Rieardo und die Entstehung des Bullion Report* Von
Eraldo Fossati, Pavia 1 Das J a h r 1797, das den Beginn der ,,wichtigsten Epoche ''1) der Geschichte der B a n k von E n g l a n d bezeichnet, leitete eine A r a der F o r s c h u n g und der D i s k u s s i o n e n ein, deren E r g e b n i s die F o r m u l i e r u n g der G r u n d p r i n z i p i e n der modernen Geldtheorie bildet. W e n n w i t diese T h e o r i e ats die moderne bezeichnen, kSnnen w i t u n s hierbei schon a u f M a l t h u s berufen, der 1824 in der Q u a r t e r l y R e v i e w den G e g e n s a t z zwischen den L e h r e n S m i t h s und denen R i c a r d o s und M a c C u l l o c h s umrifi. I n diesen Zeitabschnitt, der sich von 1797 bis 1810 e r s t r e c k t und dureh die E r S r t e r u n g der F r a g e gekennzeichnet ist, ob man fiberh a u p t von einer G e l d e n t w e r t u n g spreehen k5nne oder nicht - - im G e g e n s a t z zu der u n m i t t e l b a r d a r a u f f o l g e n d e n Periode, welche den D i s k u s s i o n e n fiber den G r a d einer solchen E n t w e r t u n g gewidmet w a r 2) - - f~llt das E r s c h e i n e n der ersten geldtheoretischen Schrift R i c a r d o s, die die B e w u n d e r u n g der W i s s e n s c h a f t l e r e r r e g t e und die zu jener Zeit aufgestellten geldwirtschaftlichen P r i n z i p i e n mit dem Namen des grol~en NationalSkonomen verband. Mit der geschichtlichen W a h r h e i t lal~t sich indessen dieses Urteil fiber R i c a rd o s erstes W e r k nicht in E i n k l a n g bringen; nicht ihm ist jene Entw i c k l u n g der monet~ren T h e o r i e n zu v e r d a n k e n , die ihren sozus a g e n offiziellen A u s d r u c k in dem Bullion R e p o r t fanden und eine grfindliche N e u g e s t a l t u n g der P r i n z i p i e n bedeuteten, wetche yon Adam S m i t h f o r m u l i e r t worden w a r e n und v o r der E i n s t e l l u n g der B a r z a h l u n g e n k e i n e r l e i tiefergehende Revision e r f a h r e n batten. W e n n w i r nun tats~ehlich im Bullion Report die vollst~ndige For*) Die vorliegende Arbeit steht am Beginn einer Reihe von Studien fiber die englischen Geldtheorien. London, Herbst 1931. 1) j. R. M a c C u l l o c h , Historical Sketch of the Bank of England: with an examination of the question as to the prolongation of the exchmive privileges of that establishment. London 1831, S. 20. e) Th. A t t w o o d, A letter to Lord Archibald Hamilton on alterations in the value o~ money and containing an examination of some opinions recently published on that subject. London 1823 (Neudruck 1847), S. 26. Zeitschr. f. National6konomie, IV. Bd., 4. H.
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mulierung der Theorie des uneinlSslichen Papiergeldes und die umfassende Ausarbeitung der Lehre vom internationalen Handel - soweit sie mit der genannten Theorie in engem Zusammenhang steht -- vorfinden, so ktinnen wir nieht mehr R i c a r d o als den SchSpfer all dieses Lehrgutes anerkennen, sondern miissen es der Arbeit jener Manner der Wissenschaft zuschreiben, die sehon zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Prinzipien aufgestetlt hatten, welche dann in der Schrift ,,The high price of bullion a proof of the depreciation of bank notes" wieder zum Ausdruck gebracht werden. Die Bedeutung der Einstellung der Barzahlungen in ihrer Beziehung zu den £nderungen der allgemeinen Lebensverhaltnisse des Landes war bereits eingehend erwogen und die Politik der Bank yon England zum Gegenstand grfindticher Untersuchung gemacht worden. Von den Gedankeng~ngen S m i t h s war man 1803 bereits ziemlich weir und endgfiltig abgekommen und die Theorie des uneinlSslichen Papiergeldes konnte in ihren wichtigsten Grundzfigen als abgeschlossen gelten. Die wesentlichste Bereicherung der Wirtschaftswissenschaften in jener Zeit ist B o y d , T h o r n t o n und K i n g zuzuschreiben; diese Namen werden auf immer mit einer grundlegenden Umgestaltung der Geldtheorie verknfipft bleiben. B o y d s Ideen, mochten sie auch in gewissem Sinne begrenzt und undeutlich sein, stellen den Beginn der neuen Lehren dar. Ihre Untersuchung sowie die der anderen durch die Barzahlungseinstellung veranlal~ten Schriften wird unsere Behauptung fiber die Bedeutung der ersten Schrift R i c a r d o s erh~rten. Die vorliegenden Darstellungen grfinden sich auf eine ansehnlic.he Menge yon Vertiffentlichungen, die aus jener Zeit lebhafter Diskussionen stammen. Sie bezwecken ausschliel~lich, fiber die geistigen Kr~fte AufschluR zu geben, welche in Wahrheit bei der Aufstellung der Geldtheorie mitgewirkt haben, und vernachlassigen natfirlieh jene Schriften, in denen sich nur Wiederholungen allgemein bekannter Prinzipien oder Darstellungen abwegiger Gedanken finden. 2 Am 18. April 1797, nur zehn Tage nach dem Imprimatur der ersten Auflage, gab William M o r g a n bereits die dritte Ausgabe seines ,,Appell an das Yolk von Grol~britannien''1) in Druck, in dem tier Satz stand: ,,Die Ausgabe verfalschten Papiergeldes, die dem Minister die Steigerung der 5ffentlichen Ausgaben und dem Handel1) W. Morgan, An Appeal to the people of Great Britain on the present Marming state of the Public Finances and of Public Credit. London .1797.
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treibenden die Ausdehnung seines Kapitals fiber Bedarf ermSglicht, hat der Nation eine vollkommen falsche Vorstellung yon Wohlstand und t~ppigkeit vermittelt"l). Diese Worte, die zur Besinnung auf die Wirklichkeit mahnten und sparer so vim ertirtert wurden, klangen wie ein Echo der Erklarungen, welche F o x , N i c h o l t s , P u l t e n e y und S h e r i d a n im Parlament gegen die Aufhebung der Goldeinl~sung und die irrigen Aufierungen des Ministers P i t t abgegeben batten. Dank diesen Mannern verschwand das Thema nieht mehr aus der politischen Debatte; B a r i n g abet war der~enige, der es zuerst wissenschaftlich erfafte, wenn er selbst auch nicht wesentlich zur Entwicklung der Geldtheorie beitrug. Seine Abhandlung fiber die Bank yon England bezweckt zweierlei: den Schutz der Bank vor der Errichtung eines neuen Institutes, die damals projektiert war, und die Rechtfertigung der Barzahlungseinstellung. B a r i n g gebiihrt zweifellos das Verdienst, sich um sine Darstellung der unter a•onormalen Verh~ltnissen vor sich gehenden Banktatigkeit bemfiht und aus den natiirlichen Bedingungen des Zirkulationsmechanismus Prinzipien abgeleitet zu haben, die sich auf die neue Situation anwenden liefen. Schon in den ersten Worten seiner Schrift zeigt er sieh als Anhanger des Quantit~tsprinzips und erklart rundweg: ,,Jeder Gegenstand kann Umlaufsmittel werden; das Papier ist als Wertzeiehen ebensogut wie das Gold; man mu]~ sich klar machen, daf das Papiergeld vollstes Vertrauen genieft, insolange es auf einer korrekten Deckung b e r u h t ; . . , der einzige Unterschied zwischen Papier und Gold besteht darin, daf das Papier in dem Lande Umlaufsmittel ist, w o e s emittiert wird, wahrend Gold und Silber diese Funktion auf der ganzen Welt ausiiben; daher sind beide nur als Wertzeichen anzusehen. Wenn das vorhandene Gold die Nachfrage iiberstiege, wiirde das Vertrauen, das es als Wertzeichen genieft, abnehmen und das Gold kSnnte nicht mehr Umlaufsmittel sein; wfirde man andererseits die Banknotenmenge erhShen, so daft die Noten nur mit einem Disagio angenommen wtirden, so mfil~te das in sie gesetzte Vertrauen sieh gleiehfalls vermindern und diese Noten kSnnten nicht mehr als Umlaufsmittel fungieren"2). Aus dieser Konzeption, die in ihrem ersten Teil dutch die Worts ,,das Papiergeld, insolange es auf einer korrekten Deekung beruht" umschrieben erscheint, in ihrer Weiterentwicklung aber dazu neigt, absolute Gtittigkeit zu beanspruchen, gewinnt B a r i n g die Lehre vom ,,Papiergeld, das ausschlieflich zum Zwecke des Umlaufes ausgegeben wird, in seinem Betrage begrenzt ist und der Kontrolle und Verant1) Ebendort, S. 83. 3) F. B a r i n g , Observations on the establishment of the Bank of England and on the paper circulation of the country. London 1797, S. 3 ff. 31 *
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wortung einer absolut unabh~ingigen Gesellschaft unterliegt, im Gegensatz zu jenem Papiergeld, welches die Regierung nach Belieben emittieren kann"l). Auf diese Weise gelangt B a r i n g zu dem Gedanken der Begrenzung der Emission, von welchem er sich aber zu befreien sucht, indem er sich auf die ,,langj~hrige Erfahrung der Leiter der Bank" beruft, die es ihnen gestattet, ,,die Umlaufshiihe, bei welcher die Noten ohne Entwertung und Disagio zirkulieren ki/nnen, richtig zu bestimmen"~). Man kann eigentlich nieht behaupten, dal~ B a r i n g s Gedanken fiber die Lehren S m i t h s hinausreichen; in Wtirdigung des Wertes seiner Arbeit mul~ man es ihm aber nachsehen, wenn er sieh auf die nicht eingehender erklarte Behauptung beschr~nkt, daR ,,die Emissionen nicht jene Hiihe des Umlaufes iibersteigen diiffen, welche das Land benStigt und vertragt"3). Diese Begrenzung und das Vertrauen auf die Bankleiter bilden die wesentliehen Elemente der Erkl~rung, die er fiir die Erscheinung vollwertig zirkulierender Banknoten finder. B a r i n g s Gedankeng~nge, die manchmal wenig pr/izis sind - w~ihrend er z.B. infolge der Einstellung der Barzahlungen das Gold als Grundlage der Banknoten zuerst ausschlieftt, greift er dann wieder darauf zurfick und betrachtet es als die Ursache des in das Papier gesetzten Vertrauens - - enthalten zwei monet~re Begriffe, die von besonderem Interesse sind: den reinen Quantitatsbegrfff und den daraus abgeleiteten Gedanken der Begrenzung der Emission als Mittel zur Erhaltung des Geldwertes. Daraus leitet er welters die der Bank vorbehaltene Funktion ab, die er ganz richtig beschreibt: ,,Die Bank hat den Zweck, jedem Teil der Maschine vollkommen richtiges Funktionieren zu ermSglichen; bald wird sie die Kr~fte, die diese Maschine zur Erfiillung ihrer Aufgaben benStigt, zu vermehren, bald umgekehrt von ihr iiberschfissige Kriifte in Empfang zu nehmen haben"4). Nach B a r i n g s Ansicht war die Bank yon England durchaus f~hig, diese Wirkungen zu erzielen und deshalb verwarf er die von P u l t e n e y projektierte, abet auch von anderen ~) in Erwi~gung gezogene Griindung eines neuen Institutes, die, wie B a r i n g bemerkt, ,,die Schwierigkeiten vermehrt und durch neuerliche Papiergeldausgabe die Feuersbrunst zur Flamme angefacht h~tte"~). Auf die Handelsbilanz dehnte er seine Untersuchungen nur aus, um die Folgen der Goldexporte abzuschatzen, indem er zwischen den Wirkungen einer ungiinstigen Handelsbilanz und den ,,erzwungenen Operationen" zu unterscheiden suchte, ,,welehen die Regiertmg mit Untersttitzung der Bank von England nieht immer vorbeugen kann"7). Dabei lag fiir ihn die besondere Bedeutung in der Beziehung zwisehen dem aus~) B a r i n g , a.a.O., S. 10ff. ~) B a r i n g , a.a.O., S. 12. 8) B a r i n g , a.a.O., S. 12. 4) B a r i n g , a.a.O., S. 6. s) E. T a t h a m , A Second Letter to the Right Honourable William Pitt, Chancellor of the Exchequer, on a National Bank, London 1787. ~) B a r i n g , a.a.O., S. 40. ~) B a r i n g , a.a.O., S. 29.
