung rechtlich nicht durchsetzbar ist. Insofern ist die Abschaffung der Kollektivhaftung für mich lediglich ein logischer Schritt, der getan werden musste, damit nicht das
Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung erklären muss, dass diese Regelung im SGB V völliger Unsinn ist. Insofern war das keine große Tat. Interessant ist, dass mit dem ruhmlosen Abgang der grünen Gesundheitsministerin Andrea Fischer und der Übernahme des Ministeriums durch „Rot“, durch die SPD also, ein Versuch unternommen wurde, etwas Konzeption in das Gesundheitswesen hineinzubringen. Ich erinnere daran, dass im vergangenen Jahr, als die Bundesregierung ihre zweijährige Erfolgsbilanz zog, die Gesundheitspolitik mit keinem Wort erwähnt wurde. Es war im September letzten Jahres bereits abzusehen, dass es nur noch eines konkreten Anlasses bedurfte, um Frau Fischer abzulösen. Wenige Wochen später war das der Fall.
Was ist in der Gesundheitspolitik zu erwarten? Schalkhäuser: Die rheinische Frohnatur Ulla Schmidt hat natürlich zunächst einmal große Freude ausgelöst, als sie gesagt hat: „Wir schaffen die Kollektivhaftung ab.“ Ihr blieb ja gar nichts anderes übrig. Dass die Opposition viele Dinge kritisiert, ist in einer Demokratie ganz legitim; dass aber Frau Schmidt aus den eigenen Reihen bereits nach einem halben Jahr Konzeptionslosigkeit vorgeworfen wird, das überrascht. Führende SPD-Gesundheitspolitiker tun, jeder für sich, eigene Ansichten kund, und auch aus dem Bundeskanzleramt ist diskret-indiskret ein Thesenpapier an die Öffentlichkeit gelangt, was die Politik von Frau Schmidt desavouiert. Sie ist nun bereits unter einem bestimmten Druck, und die Stimmen Der Urologe [B] 5•2001 |
519
aus dem Sommerloch werden ja immer lauter, eine Gesundheitsreform vor der Bundestagswahl in einem Jahr in Gang zu bringen. Das sind natürlich gezielte Forderungen gerade eines politischen Taktierers wie Horst Seehofer, der genau weiß, dass das nicht passieren wird, aber damit die Regierung in Zugzwang bringt. Die Krankenkassen haben auf das ABAG mit Beitragssatzerhöhungen reagiert. Im Ministerium entstand Hektik; nach außen wurde die Politik der „ruhigen Hand“ des Bundeskanzlers fortgeführt, indem man sagte, die Beitragserhöhungen der AOK Baden-Württemberg und Hessen seien nur eine Folge dessen, dass die Kassen schon längst vorher pleite waren. Das habe mit der Politik nichts zu tun. Natürlich hat es damit zu tun. Die Drohung der Krankenkassen, im Wahljahr die Mitgliedsbeiträge zu erhöhen, ist ja gerade etwas, was die Regierung nicht verkraften kann. Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik dieser Regierung ist komplett gescheitert. Es wird keine Senkung der Lohnnebenkosten unter 40% geben, die Rentenversicherungsbeiträge werden erhöht, die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung werden steigen, die Zahl der Arbeitslosen wird genauso groß bleiben, wie sie vorher war. Das bedeutet: Alle diese Versprechen sind gescheitert. Wenn man jetzt noch die Gesundheitspolitik zu einem Wahlkampfthema macht, dann muss sich die Regierung sehr warm anziehen, wenn sie das überstehen will. Was bedeutet die Abschaffung des Arzneimittel-Budgets für die Vertragsärzte? Schalkhäuser: Es war selbstverständlich klar, dass man die Kollektivhaftung nicht abschaffen kann, ohne entsprechende Gegenregulationen einzuführen. Von der Kollektivhaftung hin zur Individualhaftung – das ist ein typisches Merkmal unseres Systems. Plausibilität und Wirtschaftlichkeit in der ärztlichen Leistung sind seit Jahr und Tag Prüfgegenstand. Plausibilität und Wirtschaftlichkeit auf der therapeutischmedikamentösen Seite müssen aus meiner Sicht genauso gefordert werden.Wie das im einzelnen gelöst wird, ist offen. Aber ich denke, wir haben in der Zukunft keine Chance, wenn durch das „Geschenk“ an die Ärzte, die Kollektiv-
520 |
Der Urologe [B] 5•2001
haftung zu streichen, die Arzneikosten nach oben schnellen. Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten. Allerdings halte ich die Argumentation der Krankenkassen, Ärzte als Verschwender zu bezeichnen, und wenn sie sagen, weil das Budget abgeschafft sei, gingen die Arzneikosten in die Höhe, für sehr bedenklich. Sie verschweigen dabei, dass es eine Individualhaftung gibt. Die Entwicklung hat doch schon vorher eingesetzt? Schalkhäuser: Das begann schon vor der Ankündigung, dass das Budget abgeschafft wird. Es werden vermehrt innovative Arzneimittel verornet, die einfach teurer sind. Das zeigt sich bei der Behandlung der AlzheimerDemenz, der Multiplen Sklerose, in unserem Fachgebiet an der Zunahme der Prostata-Erkrankungen. In meinen Augen ist es das übliche Kriegsgeschrei, um von eigenen Fehlern abzulenken. Es war sicher ein Fehler, auf der einen Seite Wettbewerb zu verordnen, auf der anderen Seite sich nicht klar zu machen, dass es Billig-Krankenkassen für die Jungen und Gesunden geben wird und die anderen Krankenkasse nun das Problem haben. Die Wettbewerbs-Auswüchse will die Regierung wohl durch den Risikostruktur-Ausgleich und die Disease-Management-Programme konterkarieren? Schalkhäuser: Die Disease-Management-Programme im Zusammenhang mit dem RSA sind ein Einstieg in ein Primärarzt-System. Das sieht man schon daran, dass es am meisten vom BDA und seinem Bundesvorsitzenden, Prof. KlausDieter Kossow, begrüßt wird. Aus meiner Sicht kann es nicht angehen, dass die Inhalte der Leistungserbringung an der Ärzteschaft vorbei so genannt Evidenzbasiert durch die Krankenkassen allein definiert werden, wie das jetzt geplant ist. Die Hoffnung, eine Beitragssatzerhöhung im Jahre 2002 zu verhindern, indem man das Disease-ManagementProgramm zum 1. Januar einführt, halte ich für den berühmten Schnellschuss aus der Hüfte. Aber vom Grundsatz her befürchte ich, dass bei einer großen Gesundheitsreform über die DiseaseManagement-Programme vom Gesetzgeber die Gatekeeper-Funktion des Hausarztes eingeführt wird, obwohl die Bevölkerung das gar nicht will.
Aber es könnte auch noch etwas anderes passieren: Mit dem § 140 ff. über die integrierte Versorgung sollten Einkaufsmodelle an den Kassenärztlichen Vereinigungen vorbei installiert werden. Man hat mit der Rahmenvereinbarung einen gewissen Deal gemacht, doch Kompromisse sind für keine Seite optimal. Die Krankenkassen werden versuchen, über Disease-Management-Programme Einkaufsmodelle mit einzelnen Ärzten zu vereinbaren. Damit stellt sich wieder die Frage nach dem Sicherstellungsauftrag und nach der Existenzberechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen. Der Urologen-Verband hat vor kurzem mit einer Studie, die das ZI in seinem Auftrag durchgeführt hat, belegt, dass sich das Krankheitsgeschehen stark verändert und mehr Mittel für die Versorgung notwendig sind. Können Sie das noch einmal kurz darstellen? Schalkhäuser: Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Uro-EBM und den vorgesehenen Modellprojekten bei der KV Nordrhein und der KV Saarland ist mir aufgefallen, dass die Finanzmittel nicht ausreichen. Bei der Überprüfung der Ursachen zeigte sich, dass es zwischen 1993 und 1998 zu einer dramatischen Fallzahlentwicklung in der Urologie gekommen war. Wenn wir 1993 als Index 100 nehmen, dann war das ein Anstieg auf 144 in nur fünf Jahren, bei allen anderen Fachgruppen nur 123. Das heißt, die Urologie hat nicht nur den kontinuierlichen Fallzahl-Zuwachs mitgemacht, sondern ihn sogar verdoppelt. In Zusammenarbeit mit dem ZI haben wir versucht, die Ursachen herauszufinden.Dabei haben wir festgestellt, dass die Zahl der Männer über 60 Jahre innerhalb dieses Zeitraums um 17,5% angestiegen ist. Das ist genau die Altersgruppe, bei der die Prostataerkrankungen gehäuft auftreten. In einer Paralleluntersuchung im Jahre 2000 hat das ZI festgestellt, dass rund 55% aller Patienten eine BPH haben.Das entsprach exakt den Zahlen,die wir im Rahmen des Uro-EBM herausgefunden hatten. Das Prostatakarzinom, bislang bei Männern nach dem Lungenkrebs die Nummer 2, ist seit 1998 nach den Statistiken des Robert-Koch-Instituts die Nr. 1 unter den Tumorerkrankungen. Der überwiegende Anteil der 50%igen Fallzahlsteigerung bei den
Bei einem innerärztlichen Reformprojekt, dem EBM 2000 plus, hat man den Eindruck, dass im Augenblick nichts geschieht. Interessanter scheint die Diskussion über die Einführung der DRGs im Krankenhaus. Wird eine Anpassung der ärztlichen Vergütung im stationären und ambulanten Sektor zu erwarten sein? Schalkhäuser: Zum EBM 2000 plus passiert in Wirklichkeit eine ganze Menge. Es finden regelmäßige Verhandlungen im Arbeitsausschuss statt. Ich kann das konkret für unsere Fachgruppe sagen. Wir haben vor Jahren den Uro-EBM entwickelt, ein auf Leistungskomplexen – vergleichbar mit Fallpauschalen – beruhendes Modell, das von der KBV unter ihrem Vorsitzenden Dr.Winfried Schorre, als letztem akzeptiert worden ist. Im Rahmen der Entwicklung des EBM 2000 plus hat die KBV-Honorarabteilung einen ersten Versuch gemacht, den UroEBM für Teile des Kapitels Urologie zu nutzen, in Abstimmung mit unserem Berufsverband. Als diese Teile im
Arbeitsausschuss vorgestellt wurden, kam interessanterweise von den Krankenkassen die Aufforderung, das Kapitel Urologie nicht nur halbherzig mit dem Uro-EBM zu gliedern. Das sei das Modell der Zukunft. So wurde die KBV beauftragt, das Kapitel Urologie so zu gestalten, dass man den Uro-EBM zu nahezu 100% wiedererkennen konnte. Dies ist im Frühsommer dieses Jahres geschehen. Das heißt, der Uro-EBM findet sich nahezu komplett im Kapitel Urologie wieder. Ich habe den Eindruck, dass das Ziel, im ersten Halbjahr 2002 mit einem EBM-Testlauf zu beginnen, nach wie vor auf der Agenda ist. Der Uro-EBM ist ein Vorläufer der DRGs für den ambulanten Sektor. Jetzt stellt sich nur die Frage der Honorierung. Wir müssen davon ausgehen, dass die Krankenkassen in der derzeitigen Situation nicht bereit sind, das Gesamthonorar der Ärzteschaft über den gesetzlich vorgesehenen Grundlohnsummenanstieg hinaus zu erhöhen. Nun wird sich zeigen, inwieweit RichterReichhelms Idee greift, zu sagen, die ärztlichen Leistungen werden auf das angemessen Wirtschaftliche heruntergefahren. Wenn die Ärzteschaft sich daran hält, gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste Möglichkeit ist: Die Versorgung wird dadurch nicht negativ beeinflusst. Dann hat die Ärzteschaft auch keinen Anspruch auf mehr Geld. Oder es zeigt sich, dass es zu Rationierung kommt. Dann werden die Krankenkassen mehr Geld zahlen müssen. Mit Blick auf EBM und DRG möchte ich Dr. Andreas Köhler (Leiter der KBV-Honorarabteilung) zitieren: „Auf den ersten Blick sind die Kapitel Urologie und Pneumologie Fremdkörper im EBM 2000 plus, weil sie anders gestaltet sind. Das ist nicht der Fall. Alle anderen Fachkapitel sind Fremdkörper.“ Warum ist das so? Weil wir – und die Pneumologen mit unserer Unterstützung – die Vorarbeiten geleistet haben. Genau das wollen jetzt die Krankenkassen. Wenn wir aber die Honorierung der DRGs, die im Moment noch keiner kennt, zum Beispiel für die operativen Leistungen, die ambulant oder belegärztlich erbracht werden, im ambulanten Sektor anwenden wollen, dann ist eines klar: Es muss Geld ins System. Deswegen taucht jetzt die Frage auf: Bis wann können die Vertragspartner die Kalkulationen der DRGs vorstellen, um sie dann mit der
Berufspolitik BDU
Urologen über den Durchschnitt hinaus ist durch Prostatakarzinom und BPH ausgelöst worden. Ich habe die Daten des ZI der Krankheitsbilder von etwa 20 000 Männern des Jahres 2000 interpoliert auf die Ergebnisse der 1998er Daten und festgestellt, dass die Zahl der BPH-Fälle um 65% und die Zahl der ProstatakarzinomFälle um 111% gestiegen ist. Es handelt sich dabei um 1,5 Millionen Behandlungsfälle. Nachdem wir nun bundesweit mehr als 3 Millionen Behandlungsfälle mit Prostataerkrankungen in urologischen Praxen haben, habe ich festgelegt, dass es sich hier um eine neue Volkskrankheit handelt. Die Konsequenzen daraus werden wir noch in diesem Jahr mit den Krankenkassen zu besprechen haben. Hinzu kommt, dass innovative Arzneimittel zur Behandlung der BPH einen intensiveren Arzt-Patienten-Kontakt erforderten. Unsere Annahme, dass die Behandlung mit den innovativen Medikamenten zu einem Rückgang der Krankenhausbehandlungen führen müsste, hat sich exakt bestätigt. Die Zahl der operativ behandelten Prostata-Adenome ist genau in diesem Zeitraum zurückgegangen. Es handelt sich um ein Finanzvolumen von etwa 50 Millionen Mark.
