A u s d e r L a n d e s h e i l a n s t a l t N i e t l e b e n b. H a l l e (S.) ( D i r e k t o r : P r o f . B. P f e i f e r ) .
Sechs aahre Malariatherapie der Paralyse in der Landesheilanstalt Rietleben. Von
B. Pfeifer und F. v. Rohden. Mit l0 Kurven und 20 Tabellen. Die hervorragendsten Leistungen N onnes liegen auf dem Gebiete der Pathologie and Therapie der syphilitisehen und metas y p h i l i t i s e h e n E r k r a n k u n g e n des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s . A l s B e i t r a g ffir eine F e s t s e h r i f t a n l ~ B l i e h seines 70. G e b u r t s t a g e s ers e h e i n t uns d a h e r eine dieses G e b i e t b e t r e f f e n d e A r b e i t b e s o n d e r s geeignet. I. I n d i k a t i o n .
Krankenmaterial.
Teehnik.
I m f o l g e n d e n s o l l b e r i e h t e t w e r d e n fiber d i e w e s e n t l i e h s ~ e n E r f a h r u n g e n u n d Er.gebnisse e i n e r seehsj~thrigen M a l a r i a b e h a ~ n d l u n g b e i 300 F~tllen y o n p r o g r e s s i v e r P a r a l y s e 1). D i e e r s t e ~ b e r i m p f u n g e r f o l g t e a m 30. X I . 23. B i s z u m Absehlul3 d i e s e r A r b e i t w u r d e n g15 1) i~ber die Ergebnisse tier Permeabilithtsuntersuehungen hat v. R o h d e n bereits beriehtet im Aufsatz: ,,~ber die diagnostisehe Bedeutung der W a l t e r schen Permeabilit~tsreaktion" (Arch. f. Psyehiatrie 1929, Bd. 87, S. 797). Die Ver6ffentliehung tier sero,logisehen Befunde und besonders deren Beziehungen zur Permeabilithtsreaktion kann erst erfolgen, naehdem weitere Erfahrungen iilber die Wandlungen des humovalen Paralysesyndroms naeh Malariabehandlung gesammelt worden stnd. Hier sei nur soviel bemerkt: Naeh unseren bisherigen Erfahrungen, die sieh auf jahrelang fortgesetzte Ser~enuntersuehungen an Malariaparalytikern stiitzen, hat der Ausfall der serologisehen Untersuehungen nur geringe prognostisehe Bedeutung. Denn die Seroreaktionen zeigen keine eindeutigen Beziehungen zum endgiiltigen klinisehen Er~ebnis, sondern sind in erster Linie abh~ngig v on einem sekund~ren Moment, n/~mlieh yon dem Intervall zwisehen Malariainfektion und Untersuehung. Je gr613er dieser zeitliehe Abstand ist, um so gtinstiger ist der serologisehe Befund, und zwar nieht nur bei den kliniseh und praktisch geheilten F~llen, sondern aueh bei den versehiedenen Graden der Defektheihmgen und sogar bei don kliniseh unver/inderten und versehleehterten F~llen.
410
B. Pv~ivzR und F. v. ROHDEI~
m~nnliche und woibliehe P a r a l y t i k e r geimpft. Berticksiahtigt warden im folgenden jedoeh n u t jane F~tlle, bei denen erstens die Mala~iaimlofung mindestens ein J a h r zu:riiek]iegt, zweitens das Fieber nicht wegen irgendweleher Eomplika~ionen vorzeitig, d. h. vor dam ftinften Anstieg abgebroehen werden mal3te. Diesen Be~dingungen gentigen 300 Fitlle. Bei der I ~ d i k a t i o n s s t e t 1 a n g z u r Malaria.behandlung bertteksiehtigten w i t einerseits den kSrperliehen Z u s t a n d des K r a n ken, andererseits S t a d i u m und F o r m der Yaralyse. W i t teilen nieht den S t a n d p u n k t yon K i h n und anderen, dug jade P a r a l y s e zu behandeln sei. K i h n meint, dat3 ein Arzt, der einen P a r a l y tik. er einfaeh liegen l i g t , eine nieht zu un~ersehgtzende Verantwortung tibernimmt. Dies ist selbstverst~tndlieh riehtig, soweit es sick mn p a r a l y t i s e h e Fxqihformen und m i t t l e r e Stadien handelt. W i t mOehten sogax hinsiehtlieh dieser l~ille noah weitergehen als K i h n und es als I{anstfehle:r bezeichnen, wenn Frtihstadien nieht unter allen U m s t i n d e n sehleunigst einer Fieberbehandlung zugefOhrt warden. W i t h~ben in dieser Beziehung reeht betrqibliehe E r f a h r u n g e n maehen mtissen und m e h r als einmal bei pr:aktisehen Xrzten - - und z w a r nieht nur bei Land~trzten! - - die Neigung beob~ehtet, selbst riehtig diagnostizierte, Initialf~tlle m i t unzureiehenden ehemisehen Mitteln zu behandeln und dadureh den geeigneten Z e i t p u n k t ffi:r die Einleitung einer w i r k s a m e n Malariatherapie zu vers/iumen. Bittere Klagen entt/iusehter und verzweifalter AngehOriger, die m a n naehtr~gliah tiber derartige veraltete irztliehe Behandlungsversuehe - - mn nicht zu sagen: K u n s t fehler - - zu hOren bekommt, sind im zweiten J a h r z e l m t der W a g n e r sehen M a l a r i a i r a aul3erordentlieh niederdrtiekend und b e s e h i m e n d i). Wenn abet K i h n die M~l~riabehandlung aueh fttr ,,vorgesahrittene F~lle", d. h. also doeh wohl ftir pa~ralytisehe Endstadien verlangt, so kann ihm hierin nieht gefolgt werden. E r begrtindet seine ]~orderungen u. a. m i t dam Hinweis, dal3, wenn f a r solehe K r a n k e n die Er'haltang ihres Lebens ~ueh keinen positiven Gewinn bedeatet, dies doeh ftir die AngehSrigen der F a l l sein kOnnte. I n vereinzelten A u s n a k m e f i l l e n mug dies zutref~en. 1) Man s.ollte es nieht fiir mSglieh halten, dal3 selbst Nerven/irzte in Halle Paralytiker solang'e mit Salvarsan behandeIn, bis es ffir d~e Malari~behandlung zu spit ist.
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Sechs J a h r e Malariatherapie der ParMyse usw.
Meistens jedoek sieht die Saehe, nach unserelt Erfahrungen wenigstens, ganz unders uus. Wir h~ben es wiederholt erlebt, du[~ die Angehbrigen mit ihren im letzten Stadium befindls vbllig dementen Kraltkelt unkamen und deutlieh genug dttrchblieken liel3en, dab sic eine Muluriakur nidkt wiinschten, sondern mit dem buldigen Ableben ihrer Kranken rechneten - - sei .es nun aus rein mensekliehen oder aus weltiger lauterelt Motiven. Nachdem sick nun je l~nger je mehr die Maluriubehandlung nicht nur als eine gute Heilbehandlung ffir Frtthpax:alytiker, sondern aueh gewisserreuben als ,,KonservizrLmgstherupie" ftir Spitparulytiker herausgestellt hat, ws es nicht n u t inhuman, sondern durchaus unirztlieh, dareh einen rigorosen Eingriff zu versuehen, des ver15sehende Leben auf gunz unbestimmte Zeit zu erkalten und dadureh die Angekbrigen gegen ihren Willen ~zu zwiltgen, ftir den Unterhalt eines geistig sehon Toten wombglick noeh jahrelang sorgen zu miissen, ohne dab irgend jemand einen Gewinn duvon hut. Es kann nicht die Pflieht des A_rztes sein, des bedroMiek ansehwellende Hear der aaf unabsehbar'e Zeit die Anstult beVOlKerlt(leli
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willktirlieh zu vergr6Berrri). Wir stehen duher auf dem Standpunkt, dug die M a l u r i ~ b e h a n d l u n g kontraindiziert ist, wenlt weder fttr den Kranken, noeh fiir die A_ngehbr i g e n , n o e h Yiir d i e W i s s e n s e h a f t e i n G e w i n n art s d e r Behandlung entspringt. Abgesehen yon diesen loara!ytisehelt Endstadien, die mit hoehgra.digen Demeltzerseheinungen verbunden sind, schliegen wir grmlds~tzlieh yon der Behandlultg aus alle Paralytiker mit sehweten akuten oder chronischen kachektisehen Allgemeinleiden. Dagegelt haben wir ebenso wie G e r s t m a n n , K i h n und andere die Erfahrung gemaeht, dab des Vorhandensein VOlt Aortitiden and kompensierten Herzfehlern keineswegs als Gegena.nzeige ftir die Vorltahme einer Mular'ia.tkerapie unzuseken ist. M.un mug nur in diesen F i l l e n besonders sorgf~ltig Herz und Puls wikrend des Fiebers fiberw.~ehen, mn bei drohender Gefa.kr dureh entspreehende Chinindosen eine Milderung oder zeitweise Unter'breckung des Fiebers kerbeizuffikren. Grbl3te Vorsicht ist ferlter bei Fettleibigkeit 1) Auf des Problem des s o g e n a n n t e n d e f e k t g e h e i 1t e n 2 a r a l y t t k e r a (P6nitz) w e r d e n wir noch in a n d e r e m Z u s a m m e n h a n g zuriiekkommen (vgl. S. 434ff.).
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B. PI~IFI~Rund F. v. ROItDEI~
geboten. Dagegen llat sieh uns das A l t e r nieht als absolute Kontraindikation erwiesen. Es ist zwar riehtig, dab juvenile und senile F o r m e n der P a r a l y s e im allgemeinen sehr geringe Remissionsaussieh{en zeigen. T r o t z d e m hubert wir in beiden Fgllen gelegentlieh so gute Erfolge gesehen, dug w i t uns nieht entsehliegen kSnnen, bestimmte Altersgrenzen naeh oben und unten ffir die Anwendung des Malariafiebers festzusetzen. Das A l t e r spielt bei der I n d i k a t i o n s s t e l l a n g n u t insofern eine gewisse Rolle, als m a n bei weir vorgeselu'ittenen P o r m e n im Zweifelsfalle leiehter won der Einleitung einer M a l a r i a k u r wird absehen kOnnen, wenn die betreffenden K r a n k e n noeh d azu in vorgeriiektem A l t e r - s t e h e n . I m allgemeinen dfirfte als R i e h t s e h n u r bei der Indik~tionsstellung G e r s t m a n n s Standpunk~ empfehlenswert sein, einiges Risiko in K a u f zu nehmen, sieh abet gleiehzeitig allzu grol3er Rigorosit~it zu enthalten. I n die A l t e r s v e r t e i l u n g der 300 behandelten F/ille gew~thrt Tabe]le 1 einen Einbliek. Tabelle 1. Altersverteilung yon 300 )/ialariaparalytikern. Es fanden sich: Zwischen Zwischen Zwischen Zwischen Zwischen l~ber
dem dem dem dem dem dem
11.--20. 21.--30. 31.--40. 41.--50. 51.--60. 60.
Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr
......... ......... ......... ......... ......... . . ....... Zus~mmen:
M/tuner
Frauen
2 18
4
90 117 35 7 269
0 14 9 4
0 31
Die O r g a n i s a t i o n der P a r a l y t i k e r b e h a n d l u n g ist in den A n s t a l t e n der Provinz Saehsen einheitlieh geregelt. Alle behandlungsfi~higen K r a n k e n werden, soweit sie nieht in die Universit~tsNervenklinik Halle oder in die Nervenabteilung des Sudenburger K r a n k e n h a u s e s naeh M a g d e b u r g kommen, entweder der A n s t a l t Nietleben direkt zugeftikrt oder, falls sie bereits in den fiinf anderen P r o v i n z i a l a n s t a l t e n A u f n a h m e gefunden haben, dutch Verm i t t l u n g des L a n d e s h a u p t m a n n s uns tiberwiesen. U m Nietleben nieht einseitig m i t behandlungsunf~higen P a r a l y t i k e r n zu iibersehwemmen, hat es sieh in den letzten J a h r e n als notwendig und praktiseh erwiesen, dab Aufnahmeantri~ge von P a r a l y t i k e r n , deren Wohnsitz aul3erhalb unseres A n s t a l t s a u f n a h m e b e z i r k s liegt, z u r
Sechs Jahre MMariatherapie der Paralyse usw.
413
Begutaehtung auf Behandiungsfiihigkeit uns vorher vorgelegt wetden. Ebenso wird mit den bereits in anderen Anstalten aufgenommenen Paralytikern verfahren. Die Zalal der aus anderen Provinzialanstalten zar Malari~behandlang uns zugewiesenen Paral yt i ker ist ttbrigens attffallend niedrig. Die weitaus meisten Paxalytiker kommen direkt zu uns. D er Zustrom an behandlungsf~thigen P a r alytikern hat sieh im L~ufe der verflossenen seehs J a h r e eher vergrSgert als verringert, trotzdem wir je liinger je mehr bestrebt sind, die Indikationsgrenzen sehii:rfer und enger zu ziehen. Die Malariaziffer im 1. Behandlungsjahr 1923/24 betrug
48,
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2.
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1924/25
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62,
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3. 4. 5. 6.
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1925/26 1926/27 1927/28 1928/29
,, ,, ,, ,,
58, 69, 69, 62, 368.
In den ersten seehs J a h r e n der Malariatherapie warden also im ganzen 368 P a r a l y t i k e r geimpft. Bei dieser HShe und Regelmgl3igkeit der Aufnahmeziffer haben sieh niemals erhebliehe Sehwierigkeiten in bezug auf die Erhaltung unseres Malariastammes ergeben. In der Regel warden zwei bis drei Par a l yt i ke r gleiehzeitig geimpft, nar selten war man auf einen einzigen Kran.ken als Passagetr~ger angewiesen. Als I m p f v i r u s benutzen wit einen erprobten Hamburger Malariastamm, der seine Gutartigkeit dareh mehrere Passagen bei Kranken der Medizinisehen Universitiitsklinik in Halle erwiesen hatte. Bis zum Absehlul3 dieser A_rbeit liegen bereits 112 an Parslytikern durehgeftthrte l~ckenlose Passagen vor, ohne d~13 bisher die theraloeutisehe Wir,ksamkeit der Impfmalaria sich wesentlieh gei~ndert hiitte. Auf diese Frage wird welter unten noeh ausfiihrlieher einzugehen sein (vgl. S. 424 u. 442). Die i~bertragung des Impfmaterials (3--5 eem Blur) erfolgte grundsiitzlieh intramuskulitr in die Glutii, en, Nur attsnahmsweise wurde die intravenSse Impfmethode vorgezogen. Naeh erfolgter Imlofung legen wir die Kranken im Ge~ensatz zu den Empfehlungen K i h n s keineswegs sofort ins Bert, son-
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B. PF~IF~R und F. v. ROHDEN
dern halten sie viehnehr mSgliehst lange aul~erhalb des Bettes, um nieh{ etwa die Aktionsfghigkeit des Herzens dureh eine unter Umstgnden woehenlang erzwungene Bettruhe vor E i n t r i t t des Fiebers unnStig zu gefghrden. W i t lassen die Kranken gelegentlieh sogar wieder aufstehen, naehdem das im Ansehlu/) an die Impfung aufgetretene Eiweil~fieber abgekhngen ist. Die prophylaktisehe Darreiehung yon tIe~zmitteln beginnt in der Regel gleichzeitig mit dem Eimsetzen der ersten Malariazaake, unter Umstgnden sehon bei den prodromalen subfeb~'ilen Temperaturbewegungen. EineAbsonderung der Malariaparalytiker von den tibrigen Geisteakranken wurde grundsittzlieh angestrebt. Dies liel~ sieh auf der Mgnnerseite dadurch erreiehen, dab eine ganze Wachabteilung mit 40 Betten fiir die Malariaakranken reserviert wurde. Bei den nur vereinzelten malaviabehandelten Frauen war diese Vorsiehtsmal3regel bisher nicht durehzufiihren. Irgendwelehe :Nachteile fiir die im gleiehen Saal befindliehen IEra*tken haben sieh hierbei nieht herausgestellt. II. D e r M a l a r i a f i e b e r v e r l a u f . Wie sehon bei den Bemerkungen zur Teehnik unserer Malariatherapie betont wurde, land die Obertragung des Blutes in allen 300 F~illen dureh intramuskul~tre Injektion yon 3--5 ecru Blur in die Nares stat~. Ein Versager war unter den Erstinfizierten nieht vorhanden. Allerdings mul~te in einem Falle eine Wiederholung der Blutiibertragung vorgenommen werden, um den Eintritt des Malariafiebers zu erzielen. Im Ansehlul3 an die Blutiibertragung trat in der Mehrzahl der Fglle ein E i w e i f ~ - bzw. R e s o r p t i o n s f i e b e T ein. Unter 300 F~illen war es 165mal festzustellen. Es sei dies im Oegensatz zu den Angaben yon O e r s t m a n n betont, der EiweilHieber nu_r in einer Minderzahl der Fglle beobaehtete, Das Eiweil3fieber begann meist schon am Tage der Blutiibertragung oder am darauffolgenden Tage und dauerte in der Regel 1--3 Tage, in seltenen F~illen 4--6 Tage. In einem Fall erstred~te es sieh auf 9 Tage. In einem weiteren Falle ging das Eiweiftfieber in intermittierendem Anstieg in das Prodromalfieber und in das elgentliche Malariafieber iiber, ohne dab w~ihrend der zehnt~gigen Ird~ubationsperiode ein Absinken der KSrpertemperatar zur Iqorm stattfand. Was die HShe des Eiweil3fiebers be~rifft, so bewegte es sich in der Regel im Be-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
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reich der sabfebrilen Temperaturen. In einer nicht geringen Zahl yon F~illen ging die Temloeratar jedoch fiber 38 Grad hinaus. Einmal stieg sie sogar sofort am Tage dsr Blatiibertragung auf 38,5 Grad und dann intermi~tierend bis zum dritten Tag auf 39,8 Grad. Hierauf lcritiseher Tsmperatuxabfall und normale TemIoeratur, n a t unterbrodhen yon einer kleinen Zacke bis zu dem nean Tage SlO~ter einsetzsnden Prodromalfieber. In zwei weiteten F~tllen erfolgte am Tage naeh der Blutfibertragung sin soforiiger Tempera~aranstieg auf fiber 40 Grad, dem der Abstisg zur Norm einmal am n~sl~sten, einmal innerhalb zwei Tagen fo]gte. Hisrauf bestand in beiden F~llen ffinf Tage lang normale Temloeratar, bis der Wiederanstieg zam l~rodromalfieber bzw. zur srsten Malariazacke sinsetzte. Trotz der ungewbhnllchen I-I6he dieser im unmittelbaren AnsdhhG an die Blutfibertragung eintret enden Teml~eratursteigerungen sind sie zweifellos dem EiweiGfisber zazurechnen, zumal sie dutch ein l~ngeres fieberfreiss Inkubationsstadium yon dem l~rodromal - bzw. eigentlichen Malariafibber getrennt sin& Die I n~k u b a t i o n s d a u e r ist bekanntlich in weitgehendem MaGe abh~nglg yon der A r t der Impfung bzw, yon der Menge der iibertragensn Parasiten und der mehr oder minder gfinstigen M6glichkeit ihres ~Jbertritts in die Blutbahn. Es best~ht indesss~ kein Zweifel darfiber, daG au~h die verschiedsne Empf~nglichkeit und Widerstandsf~higkeit der mit Malaria infizierten P ersonsn eins gewlsse Rolle spielt. G e r s ~ m a n n gibt die Inkubationsdauer bei intraven6ser Blutiibertragung auf 3--8, bei sub~u~aner auf 7--12, bei intrakutansr auf 10--20 Tage an. Dis Inkubationsdauer bei intramuskul~ren Injektionen betrggt naeh K i h n 5 bis 20 Tage. Bei unssren Kraall~en mit ausschlieGlleh intramuskul~irs~ i2bsrtragang der Malaria erstreckte sich die durchschnittliche InkabaUonsdauer fiber 8--14 Tags. Die niedxigste Inkubationszslt betrug 2, die h~ichste 20 Tage. In einsm Falle, bei welehem drei Tage naoh der Malariablutfibertragung nur leichtes EiweiGfieber yon zweiw(iehiger Dauer mit l%fickkeh~ zur l\lormaltemloer~tur aufgetreten war, wurde naeh 22 Tagen eine Zweitinfektion vorgenommen, dis nach weiterer Inkubationszeit yon 15 Tagen fiber ein viert~giges P,rodromalfieber zum Erfolg ffihrte. Dem eigentliehen Malariafieber glng meist eine l a r o d r o -
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B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
male Temperatttrsteigeruilg yon verschiedener HShe and Dauer voraus. Sie wurde f u r in einem Vier{el der F~lle vermif3t. Bei letzteren erfolgte der Malariafieberanstieg aus normaler Temperatur ohne die geringste prodromale Steigerung. Das ProdromMfibber dauerte durchschnittlich 2- - 6 Tage, selten f u r einen Tag. Dann and warm erstreckten siok die prodromalen Temperatttrsteigerangen attc'h fiber einen l~ingeren Zeitraum, in einem unserer F~tlle bis zu 13 Tagen. Die HShe des Prodromalfiebers schwankte zwisehen leichten subfebrilen Temperaturen und Anstiegen bis zu 39 Grad and dariiber, so dab sie yon der Anfangszacke des eigentlichen Malariafiebers nay sehwer abgrenzbar waren and sick von dieser f u r durc,h das Fehlen des Schiittelfrostes untersehieden. Das yon G e r s t m a n n erwghnte, bei Erstinfizierten zuweilen auftretende Anfangsfieber yon remittierendem oder Kontinuacharakter mit etwa zwei- bis viertggiger Dauer tritt aaf unseren Malariafieberkurven nicht selten deatlich hervor. Die Dauer ist Mlerdings manchmal lgnger. Beim e i g e n t l i c h e n M a l a r i a f i e b e r sind ztt beaehten die HShe der Temperaturanstiege, die Zahl der Fieberanfglle und der Fiebertypus. Dcr erste Malaria~fieberanfall ist oft, wie gesagt, schwer yon unmittelbar voratlsgehenden h o h e n Temperaturanstiegen des Prodromalfiebers abzugrenzen. Es wurde, wie Mlgemein fiblich, die erste Fieberzaeke fiber 39 Grad, die unter Schttttelfrost anstieg und unter Schweiltausbrueh abfiel, als Beginn des eigentliehen MMariafiebers angesehen. Die H S h e d e r T e m p e r a t t l r a n s t i e g e sehwankte zwisehen 39 und annghernd 42 Grad. Am hgufigsten lage~ die hSehsten Gipfel der Fieberanstiege bei den einzelne~l Kurven zwisehen 40,4 und 41,4 Grad, die mittleren HShen derselben am 40 Grad herum. Was die Z a h l d e r F i e b e r a n f g l l e anlang% so werden nach den Erfahrungen der Wiener Schule 8--10 als Dosis eurativa und tolerata bezeichnet. Bei gutein Allgemeinzustand wird eine Steigerung der Zahl auf 12 ffir zul~tssig erkl~rt. DaB eine weitgehende ErhShung dieser Zahl die Heilaussiehten nieht verbessert, sondern eher vermindert, wird auch yon anderer Seite bestgtigt. So konnte K i h n bei einer Steigerung tier Anfallszahl aaf 20 keine Besserang der Heilwirkung erzielen. D i e mit{lere Zahl der Fieberanstiege betrug bei unseren Fgllen 8--12. Die Zahl yon 12 Fieberanfgllen wurde f u r iibersehritten bei sehr
Seehs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
417
gutem Allgemeinzustand und beim Fehlen von KreislaufstSrungen. W e n n die Zahl der Temperaturanstiege aater 8 blieb, so beruhte dies entweder auf Spontanen~fieberung oder ~uf vorze[tigem ,Fieberabbruch durch Chiningaben wegen zunehmender Herzschws oder sonstiger lebensbedrohlicher kSrperlicher StSrungen. Die
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Kurve 1. Kr~nker Rud. Kein EiweiBfieber. ~nkuba~ion 11 Tage. Fieber~orm reine Tertiana simplex. Nach der ersten Chiningabe nooh eia Anstieg.