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geffihrten Gold und dem Saldo der Handelsbilanz, nicht etwa in der Verwendung, zu der dieses Gold bestimmt war, denn er Melt daran lest, ,,dal~ das Geld wieder zuriickkehren mult, wenn die Handelsbilanz giinstig ist"l). Gegen die ~Tiederaufnahme der Barzahlungen argumentierte B a r i n g folgendermat~en: ,,Der Kredit darf nicht neuen Erschiitterungen ausgesetzt werden; eine Ver~nderung yore Guten zum Besseren darf nicht ins Werk gesetzt werden, solange nicht die vollkommene Gewil~heit besteht, dal~ der gegenw~irtige Zustand erhalten und gesichert bleiben kann"~). Diese Gewillheit erblickte er insbesondere in der Festsetzung einer Grenze der Notenemission, einer Grenze, ,,die nicht hiiher sein darf, als der derzeit im Umlauf befindliche Betrag ''a) und in einem fiir die Noten der Bank yon England zu bestimmenden Zwangskurs4). B a r i n g wiederholte diese Gedankeng~nge in einer sp~teren Schrifts), die eine Antwort auf die gegen ihn laut gewordenen Kritiken bildete und sich insbesondere gegen ein Projekt wandte, nach welehem die Banknoten mit gesetzlicher Zahlkraft ausgestattet werden sotlten. 3 Erst mit B o y d erreicht die Geldlehre eine Phase vollkommener Ausgestaltung; durch ihn erhielt die Quantitatstheorie fiberzeugende Kraft ~md er bestimmte auch die Ausgangspunkte fiir die Beurteilung der Entwertung. Sein Werk nimmt bereits die Fundamentalsatze des Bullion Report vorweg. Die Geldentwertung, die durch das Ansteigen der Gold- und Warenpreise und den Fall der Wechselkurse bewiesen und durch die iiberm~tltigen Emissionen determiniert war, die Funktion der EinlSsbarkeit als Sicherung und Richtschnur eines gesunden Umlaufsprozesses, der Anteil der Provinzbanken an dem Ph~nomen der Zirkulation; fiir alle diese Probleme hat B o y d die LSsung gefunden. Und diese LSsung ist in Diskussionen, die sich fiber ein Jahrzehnt hin erstreekten, bekr~ftigt und in dem grundlegenden Dokument dee englisehen Unterhauses sanktioniert worden. B o y d betrachtet die Dinge in seiner unten zitierten Schrift ~) nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Geschaftsmann und Bankier; als solcher hatte er auch in Frankreich praktische Erfahrungen gesammelt und dort Gelegenheit gehabt, die pathologischen Erscheinungen einer Vertrauenskrise kennenzulernen, wie ~-) B a r i n g , a.a. 0., S. 51. 3) B a r i n g , a.a.O., S. 69. 8) B a r i n g , a.a.O., 8.73. 4) B a r i n g , a.a.O., 8.81. 5) B a r i n g , Further observations on the establishment of the Bank of England and on the paper circulation of the country, 1797. 6) W. Boyd, A Letter to the Right Honourable William Pitt on the influence of the Stoppage of Issues in Specie at the Bank of England: on the price of provisions and other commodities (1800), London 1811 (2. Anflage).
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unter anderem auch aus einem Brief zu ersehen ist, den er in der Nacht vom 26. auf den 27. F e b r u a r 1797 an 5ohn F o r d y c e schrieb. Dieser Brief ist deshalb so wertvoll, weft er eine genaue Schilderung der Ereignisse gibt, wie sie dann in der Folge eintraten. ,,Dem Run auf die Bank" heiltt es darin, ,,ware viel leichter dutch das Zusammenwirken und die Einflul~nahme hochangesehener M~nner Einhalt zu tun, als dutch ein Gesetz, welches bis zum Ende die freie, nicht erzwungene Zirkulation der Banknoten beeintr~tchtigen wird ''1) und welter: ,,Diese Mal~nahme (die Einstellung der Barzahlungen) wird wahrscheinlich eine zeitweilige Erleichterung der monetaren Lage bewirken, und sie wird zweifellos auch meine eigenen Transaktionen erleichtern; aber ich miiRte in Ihrer Achtung sinken, wenn ich mit meiner Meinung fiber ein so fiberaus wichtiges Problem Ihnen gegentiber zurtickhielte"2). Auch vor dem Komitee des Oberhauses, das 1797 ,,zur Untersuchung der Griinde, welche ftir die Order of Council vom 26. F e b r u a r maBgebend waren" gebildet worden war, unterlieB B o y d es nicht, die schadliche Wirkung der Zirkulationsverknappung, die in der der Barzahlungseinstellung unmittetbar vorhergehenden Periode eingetreten war, in ihrem vollen Umfange aufzuzeigen; er gab so fiber die zwecks ~berwindung der ausgebroehenen Panik anzuwendenden Mittel dasselbe Urteil ab, zu welchem dann der Bullion Report gelangte3). Genau beschrieb er den Unterschied zwischen dem Umlauf einliislicher und uneinlSslicher Noten und erkli~rte mit aller Deutlichkeit: ,,Von dem Augenblick an, wo diese Bedingung (die BareinlSsung der Noten) aufgehoben wird, ist die Gefahr fiberm~iBiger Emissionen offenbar. Man kann nicht ernstlich annehmen, dall eine Gesellschaft, die ihren Gewinn in erster Linie aus dem Umlauf ihrer Noten schiipft und die ausschlieBlich yon Personen geleitet wird, die an diesem Gewinn beteiligt sind, der Versuchung zu widerstehen vermochte oder vermag, der sie durch das Zugesti~ndnis vom F e b r u a r 1797 ausgesetzt worden ist"4). Auf diese Weise leitete B o y d aus der Aufhebung der Einliisungspflicht die Annahme einer Inflation her. Er wuBte wohl, dab keine pr~izisen Beweise daftir vorlagen, dab die Steigerung des Umlaufes die Erhiihung der Preise bewirkt hi~tte, aber ,,gerade deshalb," erkl~trte er, ,,weil fiir eine Tatsache, die an sich notwendigerweise geheim ist (dies bezieht sich auf die Praxis der Bank yon England, die Daten ihrer Operationen geheimzuhalten) ein positiver Beweis weder existiert noch existieren kann, werde ich durch den Schlut~ yon der Wirkung auf die Ursache die 1) Boyd, Letter to John Fordyce, in A Letter to theRight ttonourable William Pitt, a. a.O., S. 106. 3) B o y d, Letter to John Fordyce, S. 107. 3) Report of the Lords' Comittee of Secrecy -- Order of Council 26th February 1797; relating to the Bank, ordered, by the House of Commons, to be printed, 6th February 1810, S. 67. a) Boyd, A Letter to Pitt, a.a.O, S. 3.
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Existenz dieser Tatsache selbst zu beweisen suchen"l). Der Vergleich der in den Jahren 1796 und 1797 zutage getretenen Vorgange in diesen Zeitabschnitt fallt die Umlaufsverknappung, die auch der Bullion Report erkennt --, welche B oyd, wie er versiehert, ,,schon zu einer Zeit auf die erw~thnte Ursache zuriiekgefiihrt hatte, als deren Existenz noch lange nicht ermittelt war", mit der Situation der auf die Barzahlungseinstellung folgenden Jahre, in denen ein Ansteigen der Preise ,,fast samtlicher Gattungen yon Handelsartikeln" festzustellen war, veranlal~te ihn zu der Folgerung: ,,Es lal~t sich bestimmt nicht leugnen, datt es keinen prasumtiven Beweis geben kann, der sicherer begrtindet ware"~). B o y d s Darlegungen erhalten dann den Charakter einer wirklichen Beweisfiihrung, insoweit sie sich auf den hohen Goldpreis und auf die Bewegung der Weehselkurse sttltzen; diese beiden Momente bildeten auch die Richtpunkte ftir die Diskussionen der Folgezeit. ,,Ein iiberaus eindringlieher Beweis ftir die Entwertung des Papiergeldes ist der gegenwartige Preis fiir ungemtinztes Gold"3). Und B o y d begniigte sich nicht damit, das gegeniiber dem Papier bestehende Goldagio auf 91/8% zu berechnen, sondern stellte auch lest, dali sich der Wert des wenigen im Umlauf befindlichen Goldes nach dem des Papiergeldes richtete, unabhangig von seinem wirklichen Wert, und dal~ es daher offenkundig ,,lohnend erschien, das gemfinzte Gold einschmelzen zu lassen, um aus der Differenz Nutzen zu ziehen"4). Dasselbe Moment, das die Ursaehe der Gotdpreissteigerung bildete, bewirkte auch, dal~ ,,der Wert des englischen Geldes gegeniiber dem des Geldes anderer Lander eine sinkende Tendenz hatte" und B o y d errechnete, dali der Hamburger Wechselkurs, ,,der immer als sicherer Wertmesser funktioniert hat", yon dem englischen Kurs ,,um fast 9% abwich". Auf diese Art war der Beweis der Entwertung in seinen Grundprinzipien eindeutig erbracht; dem etwaigen Einwand, es hatte auch schon unter gesunden Geldverhi~ltnissen Situationen gegeben, die dutch dieselben Erscheinungen eharakterisiert gewesen seien, begegnete B o y d m i t dem Hinweis auf die kurze Dauer dieser Situationen unter sonst gleichen Umstanden5) und mit der Erwagung, dal~ ,,ein ~bermal~ in der Ausgabe von Papiergeld mit derartigen Situationen so untrennbar verbunden sei, dait die MSglichkeit eines solchen ~bermat~es, welches nicht von jenen Folgen begleitet ware, tiberhaupt nicht bestehe"6). B o y d unterlaltt auch nieht die Untersuchung tier Funktion des -
-
1) 3) 3) 4) 5) 6)