ambulanten Leistungserbringung abzugleichen? Die ärztliche Leistung müsste ja eigentlich gleich vergütet werden? Schalkhäuser: Nur der ärztliche Anteil. Was man mit den Betriebskosten macht, ist schon sehr viel problematischer, weil das Krankenhaus ja ganz andere Vorhalteleistungen bringt. Bei guten Kalkulationen kann man diese Positionen herausziehen. Ich prognostiziere: Das Geld, das dem Krankenhaus zugestanden wird, wird deutlich höher sein als das, was wir im ambulanten Bereich haben. Wenn wir aber sagen: gleiche Leistung, gleicher Preis, dann wird das vertragsärztliche Honorarvolumen anzuheben sein. Jetzt stellt sich die Frage des Zeitplans. Wir haben einen ersten Referentenentwurf für die DRG-Einführung. Ich bin sehr froh, dass die Vorstellungen, die ich für die Belegärzte dort eingebracht habe, voll zum Tragen gekommen sind. Die Belegärzte werden weiterhin für ihre ärztlichen Leistungen über die KV finanziert – es wird also gesplittete Fallpauschalen im DRG-System geben. Dagegen hatte das BMG ursprünglich vor, kein Splitting zuzulassen, sondern dem Krankenhausträger den Auftrag zu erteilen, den Belegarzt aus dem Gesamterlös zu bezahlen. Damit wäre der Belegarzt für den stationären Bereich aus dem KV-Bereich ausgetreten und zu einem Spielball der Krankenhausträger geworden. Das konnte ich nicht akzeptieren. Für mich ist die Einführung von DRGs der einschneidendste Reformschritt, den die deutsche Ärzteschaft überhaupt durchgemacht hat. Wenn man sich aber die Ergebnisse einer Analyse in Österreich, das auch die australische DRG-Regelung übernommen hat, betrachtet, dann zeigt sich: Die Verweildauer ist dramatisch zurückgegangen. Das erwartet man auch bei uns. Leistungen, die bislang noch stationär erbracht worden sind, sind auf die ambulante Schiene verlagert worden. Die niedergelassenen Ärzte in Österreich können das nicht finanzieren und überweisen zurück ins Krankenhaus. Damit sind die Fallzahlen enorm gestiegen, und zwar oftmals durch gleiche Patienten. Unterm Strich ist das System teurer geworden. Und das ist auch bei uns zu befürchten. Das Interview führte Klaus Schmidt Der Urologe [B] 5•2001 |
521
Die Urologische Grundversorgung ist gefährdet Pressemitteilung des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. anläßlich des 53. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie 2001 in Düsseldorf „Die Grundversorgung urologischer Patienten ist in hohem Maße gefährdet. Unser Fachgebiet trägt die Hauptlast der durch die demographische Entwicklun ausgelösten Morbidität mit daraus resultierender Fallzahlentwicklung“, erklärte Dr. Klaus Schalkhäuser, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen anläßlich des 53. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Urologie und fordert die Krankenkassen und das Bundesgesundheitsministerium auf, durch zusätzliche Finanzmittel die Krankenversorgung zu sichern. Von 1993 bis 1998 haben die Behandlungsfälle in der Urologie um 44 % zugenommen, während im gleichen Zeitraum für alle anderen Fachgruppen lediglich ein Zuwachs von 23 % festzustellen ist. Der Bevölkerungszuwachs der über 60-jährigen Männer betrug in diesem Zeitraum 17,5 % (1,12 Mio), davon entfallen etwa 880.000 Männer auf die alten Bundesländer. Die Zahl der Behandlungsfälle mit gutartiger Prostatavergrößerung stieg von 1 Mio. in 1993 auf knapp 1,7 Mio. (+ 65 %), die der Prostatakrebsfälle von knapp 300 Tsd. auf über 600 Tsd. (+ 111 %).
522 |
Der Urologe [B] 5•2001
Der Demographieeffekt hat also in den alten Bundesländern zusätzlich rund 280.000 Krankheits- und somit etwa 1 Mio. Behandlungsfälle an behandlungsbedürftigen Prostataerkrankungen ausgelöst, die unter Budgetbedingungen versorgt werden müssen. Die Morbidität dieser Altersgruppe erklärt also die überdurchschnittliche Fallzahlentwicklung für das Fachgebiet Urologie. Insofern ist es auch berechtigt, die Prostataaerkrankungen mit insgesamt etwa 3 Mio. Behandlungsfällen bei weiter steigender Tendenz zur Volkskrankheit zu erklären und notwendige Konsequenzen daraus zu fordern. Der Versuch, nun von der gescheiterten Sozial- und Arbeitsmarktpolitik durch ein stringentes Primat einer Beitragsstabilität abzulenken, wird mißglücken. Die Finanzmisere in unserem Gesundheitswesen wird nun auch langsam der Bevölkerung bewußt. Die Urologen können unter Budgetbedingungen nicht weiterhin etwa 20 % urologischer Leistungen ohne Vergütung erbringen. Vielmehr wird der Berufsverband der Deutschen Urologen die Bevölkerung durch einen bundesweiten „Männergesundheitstag“, mit Beginn noch in diesem Jahr, auf die
modernen medizinischen Möglichkeiten, insbesondere zur Früherkennung des Prostatakrebses hinweisen, zumal nach der neuesten Krebsstatistik des Robert-Koch-Institutes der Prostatakrebs mit 31.000 Neuerkrankungen im Jahr 1998 erstmals den 1. Platz unter den Krebserkrankungen bei Männern eingenommen hat. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich den Problemen einer neuen Senioren-Generation nicht zu verschließen und die Bürger noch vor den nächsten Wahlen schonungslos darüber zu informieren, daß unser Gesundheitswesen nur noch durch Beitragssatzerhöhung oder durch mehr Eigenbeteiligung zu finanzieren ist. Der Berufsverband der Deutschen Urologen fordert einmal mehr Kalkulationssicherheit für die ambulante vertragsärztliche und die stationäre Versorgung im DRG-System durch sauber kalkulierte Festpreise bei Übernahme des Morbiditätsrisikos durch die Krankenkassen. Der Sicherstellungsauftrag für Kranke kann nur unter „gesunden“ Rahmenbedingungen erfüllt werden.
Düsseldorf 21.9.2001
Berufspolitik BDU
J.-D.Hoppe
Freiheit und Verantwortung in der modernen Medizin Rede des Präsidenten der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, zur Eröffnung des 104. Deutschen Ärztetages am 22. Mai 2001 in Ludwigshafen
S
ehr verehrte Frau Ministerin, meine Damen und Herren, nach der Reform ist vor der Reform! Deshalb begrüßen wir ausdrücklich das Bemühen von Frau Bundesgesundheitsministerin Schmidt, nach neuen Lösungen zu suchen und die Beteiligten des Gesundheitswesens dabei mit einzubeziehen. Der Runde Tisch ist Ausdruck dieser Dialogbereitschaft und findet in seiner Zielsetzung unsere uneingeschränkte Zustimmung. Dieser mögliche Aufbruch zum Umbau unseres Gesundheitswesens kann und darf allerdings nicht über die derzeitigen Probleme hinwegtäuschen. Über 20 Jahre phantasielose Kostendämpfungspolitik mit über 200 Einzelgesetzen haben zu erheblichen Verwerfungen in der gesundheitlichen Versorgung geführt – und vielen den Spass am Beruf verdorben. Mit wenigen Sätzen haben die fünf Wirtschaftsweisen in ihrem aktuellen Jahresgutachten ein vernichtendes Urteil über diese Politik gefällt, die unter dem plakativen Schlagwort „Kostenexplosion” in die Irre geführt hat. Ich zitiere:
„Diese Politik zielte trotz kurzfristiger Erfolge nicht auf den Kern des Problems. Kostendämpfungsmaßnahmen können regelmäßig nur kurzfristig wirksam sein… Mittel- und langfristig kommt es aber bei starren sektoralen Budgetvorgaben zu dysfunktionalen Rationierungen und Qualitätsminderungen.” Zitat Ende.
Und die Wirtschaftsweisen stellen weiter fest, dass Ausgabensteigerungen dann keine Fehlentwicklungen darstellen, wenn die Gründe dafür in veränderten Krankheitsspektren, in der demographischen Entwicklung oder dem medizinischen Fortschritt liegen. Gerade als Ärzte müssen wir auf die enorme Expansion der Kenntnisse in physiologischen, biochemischen und daraus abgeleitet pathophysiologischen Bereichen hinweisen. Wir haben einen enormen Zuwachs der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die wir aber unter den gegenwärtigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen wohl kaum noch in die normale medizinische Versorgung werden einführen können. Das, meine Damen und Herren, das sind die eigentlichen Herausforderungen der modernen Medizin. Die fünf Wirtschaftsweisen haben das deutlich formuliert. Anders einige Krankenkassenökonomen und Medizinsoziologen, die statt klarer Analyse die ärztliche Apokalypse zeichnen. Ist es nur unlauter oder sind es Amnesieerscheinungen, wenn ausgerechnet selbsternannte Gurus der Gesundheitsökonomie in der Diskussion über die Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung den Einfluss der veränderten Einkommensstruktur, der Arbeitslosigkeit wie der durch die deutsche Einheit bedingten volkswirtschaftlichen Entwicklung insgesamt für unser Gesundheitswesen vergessen. Es ist zwar populär, aber wenig wissenschaftlich, alles auf den Faktor Arzt zu reduzieren! Wen wundert denn unter diesen Um-
ständen noch wirklich der bisherige Gang der Dinge.
Ich wage gar nicht, daran zu denken, wie es um die Versorgung unserer Patienten aussähe, wenn der medizinische Fortschritt genauso langsam voranschreiten würde wie die Entwicklung vernünftiger gesundheitspolitischer Konzepte! Unser gesamter Berufsstand müsste sich wohl zu Recht wegen Ärztepfuschs in der Öffentlichkeit verantworten. Quod licet iovi non licet bovi. Die schon seit Jahren zu beobachtende Potenzierung der medizinischen Möglichkeiten hat zu einer Leistungsdynamik geführt, an der niemand vorbeisehen kann, der Verantwortung für das Gesundheitswesen trägt. Man muss nicht gleich die Frage stellen, was passieren würde, wenn morgen ein neues Krebsmedikament auf den Markt käme. Es reicht der Hinweis auf die bestehenden Schwierigkeiten, MS-Kranke oder Alzheimer-Patienten adäquat mit neuen Medikamenten zu versorgen. Hier stoßen die Ärztinnen und Ärzte auf Grund der bisher noch rigiden Budgetierung an die Grenzen dessen, was noch ärztlich zu verantworten ist. Frau Ministerin, wir begrüßen deshalb ausdrücklich den von ihrem Ministerium vorgelegten Referentenentwurf, mit dem endlich die Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden soll, ab dem Jahr 2002 die Arznei- und Heilmittelbudgets sowie die völlig unsinnige Kollektivhaftung bei Budgetüberschreitung abzuschaffen und durch arztindividuelle Orientierungsgrößen zu ersetzen. Der Urologe [B] 5•2001 |
523
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Krankenkassen in ihrer Informationspolitik zum aktuellen Stand der Arzneimittelverordnungen ebenso schnell werden wie in ihrer Informationspolitik zu angeblichen Skandalen in der Ärzteschaft!
dervereinigung Deutschlands immer noch unterschiedliche Finanzierungssysteme zur Berechnung der ärztlichen Vergütung in Ost und West. Das gilt nicht nur für die Gesetzliche Krankenversicherung.
Überhaupt sollten die Krankenkassen ihr Interesse wieder mehr den Patienten zuwenden, nicht den Versicherten und erst recht nicht irgendwelchen Kunden. Krankenkassen sind und sollten bleiben soziale Sicherungsgemeinschaften für den Krankheitsfall. Sie sind keine Profitunternehmen zur Lohnkostensenkung. Krankenkassen haben treuhänderisch die Beitragsgelder zu verwalten, um jedem ihrer Versicherten im Krankheitsfall eine die Not wendende Medizin zu gewährleisten – ich betone „jedem”, damit klar wird, dass Risikoselektion und Listenmedizin nicht zu dem Grundgedanken der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung gehören. Nicht der Beitragszahler, der Patient muss im Mittelpunkt stehen. Auch deshalb haben wir in der Bundesärztekammer – auf Initiative von Frau Kollegin Auerswald – und gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, mit Patientenvertretern und Selbsthilfeorganisationen ein Patientenforum errichtet, das über den regelmäßigen Erfahrungsaustausch hinaus gemeinsames Handeln, etwa bei der Erstellung von Leitlinien, ermöglichen soll. Wir brauchen die Erfahrung der Patienten. Meine Damen und Herren, wir stehen zum Prinzip der Solidarität in der GKV. Das bedeutet jedoch nicht die einseitige Verpflichtung der Berufe im Gesundheitswesen, mangelnde Strukturen und Ressourcen durch Dauereinsatz und Engagement zu kompensieren. Es gibt Grenzen der Belastbarkeit, und die sind längst erreicht. Im Bündnis Gesundheit 2000 betreiben wir in einer Dialogreihe mit den Gesundheitspolitikern der Parteien Aufklärung über Motivation und Arbeitsbedingungen der Leistungsträger im Gesundheitswesen. Es gibt nichts zu beschönigen: Menschen zu helfen ist schwerer geworden! In der niedergelassenen Praxis ringen die Kolleginnen und Kollegen immer noch mit den Budgets und subventionieren schon seit Jahren nicht nur durch den Punktwertverfall die Leistungsfähigkeit der ambulanten Medizin. Auch gibt es 10 Jahre nach der Wie-
Eine eklatante Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes stellt auch der 14%ige Vergütungsabschlag Ost bei der privaten Abrechnung ärztlicher Leistungen dar.
524 |
Der Urologe [B] 5•2001
Zu Recht empfinden die ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen diesen Abschlag als diskriminierend, weil sie bei gleichen Sach- und Personalkosten für dieselbe Arbeit weniger Geld erhalten als die Ärztinnen und Ärzte im Westen. Frau Ministerin, mehr als 10 Jahre nach der deutschen Einheit ist die Zeit reif für eine Normalisierung der Lebensverhältnisse! Zur Normalität würde es auch gehören, dass die Bundesregierung endlich für eine, aktuelle, transparente und ausgewogene Abrechnungsgrundlage der privatärztlichen Leistungen insgesamt sorgt. Die über 20 Jahre alten, in Inhalt und Bewertung unzulänglichen Teile der GOÄ mit obsoleten und überholten Leistungen führen zunehmend zu Fehlinterpretationen und Abrechnungsproblemen, im Einzelfall sogar zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Die Bundesregierung trägt für diese Entwicklung eine politische Mitverantwortung. Wir begrüßen es sehr, Frau Ministerin, dass Sie zugesagt haben, dieses Thema jetzt aufzugreifen und erklären unsere Bereitschaft, erneut über das sog. Vorschlagsmodell zu verhandeln. Wichtigste politische Voraussetzung aber bleibt, dass die Vorschläge der Verhandlungspartner – Bundesärztekammer, PKV-Verband, Vertretung der Länder – zur Aktualisierung des Leistungsverzeichnisses der GOÄ, unbeschadet einer rechtlichen Prüfung, inhaltlich auch vom Bundesrat akzeptiert werden. Meine Damen und Herren, die Belastungen in der Arbeitswelt wandeln sich. Die psychosozialen Belastungen rücken immer stärker in den Mittelpunkt. Die Gründe dafür liegen in mangelnder horizontaler und vertikaler Kommunikation und Kooperation, und das führt nicht selten zu einer erheblichen Arbeitsunzufriedenheit. Große Sorgen bereitet uns v. a. die derzeitige Lage im stationären Sektor.
Was sich heute in unseren Kliniken abspielt, lässt sich gegenüber den Patienten wie auch dem Personal nicht mehr verantworten.
Zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung leisten die angestellten Ärztinnen und Ärzte über 50 Mio.Überstunden im Jahr ohne Bezahlung oder Freizeitausgleich. Und ich sage es auch an dieser Stelle noch einmal: Die Arbeitsbedingungen in deutschen Krankenhäusern grenzen an paralegale Zustände. Dass das Arbeitszeitgesetz nach wie vor in großem Stil missachtet wird, ist ein wirklicher Skandal! Wir können nur hoffen, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu den Arbeitszeiten von Ärzten jetzt zu einem Umdenken führt. Das EuGHUrteil, nach dem Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist, muss nun endlich in den Krankenhäusern umgesetzt werden. Dauereinsätze der Ärztinnen und Ärzte von 25–30 h müssen schnellstmöglich der Vergangenheit angehören. Die Klärung der tatsächlichen ärztlichen Arbeitszeit ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der neuen Krankenhausfinanzierung von entscheidender Bedeutung. Es darf eben nicht sein, dass bei der Kalkulation der „Diagnosis Related Groups” nur die derzeitigen „IstKosten” des Personaleinsatzes, also letztlich nur die bestehenden Stellenpläne erfasst werden. Es müssen vielmehr darüber hinaus: ◗ der tatsächliche (!) ärztliche Arbeitseinsatz, ◗ der sich aus den geleisteten Arbeitsstunden unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils ergebende Mehrbedarf sowie ◗ der vermehrte Dokumentationsaufwand insgesamt einbezogen werden. Gegen die DRGs haben wir – unter den genannten Voraussetzungen – im Prinzip nichts einzuwenden. Die starre, rechtsdogmatische Einführung dagegen halten wir für eine Katastrophe, ist doch die Datenlage bisher völlig unzureichend. Wird die schon jetzt geleistete unentgeltliche Mehrarbeit bei der Kalkulation der leistungsorientierten Pauschalentgelte für die stationäre Behandlung weiter ignoriert, potenziert dies die Problematik der unbezahlten Überstun-
Frau Ministerin, wir müssen sehr sorgfältig überlegen,ob hier nicht Fehlanreize geschaffen werden, die den schwerkranken Patienten an den Rand der Versorgung drängen. Die konsequente Ökonomisie-
rung des Krankenhauses darf nicht völlig über den ursprünglich humanitären Gedanken der Krankenhäuser obsiegen.
Geben Sie uns Ärzten wie auch den anderen Gesundheitsberufen die Möglichkeit, unserer Berufung nachzugehen und Patienten zu helfen und wann immer es geht zu heilen. Stoppen Sie den Vormarsch kalter betriebswirtschaftlicher Rationalität und sorgen Sie mit uns dafür,dass die Menschlichkeit im Krankenhaus nicht untergeht! Das gilt für die Patienten, aber auch für die Beschäftigten. Gerade die jungen Kolleginnen und Kollegen haben sehr unter der zunehmenden Profitorientierung der Krankenhäuser zu leiden. Immer häufiger kommt es zu Knebelverträgen insbesondere mit Assistenzärzten, immer häufiger wird er schlechten Arbeitsbedingungen ausgesetzt und unwürdig behandelt. Angst vor Repressalien, Sorge vor Abmahnungen, Furcht vor der Weigerung des Vorgesetzten, den Arbeitsvertrag zu verlängern und Schwierigkeiten bei der Absolvierung der angestrebten Weiterbildung sind vielfach Gründe für Einschüchterung und Stillhalten und manifestieren damit ein Ausbeutungssystem, das eine ganze Ärztegeneration zu prägen droht. Es geht nicht, dass manche für diese Entwicklung Mitverantwortliche diese Zustände euphemistisch darstellen, indem sie auf das Berufsethos hinweisen. Statt dessen sollten sie intelligenten Arbeitseinsätzen das Wort reden, mit denen sowohl eine Kontinuität der Patientenversorgung als auch eine physiologische Arbeitsbelastung von Ärztinnen und Ärzten zu erreichen sind. Ich danke allen Ärztinnen und Ärzten, die den Mut gefunden haben, sich gegen unverantwortliche Missstände zu wenden und sie auch öffentlich anzuprangern. Sie verdienen unsere Achtung und sie können auf die volle Unterstützung der Bundesärztekammer und ihrer jeweiligen Ärztekammer zählen! Wir haben die Ausbeutung der Arbeitskraft und die Überlastung junger Ärztinnen und Ärzte in diesem Jahr zu einem eigenen Tagesordnungspunkt des Deutschen Ärztetages gemacht – um die Gefahren für die Patientenversorgung aufzuzeigen und um aus diesen Missständen endlich eine res publica zu machen.
Berufspolitik BDU
den. Die künftigen Erlöse der DRG-Pauschalen werden dann nicht mehr ausreichen, um den notwendigen Personalbedarf zu finanzieren.Verwerfungen in der Patientenversorgung sind dann nicht mehr zu vermeiden. Ohnehin kann mir bis heute keiner erklären, warum wir das australische Fallgruppensystem, das im Ursprungsland behutsam und nur in einem Teil der Kliniken realisiert worden ist, nun mit deutscher Gründlichkeit sofort flächendeckend im ganzen Land einführen müssen. Meine Damen und Herren, das ist ein außerordentlich gewagtes Experiment, vor dem wir nur warnen und das aus unserer Sicht nicht zu verantworten ist! Verschärfend kommt hinzu,dass die rein betriebswirtschaftliche Ausrichtung des DRG-Systems zu einer drastischen Reduktion ärztlicher Weiterbildung im Krankenhaus führen kann.Ärztliche Weiterbildung erfordert einen erhöhten Personalbedarf, da Weiterbilder wie weiterzubildender Arzt gemeinsam am Patienten tätig werden müssen. Das DRG-System darf deshalb nicht dazu führen, dass dem ärztlichen Nachwuchs aus Kostengründen eine Weiterbildung verwehrt wird. Es können nicht ständig alle Beteiligten über Qualität schwadronieren und dann einen solchen Quatsch zulassen! Nochmals: Bei sachgerechter Ausgestaltung der Rahmenbedingungen könnte der Nutzen des DRG-Systems beispielsweise in der größeren Transparenz des Leistungsspektrums liegen. Bei einer zu raschen Einführung unter rein betriebswirtschaftlichen Zwängen aber drohen äußerst schädliche Übersteuerungseffekte wie: ◗ der Zwang zur Orientierung am Minimalstandard, ◗ die ökonomische Strangulierung ärztlichen Handelns, ◗ die Hemmung medizinischer Innovation, ◗ die ökonomische Forcierung der OPIndikationsstellung, ◗ die Risikoselektion von Patienten sowie ◗ das Phänomen der „englischen Entlassung” – Sie wissen schon, der „blutige Patient” (Stichwort: erlös- statt bedarfsbezogenes Fallmanagement).
Ich darf dem Kollegen Frank-Ulrich Montgomery bereits an dieser Stelle für sein Engagement bei der Vorbereitung dieses Themas danken. Mein Dank gilt gleichermaßen dem Kollegen HansHellmut Koch, der die dringend notwendige Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung mit Beharrlichkeit und in einer Vielzahl von Gesprächen mit allen Beteiligen vorantreibt. Wir brauchen diese Novelle, denn: ◗ Die Weiterbildungsordnung muss regelmäßig dem medizinischen Fortschritt mit all seinen Ausdifferenzierungen und Spezialitäten angepasst werden. ◗ Die letzte Novelle im Jahre 1992 ist wesentlich geprägt worden von der Zusammenführung der Facharztordnungen der alten Bundesrepublik und der DDR; hier ist nach über 10 Jahren Handlungsbedarf entstanden. Die Eckpunkte der Novelle hat der Deutsche Ärztetag bereits im vorigen Jahr verabschiedet. Im Kern lautet die Richtung, die Grenzen der Gebiete eindeutig zu definieren und Hochspezialisierungen und Innovationen klar zuzuordnen. Die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer haben diese Vorgaben inzwischen in Zusammenarbeit mit den Landesärztekammern in Paragraphen gefasst. Dieses Rahmenwerk steht bei diesem Ärztetag zur Diskussion. Die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Weiterbildungsgänge allerdings wird erst beim nächsten oder übernächsten Ärztetag zur Beratung anstehen. Auch dem werden wieder ausführliche Gespräche mit den Berufsverbänden, den Fachgesellschaften und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vorangehen. Meine Damen und Herren, die Anerkennung zur Führung von Arztbezeichnungen und damit das Weiterbildungsrecht sind ein Kernstück der ärztlichen Selbstverwaltung.Es ist noch wichtiger geworden durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993, mit dem de facto eine Pflichtweiterbildung eingeführt worden ist. Eine eigenverantwortliche ärztliche Tätigkeit im Rahmen der GKV ist ohne abgeschlossene Facharztweiterbildung gar nicht mehr möglich. Die Ärztekammern nehmen ihre Verantwortung auf diesem Gebiet sehr ernst und werden auch in Zukunft dafür sorgen,dass die Weiterbildung inhaltlich auf eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung zugeschnitten ist. Der Urologe [B] 5•2001 |
525
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hoffnung haben wir nach Jahrzehnten nun endlich für die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten. Dem Bundesrat liegt bereits seit geraumer Zeit der Entwurf einer Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte vor. Dieser Entwurf enthält wichtige Elemente für eine grundlegende Reform wie z. B.: ◗ eine Verstärkung der allgemeinmedizinischen Kompetenzen, ◗ die Verzahnung des vorklinischen und des klinischen Studiums, ◗ die Evaluation der Lehre, ◗ die fächerübergreifende Unterrichtsgestaltung sowie ◗ die grundlegende Verbesserung des Prüfungssystems.
Zu den herausragenden Werten der Ausbildung sollte wieder die Sozialkompetenz gehören, und die erwirbt man nicht durch das stumpfsinnige Auswendiglernen für praxisferne Fragebögen! Wegen der Auswirkungen auf das Kapazitätsrecht aber haben die Kultusminister eine Reform über Jahre hinweg blockiert. Um die Sache endlich voranzubringen werden wir gemeinsam mit Ihnen, Frau Ministerin, und dem Herrn Bundeskanzler Schröder eine hoffentlich initiative Dialogveranstaltung am 2. Juli in Berlin durchführen. Für diese Unterstützung, Frau Ministerin Schmidt, gebührt Ihnen unser Dank. Doch das Gesundheitswesen braucht weitere und v. a. nachhaltige Reformen, die Bestand haben.Sie müssen den Anforderungen einer angemessenen Patientenversorgung und den Notwendigkeiten einer modernen Medizin entsprechen. Wir müssen die Rahmenbedingungen ärztlicher Berufsausübung so gestalten, dass der Beruf wieder Berufung sein kann! Wir müssen unser Gesundheitswesen fit machen für die Zukunft – und können dabei sicher aus der Diskussion um die Rentenversicherung lernen. Wie bei der Alterssicherung haben sich auch für die Gesundheitsversorgung die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen grundlegend geändert.Altersentwicklung, Leistungsfähigkeit der Medizin, Veränderung der Einkommensstrukturen und entwickeltes Anspruchsdenken der Versicherten machen ein unvoreingenommenes Nachdenken über die Zukunft der Ge-
526 |
Der Urologe [B] 5•2001
setzlichen Krankenversicherung notwendig. Grundlage muss auch nach unserer Auffassung weiterhin der Solidargedanke sein. Allerdings muss das Verhältnis von Solidarität, Subsidiarität und Eigenverantwortung neu austariert werden. Solidarität bedeutet: Einen Beitrag nach Leistungsfähigkeit zu geben, die Gemeinschaft nur nach Bedarf zu belasten. Dementsprechend müsste die unsolidarische Entwicklung der Beiträge korrigiert werden. Die ausschließliche Anbindung der Krankenversicherungsbeiträge an die Lohneinkommen ist nicht mehr gerecht, Frau Ministerin. In der Relation zu anderen Einkommen ist der Anteil des Lohneinkommens in den letzten Jahren stark gesunken. Das bedeutet, dass immer weniger Personen die Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung auf ihren Schultern tragen. Hinzu kommt die enorme Belastung der GKV durch versicherungsfremde Leistungen, die aber entweder in die Steuerfinanzierung gehören, wenn sie allgemeinen gesellschaftlichen Zielen dienen, oder aber in die Eigenverantwortung, wenn sie lediglich persönlichen Präferenzen dienen. Deshalb ist die Diskussion über den Leistungsumfang der GKV dringend notwendig.
Längst sind die Menschen erwachsen genug mitzubestimmen, wie weit und wie intensiv der Versicherungsschutz über das Notwendige hinausgehen soll. Eröffnen Sie den Menschen die Möglichkeit zur Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Trauen Sie den Menschen, die ihre Altersvorsorge sichern müssen, auch den verantwortlichen Umgang mit ihrer Gesundheit zu! Frau Ministerin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Freiheit und Verantwortung in der modernen Medizin – d. h. für uns vor allen Dingen Freiheit in Verantwortung. Diese ethische Selbstverpflichtung eben ist der entscheidende Unterschied zur Beliebigkeit. Bei keinem anderen Thema offenbart sich diese Differenz so gravierend wie bei der Diskussion um die Sterbehilfe.
Die Entscheidung des niederländischen Parlaments, das Tötungsverbot in bestimmten Fällen aufzuheben und ärztlich gestützte Euthanasie zuzulassen, rührt an den Grundfesten einer humanen Gesellschaft.