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Kurve 3. Kranker Sta. Sofort hohes EiweiI~fieberbis iiber 40 Grad, 5 Tage andauernd. Inkubationsdauer II Tage. Prodromalfieber 2 Tage bis 39,5 Grad. Fieberform reine Duplica~a. N~ch der ersten Chiningabenoeh 2 leiehte Temperaturanstiege.
Zahl der Fieberanstiege h~ngt auch von dem F i e b e r t y p u s ab. Bei einfachem Tertianafieber mit den zwischen den Temperaturanstiegen Hegenden fieberfreien Erholungstag.en kSnnen einem Kranken mehr Fieberanstieg~ zugemutet werden als beim Duplicutatypas. Unter den F i e b e r t y p e n 4er mit Tertianasti~mmen infizierDeutsche Zeitschrift f, Nervenheilkunde. Bd. 117, 118, 119.
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B. PFEIFERund
F.
v. ROHDEN
ten P a r a l y t i k e r sind bekanntlich' die F~lle yon reinem T e r t i a n a t y p bedeutend in der Minderheit. Bei dem M a t e r i a l dex Wiener Klinik betrugen sie n u t etwa 1/7 der Gesamtzahl. Bei unseren P a r a lytikern, die s~tmtlich m i t dem gleiehen vorher erprobten H a m burger T e r t i a n a s t a m m behandelt waren, blieben die F~lle m i t
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Kurve 4. Kranker Sal, Eint~giges EiweiBfieber am 3. Tag. Inkubation 10 Tage Fieberform gleichm~l]ig gemiseht: zuerst 5 Tage Duplieata, dann 5 Tage Simplex. Nach Chiningabe fieberfrei.
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Kurve 5. Kranker Bor. M~l~igesEiweil~fieber ~m 2. Tag, Inkubationsdauer 7 T~ge. Kein ProdromMfieber. Fieberform gleichm~Big gemischt: zuerst 5 Tage Tertiana simplex, dann 5 Tage Duplicate. Naeh Chiningabe Fieberabfall und noehmaliger Anstieg in 4 Tagen bis 40,2 Grad. hTach Benzazon-Natrinm fieberfrei.
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Kurve 6. Kranke A]tm. Eiwei~fieber in 8 T~gen bis 40 Grad zrm Prodrom~l-
fieber ansteigend. Inkubationsdauer 10 [rage. Fieberform gemiseht mit 0berwiegen der Duplicata. Zuerst 3 Simplexanstiege, dann 10 Duplieataanstiege. Nach erster Chiningabe noeh ein FieberanfaU, dann fieberffei. reinem T e r t i a n a t y p noeh erheblich sti~rker gegeniiber den Duplie a t a t y p e n und Misch~ormen im Rtickstand. Die reinen Simplexkurven machten n a r 1/16 der Gesamtzahl, und zwar 1/7 der reinen D u p l i e a t a k u r v e n und 1/9 der Mischformen aus. Die letzteren tiberwogen also am meisten. Die Mischformen selbst zeigten unter sich wieder groBe Verschiedenheiten. Z u m Tell begannen sie m i t Sire-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
419
p l e x t y p mud gingen sparer in Duplicata fiber, zum Tell wax es umgekehrt. Oft traten auch plStzlich inmitten eines Fieberverlauds veto aasgesprochenen Charakter der Tertiana simplex Duplieatazaeken a u f and umgekehrt. Abet at~ch bei den Mischformen war ein deutliches Zuriiekbleiben des Simplexanteils gegenfiber dem Daplieataanteil der Kurven zu erkennen. Es iiberwog bei den Mischformen der Duplicataanteil in 75 Proz., der Simplexanteil in 19 Proz. der Fi~lle, w~hrend in 6 Proz. der Simplex- und Duplicataanteil in gleicher Sti~rke an den Kurven beteiligt wax. Sodann konnten wit in einer Anzahl yon F~llen ein plStzliehes Aussetzen des Fiebers fiir mehr oder weniger lange Zeit und spontanes Wiederauftreten desselben sowohl bei Simplex- als auch bei Duplieataformen beobachten. Bei dem einfaehsten dieser F~lle verhielt es sieh so, dab bei reiner Tertiana simplex zwischen dem 8. and 9. Fieberanfall eine Zaeke ausfiel, so dab dadureh innerhalb der sonst gleiehm~Bigen Simplexkurve drei fieberfreie Tage entstanden. In einem zweiten Fall tr:at nach 6 Duplicataanf~11en ein fieberfreies Intervall von 9 Tagen ein, wor~auf spontan noeh 4 Duplicataanstiege einsetzten. Dann effolgte Abbrueh durch Chinin. Wesentlich l~nger war das fieberfreie Intervall in einem weiteren Fall, w o b e i nach 6 Daplieataanstiegen eine spontane Fieberpause yon 19 Tagen eintr:at, auf die ohne Provokation noeh 2 Simplexzaeken folgten, worauf das Fieber dutch Chinin be~ndet wurde. Noch komplizierter war der Fieberverlauf in zwei weiteren F~llen, wobei ein zweimaliges und dreimaliges fi.eberfreies Intervall auftrat. Bei dem einen dieser Kranken begann das Ma]ariafieber xnit 3 Daplieataanstiegen, welehen 1 Simplexanstieg folgte. Hierauf spontane Fieberpause yon 15 Tagen. Sodann drei Duplicataanstiege ohne Provokation. Dann noehmalige Pause von 16 Tagen, gefolgt yon 2 spontanen Duplieataunstiegen. Daxa'uf Absehlul~ dutch Chinin. Der zweite hatte zun~chst 5 SimplexDaplieataanf~lle gemischt, nach siebent~giger Fieberpause 4 Simplex-Duplicataanstiege gemiseht, nach weiterer sechzehnt~giger Fieberpause 2 Simplexanstiege und nach abermaliger zwOlft~giger Pause 2 Daplicatuanstiege. Endlieh kommen aber aueh noeh Fieberverl~ufe vet, die so atypisch g estaltet sind, dais sie weder dem Simplex-, noch 4era Duplieatatyp, noch einer Misehform beider zugerechnet werden kSnnen. So trat in einem F a l l e zan~chst ein einziger Fieberan27*
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Kurve 8. I ~ a n k e r Rei. Leiehtes lgiweiBfieber soforg in Prodromalfieber fibergehend. Kurze Inkubationsdauer y e n 4 Tagen. A t y piseher Fieberverla~ff" 5 Anfglle in Misehform - - spont~ane Pause yon '7 Tagen - - 4 _ ~ l l e in N.iseMorm - - spontane Pause yon 16 Tagen - - 2 A~3~lle yore Simplextyp - - spontane Pause yon 12 Tagen - - 2 Anf~lle vom Duplieatatyp. Naeh Chining~be fieberSrei.
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Kurve 7. Kranker Rel. Kein EiweiBfieber. Lange Inkubationszeit yon 18 Tagen. l~ieberform atypiseh. Reine Tertiana simplex mit Ausfall einer Fieberzaeke naeh dem 8. Anfall. N a c h erster Chiningabe fieberfreL
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Sechs J~thre MMariatherapie der ParMyse usw.
421
stieg unter Schiittelf:rost bis 40 Grad auf, der wieder zur Norm abfiel. 6 Tage spgter erfolgte ein zweiter Temperaturanstieg unter Schtittelfrost aaf 39 Grad mit abermMigem Abfall zur normMen Temperatur. Naeh 5 weiteren fieberfreien Tagen traten 3 Fieberanfglle auf, yon denen "der zweite dem ersten naeh einem, der dritte dem zweiten naeh zwei Tagen folgte. Bei 16 Paralytikern trat neck 2--8, im Durehsehnitt naeh 6 Fieberanf~llen ein spontaner FieberabfM1 zur normalen Temper a t e r ein, ohne dal~ hier:aaf noehmMs eine spontane Temperatarsteigerung erfolgte. Bei der Mehrzahl dieser sog. S t e e k e n b 1 e i b e r , n~tmlieh bei 9, liel3 sieh feststellen, dab sie durehscknittlieh ein J a h r vorher in anderen Krankenh~iusern (Nervenklinik Halle, Sudenburger Krankenhaus in Magdeburg) bereits mit Malaria behandelt worden waren. Einer hatte bei der Fremdenlegion in Alrika gedient und dort an natiirlicher Malaria gelitten. Bei den iibrigen lieB sieh jedoch keine Ursache fiir des Bestehen einer relativen Immunitgt ermitteln. Soweit die Zahl der FieberanfglIe bei den Steekenbleibern ungentigend ersehien, wurden Reinfektionen vorgenommen. Hierau~ warden w i t spiiter noeh zuriiekkommell. Dal3 des atypische und weehselvolle VerhMten des Fieberablaufs bei der kiinstliehen Malaria tertiana der ParMytiker nieht allein dadureh bedingt ist, dal~ bei der Blutiibert~eagung Plasmodien versehiedenen Alters gleiehzeitig ins Blur gelangen, geht unter anderem sehon dar:aus hervor, dal~ aueh bei reinen Simplextypen ungleiehe Reifungsiormen der Plasmodien im Blut angetroffen werden. Neuere Untersuchungen haben es wahrseheinlich gemaeht, dal~ aueh die BlutgruppenzugehSrigkeit yon Blutspender und Blutempfgnger dabei eine Rolle spielt. Jedoeh ist diese Frage ameh nieht hiureiehend geklgrt. Gerstmann hat darauf hingewiesen, dab der Fiebertypus der kiinstliehen Malaria beim Paralytiker aueh medikament6s beeinflul~t werden kann. Er beobaehtete ngmlieh naeh Verab~eiehung einer kleinen Chinindosis yon 0,1--0,2 zum Zweeke der Milderang des Fieberverlaufs die Umwandlung einer Duplicate in eine Tertiana simplex. Aueh wir konnten dies in zwei Fgllen feststellen. Dem einen wurden naeh 8 Daplieataanstiegen zur Milderung des Fieberverlaufs wegen Herzsehwgehe 0,2 Chinin injiziert. Hierauf erfolgte prompte Umwandlung in einfaehe Tertiana. Bei dem an-
422
B. PF~:IFER und F. V. ROHDEN
deren wurde aus dem gleiehen Grunde Fieberdgmpfung angestrebt. Hier trat abet naeh "dem 5. und 6. Duplicataanstieg auf jedesmalige Injektion yon 0,2 Chinin keine Xnderung ein. Erst bei der dritten Injektion naeh der 7. Duplieatazaeke erfolgte die Umwandlang in Tertiana simplex. Bei einem dritten Parulytiker mit Duplieatafieber war dutch das gleiche Vorgehen keine Xnderung zu erreichen. Naeh unserer Erfahrung l~13t sieh der Fieberverlauf aueh durch Injektionen von geringen Mengen yon Benzazonnatrium (Albert 188) milder n. In einem Falle, bei welehem naeh zwei Fieberanfgllen bedrohliche Erseheinungen yon Her'zsehwgche auftraten, fo]gten auf Injektion von 0,2 Benzazonnatriam zungchst 5 fieberfreie Tage. Hieraaf setzte das Fieber wieder spontan ein und verlief in reinem Simplextypus, his es naeh dem 8. Anstieg dureh Chinin abgebrochen wurde. Was die s u b j e k t i v e n B e s e h w e r d e n unserer Paralytiker w~hrend des Malariafiebers betrifft, so entsprachen sie im allgemeinen den aueh sonst beobaehteten. Die Kranken klagten meist fiber Kopfsehmerzen, Gliedersehmerzen, Matfigkeit, Appetitlosigkeit, Durstgefiihl. W/~hrend des Fiebers, besonders in der zweiten H~lfte der Fieberperiode waren sie oft leicht benommen. Erbreehen wurde r echt haufig, n~mlieh bei 74 Kranken, festgestellt. Magen-DarmstSrungen kamen in 48 F~llen vor, and zwar am h~ufigsten Durehf/~lle. Ausgesproehener Ikterus war in 8 Fallen naehweisbar. An~mie war h~ufig deutlich ausgesproehen. Der H/~moglobingehalt sank w~hrend der Fieberzeit durehschnittlieh yon 80--90 auf 50--60 Proz. Zuweilen wurde aueh fiber Druekschmerzhaftigkeit in der Milzgegend geklagt, doeh war eine hoehgradige MilzvergrSl~erung nur in seltenen F~llen festzustellen. Eine Milzberstung ist nieht vorgekommen. Das KSrpergewieht sank w/~hrend des Fiebers wiederholt um mehr als 10 kg. Der Durchschnitt der h~ehsten Gewichtsabnahmen betrug 6 kg. Von K o m p l i k a t i o n e n standen Herz- bzw. KreislaufstSrungen weitaus im Vordergrund. Nicht selten traten aueh plStz, lieh einsetzende schwere vegetative StSrungen wie rapider Gewiehtsabfall und kollapsartige Zustande auf. Hierdureh war in 17 F~llen nach 5--6 Fieberanstiegen Anla$ zu vorzeitigem Abbrueh des Fiebers dureh Chinin gegeben. Als sieherster Indikator ffir den rechtzeitigen Abbruch des Fiebers bei Herzsehw~che er-
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Kurve 10. Kranker Meinh. Zweiteilung der Malariakur wegen Herzschw&che. Durch Chinin 0,5, Abbruch des Fiebers nach 5 Anf~llen yon Mischtyp. l~ach 3 Wochen zweite Blutiibertragung. Hierauf 4 Anf~lle yon Mischtyp. Nach Chinin l~ieberlosigkeit.
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Kurve 9. Kranker Bo. Eiweiflfieber in wenigen Tagen in hohes Prodromalfieber iibergehend. Umwandlung einer Tertiana duplicata in Tertiana simplex dutch kleine Ohiningaben yon (0,2). Nach grSflerer Chiningabe (0,5) Fieberlosigkeit.
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424
13. PFEIFt~Rund F. v. ]:~OHDEN
wies sieh die Blutdruckmessung, die in den letzten Jahren regelmiiBig vorgenommen wurde. Die Unterbrechung des Fiebers erfolgte, sobald der Blutdruek unter 90 m m / H g sank. Bei drei Kranken, bei welehen das Fieber bereits nach 5 Anfgllen wegen bedrohlicher Her zsehwgche abgebroehen werden muBte, wurde nach gentigender Erholungszeit, die in 2 Fgllen nur 2--3 Wochen, im dritten nahezu 2 Monate erforderte, eine zweite Malariabehandlung eingeleitet and dadureh in jedem Fall eine Gesamtzahl yon 9--10 Fieberanstiegen erzielt. Diese yon G e r s t m a n n empfohlene ,,Zweiteilung der Malariakur" hat sich bei diesen 3 Fgllen bewghrt. Zwecks Feststellung, ob unser Tertianastamm, der ja, wie gesagt, bei sgmtliehen 300 behandelten Paralytikern der:gleiehe war, in seinen Auswirkungen bezttglich des Fieberverlaufs merkbare ~nderungen aafwies oder nieht, wur den Inkubationszeit, hSchste Fieberanstiege, Zahl der Fieberanstiege in Durchsehnittszahlen und Fiebertypen in absoluten Zah]en bei der ersten und zweiten Hglfte der Malariafglle miteinander verglichen, Das Ergebnis ist aus folgender Tabelle za ersehen: Tabelle
2. VergMch des Fieberverlaufs bei der ersten und zweiten HMfte der Malariaf/~lle in Durchsehnittszahlen.
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tionszeit Tempeder in Tagen raturen Anstiege Erste Hglfte der MalariafMle Zweite H~lfte der Malariaf~ille
11,0
40,9
8,8
Fiebertypen Simpl.