Boyd, B o yd, Boyd, Boyd, Boyd, Boyd,
A A A A A A
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to to to to to to
Pitt, Pitt, Pitt, Pitt, Pitt, Pitt,
a.a.O., a.a. 0., a.a.O., a.a.O., a.a.O., a.a.O.,
S. 5. S. 16. S. 25. S. 27. S. 29. S. 32.
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Umlaufes u n t e r Mnem Regime der EinlSsbarkeit und bemerkt: ,,Die F o l g e n eines AbstrSmens (drain) von Guineas aus der Bank sind an sich im Falle der G e f a h r eines ungiinstigen Wechselkurses ein sehr wirksames Gegenmittel und linden in Defensivmal~nahmen des Institutes gegen einen d e r a r t i g e n Abzug Untersttitzung"1). Die allgemeine F a s s u n g der Ausdriicke ,,Gegenmittel" und ,,Defensivmal~nahmen" tauscht nicht dartiber, da]~ h i e r bereits das P r i n z i p der nattirlichen K o r r e k t u r der W e c h s e l k u r s e aufscheint, welche sich durch Metallexporte ergibt. B o y d gebiihrt das grolie Verdienst, der L e h r e von der Abh~ngigkeit der P r e i s b e w e g u n g yon der ttShe der Geldzirkulation haltbare a n d genaue G r u n d l a g e n gegeben zu haben2); wenn diese Abh~ngigkeit auch in einem Teil seiner Studien nicht unmittelbar zum Ausdruck kommt, insoweit er n~mlich einen Zwischenzustand, und zwar den der ,,positiven H e r a b s e t z u n g des Standard" feststellt, d.h. ein F a l l e n der W~hrung, welches noch keine Preiserhiihungen mit sich bringta), so bteibt sic doch stets k l a r determiniert. Und sein Verdienst erhSht sich noch dadurch, dal~ er zu seinen Ergebnissen erst durch bewul~te V e r n e i n u n g der Motive gelangen konnte, mit denen zu jener Zeit die P r e i s s t e i g e r u n g e n atlgemein erkl~rt wurden: Getreideknappheit, Machinationen der Spekulanten, BevS1kerungszunahme, K r i e g 4); z. B. schatzte T o o k e diese Motivierungen durchaus nicht gering~), da er, ebenso wie S e n i o r S ) , nieht erfMtte, da]~ alas Geld in jenen J a h r e n eine wirkliche E n t w e r t u n g e r f a h r e n hatte. Tats~tchlich hat auch M a l t h u s in einer anonym erschienenen Schrift 7) die P r e i s s t e i g e r u n g auf F a k t o r e n zuriickgefiihrt, die vom Gelde unabh~tngig waren. E r v e r t r a t die Ansicht, dali an der Vert e u e r u n g das System der Armengesetze und die Parochialsubsidien schuld seien, welche es den arbeitenden Klassen ermSglichten, genau so vim Getreide a n d andere Gegensti~nde zu k a u f e n wie v o r h e r und auf diese Weise verhinderten, dal~ der Mangel fiihlbar werde und eine entsprechende Einschr~inkung des Verbrauches erfolge. ,,Da dieselbe Menge yon Giitern konsumiert wird a n d . . , die Vorr~te sich andauernd vermindern, so werden die Preise unaufhSrlich 1) B o yd, A Letter to Pitt, a. a. 0., S. 33. 3) B o y d , A Letter to Pitt, a.a.O., S. 7. 3) B o y d, A Letter to Pitt, a. a. 0., S. 65. ~) B o yd, A Letter to Pitt, a. a. 0., S. 52. 3) T. T o o k e, History of Prices, London 1838, Bd. 1, S. 232. ~) N. W. S e n i o r , A Selection from the speeches and writings of the late Lord King, with an introductory memoir, by Earl Fortescue, Edinburgh Review, Oktober 1846, S. 335. ~) An Investigation of the cause of the present high price of provisions. Containing an illustration of the nature and limits of fair prices in time of scarcity; and its application to the particular circumstances of this Country, by the Author of the Essay on the principle of population. London 1800 (3. Anflage).
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tiberaus raseh und in einem bisher noeh nie erlebten Ausmalt steigen miissen"l). Dieser Gedankengang, den M a l t h u s aus dem von ibm vertretenen Prinzip der BevSlkerungszunahme und ihrer Beziehung zu den Subsistenzmitteln ableitet, fiihrt ihn dazu, die erhShte Banknotenemission ,,als Wirkung, nieht als Ursache der hohen Preise" hinzustellen, denn ,,bei gestiegenen Preisen mug die Zirkulation der gleichen oder fast gleichen Warenmenge in einem Lande eine grSliere Menge von umlaufenden Zahlungsmitteln erforderlich maehen, m6gen diese welcher Gattung immer angehSren"2). So teugnete M a l t h u s jegliehen Einflult der moneti~ren Faktoren und seine Folgerungen schienen auch die grundlegenden Prinzipien zu best~itigen, die er vordem aufgestellt hatte, indem er die in diesen Jahren eingetretenen Schwierigkeiten als ,,starksten praktischen Beweis" ffir die Richtigkeit ~ener Prinzipien ansah~). Bei der Untersuchung der Preisgestaltung tibersah B o y d keineswegs die M~glichkeit einer Exportpri~mie. Er sagte die Steigerung ausliindischer Nachfrage ,,als Folge des gesunkenen Auslandswertes des englischen Geldes ''4) voraus. In dieser Unterscheidung zwischen inliindischer und ausliindischer Kaufkraft eines entwerteten Geldes deuten sich bereits die bedeutenderen Konstruktionen T h o r n t o n s und spaterhin W h e a t l e y s an, der die in unserer Zeit von C a s s e l wieder aufgenommene monetare Theorie der Kaufkraftparitat formuliert hat. Die Erscheinung B o y d s ist nicht nur in Verbindung mit seiner oben wiedergegebenen fundamenta.len Lehre yon besonderer Bedeutung, sondern auch in bezug auf den Zirkulationsmechanismus der Provinzbanken, indem er den Grundsatz besti~tigte, datt ,,die Vermehrung oder VermindeI~ang tier Zirkulation der Bank yon England unfehlbar die Vermehrung oder Verminderung derjenigen der Provinzbanken reguliert"5); er behauptete auch, dali die Operationen der letzteren ebenso wie die der Londoner Bankiers die Tendenz hatten, die 8pekulation zu erteichtern und eine Erhiihung des Umlaufes herbeizuftihren; ,,die Riickwirkung auf die allgemeinen Krafte des Geldumlaufes des Landes ist in beiden Fallen die einer gesteigerten Anspannung" ). B o y d s Lehren hatten nebst anderen sofortigen Erwiderungen eine kleine Schrift B a r i n g s 7) zur Folge, welehe indessen zu der damals begonnenen Diskussion fiber die vitalen Probleme des Landes in keiner Weise beitrug und sieh n u t in scharfen Angriffen und 1) Malthus, An Investigation, a. a. 0., S. 17. 3) Malthus, An Investigation, a.a.O, S. 24. 3) Malthus, An Investigation, a. a. 0., S. 27. ,) B o y d, A Letter to Pitt, a. a. 0., S. 37. 5) B o y d, A Letter to Pitt, a. a. 0., 8.20. 6) B o yd, A Letter to Pitt, a. a. 0., S. 21--22. 7) B a r i n g , Observations on the publication of Walter Boyd Esq. M,P., London 1801.
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in Versicherungen erging, dalt die Menge des Papiergeldes keineswegs grol~ genug sei, um die behaupteten Wirkungen auslSsen zu kSnnen und dal~ sich die Banknoten des unvert~nderten und uneingeschrtinkten Vertrauens der Allgemeinheit erffeuten. Das Werk B o y d s war dazu angetan, allen Angriffen siegreieh zu widerstehen und im Rtickblick fiber einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren k~nnen wir ibm seinen Platz unter den grundlegenden Schriften unserer Wissenschaft anweisen. Ein Widersacher ganz anderer Art erstand B o y d s Prinzipien in Henry T h o r n t o n , einem der Direktoren der Bank yon England, dessen umfangreiches, 1802 erschienenes Buch den Mechanismus des kommerziellen Kredites und die Banktechnik zum Gegenstande ausfiihrlicher Beschreibung machte. Dieses Buch stellt einen Lehrbeitrag yon unschatzbarem Wert dar; doch ruff es diesen Eindruck nicht spontan und unmittelbar bei der Lektfire, sondern erst bei Wfirdigung des sorgft~ltigen Aufbaues seines gedanklichen Inhaltes hervor. Diese Tatsaehe, welche auch H o r n e r , der wichtigste unter den Verfassern des Bullion Report, in seiner ausfiihrlichen, in der Edinburgh Review anonym erschienenen Rezension~) hervorhob, ergibt sich mit Notwendigkeit aus der Art und Weise, wie das Werk entstanden ist. Tatst~chtich sagt T h o r n t o n im Vorwort. ,,Die ursprtingliche Absicht des Autors bestand blot~ darin, auf einige popult~re Irrtfimer hinzuweisen, die sich hauptst~chlich auf die Einstellung der Barzahlungen durch die Bank yon England und auf den Einflul; des Papiergeldes auf die ~Varenpreise beziehen. Aber bei der Verfolgung dieses Zieles tauchten viele Fragen auf, deren EriSrterung wichtig erschien"2). Daraus ersieht man, wie sich derartige Ertirterungen in den Vordergrund drt~ngten und wie die Weiterentwicklung der festgelegten Prinzipien einesteils fallen gelassen, andernteils wieder aufgenommen wurde. Die Abhandlung T h o r n t o n s , die eigentlich alas Gegenteil yon dem besagen will, was B o y d aus der Betrachtung der Situation Englands folgert, besttttigt und vervollstandigt in ihren theoretischen Feststellungen B o y d s Prinzipien und entwickelt die Geldlehre, wie sie yon S m i t h geschaffen wurde, zu hSherer Prt~zision. Es hiel;e eines der bedeutendsten Verdienste T h o r n t o n s verkennen, wollte man es unterlassen, auf seinen Beitrag zum Studium der Theorie des Handels hinzuweisen; hier erscheint bereits die Lehre festgelegt, deren Weiterentwicklung durch Stuart M i l l erfolgte, weleher dank der Oberflt~chlichkeit seiner Bewunderer ftir den SchSpfer dieser Lehre ausgegeben wurdeS). 1) F. H o r n e r , An Enquiry into the nature and effects of the paper cr~,dit of Great Britain, by Henry Thornton Esq. M. P., Edinburgh Review, Oktober 1802, S. 172. 2) It. T h o r n t o n , An Enquiry into the nature and effects of the paper credit of Great Britain, London 1802, S.V. 8) Vgl. aueh die Arbeit des Verfassers: ,,Le probl~me des R~parations.
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T h o r n t o n s Buch li~ft, soweit es sich mit den Veranderungen der HShe des Geldumlaufes befaltt, eine Unterteilung in zwei Abschnitte erkennen: im ersten sucht er die Gefahr einer fiberm~l~igen und raschen Verminderung der Umlaufsmittel zu beweisen, im zweiten werden die Folgen einer zu grofen Ausweitung derselben abgesch~ttzt. Indem er so das Prinzip der richtigen H~ihe des Umlaufes und die Ursache der Goldverluste darstellte, hat er die S m i t h s c h e Theorie in ihren schw~chsten Punkten vervotlkommnet. T h o r n t o n s Behandlung des Kredites, die eine Voraussetzung seiner weiteren Untersuchungen bildet, gewinnt besondere Bedeutung durch die darin enthaltene klare Feststellung, daft der Kredit das Kapital nieht vermehrt, wodureh auch R i c a r d o s Erkl~irung bekr~iftigt wird: ,,Mit Kredit kann man Maschinen kaufen, aber nicht s c h a f f e n . . . Kapital kann lediglich durch Ersparnis zustandekommen"l). Kredit ist nach T h o r n t o n nichts anderes als der Ausdruck des Vertrauens, ,,welches zwischen den Kaufleuten hinsichtlich ihrer Gesch~ifte besteht. Dieses ~Tertrauen wirkt sich in verschiedener Weise aus. Es veranlaft sie, einander Geld zu leihen, Weehsel gem~f verschiedenen pekuni~ren Vereinbarungen anzunehmen oder zu garantieren und auch Waren ftir einen Gegenwert zu verkaufen und zu liefern, dessen Hingabe erst ftir einen sp~tteren Zeitpunkt zugesagt wurde"~). Diesen Gedankengang nimmt Ho r n e r wieder auf, der unter anderem erkl~trt, ,,da~ die Kreditoperation das Kapital der Nation nicht direkt erhiiht, sondern es unter jene verteilt, die sich damit befassen, es produktiv anzuwenden" und daraus folgert: ,,In Zeiten iibermal~iger Kreditgewi~hrungen mtissen wir nicht annehmen, daf der Handel keine wahre und wirkliche Kapitalsgrundlage hat, sondern wir haben dann einen Teil des Kapitals als nieht richtig angelegt zu betrachten"a). Nach dieser Definition der wesentliehsten Merkmale des Kredites entwickelt T h o r n t o n die Theorie des Geldes, indem e r v o r allem feststellt: ,,Die Edelmetalle, soweit sic nicht gemtinzt sind (oder Barrenform haben), sind Waren; wenn sic aber zu Geld umgeformt werden, so sind sie einfach als Mar des Wertes der anderen Giiter anzusehen"~), eine Behauptung, die den Schlufi zuzulassen scheint, dalt hier der Funktion als Geld wesentliche Bedeutung beigelegt wird. Observations et critiques." Journal de la Soci~t~ Hongroise de Statistiques, Dezember 1931, S. 7 (Sonderabdruek). 1) D. R i car do, Evidence, in Reports by Lords Committee appointed a Secret Committee to inquire into the state of the Bank of England: with reference to the expediency of the resumption of Cash Payments: with minutes of evidence and an appendix, ordered to be printed 7th May 1819, S. 193. ~) T h o r n t o n , a.a.O., S. 13ff. und 19ff. 8) H o r n e r , a.a.O., S. 186. 4) T h o r n t o n , a.a.O., S. 24.