Es ist zu befürchten, dass nunmehr auch in anderen europäischen Ländern diejenigen Auftrieb bekommen werden, die einer Legalisierung der Euthanasie das Wort reden. Für uns aber ist eine gezielte Lebensverkürzung durch Maßnahmen, die den Tod herbeiführen oder das Sterben beschleunigen sollen, nach wie vor mit den Prinzipien des Arztberufes unvereinbar. Das hat auch der Weltärztebund wiederholt festgestellt, zuletzt am vergangenen 5. Mai mit nur einer Gegenstimme, und die kam aus den Niederlanden. Denn ethische Werte sind keine Modeerscheinungen der Postmoderne, ethische Werte sind Prinzipien des Humanismus, ihrem Wesen nach unverbrüchlich, vielleicht sogar naturgegeben. Wie schnell allerdings solche Werte durch Ignoranz, Ideologie oder schlicht durch eine Gebrauchsethik ersetzt werden können, zeigt schon ein kurzer Blick zurück in die Vergangenheit. Das Euthanasie-Programm der Nazis, die Vernichtung sog. lebensunwerten Lebens, nahm seinen Anfang in der Diskreditierung des Verbots aktiver Sterbehilfe. Erst als Tötung auf Verlangen gesellschaftlich akzeptiert erschien und das unbedingte Lebensrecht des Menschen an sich schon nichts mehr galt, begannen die Nazis mit der Massentötung behinderter Menschen. Der Bevölkerung wurde dann eingeredet, man täte den „armseligen Kreaturen” – wie es damals hieß – nur einen Gefallen und gewähre ihnen deshalb den „Gnadentod”. Ohne die Gleichgültigkeit bzw. schweigende Zustimmung in der Bevölkerung hätten diese Mordtaten an psychisch Kranken, geistig und körperlich Behinderten so nicht geschehen können. Warum dieser kleine Exkurs in unsere Geschichte? Ich glaube, dass ethische Werte verteidigt werden müssen, wenn sie bewahrt werden sollen, dass man für die Werte des Humanismus kämpfen muss und dass Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber den Schwächeren der Anfang vom Ende sind. Auch dürfen wir uns nicht gefälligen Argumentationen des Zeitgeistes hingeben und uns allzu sehr von Meinungsumfragen beeindrucken lassen. Zumal wenn sie lapidar formuliert sind wie etwa „Sollte die aktive Sterbehilfe erlaubt werden?”. Wer denkt da nicht sofort an das Selbstbestimmungsrecht des mündigen Menschen? Wie aber würde wohl das Ergebnis einer solchen Umfra-
„Wer meint,dass getötet werden darf, wer getötet werden will,wird leicht zu dem Schluss kommen, dass nur der nicht getötet werden darf, der nicht getötet werden will.” Es ist deshalb nicht nur Verpflichtung der Ärzte, sondern aller Menschen in diesem Land,die Unverfügbarkeit menschlichen Lebens anzuerkennen und zu bewahren. Deshalb plädieren wir mit Nachdruck für einen Ausbau der Hospize und der palliativmedizinischen Versorgung und wenden uns mit aller Macht gegen jeden Versuch, Ärzte zu staatlich legitimierten Euthanatikern zu machen! Wie am Ende des menschlichen Lebens so müssen wir uns auch an dessen Beginn immer wieder darauf besinnen, was originäre Aufgabe des Arztes ist. Darüber haben wir gerade bei der Präimplantationsdiagnostik in der Ärzteschaft eine intensive Diskussion geführt. Und ich bin dem Chefredakteur des Deutschen Ärzteblattes, Herrn Jachertz, außerordentlich dankbar, dass er in einer umfangreichen Dokumentation die verschiedenen Meinungsbeiträge für uns zusammengefasst hat. Unser grundlegendes Problem in der Bewertung neuester Medizintechniken liegt in ihrem offensichtlichen Wertewiderspruch. Einerseits versprechen sie bisher unheilbare Krankheiten zu heilen oder zu verhindern, zum anderen aber drohen wir in die Selektion oder Verwertung menschlichen Lebens zu geraten. Auch der Gesetzgeber kann längst nicht mehr Schritt halten mit medizinischem Fortschritt. So regelt das Embryonenschutzgesetz von 1990 zwar den Umgang mit befruchteten Eizellen und Embryonen bis zur Nidation. Inwieweit aber
die Präimplantationsdiagnostik – oder auch PID – mit diesem Gesetz vereinbar ist, ist nach wie vor umstritten. Mit dem „Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik”vom Februar vergangenen Jahres,in dem die Zulassungskriterien äußerst restriktiv gefasst sind, haben wir den öffentlichen Diskurs zu diesem Thema gefordert, ja regelrecht provoziert. Wir wollten Problembewusstsein schärfen und es sollte niemand mehr sagen können, er habe nicht gewusst,um was es geht.Dafür sind wir auch gescholten worden. Aber es bleibt dabei, was auch Bundespräsident Johannes Rau in seiner jüngsten, bemerkenswerten Berliner Rede angemerkt hat:
„Nachdenken kann man nur, wenn zwischen Entdeckung und Anwendung Zeit bleibt, wenn wir die möglichen Folgen bedenken können, bevor sie eingetreten sind.” Ich darf noch einmal daran erinnern: Durch die rasante Entwicklung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin ist es in den vergangenen Jahren möglich geworden, einen Embryo außerhalb des Mutterleibes zu erzeugen und bereits in den ersten Tagen nach der Befruchtung auf bestimmte genetische Belastungen oder Chromosomenstörungen zu untersuchen. Nach einer solchen Präimplantationsdiagnostik kann entschieden werden, ob eine Einnistung erfolgen oder ob der Embryo dem Absterben anheim gegeben werden soll. Die PID ermöglicht es erblich schwer belasteten Paaren mit Kinderwunsch, auf eine sog. „Schwangerschaft auf Probe”, also auf Postunidationsdiagnostik bzw. Pränataldiagnostik mit der möglichen Konsequenz eines Schwangerschaftsabbruchs, zu verzichten. In 11 Ländern der Europäischen Union ist die PID erlaubt, in 3 Ländern ausdrücklich verboten, in Deutschland bisher umstritten – und das zu Recht. Denn allein schon auf Grund von Gesetzgebung und Rechtsprechung ist der Mensch bei uns in seiner Entwicklung vom befruchteten Ei bis zum Greis unterschiedlich geschützt: 1. Der Keim, also das in Teilung befindliche befruchtete Ei im Reagenzglas ist de jure und zugleich de facto geschützt. 2. Der Embryo im Mutterleib ist zwar de jure geschützt, de facto aber nicht: a)vor der Nidation durch die Spirale oder die Pille danach als Mittel der
Berufspolitik BDU
ge aussehen, wenn die Frage lautete: „Sollte ihr Arzt Patienten im finalen Stadium töten dürfen?” Wir müssen uns mit aller Macht dagegen wenden, dass ein gesellschaftliches Klima entsteht, das Sterbehilfe zum Mittel der Wahl bei schwerstkranken und lebensmüden Menschen erklärt. Schon eine Relativierung würde unweigerlich auf eine schiefe Ebene führen. Denn dadurch würde auch der Druck auf diejenigen Patienten, welche sich den Tod nicht wünschen, sondern bis zum letzten Atemzug zu hoffen wagen, unerträglich steigen. Jan Roß hat recht wenn er sagt:
Einnistungsverhütung – d. h. ohne konkrete Konfliktsituation Frau/Kind; b)nach der Nidation wegen der Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs wegen eines Konfliktes Frau/Kind bis zur 12. Schwangerschaftswoche; c) während der gesamten Schwangerschaftsdauer bei sog. medizinischer Indikation (nach Pränataldiagnostik) bis zum Geburtsbeginn. 3. Sonderfall: Ein Kind, das den Schwangerschaftsabbruch überlebt hat, ist de jure und de facto geschützt – trotz des Konfliktes Frau/Kind. Schlussfolgerung: Eine völlig inkonsistente Rechtslage, die auch der Verfassung nicht entsprechen kann. Eine unerträgliche Situation für unsere Gynäkologen und Perinatalärzte! Darüber hinaus sind weitere wichtige Fragen ungeklärt: ◗ Wie lässt sich gewährleisten, dass der Embryo nur auf die genetischen Belastungen oder Chromosomenstörungen der Eltern untersucht wird? ◗ Ist es sicher auszuschließen, dass die Entnahme einer Zelle zur Diagnostik wirklich keine Schädigung des „Rest”-Embryos zur Folge hat? ◗ Darf ein künstlich gezeugter Embryo im Reagenzglas nicht untersucht werden, während ein Embryo im Mutterleib jederzeit untersucht werden darf? ◗ Und schließlich: Lässt sich die Möglichkeit eines Spätschwangerschaftsabbruchs nach Pränataldiagnostik mit einem Verbot der PID widerspruchsfrei vereinbaren? Wie wird denn schon jetzt im Rahmen einer IvF-Behandlung mit Embryonen verfahren, die als schadhaft gelten oder infiziert sind? Man lässt sie sterben. Ich persönlich sehe die Präimplantationsdiagnostik von ihrer Intention her genauso wie die Pränataldiagnostik primär nicht als selektive Methode, sondern als eine Möglichkeit, erbbelasteten Eltern zu einem gesunden Kind zu verhelfen. Man kann das ablehnen und Paaren mit einer schweren erblichen Belastung empfehlen,auf Kinder zu verzichten.Das wäre uneingeschränkt auch meine Präferenz. Und ich stimme dem Bundespräsidenten uneingeschränkt zu in seiner Feststellung:
Der Urologe [B] 5•2001 |
527
„Wenn es die Möglichkeit gibt, Kinder künstlich zu erzeugen oder die genetischen Anlagen eines Embryos zu testen – entsteht dann nicht leicht eine Haltung,dass jede und jeder,der eigene Kinder bekommen will, auch das Recht dazu habe – und zwar sogar ein Recht auf gesunde Kinder? Wo bisher unerfüllbare Wünsche erfüllbar werden oder erfüllbar erscheinen, da entsteht daraus schnell ein Anschein von Recht. Wir wissen aber doch, dass es ein solches Recht nicht gibt.” Aber, meine Damen und Herren, ist diese Auffassung noch mehrheitsfähig, seit die In-vitro-Fertilisation zugelassen ist und Pränataldiagnostik durchgeführt wird mit dem Ziel, intrauterin mögliche Erbschädigungen bei Kindern festzustellen und diese Kinder dann abzutreiben? Deshalb sage ich: Durch ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik allein ist die Welt nicht in Ordnung zu bringen. Die Problematik ist komplexer und sollte nicht simplifiziert diskutiert werden. Ich mahne aber zugleich, dass wir dann die PID unter strikter Kontrolle halten müssen, damit nicht Antworten gesucht werden auf Fragen, die wir nicht stellen wollen. Dann nämlich wäre PID tatsächlich der erste Schritt in Richtung Selektion. Bedingt durch die derzeit ungeklärte Rechtslage in Deutschland sehen sich Ärzte häufig dazu gedrängt, ratsuchende Paare mit erblichen Belastungen in einer Konfliktsituation auf eine Behandlung im Ausland hinzuweisen und sich dadurch möglicherweise strafbar zu machen.Dies ist für die Ärzteschaft eine untragbare Situation. Deshalb appellieren wir dringend an den Gesetzgeber, eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen und für den Fall einer Zulassung der PID weitere Kriterien einer restriktiven Handhabung mitzugestalten. Diese ganze Diskussion wäre im Übrigen überflüssig,wenn wir in unserer Gesellschaft Behinderte ohne Wenn und Aber akzeptieren würden. Um so wichtiger ist es, dass wir Ärzte immer wieder klarstellen, dass Menschen selbst im frühesten Stadium ihrer Entwicklung, also von der Verschmelzung der Gameten an, nicht für andere Menschen verfügbar gemacht werden dürfen.
Es darf niemals so sein,dass Menschen für den Heilungsprozess anderer ausgenutzt werden. Verbrauchende Embryonenforschung lehnen wir deshalb strikt ab.
528 |
Der Urologe [B] 5•2001
Eine ethisch vertretbare Alternative ist die Forschung mit adulten Stammzellen oder Stammzellen aus Nabelschnurblut. Diese müssen wir fördern, so wie es auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft in ihrer vorletzten Stellungnahme noch empfohlen hat. Meine Damen und Herren, mit wissenschaftlichen Stellungnahmen ist das ja manchmal so eine Sache. Nicht immer zeichnen sie sich ausschließlich durch Stringenz aus. Obwohl der überwiegende Teil des Gutachtens des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen Begrüßenswertes enthält wie z. B.: ◗ die InfragesteIlung der langjährigen Kostendämpfungspolitik, ◗ die Priorisierung der Versorgungsbedürfnisse und ◗ die Warnung vor Fehlern bei der Einführung der DRGs, ◗ an die Öffentlichkeit gelangte ein regelrechtes Zerrbild des deutschen Gesundheitswesens. Da wurde suggeriert: Das deutsche Gesundheitswesen nehme im internationalen Vergleich hinsichtlich der Kosten eine Spitzenstellung ein, die Leistungen seien aber nur mittelmäßig – und das liege angeblich zu einem guten Teil an den mangelnden Fortbildungsanstrengungen der Ärzteschaft. Von einem wissenschaftlichen Gutachten hätten wir uns etwas mehr Differenzierungsvermögen und konstruktive Kritik erwartet. Wir haben den Sachverständigen, der in einem Interview von „minderwertigen und bruchstückhaften” ärztlichen Behandlungen gesprochen hat, sofort eingeladen, sich vor Ort kundig zu machen – oder wenigstens kundig machen zu lassen. Denn wie ist es wirklich um die ärztliche Fortbildung in Deutschland bestellt? Der weitaus größte Teil der Ärztinnen und Ärzte kommt seiner Verpflichtung engagiert und vor allen Dingen regelmäßig nach. So finden alljährlich allein in Nordrhein-Westfalen nahezu 4000 Fortbildungsveranstaltungen statt,und diese sind sehr gut besucht.Das Engagement unter den Kolleginnen und Kollegen ist riesengroß, und das lassen wir uns auch nicht kaputtreden! Im Übrigen, meine Damen und Herren, darf Fortbildung keinesfalls reduziert werden auf die Teilnahme an Veranstaltungen. Das Studium der Fachliteratur oder die Konsultation von Kollegen
zu speziellen Problemen sind gleichwertige Methoden der Fortbildung.
Es muss dabei bleiben, dass jeder Arzt und jede Ärztin ganz individuell die Art und Weise der Fortbildung wählen kann. Das gehört zu unserem Verständnis vom Arztberuf als Freiem Beruf. Und dieser Ansatz funktioniert sehr gut, wie wir in der Praxis erleben. Jede Zwangsregulierung der ärztlichen Fortbildung,die das Engagement der Kolleginnen und Kollegen zu Gunsten von Formalismus und Bürokratismus ersticken würde, lehnen wir entschieden ab! Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen liegt einfach daneben, wenn er eine „Rezertifizierung von allen Ärzten nach angelsächsischem Vorbild”, das heißt mit regelmäßigen Nachweisen und Prüfungen verlangt. Weder hat England eine solche Rezertifizierung noch ist diese geplant. Da zeigt der Sachverständigenrat den Mut zur Wissenslücke,meine Damen und Herren. Die ganze Diskussion um den so genannten Ärzte-TÜV ist wenig qualitätsgesichert. Die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland leisten hervorragende Arbeit und halten jedem internationalen Vergleich stand. Das wird v. a. an der hohen Zufriedenheit der Patienten deutlich. Trotz schwierigster Bedingungen unter rein ökonomisch ausgerichteten Budgets bewegt sich die ärztliche Versorgung in Deutschland auf einem hohen Niveau. Wir sollten nicht zulassen,dass dieses Niveau zerredet wird. Ich finde es deshalb bemerkenswert,wie Sie,Frau Ministerin, in Ihrer Regierungserklärung vom 17.Mai Qualität und Engagement von Ärzten, Pflegekräften und all den anderen Gesundheitsberufen hervorgehoben haben. Der Dialog ist aufgenommen, meine Damen und Herren, und wir haben einen, ich möchte mal sagen, Kammerton gefunden, der eine Verständigung ermöglicht. Inwieweit der Runde Tisch nun allerdings auch eine runde Sache wird hängt maßgeblich davon ab, ob wir einen Konsens darüber finden, was wir als notwendig betrachten und wie wir mit den Möglichkeiten der modernen Medizin umgehen wollen. Den medizinischen Fortschritt auch zukünftig in einem solidarischen Gesundheitswesen zu sichern, das ist doch die wirklich große Herausforderung, vor der wir stehen. Die politischen Konzepte von gestern
nen gerecht werden. Wir brauchen Phantasie und müssen den Menschen endlich mehr Möglichkeiten eröffnen, eigenverantwortlich zu handeln. Freiheit und Verantwortung sollten gleicherma-
Berufspolitik BDU
nutzen dabei ebenso wenig wie die polemischen Schwarze-Peter-Spiele mit dem „Halbgott in Weiß”.Wir brauchen Ideen, die unserer älter werdenden Gesellschaft wie auch den kommenden Generatio-
ßen die tragenden Prinzipien zukunftsweisender Gesundheitspolitik werden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und erkläre den 104. Deutschen Ärztetag für eröffnet.
Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände
Patienten wünschen direkten Facharztzugang R
und 2/3 der Patienten, die beim Facharzt vorstellig werden, kommen ohne vorherige Konsultation eines Hausarztes. Dies belegt die Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände (GFB) durch eine der europaweit größten Online-Studien. Nach einer Vorauswertung von rund 50.000 der insgesamt rund 250.000 Fragebögen beschränkt sich die immer wieder geforderte Lotsenfunktion des Hausarztes im Falle einer Überweisung häufig allein auf die Angabe der Fachgruppe. Wird eine Verdachtsdiagnose gestellt, so zeigt sich, dass diese überwiegend zutrifft oder zumindest in die richtige Richtung weist. “Man muss akzeptieren, dass die Bevölkerung den direkten Zugang zum Facharzt wünscht und umsetzt, ohne dass die medizinische Qualifikation der Hausärzte deswegen entscheidende Defizite aufweist”, kommentierte GFB-Präsident Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg die Vorstellung erster Ergebnisse der Studie. Lediglich 35% der Patienten, die beim Facharzt vorstellig werden, konsultieren vorher ihren Hausarzt. Von diesem Drittel werden 10% ohne jede Begleitdokumentation und ohne Überweisungsschein geschickt. Bei weiteren 10% sind die Angaben des Überweisungsscheins nicht verwertbar. Die große Mehrheit von 80% der Überweisungen sind mit einer korrekten (45%) oder zumindest richtungweisenden (35%) Diagnose versehen. Angaben zu Begleiterkrankungen, wesentlichen Vorbefunden oder bisherigen Therapieschritten finden sich allerdings nicht.