Dupl.
Misclff.
6
71
73
13
62
75
Ein Vergleich des Fieberverlaufs bei der ersten and zweiten H/~lfte der Malariaf~lle zeigt, dal3 beztiglieh der Inkubationszeiten kein nennenswerter Untersehied besteht. Ebensowenig beztiglieh der hSehsten Temperaturen. Bei beiden ist nur eine ganz unwesentliche Zanahme festzustellen. Die Zahl der Fieberanstiege zeigt zwar bei der zweiten H/~lfte der Kranken eine deutliche Abnahme yon 10 aaf 8,8, was auf ein Nachlassen der Virulenz des Tertianastammes hinweisen kSnnte. Indessen sind die gewonnenen Durehschnittszahlen in dieser Hinsieht nieht eindeutig. Es sind zwar bei der zweiten H/~lfte der F/~lle etwas mehr Spon-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
425
tanentfieberungen vorgekommen als bei d e r ersten. Diese waren aber zu einem fiberwiegenden Tell dutch vorausgegangene Malariabehandhmgen in anderen Krankenh~usern bedingt. Sodann ist aber aueh die Zahl der Fieberanstiege weitgehend von dem Zastande des Kranken, insbesondere von Komplikationen abh~ngig. Tats~chlich war :auch die Zahl der vorzeitigen Fieberanterbrechungen durch Chinin wegen Komplikationen bei der zweiten Hglfte der Kranken doppelt so h~tufig als bei der ersten. Hierzu kommt noch der nicht unwesentli~he Gesichtspunkt, dab in der zweiten Halfte der Behandlungsperiode systematische Blutdruckuntersuehungen durchgefiihrt wurden, die 5fter den Anlal~ dazu gaben, das Malariafieber friiher abzubrechen als in der ersten Periode. Es ist daher unwahrscheinlieh, dal~ die Abnahme der Zahl der Anf~tlle bei der zweiten Halfte der Malariafglle auf eine Virulenzverminderung der Plasmodien zurttckzufiihren ist. Viel eher liel~e sieh ein solcher SehluB aus dam Verhalten der Fiebertypen begriinden. Hier sehen wir, dab die Simplextypen s[ch auf Kosten der Duplicatatypen bei der zweiten Hglfte der Kranken mehr als verdoppeln, wghrend die Mischformen angefghr gleich bleiben, dab also d e r V e r l a u f d e s F i e b e r s m i t z u nehmender Zahl der Passagen des Malariastamms die Tendenz zeigt, eine mildere Form anzttnehmen. Um weiterhin aueh noch der Frage nachzugehen, ob die Eigenart des Fieberverlaufs Beziehungen aufweist zu den Behaaldlungserfolgen, haben wir die Durchsehnlttszahlen der Inkubationszeiten, der hSehsten Temperaturanstiege und der Zahl der Anstiege bei den einzelnen Erfolgsgruppen miteinander verglichen. Dabeistellte sieh heraus, dab Inkubationszeiten und Zahl der Temperaturanstiege in einem gegensgtzlichen Verh~ltnis zueinander stehen. W~hrend die hSchsten Temperatursteigerangen bei allen Gruppen ungef~hr gleieh waren (40,8--40,9), waren bei der Gruppe der Vollremissionen die durchschnittliohen Inkubationszeiten am kiirzesten, die Durchschnittszahl der Fieberanstiege dagegen am hSeh'sten. Je schlechter der Heilerfolg war, desto lgnger waren im allgemeinen die Inkubationszeiten (yon 8,9 bis 13,4 Tagen im Durehsehnitt) und desto kleiner die Zahl der Temperaturanstiege (10,8--7,4 im Durehsehnitt). D i e A r t d e s F i e b e r v e r l a u f s seheint demnaeh neben dem Paralysealter, dem Lebensalter and KSrperbautypus d e s K r a n k e n , s o w i e n e b e n d er k l i n i -
426
B. PFEIFI~Rund F. v. ROHDEN
sehen Form der Paralyse d o c h b i s ztt e i n e m g e w i s s e n Grade yon Einflug auf den Heilerfolg z u s e i n . Deutliehe Beziehungen zwisehen den einzelnen Fiebertypen und den Heilerfolgen waren nicht zu ermitteln. III. C h i n i n t h e r a p i e . Der Abbrueh des Malariafiebers erfolgte, entspreehend dem Vorgehen der Wiener Schule, in der abgekiirzten Form der Verabreichung yon 5 g Chinin. bisulf, innerhalb yon 7 Tagen, und zwar wurden an den ersten 3 Tagen je zwehnal 0,5 g, an den letzten 4 Tagen je einmal 0,5 g per os gegeben. Chinir/injektionen wurden nur vorgenommen, wenn es auf sehr schnelle Wirkung bei bedrohlichen Komplikationen ankara, sowie bei Verabfolgung geringer Dosen von 0,1--0,2 zum Zwecke der Fieberd~mpfung. Die Wirkung war bei nahezu der H/~lfte der Kranken eine so vollkommene, dal~ die Kurve veto Zeitpunkte der ersten Chininverabfolgung ab einen vSllig fieberlosen Verlauf zeigte. In einer grSl~eren Zahl von F~tllen trat allerdings nach der ersten Chinineinnahme noch eine einzige Fieberzaeke auf. Seltener sehlossen sieh hieran noch am n~chstfolgenden Tag oder mehrere Tage lang subfebrile Temperaturen an. Im weiteren Verlauf blieb die Temperatur normal. Spontane Riickf~tlle traten im allgemeinen nach Kupierung des Fiebers dureh Chinin nieht ein. In 3 F~llen erfolgten allerdings etwa 2 - - 3 Woehen naeh dem Abbraeh des Malariafiebers unvermittelte Temperatursteigerungen, zweimal einen Tag, einmal mehrere Tage andauernd mit spontanem Abfall zur Normaltemperatur und weiterem fieberlosen Verlauf. Ob hierbei ein Zusammenhang mit der Malaria bestand, war nieht sieher festzustellen. Wenn sonst noeh nach dem durch die Chininbehandlung bewirkten Fieberabfall im weiteren Verlauf Temperatursteigerungen auftraten, waren diese durch andere urs/ichliehe Momente bedingt, z. B. mehrfaeh dureh Pneumonien, dutch Lungenabszesse, Dekubitus, geh~ufte paralytische Anf~lle usw. F~lle yon chininfester Impftertiana, die nur durch energisehe, langdauernde kombinierte Behandlung zum Stillstand zu bringen waren, warden yon V o i t e l in der Leipziger und von K i h n in der Erlanger Klinik mehrmals beobachtet. Bei uns ist nur ein einziger derartiger Fall zur Beobachtung gekommen. DaS bei der H~lfte unserer Kranken eine kombinierte Kur,
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
427
d. h. eine Nachbehandlung, und zwar nicht mit Salvarsan, sondern mit Benzazonnatrium stattfand, und dab dad~rch wesentlieh bessere Erfolge erzielt warden als durch die einiaehe Malariafieberbehandlung, wird in dem Kapitel fiber die Behandlungsergebnisse hock ausfiihrlieh erS~tert. IV. R e i n f e k t i o n e n . Abgesehen von den bereits erwahnten Fallen, bei welehen wegen bedrohlicher Herzsehwaehe ein vorzeitiger Abbrueh des Malariafiebers durck Chinin, und naeh mehrwSehiger Erholungszeit eine Reinfektion, also eine Zweiteilung der Malariakar startfend, wurde eine Wiederholung der Malariabehandlung bei 18 Paralytikern vorgenommen, bei welehen der Heilerfolg mangelhaft und dutch die Wiederholung der Kur eine Besscrung zu erhoffen war. Die Zwischenzeit zwischen den beiden Malariablutiibertragungen schwankte zwischen 3 und 30 Monaten und betrug im Durchschnitt 11 Monate. Der Fieberverlauf war dabei in jeder Hinsicht wesentlich milder als bei der ersten Malaria. Unter den 18 Fallen waren 16 Steckenbleiber und e i n vSlliger Versager. N a r bei einem dieser Kranken hSrte des Malariafieber nicht yon selbst auf, sondern muBte naeh dem zehnten Anfall durch Chinin abgebrochen werden. EiweiBfieber trat erheblieh seltener auf als bei den Erstinfizierten. Der Untersehied machte nahezu ein Drittel .ells.
Im Vergleich mit dem ersten Malariafieber waren die Inkubationszeiten langer, die hSchsten Temperaturanstiege niedriger, die Zahl der Anstiege wesentlich geringer. Wahrend bei der ersten Malaria der Gesamtdurchsehnitt der Inkubationszeiten 10,9 Tage, der hSehsten Fieberanstiege 40,8 Grad und die Zahl der Anstiege 9,5 betrug, beliefen sick die Zahlen fiir die zweite Malaria auf 12,5 Tage, 40,2 Grad und 4,3 Anstiege. Der Types des Fiebers zeigte eine deutliche Abanderung im Sinne einer Zunahme des reinen Tertianatypus aaf Kosten der Duplicataf~lle und Mischformen. Wahrend bei der Gesamtzahl der ersten Malariafieberanfalle die reinen Simplexkurven 1/7 der Duplieata- und 1/9 der gemisehten Kurven ergeben hatte, hetrag bei den Kurven der Reinfizierten die Zahl der Simplexfalle mehr als 1/3 der Duplieataund die Halfte der Mischformen. Es ergibt sick hieraus, dal3 aueh naeh einem ziemlich groBen
~P'8
B. PFEIF/~R und i~. v. ROHDEN
Intervall von durehsehnittlieh naheza einem J a h r (11 Mon.) als N aehwirkung der ersten Malaria noeh eine weitgehende relative Immunit/tt mit Neigang zum Stekkenbleiben und z a mildem Fieberverlauf besteht. Die Aussiehfen auf eine energisehe Heilwirkung der zweiten Malariainfektionen sind daher als gering zu betraehten. Das ergab aueh der weitere Verlaaf bei unseren F~llen. Ant Grand der katamnestisehen Feststellungen des Behandlungserfolgs kam keiner dieser F~lle in die Gruppen der Vollremissionen und der Teilremissionen mit verminderter Leistung im alten Beraf. Nut einer war in einem untergeordneten Beruf leistungsf~hig. Zwei waren nur entlassungs-, abet nieht berafsf~hig. A]le tibrigen bedurften welter der Anstaltsbehandlung und befanden sieh zum grOl3eren Teil in der Grulope der Unver~nderten, zum geringeren in der der Arbeitsf~higen im Anstaltsbetrieb. Bei 4 F~tllen wurde sehliel31ieh aueh noeh der Versueh einer drit~en Malariabehandlang unternommen. Das Intervall zwisehen der zweiten and dritten Blutttbertragung betrug hier im Durehsehnitt 13 Monate. Von den ~ Kranken waren 3 Versager. Nur einer braehte es zmn Steekenbleiber naeh 2 Temperaturanstiegen. Hier bestand also eine fast vollkommene Infektionsimmtmit~t. Im Gegensatz za G e r s t m a n n mui3 hier K i h n darin zugestimInt werden, d a l 3 d r i t t e Malariablttttibertragungen ;aueh naeh gentigendem Zeitabstand nur selten anzugehen pflegen and theraloeutiseh wirkungslos sind. G e r s t m a n n empfahl im Falle des MiBlingens einer Reinfektion mit Malaria tertiana, entweder Anophelesmalaria oder Malaria quartana oder Rekurrens in Anwendung zu bringen. Die Ausftihrung des ersten Vorsehlags w~re unseres Eraehtens mit zu vielen Sehwierigkeiten and Gefahren verbunden. Einen Quartanastature k6nnte man neben dem Tertianastamm lediglieh zu dem Zweeke der Anwendang bei miGlungenen Reinfektionen nieht am Leben erhalten, w~re also gen6tigt, sieh den Infektionsstoff jedesreal sehieken zu lassen, was im Hinbliek aaf die Seltenheit der Anwendung der Malaria quartana mit hOCk gr613eren Umstgnden und Unsieherheiten verknttpft w~re, als died bei ~bersendungen yon Tertianablut der Fall ist. Auf die Naehteile der Rekurrensbehandlung doll hier nieht weiter eingegangen werden. Die Bedenken gegen die Notwendigkeit, neben dem Malariastamm ledig-
429
Seehs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
lieh zur Verwendung bei mil~lingenden Tertianablutiibertragungen noeh einen R e k u r r e n s s t a m m welter zu ztichten, liegen aber auf der H a n d . W i r sind daher seit l~ngerer Zeit in A n b e t r a c h t des hi~afigen Versagens der T e r t i a n a r e i n f e k t i o n e n d a z a iibergegangen, s t a r t dieser P y r i f e r anzawenden, wobei in einer Reihe yon F~llen eine gate W i r k a n g z a erzielen war, so dal~ wir die eigenen und anderweitigen giinstigen E r f a h r a n g e n , fiber die S i e m e r l i n g kiirzlich beriehtete, bests kSnnen. Das P y r i f e r ist jedenfalls bei wenig widerstandsf~higen K r a n k e n m i t allgemeiner K S r p e r s c h w ~ h e , H e r z l e i d e n and sonstigen Komplikationen, ferner bei K r a n k e n , welehe die M a l a r i a k u r ablehnen, und besonders in F~llen, wo Reinfektion in B e t r a e h t kommt, ein sehr willkommener E r s a t z der Malaria. V. B e h a n d l I n Tabelle 3 haben wir sammengestellt.
ungsergebnisse. unsere Behandlungsergebnisse
zu-
Tabelle 3. Ergebnisse der Malariabehandlung yon 300 Paralytikern (Ende 1929).
Gruppenbezeichnung I II
IIa
IIb IIc IId [II IV Va Vb
Vollremissionen. Teilremissionen (Defektheilungen). Berufsf~hig im alten oder gleiehwertigen Beruf mit herabgesetzter Leistungsf~higkeit. Berufsfahig im untergeordneten Beruf. Nicht berufs-, aber entlassungsfAhig. Nicht entlassungs-, aber bescb~ftigungsf~hig. Unvergndert. Verschlechtert. Gestorben an Malaria. G~storben an anderen Krankheiten. Insgesamt
Absolute Zahlen Prozent-Zahlen Mgn- Frauen Insge- MAn- Frauen Insgener / sam~ her sam~ 29
1
30
10,8
3,3
10,0
131
23
154
48,7
7 4 , 2 51,3
33
5
38
12,3
16,1
48
10
58
17,8
3 2 , 3 19,3
30
6
36
11,2
1 9 , 4 12,0
20 37 14 8
2 1 3 2
22 38 17 10
7,4 13,7 5,2 3,0
6,4 3,2 9,7 6,4
7,3 12,7 5,7 3,3
50
1
51
18,6
3,2
17,0 100,0
12,7
H i e r z u ist folgendes zu bemerken: Als Stiehtag ffir die Beurteilung des Erfolges der M a l a r i a t h e r a p i e gilt bei allen Entlas-
430
B. PFEIFERund F. v. I~OHDEN
senen (Gruppe I, I I a , I I b und I I c ) der Entlassungstag, bei den noch in der Anstalt befindliehen F~llen (Gruppe I I d, I I I und IV) der 1. XI. 29. Ferner ist za beaehten, da~ in der Zusammenstellung enthalten sind sowohl die Paralytiker, die lediglich einer Malariakur unterzogen wurden, als aueh jene, bei desert sich eine Kur mit Benzazonnatrium ansehlol3. Zur ersteren Gruppe gehSren 159, zur letzteren 141 :F~lle. Wir besehr~nken uns zun~ehst a~f die Bespreahung des Gesamtresultates. Eine Differenzierung neck reinen Malaria- und Malaria-Benzazonf~llen erfolgt weiter unten, wenn die Frage der spezifisehen Nachbehandlung erSrtert wird (vgl. S. 440). Eine Bew~hrungsstatistik stellt Tabelle 3 naturgem~13 nieht dar. Diese ist erst auf den katamnestisehen Daten aufzubauen (vgl. Tabelle 6, S. 445). Als M a l 3 s t a b ffir die Giite der Remissionen wurden nicht nur die Ergebnisse des psychischen trod somatischen Untersaehungsbefundes, sondern vor allem die s o z i a l e B r a u e h b a r k e i t angesehen. Denn wichtiger als die Fr:age naeh etwaigen Besserungen des serologisehen, neurologlsehen oder selbst des intellektuellen Befandes erschien uns die Feststellung, ob die fr(ihere Leistungs- und Berufsf~higkeit wiedererlangt war oder nicht. Dementsprechend w~hlten wir eine Gruppeneinteilung, die von den bisher iibliehen in einigen Punkten abweieht und metu" dem obigen Gesichtspunkte Reehnung tr~gt. Wir anterscheiden fiinf Grappen: G r u p p e I enthalt die V o l l r e m i s s i o n e n . Es sind die praktisch als geheilt za bezeiehnenden F~lle, die keinerlei psychische Defekte mehr erkennen lassen and am Entlassungstage ihre friihere Leistungs- und Berufsf~higkeit wiedererlangt zu haben seheinen. In G r u p p e I I sind alle T e i l r e m i s s i o n e n zusammengefaint, also die yon P S n i t z als D e f e k t h e i l u n g e n bezeiehneten F~lle. Es ist dies zwar ein wertvoller Sammelbegriff, der jedoeh fiir die Praxis viel zu umfassend ist und unbedingt einer Differenzierung bedarf. Die sehr verschiedenen Grade des Defekts, der naeh Malariabehandlung zurfiekbleiben kann, werden in den bisherigen Statistiken fiberhaupt nieht oder nicht sekar~ genug auseinander gehalten. Nar wenn dies gesehiekt, l ~ t sick ein aus-
Sechs Jab_re Malariatherapie der Paralyse usw.
431
reichend begriindetes Urteil tiber die Wirksamkeit der Fieberbehandlung gewinnen. Wir anterscheiden daher v i e r G r a d e d e r Defektheilung: a) G r u p p e I I a umlaut die Paralytiker, die im alten oder gleichwertigen Berui zwar wieder beruisf~hig werden, hier jedoeh im Vergleich zu frtiher sich als weniger leistungsfahig erweisen. b) G r up p c I I b ist zwar aach noch berufsfi~hig, jedoch nicht mehr im alten oder einem gleichwertigen, sondern in einem untergeordneten Beruf. Mit dieser Gruppc beginnt also bereits der soziale Abstieg. c) G r u p p e I I c. Diese Kranken sind ebenfalls nicht mehr anstaltspflegcbedtirftig und kSnnen bei einigermal3en gtinstigen sozialen Bedingungen za ihren AngehSrigen entlassen werden, fallen aber im tibrigen der privatcn and 5ffentlichen Ftirsorge zur Last. d) G r u p p e I I d umfal3t die ersten nicht mehr oder hOCk nicht entlassungsfs l~aralytiker. Sie besch~ftigen sick meist in Anstaltsbetrieben hOCk ganz ntitzlich, kSnnen abet der Ftihrung und Aufsicht nicht entbehren. G r u p p e I I I . Auch bier ist der paralytische Proze~ zum Stillstand gekommen. Ein Vergleich der psychischen Befunde vor and nach der Behandlung zeigt jedoeh keine wesentliche Ver~nderung. G r up p e IV enth~lt die chronisch progressiven Formen. G r u p p e V umfal3t die Verstorbenen, wobei untersehieden wird zwisehen Malariatod und Tod am interkurrenten Krankheiten. Wir kommen jetzt zar Bespreehung der Gruppenergebnisse im einzelnen. Gruppe
I.