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E. Fossati:
Was die Beziehung zwischen den Preisen und der HShe des Geldumlaufes anbelangt, zeigt sich T h o r n t o n im wesentlichen als Anh~inger des Quantitiitsprinzips, wenn er es auch in mancher Hinsicht zu negieren scheint. So erklitrt er: ,,In einem Lande, wo nut Papiergeld zirkuliert, wird, wenn die Menge desselben iiberm~il~ig grol~ wird - - unter der Voraussetzung, dal~ der Kredit der Banken, die es emittieren, um beeintrachtigt bleibt -- der Wert dieses Geldes proportional dem tJbermaR der Ausgabe sinken ''1) und sagt dana wieder: ,,Meiner Meinung nach hat zwischen den Schwankungen der Summe der Noten der Bank yon England, die zu verschiedenen Epochen im Umlauf gewesen ist, und den in diesen selben Epochen vorgefallenen Ver~inderungen des allgemeinen Preisniveaus nur eine geringe Wechselwirkung bestanden"~). Und an einer anderen Stelle heil~t es: ,,Die Marktpreise der Vv~aren bilden sich auf der Grundlage eines gewissen Kampfes, der sich zwischen Kaufern und Verk~ufern abs p i e l t . . . Dasselbe Prinzip, das die Warenpreise lenkt, mull auch fiir den Preis des Papiergeldes mal~gebend sein, fiir welches die Waren verkauft w e r d e n . . , der Verkauf einer Ware stellt, wie man zu sagen pflegt, eine zweifache Operation dar, wenn er auch gemeinhin nicht in dieser Weise ausgelegt wird; ich bin der Ansicht, daI~ der Preis, zu welchem sich der Anstauseh vollzieht, von zwei Faktoren abh~ingt- vom Verhiiltnis zwischen Angebot und Nachfrage hinsiehtlich einer bestimmten Ware und vom Verh~iltnis der HShe des allgemeinen Angebotes an Umlaufsmitteln zur ttShe tier danach herrschenden Nachfrage"8). Dal~ T h o r n t o n der Quantitiitstheorie t r e u gebtieben ist, findet man in dem gesamten Werk nnzweifelhaft bestiitigt, besonders dort, wo er die Folgen der Einschr~inkung and Ausweitung der Zirkulation untersucht und die folgende prazise Formulierung findet: ,,Der Preis des Papiergeldes ist prinzipiell denselben Schwankungen unterworfen, wie der jedes anderen Produktes, sein Wert steigt mit der Verminderung seiner Menge und vice versa"; dieser Satz, mag er auch durch die Worte ,,wenn auch bestimmt nicht anzunehmen ist, dal~ zwischen der Menge des Papiergeldes und den Warenpreisen eine Beziehung besteht" eine Einschr~inkung erfahren, ist als vollgiiltig anzusehen, da der Autor selbst betont, er habe seinen Gedanken hier ,,hinl~nglich festgelegt"4). Auch auf die Metall- mid die gemischte Zirkulation 5) wendet T h o r n t o n die Quantitiitstheorie an; die Behandlung dieser Themen gab ihm auch Gelegenheit, die Metallausg~inge eines Landes und die Vertinderungen der Handelsbilanz zum Gegenstand eingehender Betrachtungen zu machen, soweit S m i t h dies noch nicht getan hatte. 1) T h o r n t o n , a.a.O., S. 277. 8) T h o r n t o n , a.a.O., S. 194. 5) T h o r n t o n , a.a.O., S. 268.
~) T h o r n t o n , a.a.O., S. 240. t) T h o r n t o n , a.a.O., S. 198.
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Smi t h hatte in seiner Untersuchung der gemisehten Zirkulation danach gestrebt, die Banknotenmenge zu bestimmen, ,,die leicht zirkulieren k5nne", indem er feststellte: ,,Das gesamte Papiergeld kann niemals den Wert des Goldes und Silbers tibersteigen, an dessen Stelle es getreten ist." tIier wurde also die Banknote als quantitative Stellvertreterin des Metalls aufgefMtt; dieses Prinzip, obwohl es sich der damals verbreiteten Anschauung, die im Papiergeld keine Stellvertretung, sondern eine Vermehrung des Wertes der Umlaufsmittel mit allen ihren natiirlichen Folgen erbliekte, weir iiberlegen erwies, blieb gerade deshalb unprazis, well es die quantitative Pr~izision iiberwertete; denn wenn man bei der Bemessung des Papierumlaufes die ItShe desselben dem Betrage des vertretenen Metallgeldes gleichhalten wollte, so blieb das Moment der Umlaufsgesehwindigkeit aul~er Betracht, welehem T h o r n t o n im Gegensatz zu S m i t h besonderen Forschungseifer zuwendete, da er bier einen besehleunigten Rhythmus in Zeiten des Vertrauens gegeniiber einem verlangsamten in l='erioden der Depression erkannt hattel). Die Umlaufsgeschwindigkeit wurde yon T ho r n t on auch in bezug auf das ,,handelsfahige Papier" erkannt, welches bei ihm -- im Gegensatz zu B o y d -- die Rolte eines Umlaufsmittels spielt2). Thorntons Studium der gemischten Zirkulation bedeutet zweifellos einen Fortschritt, wetcher zur Formulierung einer wirklich vollst~ndigen Theorie des Zirkulationsprozesses gefiihrt hat. S m i t h hatte die Frage der Weltverteilung der Edelmetalle noch ganz ohne Griindlichkeit behandelt. Metallausg~nge aus einem Lande hielt er blol~ fiir Folgen einer Zirkulationsiibers~ttigung, ohne die Vorg~.nge zu beachten, die zu solchen Ausgangen fiihrten. Dberm~llige Ausgabe yon Banknoten bedeutete ibm eine kontinuierliche Umwandlung derselben in Metall, welches, ,,indem es an die StelIe des Papiergeldes trat, sieh der Notwendigkeit der Zirkutation nicht unterworfen zeigte, aber, da das Metall nicht ohne Anlage bleiben kann, ins Ausland gesandt werden mul~te, um dort der gewinnbringenden Anlage zugefiihrt zu werden, die es im Inlande nicht linden konnte." Dieser Auffassung tritt T h o r n t o n entgegen und sucht sie durch folgende Erklarung einzuschr~nken: ,,Das Metall verl~il~t das Land nicht durum, weil der Umlauf seine volle HShe erreicht hat und zus~tzliche Umlaufsmittel keine Anlage linden kiinnen; jede Banknotenvermehrung ffihrt eine Erh~hung tier Warenpreise herbei, wodurch wieder eine grSitere Menge yon Umlaufsmitteln Anlage finder, so dalt von einer Zirkulationstibers~tttigung niemals die Rede sein kann. Eine solche Warenpreissteigerung bedeutet niehts anderes, als eine Wertverminderung des Metallgeldes, die zur Folge hat, daft das Metallgeld abwandert, um einen besseren Markt zu linden."3). Thornton stellt so im Gegeni) Thornton, 3) Thornton,
a.a.O., S. 46. a.a.O., S. 211.
2) Thornton,
a.a.O., S. 41.
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E. Fossati:
satz zu S m i t h lest, dal~ die B a n k n o t e n trotz i h r e r E i n l S s b a r k e i t eine E n t w e r t u n g erleiden und dadurch eine E r h S h u n g der P r e i s e herbeiffihren k(innen, ein Gedanke, den w i r spi~ter auch bei B1 a k e finden. Besondere B e d e u t u n g g e w i n n e n T h o r n t o n s Studien fiber die G o l d b e w e g u n g e n durch ihre B e z i e h u n g zu den Phanomenen, die die Handelsbilanz beeinflussen, da sie hier die Grundlage der Theorien geschaffen hubert, an deren lebendiger Ausgestaltung ein J a h r h u n d e r t gearbeitet hat. ,,Wenn eine passive ttandelsbilanz vorliegt," schreibt er, ,,und keine MSglichkeit des sofortigen ausgleichenden Angebotes einer geniigenden Menge yon W a r e n besteht, oder wenn - - dies ist der wahrscheinlichere F a l l - - die Waren, die zur Beseitigung des P a s sivums angeboten werden kSnnen, keine Nachfrage finden", dan~ kommt es zum Goldexport, denn dieses Metall ,,kann stets einer gewinnbringenderen Y e r w e n d u n g zugeffihrt werden, als ein l~berfluli an anderen ~Taren"1). So ist bier der Unterschied zwischen dem Gold und den anderen Gfitern definiert, den R i e a r d o in seiner Abhandlung fiber die Goldbewegungen vollkommen aulter acht l~l~t, wobei e r zu einer U m k e h r u n g der Theorie T h o r n t o n s gelangt und den Goldexport, wie noch zu zeigen sein wird, nicht als Folge, sondern als U r s a c h e einer passiven ttandelsbilanz ansieht. So sind T h o r n t o n ~) und R i c a r d o 8) zu ganz e n t g e g e n g e s e t z t e n Resultaten gelangt, obwohl sie beide yon dem G r u n d s a t z a u s g i n g e n , datt der t~berfluii an Gold die U r s a c h e seiner A b w a n d e r u n g sei. Thorntons P r i n z i p , welches er nicht n u r im H i n b l i c k a u f Ernteaus~alle, sondern auch a u f die ~ b e r w e i s u n g e n yon U n t e r stiitzungen und anderen Geldern ins Ausland u n t e r s u c h t hat, ,,die", wie er sagt, ,,wenn sic auch keine Bestandteile der kaufmfi,nnischen Aus- und E i n f u h r bilden, trotzdem g e n a u so wie eine Miiternte zur Verschlechterung der Handelsbilanz beitragen"~) w u r d e yon F o s t e r ~ ) , M u s h e t 6) und M a l t h u s ' ) v e r v o l l k o m m n e t und y o n S t u a r t M i l l 8) w i e d e r a u f g e g r i f f e n . D e r Mechanismus, der die Rfieki) T h o r n t o n , a.a.O., S. 131. ~) T h o r n t o n , a.a.O., S. 130. 8) D. R i c a r d o , The high price of bullion a proof of the depreciatio~ of bank notes, in Works (hgb. Mac Culloch), London 1881, S. 269. a) T h o r n t o n , a.a.O., S. 120. a) j. Leslie F o s t e r , An essay on the principle of commercial exchanges and more particularly on the relations between England and Ireland: with an inquiry into the practical effects of the Banks Restrictions, London 1804. e) R. M u s h e t , An Enquiry into the effects produced on the NationaI Currency and rates of Exchange by the Bank Restriction Bill explaining the cause of the high price of bullion with plans for maintaining the national coins in a state of uniformity and perfection, London 1810, pag. 10 ft. 7) ( M a l t h u s ) , Publications on the depreciation of paper currency, i~ der Edinburgh Review, Februar 1811, S. 343 ft. 8) j. Stuart Mill, Principles of Political Economy (hgb. Ashley), London 1926, S. 627.