“Wir bedauern sehr, dass der Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands – Hausärzteverband – (BDA) e.V. die Umfrage im Vorfeld in teilweise diffamierender Form kritisiert hat. Ergebnisse wurden mit quasi hellseherischen Gaben bereits zu einem Zeitpunkt als unwissenschaftlich und falsch dargestellt, zu dem noch nicht einmal das Auswertungsteam die Daten vorliegen hatte. Dann muss wohl auch falsch sein, dass die Überweisungsscheine in aller Regel eine zutreffende Diagnose enthalten”, kritisierte Rüggeberg die BDA-Vorwürfe einer tendenziösen und einseitigen Datenerhebung. Unverständlich sei, dass die Hausärzte aufgrund der Studiendurchführung Gespräche mit der GFB als Dachverband der Fachärzte ausgesetzt hätten. Es sei angesichts geplanter Strukturveränderungen im Gesundheitswesen dringend notwendig, Patientenwünsche und Verhaltensweisen zu analysieren, betonte Rüggeberg. Es dürften mit unbewiesenen Behauptungen keine Strukturen herbei geredet werden, die an den Bedürfnissen der Patienten vorbeigingen. “Natürlich handelt es sich bei der Studie nicht um eine Befragung des Bevölkerungsquerschnittes. Es geht vielmehr um die Frage, wie sich Patienten im Falle einer Erkrankung tatsächlich verhalten”, so Rüggeberg. Gesunde denken und argumentieren anders als Erkrankte, denen das ärztliche Interesse gelte. Die Studie widerlege eindeutig, dass ein hausärztlich gestütztes Primärarztsystem den angeblichen Patientenwünschen in Deutschland entspreche. “An-
dererseits sollten sich die Verantwortlichen im Gesundheitssystem intensive Gedanken über eine sinnvolle Aufgabenteilung innerhalb der verschiedenen Versorgungsbereiche machen”, forderte Rüggeberg. Im konstruktiven Dialog müsse es gelingen, vorhandene Schnittstellen zwischen dem Fach- und dem Hausarzt sowie dem Krankenhaus optimal zu nutzen und einen effizienten Informationsfluss zu gewährleisten. Rüggeberg:“Die Studie zeigt, dass – trotz zutreffender Diagnosestellung – die Überweisungen in der jetzigen Form ungeeignet sind, relevante und umfangreiche Patienteninformationen zu vermitteln. Die Fachärzte haben bereits Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Diese sehen ausdrücklich eine enge Einbindung der Hausärzte in eine gemeinsame Patientenbetreuung vor.” Ein Primärarztsystem könne aber angesichts der vorgestellten Studienergebnisse nicht gegen den ausdrücklichen Willen und die Gewohnheiten der Patienten installiert werden.
Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände, GFB-Pressemitteilungen; In: facharzt.de – Der Nachrichtendienst für Ärzte Der Urologe [B] 5•2001 |
529
R. Ratzel, München
Geschützter Versicherungszeitraum und Nachhaftungsversicherung G
emäß § 149 VVG ist der Versicherer verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser aufgrund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Gemäß § 3 I AHB beginnt der Versicherungsschutz in der Regel mit der Einlösung des Versicherungsscheins durch Zahlung der Prämie. Regelmäßig ist in den Versicherungsscheinen aber ein fester Zeitpunkt vereinbart, ab dem auch dann schon Versicherungsschutz besteht, wenn die Prämie erst später angefordert und dann unverzüglich gezahlt wird (§ 3 I Abs. 3 AHB). Versicherungsschutz besteht zunächst für die im Versicherungsvertrag vereinbarte Zeitdauer. Beträgt diese mindestens ein Jahr, verlängert sich der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht zuvor rechtswirksam gekündigt wurde (§ 9 I AHB). Versicherungsschutz besteht für die während der Versicherungszeit „eintretenden“ Tatsachen. Darunter versteht man nach überwiegender Auffassung1 das sogenannte „Schadensereignis bzw. die Folgenereignistheorie“2. Dies ist umstritten, nachdem der BGH3 Anfang der 80er-Jahre auf den Zeitpunkt des Verstosses – unabhängig vom Schadenseintritt – abstellte. Dieses Urteil hat jedoch insoweit keine weitreichende Bedeutung mehr,
1 Späte, AHB,Vorbemerkungen Rn.12.; a.A.
OLG Nürnberg Urt.v. 18. 5. 2000, Az. 8 U 4755/99, das Urteil betraf zwar eine Klausel, in der noch von „Ereignis“ und nicht von „Schadensereignis“ die Rede war; insofern kam es nicht auf die Änderung des BAV aus dem Jahre 1982 an. Das OLG hatte aber ohnehin Bedenken, ob diese Neuformulierung die Kausalerereignistheorie zu Gunsten der Folgeereignistheorie verdrängenkönne. 2 Späte, § 1, RZ 26. 3 BGHZ 79, 76.
530 |
Der Urologe [B] 5•2001
als die AHB mit Unterstützung des BAV 1982 entsprechend präzisiert und die Schadensereignistheorie in den Bedingungen festgeschrieben wurde. Nach einer neueren Entscheidung des OLG Nürnberg4 kommt dieser Änderung der AHB jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Maßgeblich sei, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer derartige Klauseln verstehe. Gerade ein Arzt gehe beim Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung davon aus, dass sie diejenigen Schäden abdecke, für die er während des Versicherungszeitraums die Ursache gesetzt habe (Kausalereignistheorie im Gegensatz zur Folgeereignistheorie). Für eine Notwendigkeit zum Abschluß einer sog. Nachhaftungsversicherung (dazu unten) bleibt nach dem Urteil des OLG Nürnberg daher i.d.R kein Raum. Für den Versicherungsnehmer kann jede der beiden Theorien Vor- und Nachteile haben5. Im konkreten Fall (Strahlenschaden) war die Entscheidung des OLG Nürnberg für den versicherten Arzt vorteilhaft (er hatte entgegen der Auffassung seiner Berufshaftpflichtversicherung doch Versicherungsschutz). Die Folgeereignistheorie kann aber z.B. dann vorteilhaft sein, wenn sich seit dem maßgeblichen Kausalereignis und dem Schadenseintritt die Deckungssummen zugunsten des Arztes verbessert habe. Fallen Verstoß und Schadenseintritt zusammen, ist diese ganze Diskussion überflüssig. Gerade im Bereich des Heilwesens ist es jedoch gar nicht so selten, dass die später einen Schaden auslösende Ursache zu einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem man
4 OLG Nürnberg Urt.V. 18. 5. 2000,
Az. 8 U 4755/99. 5 Zu den Nachteilen der Claims-Made-Regelung siehe unten; zur Rechtsentwicklung im übrigen Späte, § 1 Rz. 40.
noch nicht von einem Schadenseintritt sprechen kann. Typisches Beispiel ist die unzureichende durchgeführte Sterilisation bzw. Konzeptionsberatung. Verstoß ist die fehlerhafter Operation bzw. Beratung, Schadenseintritt aber erst die später stattfindende Geburt des familienplanungswidrig gezeugten Kindes. Ähnliche Beispiele lassen sich im Bereich der Dauer- und/oder Fehlmedikation oder auch im Rahmen der Strahlentherapie bilden (s.o.). Das Schadensereignis ist aber nicht erst dann eingetreten, wenn sich der Schaden „fulminant“ im Körper des Patienten manifestiert, sondern bereits bei den ersten Merkmalen6. Scheidet der niedergelassene Arzt aus dem Berufsleben aus, so können gegen ihn auch nach diesem Zeitpunkt noch Haftpflichtansprüche geltend gemacht werden. Ist der Schaden noch während des versicherten Zeitraums eingetreten, aber erst nach Beginn des Ruhestands geltend gemacht worden, ist eine Deckung unproblematisch. Da es bei bestimmten Konstellationen jedoch vorkommen kann, dass der Schaden erst geraume Zeit nach dem Verstoß/der schädigenden Handlung eintritt, empfiehlt die Versicherungswirtschaft den Abschluß einer sog. Nachhaftungsversicherung, die normalerweise von dem Versicherer angeboten wird, bei dem der Arzt zuletzt versichert war. Nach der oben dargestellten Entscheidung des OLG Nürnberg7 kann dies überflüssig sein. Wie andere Oberlandesgerichte entscheiden werden ist aber völlig offen. Wer auf der sicheren Seite bleiben will, wird daher auch in 6 siehe hierzu die „Erste-Tropfen-Theorie“ des BGH, LG Hamburg,VersR 1992, 1349; OLG Saarbrücken,VersR 1993, 876; BGH VersR 1974, 741; 1984, 630. 7 OLG Nürnberg, Urt.v. 18. 5. 2000, Az. 8 U 4755/99.
chung8. Dies muss sich ein Arzt, der die neuen Möglichkeiten des liberalisierten Versicherungsmarktes nutzen will, gut überlegen. Angenommen er will später von seinem englischen Versicherer wieder zu einem deutschen Versicherer wechseln, kann nämlich eine nicht mehr schließbare Deckungslücke eintreten. Wird er nach dem Versicherungswechsel zu dem deutschen Unter-
8 siehe hierzu J. Flatten,
Die Arzthaftpflichtversicherung, VersR 1994, 1019 ff.
Berufspolitik BDU
Zukunft an den Abschluss einer Nachhaftungsversicherung denken. In diesem Zusammenhang ist die Problematik unterschiedlicher Haftpflichtversicherungssysteme in Europa hinzuweisen. Während die deutschen AHB auf den Schadenseintritt als maßgebliches Kriterium abstellen, ist es bei vielen angelsächsischen Versicherungen der Zeitpunkt der Geltendma-
nehmen mit einem Anspruch konfrontiert, dessen Grund während seiner Versicherungszeit bei dem englischen Versicherer eingetreten ist, wird dieser sich darauf berufen, die Geltendmachung sei nach Vertragsende erfolgt. Der deutsche Versicherer wird einwenden, der Schadenseintritt falle in den Vorversicherungszeitraum.
Dr. Rudolf Ratzel Rechtsanwalt Maximiliansplatz 12/IV 80333 München
J. Heberer • T. Mischkowsky, Berlin
Wahlleistungsvereinbarung bei nicht ansprechbaren (Notfall-)Patienten V
oraussetzungen für die gesonderte Liquidation wahlärztlicher Leistungen sind neben dem Bestehen des Liquidationsrechts des behandelnden Arztes das Vorliegen einer wirksamen WahllFeistungsvereinbarung (Vertrag PatientKrankenhaus) und eines wirksamen ArztZusatzvertrages (Behandlungsvertrag Arzt-Patient). Rechtstechnisch gesehen sind also zwei Verträge zu schließen: Die zwischen Krankenhaus und Patient zu treffende Wahlleistungsvereinbarung und der Vertrag zwischen privatliquidationsberechtigtem Arzt und Patient über die Erbringung wahlärztlicher Leistungen. Die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung und damit auch des Wahlarztvertrages hängt gemäß § 22 BPflV von einer Reihe beim Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung zu beachtender formaler Vorschriften ab, deren Nichteinhaltung die Wahlleistungsvereinbarung unwirksam macht. So muß gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV die Wahlleistungsvereinbarung vor Erbringung schriftlich abgeschlossen werden. Damit soll der Patient vor über-
eilten Entscheidungen mit für ihn regelmäßig nicht überschaubaren Kostenrisiken geschützt werden. Ein rückwirkender Abschluß mit dem Ziel, bereits erbrachte Leistungen dem Arzt als liquidationsfähig zu erhalten, ist unwirksam. Dem Patienten müssen überdies gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV vor Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung die Informationen über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen näher gebracht werden. Darüberhinaus muß der Patient gemäß § 22 Abs. 3 BPflV darauf hingewiesen werden, daß sich die Vereinbarung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten privatliquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses bezieht (sog. Wahlarztkette). Wird nun ein privat versicherter Patient in einem Zustand, welcher dem Krankenhaus wie auch dem Patienten die Einhaltung der vorbeschriebenen formalen Voraussetzungen unmöglich macht (beispielsweise bewußtlos oder bewußtseinseingeschränkt aber auch
unter Einfluß von Medikamenten aus präklinischer Behandlung oder unter Alkoholeinfluß) in das Krankenhaus eingeliefert, stellt sich regelmäßig die Frage, in welcher Weise die formalen Voraussetzungen der Bundespflegesatzverordnung eingehalten werden können, um den Patienten die von ihm mutmaßlich gewünschte Privatbehandlung angedeihen lassen zu können. Die vielfach – besonders von Privatversicherungen aber auch Gerichten – geäußerte Auffassung, ein nicht artikulationsfähiger Patient könne einen etwaigen Willen zum Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung bzw. über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen nicht zum Ausdruck bringen, mit der Folge, daß er lediglich auf dem Niveau eines Allgemeinpatienten zu behandeln sei und erbrachte wahlärztliche Leistungen nicht liquidationsfähig seien, greift jedenfalls zu kurz: Es gibt keinen nachvollziehbaren Anlaß anzunehmen, daß ein Patient, der sich über Jahre hinweg mit seinen Beiträgen zur privaten KrankenversicheDer Urologe [B] 5•2001 |
531
rung den besonderen privaten Versicherungsschutz erkauft hat, ausgerechnet in einer Notsituation auf den Vorzug der Chefarztbehandlung zu verzichten wünscht. Der Patient wird vielmehr gerade in dem Falle, in welchem er selbst nicht mehr aktiv auf seine Behandlung Einfluß nehmen kann, die kompetenteste und bestmögliche Versorgung, wie sie regelmäßig durch die Chefarztbehandlung gewährleistet wird, wünschen. Wie kann also dem mutmaßlichen Patientenwillen in solchen Fällen zur Geltung verholfen werden? Nicht nur unethisch, sondern auch rechtlich bedenklich wäre es, den Patienten nach Wiedereintreten der Rechtsfähigkeit, also zum Beispiel beim ersten Erwachen etwa auf der Intensivstation nunmehr sofort um die Unterschrift unter die Wahlleistungsvereinbarung und den Wahlarztvertrag zu bitten,zumal damit allenfalls die ab diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen privatliquidationsfähig wären,obwohl zu diesem Zeitpunkt die Hauptleistung beispielsweise des Chirurgen bereits erbracht sein und diese damit nicht gesondert privat liquidiert werden dürfte. Unbenommen ist dem Patienten jedoch, sich beim Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung und des Wahlarztvertrages durch einen anderen vertreten zu lassen (§ 164 Abs. 1 BGB). Die rechtsgeschäftliche Vertretung hierbei ist beispielsweise auch bei geschäftsunfähigen (z. B. Kinder bis zum 7. Lebensjahr) oder beschränkt Geschäftsfähigen (z. B. Minderjährige vom 7. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) durch deren Eltern üblich und wirksam. Der Patient kann sich dabei grundsätzlich durch jedermann vertreten lassen.