Wie Tabelle 3 zeigt, gehSrt genau der zehnte Teil unserer Malariaparalytiker in diese Spitzengruppe. Nach klinischen and sozialen Kriterien w~ren also nut 30 yon 300 Paralytikern als geheilt in dem Sinne za bezeichnen, dal3 ein psyehischer Defekt bei der Entlassung nicht mehr erkennbar war. Sie konnten vielmehr in alter Weise ihren Berttf wieder aufnehmen, ohne selbst
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B: lh~IFER und F. v. ROHDEN
irgendwelche Leistungseinbal3e festzustellen. Ob allerdings ihre Leistungen wirklich vollwertig waren, ob insbesondere ihre Vorgesetzten den Behandlungserfo]g ebense beurteflten wie sie selbst, kann gewi~ noeh in Zweifel gezogen werden. Erfahrungsgem~I3 brauehen klinisches Bild and soziale Wertigkeit durehaus nicht parallel zu gehen. Mit Recht wird daher aueh schon von anderen Autoren ( K i h n , J e s s m a n n und S t e e n a e r t s ) darauf hingewiesen, dab die Hervorkehrung rein sozialer Gesichtsptmkte bei Beurteilung yon Remissionen nieht zu untersch~tzende Fehlerquellen habe. Nur durch au~erordentlich sorgf~ltige, his ins einzelne gehende katamnestisehe Naehforsehungen kSnnen diese Fehlerquellen aufgedeckt and ausgeschaltet werden. Aul3erdem haben wir zar Kontrolle der Remissionstiefe neben cliesen sozialen Kriterien besonderen Wert auf eine sehr eingehende Untersuchung der theoretischen and praktischen Intelligenz gelegt, deren Ergebnisse weiter unten ausfiihrlich mitgeteilt werden (S. 456 ft.). Bemerkenswert ist der unverh~ltnismal~ig geringe Anteil von Frauen an den Vollremissionen. Trotzdem sie 10 Proz. der malariabehandelten Paralytiker bilden, finder sich unter den 30 Geheilten nur eine einzige :Frau, anstatt erwartungsgem~il3 3. Es h~ngt dies, abgesehen von dem Zafallsergebnis der kleinen Zahl, wohl mit der oft beobachteten Tatsaehe zusaznmen, dal~ die paralytischen Frauen sparer in Behandlang kommen als die Manner, man kann wohl sagen, im allgemeinen z u sp ~tt. Wenn im folgenden versueht wird, unsere Behandlungserfolge mit denen anderer Autoren zu vergleiehen, so sind wit uns der Fragwiirdigkeit einer solehen Statistik durehaus bewu~t. Bei der Versehiedenheit der Grappierung und Indikationsstellung, der sozialen Verh~iltnisse und der Aufnahmebezirke der Kranken, vor allem der Kriterien, die der Beurteilung der Heilwirkung zugrunde gelegt werden, kann eine derartige Vergleiehsstatistik nur sehr bedingten Wert haben. Unsere Zusammenstellung ist derartig gew~hlt, dal~ fiir jedes Jahr aus der Fiille der Ver5ffentlichungen nur eine einzige, und zwar besonders charakteristisehe and wichtige Arbeit ausgew~hlt und zum Vergleich herangezogen wird. Auch wenn man alle oben aufgez~hlten Fehlerquellen in: Reehnung stellt, lai~t sieh aus der Tabel]e doch noeh immer deu~lieh genug eine A b n a h me d e r R em i s s i o n s e r f o 1g e erkennen. W i r sehen hierin ein Zeichen nieht
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
433
Tabelle 4. 13bersicht fiber Erfolgsstatistiken nach Malariabehandlung yon Paralytikern. Autor Gerstmann Weygandt ~oIlIle
Gerstmann K i r s e h b a u m und Kaltenbach JoBmann und Steenaerts Schulze Somogyi Kihn Pfeifer u. ~. Rohden
Davon Zahl Gesamtzahl der Vollder Remissionen Remissionen Fhlle Pr0z. Proz.
Ort
Jahr
Wien Hamburg Hamburg Wien
1920 1921 1922 1922
25 50 96 116
72 88 68 67
28 (?)
Hamburg
1923
196
62,7
31 (?)
Berlin Dalldorf Budapest Erlangen Nietleben
1924 1925 1926 1927 1930
100 215 100 100 300
49 49 36 60 62
21 36 (?)
26 (?) 20 36 (?)
18 lO i0
n u r fiir die zunehmende K r i t i k gegenilber dem anf~nglichen iibertriebenen Optimismus, sondern auch ftir die engere F a s s u n g des Begrills der Vollremission. Unter W e y g a n d t und G e r s t m a n n s 2 6 - - 3 6 P r o z . ,,Vollremissionen" ist, wie m a n jetzt nach den Erfahrungen der letzten 10 J a h r e m i t B e s t i m m t h e i t wird sagen diirfen, ein erheblieher P r o z e n t s a t z von Defektheilungen m i t unterlaufen. Eine vOllige ?3bereinstimmung dagegen finder sich zwischen unseren Ergebnissen und den Zahlen yon K i h n , die besonders sorgfgltig und kritisch durchgearbeitet sein dttrften. M a n wird von vornherein annehmen kSnnen, da$ das P a r a l y t i k e r m a t e r i a l einer kleinen siiddeutsehen U n i v e r s i t ~ t s s t a d t und einer groBen mitteldeutsehen L a n d e s h e i l a n s t a l t reeht versehieden ist. W e n n trotzdem in E r l a n g e n und Nietleben die gleiehe Zahl yon Vollremissionen erzielt w u r d e , so sehei~t hier der SehluB er]aubt, dab m a n b e i einem nieht gesiehteten Paralytikermaterial auf n i c h t m e h r a l s e t w a 10 P r o z . w i r k l i c h e r Heilungen bei der Malariatherapie wird rechnen diirfen. Hierm i t soll freilich nieht bestritten werden, dab die grundsgltzliehe Wirkungsm6glichkeit des Malariafiebers unter gttnstigen Verhgltnissen welt grSBer sein k a n n . DaB die Prognose abh~ngig ist yon dem Z e i t p u n k t des Beginns der Malariabehandlung, ist ein oft genug bestgtigter E r f a h r u n g s s a t z . I n dieser Beziehung ist die HShe des yon N o n n e and seinen M i t a r b e i t e r n dureh die Malariabehandlung erzielten P r o z e n t s a t z e s yon 2 0 P r o z . Vollremissionen sehr bemerkenswert. Wahrseheinlich liegt dies, wie sehon G e r s t Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 117, 1.18,119. 28
434
B. PFSlFSRund F. v. ROHDEN
m a n n bemerkt, daran, da$ das N o n n e sche Paralysematerial sich vorwiegend aus inzipienteren F~llen zusammensetzt. G e r s t m a n n selbst will bei 36 Frfihf~llen 75--84Proz., be/ nicht gesichteten klinischen Kranken 35 Proz. Vollremissionen gesehen hubert. Aueh wenn G e r s t m a n n an eine Vollremission anseheinend weniger strenge Forderungen stellt als K i h n und wir, so erhellt doeh aus dem Vergleieh dieser beiden Zahlen auI3erordentlich deutlich die iiberragende Bedeutung der Frfihbehandlung fiir die Prognose der Malariatherapie. Gruppe IIa. Zur Gruppe derjenigen Paralytiker, die naeh der Behandlung zwur als berufsf~hig im alten oder einem gleichwertigen Beruf, jedoeh nieht 'ohne psychisohe Defekte entlassen werden konnten, gehOren 33 M~Lnner (12,3 Proz.) and 5 Frauen (16,1 Proz.), im ganzen 38 Kranke (12,7 Proz.). M~nner und Frauen sind hier also verh~Lltnism~13ig gleich h~ufig vertreten. Bei diesem Typas yon D e f e k t h e i 1 u n g sind die Ausf~Llle derartig geringftigig, da~ sie in der Regel kaum auf den ersten Bliek zu erkennen sind. Gerstmann, Weygandt und S e h a l z e rechneten daher anseheinend diese Gruppe noeh zu ihren Vollremissionen (vgl. Tabelle 4, 433). G e t s t m a n n versteht ns unter Vollremission nicht nur eine Remission mit vSlligem Riiekgang der Krankheitserscheinangen, sondern auch eine Remission ,,mit den geringsten, erst bei genauer psychiatriseher Prfifung feststellbaren residuiiren Zeiehen der bestandenen psyehischen StSrungen". Bei unseren Paralytikern in dieser Gruppe erwiesen sich bei n~herer Prfifang als nieht mehr ganz auf der HShe: Die feineren psyehisehen and ethischen Meehanismen, die intellektuelle Aktivit~t, das Takt- und Anstandsgefiihl, besonders abet die kritische Einstellung zur iiberstandenen Krankheit and zu den Zukunftsaussiehten. Aueh mit den Priifungsmethoden der theoretiseken und praktisehen Intelligenz waren Defektreste naehzuweisen (vgl. S. 459ff.). Diese Sch~digungen h6ehster seeliseher Verriehtungen lieBen zwar bei den Entlassenen die Wiederaufnahme ihres alten oder .eines gleiehwertigen Berufes za, bedingten jedoeh eine mehr oder weniger offenkundige Minderung il~rer Leistungsfghigkeit. J e komplizierter die frfihere Betgtigung war, um so deutlieher machten sich die Defekte bemerkbar, w~hrend in Fgllen mit weniger differenzierter, einfacherer Beseh~ftigung eine EinbuBe der Arbeitsfghigkeit kei-
Seehs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
435
neswegs sofort offenkundig wurde, unter Umstgnden sogax vSllig zu fehlen semen. Im letzteren Fall vermoehten nur die Intelligenzpriifungen noeh vorhandene Ausfi~lle aufzudecken. Deutlieher zu erkennen war bei den meisten Vertretern dieser Gruppe eine emotionelle Inkontinenz und ein gewisser Mange1 an Krankheitseinsieht. G r u p p e IIb. Diese Gruppe ist zahlenmitl~ig bet weitem am grSBten. Sie umfaBt 58 defektgeheilte mgnnliehe und weibliche Paralytiker, das sind 19,3 Proz. der Gesamtzahl. Alle diese Kranken zeigen deutlieh das Kriterium des sozialen Abstiegs. Ihre Defekte sind zu groin, als dab sie ihrem frtiheren Beruf wieder gewachsen wi~ren. In tier Regel reich't es gerade ~mch zt~ Besehi~ftiglmgen, die sehr geringe Anforderungen an selbstiindiges Handeln, an Verantwortung und Obersieht stellen. IntelligenzstSrungen sind bei dieser Gruppe offenkundig, wie weiter unten gezeigt werden soll (vgl. S. 459ff.). Auffallend stark sind bier die Frauen vertreten. 32 Proz. aller Frauen gehSren hierher, also verh~ltnismi~l~ig doppelt soviel Ms Mi~nner (17,8 Proz.).
G r u p p e IIc. Es ist die erste sozial nicht mehr brauchbare Gruppe. Diese Kranken sind zwar soweit wieder hergestellt, da~ sie einer Pflege und Aufsicht nieht mehr bedfirfen und sich ausreichend manierlieh und geordnet im Kreise ihrer AngehSrigen bewegen kSnnen. Aber sehon jedem Laien fallen sie als wunderlich, sehwaehsinnig, leer and ruinenhaft auf. An die Wiederaufnab_me einer Erwerbst~tigkeit ist nieht mehr zu denken, Sie kSnnen hSchstens mit einfaehen h~usliehen Handreiehungen oder Gartenarbeiten besch~ltigt werden. Sie sind also wohl noeh zum Tell in besehr~tnktem Maee besch~ftigungs-, abet nieht erwerbsf~hig. Im iibrigen abet bilden sie i n den meisten F~llen eine schwere Last ffir die Angeh5rigen oder die 5ffentliche Wohlfahrtspflege. Die Gruppe umfaBt 36 Paralytiker, davon sind 30 M~nner und 6 Frauen. Auch hier kommen wieder die Frauen (19,4 Proz.) verh~ltnism~l~ig welt h~ufiger vor als die M~tnner (11,2 Proz.). Gruppe IId. Diese Gruppe, die aus 20 (17,4 Proz. M~nnern und 2 (6,4 Proz.)Frauen besteht, setzt sieh aus wenig einheitliehen F~llen 28*
436
B. PI~EIFER und F. v. ROHDEN
zusammen. Es sind vereinzelte Paralytiker darunter, die sich reeht gut gebessert haben, bisher aber noch nicht entlassen warden, weft der Besserungsproze~ noch nicht zam AbschluI~ gekommen ist. In absehbarer Zeit kSnnen sie als berufsf~hig entlassen werden und figurieren dann in Gruppe I I a oder IIb. Die Mehrzahl jedoch diirfte dieses Ziel aaeh in Zakunft nieht mehr erreichen, und zwar wegen des Umfangs der residuitren Abnormit~t. Die psyehotischen Erscheinungen sind zwar auch bei diesen Fiillen zum grSi~ten Teil vSllig abgeklungen; zuriiekgeblieben aber ist ein unter Umst~nden hochgradiger Defekt. Die Frage ist durehaus berechtigt, ob es erlaubt ist, diese F~lle noch zu den ,,Defektheilungen" zu rechnen, Von einer ,,Heilung' I im klinischen Sinnel einem Zuriiekkehren zur somatischen and psychischen Norm, kann hier natttrlich nicht im entferntesten die Rede sein. Das Wort ,,Defektheilung" will hier nur sagen, da~ die Exazerbationen, die akaten Verschlimmerungen des chronischen Gehirnprozesses, mit anderen Worten die entziindlich-infiltrativen l~ im mesodermalen Bindegewebe gtinstig beeinflu~t and abgeklungen sin& Auch die ektodermalen Degenerationsvorg~nge sind zwar zum Stillstand gekommen, dagegen bleibt der Zerfall des spezifischen Nervengewebes, der Ganglienzellen and Nervenfasern bestehen. Allerdings sind die als psyehische J~quivalente dieses Zerfallsprozesses zartickgebliebenen intellektuellen und affektiven Ausf~lle nicht so erheblich, als daI3 nicht auch von diesen ,,Defektgeheilten" noch brauchbare Arbeit in Anstaltsbetrieben geleistet werden kSnnte. Mit der gtinstigen Beeinflussung der Entztindungsersmcheinungen dureh das Malariafieber h~ngt es ferner zasammen, dal~ bei dieser Gruppe ausgesprochene psychotische Symptome (Wahnideen, Sinnest~uschungen) fehlen. ~ber den Intelligenzbefund wird welter unten zusammenh~ngend berichtet werden (vgl. S. 459 ft.). Gruppe
III.
Bei dieser Gruppe yon 37 (13,7 Proz.) Mi~nnern und 1 (3,2 Proz.) F r a u ist der paralytische Prozel~ insofern durch die Malariakur beeinflul~t worden, als er seinen progredienten Charakter verloren hat. Trotzdem hat sich eine Besserung der psychotischen Erscheinungen nicht eingestellt. Das Zustandsbild, das diese Kranken bei der Aufnahme boten, ist zu einem D a u e r z u s t a n d geworden. Sie sind gewissermai~en auf der Stufe stehen geblieben,
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
437
auf der sic sich befanden, als das Malariafieber dem Fortschreiten tier entziindliehen und degenerativen Hirnprozesse Einhalt gebot. Die Wahnideen dieser Kranken haben den gleichen Inhalt behalten und sind zum Teil noeh immer so bliihend-expansiv wie vor 3 bis 6 Jahren; die Sinnest~uschungen haben ira Laufe tier gahre keine Abschwi~chung erfahren; die Kranken sind affektiv noch ebenso euphorisch oder stumpf und sprechen und betragen sieh genau so wie vor Jahren. Auch der anf~ngliche intellektuelle Besitzstand hat in der Regel weder eine Abnahme noch eine Zunahme erfahten. Hier hat sich also die Malariatherapie sozusagen als I~onservierungsmethode herausgestellt und alas Zustandsbild in einer Weise fixiert, die weder f~r den Kranken selbst, noch viel weniger far Angeh(irige und Anstalt als erwttnscht bezeichnet wetden kann. Allerdings lassen sich auch diese Kranken, wie es sieh fiir eine moderne Anstalt yon selbst versteht, genau so wie das Heer der Schizophrenen, in den Beschi~ftigungsbetrieb einreihen. Es gibt keinen Paralytiker in diessr Gruppe, der nicht niitzliche Arbeit verrichtet, sei es, da$ er in beseheidener Weise Etiketten einfi~delt, sei es, dait er in den AuSenarbeitskolonnen und Werkstiffen Brauchbares leistet. Es verhi~lt sich also keineswegs so, wie P S n i t z yon diesen Kranken meint, da$ sic stumpf dahinvegetieren und nut in vereinzelten F~llen zu meehanischer Arbeit und Besch~ftigung in der Anstalt zu verwenden sind. Darin allerdings hat er zweifellos reeht, dab diese defektgeheilten Paralytiker zu D a u e r i n s a s s e n der Anstalt werden. Wit haben berechnet, dal~ der durchschnittliche Anstaltsaufenthalt dieser Kranken am 1. April 1930 bereits 1221 Tage betrug. Die Kosten ftir diese Kranken wachsen auf die Dauer ins Maftlose (vgl. S. 480). Denn trotz Wiederholung tier Malariakur oder anderer Fieberbehandlungen, trotz aller sonstigen Bemtihungen mit allen erdenklichen chemischen Pr~tparaten .gelingt es nicht, die psyehotisehen Erscheinungen dieser Kranken soweit abzubauen, da$ Anstalts~ pflege entbehrt wer den kSnnte. Wenn in dieser Gruppe vereinzelte Kranke mit unterlaufen, die weniger Defekte zeigen und mehr ieisten als Vertreter der Gruppen l i e und I I d , so ist dies lediglieh dem Umstand zuzuschreiben, dal~ ihre Psychose beim Beginn der Malariakur weniger vorgeschritten war als bei den Vergleichsgruppen in den beiden anderen Gruppen.