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kehr des Gleichgewichtes ermSglicht, wird bei T h o r n t o n zwar nicht im besonderen behandelt, lal~t sich jedoch aus seinen Betrachtungen tiber die Deflation ableiten, welche eine ErmSl~igung der Preise 1) herbeifiihrt und so die Voraussetzungen fiir den Warenexport schafft~). Die Deflation fiihrt so im Inland eine Steigerung des Goldpreises herbei, ,,welcher sich nach kurzer Zeit auf den Niveau der anderen L~nder stabilisieren muI~"~); in diesem Grundsatz scheint der Begri~f eines internationalen Niveaus der Kaufkraft des Goldes auf, welches yon der Bewegung des Metatls selbst unberfihrt bleibt. Die Theorie der Wechselkurse kommt bei T h o r n t o n klar zum Ausdruck; die Wiedergabe seiner Ausfiihrungen, die sich damit befassen, ist von Interesse. ,Nehmen wit an", heiltt es dort, ,,dal~ ein Exporteur, der Getreide yon Hamburg nach London verschifft, einen Wechsel zum Kurs yon 100 ~!~ auf London zieht und ihn in Hamburg zu einer Zeit, in der starke Getreideexporte nach London im Gang sind, zum Kauf anbietet. In diesem Falle wird die Anzahl der Personen, die Veranlassung zum Kauf solcher ~Vechsel haben, in Hamburg geringer sein, als die Anzahl derjenigen, die sie verkaufen wollen; und der Preis solcher Wechsel schwankt wie der jedes Artikels im Verhi~ltnis yon Angebot und Nachfrage. Das Mil~verhi~ltnis dieser beiden Faktoren wird nun eine Preissenkung der Wechsel auf London und eine Preissteigerung der Hamburger Devise bewirken. Man sagt dann: das Gold ist in Hamburg gestiegen, das Kursverhi~ltnis zwischen London und Hamburg wird fiir London ungtinstig. Diese Kursschwankung wird in der ersten Zeit gering sein. Sie wird sich auf den Betrag beschr~nken, den die Kosten des Metalltransportes yon einem 0 r t zum anderen erfordern, solange ni~mlich Metall ftir den Export zur Verfiigung steht"; wenn infolge dot HShe der zu bezahlenden Schulden alles Barrengold exportiert ist, wird die Reihe an das ,,gemfinzte Gold kommen, nachdem man es zu diesem Zweck eingeschmolzen hat"a). Fallen des Wechselkurses bedeutet Steigerung des Goldpreises und Entwertung des Umlaufsmittels. So bitdet die Gestaltung der Kurse und des Goldpreises auch fiir T h o r n t o n das Kriterium des Wertes des umlaufenden PapiergeldesS), der seinerseits wieder den Wert des gemiinzten Goldes bestimmt und einen abweichenden Marktpreis desselben herbeifiihrt6). Grundlage einer gesunden Zirkulation ist die EinlSsbarkeit der Banknoten; hieraus ergibt sich der Gedanke der Goldreserven, ,,die nieht nur zur Verteidigung gegen die iibliehen und einfacheren Sehwankungen der Naehfrage nach Metallgeld dienen, sondern a u c h . . , zur Bekampfung der ~¥irx) T h o r n t o n , ~) T h o r n t o n , s) T h o r n t o n , 4) T h o r n t o n, 5) T h o r n t o n ,
a.a. 0., a.a. 0., a.a.O., a. a. 0., a.a.O.,
S. 82ff. und 200ft. S. 131. S. 83 u. 279. S. 122/23. S. 191. 8) T h o r n t o n , a.a.O., S. 191.
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kungen einer ungfinstigen Handelsbilanz... und die man benStigt, um jeder aul~ergewShntichen inl~ndischen Nachfrage standhalten zu kiinnen"l). Aus dieser Darlegung folgert er eine Rechtfertigung der Bank von England, indem er erkl~rt: wenn der Goldvorrat bereits vermindert worden sei, um die Wirkungen einer ungtinstigen Handelsbilanz auszugleichen und in einem solehen Augenblick eine Panik ausbreche, ,,so li~ltt sich mit Leichtigkeit voraussehen, dalt die Kri~fte einer Bank, wie hoch ihre Reserven auch sein mSgen, dem doppelten Angriff auf keinen Fall widerstehen kSnnen"2). In der Abhandlung fiber die gemischte Zirkulation wird -- ganz im Gegensatz zu S mi t h - - auf die prinzipiell erwogene MSglichkeit der Entwertung eines einlSsliehen Umlaufes besonderes Gewicht gelegt, einer Entwertung, die zu Metallausgi~ngen ffihrt und deflatorische Gegenangriffe notwendig macht. Auch finder sich bei T h o r n t o n die Idee einer Begrenzung vertreten, die er zur Aufrechterhaltung des Wertes der Banknoten -- auch wenn sie ein15slich sind -- als notwendig erachtete; diesen Gedanken hat auch N o r m a n aufgenommenS). T h o r n t o n ist ferner die genaue Formutierung der Theorie der Wechselwirkung zwischen Geldmenge und Zinsfui~ zuzuschreiben; diese Theorie hatte er gelegentlich seiner Untersuchung fiber den Einfluli eines Geldfiberschusses und fiber die Begrenzung der Geldmenge aufgestellt4). Die Folgen einer Ausweitung der Zahlungsmittel linden im letzten Tell seines Buches ausffihrliche Behandlung; hier werden die erhShten Darlehensfazilitaten und die Illusionen der Erleichterung kaufmiinnischer Tatigkeit, der VergrSl~erung des Handelsvolumens und der gesteigerten Kauflust eingehend erla.utert. Die Steigerung der Preise bringt dem Import Anregung, dem Export Hemmungen; diese Folgen werden aber sofort durch den vom Handelsbilanzpassivum bedingten Riickgang des VV'echselkurses aufgehoben, wobei die entgegengesetzten Wirkungen entstehen, ,,indem verhindert wird, dal~ die hohen Warenpreise in England die ttandelsbilanz in ungfinstigem Sinne beeinflussen"5). Hier ist bereits der Grund zu der Theorie der Kaufkraftparitiiten gelegt, wie aueh die folgenden Satze zeigen: ,,Wenn die Warenpreise in Grofibritannien stark steigen, so ist es unvermeidlich, dalt die Bewegung der Wechselkurse davon beeinflultt wird" und ,,zu stark gestiegene Warenpreise bedingen ein Sinken des Wechselkurses". Diese Erkl~rungen best~tigen neuerlich den Zusammenhang zwischen Preisen and Weehselkursen. Dagegen hat T h o r n t o n dem auslandischen Preisniveau keine Aufmerksamkeit zugewendet; als erster Erforscher dieses Gebietes wird W h e a t l e y zu riihmen sein. i) T h o r n t o n , a.a.O., S. 71. 3) T h o r n t o n , a.a.O., S. 71. 8) G. Warde Norman, Remarks upon some prevalent errors with respect to Currency and Banking, London 1838, S. 32. ~) T h o r n t o n , a.a.O., S. 287. ~) T h o r n t o n , a.a. 0., S. 201.
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T h o r n t o n s doktrinare Darstellung bildet einen grundlegenden Beitrag zum Studium des Zirkulationsprozesses, wenn sic auch yon Ungenauigkeiten durchsetzt ist, deren bemerkenswerteste darin besteht, dai~ haufig kein Unterschied zwischen einlSslichem und uneinlSslichem @eld gemacht wird. In ihrer Anwendung auf den konkreten Fall der englischen Situation zeigt sie -- obwohl gerade bier viele ihrer Behauptungen einander widersprechen --, daft weder Unzul~ngiichkeit der ttilfsquellen der Bank, noch leichtfertige Gewahrung yon Krediten an den Staat, noch Verschulden oder Unerfahrenheit der Direktoren die Aufhebung der Barzahtungen herbeigefiihrt hat, daft diese vielmehr die Folge yon Umstanden war, die das Institut ,,nur in sehr geringem MaRe kontrollieren konnte", wie die ungiinstige Handelsbilanz und die Angst vor einer Invasion. T ho r n t on leugnet das Bestehen einer iiberm~ii~igen Emission 1) und verwirft auch die Berechnungen B oyds2), teilt aber dessen Meinung fiber die Provinzbanken, deren Emissionen durch die Konversion gegen die Noten der Bank yon England beschr~inkt waren3). Eine Wiirdigung von T h o r n t o n s Werk ware unvollstandig, wenn sie die Richtlinien einer wirklichen Bankpolitik unerw~ihnt liege, die hier fiir die Bank yon England aufgestellt wurden und deren Giittigkeit auch durch die Erfahrungen yon mehr als einem Jahrhundert nicht widerlegt worden sind. ,,Den Gesamtbetrag des emittierten Papiergeldes begrenzen und im Hinbliek darauf ein bestimmtes wirksames Restriktionsprinzip einhalten, auch wenn die Versuchung zur Darlehensgewahrung groJ~ ist; keinesfalls jedoch wesentliche Herabsetzungen des umlaufenden Betrages vornehmen, diesen vielmehr nur innerhalb bestimmter Grenzen vibrieren lassen; zu einer langsamen und vorsichtigen Expansion des Umlaufes gelangen, gema~ der Steigerung des gesamten Handels im Reiche; im Falle aui~ergewShnlicher Alarmzustande oder Schwierigkeiten eine spezielle, wenn auch nur voriibergehende ErhShung bewilligen, als bestes Mittel zur Verhinderung einer starken inl~indischen Nachfrage naeh Guineen; und eine Kontraktion durehfiihren, falls das Gold exportiert wird und die Wechselkurse langere Zeit ungiinstig bleiben"4). Die Bedeutung yon T h o r n t o n s Schrift wurde sofort erkannt, wie aus der Besprechung H o m e r s hervorgeht, der yon ihr als yon der ,,zweifellos wertvollsten yon allen anl~ii~lieh der besonderen Lage entstandenen Publikationen ''5) spricht. Dank B o y d und T h o r n t o n beruht die Geldtheorie fortan auf sicheren Grundlagen. Ihre Yervoltkommnung land sie durch die sp~teren Unter~ suchungen K i n g s und W h e a t l e y s ; man kann sagen, daft diese Autoren bereits die wesentlichen doktrin~iren Grundziige des Bullion i) Thornton, a.a.O., S. 280. 3) Thornton, a.a.O., S. 228. ~) Horner, a.a.O., S. 173. ZeRschr. f. N a t i o n a l S k o n o m i e , IV. Bd., 4. H.