532 |
Der Urologe [B] 5•2001
Am besten geeignet für die rechtsgeschäftliche Vertretung ist selbstverständlich der Ehegatte oder Lebensgefährte des Patienten, soweit dieser den Patienten bei der Aufnahme begleitet oder in anderer Weise kurzfristig erreichbar ist. Der Ehegatte kennt im Allgemeinen den Versicherungsstatus des Patienten und auch dessen mutmaßlichen Willen, so daß die vom Ehegatten in Vertretung des Patienten geschlossenen Verträge (Wahlleistungsvereinbarung und Vereinbarung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen) regelmäßig voll wirksam sein werden. Der anwesende Ehegatte kann dabei auch die sonstigen Informationen und Belehrungen (über die Entgelte der Wahlleistungsvereinbarung, Wahlarztkette etc.) in Vertretung des Patienten entgegennehmen. Ist der Ehegatte nicht anwesend oder erreichbar, kann die rechtsgeschäftliche Vertretung auch durch einen sonstigen anwesenden Angehörigen des Patienten oder einen sonstigen Dritten, den Patienten begleitenden Vertreter in gleicher Weise erfolgen. Zu achten ist jedoch dabei darauf, daß zur Vermeidung von Rechtsnachteilen der jeweilige Vertreter sich gegenüber dem Krankenhaus vollständig in der Weise legitimiert, daß dem Krankenhaus die Personalien des Vertreters bekannt sind. Ist sonst keine den Patienten begleitende, als Vertreter geeignet erscheinende Person vorhanden, könnte schließlich sogar ein Krankenhausmitarbeiter in Vertretung des Patienten die notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgeben. Hierbei ist zwar zunächst davon auszugehen, daß ein Krankenhausmitarbeiter eher keine Vertretungsmacht besitzt, im Namen des Patienten rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Gemäß § 177 Abs. 1 S. 2 BGB hängt
die Wirksamkeit des Vertrages für und gegen den Patienten jedoch von dessen Genehmigung ab, d. h. der Patient ist nicht gehindert, mit voller Wirksamkeit gegenüber seiner Krankenversicherung eine solche Vertretung nachträglich zu genehmigen. Es trägt der Vertreter (in diesem Beispielsfalle der Krankenhausmitarbeiter) zwar das Risiko, daß der Patient die Vertretung nachträglich nicht genehmigt mit der Folge, daß der Krankenhausmitarbeiter als Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 Abs. 1 BGB selbst für die entstandenen Privatliquidationskosten haftet. Es wäre in diesem Falle Sache des Privatliquidationsberechtigten, bei fehlender Genehmigung des Patienten auf die aus der Privatbehandlung erwachsenen Honoraransprüche gegenüber dem Krankenhausmitarbeiter zu verzichten. Weitere Risiken trägt der Krankenhausmitarbeiter in diesem Falle jedoch nicht. Auf diese Weise jedoch kann sichergestellt werden, daß dem mutmaßlichen Willen des vorübergehend nicht geschäftsfähigen Patienten Rechnung getragen wird, auch im Notfalle bestmögliche Versorgung entsprechend seiner geleisteten Versicherungsbeiträge zu erhalten.
Dr. jur. J. Heberer Rechtsanwalt, München, Justitiar BDC, Berlin Prof. Dr.T. Mischkowsky Chefarzt Kempten, Referatsleiter Unfall-Chirurgie BDC, Berlin
Berufspolitik BDU
G.H. Schlund, München
Aufklärungs- und Dokumentationspflicht des Arztes Neueste Rechtsprechung
Vorbemerkungen In so kurzer Zeit, wie sie dem Referenten eingeräumt wurde, um über die neueste Entwicklung im Arztrecht hinsichtlich ärztlicher Aufklärungs- und Dokumentationsverpflichtung zu sprechen, verlangt schon ein Höchstmaß an Konzentration – beim Vortragenden wie auch bei seinen Zuhörern. Wer aber meint, die in den stets steigenden Zahlen ärztlicher Haftungsprozesse immer mehr in den Vordergrund gestellte, vonseiten der klagenden Patienten als nicht stattgefunden behauptete und von den Ärzten zu beweisende Aufklärungsverpflichtung und deren Verletzung sei ein „Kind unserer Tage“, der irrt gewaltig. Als „Stern- und Geburtstunde“ der ärztlichen Verpflichtung, seinen Patienten vor Beginn einer jeglichen Diagnostik, Therapie oder Medikation ausgiebig und eindringlich zu informieren, gilt seit jeher die Grundsatzentscheidung des Reichsgerichts vom 31.05.1894, die sich dazu bekannte, dass eine ohne, oder gar gegen den Willen des Patienten vorgenommene ärztliche Heilmaßnahme als Körperverletzung im Sinne des Strafrechts zu werten ist [1]. Über mehrere Jahrzehnte nach dieser Entscheidung verhielt sich – aus welchen Gründen auch immer – die Rechtsprechung absolut „friedfertig“, bis dann am 01.10.1950 der Bundesgerichtshof, als der legitime Nachfolger des Reichsgerichts, seine Arbeit aufnahm und die Ansicht des Reichsgerichts, auch ein lege artis, sananidi causa und letztlich sogar erfolgreicher ärztlicher Eingriff in den noch so moribunden oder morbiden Körper des Patienten sei objektiv und rechtswidrig ein Körperverletzungsdelikt, übernahm.
Aber auch am Amtssitz des BGH in der Herrenstraße 45a, in Karlsruhe, waren in den ersten 10 Jahren seit der Gründung dieses Gerichts die Entscheidungen bzw. Urteile in Sachen ärztliche Aufklärungsverpflichtungen und deren Verletzung noch ausgesprochene „Mangelware“. Wenn ich recht gezählt habe, gab es in diesem Zeitraum (1951–1961) bei insgesamt 175 Arzthaftungsverfahren (im weitesten Sinne), die beim BGH anhängig waren, davon lediglich 18 Entscheidungen zur sogenannten Risikoaufklärung, darunter auch die beiden bedeutsamen spektakulären Elektroschock-Urteile vom 10.07.1954 und 09.12.1958 [2, 3, 4, 5]. Die seither aus Karlsruhe, aber auch von allen anderen Oberlandesgerichten in der Bundesrepublik in den vergangenen 50 Jahren erlassenen und veröffentlichten einschlägigen Urteile sind Legion, sind nicht mehr zähl- und auflistbar. Nicht einmal ein Extrakt dieser Entscheidungsflut kann ich meinen Zuhörern vorstellen.
Die neuesten Entscheidungen zur ärztlichen Aufklärung Beginnen will ich sogleich mit der Entscheidung des OLG Jena vom 03.12.1997 [6], das sich zu der „abenteuerlichen“ Ansicht bekannte, dass die auf einer fehlenden bzw. fehlerhaften ärztlichen Aufklärung beruhende Reduzierung der Entscheidungsgrundlage des Patienten nicht nur einen Eingriff in dessen verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeit und körperliche Integrität darstelle, sondern dass der Patient auch wegen dieser Verletzung seiner Rechte selbst dann Anspruch auf Schmerzensgeld habe, wenn er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung dem Eingriff dennoch un-
terzogen hätte und ihm daraus kein Eingriffsschaden entstanden ist. Dass diese Entscheidung auf massive Kritik in der Literatur stieß [7] und auch von anderen Oberlandesgerichten mit dieser Begründung nicht übernommen wurde, sei nur am Rande erwähnt, denn dieser Ansicht kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil ein Schmerzensgeldanspruch hier schon aufgrund anzunehmender hypothetischer Einwilligung der Patientin entfallen muss, aber auch deshalb nicht zum Tragen kommen kann, weil weder ein grober Verstoß gegen die Aufklärungspflicht vorlag, noch ein schweres Verschulden des Arztes ein solches Schmerzensgeld rechtfertigen kann [8]. Im entschiedenen Fall – dies nur zur Verdeutlichung – war bei einer Frau ohne ausreichende Aufklärung eine Fehlgeburt ausgeräumt worden, was aber bei der Patientin zu keinem Schaden führte. Dieser Eingriff war vielmehr absolut lebenserhaltend und notwendig und ohne Entscheidungsalternativen. Nach der in der Tat spektakulären Entscheidung aus Jena will und muss ich mich schon aus Zeitgründen darauf beschränken, meinen Zuhörern sozusagen im Schnelldurchlauf die allerjüngsten OLG- und BGH-Entscheidungen zur ärztlichen Risikoaufklärungsverpflichtung zu zitieren. Ich liste Ihnen 13 Urteile, die fast ausschließlich der Zeitschrift Versicherungsrecht des Jahrganges 2000 entnommen sind, wie folgt auf:
OLG Hamm Das OLG Hamm meinte in seiner Entscheidung vom 20.05.1998 [9], vor einer Kniegelenkspunktion müsse der Patient über das damit verbundene Infektionsrisiko informiert werden. Dass ein Arzt Der Urologe [B] 5•2001 |
533
dies seinem Patienten nicht offenbart, gehört eigentlich zur frühesten Geschichte der Aufklärungsrechtsprechung.
wenn der Eingriff an sich medizinisch absolut indiziert ist. So der Leitsatz der Entscheidung des OLG Köln vom 09.12.1998 [13].
OLG Oldenburg OLG Köln Das OLG Oldenburg entschied am 04.08.1998 [10], dass aufklärungspflichtig auch derjenige Arzt sei, der lediglich durch eine Therapieempfehlung einen Teil der Behandlung übernommen hat (hier: Sympatikusblockade bei Verdacht auf Morbus Raynand – und Risiko von Dauerschädigung benachbarten Nervengeflechts).
OLG Hamburg Das OLG Hamburg stellte sich in seinem Urteil vom 27.11.1998 [11] auf den Rechtsstandpunkt, dass ein Arzt, der eine dem Patienten bei einem vorangegangenen Klinikaufenthalt angeratene medikamentöse Therapie (blutgerinnungshemmendes Mittel, ASS 100) absetzen will, weil er sie wegen aufgetretener anderweitiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen für zu risikobelastet erachtet, seinen Patienten darüber aufzuklären und das Für und Wider mit ihm in allen Einzelheiten zu erörtern hat.
OLG Oldenburg Bei einer Krampfaderoperation braucht nach dem Urteilsspruch des OLG Oldenburg vom 16.02.1999 [12] auf die besonderen Risiken einer gleichzeitigen Operation beider Beine im Gegensatz zu den bei einer zweiseitigen operativen Behandlung nicht hingewiesen werden. In dem vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsformular waren die eingriffstypischen Risiken – wie Wundheilungsstörungen, Blutungen, Nervenverletzungen, Thrombosen, Embolien und Rezidivneigungen – besonders eingetragen worden.
OLG Köln Ergeben sich aufgrund der präoperativen Diagnostik gewisse gewichtige Gründe, die einem verständigen Patienten Anlass geben könnten, von der vorgeschlagenen Operation Abstand zu nehmen, so dürfen diese gewichtigen Gründe (hier: Verdacht auf Malignität zystischer Knoten in der Schilddrüse) auch dann nicht vorenthalten werden,
534 |
Der Urologe [B] 5•2001
Das nämliche Oberlandesgericht (Köln) vertrat in einem weiteren Urteil vom 21.12.1998 [14] die Ansicht, dass trotz ansonsten umfassender Risikoaufklärung (u. a. letzte Chance, therapieresistente Beschwerden zu beheben oder zu lindern) die Einwilligung des Patienten den Arzt nicht von der Haftung für schädliche Folgen befreie, wenn er nicht darauf hingewiesen hat, dass der Eingriff als medizinisch eindeutig kontraindiziert qualifiziert werden müsse (Durchtrennung des N. tibialis (am linken Fuß) nach einem Arbeitsunfall mit einem Innenknöchelabriss des linken Fußes, was aber auf Dauer zu Taubheitsgefühl und Sensibilitätsstörungen am Fuß des Patienten führte.
OLG Köln Das in Arzthaftungsverfahren besonders „fleißige“ und häufig mit Urteilen in Erscheinung tretende Oberlandesgericht Köln meinte in seiner Erkenntnis vom 21.12.1998 [15], dass nach operativen linksseitigen Leistenbruchversorgung und anschließend vorgenommener laparoskopischen Leistenbruchrezidivoperation (einer Hernie) es in einem solchen Fall keiner Risikoaufklärung nach dem für die Anwendung einer Neulandmethode geltenden Grundsätze bedürfe, denn diese Methode habe sich in der Praxis neben anderen Verfahren zwischenzeitlich durchgesetzt.
OLG Brandenburg Das OLG Brandenburg bezog in seinem richterlichen Ausspruch vom 01.09.1999 [16] den Standpunkt, dass ein Arzt vor einer Myolographie bei unterbliebener Grundaufklärung über mögliche vorübergehend Blasen- und Mastdarmlähmungen auch dann hafte, wenn sich ein relativ seltenes, möglicherweise gar nicht aufklärungsbedürftiges Risiko, nämlich eine komplette Mastdarm- und Blasenlähmung als Dauerschaden, verwirklicht.
OLG Köln Ich zitiere erneut das Oberlandesgericht Köln mit seinem Urteil vom 16.06.1999 [17], in dem dieses meint, ein Arzt müsse, wenn die Durchführung einer bestimmten Diagnostikbehandlung wegen erheblicher Schmerzhaftigkeit (hier: Lumbalpunktion) vom Patienten abgelehnt worden war, und er deshalb eine andere, ebenfalls indizierte aber mit ungleich höheren Risiken behaftete Maßnahme (hier: Subokzipitalpunktion – SOP) vorschlägt, dann dem Patienten die damit verbundenen erhöhten Risiken in einer vergleichenden Betrachtung eindringlich vor Augen führen (hier: Blutung bei einer SOP im Verhältnis zu einer lumbalen Liquorentnahme).
OLG Zweibrücken Das OLG Zweibrücken vertrat in seinem Urteil vom 22.02.2000 [18] die Auffassung, dass eine Aufklärung über das relativ geringe Risiko einer dauerhaften Schädigung des N. lingualis bei einer Leitungsanästhesie ausnahmsweise dann entbehrlich sei, wenn der (Zahn)Arzt angesichts der damit verbundenen geringen Risiken wie Taubheits- und Fremdkörperempfinden sowie Minderung des Geschmacksempfindens im Verhältnis 1:400.000 annehmen dürfe, der Patient werde vernünftiger Weise seine Einwilligung angesichts der bevorstehenden, ansonsten sehr schmerzhaften Parodontosebehandlung nicht wegen dieses Risikos die Leitungsanästhesie verweigern.