~38
]~. PFI~IFER und F. v. ROttDEN
Schlie/~lich gehSren zu dieser Gruppe noch einige F~lle, b ei denen doch noch im Laufe der Jahre entweder aul3erordentlich schleichend oder aber im AnschluIt an paralytische Anf~lle sich eine Verschlechterung bemerkbar macht. D~ese Kranken bilden den ~bergang zur n~chsten Gruppe. G r u p p e IV. Eine sehr anerwiinschte Nebenerscheinung zeigt die Malariatherapie bei dieser aus 14 (5,2 Proz.) M~nnern und 3 (9,7 Proz.) Frauen bestehenden Gruppe. Hier hat der paralytische Prozel~ seinen fortsehreitenden Charakter unter der Fieberwirkung keineswegs verloren. Man sollte nun annehmen, dal~ entsprechend der anscheinenden Wirkangslosigkeit des Fiebers das paralytisehe Siechtum ebenso wie bei den nieht behandelten F~llen in der fiblichen Zeitspanne von 1--2 Jahren zu Tode fiihrte. Das ist aber keineswegs der Fall. Der Anstaltsaufenthalt dieser 17 Kranken ist der l~ngste von allen Gruppen. Er betrug am 1. IV. 30 in~ Durchsehnitt 1317 Tage, also fiber 3 Jahre. Der ~lteste Fall ist sehon 2303 Tage in der Anstalt. Und weder bei ibm, noeh bei den meisten anderen ist abzusehen, warm der Tod dem Siechtum ein Ende setzt (vg]. S. 480). Das Malariafieber hat hier also eine aaffallende V e r l a n g samung des Krankheitstempos und der AuflSsung zur Folge gehabt. Die degenerativen Gehirnprozesse sind dureh das Fieber gleiehsam gedampft und verlaafen ohne stiirmisehe Exazerbationen unter der Oberfl~ehe sehleiehend weiter. Selbst die h~ufigen paralytisehen Anfalle verm5gen in der Regel nicht das Krankheitstempo wesentlich zu beschleunigen. Was dieses unheimlich verl~ngerte Siechtum ffir die AngehSrigen seeliseh bedeutet, die von Monat zu Monat vergeblich auf die ErlSsung warren, l~l~t sich schwer schildern, ganz zu sehweigen yon der finanziellen Seite der Frage. G r u p p e V. Wir kommen jetzt zur letzten Gruppe, den T o d e s f ~ l l e n . Es sind im ganzen 58 Ms und 3 Frauen, also rund 20 Proz. der Gesamtzahl. Am meisten wird hier die Frage interessieren, wie oft der Tod auf die Malariainfektion zuriiekzuffihren ist. Wenn G e r s t m a n n (II. Auflage, S. 115) schreibt, er habe einen direkt dureh die Malariain~ektion bedingten Exitus nie be-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
439
obachtet, so weist sehon K i h n (S. 206, Anm.) m i t Recht dara u f hin, da6 G e r s t m a n n m i t dieser optimistischen A u f f a s s u n g wohl ziemlich a l l e i n s t e h e n diirftel). Andererseits mSehten wir aber auch nicht so welt gehen wie K i h n , der einen kausalen Zus a m m e n h a n g zwischen den m e i s t e n Todesf/illen und der I m p f a n g als durchaus feststehend annimmt. W i t selbst kSnnen n u t ftir 10 yon den 61 Todesf~llen diesen Z u s a m m e n h a n g gelten lassen. Bei 8 M~nnern and 2 F r a u e n erfolgte der Tod teils w~hrend des Malariafiebers selbst, tells unmittelbar nach der medikamentSsen Unterbrechung der Infektion. Die F i e b e r b e h a n d l u n g ist in gewisser Beziehung einer Operation gleiehzusetzen (P 5 n i t z). W i t miissen also m i t einer M o r talit/~tsquote der Malariatherapie reehnen, ebenso wie dies ffir jede gef/ihrliehe Operation als selbstverst/indlieh grit. Und ebenso wie bei der Operation ist bei der Malariabehandlung die M o r t a l i ~ t s z i f f e r in erster Linie abh~Lngig yon der jewei!igen E r f a h r u n g des Therapeuten. Diese griindet sich im wesentliehen auf genaue E i n h a l t u n g der Indikationen, Beherrsehung der H e r z m i t t e l t h e r a p i e und rationelle Dosierung des Fiebers, wobei gelegentlich voriibergehende Absehw/ichung, mehrt/igige Unterbreehung oder Zweiteilung der M a l a r i a k u r lebensrettend wirken kSnnen. Z u r Unterstiitzung der Pulskontrolle hat sich uns die fortlaufende B l u t d r u e k m e s s u n g gut bew~thrt. W i r machten uns zur Regel, das F i e b e r abzusehw~ehen bzw. zu unterbreehen, wenn der B l u t d r u c k trotz H e r z m i t t e l unter 9 0 - - 1 0 0 m m / H g fiel. Es gelang uns auf diese Weise, im L a u f e der J a h r e die dureh MaJariafieber direkt bedingte Mortalit~Lt yon 7 Proz. bei den ersten 100 F~llen auf 1,5 Proz. bei den letzten 200 F~llen herabzudriieken. Man wird also selbst unter giinstigen Umst/~nden mi~ 1--2 Proz. Mortalit~t bei der Impfmalariatherapie reehnen mfissen. W a s die 51 Todesfglle betrifft, bei denen ein kausaler Zusammenhang zwisehen Ted und M a l a r i a nieht anzunehmen war, s o sind die Todesursachen hier irgendwelehe von der M a l a r i a i n f e k t i o n 1) An einer anderen Stelle r~umt G e r s t m a n n ein, dab der Prozentsatz der T odesf~lle an Herzkollaps im Fieberanfall bis Ende 1924 kaum mehr als 1 Proz. betragen habe. ,Seither haben wir die Impfmalaria noch besser zu beherrschen gelernt, so da[~ j~tzt derartige Todesf~lle an unser~r Klinik so viel wie gar nicht mehr vorkomm~n." (II. A_ufl., S. 57.)
440
B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
~itiologisch and zeitlich ganz unabh~ingige interkurrente Krankheiten, Anfiille 0der paralytisches Siechtum. Dies geht am deutlichsten aus der groBen Differenz zwisehen der durchsehnittlichen Aufenthaltsdauer der Gruppe V a u n d V b hervor. W~ihrend n~imlich die Malariatodesf~lle (Gruppe Va) durehschnittlich 118, in der Regel nieht mehr als 50 Verpflegungstage aufweisen, betr~igt die Aufenthaltsdauer der iibrigen Verstorbenen (Gruppe V b) im Durchschnitt 1 Jahr, in 4 F~illen 3--5 Jahre. Zusammenfass
ang.
FaI~ man das bisherige statistische Ergebnis zusammen, so w~tre folgendes za sagen: 1. Ira L a u f e i n e r s e c h s j ~ i h r i g e n M a l a r i a b e h a n d l u n g k o n n t e n u n t e r 300 m ~ t n n l i c h e n u n d w e i b lichen Paralytikernbei10Proz. eineVollremiss i o n , bei r u n d 50 P r o z . e i n e m e h r o d e r w e n i g e r weitgehende Teilremission erziel~ werden. 2. Z u r E n t l a s s u n g k a m e n a u i 3 e r d e n 10 P r o z . G e h e i l t e n n o c h 44 P r o z . D e f e k t g e h e i l t e . Von d e n r e s t i i c h e n 46 P r o z . s i n d 20 P r o z . g e s t o r b e n , d i e i i b r i g e n 26 P r o z . b e f i n d e n s i c h g r S l 3 t e n t e i l s a l s Dauerinsassen n o c h h e u t e in d e r A n s t a l t . Zur Frage der spezifischen Naehbehandlung. Bei den bisherigen Besprechungen wurde unberiicksichtigt gelassen, dal~ die mitgeteilten Zahlen d i e E r g e b n i s s e y o n z w e i Verschiedenen Behandlungsmethoden sind. Wir hatten uns n~imlieh von vornherein die Aafgabe gestellt, an groi~en Versuchsreihen die Frage za prfifen, ob es angezeigt ist, der Malariabehandlung eine spezifisehe Nachbehandlang folgen zu lassen, oder ob dies als fiberflfissig unterbleiben kann. Die Anschauungen der Autoren fiber diese Frage gehen bisher auseinander. So haben sich W e y g a n d t , Kirschbaum und Kaltenbach, Jossmann und S t e e n a e r t s nieht yon der 0berlegenheit einer kombinierten Malaria-Salvarsantherapie gegenfiber einer isolierten Malariatherapie fiberzeugen kSnnen. Allerdings sind die Befunde dieser Autoren nicht beweisend, weil sie sich nieht auf vergleiehende statistisehe Serienantersuchungen stiitzen. Diese wurden zuerst von D a t t n e r an der Wiener Psy-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
441
ehiatrisehen Klinik angestellt, indem er wahllos naeh der Reihe der fortlaufenden Aufnahmen je einen Paralytiker nur mit Malaria, den zweiten mit Malaria and Salvarsan behandelte. Es ergab sich Bin deutlieher Untersehied der Behaudlangsresultate in beiden Serien: Die nicht naehbehandelte Serie von 32 Kranken zeigte nur 40,6 Proz. Remissionen, die mit Salvaxsan naehbehandelte Serie yon 33 Kranken dagegen 66,6 Proz. Remissionen. G e r s t m a n n schliel~t daraus, dal~ eine Naehbehandlung mit lqeosalvarsan das Ergebnis der Malariakur in aaffiilliger Weise zu steigern vermag. Unsere eigenen Serienuntersachangen haben dieses Ergebnis bestittigen kSnnen. W i r verfuhren in der Weise, dal~ im ersten and letzten Viertel unserer sechsj~hrigen Behandlungsperiode grunds~tzlich nur Fieberkuren o h n e Naehbehandlung durehgefiihrt wurden, in dem dazwischenliegenden Zeitraum yon drei Jahren dagegen nur Fieberkuren m i t Naehbehandlung. Unsere Malariaserie amfaI~t 159 F~ille, die Serie der Kombinationsbehandlang 141 Fttlle. Zur Naehbehandlung benutzten wit nieht Salvarsan, sondern das yon A 1b e r t und K a 1b e r 1a h herausgebraehte Arsenpritparat Benzazonnatrium (Albert 188), eineVerbesserung des friiheren Ketarsols (Albert 102). ~ber Zusammensetzung, Anwendungsweise and Wirksamkeit des Ketarsols hat P f e l f er bereits im J ah r e 1925 berichtet. Die Wirksamkeit dieses hoehwertigen spezifischen Mittels war n~tmlieh vor Einfiihrang der Malariatherapie in der Landesheilanstalt Nietleben yon uns an 20 Paralytikern studiert worden. Der E r f o l g , der zaniichst ein guter zu sein schien - - von 12 durchbehandelten Fiillen zeigten 6 eine gate, 4 eine geringe Remission - - erwies sieh jedoch bereits nach ei~em J ah r e als wenig befriedigend, da nur ftinf Fitlle rezidivfrei geblieben waren. Es zeigte sieh, dal~ die Behandlung der progressiven Paralyse mit,,Albert 102" a 11 e i n, wenn dieses aueh Vorzfige vor den Salvarsanprttparaten hat, nieht geniigt. ,,Es kommt bei der Yaralysebehandlung darauf an, die e r f o l g r e i e h s t e Infektionstherapie mit der erfolgreichsten spezifischen Chemotherapie zu verbinden" (Pfeifer). Dies gesehah nun in der Weise, dab anmittelbar oder kurze Zeit naeh Absehlul~ des Malariafiebers in 11 intravenSsen Injektionen 3,0 g Benzazonnatrium gegeben wurde, und zwar bei der ersten Injektion 0,1, bei der zweiten 0,2, bei der dritten bis elften
442
B. PFEIF~mund F. v. t~OHDEN
0,3 g. Eine vergleichende ~bersicht fiber die Ergebnisse der Malariabehandlang einerseits und der kombinierten Malaria-Benzazon-Behandlung undere~seits geben wir in Tabelle 5. Tabelle 5. Vergleichende l~bersicht tiber die Ergebnisse der Malariabehandlung einerseits und der kombinierten Malaria-Benzazonbehandlung andererseits. Absolute Zahl~a~aria I I
1 ll IIa lib lIc lid [II IV Va Vb
Voll - Remissionen (Heilungen). Teil - Remissionen (Defektheilungen). Berufsfiihig im alten Beruf. Berufsfithig im untergeord. Beruf. Nieht berufs-, aber entlassungsfahig. Nicht entlassungs-, aber beseh~ftigungsf~hig. Unver/indert. Verschleehtert. Gestorben an Malaria. Gestorben an anderen Krankheit. Insgesamt
Malaria (159 2F/ille)
Prozentzah]en
und ] ~enzazo~ I Natriur~ ] 141 F~tlh }1
Malaria und
Malaria Malaria
Benzazon Natrium
!
6,9 6,9 i Ii 40,6 40,el 74,2 74,21 47,2 87,2 I I
56,0
11,7 16,0 12,(]
12,8
13,3 32,3 17,(~
21,9
10
1
11
19
52
23
75
79 79
15
5
20
18
17
10
27
31
9
6
15
21
7,0 19,4
9,4
14,9
11 17 7
2
9
I 8,6 S,61 6,5
8,2] 8,2
3
13 13 l0
20 7
3,2 11,3 9,7 6,3
6,4 14,2 5,0
8
2
10
6,5
--
34
]
1 35 31 159
I 8,0 8,0
13,3 5,4 6,2
16 141
3,2 3,2
6,3
26,5 3,2 22,0 100,01( lq
13,5
11,3 100,0
Die Tabelle li~$t erkennen, dag der kombinierten Bdhandlung nut M~nner unterzogen wurden, wShrend die isolierte Fieberbe,handlung sowohl M~nner als auch F r a u e n durchgemacht hubert. Da die F r a u e n , wie wir oben zeigen konnten, hinsichtlich ihrer Besserungsfi~higkeit sich anders verhalten als die M~tnner, empfiehlt es sich, im folgenden n u r die Behandlungsergebnisse bei den Mi~nnern in beiden Versuchsserien zu vergleichen. Die 13berlegenheit der kombinierten Behandlung t r i t t zahlenmi~Big deutlich in Erscheinung. Wi~hrend die isolierte Malariabehandlung n u r 8 Proz. Vollremissionen aufweist, zi~hlen wir bei kombinierter Therapie 13,5 Proz. Heilungen. Die Zahl der Defektgeheilten bel~uft sieh in der ersten Serie auf 40,6 Proz. gegeniiber 56 Proz. in der zweiten Serie. Hieraus berechnen sich k n a p p
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
443
50 P r o z . E r f o l g e bei Malaria ohne Nachbehandlung u n 4 70 P r o z . E r f o l g e bei Malaria mit Nachbehandl u n g . Das ergibt eine S t e i g e r u n g der Erfolgsaussichten u m 40 P r o z . b e i d e r k o m b i n i e r t e n Therapie. Diese Zahl erreicht zwar nicht ganz den Prozentsatz der D a t t n e r s c h e n Serienuntersuchungen, bei denen sich der entsprechende Erfolgszuwaehs auf 64 Proz. bereehnet. W i t glauben jedoch nieht, dal~ aus dieser Differenz auf eine Unterlegenheit des Benzazonnatriums t) dem Salvarsan gegenfiber geschlossen werden darf. Vielmehr geniigt wohl die Versehiedenheit des K_rankenmaterials zur Erkl~rung. 2~ul~erdem ist zu beachten, da$ die Zahlen von D a t t n e r sich n u r aaf 65 F~lle stfitzen und daher wohl eher der K o r r e k t u r bedfirfen als unsere fast ffinfmal grSBere Versuchszahl. VI. K a t a m n e s t i s e h e Ergebnisse. ~ber die seit November 1923 teils mit Malaria allein, teils mit nachfolgenden Benzazonnatrium-Injektionen behandelten und gebessert nach Hause entlassenen K r a n k e n wurden, abgesehen yon Erztliehen Nachuntersaehungen, so weit sieh zu solchen Gelegenheit bot, in den J a h r e n 1926, 1927, 1928 und 1929 regelm~$ig katamnestische Erhebungen dutch Obersendung yon Fragebogen angestellt. A u f den Fragebogen hatten sieh die Entlassenen selbst fiber noeh vorhandene oder neu entstandene kSrperliche und geistige StSrungen, fiber ihre Stellungnahme zu der fiberstandenen K_rankbelt, fiber Zunahme oder Abnahme ihrer Leistungsf~higkeit sowie insbesondere darfiber zu ~u~ern, ob sie ihre frfihere oder eine andere Berufst~tigkeit auszufiben imstande sind. Aul3erdem wurde an die AngehSrigen die Anfrage geriehtet, ob sie die Angaben der Entlassenen ffir riehtig halten, and wie sie deren Gesundheitszustand zur Zeit beurteilen. Insgesamt wurden die Frag~bogen an 162 entlassene K r a n k e gesandt und von 143 beantwortet. Die unbeantworteten 19 Fragebogen betrafen zum grSi~ten Tell entlassene Kranke, die an einen anderen W o h n o r t verzogen waren, und deren neue Adresse auch dureh Vermittlung von BehSrden nicht ausfindig zu machen war. 1) A n m e r k u n g bei der K o r r e k t u r : Das Benzazonnatrium ist inzwisehen von der Gold- und Silberscheide-Anstalt auf die HSehster Farbwerke fibergegangen und wird yon diesen nieht mehr in den Handel gegeben.
444
B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
Aus den einerseits von den K_ranken selbst, andererseits von den AngehSrigen gemaehten Angaben war in der Regel ein ziemlieh klares Urteil fiber den Zustand der entlassenen Kranken zu gewinnen. Wertvolle Anhaltspunkte ergaben sieh meist schon aus Form und Inhalt der sehriftliehen XuBerungen der Kranken selbst. Inhaltlich war besonders hierbei die vorhandene oder fehlende Krankheitseinsicht yon Bedeutung. In zahlreiehen Fgllen warden unrichtige oder besehSnigende Angaben der Kranken yon AngehSrigen richtig gestellt. In erster Linie war fiir die Zuordnung der entlassenen Kranken zu den verschiedenen Erfolgs-Gruppen auf Grand der katamnestisehen Angaben der Gesichtspunkt der sozialen Bewghrung mal3gebend. Entseheidend war, ob sie im alten oder einem gleiehwertigen Beruf vollwertig tgtig waren oder hier nur verminderte Leistungsfghigkeit aufwiesen, ob sie in einem untergeordneten Beruf arbeiteten oder t~berhaupt keine lohnbringende Arbeit mehr verrichteten. Oelegentliche Haas- and Gartenarbeit ohn~ Verd~enst wurde bei Mgnnern nieht besonders bewertet. Dagegen mul3te bei Hausfrauen die F~hrung des Haushalts, wenn diese aueh nieht zu dan Lohnarbeiten gehSrt, entsprechend bertteksiehtigt werden. Es war dies nicht immer ganz leicht. Einerseits fgllt bei den Hausfrauen das Absinken in einen untergeordneten Beruf fort, andererseits war oft auch sehwer zu entseheiden, ob die Leistungsfghigkeit bei der Haushaltsftthrung yell oder vermindert war. Wir haben daher, wie iiberhaupt in allen Fgllen, in denen die entlassenen Kranken in ihrem frfiheren oder einem gleichwertigen Beruf angeblich vollwertig tgtig waren, das Ergebnis der vor der Entlassung vorgenommenen Prfifung der theoretisehen and praktisehen Intelligenz in Rfieksieht gezogen und, sofern dies mangelhaft war, hSchstens eine verminderte Leistungsfghigkeit im alten oder gleichwertige~ Beruf als vorliegend angenommen. Die so entstandene Bewghrungsstatistik ist in der folgenden Tabelle zur Darstelhmg gebracht. Die Tabelle zeigt zungchst noehmals auf der linken Seite in absoluten und Prozentzahlen die bereits frtiher in Tabelle I I dargestellten Behandlungsergebnisse auf Grand des klinischen Befundes zur Zeit der Entlassung der Kranken. Zur Vereinfaehung ist nur eine kleine Xnderung insofern getroffen, als einerseits die in der Anstalt verbliebenen Gruppen der Unvergnderten und Ver-
[II u. I In der Anstalt Verbliebene, UnverIV ] ~nderte u. Versehlechterte bzw. I Wiederaufgenommene (Riickf~lle). V Gestorben. Ausfalle dutch fehlende Katamnesen.