2) T h o r n t o n , a.a.O., S. 226. 4) T h o r n t o n , a.a.O., S. 295. 32
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Report gestaltet haben, wie such der Berieht des zur U n t e r s u c h u n g der Wiihrungslage Irlands eingesetzten Parlamentskomitees beweist, der in seinen wichtigsten P u n k t e n bereits die P r i n z i p i e n des Reports yon 1810 vorwegnimmt. Diesen Umstiinden kommt ganz besondere B e d e u t u n g zu, weft sie fiir die B e u r t e i l u n g der E r s c h e i n u n g R i c a r d o s in jener P e r i o d e wesentlich sind. 4 L o r d K i n g war 28 J a h r e alt, als sein kleines Buch 1) erschien, welches von H o r n e r ,,vorbildlich"t) genannt und von S e n i o r wie folgt geriihmt wurde: ,,Lord K i n g s Schriit schatzt die halbverborgenen S c h a d e n s w i r k u n g e n der Krankheit, an der w i r damals litten, so richtig ein, dal~ man meinen mSchte, sie w a r e 1814 und nieht 1803 entstanden. Sie enthiilt eine Darstellung der Geldtheorie, die so vollst~indig und durchaus z u t r e f f e n d ist, dal~ sic noch heute, nach vierzig J a h r e n der Diskussion, n u r ganz geringfiigig erg~inzt oder v e r b e s s e r t werden kSnnte"8). Das W e r k war in Druck gegeben worden, als der zu Amiens geschlossene F r i e d e zu Ende ging; dieser Friedensschlul~ war wie kein anderer allgemein mit hSchster Begeisterung begriifit worden und hatte die grSl~ten H o f f n u n g e n erweckt~). L o r d K i n g geht von dem Gedanken aus, daft ,,das unentbehrliche Merkmal und die einzige G r u n d l a g e jedes w a h r e n Umlaufsmittels in dem ibm innewohnenden W e r t liegt; man hat die Edelmetalle gewahlt, weft sie diese Eigenschaft im hSchsten Grade besitzen und jederzeit und iiberall n u t ganz g e r i n g e n Wertschwank u n g e n u n t e r l i e g e n " ; dal~ die Zirkulation von P a p i e r g e l d n u r insoweit vorteilhaft sei, als dieses ,,genau an der Stelle des Goldes steht, welches es v e r t r i t t ; diesen C h a r a k t e r hat die Zirkulation n u r dann, wenn die Noten nach Belieben des Inhabers in jedem Augenblick eingelSst werden kSnnen"5). Die Untersuchung, die K i n g fiber eine gesunde Zirkulation anstellt und die er als V o r a u s s e t z u n g des Studiums der F r a g e des uneint~sbaren Geldes betrachtet, iiihrt ihn zu einer Abschatzung der W i r k u n g e n , welche sich aus der Substituierung des Metallgeldes durch Banknoten ergeben und yon S m i t h iiberhaupt nicht prlizisiert worden waren.
1) Lord K i n g , Thoughts on the Restriction of Payments in specie at the Banks of England and Ireland, London 1803. 3) H o r n e r , Thoughts on the Restriction of Payments in specie at the Banks of England and Ireland by Lord King, Edinburgh Review, Juli 1803~ S. 421. 8) N. W. S e n i o r , A selection from the Speeches and Writings of the late Lord King, a. a. 0., S. 323. 4) Vgl. H. B a in vi 11 e, Napoleon, Paris 1931, S. 195. 5) K i n g , Thoughts on the effects of Bank restrictions, London 1804: (2. Auflage), S. 5.
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S m i t h hatte behauptet, dalt eine solche Veranderung den Wert der Edelmetalle unberfihrt lasse, well jedes Quantum Papiergeld eine gleich hohe Goldmenge ausschalte. Diese Behauptung, sagt K i n g , ,,kam zwar der Wahrheit naher" als jene, die aussagte, dalt bei Einffihrung einer neuen Menge yon Umlaufsmitteln -- wie sie dureh Banknotenausgabe erfolgt -- eine Entwertung des Geldes und infolgedessen eine Steigerung der Preise eintreten mfisse, ,,wurde aber, obwohl sie in der Praxis zutreffen kann, den Tatsachen doch nicht gerecht"l). K i n g bedaehte, datt die Metalle in der Industrie gebraucht werden, als umlaufendes Geld Verwendung linden und in Form yon Barren die internationalen Wechselkurse beeinflussen und dal~ daher ,,ihr Wert von dem Grad abhangig ist, in welchem das Angebot ffir diese versehiedenen Verwendungszwecke der Naehfrage entspricht" und stellte fest, da£ die Substituierung von Mfinzgeld dutch Papier ,,die Nachfrage nach ~{etall ftir Ausmiinzungszwecke vermindert und dadurch eine Senkung des allgemeinen Wertes desselben bewirke, ebenso wie wenn man seine Menge tatsachlich erh(iht hatte"~). Die Folgen einer solchen Wertverminde~ung kSnnen ,,keine partiellen bleiben, sondern miissen sich in allen Landern ffihlbar machen". Die daraus entstehende Entwertung ist, wie die Erfahrung zeigt, nicht bedeutend ,,und wird, da sie sich fiber die ganze Welt verteilt, keiner einzelnen Nation Schwierigkeiten bereiten". Auf Grund dieser Erwagungen gelangt K i n g zur vollstandigen Erfassung der Vorteile der Notenzirkulation, deren wiehtigster in tier ,,Ersparung des ganzen Kapitalbetrages" besteht, ,,der sonst zur Versorgung des Umlaufes mit der entsprechenden Metallmenge nOtig ware" und die im wesentlichen schon yon S m i t h aufgezeigt wurden; ferner zur Bestimmung des Unterschiedes zwischen der infolge eines derartigen Substitutionsvorganges entstandenen Entwertung und einer solchen, die durch Ausgabe von uneinlSsliehem Geld hervorgerufen wird. Von gleich grundlegender Bedeutung war das Problem des Zirkulationsquantums, welches schon von S mi t h untersucht worden war; dieser hatte die yon einigen Wissenschaftlern bestimmten Mengen zu dem Gesamtwert der umlaufenden jfi~hrlichen Produktion in Beziehung gesetzt. K i n g leugnet entschieden, dalt man hier von einem Gesetz sprechen kSnne, auf Grund dessert sich der angemessene Zirkulationsbetrag in irgend einem der anderen Lander ,,aus der jeweiligen Nachfrage des Publikums" ermitteln liege, welche ,,in verschiedenen Landern, bei verschiedenen Gesellschaftszustanden und aueh im gleichen Lande zu verschiedenen Zeiten wesentlich differiert"a) und erklart, daI~ die erforderliche Menge ,,in jedem Fall von einer grol~en 1) King, a.a. 0., 8.2. ~) King, a.a. 0., 8.17.
*) King, a.a. 0., S. 3. 32*
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Anzahl verschiedener Umst~nde abhangig ist und durch einen hSheren oder niedrigeren Grad yon Sicherheit, Aktivitat und verbesserten tIandelsbedingungen gesteigert oder vermindert wird"l). Eine Schwache dieser Aufz~hlung bedeutet das Fehlen einer Pr~zisierung des von T h o r n t o n so klar erfal~ten Moments der Umlaufsgeschwindigkeit; diesen Mangel will K i n g scheinbar dadurch wettmachen, dal~ er die Kompliziertheit der Motive hervorhebt, wohl um alle wirkenden Krafte mit einzubeziehen2). Diese Erkl~rungen gewinnen dadurch besondere Bedeutung, dal~ sie die Voraussetzung fiir die Ablehnung der damals bereits stark verbreiteten Theorie bildeten, derzufolge iibermal~ige Papiergeldemissionen unmSglich w~ren, solange die Bank nicht :[iktive Wechsel, oder, wie T h o r n t o n sie genannt hatte, Gefalligkeitsweehsel diskontierte. - - Auch S m i t h hatte diese Theorie zum Teit aufgestellt, ohne sie aber durch irgendwelche Beweise zu belegen. Der Glaube daran war bereits so stark eingewurzelt, dal~ er sieh lange Zeit erhalten konnte und sogar zum Leitsatz fiir die Direktoren der Bank yen England proklamiert wurde. Die Unrichtigkeit dieser Lehre, auf die bereits M o r g a n hingewiesen hatte, wurde yon K i n g lfickenlos bewiesen. Er erkl~rte, die Direktoren der Bank seien gar nicht in der Lage, Wechsel der zwei Gattungen voneinander zu unterscheiden; wenn dies aber selbst mSglich ware, so bliebe noeh immer die Schwierigkeit, die sieh daraus ergebe, dal~ ,,die Transaktionen sich zwischen Individuen abspielen und die Zahlungen in ~Veehseln auf grol~e Summen geleistet werden miissen, und zwar unter Umstanden und zu Zwecken, die zu der Anzahl und dem Betrag derartiger Transaktionen in der Gesellschaft in keiner Beziehung stehen"a). Und welters sagt er: ,,In "Wirklichkeit ist es wohl bekannt, dat~ die Direktoren der Bank den Betrag der guten, ihnen zum Eskompte eingereichten Wechsel nicht als Riehtschnur fiir die Festsetzung der HShe ihrer Emissionen ansehen"4). Die Untersuchung dieser Theorie f0_hrte ihn aueh zu der richtigen Wertung der schon yon T h o r n t o n erkannten Beziehung zwischen Diskontsatz und Geldmenge und zur kritischen Betraehtung der Wuchergesetze, die der Bank von England ebenso wie jedem anderen Geldverleiher die Anrechnung eines hSheren Zinssatzes ais 5% untersagten und dadurch oft eine starke Nachfrage nach Diskontierungen bewirkten, da ,,der handelsiibliche Zinsful~ einschliel~lich desjenigen der Staatspapiere ein hSherer
war'S5).
Gleich B o y d erbliekte K i n g in der UneinlSslichkeit der Noten ein Moment der Gefahr ihrer Entwertung, deren Grund fiir ihn so wie fiir H o r n e r ,,in dem Fehlen des Vertrauens und in dem ~bermarl der Notenmenge" lag6). Ersterem schrieb er eine unsiehere und unregelm~l~ige Wirkung zu, da der Vertrmlensmangel eine Funktion 1) King, a. mO., S. 20. 2) King, a.a. 0., S. 20. 3) King, a.a.O., S. 21. 4) King, a.a.O, S. 22f:f. 5) King, a.a.O., S. 22. 6) King, a.a..O., S. 113.