OLG Bremen Ehe abschließend noch zwei BGH-Entscheidungen zitiert werden, soll das OLG Bremen zu Wort kommen, das zugunsten des beklagten Arztes im Urteil vom 28.03.2000 [19] die Ansicht vertrat, dass den Angaben des Arztes über eine von ihm behauptete und erfolgte Risikoaufklärung im Zweifel (d. h. in der Regel) Glauben geschenkt werden müsse, wenn seine Darstellung der Geschehnisse in sich schlüssig ist und durch entsprechende Eintragungen in der Patientenkartei gestützt werde. Im entschiedenen Fall stellte der Unfallarzt bei der Klägerin nach deren Sturz lediglich eine leichte Prellung am rechten Knie fest. Später kam es bei ihr
gieia mehr behaupten, der VI. Zivilsenat des BGH sei arztfeindlich und wer weiß noch was. Denn er formulierte die von ihm akzeptierten Standards der ärztlichen Aufklärung bei derartigen Eingriffen wie folgt: ◗ Das Erfordernis eines Aufklärungsgesprächs gebietet bei einer Routineimpfung nicht in jedem Fall eine mündliche Erläuterung der (mit der Impfung verbundenen) Risiken. Es kann vielmehr genügen, wenn der Patient (nach ausführlicher, alle Risiken aufführenden) schriftlichen Aufklärung Gelegenheit zu weiteren Informationen durch ein Gespräch mit dem Arzt gegeben wird.
BGH vom 22.02.2000 Am 22.02.2000 überschrieb der VI. Zivilsenat (der Arzthaftungssenat) des BGH sein Urteil [20] mit folgendem Leitsatz: „Besteht die Möglichkeit, eine Operation durch eine konservative Behandlung zu vermeiden, und ist die Operation deshalb nur relativ indiziert, so muss der Patient hierüber aufgeklärt werden“. Bei dieser Entscheidung, die beide, die Klage abweisenden Vorinstanz-Urteile aufhob, ging es um die Frage, ob man eine Teilresektion eines L5/S1-Wirbelbogens vornehmen und dies der Patientin im Aufklärungsgespräch anraten darf, wenn eine die radikuläre Schmerzsymptomatik nur relativ erfolgreich bekämpfende konservative Behandlung mit Opioiden schon nach wenigen Tagen abgebrochen und die Patientin einer Operation unterzogen wurde.
BGH vom 15.02.2000 Die meine Zuhörer vielleicht verwirrende Auflistung von 12 ober- und höchstrichterlichen Entscheidungen zur Problematik ärztlicher Aufklärungsverpflichtung aus neuester Zeit soll nunmehr mit der Zitierung der Grundsatzentscheidung des BGH vom 15.02.2000 zur Routineimpfung ihren „krönenden“ Abschluss finden [21]. Dieses Verfahren nahm der Arzthaftungssenat zum Anlass, den stets mit ihm und seiner Rechtsprechung unzufriedenen Ärzten in deren „Stammbücher“ zu schreiben, was bei so genannten Routineimpfungen an Minimal-Aufklärungsaufwand gefordert ist. Seither kann keiner der angeblich vom BGH so „entmündigten“ Jünger der Göttin Hy-
Für die Nichtkenner dieser Entscheidung dessen Sachverhalt: Dem Kind wurde im Rahmen der U3 – und einen Monat später – bei der U4-Untersuchung eine Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hämophilus B und im Wege der Schluckimpfung ein 3-fach-Lebendimpfstoffpräparat gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis) verpasst. Nach der zweiten Schluckimpfung traten beim Kind dann aber Lähmungserscheinungen auf Dauer auf, weswegen es bei 80%-iger MdE eine Impfschadensrente bezieht. Der Mutter war vor der Impfung im Wartezimmer ein Aufklärungsbogen hinsichtlich eingriffstypischer Impfrisiken (Lähmungsrisiko 1:5 Mio.) zum Lesen gegeben, dieser Info-Bogen jedoch dann von der Arzthelferin wieder eingesammelt worden. Die Impfärztin selbst fragte die Mutter lediglich noch, ob sie die Information gelesen, noch Fragen hierzu habe, und ob man mit dem Impfen beginnen könne. Wünsche für Zusatzfragen wurden von der Mutter verneint und von ihr das Einverständnis zum Impfen durch Kopfnicken gegeben. Dieses Procedere genügte dem BGH, um die Impfärztin vom Vorwurf des Aufklärungsmangels daraufhin „freizusprechen“.
Die neuesten Urteile zur ärztlichen Dokumentationsverpflichtung Ich komme damit zum zweiten Teil meines Referats, der Dokumentationspflicht des Arztes. Die berufsordnungsmäßig zwingend vorgeschriebene (vergleiche etwa § 10 der Berufsordnung für Ärzte in Bayern) und auch als Vertragsoblie-
Berufspolitik BDU
zu einer Entzündung im Kniebereich. Wochen später – nach erfolgloser physikalisch-balneologischer Behandlung – wurde der Patientin ein zirkulärer Gipsverband (Turtor) vom distalen rechten Unterschenkel bis zum Oberschenkel angelegt und ihr als Raucherin in einem Aufklärungsgespräch eine Heparinprophylaxe anempfohlen. Letztere lehnte die Klägerin jedoch ab. Der beklagte Arzt vermerkte daraufhin in der Patientenunterlage:„Turtor rechtes Bein angelegt, Patientin möchte keine (Heparin)Prophylaxe. Aufklärung, Raucherin soll Bein belasten. Wiedervorstellung morgen“.
genheit seit fast einem Vierteljahrhundert in der BGH-Rechtsprechung ausgeurteilte Verpflichtung des Arztes, über seine Patienten eine jederzeit nachvollziehbare, vom gerichtlich bestellten medizinischen Sachverständigen aus- und verwertbare, zudem vom Patienten einsehbare Krankenunterlage zu führen, soll nun dem zweiten Teil meines Referats gewidmet sein [22, 23]. Dazu folgende einführende Bemerkung: Wer als Arzt diese seine Pflicht nicht wahrnimmt, oder sie als „lästig“ empfindet und mit ihr „Schindluder“ treibt, riskiert auf alle Fälle, dass seinem Patienten im Prozess Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr zugebilligt werden kann. Das sollte eigentlich für keinen meiner Zuhörer eine Novität darstellen. Es ist hier nicht die Zeit und auch nicht der Ort, über alle Einzelheiten einer ordnungsgemäßen ärztlichen Dokumentation laut nachzudenken. Dies können Sie z. B. im Handbuch des Arztrechts beim Autor Wilhelm Uhlenbruck auf fast 13 Druckseiten dezidiert vornehmen [24]. Meine Aufgabe sehe ich vielmehr darin, Ihnen die neuesten Erkenntnisse aus der Rechtsprechung insoweit vorzutragen.Aus Zeitgründen beschränke ich mich auch hier jedoch auf das Zitieren von lediglich drei einschlägigen Entscheidungen aus jüngster Zeit.
OLG München Der 1. Zivilsenat meines eigenen Gerichts formulierte in seinem Urteil vom 16.09.1999 [25] wörtlich:
„Zugunsten des Patienten können Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr (immer) dann in Betracht kommen, wenn die gebotene ärztliche Dokumentation erheblich lückenhaft oder unzulänglich ist und deswegen für ihn im Falle einer Gesundheitsschädigung die Aufklärung des Sachverhalts unzumutbar erschwert wird. Die (ärztliche) Dokumentation ist (jedenfalls) dann unvollständig, wenn bei einer Geburt die Entwicklung der Schulter bei einer Schulterdystokie nicht dokumentiert wird.” Im entschiedenen Fall war in den Krankenunterlagen lediglich das Auftreten einer Schulterdystokie erwähnt, aus ihr Der Urologe [B] 5•2001 |
535
konnte man aber nicht entnehmen, ob es sich um einen hohen Schultergradstand oder einen tiefen Schulterquerstand handelte.
OLG Zweibrücken Das OLG Zweibrücken vertrat in seinem Urteil vom 12.01.1999 [26] die Rechtsansicht, dass die einer ordnungsgemäß geführten ärztlichen Dokumentation an und für sich innewohnende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit dann erschüttert wird, wenn der Patientin und ihrem nachbehandelnden Arzt entgegen der Gewohnheit des Operateurs der Operationsbericht erst ein Jahr nach dem Eingriff zugeht. Eine solche ungewöhnliche Verspätung biete nämlich genügend Anhaltspunkte dafür, dass die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer solchen Dokumentation stark erschüttert wird (hier: Entfernung eines ca. 7 cm großen, teils zystischen, teils soliden Tumors im Bereich des linken Restovars – nach zwei vorausgegangenen Operationen in diesem Bereich – inklusive einer ursprünglich nicht vorgesehenen Hysterektomie).
OLG Bremen Das bereits im Aufklärungsabschnitt zitierte Oberlandesgericht Bremen [27] formulierte im Zusammenhang mit dem Problem der ärztlichen Aufklärung und Dokumentation seine Rechtsansicht insoweit wie folgt: ◗ Den Angaben eines Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung ist in der Regel dann Glauben zu schenken, wenn seine Darstellung (des Geschehensablaufes) durch entsprechende Eintragungen in der Patientenkartei gestützt wird.
536 |
Der Urologe [B] 5•2001
Den Sachverhalt hatte ich Ihnen bereits im Bereich ärztlicher Aufklärungsverpflichtung kurz wiedergegeben. Es handelte sich hier um die gestürzte und am rechten Knie verletzte Frau, die beim Anlegen eines zirkulären Gipsverbandes keine prophylaktische Heparinisierung wünschte. Dieses Aufklärungsgespräch notierte der Unfallarzt mit ausgesprochen „dürren“ Worten in den Krankenunterlagen der Patientin, was aber vom OLG-Senat als ausreichend erachtet wurde.
Schlussbetrachtungen Ich bin nun am Ende meines Referats über die neueste Rechtsprechung zur ärztlichen Aufklärungs- und Dokumentationsverpflichtung. Dem einen oder anderen meiner Zuhörer werden meine Ausführungen nichts Neues gebracht haben. Und dennoch wage ich die These: Den allermeisten praktizierenden Ärzten sind diese Rechtsprobleme unbekannt bis „egal“. Sie wissen es nicht, oder wollen es nicht zur Kenntnis nehmen, was ihnen seit Jahrzehnten die bundesrepublikanische Rechtsprechung, unter „Federführung“ des BGH, im Umgang mit ihren Patienten vorschreibt. Wenn es aber dann zum Eklat kommt, und gegen sie wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgter Aufklärung des Patienten ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet, oder wegen fehlerhaft geführter Dokumentation ein Haftungsprozess verloren geht, der eigentlich hätte nicht verloren gehen dürfen, dann sind die Juristen, insbesondere aber die stets als arztfeindlich charakterisierten Richter, die „bösen Buben“ an allem schuld. Die meisten dieser Ärzte sehen leider nicht den Grund ihrer Verurteilung vor deutschen Gerichten bei sich selbst. Das ist Fakt, aber immer wieder zu bedauern. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Literatur 1. 2. 3.
4. 5. 6. 7. 8.
9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.
RGSt 25, 375ff vergl.P.Petersen, Deutsche Richterzeitung 1962, 194 ff vergl.lediglich die im VersR 1954–1961 veröffentlichten Entscheidungen: 1954, 496; 1956, 499; 1956, 406; 1956, 224; 1956, 449; 1956, 479; 1957, 408; 1959, 308; 1959, 153; 1959, 312; 1959, 448; 1959, 811; 1960, 475; 1960, 475; 1961, 190; 1961, 725; 1961, 810; 1961, 1036 und 1961; 1039 VersR 1954, 496 VersR 1959, 153 VersR 1998, 1586 vergl.Staziler H.-J.Kullmann,VersR 1999, 1190, 1192 so auch H.I.Kullmann (Fußnote 7) sowie P. Rummler-Dötzel in Festschrift für I.Brötsch S.699, 708 VersR 2000, 323 VersR 1999, 1422 VersR 2000, 190 VersR 2000, 61 VersR 2000, 361 VersR 2000, 492 VersR 2000, 493 VersR 2000, 1283 VersR 2000, 1509 VersR 2000, 892 VersR 2000, 1414 VersR 2000, 766 NJW 2000, 1784 Grundsatzentscheidung des BGH vom 27.06.1978,VersR 1978, 1022 BGH vom 23.11.1982, NJW 1983, 328 Lauf, Uhlenbruck (1999) Handbuch des Arztrechts, 2.Aufl., 10.Kapitel, S 442–454 OLG München/Bamberg/Nürnberg – Report 2000, 94 VersR 1999, 1546 VersR 2000, 141 Vortrag, gehalten auf dem Deutschen Arztrechttag 2001 am 24.03.2001 in Frankfurt am Main Prof. Dr. jur. G.H. Schlund Ehlers, Ehlers & Partner, Widenmayerstraße 29, 80538 München
Berufspolitik BDU
Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. Präsidium Ehrenpräsident Professor Dr. Wolfgang Knipper "Rosenhof " Isfeldstrasse 30, App. Nr. C / 3 / 60 22589 Hamburg Telefon (040) 82 02 21, Telefax (040) 822 64 70
Präsident Dr. Klaus Schalkhäuser Kreiskrankenhaus Erdinger Straße 17, 84405 Dorfen Telefon (08081) 4 13 13 Telefax (08081) 44 68 Email:
[email protected]
1.Vizepräsident Dr. Hartmut Jonitz Urologisches Praxis-Zentrum Landgraf-Georg-Strasse 100 64287 Darmstadt Telefon (06151) 4 20 27 – 0 Telefax (06151) 4 20 27 – 10 Email:
[email protected]
Schatzmeister Dr. G. Fudickar Kaiserstraße 66, 42329 Wuppertal Telefon (0202) 78 30 66 Telefax (0202) 786 63 71 Email:
[email protected]
Landesverbände Baden 1.Vorsitzender Dr. Johannes Springer Kaiserstrasse 93, 79761 Waldshut-Tiengen Telefon (07751) 79 33, Telefax (07751) 41 04 E-mail:
[email protected]
2.Vorsitzender Dr. Ramin Farahmandi Bahnhofstrasse 16, 76646 Bruchsal Telefon (07251) 8 89 26 Telefax (07251) 8 89 87 Email:
[email protected]
Bayern – Nord 1.Vorsitzender
2.Vizepräsident Dr. Wolfgang Zacher Klinik für Urologie Krankenhaus Martha-Maria HalleDölau, Röntgenstrasse 1 06120 Halle an der Saale Telefon (0345) 559 1373 Telefax (0345) 559 1652
Schriftführer Professor Dr. Wolfgang Wagner St. Josefshospital Kurfürstenstraße 69 47829 Krefeld-Uerdingen Telefon (02151) 45 22 78 Telefax (02151) 45 22 70 Email:
[email protected]
Dr. Gotthold G. Aplas Ebrardstraße 2 91054 Erlangen Telefon (09131) 2 86 33 Telefax (09131) 20 46 57
2.Vorsitzender Dr. Klaus Ottmann Siedlerstrasse 4, 97199 Ochsenfurt Telefon (09331) 37 50 Telefax (09331) 8 93 76
Bayern - Süd 1.Vorsitzender Priv.-Doz. Dr. Heinrich Tammen Jagdstraße 6, 80639 München Telefon (089) 16 19 05 Telefax (089) 167 80 61
2.Vorsitzender Dr. Peter Mayer Fürstenrieder Straße 203, 81377 München Telefon (089) 71 72 52 Telefax (089) 71 75 84
Berlin 1.Vorsitzender Dr. Jürgen Simon Tegeler Weg 4, 10589 Berlin Telefon (030) 344 10 20 Telefax (030) 345 00 278
2.Vorsitzender Dr. Thomas Speck Fanningerstrasse 3, 10365 Berlin Telefon (030) 558 88 86 Telefax (030) 555 63 19 Email:
[email protected]
Brandenburg Dr. Johannes Großmann Charlottenstraße 70 / 47 14467 Potsdam Telefon (030) 2311 - 2316 Telefax (030) 2311 - 2616
Bremen Dr. Norbert Scholz St.-Gotthard-Straße 51 28325 Bremen Telefon (0421) 40 61 61 Telefax (0421) 40 14 90
Hamburg Dr. Martin Bloch Julius-Leber-Straße 10 22765 Hamburg Telefon (040) 380 64 64 Telefax (040) 38 77 67 Email:
[email protected]
Der Urologe [B] 5•2001 |
537
Hessen 1.Vorsitzender Dr. Johannes Rudnick Frankfurter Strasse 17, 35390 Gießen Telefon (0641) 9 72 96 - 0 Telefax (0641) 9 72 96 - 29 Email:
[email protected]
2.Vorsitzender Dr. Hermann J. Berberich Kasinostrasse 31,65929 Frankfurt Telefon (069) 31 67 76 Telefax (069) 31 67 17 Email:
[email protected]
2.Vorsitzender Dr. Kai Buck Dürerstraße 32, 42549 Velbert Telefon (02051) 5 55 22 Telefax (02051) 5 43 73 Email:
[email protected]
Rheinland-Pfalz 1.Vorsitzender Dr. Gerd Popa Bahnhofstraße 3, 67059 Ludwigshafen Telefon (0621) 51 30 17 Telefax (0621) 52 42 88 Email:
[email protected]
Mecklenburg-Vorpommern
Schleswig-Holstein Dr. Axel Schroeder Haart 87 - 89, 24534 Neumünster Telefon (04321) 27 91 Telefax (04321) 27 92 Email:
[email protected]
Thüringen Dr. Jürgen Schneider Gagarin-Ring 94, 99084 Erfurt Telefon (0361) 53 42 30 Telefax (0361) 53 42 33
Westfalen-Lippe 1.Vorsitzender
2.Vorsitzender Prof. Dr. Wulf-D.E. Miersch Klötzer Strasse 1 23936 Grevesmühlen Telefon (03881) 75 82 82 Telefax (03881) 75 82 83 Email:
[email protected]
Dr. Randolf Oermann Bruchhausenstrasse 12a 54290 Trier Telefon (0651) 4 00 58 Telefax (0651) 4 00 59 Email:
[email protected]
Niedersachsen 1.Vorsitzender
2.Vorsitzender Saarland
Dr. Wolfgang Bühmann Marienstraße 15 31582 Nienburg/Weser Telefon (05021) 50 41 Telefax (05021) 6 55 70 Email:
[email protected]
2.Vorsitzender Axel Penkert Am Marstall 2, 30159 Hannover Telefon (0511) 32 01 10 Telefax (0511) 300 46 95 Email:
[email protected]
Nordrhein 1.Vorsitzender Dr. Michael Schweins Karlsgraben 23/Kuckhoffstraße 2 52064 Aachen Telefon (0241) 3 27 33 Telefax (0241) 40 33 67 Email:
[email protected]
Dr. Gerhard Stark Hochwaldstraße 62, 66663 Merzig/Saar Telefon (06861) 71 77 (-78) Telefax (06861) 7 65 01 Email:
[email protected]
Sachsen 1.Vorsitzender Dr. Hans-Jürgen Schuster Dobenaustraße 1, 08523 Plauen Telefon (03741) 22 44 82 Telefax (03741) 20 48 99
2.Vorsitzender Dr. Axel Richter Lenaustraße 1, 04157 Leipzig Telefon (0341) 909 - 27 51 Telefax (0341) 909 - 27 75
Sachsen-Anhalt Dr. Ingolf Heina Köthener Straße 13, 39218 Schönebeck Telefon (03928) 6 56 02 Telefax (03928) 6 56 02
538 |
Der Urologe [B] 5•2001
Dr. Christian Tschuschke Windthorststrasse 19 48143 Münster Telefon (0251) 4 4110 Telefax (0251) 4 45 33 Email:
[email protected]
Dr. Karl-Heinz Schmitz In der Wüste 10 57462 Olpe/Biggesee Telefon (02761) 93 40 0 Telefax (02761) 93 40 13
Württemberg 1.Vorsitzender Dr. Bernd-Martin Richter Stuttgarter Straße 48 74321 Bietigheim-Bissingen Telefon (07142) 6 41 64 Telefax (07142) 2 11 15 Email:
[email protected]
2.Vorsitzender Dr. Peter Cuno Königstrafle 50 72108 Rottenburg Telefon (07472) 14 00 Telefax (07472) 2 61 11 Email:
[email protected]
Arbeitskreis leitender Krankenhausärzte Professor Dr. Wolfgang Wagner St. Josefshospital Kurfürstenstraße 69 47829 Krefeld-Uerdingen Telefon (02151) 45 22 78 Telefax (02151) 45 22 70 Email:
[email protected]
Arbeitskreis Belegärzte Dr. Klaus Schalkhäuser Kreiskrankenhaus Erdinger Straße 17, 84405 Dorfen Telefon (08081) 4 13 13 Telefax (08081) 44 68 Email:
[email protected]
Ausschüsse Ausschuss für Gebührenordnungsfragen Dr. Helge Köttgen Breuerstraße 2, 51103 Köln Telefon (0221) 85 41 97 Telefax (0221) 85 54 04
Ausschuss für Mikrobiologie und Labor Dr. Rainer Michaelis Turmstraße 9, 74072 Heilbronn Telefon (07131) 8 12 55 Telefax (07131) 16 08 41 Email:
[email protected]
Ausschuss für bildgebende Verfahren Dr. Dieter Czaja Ostwall 191, 47798 Krefeld Telefon (02151) 2 04 04 Telefax (02151) 80 30 35 Email:
[email protected]
Ausschuss für EDV, Kommunikation und Niederlassung Dr. Andreas W. Schneider Bahnhofstraße 3, 21423 Winsen/Luhe Telefon (04171) 6 16 51 Telefax (04171) 6 49 26 Email:
[email protected]
Ausschuss für urologische Funktionsdiagnostik und Technik Professor Dr. D. Frohneberg Städtische Kliniken, Moltkestraße 14 76133 Karlsruhe Telefon (0721) 974 41 01 Telefax (0721) 974 41 09
Berufspolitik BDU
Arbeitskreise
Justitiarin Frau RA Ursula Gross Tengstraße 38, 80796 München Telefon (089) 2 71 18 24 Telefax (089) 2 72 58 07 Email:
[email protected]
Ehrenrat Ausschuss für ambulante und belegärztliche Operationen Dr. Wolfgang Rulf Bergstraße 9, 40699 Erkrath Telefon (02104) 4 30 48 Telefax (02104) 4 30 40 Email:
[email protected]
Ausschuss für Versicherungsfragen Dr. Karl-Heinz Schmitz In der Wüste 10, 57462 Olpe/Biggesee Telefon (02761) 9 34 00 Telefax (02761) 93 40 13
Koordinationsausschuss für die neuen Bundesländer Dr. Wolfgang Zacher Klinik für Urologie Krankenhaus Martha-Maria HalleDölau, Röntgenstrasse 1 Telefon (0345) 559 1373 Telefax (0345) 559 1652
Professor Dr. Hubert Frohmüller Walther-von-der-Vogelweide-Straße 41 97074 Würzburg Telefon (0931) 8 44 33 Dr.med. Hans Hainz Bahnhofstraße 4, 54550 Daun Telefon (06592) 669 Telefax (06592) 660 Professor Dr. Karl-Fritz Stockamp Städtisches Klinikum, Bremser Straße 1 67063 Ludwigshafen Telefon (0621) 503 44 01 Telefax (0621) 503 44 13
Redaktion Urologe (B) Dr. Hartmut Jonitz Urologisches Praxis-Zentrum Landgraf-Georg-Strasse 100 64287 Darmstadt Telefon (06151) 4 20 27 - 0 Telefax (06151) 4 20 27 - 10 Email:
[email protected]
Ausschuss für Proktologie Dr. Hans-Jürgen Fink Bastion 2, 24768 Rendsburg Telefon (04331) 2 40 45 Telefax (04331) 5 51 28 Email:
[email protected]
Innovationsausschuss
Professor Dr. Jürgen Sökeland Institut f. Arbeitspsychologie, Abt. Ergonomie Universität Dortmund, Ardeystraße 67 44139 Dortmund Telefon (02330) 89 00 09 Telefax (02330) 89 00 06 Email:
[email protected]
Dr. Gerd Popa Bahnhofstraße 3, 67059 Ludwigshafen Telefon (0621) 51 30 17 Telefax (0621) 52 42 88 Email:
[email protected]
BDU-Geschäftsstelle Frau Christine Habeder Uerdinger Strasse 64, 40474 Düsseldorf Telefon (0211) 9 51 37 29 Telefax (0211) 9 51 37 32 Email:
[email protected]
Der Urologe [B] 5•2001 |
539
Nicht ständige Mitglieder DGU - Generalsekretär Prof. Dr.med. Lothar Hertle Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik Med. Einrichtung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Albert-Schweitzer-Strasse 33 48149 Münster Telefon (0251) 834 74 41 Telefax (0251) 834 97 3
Sprecher der Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Rolf-Hermann Ringert Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universität Göttingen Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen Telefon (0551) 39 61 66 Telefax (0551) 39 69 94
Jubilare Der Berufsverband gratuliert seinen Mitgliedern: 90 Jahre 11.11.11 - Dipl. med. Gert Schindler, Franz-Liszt-Str. 40, 98529 Suhl 80 Jahre
75 Jahre 29.11.26 - Dr. med. Govin Dandekar, Schabhaldenweg 9, 88142 Wasserburg
27.11.36 - Dr. med. Friedrich Teske, Strengerstr. 4, 33330 Gütersloh 11.12.36 - Prof. Dr. med. Peter May, Bugerstr. 80, 96049 Bamberg
70 Jahre 23.11.31 - Dr. med. Gerold Schmidt, Am Natruper Holz 69, 49076 Osnabrück
12.12.36 - Dr. med. Volker Blume, Burgbergstr. 102a, 91054 Erlangen
03.12.21 - Dr. med. Eberhard Meltzer, Wolf-Hirth-Str. 14, 36129 Gersfeld
65 Jahre
12.12.36 - Dr. med. Mohammed Haschemi-Schirazi, Fr.-Wilh.-Ande-Str. 2, 31737 Rinteln
20.12.21 - Dr. med. Peter Lückhoff, Briller Höhe 12, 42115 Wuppertal
22.11.36 - Dr. med. Paul Knipp, Altensieler Str. 11, 26954 Nordenham
19.12.36 - Dr. med. Walter Houda, Am Preißelpöhl 20, 8525 Plauen
22.12.21 - Dr. med. Horst Werner, Friedr.Schmidt-Str. 58d, 50933 Köln
27.11.36 - Dr. med. Karl-F. Diemer, Reichensächserstr. 13, 37269 Eschwege
Neue Mitglieder und Änderungen (1) Baden Änderungen: M.B.B.ch BENDALLA,Abubaker, Diakonissenkrankenhaus Rosenbergstraße 38, 70176 Stuttgart DR.AURICH, Bernd,Albulaweg 27, 12107 Berlin (2) Bayern-Nord DR. HANIKA, Hermann,Weichser Straße 5 93059 Regensburg NA Änderungen: Dr. MEIXNER, Wilhelm, Albigstraße 1, 90768 Fürth
540 |
Der Urologe [B] 5•2001
(3) Bayern-Süd BECHER, Herbert, Klinkum Oberallgäu, Memmingerstr. 52, 87439 Kempten AA DR. FROSCHERMAIER, Stefan, Nibelungen Str. 9, 94032 Passau NA DR. DUDEK, Carsten, Urologische Klinik Planegg, Germeringer Str. 32 82152 Planegg, AA Änderungen: DR. MARTUS, Achim, Wolfratshauser Str. 27A, 82538 Geretsried (verz. von 18)
(4) Berlin DR. SCHRÖDER, Jörg UhlandstraRe 161, 10719 Berlin NA Änderungen: DR. RICHTER-REICHHELM, Manfred, Grußdorfstraße 5-6, 13507 Berlin (5) Brandenburg Änderungen: DR. SCHAEFER, Janette, Am Weiher 12, 17039 Trollenhagen
(9) Mecklenb.-Vorpom. Änderungen: DR. POSTRACH, Heiko, Rimelsweg 13, 18069 Rostock (10) Niedersachsen ISCHE, Holger, Karmarschstraße 44, 30159 Hannover, NA Änderungen: DR.WULFF, Hans-Jürgen, Mozartstraße 25, 31157 Sarstedt DR. FRÖHLICH, Günther, 49393 Lohne Dr. LACHMUND, Joachim, Am Marstall 2, 30159 Hannover (11) Nordrhein DR. SPERLING, Herbert, Urologische Klinik, Universität Essen, Hufelandstr. 55, 45122 Essen OA Änderungen:
DR. DEMMER, Johannes Elisabeth Breuer Str. 49, 51065 Köln DR. FRÄMKE, Gunnar, Berrenrather Str. 172, 50937 Köln DR. MAY, Peter,An den Linden 48, 40667 Meerbusch DR. HALTAUFDERHEIDE, Thomas, Alter Markt 5-7, 42275 Wuppertal DR. DROZDZYNSKI, Peter, Jacobistraße 7, 40211 Düsseldorf (12) Rheinland-Pfalz Änderungen: PROF.DR.TAUBITZ, Dansenberger Str. 100, 67661 Kaiserslautem (verz. n. 18) (14) Sachsen Dipl. Med. TALHOFER, Andrea, Kreiskrankenhaus Riesa, Weinbergstraße 8, AA Dipl. Med. TOLKMITT, Jörg, FriedrichSchöffel-Straße 26, 09114 Chemnitz, AA Änderungen: DR. CZERNICKI, Ralf-Rainer, Am Diek 1, 39326 Colbitz (17) Thüringen STUKIN, Sergej, Lager Straße 23/24, 99086 Erfurt NA Änderungen: DR. SCHWÄBLEIN, AndreZentralklinikum Suhl gGmbH, Albert-SchweitzerStr. 2
Berufspolitik BDU
(8) Hessen Änderungen BRIX, David, Klinikum Offenbach, Urologie, Starkenburgring 66, 63069 Offenbach verz. von (19) KAULFUß , Uwe Kirschweidstraile 31, 65232 Taunusstein
DR. MARTUS, Achim Brunnenstr. 18B, 32756 Detmold (verz nach 3) DR. JENEY Dezsö, Königswall 6, 45657 Recklinghausen (verz. ins AU) DR. SCHULLER,Alfred, Lindengraben 2 58840 Plettenberg (19) Württemberg DR. LANGE, Holger, Holzstraße 21, 70173 Stuttgart, NA DR. MÜLLER, Klaus, Marktstraffe 23, 89537 Giengen, NA Änderungen: BRIX, David, Silcherstr. 39, 97990 Weikersheim verz. nach (8) DR. UNGEMACH, Gerd, Wilhelmsplatz 1, 70182 Stuttgart AUSLAND Dr. JENEY, Dezsö, Hatvan u.6.II.Lph.2121 H-4025 Debrecen, UNGARN
Verstorbene Mitglieder: Liesegang, Thomas, Saturnstraße 22, 06118 Halle Dr. Udo Morawietz, Am Nappenfeld 7a, 46242 Bottrop
(18) Westfalen-Lippe Änderungen: PROF. DR. TAUBITZ, Gesekerweg 38, 59556 Lippstadt, (verz. von 12)
Der Urologe [B] 5•2001 |
541