IId
IIe
IIb
i
Berufsf~hig im alten oder gleichwertigen Beruf mit herabgesetzter Leistungsfi~higkeit. Berufsfahig im untergeordneten Beruf. Nicht berufs-, abet entlassungsfahig. Nieht entlassungs-, abet besehaftigungsfahig.
IIa
II
Vollremissionen. (Defektlose Heilungen.) Volle Berufsfahigkeit im alten Beruf. Teilremissionen (Defektheilungen).
I
51 58
20
30
48
33
29 131
2
6
10
5
23
1
55 61
22
36
58
38
30 154
Absolute Zahlen
19 21,5
7,4
11,3
17,8
12,2
10,8 48,7
12,9 9,7
6,5
19,4
32,2
16,1
3,2 74,2
18,3 20,4
7,3
i2
19,3
12,7
10,0 51,3
Prozentzahlen
1. Auf Grund des klinischen Beftmdes z. Z. der Entlassung bzw. am 1. XI. 29.
5 3 2
17
2
5
2
8
4 17
57 68
20
27
23
25
32 95
19
62 71
22
32
25
33
36 112
Absolute Zahlen
100
6,3 6,4 6,3
7,3
10,7
8,3
11
20,7 23,7
I
12,0 37,3
16,1 9,7
6,4
16,1
6,5
26
12,8 55,0
21,2 25,3
7,4
10
8,6
9,3
11,9 35,3
Prozentzahlen
2. Auf Grund der Katamnesen
T a b e l l e 6. Klinische und katamnestische Ergebnisse der Malariabehandlung.
D4~
g
fa
r
v
446
B. PFEmERund F. v. I:{OHDEN
schlechterten ( I I I und IV), andererseits die der teils an Malaria selbst, tells an anderen Krankheiten Gestorbenen (Va and Vb) jewells in einer Spalte zusammengefaBt sind. Es war dies insofern zweckm~l~ig, als es bei den entlassenen Kranken, die rt~ckf~llig wurden, nut darauf ankara, festzustellen~ dab sieh ihr Zustand nach der Entlassung so weir verschlechterte, dab sie wieder anstaltspflegebedtirftig wurden. Ob sie nach Ri~ckkehr in die Anstair als ungebessert oder versehleehtert anzusehen waren, war dabei nicht yon wesentlieher Bedeutung, zumal die Kranken zum Teil auch in anderen Anstalten aufgenommen warden, wobei dies nicht kontrolliert werden konnte. Eine Unterseheidung, ob Malaria oder eine andere Ursaehe den Tod bedingte, war hier nicht mehr nStig, weft die Malaria als Todesursache bei den mehr oder weniger lange Zeit aus der Anstalt entlassenen Biranken nicht mehr in Frage kam, Au~ der rechten Seite sind in gleicher Anordnung den klinischen die auf Grand der Katamnesen gewonnenen Ergebnisse gegen~bergestellt. Hierbei ist zu beaehten, dab die an 162 entlassene Kranke gesandten Fragebogen von 19 unbeantwortet bileben. Diese sind in der letzten Rubrik unter ,,Ausf~lle durch fehlende Katamnesen" angeffihrt. Ein Vergleich der beiden Ergebnisreihen zeigt folgendes: Die V o 11 r e m i s s i o n e n haben insgesamt etwas zugenommen (12 Proz. gegenfiber 10 Proz.), und zwar bei den Frauen verh~ltnism~Big in wesentlieh st~rkerem MaBe als bei den M~nnern. W~hrend auf Grund des klinisehen Befundes nur bei 3,2 Proz. der Frauen Vollremissionen zu erwarten waren, ergab die Bew~hrungsstatistik 12,8 Proz. Es ist dies in der Hauptsaehe dadurch zu erklaren, dab eine grOBere Zahl von Frauen, als zur Zeit der Entlassung angenommen wurde, ihren Hausfrauenberuf wieder voll und ganz aaszufiben imstande war. Die bei der Entlassung als T e i l r e m i s s i o n e n Bewerteten haben sich auBerhalb der Anstalt scheinbar weniger gat bew~hrt als die Vollremissionen. Sie sind im ganzen von 51,3 Proz. auf 37,3 Proz. gestmken, und zwar die M~nner yon 48,7 Proz. auf 35,3 Proz., die Frauen yon 74,2 Proz. auf 55 Proz. Dabei ist aber zu berficksichtigen, dab die 19 Entlassenen, von welehen eine Beantwortung der katamnestischen Fragen nieht za erhalten war, soweit sie der Gruppe der Teilremissionen angehSrtenl sicher nicht
Sechs Jahre MMariatherapie der ParMyse usw.
447
alle eine Verschleehterung ihres Zustandes erfahren haben, In Wirkliehkeit ist daher die prozentuale Verschlechterung der Teilremissionen nut unerheblieh, zumal, wie wir bei der ni~chstfolgenden Tabelle an der Hand absoluter Zahlen sehen werden, nur die Untergruppe 2 b eine Verminderung erfi~hrt, die aber in ungefi~hr gleichem MalSe dutch Aufsteigen in hShere wie durch Absinken in niedrigere Gruppen bedingt ist. Im g a n z e n e r g i b t d i e B e w ~ L h r u n g s s t a t i s t i k fund 50 P r o z . R e m i s s i o n e n , u n d z w a r 12 P r o z . V o l l r e m i s s i o n e n , 37,3 P r o z . T e i l r e m i s s i o n e n . Die iibrigen fund 50 Proz. setzen sich zusammen aus 20,7 Proz. tells in der Anstalt verbliebenen Unver~Lnderten und Versehleehterten, tells infolge von Rfiekf~llen naeh der Entlassung wieder in die AnstMt Aufgenommenen und aus 23,7 Proz. Gestorbenen. Bei dem Rest von 6,3 Proz. bleibt die Bewertung infolge 2qiehtbeantwortung der katamnestischen Fragebogen unentschieden. Was die Ver~Lnderang innerhalb der einze!nen Gruppen der 143 entlassenen und mit Erfolg katamnestisch befragten Kranken angeht, so gibt hier~iber die folgende Tabelle Aufschhlt: Tabelle 7. Katamnestische Vergnderung der klinischen Erfolgsstatistik bei 143 Entlassenen (Frauen in Klammern). I Klinische { I Erfol~sII a statistik IIb IIc
23(1) 12 (2) 1 (1) --
Katamnestische Erfolgsstatistik I[~ I IIb IIc ]IIIu. IVl V 2 5 (1) 20 (4)
4 3 (1) 12
5 12 (3)
-1 2 (1)
1 7 1
6 (3)
6 (i)
15 (2)
4
I
33
(s) I }5 (2
30 (1) 33 (4) 48 (9) 32 (6) 143 (20)
Von den bei Entlassung auf Grund des klinischen Befundes als v o l l r e m i t t i e r t eraehteten 30 Kranken ( G r u p p e I) waren nach Mal~gabe der katamnestisehen Erhebungen 23 im alten Beruf vollwertig. (5 Kaufleute, 4 Arbeiter, 2 Gutsbesitzer, 2 Kellner, je 1 Dreher, Lehrer, Konditormeister, G~rtner, Kassengehilfe, Schneidermeister, Sehlosser, StrM3enbahnschaffner, Kraftwagenftthrer und 1 Ehefrau.) Bei zweien war die Leistungsf~higkeit im alten Beruf herabgesetzt (2 Arbeiter), w~hrend 4 nut in einem untergeordneten Beruf t~tig sein konnten. Ein Bergmann, der friiher schwere ArbMt unter Tage geleistet hatte, war Knappsehaftsinva-
448
:B. PFEIFERund F. v. :ROHDEN
licl'c und verriehtete noeh leiehte Arbeit bei Tagsehicht, ein K~ufmann, ein Schiller und ein Fuhrwerksbesitzer waren als Arbeiter besehgftigt. Einer aus dieser Grappe staxb (Bergmann). Von 33 nach dem klinisehen Befund bei der Entlassung in G r u p p e I I a Eingereihten zeigten nur 5 verminderte Leistungsfghigkeit im alten oder einem gleiehwertigen Beruf (je ein Gatsbesitzer, Lagerhalter, Fabrikarbeiter, Brunnenbauer und eine Ehefrau), wghrend 12 sich Ms voll berufsfghig erwiesen (2 ungelernte Arbeiter, 3 Kauflettte, je tin Zimmerm~nn, BSttehermeister, Ingenieur und je eine Wirtsehafterin und H~usfrau). 3 mul3ten sieh mit einem untergeordneten Beruf begniigen: Ein Eisenbahnsehaffner wurde Kassenbote, eine Stiitze maehte stundenweise Aufwartearbeit, ein Elektroteehniker hande]te Ms Hausierer. 5 Kranke waren zu keiner berufliehen Tgtigkeit mehr fghig (2 Arbeiter, 2 Kaufleute und 1 Bgekermeister), einer kam wegen Versehlimmerung seines Zustandes wieder in die Anstalt zuriiek (Gutsbesitzer) und 7 starben (je Bin Oberpostsehaffner, Sehmied, Bergingenieur, Eisenbahnsehaffner, Daehdeekermeister, Kaafmann und Brauer). Die grSl3te Gruppe auf Grund des klinischen Befundes bei der Entlassung war die der B e r u f s f g h i g e n im u n t e r g e o r d n e t e n Beruf (Gruppe 2b) mit 48 Fgllen. Auf Grund des Zahlenergebnisses der Bewghrungsstatistik wax das Ergebnis jedoch wesens lich giinstiger. Nur 12 Entlassene dieser Gruppe arbeiteten tatsgchlieh im untergeordneten Beraf, und zwax 2 Schmiede, 2 Sehlosser, i Stral3enbahnftihrer, 1 Kesselheizer, 1 Eisenbahnbetriebsassistent und 1 Kraftwagenfiihrer als Gelegenheitsarbeiter, 2 Kaufleute als Kassenbotc and Ggrtnereigehilfe, i Ggrtnereibesitzer als Gartenarbeiter. Ein Gcwerkschaftssekretgr hatte gelegentlichen Verdienst dureh sehriftstellerisehe Tgtigkeit. Eine aus dieser Gruppe warde voll (Masehinenschreiberin) und 20 vermindert leistungsfi~hig im alten oder gleichwertigen Beraf (je 1 Werkhelfer, Tisehler, Geriehtsvollzieher, Sehuhmaehermeister, Koch, landwirtschaftlicher Arbeiter, Kesselsehmied, Schmiedemeister, Schneidermeister, Gutsbesitzer, Maurer, Betonpolierer, Zimmermeister, Buehbinder, StrM3enarbeiter, Aafwgrterin und Ehefrau). Aul~er dem Geriehtsvollzieher, der naeh seiner Pensionierung Kassierer in einem gr513eren Gesehgft wurde, waren sttmtliche im friiheren Beraf ttttig. 12 waren unf~hig z u r Ausiibung eines Berufs (je
Seeks Jahre Malariatherapie der ParMyse usw.
449
1 H~aer, Arbeiter, Schaffner, Former, Ingenieur, Obsth~ndler, Heizer, Kaufraann, TSpfermeister und 3 Hausfrauen), 2 wurden wegen Verschlimmerung wieder der Anstalt zugefiihrt (1 Arbeiter und 1 Hausfra~u) und Mne~ starb (Arbeiter). Auch bei der letzten Gruppe der Entlassenen (G r u p p e IIc), der die als b e r u f s u n f ~ h i g Bewerteten zugeteilt wurden, war die Prognose bezfiglich der Berufsunfithigkeit auf Grund des klinisehen Befundes zu ungttnstig gestellt. Nut 15 von 32 waren tatsgchlich nicht imstande, einen Beruf auszuiiben. (2 Kaufleute, 5 Arbeiter, je i Bankbeamter, Eisenbahningenieur, Gutsbesitzer, Hausverwalter, Steuermann, Aufseher, Gastwirt und eine Ehefrau), denen allerdings noch 4 wegen Rfickfalls wieder Anstaltspflegebedttrftige (je 1 Apotheker, Kaufraann, Waffenraeister und eine Ehefrau) und ein 8 Monate hack der Entlassung Gestorbener (Apothekenbesitzer) zuzureehnen sind. Seehs Entlassene aus dieser Gruppe arbeiteten im frttheren Beru~ rait verminderter Leistungsfi~higkeit (je 1 Kaufraann, Spengler, Arbeiter, eine Hausangestellte und 2 Hausfrauen) und 6 ira untergeordneten Beruf, und zwar 1 Postschaffner als Zeitschriftenaustr~tger, 1 Obertelegraphensekret~tr als Gartenarbeiter, I landwirtschaftlieher Arbeiter als Holzs~ger, i Bankbearater als Schreibgehilfe, 1 Arbeiter als Korbflechtcr in einer Blindenanstalt und eine Friseuse als Hausmi~dehen. Trotz den erhebliehen Differenzen, die sieh in den vcrschiedenen Gruppen zwisehen den Ergebnissen der Zuteilung naeh dera klinisehen Befund bei der Entlassung einerseits und nach der Bewahrungsstatistik andererseits im einzelnen ergeben, zeigt doch ein Vergleieh der Gesamtresultate eine erstaunlich groJ~e Obereinstiramung. Dera Aufsteigen der bei der Entlassung als beru~sf~hig i m alten Beraf rait herabgesetzter Leistungsfs als berufsf~hig im antergeordneten Beruf oder als nieht berufsf~hig, aber entlassungsf~hig eingesch~tzten Kranken in hOherwertige Gruppen steht ein Absinken aus den oberen zu den unteren Gruppen sowie eine Anzahl von Rtickf~llen zur Anstaltspflegebedtirftigkeit (7) und yon Todesfallen (I0) gegenttber. Ira ganzen ist abet dock das Ergebnis der kataranestisehen Bew~hrungsstatistik etwas gtinstiger als das der Einsch~tzung nach dem klinisehen Befund bei der Entlassung. W~hrend die Zahl der ha alten Beruf verminder~ Leistungsf~higen sowie die der Nichtberufsii~higen die gleiehe bleibt, kOnnen wir eine Abnahme der ira untergeordneten Beruf D e u t s c h e Z e i t s c h r i f t f. N e r v e n h e i l k u n d e . Bd. 117. I]8. 119. 29
450
]3. PF~W~R und F. v. ROHDEN
T~tigen von 48 auf 25 und ein Ansteigen der Vollberufsf~thigen von 30 auf 36 feststellen. Andererseits muBten allerdings 7 Riickf~llige wieder d er Anstaltsbe:handlung iiberwiesen w erden. Bei ErSrterung der Bew~hrungsstatistik der entlassenen Kranken wurde die Berufsart jedes einzelnen bereits genannt. Wir wollen nun noch auf die Frage eingehen, ob die A r t d e s B e r u f s prognostisch v o n B e d e u t u n g ist, mit anderen Worten: ob Kranke in gewissen Berufsarten mehr Aussicht haben, wieder voll berufsfi~hig in ihrem alten oder einem gleichwertigen Beruf zu werden als andere. Von vornherein ist anzunehmen, daB die Wahrscheinliohkeit der Erlangung voller Berufsf~higkeit im alten oder einem gleichwertigen Beruf fiir k O r p e r l i c h e A r b e i t e r giinstiger liegt als fiir g e i s t i g e A r b e i t e r. Wir wollen daher die verschiedenen Berufsarten zusammenfassen in zwei Gruppen, n~tmlich in solche vorwiegend kOrperlicher and solche vorwiegend geistiger Art. Von den 143 katamnestisch nachgeprtiften Kranken gehOren zu der ersteren Gruppe 71-= 50 Proz. (Arbeiter und Handwerker). Zu der letzteren 52 = 36 Proz. (Beamte, Angestellte, selbst~ndige Kaufleute und Gutsbesitzer, Akademiker und Ktinstler). Dazu kommen noch 20 Fr auen = 14 Proz. Bei diesen ist eine besondere Einteilung in kSrperlich und geistig arbeitende Frauen nicht erforderlich, da sie fast ausschlieBlich aus Hausfrauen bestehen.
Tabelle 8. Verteilungder Ms mit vorwiegendkSrperlicherund vorwiegend geistiger Tatigkeit sowie der l~'rauen auf die einzelnen Erfolgsgruppen. ~rauen 71 Manner mit 52 M/~nner mit 20 (fast ausvorwiegend kSr- vorwiegend gei- nahmslos perlicherT/~tigkeit stiger T/itigkei~ Hausfrauen) I
II~ IIb IIc ran.IV
V
Voll arbeitsfi~hig im alten Beruf. Vermindert arbeitsf~higim alten od. gleichwertigen Beruf. Berufsf~hig im untergeordneten Beruf. Nicht berufs-, ab. entlassungsfahig. Riickf/i]le in Anstaltsbedfifftigkeit. TodesfKlle.
18= 25,3%153,5%
14=26,9%I 36,5%
4=20%160%
20=28,2%J
5= 9,6%1
8=4o%!
12=17% I
11=21,1%I
2=10% I
13= 18,3%146,5% !4=26'9%]63,5% 5=25%140% 3=4,2%
5=7%
I
t
3=5,9% 5=9,6%
I J
.
1=5% I 0=0% J
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
451
Das erwartete starke ~berwiegen der vorwiegend k~rperlich tatigen Manner in der Gruppe der im alten Beruf Vollarbeitsfahigen hat sich, wie aus der Tabelle 8 ersiehtlieh ist, nicht bes t ~ t i g t . Wir linden sogar hier ein ~berwiegen der geistigen Arbeiter, das allerdings so geringffigig ist, dal~ es als belanglos angesehen werden kann. Dagegen zeigt sich sin deatliches Anwachsen der kSrperlichen Arbeiter und ein wesentliehes Absinken der geistigen Arbeiter in der Gruppe der vermindert Arbeitsfahigen im alten oder gleichwertigen Beruf, also in der besten Gruppe der Teilremissionen, der anzugehSren immerhin einen recht g~instigen Heilerfolg bedeutet. In der Gruppe der Berufsfahigen im untergeordneten Beraf, sowie in der der Niehtberufsfahigen sehen wir dann in ausgesproehener Weise ein ~berwiegen der geistigen und sin Zurfiekbleiben der kSrperlic'hen Arbeiter. In ungefakr gleiehem Grade trifft dies ffir die Rfiekfalle in Anstaltspflegebedfifftigkeit :und ffir die Todesfalle zu. Stellt man die beiden besten Effolgsgruppen der Vollarbeitsfahigen and vermindert Arbeitsfahigen im alten oder gleiehwertigen Be~af allen anderen Gruppen gegenfiber, so ergibt sich in ausgesprochener Weise, dal~ d i e P r ognose der Malariabehandlung ffir die soziale Bewahrung des kSrperlichen Arbeiter gfinstiger ist als ffir die der geistigen Arbeiter. Das Verhalten der Frauen, wobei es sich allerdings fast aasnahmslos um im Haushalt t~tige Frauen handelt, entsprieht dem der M~nner mit vorwiegend kSrperlicher Tatigkeit, wie ja auch die Hausarbeit vorwiegend in kSrperlieher Tatigkeit besteht. Der Unterschied zwisehen den Vollarbeitsfahigen and vermindert Arbeitsfahigen im alten oder gleiehwertigen Beruf einerseits and den fibrigen Gruppen andererseits ist hier noch'st~rker aasgesprochen als bei den M~nnern mit vorwiegend kSrperlicher Tatigkeit. Besonders grol~ ist die Differenz zwisehen den vermindert Arbeitsfahigen im altea Beraf and den Berufsfahigen im untergeordneten Beruf. Das ist ja auch ohne weiteres durch die besonderen Verhaltnisse zu erkl~ren. Bei guter Remission ffihren dis Hausfrauen ihren Haushalt wieder mehr oder weniger gut. Bei sehleehter Remission ffihren sie ihn mangelhaft. Sie verbleiben aber im Haasffauenberuf. Berafst~tige Manner mfil3ten in diesem Fall in einen untergeordneten Beruf absteigen. Ffi_r die Hausfrauen kommt das aber nicht in Betracht. Daher ist bei den Hausfrauen die 29*
~52
B. PFEIFERund F. v. RO~DEN
Gruppe der vermindert Arbeitsfithigen im alten Beruf verh~ltnismi~$ig grog, die der Berafsf~higen im untergeordneten Beruf verh~ltnismal~ig klein. A a f diese Weise kl~rt sieh der erhebliche Widersprueh auf, der sieh hinsiehtlich der Beurteilung der Heilerfolge bei den F r a u e n auf G r u n d der klinischen Betrachtung einerseits und der katamnestisehen andererseits ergeben hat. VII. N e u r o l o g i s e h e
Befunde.