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,,der 5ffentlichen Meinung und des Kredites sei, den die emittierende Stelle, also die Regierung oder die Bank, genieft", wi~hrend er die Folgen des ~bermafes als ,,konstant und gleichfiirmig" bezeichnete. ,,Die iibermafig hohe Menge", fiigte er hinzu, ,,muf alas Geld eben im Verh~Itnis dieses ~bermaRes entwerten". Somit war das Quantit~tsprinzip eindeutig aufgestellt. Vervollstiindigt wurden diese Darlegungen dureh die Bestimmung der Elemente, welche den Beweis tier Entwertung liefern: es sind dies ,,tier Marktpreis des Metalls und der Stand der Wechselkurse", welche ,,zusammen das genaue Kriterium einer gesunden oder angegri~fenen W~hrung bilden"~). Dieser Satz, welchen M a el e o d in einer Auflage seines Buehes fiber die Banken 2) als K i n g sches Gesetz bezeiehnet, wahrend er in seinem WSrterbuch tier politischen Okonomie s) Zweifel aufert, ob er nicht L a w zuzuschreiben sei, bedeutete die pr~zise Bestatigung yon B o y d s intuitiver Erkenntnis. K i n g s Verdienst besteht nicht in seiner Formulierung, sondern darin, d a f e r ihn an Hand eines reichlichen Datenmaterials ausfiihrlich begrtindet hat. Daft die Prioritiit damals B o y d gebiihrte, erkannte K i n g selbst an, bemerkte aber such mit Recht, dal~ B o y d den Kritiken seiner Gegner ein leichtes Ziel geboten babe, ,,indem er allzusehr den Entwertungsgrad betonte und der erhiihten Notenmenge eine grSfere Wirkung zuschrieb, als sie ol~enbar wirklich ausiibte"4). Bei der Untersuehung der Beziehung zwischen der ErhShung der Umlaufsmittel und der Banknotenentwertung sucht K i n g jenes Zwischenstadium der vermehrten Zirkulation genau zu bestimmen, in welchem noch nicht sofort ein Disagio der Banknoten eintritt, wie dies bereits yon B o y d erkannt wurde, der ausftihrte: das Auftreten dieses Disagios sei ein Beweis dafiir, daf die Di~ferenz zwisehen dem vollen und dem verminderten Weft ,,sich notwendigerweise auf eine Summe belaufen mfisse, die zur Deckung der Spesen und des Risikos (oder der Kosten der ~Tersicherung) eines Goldexportes nach dem Kontinent einschliel~lich einer Gewinnquote flit den Exporteur hinreiehend sei"5). Auf diese Weise hat K i n g die Grundbegriffe dargelegt, welche die Bestimmung der Grenzpunkte des Goldexportes ermiiglichten; sie waren zuerst yon P e t t y 6) ermittelt worden und sollten sp~ter im Bullion Report genaue Vc'iederholung finden. K i n g vollzog abet, von H u m e angeregt, such die Synthese dieses Gedankens und des Begriffes der Handelsbilanz, indem er erkl~rte: ,,Die Handelsbilanz allein kann niemals eine welter1) King, a.a.O., S. 113. 3) H. D. Macleod, Theory and Practice of Banking, London, 1896, Bd. II, S. 26. 8) Macleod, A Dictionary of Political Economy, Bd.I, London 1863, S. 96. 4) King, a.a.O., S. 32, Ful~note. ~) King, a.a.O., S. 45. 8) W. P e t t y , Political Survey o~ Ireland. London, 1691, S. 71.
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gehende Veranderung des Standes der Wechselkurse bewirken, als es der Paritat entspricht, bei welcher die Spesen und der Gewinn des Exporteurs, der das Edelmetall ausftthrt und damit die tIandelsbilanz saldiert, noch Deckung linden" und indem er die ganz andersartige Wirkung einer "W~hrungsentwertung beleuchtete, die in der Steigerung der }Vechselkurse erkennbar wird, ,,ohne dal~ es ftir diese eine andere Grenze gebe, als eben den Grad der Entwertung'U). Auf Grund der Untersuchung der Handelsbilanz, die ihm Anlag bot, die alten und die neuen (ikonomischen Lehren -- erstere dutch die Merkantilisten, letztere durch I t u m e und S m i t h S) vertreten -- einander gegeniiberzustellen, gelangte er auch zur Erklarung des yon 1772 an bis zu den Tagen der grogen monet~iren Umw~lzung dem Kontinent gegenfiber stets giinstig gebliebenen englischen Wechselkurses aus der besonderen Stellung, die England vermSge seiner Handetsbeziehungen zu Indien einnahm und durch die es genStigt war, mit seinen Exporten yon den iibrigen europaischen L~indern grolte Mengen Edelmetalle zu kaufen, die den eigenen Bedarf ttberstiegen und wieder mit Nutzen dorthin exportiert wurden, wo daran Bedarf war. Diese Behauptungen wurden in dem erw~hnten Artikel der Edinburgh Review einer umfangreichen Kritik unterzogen, welche vor allem hervorhebt, dal~ das Metall, wenn es zufolge tatsachlicher Nachfrage eingefiihrt wird, die ttandelsbitanz in keiner anderen Weise beeinflutit, als dies irgendeine andere Ware tut3); womit zum Ausdruek kommen sollte, dal; ,,die Einfuhr yon Gold oder Silber zur Befriedigung kommerzieller Nachfrage nicht die Folge des Uberangebotes und des niedrigen Preises der auf jenes Land gezogenen }Vechsel ist, in welchem ~berfluR an Metall herrscht"4). K i n g s Replik wurde in der zweiten Auflage seines ~Verkes verSffentlicht und berief sich im wesentlichen auf die charakteristischen Merkmale des I-Iandels mit Edelmetallen, der in jedem Lande yon einer besehr~nkten Anzahl von Personen betrieben wird, die sich ausschIiel~lich damit besch~ftigen, sowie auf die besondere Natur dieser Metalle, die zum Unterschied yon anderen Gtitern ,,das Geld der Nationen" darstellen. Die Replik ist zwar in ihren Formulierungen wenig pr~zis, stellt aber gleichwohl Behauptungen auf, die vielleicht eher das Ergebnis genialer Intuition als logischer SchluRfolgerung sind und zur Erl~tuterung des komplizierten Mechanismus wesentlich beigetragen haben. Die Bedeutung der yon den englischen Exporteuren einger~umten langfristigen Kredite, welche H o r n e r in der Edinburgh Review im Gegensatz zur These K i n g s zur Erk1~rung des giinstigen Wechselkurses herangezogen hatte, wird hier auf alas Mal~ eines auf die Preise einwirkenden Faktors zurtickgeffihrt; Metalltransporte 1) King, a.a.O., S. 35ff. 3) H o r n e r, Thoughts etc., S. 418.
3) King, a.a.O., S. 51. 4) K i n g, a. a. O., S. 156.
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von einem Land ins andere bedingen einen ungiinstigen Wechselkurs im Exportland, obwohl die Beziehung zwischen Kursbewegung und Metallausgangen keineswegs vollkommen erkl~rt und bewiesen wird. Auch an dem Studium des irl8ndisehen Wahrungsproblems hat K i n g grolien Anteil genommen und seine Erklarungen haben dem Komitee den Weg gewiesen, der dann 1804 zu der bereits erwahnten Untersuchung geftthrt hat. Seine Gesichtspunkte fiir die Einsch~tzung der Entwertung fanden im Vergleich mit den Noten der Bank yon England genaue Anwendung; zur Bekr~tftigung seines Standpunktes fiihrte K i n g noch die Kursdifferenz zwischen den Zahlungsmitteln yon Dublin und Belfast an. In der letzteren Stadt und in der unter ihrem Einflu~ stehenden Zone hatten die Noten der Bank yon Irland keinen Umla.uf, und wenn mit diesen Noten Zahlungen geleistet werden mul~ten, ,,so wurde ein dem Disagio der Noten entsprechender Zuschlag gefordert"x). Auf diese Weise war zwischen den beiden St8dten ein Wechselkurs entstanden; dies war eine Best8tigung der Behauptung yon der Entwertung der Noten, die auf die iiberm~igen Emissionen zuriickzufiihren war, deretwegen die Direktoren der Bank yon Irland scharf angegriffen warden. Als Mittel zur Wiederherstellung geordneter Zust~tnde wurde die Riiekkehr zur Barzahlung als zeitweilige und sofortige Magnahme angesehen, und da die Besehr~nkung in England andauerte und es ,,fiir die Bank yon Irland sehr schwierig, ja vielleicht praktisch unmSglich gewesen w~tre, sich die nStige Menge Miinzgeld zu beschaffen"2), so ersetzte man die Bestimmung einer ,,positiven und effektiven Begrenzung der Emissionen", die durch ihre Unabiinderliehkeit zu der ,,grol~en und uniiberwindlichen Sehwierigkeit der Festsetzung einer Grenze unterhalb einer angenommenen Sch8tzung oder Berechnung der Umlaufsmenge, welche die damals in Irland herrschenden Verh~ltnisse erforderten" gefiihrt hiitte, durch die dem irlandischen Institut auferlegte Verpfliehtung, ,,au~ Verlangen in Noten der Bank yon England zu bezahlen". Diese Verfiigungen h~tten eine Reduktion der Notenemission der Bank yon Irland sowie ,,eine Wer~angleichung des irischen Geldes an das welt weniger entwertete englische herbeigefiihrt"3). In dieser Weise hatte das Irland-Komitee die Grundziige seines Berichtes ausgearbeitet. Nicht nur die genialen E~'kenntnisse, die K i n g s Buch enth~lt, sondern auch die aus jedem seiner S~tze sprechende Sicherheit des Urteils verleihen dem Werk seinen fundamentalen Charakter innerhalb der Wirtschaftswissenschaft. Mag K i n g auch die ersten Anweisungen zur Bestimmung tier Kriterien des Standes einer Zirkutation aus den Gedankeng~ngen B o y ds und manches Grundlegende 1) King, a.a.O., S. 64. 8) King, a.a.O., S. 73.
3) King, a.a.O., S. 72.
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fiir den pragmatischen Teil seines Werkes aus T h o r n t o n s Anregungen geschiipft haben (insofern ja die Heilungsprinzipien, die in der Yerminderung der Umlaufsmittel zum Zwecke der Wiederherstellung ihres Wertes zum Ausdruck kommen, im wesentlichen yon T h o r n t o n s ausffihrlicher Abhandlung tiber die Wirkungen der Ausweitung und Einengung der Zirkulation inspiriert sind) so bleibt ihm doeh nachzurtthmen, daft er den dort verktindeten Grunds~ttzen Beweiskraft zu geben und das englische und irl~ndische Finanzproblem erst in helles Licht zu riicken verstanden hat, wenngleich seine Erklarungen, wie S e n i o r schrieb, soweit sie England betrafen, vim mehr ffir die durchmessene Entwicklung als ffir die tatsfichliche Situation bezeichnend waren. Unter den wichtigsten Ver~iffentlichungen des Jahres 1803 ist abet aul~er der Schrift K i n g s auch die eines anderen Wissenschaftlers - - John W h e a t l e y - - zu verzeichnen, eines Mannes, der bei seinen Zeitgenossen zwar nicht zu hohem Ansehen gelangte, aber auf unsere Sch~itzung gerechterweise Anspruch hat; denn sein Werk, obwohl von Ungenauigkeiten ebensowenig frei wie die anderen Publikationen jener Jahre, hat die Geldtheorie wesentlich bereichert und stellt sich als Enunziation eines Geistes dar, der die Erscheinungen in ihrer Kompliziertheit zu erfassen und einheitliche Prinzipien ffir ihre Erkl~irung zu linden wultte. Sein damals erschienenes Buch fiber das Geld und den Handel 1) ist ein Vorlaufer der umfangreicheren Abhandlung fiber die Theorie des Geldes und die Prinzipien des Handelse), deren erster Band 1807 erschien, wahrend der zweite, mit welchem sich R i c a r do in einem seiner Briefe auseinandersetzte3), 1822 verSffentlicht wurde. Das Urteil, welches die Edinburgh Review fiber das Bueh f~llte, war zweifellos ungeheuerlieh in seiner Sch~irfe: es lautete fiber den ersten Band: ,,Nur in seinen Irrtfimern und Ungenauigkeiten kann das Buch Anspruch auf Originalit~t erheben ''a) und iiber den zweiten: ,,Ira ganzen mu~ man sagen, dab dieser Band noch betr~ehtlich sehlechter ist, als sein Vorgi~nger"~). Wenn sich auch in W h e a t l e y s Schriften zeigt, dab ibm die Gaben tier Klarheit und Exaktheit nur in geringem Marie eigneten, so w a r er doch ein Mann yon genialen Einfallen, deren Wert eine sp~tere Zeit erwiesen hat. W h e a t l e y griff in seinen Studien unmittelbar auf S m i t h zuriick, den er - - unter Vernachliissigung der sp~teren Schriftsteller - einer grunds~tzlichen Kritik unterzog. E r suchte ,,die Prinzipien 1) j. W h e a t l e y , Remarks on currency and commerce, London 1803. ~) W h e a t l e y , An essay on the theory of money and principles of commerce, London 1807, Bd. I. 3) R i c a r d o , Letter to John Wheatley, in Letters of David Ricardo to Hutches Trower and others (ed. Bonar and Hollander), 1811--1823, Oxford 1899, S. 159. a) Edinburgh Review, Oktober 1803, S. 232. ~) Edinburgh Review, Jnli 1807, S. 299.