Ein genauer neurologischer Status wurde in allen F~llen bei der Aufnahme. d. h. also kurz vor Einleitung der Malariabehandlung und bei der Entlassung, meist einige Monate naeh dem F i e b e r a b l a u f aufgenommen. Aaff~llige neurologische Ver~nderungen wurden natiirlieh auch in der dazwischen liegenden Zeit vermerkt. Die naehfolgende Tabelle zeigt das Ergebnis eines Vergleiehs des neurologisehen A u f n a h m e - und Entlassungsbefundes bei 116 Kranken. Der Rest der [43 entlassenen Kranken konnte nieht mit herangezogen werden, tells weil wegen Erblindung der Kranken Sehriftproben fehlten, teils weil aus anderen Grt~nden die zu vergleichenden neurologischen Aufnahme.- und Entlassungsbefunde nicht ganz vollst~ndig vorlagen. Die Tabelle bezieht sieh also nur Tabelle 9. Neurologischer Befund, festgestellt bei 116 Paralytikern bei der Aufnahme und bei der Entlassung in mehr oder weniger weitgehender Remission nach Malariabehandlung. St6rungsgebiet Pupillen (Weite und Form) Pupillen (Licht-R.) Fazialis Zunge Sprache Pat.-Refl. Ach,-Refl. Babinski Oppenheim Muskeltonus Extremiti~ten-Koordination Sensibilit~t
Normal
22 11 15 14
Ge-
bessert
22 8 13
Zus.
Unveri~ndert
Versehlecht.
16 12 15 28 33 23 27 11
100 102 100 88 82 93 89 105 107 106 88 95 110 113 87 70
0 2
26
Blase
Mastdarm Gleichgewicht (Romberg) Schrift
0
19
27
46
1
0 1
0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
0
Sechs Jahre MMariatherapie der ParMyse usw.
453
auf solche F~lle. die mit Voll- oder Teilremissionen zur Entlassung kamen. Die Tabelle zeigt, daG der neurologische Befund in der wei~aus iiberwiegenden Zahl der Untersuchungen unver~ndert blieb. Allerdings bedeutet das nicht, daG in allen F~llen. wo eme Ver~nderung des Befundes nicht festzustellen war. ein pathologiseher Zustand fortbestand. Die fehlende Ver~nderung bezieht sich vielmehr sowohl auf normales als auch auf krankhaftes Verhalten. Besserungen des neurologisehen Befundes konnten in zahlreiehen F~llen festgestellt werden, die nieht selten bis zur Norm gingen. Am h~ufigsten war dies der Full bei der Priifang der S e h r i f t , wobei sich in 46 F/~llen eine deutliehe Besserung ergab, die 19real so weitgehend war, daG pathologisehe Erseheinungen iiberhaupt nieht mehr naehgewiesen werden konnten. Hierza sei bemerkt, daft sich die festgestellten Besserungen der Schrift nar auf den eigentlich neurologisehen Anteil der StSrungen. die paralytisehe SehriftstSrung im engeren Sinne. bezieht, n~mlieh aaf Tremorerscheinungen, Ver~nderungen des Sehriftdrueks und man. gelhafte Zeilenfiihrung, die motorisch-koordinatorischr StSrungen darstellen, w~hrend die Auslassungen bzw. Wiederholungen yon S~tzen, Worten oder Wortteilen in das Gebiet der psychisehen Defekte, insbesondere der StSrungen der Aufmerksamkeit. Konzentrationsf~higkeit und Merkf~higkeit gehSren and daher bei Priifung der psychisehen Qualit~ten zu beriieksiehtigen waren. Den SehriftstSrungen am n~ehsten stehen in bezug auf die H~ufigkeit der erzielten Besserungen die S p r a chstSrungen, die in 33 F~llen, und zwar l l m a l bis zur Herstellung des -NormMzustandes gebessert warden. Aueh hier erstreeken sieh die Prfifungen im wesentlichen auf den neurologischen, motoriseh~koordinatorisehen Anteil der SpraehstSrungen, die paralytisehe SpraehstSrung tm engeren Sinn. also namentlieh a a f Silbenstolpern, bebende Intonation. Tremolieren. Verwaschenheit, Absehw~chung anti Monotonie der Stimme.- Auf die Besserung~en der Spraehst~ruagen hat besonders aueh N o n ne hingewiesen, de.r'sie in vielen F~llen so weitgehen'd fand, daG er ,,richtige Heilu1~gen:" annahm. In engem Zusammenhang mit den motoriseh-koordinatori-schen SpraehstOrungen stehen natiirlich die StSrungen der Z u n g e n ~ b e w e g u n g in Form von Abweie~hungen beim Hervorstreeken der Zunge, yon unkoordinierten Zangenbewegungen und vor~ Tremor:
454
B. PFEIFER und F. u. ]~OHDEN
erscheinungcn. Dementsprechend besserten sigh auch diese pathologischen Erscheintmgen fast ebenso h~ufig wie die SprachstSrungen selbst, n~mlieh in 28 F~llen, und zwar l l m a l his zar Norm. Da das motorisc;h-koordinatorisehe Verhalten der Schrift, der Sprache und der Zange nut eine Teilerseheinung der Motilit~t und Koordination des ganzen KSrpers darstellt, war zu erwarten, dal3 das Zuriickgehen der pathologischen Erscheinungen atff diesen Teilgebieten Hand in Hand geht mit einer Besserung der gesamten KSrpermotilit~t and -Koordination. Tats~c'hlich folgen aueh an n~chster Stelle in bezug aaf die H~ufigkeit der Besserungen die KoordinationsstSrungen der Extremit~ten bei 28F~llen, und zwar 26real his zum normalen Verhalten und genau ebenso lh~ufig die StSrungen des K S r p e r g l e i e h g e w i e h t s (Rombergs~hes Ph~iaomen), die 22mal zur Norm zurfickkehrten. Hieraa schliel~t sieh als naehste Gruppe hinsichtlich der H~afigkeit der Besserangen die der S e h n e n r e f l e x e an, von denen als wichtigste die Patellar- and Aehillessehnenreflexe angefiihrt sind. Bei ersteren wurden in 23 F~llen Bessertmgen, und zwar 15mal bis zur Norm, bei letzteren in 28 F~llen, und zwar 14real bis zum Normalverhalten festgestellt. Dabei handelte es sigh h~atiger um die Besserang von gesteigerten als yon herabgesetzten Seknenreflexen. Dementsprechend wurden auch bei den sonstigen Merkmalen des spastischen Zustandes, wie H y p e r t o n i e , Bab i n s k i s c h e m und O p p e n h e i m s e h e m Ph~nomen h~ufiger Besserungen erzielt als bei H y p o t o n i e. P a r e s e n gingen ebenfalls h~ufig zuriiek. Insbesondere wurden bei Fazialisparesen in 15 F~l]en Besserungen, und zwaa, 12mal bis zur Norm festgestellt. Im allgemeinen wird angenommen, dal~ P u p i l l e n s t S r u n g en am wenigsten durch die Malariatherapie beeinflulSbar sind. Gerstmann, Nonne, Kirsehbaam, Dattner und K a n d e r s , F l e c k , K i h n , J a k o b und S e h u l z e haben sigh in diesem Sinne ausgesproehen. Indessen konnten N o n n e and G e r s t m a n n doch nieht selten Besserungen feststellen. Sic fanden, dab tr~ge und unausgiebige Lichtreaktion prompter und ausgiebiger werden kann, daI~ jedoch eine Riickkehr zu vSllig normaler Reaktion nur ausnahmsweise stattfindet. VSllig lichtstarre Pupillen konnten n ach G e r s t m a n n s Erfahrang n ar in vereinzelten F~llen einen gewissen Grad von Reaktion wieder erlangen. R e e s e und
Sechs Jahre MMariatherapie der Paralyse usw.
455
P e t er beobachteten in einem Fall aus N o n n e s Klinik ein Schwinden des A r g y l l - R o b e r t s o n s c h e n Phiinomens. Auch K i h n sah in Ausnahmef~tllen weitgehende Besserungen. Namentlich wurden Anisokorien behoben, und Verzerrungen der Pupillenr~tnder glichen sich aus. Unsere eigenen Unters~chungen hatten ~hnliche Ergebnisse. Ein Ausgleich der Form und Weite der Pupillen konnte h~ufiger festgestellt werden als eine Besserung der Lichtreaktion. In 16 F~llen besserten sich Anisokorien und unregelm~i~ige Formen der Pupillen, darunter in 2 Fi~llen so weitgehend, dal) der Normalzustand erreicht wurde. In 12 F~llen wurde eine mehr oder weniger weitgehende Besserung der Lichtreaktion in bezug auf Ausgiebigkeit und Schnelligkeit beobachtet. Darunter waren auch 3 Kranke mit tr~ger und wenig ausgiebiger Pupillenreaktion, die so weitgehende Besserung zeigten, dab yon einem pathologischen Verhalten der Pupillen nicht mehr die Rede sein konnte. Dagegen konnte eine Rfickkehr yon vSllig lichtstarren Pupil!en zur Norm nicht beobachtet werden. Schliei~lich sei noch erw~hnt, dais bei 2 F~llen auch eine Verschlechterung der Lichtreaktion na~h der Behandlung auffiel. Bei dem einen war die Lichtreaktion 4er Papillen bei der Aufnatune re chts erloschen, links schwach; bei der Entlassung bestand beiderseitige Lichtstarre der Pupillen. Der Zustand war auch bier im fibrigen so wenig gebessert, dai~ der Kranke bei der Entlassung in die Gruppe der Berufsunf~higen eingereiht wurde. Bei dem anderen reagierten bei der Aufnahme beide Pupillen triage und wenig ausgiebig. Bei der Entlassung war der Befund an der linken Pupille unveri~ndert, w~hrend die rechte lich~starr geworden war. Dieser Kranke bekam sp~tter ein Rezidiv und starb. Bei Tubo-Paralytikern wurden auch ziemlich h~ufig S e n s ib i 1i t ~tt s s t 5 r u n g e n namentlich an den unteren Extremit~ten d u r c h die Maluriabehandlung mehr oder weni~er vollstgndig beseitigt. B l a s e n - und M a s t d a r m s t S r u n g e n kamen seltener vor, wurden aber such in einigen Fgllen gtinstig beeinflul~t. Eine V e r s c h l e c h t e r u n g d e s B e f u n d e s nach der. Behandlung wurde aul~er den bereits erwi~hnten 2 Fgllen mit verschlechterter Lichtreaktion der Papillen noch in 3, Fgllen beobachtet, und zwar jeweils einmal bei Fazialisparese, bei SprachstSrung und GleichgewichtsstSrung. Bei dem ersten war die Fazialisinnervation b ei der Aufnahme beiderseits gleich, bei der
45G
B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
Entlassung reehts sehwgeher als links. Bei dem zweiten war die Spraehe vor d er Malariabehandlung nur verwasehen, hinterher verwasehen und stolpernd. Bei dem dritten wurde der anfangs negative Romberg positiv. Alle 3 Kranken waren aueh sonst so wenig gebessert, daG sie bei der Entlassung der Oruppe cter Berufsunfiihigen zugereehnet wurden. Es ergibt sieh hieraus, daG V e r sehleehterungen des neurologisehen ]~efundes, insbesondere der Lichtreaktion der Pupillen als prog n o s t i s e h u n g i i n s t i g in b e z u g a u f d e n w e i t e r e n V e r lauf und die Brufsfghigkeit zu b e u r t e i l e n s i n & Dag~ge~ haben die B esserungen des neurologisehen Befundes bei den zur Entlassung gekommenen Fgllen keine eindeutigen prognostisehen Beziehungen zum Otitegrad d er Erfolgsgruppen erkennen lassen. VIII. I n t e l l i g e n z b e f u n d e v o r u n d ha,oh d e r M a l a r i a behandlung. Zur Kontrolle der Heilwirkung der Malariabehandlung stehen versehiedene MiSgliehkeiten und Methoden zur Verftigung. Bisher wandte man h auptsgehlieh somatiseh-klinis~he Verfahren an: Man beobaehtete den Krankheitsverlauf, den psyehisehen, netLrologisehen und serologisehen Befund vor und naeh der Behandlung. Neuerdings werden aueh Permeabilitgtsuntersuehungen zur Priilung der Heilungsvorggnge an der durehlSeherten Blut-LiquorSehranke herangezogen. Arbeitsversuehe und die Bewghrung im Beruf naeh der Entlassung, die ,,Lebensprobe", bilden den natiirlichen Absehlul~ und das experimentum erueis ftir den Erfolg der Ma!ariatherapie. Es mug auffallen, daG eins der Kardinalsymptome der progressiven Paralyse, die I n t e 11 i g e n z s t 5 r u n g, in den bistterigen VerSffentlichungen nur eine ganz untergeordnete Rollelals Indikafor far den erzielten Heileffekt spielt, wenn sie nieht, wie in den meisten Fiillen, vSllig vernaehliissigt wird. Dies iiberraseht um so mehr, als die Technik der Intelligenzprfifung sich so wei;t ver'voltkommnet hat, daG es durehaus mSglieh ist, mit ihr einwand.freie uncl objektiv brauehbare Ergebnisse zu erzielen. Bisher hat nut: I r e n e Kaufmann eine p s y e h o l o g i s e h e Kontrolle der H d l w i r k n n g d e s Malariafiebers mit exakten Methoden durehgefiihrt. Sie konnte dabei feststellen, daG die Fieberbehandlung die
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
~57
geistigen F ~ h i g k e i t e n der untersuehten K r a n k e n bessert. I m allgemeinen w a r zu konstatieren, daG das MaG der Besserung eine deutliche Abhgngigkeit aufwies yore G e s a m t q u a n t u m der fiberstandenen Fieberstunden. I m Ansehlul~ an f r a h e r e Intelligenzuntersuchungen an Normalen, H i r n v e r l e t z t e n und Geisteskranken hat v. R o h d e n seit Beginn der M a l a r i a t h e r a p i e mSgliehst alle P a r a l y t i k e r vor und nach der K u r systematischen Intelligenzuntersuehungen exakt geeiehten Methoden unterworfen. Hierbei wurde nicht nur die spraehlich-logisehe F o r m der Intelligenz wir nennen sie k u r z ,,theoretische" Intelligenz geprfift, sondern vor allem die , , p r a k t i s c h e " Intelligenz, a b e r deren Wesen und Untersuehung L i p m a n n , Stern, Giese, v. R o h d e n , Bogen, B e y e r und andere berichtet haben. Unter prakUscher Intelligenz hat v. R o h d e n eine Reihe yon psyehisehen Eigensehaften zusammengefaGt, auf die es bet Bew~thrung [m Leben a n k o m m t : Organisationsfghigkeit. Sinn f a r das Zweckm~l~ige, Findigkeit, praktisehe Kombinationsgabe, Geistesgegenwart, Mensehenkenntnis, m i t einem W o r t : A n p a s s u n g s f g h i g k e i t an neue F o r d e r u n g e n des Lebens. an Menschen und Umwelt. Praktisehe Intelligenz wurde definiert als die F g h i g k e i t eines Menschen. sein H a n d e l n bewaGt neuen A u f g a b e n und Situationen des Lebens anzupassen. W a s nun die bei den M a l a r i a p a r a l y t i k e r n benutzte Prafungs~ technik der praktisehen Intelligenz betrifft, so wurden von unseren 28 zur Verffigung stehenden Tests im allgemeinen nur fiinf angewandt, und zwar zur Prfifung der Organisationsfghigkeit der Koffer- und Absuchtest, zur Prfifung der Kombinationsf~thigkeit der Umwegtest, zur P r f i f u n g der p r a k t i s c h e n A u f m e r k s a m k e i t der Zahlen- und Figurensuehtest. Als geraeinschaftliches MaG f a r die B e w e r t u n g der verschiedenen Tests erwies sich die Q u a l i t g t s z i f f e r n in e t h o d e am zweckm~Gigsten. Die aus der Bewertung yon Schul- and Prfifungsleistungen bekannten Qualitg~sziffern erh~lt man in der Weise. daG gewisse H a u p t q u a l i t g t e n der LSsung herausgehoben und m i t den allgemein fibliehen und in ihrer Bedeutung bekannten P r g d i k a t e n I, I I . I I I . I V und V (sehr gut~~gut, genugend, m a n g e l h a f t und ungenfigend) bezeiehnet werden. Unsere Untersuchungsbogen zur P r a f u n g der t h e o r e t i s e h e n Intelligenz entsprechen im groGen und ganzen dem fibliehen Schema. Zun~ehst werden Schulkenntnisse geprfift, und zwar:
458
B. Ih~EIFERund F. v. I~OHDEN
1. Sehreiben des Lebenslaufes in 10 Minuten, 2. Vorlesen einer kleinen Erz~hlung. 3. Reehnen yon 11 mfindlichen und 4 schriftliehen Aufgaben. Es fo]gt dann die Priifung des G e d ~ c h t n i s s e s fi/r Sehulwissen und Erfahrung. Die Untersuehung der M e r k f ~ h i g k e i t gesehieht in der Weise, dal3 in anmittelbarem Ansehlul3 an das Vorlesen der Erz~hlung ihre Wiedergabe erfolgt. Zur l~rfifung der B e g r i f f s b il d u n g werden aul~er den bekannten Untersehiedsfragen Definitionen abstrakter Begriffe verlangt. Zuletzt erfolgt die Untersuehung der U r t e i l s und K o m b i n a t i o n s f a h i g k e i t , wobei die M a s s e l o n s e h e Drei-WSrter-Methode sowie der Worterg~nzungstext nach E b b in g h ~ u s die Hauptrolle spielen. ;Jber die Auswertung der Ergebnisse kurz nur folgendes: Jeder Leistung werden Panktzahlen zugeordnet, die dem Sehwierigkeitsgrad der AUsgabe entspreehen. Die Aufgaben und Testa sind so geeicht, da~ als h5ehste Punktz~hl 1000 erreieht werden kamn. Die Punk~verteilung regelt sieh in der Weise, dMt je 50 Punkte auf Lebenslauf und Lesen entfallen, j~ 200 1Sunkte auf Rechnen, Ged~ehtnis und Begriffsbildung, sowie 300 Punkte auf Urteilsund Kombinationsf~higkeit. Der Leistangsgrad kann jedoeh nicht nur in absoluten Punktzahlen, sondern aueh in Prozentzahlen der HSchstleistung ausgedrfickt werden. Eine 100proz. Leistang liegt vor bei 1000 Pankten, eine 10proz. bei 100 Punkten usw. Will man endlieh die Ergebnisse der theoretisehen und praktischen Inte]ligenzproben vergleichen, so ist lediglieh eine Umrechnung der Punktprozentleistungen in Qualit~tsziffern erforderlich. Dies gesehieht in der Weise, dM3 eine 91--100proz. Leistung mit Zensur I bewertet wird, ,, 7 I - - 90 . . . . . . . . II .... ,, 4 1 - - 70 . . . . . . . . III .... ,, 2 1- - 40 , , . . . . . . IV .... ,, 0 - - 20 . . . . . V Bezfiglieh aller Einzelheiten der Untersuehangsmethodik der pr~ktisehen Intelligenz mal3 auf die VerSffentlichung v. R o h d e n s ,,~ber Wesen und Untersuehung der praktisehen Intelligenz" verwiesen werden. Zum Vergleieh stehen uns 161 ParMytiker zur Verffigung, bei denen die Priifung sowohl der theoretisehen als aueh der praktisehen Intelligenz vor und naeh der M&lariabehandlung durehge-
I IIa IIb IIc IId III IV V
Pfleger Pflegerinnen Hirnverletzte Schizophrene Imbezille Vp. m. h6herer Schulbildung
Unver~ndert Verschlechtert Gestorben
VoUremission Teilremission
Untersuchungsgruppe
50 32 53 53 20 77
86
84
i 39 22
24 22 62 53 74 52 17
38 30 32 33 33 i 21
38 28 24 33 22 18 30 18
30 22 21 25 26 21
GeBenen d~chtgriffsgech- his bildg.