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des Reichtums der Nation" festzustellen und verfolgte dieses Ziel dureh Angriffe auf den Merkantilismus, dessen Bek~tmpfung dureh S m i t h ihm wenig gegliickt schien, da dieser die genaue Untersuchung der besonderen Eigenschaften des Geldes unterlassen hatte. Seine erste Schrift beginnt mit einer entschiedenen Bejahung tier Quantiti~tstheorie und stellt den eindeutigen Zusammenhang zwisehen der Vermehrung der Geldmenge einerseits und dem durch dieselbe proportional beeinfluJtten Geldwert und den sich daraus ergebenden Preisver~nderungen andererseits lest; die Annahme jenes Zwischenstadiums der ,,Degradation", wie sie sich bei B o y d und aueh bei K i n g findet, wird bier abgelehntl). Das Prinzip, das W h e a t 1e y s Konstruktionen zugrunde liegt, besteht in der Auffassung des Geldes als ,,Mal~stab der Gleichwertigkeit" innerhalb der Handelsbeziehungen zwischen den einzelnen Landern, d.h. als Ausdruek einer allgemein identischen Kaufkraft, welehe nur durch tIindernisse, die man dem Handel bereitet, und durch Transportkosten veri~ndert werden kann2).. Dieses ,,grot~e Prinzip des Geldniveaus" bedeutet fiir W h e a t l e y den Blickpunkt, yon dem aus sich ,,fast alle anderen Probleme, welche der Finanzwissenschaft bisnun als Mysterien gegolten haben"8), erkliiren lassen. Hier zeichnet sich bereits eine Weiterentwicklung der Theorie T h o r n t o n s ab, der sich auf den Gedanken einer internationaten Wertgleichheit unter Zugrundelegung des Goldwertes festgelegt and diesen Gedanken zwar auf das Regime einer beschi~digten WiShrung unter Aulterachtlassung des Goldfaktors anzuwenden gesucht hatte, aber doch nicht so weir gegangen war, die Warenpreise zum Mafistab der -Wertgleichheit zu maehen. Gleich in seiner ersten Schrift erklarte W h e a t 1e y: ,,Die Erleichterung des wechselseitigen Verkehrs der Nationen ist notwendigerweise von Einflul~ auf ihre M~rkte und hat die Ann~therung der Preise ihrer Produkte an ein allgemeines Niveau zur Folge ''4) und diesen Gedanken bekraftigte er durch die Feststeltung: ,,Der Einfluii, den die Markte der verschiedenen Nationen wechselseitig ausiiben, wirkt sich in der Erhaltung des allgemeinen monet~tren Gleiehgewiehtes aus"s). Die nivellierende Kraft kommt in erster Linie in den Metallbewegungen zum Ausdruck, die durch die Ver~nderungen der Preise bestimmt werden. Das Spiel dieses Mechanismus erliiutert W h e a tl e y folgendermalten: ,,Keine Nation kann eine hShere oder niedrigere Zirkulation haben, als es ihren Proportionen entspricht, den Proportionen namlich, die die Gleichheit des Umlaufes ihrer Produkte mit dem der Produkte anderer Lander bewirken; wenn ihre 1) S. 40. ~) 3) 4) 5)
W h e a t l e y , Remarks, a.a.O., S. lff. u. 180ff. -- An Essay, a. a. 0., W h e a t 1e y, Wheatley, Wheattey, Wheatley,
An Essay, a. a. 0., Bd. I, S. 45. An Essay, a.a.O., Bd.I, S. 47. Remarks, a.a.O., S. 26. An essay, a.a.O., Bd.I, S. 43ff. Remarks, a.a.O., S. 186.
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Zirkulation diese Proportion in irgendeiner Weise iiberstiege, so wfirde das ausliindische Produkt yon der auf ihrem Markte zutage tretenden Preiserhiihung angezogen werden und die fiberschfissige Zirkulation aufnehmen; wenn die Zirkulation auf welche Weise immer unter diese Proportion sanke, wfirden die niedrigen Preise des Marktes das auslandische Metall anziehen und dadurch wieder die entsprechende ErhShung der Zirkulation herbeiffihren; eine dauernde Veranderung des Wertes des Geldes, die dessen Funktion als gemeinsames Mal~ der Wertgleichheit stSren wtirde, kann sich nicht ergeben"l). Auf diese Weise erscheint die Zirkulationsgrenze nicht wie bei S m i t h durch die Menge bestimmt, die notwendig ist, um den leichten Umlauf der jahrlichen Produktion zu ermSglichen, sondern durch ~enen Betrag, welcher das allgemeine Preisniveau zu den verschiedenen Landern auf gleicher HShe erhalt. Diese Behauptung ist eine Besonderheit der Lehre W h e a t l e y s . Auch W h e a t l e y betrachtet die Bewegung der Wechselkurse als mal~gebend ~fir die Beurteilung des Standes einer Zirkulation, da sich aus ihr der relative Wert der einzelnen Wahrungen in den verschiedenen Landern ergibt. Wenn jede Nation den Betrag ihres Umlaufes so bel~itt, wie es zur Erhaltung der Preise auf dem gemeinsamen Niveau erforderlich ist, so steht der Wechselkurs auf Pari; trifft das letztere nicht zu und gestaltet sich der Wechselkurs in einem Lande ungfinstig, so l~l~t sich daraus ein Rfickschlul~ auf den Zustand seiner Zirkulation ziehen, denn ,,die Bewegung des Wechselkurses ist das einzige Merkmal, welches anzeigt, inwieweit die Zirkulation eines Landes im Verhaltnis zu der eines anderen erhSht worden ist"~). Dieser Gedanke h a t in seiner Anwendung auf den Fall einer uneinlSslichen Zirkulation bei W h e a t l e y dadurch besondere Bedeutung, da~ er jede Einwirkung der Zahlungsbilanz vollkommen ausschlie~t. Auch ffir W h e a t 1e y bedeutet die EinlSslichkeit eine Gew~hr ffir die Stabilitat des Geldwertes, da sie eine Ausdehnung der Zirkulation fiber die @renze, welche durch die Erhaltung der Parit~tt des relativen Wertes der verschiedenen Wiihrungen in den einzelnen Landern gegeben ist, nieht zulal~t. Wenn eine W~ihrung aber uneinlSslich ist und daher die Umlaufshiihe nicht den natfirlichen Verfinderungen unterliegt, die sich aus der Funktion des Geldes als ,,Mal~ der Wertgleichheit" ergeben, so wird der Wechselkurs diese neue Situation widerspiegeln, (die dadurch gekennzeichnet ist, daI~ in dem Lande, dessen Zirkulation erhiiht wurde, die gleiche Summe nicht mehr den gleichen Weft hat, weleher bisher mit dem Wert des Geldes der anderen Lander vollkommen in Einklang gestanden war) und das Zahlungsmittel wird ei~a Disagio aufweisen, dessen tIShe der Vermehrung des Umlaufes proportional ist. ,,Der Preis eines 1) W h e a t l e y , An Essay, a.a.O., Bd.I, S. 48. 3) W h e a t l e y , Remarks, a. a.O., S. 207. An essay, a. a.O., Bd.I, S. 60 ff.
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ausl~indischen Wechsels" schreibt W h e a t 1e y, ,,ist ein verl~itlliches Kriterium des Geldwertes jenes Landes, auf welches der Wechsel gezogen ist und zeigt genau an, um wieviel die ftir eine gegebene Summe im Ausland erh~iltliche Warenmenge dasjenige Quantum iibersteigt, welches fiir den gleichen Betrag im Inland erworben werden kann. Das Metallgeld wiirde in diesem Falle ein Agio gleich dem des ausl~indischen ~¥echsels erzielen und, da es yon der Verschlechterung des Papiergeldes nicht in Mitleidenschaft gezogen wiirde, seinen friiheren Stand behaupten und denselben Wert behalten, den das Geld der anderen Lander hat"l). So hat W h e a t I e y als erster die Theorie der Kaufkraftparitiiten klar formuliert. In seiner Theorie der Wechselkurse dominiert das Prinzip des relativen Wertes tier W~ihrungen der verschiedenen Liinder als Basis der Metallbewegungen, welche als Folgen der Wertdifferenz der W~ihrungen erscheinen; diese Auffassung hat B l a k e kritisiert, nach dessen Meinung sich die Metallbewegungen naeh dem 13betfluff oder Mangel an Devisen richteten~). Wenn uns W h e a t l e y auch als Vorbote einer der modernen Geldtheorien gilt, so kSnnen wit doch nicht behaupten, dMi alle seine Ausfiihrungen den Grundgedanken konsequent festhalten. Der Unterschied zwischen einl5slichen und uneinlSslichen Umlaufsmitteln kommt in seinen Werken nicht immer zum Ausdruck, so daft manchmal die Voraussetzungen der von ihm so klar definierten Theorie zugunsten anderer Prinzipien, welche er zur Erkl~irung der gleichen Ph~inomene anwendet, fallen gelassen werden. In W h e a t l e y s Untersuchung der Situation Englands finder sich tier erste Angriff gegen die Provinzbanken, denen er die Schuld an den monetiiren Schwierigkeiten zuschiebt, weil sie in Zeiten des Vertrauens ihre Emissionen gesteigert hatten, die dann bei ge~inderten Verhaltnissen die Lage der Bank von England erschwerten"). Als Anhanger des Quantitatsprinzips in seiner rigorosesten Form vertrat W h e a t l e y auch den Standpunkt, dMt die Kriegfiihrung mit einlSslichem Geld und ohne Metallverluste miiglich gewesen w~ire, wenn man eine bedachtsame Umlaufseinengung vorgenommen und dadurch eine Niedrighaltung der Preise erzielt h~itte, denn die dadurch ermSglichte Ausdehnung des Exports h~itte die Mittel fiir die ausl~ndischen Aufwendungen der Regierung ergeben4). Die Bank yon England hat W h e a t l e y im Gegensatz zu den 1) W h e a t l e y , An Essay, a.a. 0., Bd.I, S. 70. ~) W. Blake, Observations on the principles which regulate the course of exchange and on the depreciated state of the currency. London, 1810, S. 60, Fu~note. ~) W h e a t l e y , Remarks, a.a.O., S. 209ff. An Essay, op cit., Bd.I, S. 336 ft. a) W h e a t l e y , An Essay, a.a.O., Bd.I, S. 175ff.
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meisten seiner Vorg~nger nicht angegriffen; vielmehr verteidigte er ihre Haltung, so wie es schon T h o r n t o n getan hatte, aber unter Anfiihrung anderer Motive. W h e a t l e y war, wie bereits bemerkt, ein Mann genialer Intuitionen und besMt die Kunst der Synthese; so wurde er, wenn auch auf dem Wege iiber eine ungenaue, manchmal in ihrer gewundenen Darstellungsweise auch unklare Behandlung des Stoffes der SehSpfer eines Gleichgewichtsbegriffes, der auf der l~bereinstimmung des relativen Wertes verschiedener W~ihrungen beruhte. Jene Kunst der Synthese bildet den sch~tzenswertesten Vorzug yon W h e a t l e y s Sehriften und weist ihnen ihren Platz an der Seite der grundlegenden Werke der hier dargestellten Epoche an. (Schlult folgt) (l:~bersetzt von Erich A 11i n a, Wien)