49 46 54 42 18
Lesen
Vor der Behandlung
26 [ 54 25 58 18 ] 28 27 21 18 48
44 43 43 47 25 12 2s
il Durch_ I Leschn.- I bens- Lesen L? leist~. I lauf
57 43 I 45 43 ; 22 14
45 43 41 48 24 16 30
44 39 39 38 26 27 41
Nach der Behandlung
T a b e l l e 10. Theoretische Intelligenz. Die Zahlen bedeuten den Leistungsgrad, ausgedriickt in Prozenten der H6chstleistung = 100.
14 12 24
25
29 27 26
58 44 38 37 38 21 16 34
Durchschn.leistg.
~a
~a
460
B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
ffihrt werden konnte. Wir geben zun~chst einen tgbellarischen ~3berblick fiber das Ergebnis der t h e o r e t i s e h e n Intelligenzp r f i f u n g vor und naeh der Behandhng. Die Zahlen bedeuten den Leistungsgr~d, ausgedrfiekt in Prozenten der HSchstleistung - - 100. Die Prfifungsergebnisse bei Paralytikern werden vergleiehsweise gegenfibergestellt den mit gleichef Methodik gewonnenen Befunden bei den friiher untersuchten Gruppen yon normglen Pflegern and Pflegerinnen, Hirnverletzte~l und Geisteskranken. Zullgehst die E r g e b n i s s e vor der Behgndlung. Wir besehr~inken uns im allgemeinen auf den Vergleieh der Durehsehnittsleistungen und ziehen die Einzelbefunde tier versehiedenen Funktionsprfifungen nur gelegentlieh zum Vergleieh heran. Die Tabelle l~Gt zun~chst zweierlei deutlieh erkennen: Die Durchsehnittsleistungen liegen in allen Gruppen erstens au~exordentlieh fief und zeigen zweitens keine groGen Untersehiede. Von keiner Gruppe und in keinem einzigen Prfifungsfaeh wird die Zahl 40, also die untere Grenze der genfigenden Leistungen erreieht. Relativ am besten hat sieh noeh das Ged~iehtnis ffir Sehulwissen konserviert. Die st~rksten Ausfglle weist die Urteils- und Kombinationsf~ihigkeit auf. Hier liegen fast alle Ergebnisse unter der 20-Proz.-Grenze, sind also ungenfigend. Vergleieht man dieses Resultat mit den Befunden bei Normalen, Hirnverletzten und Sehizophrenen, so ergibt sich. daG der Defekt in allen Intelligenzfunktionen, insbesondere der Urteilsf~ihigkeit am grSlSten ist bei den unbehandelten Paralytikern. Sie stehen auf ungef~ihr gleicher Stufe wie die Imbezillen. Es ist bemerkenswert genug, daG die Urteilsf~thigkeit aller Paralytiker vor der Behandlung aus dem Bereich der ungenfigenden Leistungen nieht heraustritt. Eine Ausnahme hiervon bildet lediglich die Gruppe von 25 Paralytikern, die naeh der Behandlung eine Vollremission zeigen. Sie hat mit einem mittleren Prozentsgtz yon 22 die untere Gruppe der mungelhaften Leistungen eben noeh erreieht. Wie anders das Bild n a e h d e r B e h a n d l u n g ! Alle Gruppen zeigen einen Leistungszuwaehs mit Ausnahme der Gruppe IV, bei der die M~lariakur das Fortsehreiten des paralytisehen Prozesses nieht hat aafhalten kSnnen. Die Durehsehnittsleistung sinkt hier von 27 Proz. vor der Behandlung auf 16 Proz. naeh der Behandlung und erreicht damit den iiberhaulot tiefsten Stand, der
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
461
bei unseren vergleichenden Intelligenzuntersuehungen vorgefunden wurde. Selbst die Imbezillengruppe schneider im Vergleich hiermit noe h etwas besser ab. Sieht man yon diesem Ausnahmefall ab, so ist die B e s s e r u n g der intellektuellen Leistungsf~higkeit in allen Gruppen nieht unerheblieh, relativ am deutlichsten in Gruppe I I a . Hier sind nicht nur die Durchsehnittsleistungen, sondern auch die Ergebnisse in allen Einzelfunktionen durchweg um 100 P r o z . gestiegen. Was im einzelnen die Urteilsf~higkeit betrifft, so hat sich zwar aueh hier das Niveau im Ansehlul3 an die MMariabehandlung deutlieh gehoben in Gruppe I yon 22 Proz. auf 41 Proz., in Gruppe I I a von 14 Proz. auf 29 Proz. abet nut bei den geheilten Paralytikern der Gruppe I i s t der Leistungszuwaehs so erheblieh, dal3 yon einer normalen Urteilsf~higkeit geredet werden kann, die etwa den Leistungen unserer normalen und hirnverletzten Vergleiehsgruppen entsprieht. Die Urteilsf~thigkeit tier 4 defektgeheilten Paralytikergrupl0en verbleibt mit 25 29 Proz. aueh nach der Behandlung im Bereieh des Mangelhaften und erreicht noch nicht einmal die Stufe der Sehizophrenen mit 37 Proz. Es sei allerdings vermerkt, dab ausgesproehen demente Formen in unserer Schizophrenengruppe nieht enthalten sind. Ferner verdient Beachtung, dab zwar die g e h e i l t e n Paralytiker den drei normalenVergleiehsgruppen in allen anderen Funktionspriifungen zum Tell erheblieh ttberlegen sind, n u t n i c h t in d e r U r t e i l s f ~ t h i g k e i t , dab aber andererseits die Sehizophrenen nieht nur im Ged~chtnis, sondern aueh in den aasgesproehenen Intelligenzfunktionen besser abschneiden selbst als die beste Gruppe der d e f e k t g e h e i 1t e n Paxalytiker. D~ der weitaus grSl3te Teil unserer Paralytiker aus dem gleiclaen sozialen Milieu and den gleiehen Sehulen hervorgegangen ist wie unsere Vergleichsgruppen, erseheint diese Gegeniiberstellung nicht ohne symptomatisehe Bedeatung. Nieht erlaubt dagegen w~re eine Vergleieh der Paralytikergruppen mit den Versuehspersonen mit hSherer Schulbildung (grSlttenteils Akademiker), deren Durehsehnittsleistung in der theoretisehen Intelligenz his auf 78 Proz. der Maxs ansteigt, v. R o h d e n hat sehon frtther darauf hingewiesen, dab in dieser Abh~tngigkeit des Prt~fungsausfalls yon Bildungsgrad und Kenntnissen sieh die Fragwfirdigkeit der theoretisehen Intelligenzuntersuchungen reeht eindrtieklieh dokumentiere. Man wird aus der erhebliehen Differenz
462
H. I~EIF~R und
F.
v. ROHDEN
zwischen der hohen Leistungsziffer der A k a d e m i k e r einerseits (78 Proz.) and der relativ niedrige~ bei normalen Versachspersonen and gehei]ten P a r a l y t i k e r n andererseit's ( 4 5 - - 5 9 Proz.) schliei~en diirfen, da~ die bisher iiblichen Priifungsme~hQden der theoretischen Intelligenz trotz unverkennbarer Vervollkommnungen doch noeh i m m e r viel zu vim K e n n t n i s s e prtifen und viel zu werriK das, w o r a u f es allein hier ankommt, ni~mlich i n t e l l e k t u e l l e Beanlagang. W i r kommen n u n m e h r zur Besprechung der Priifungsergebnisse der p r a k t i s c h e n Intelligenz. Tabelle 11. Praktische InteUigenz. Die Zahlen bedeuten die prozentuale HAufigkeit der Qualiti~tsziffern: i (sehr gut), I I (gut), I l I (geniigend), IV (mangelhaft), V (ungeniigend). Untersuchungsgruppen
I IIa IIb IIc IId [II IV V
Vollremission Teilremission ,, ,,
Zahl der
25 24 37 27 7 Unver~ndert 23 Verschlecht, 4 Gestorben 14 Pfleger Pflegerinnei Hirnverletzte
Vor der Behandlung III ]IV --
8
--
3
46 38 41 39 66 52 66 31
42 38 44 52 34 43 34 46
l~ach der Behandlung
I V
4 24 12 9 5 23
I
4 4 ---
I lI I III 54 42 18 9
17 5
- --
7
23
42 50 71 82 83 62 34 31
4 11 9
33 66 31
7
W i r benatzen hierbei Tabelle 11, die von Tabelle 10 insofern abweicht, als hier der L e i s t u n g s g r a d nicht in P u n k t p r o z e n t w e r t e n , sondern in Qualit~tsziffern ausgedrtickt ist. Aui~erdem ist zu beachten, dal3 in der neaen Tabelle die verschiedenen geprfiften Teilfunktionen der tntelligenz nicht gesondert gewertet werden; viMm e h r wurde aus der Summe tier Teilergebnisse eine Gesamtnote (Qualiti~tsziffer) errechnet. M a n stellt nun fest, wie h~afig, in Prozenten ausgedrfickt, die einzelnen Qualit~tsziffern bei den verschiedenen P a r a l y s e g r u p p e n vorkommen. Der therapeutische E f f e k t der M a l a r i a b e h a n d l u n g ist bei der praktischen Intelligenz zahlenm~13ig womOglich noeh deutlioher erweisbar als bei den theoretischen Intelligenzpriifungen. V o r der B e h a n d l a n g kommen s e h r g a t e Leistungen iiberhaupt nicht vor, n a c h der Behandlung doch immerhin in mehreren FMlen. A b e r
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw. aueh g a t e Qaalit•tsziffern
463
sind vor der Behandlung nur in verschwindender Zahl za beobachten, nach der Behandlung mdagegen in allen Gruppen, his auf die kleine Gruppe der verschlechterten F~lle. Bei den geheilten Paxalytikern stehen vor der Behandlung nur 8 Proz. gute Leistungen 46 Proz. mangelhaften and ungentigenden Qualit~tsziffern gegeniiber. Nach der Behandlung dagegen hubert wir 58 Proz. s e h r gute und gute Leistungen, wi~hrend die minderwertigen Ergebnisse vSllig verschwunden sind. Aber aach in der ersten Gruppe der defektgeheilten Paralytiker bleiben von vorher 62 Proz. mangelhaften und angentigenden Werten nur 4 Proz. nach der Behandlung ttbrig. In ~hnlicher Weise vollzieht sich auch bei den fibrigen deiektgeheilten Paxalytikern die Verschiebung der Qaalit~tsziffern vom P o l d e r minderwertigen Leistungen zum Gegenpol der hochwertigen Leistungen. Diese Linksverschiebung der Werte ist bei den Geheilten and der ersten Gruppe der Deiektgeheilten so erheblich, dab die Vergleichsgruppen der Normalen and Hirnverletzten weit fiberholt werden. Geradezu erstaanlich wirkt schlielMich die Feststellung, dal~ sogar die drei minderwertigeren defektgeheilten Grappea (IIb, I I c und I I d ) in ihren praktischen Intelligenzleistungen besser abschneiden als die "normalen Vergleichsgrappen. W~thrend n~mlich bei letzteren noch immerhin 17--25 Proz. mangelhafte und ungentigende Qualit~tsziffern vorkommen, haben die drei Paralytikergruppen fiberhaupt keine ungeniigende Leistungen aufzuweisen und an mangelhaften Gruppen z~hlen wir in Gruppe I I b 11 Proz., in Gruppe I I c 9 Proz., in Gruppe I I d fehlen selbst diese. Es bleibt jetzt noch der V e r g l e i c h d e r E r g e b n i s s e anserer theoretischen und praktischen Intelligenzprttf u n g e n iibrig. Tabelle 12 gibt eine entsprechende ~bersicht, die dadurch ermSglicht wird, dal3 man die prozentaalen Punktzahlen, in denen die Resultate der theoretischen Intelligenz ausgedriickt waren, ebenfalls in Qualiti~tsziffern umrechnet. Ein Blick auf die theoretischen Intelligenzleistungen Vor und nach der Behandlung zeigt zungchst, dal3 sich mit der Methodik der Qualitiitsziffern noch ein~iriicklicher als mit der Punktziffernmethode die Bess erung demonstrieren l~I~t. Auch hier beobachtet man die schon bei der praktischen Intelligenz beschriebene Linksver-
23
4
14
20
20
40
Verschlechtert
Gestorben
Pfleger
l)flegerinnen
Hirnverletzte
IV
V
I
1
20162
5 I 55
55
14
25
4
12
--
--
10
7
43
48
22 22
42
31
5sl 29
66
25]
18 ~ - -
40
25
28
50
1 2 3
21 22
13
5
16
46
34
43
52
4s
-
34
14
7
IId
33 66
14
57
41
38
4
42
9
3
38
V
IV
52
37
26
Unver/~ndert
--
46
III
39
51i
46[
8
II
2
30
27
III
I
16 i - -
V
Praktische Intelligenz
44
33
44
IV
IIc
21
III
19
Ii
37
24
Teilremission
IIa
I
Theoretische Intelligenz
IIb
25
Vollremission
I
Untersuchungsgruppen
Zahl der Vp.
Vor der Behandlung
4
4
I
~4
;0
:3
:3
;5
8
14
I
IV
~
III
7
5
8
40
II
15
50
48
11
5
V
Theoretische Intelligenz
--
--
--
--
7
4
4
I
23
5
17
9 ]
18
42
54
II
f
31
34
62
83
82
71
50
42
III
4
3
6
3:
9
11
--
IV
7
--
--
--
--
--
V
Praktische Intelligenz
Nach der Behandlung
T a b e l l e 12. Vergleichende ~bersicht fiber die Ergebnisse theoret, und prakt. Intelligenzprfifungen. (Die Zahlen bedeuten die prozentuale H/iufigkeit der Qualit~tsziffern: I [sehr gut], I] [gut], I I I [genfigend], IV [mangelhaft], V [ungeniigend].)
O
'~" ~-
Sechs Jahre MMariatherapie der Paralyse usw.
465
sehiebung der Qualit~tsziffern in Riehtung auf die hoehwertigen Leistungen. Beispielsweise sind in der Gruppe der Vollremissionen die 60 Proz. minderwertigen Ergebnisse vollsti~ndig verschwunden. Daiiir treten die gaten Qualit~tsziffern in zehnfacher Anzahl auf (40 Proz. start 4 Proz.). Eine Versuchsperson - - ein schon seit Jahren wieder im Amt befindlieher Mittelsehullehrer - - bringt es als einziger sogar aaf eine sehr gate Qualit~tsziffer. Die Gruppe der geheilten Paralytiker ist iibrigens die einzige, die nach der Behandlung auch in den'theoretischen Intelligenzpriifangen keine mangelhaften Leistangen mehr aufweist, bei den Defektgeheilten sind diese doeh noeh reeht h~ufig vertreten. Es fehlen in den Gruppen I I b and I I c sogar die ungeniigende Qualiti~tsziffern noeh nieht vollst~ndig (5--11 Proz.). Von diesem Hintergrand heben sich um so deutlicher die geheilten Paralytiker ab, die •brigens aueh insofern eine Sonderstellung einnehmen, als sie welt besser abschneiden als die Vergleiehsgruppen der Pfleger, Pflegerinnen and Hirnverletzten. Im ganzen betraehtet, stimmen die Resultate in beiden Versaehsreihen reeht gut iiberein. Unverkennbar ist als E f f e k t d e r Malariabehandlung die Besserung der Qualiti~tsziff e r n . Die 0bereinstimmung der Resaltate ist bei den geheilten Paralytikern in theoretiseher and praktischer Intelligenz geradezu auffMlend. Unerheblich ist demgegeniiber die Feststellang, dM~ der Zahlenwert der praktischen Intelligenzleistung in allen Gruppen hSher liegt als der der theoretischen Intelligenz, und zwar sowohl ffir die Untersuehungen vor als aueh naeh der Malariabehandlang. Die Differenzen erkl~ren sich aus der grS~eren Lebensn~he und geringeren Schwierigkeit der Priifangsmethoden der praktischen Intelligenz. IX. P r o g n o s t i s c h e Kriterien. 1. D e r K S r p e r b a u d e r M a l a r i a p a r a l y t i k e r . In dem Bestrel~en, brauchbare prognostische Kriterien fiir die Malariatherapie zu linden, wurde zuerst der Versueh unternommen, die kSrperbauliche Konstitution der Malariaparalytiker zum Heilerfolg in Beziehung za setzen. Von unseren 300 Paralytikern konnten 222 kSrperbaulich bestimmt werden. Wir geben in Tabelle 13 zun~chst eine ~bersicht fiber die prozentuMe H~ufigkeit der vorgefundenen K6rperbauD e u t s c h e Zei{sehrift f. N e r v e n h e i l k u n d e . Bd. 117, 118, 119.
30
466
H . PFEWER und F. u. ROHDEN
t y p e n . Z u m V e r g l e i e h w i r d eine z w e i t e i m J a h r e suehte Paralytikerserie herangezogen.
1926
unter-
T a b e l l e 13. ProzentuMe Verteilung der KSrperbautypen bei ParMytikern. 1930 222 F~He Leptosom . . . . . . . . . . . . Athletisch . . . . . . . . . . . . Pyknisch . . . . . . . . . . . . Dysplastisch . . . . . . . . . . Mischformen . . . . . . . . . . Atypisch . . . . . . . . . . . . .
22,0 13,0 15,3 2,8 30,0 16,0
Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz.
1926 86 F~Ue 26,8 Proz. 17,4 Proz. 18,6 Proz. 30,2 Proz. 7,0 Proz.
A u s d i e s e n Z a h l e n e r g i b t sieh als k S r p e r b a u l i e h e V e r t e i l u n g s f o r m e l ( n a c h v. R o h d e n) : f i i r die 1 9 3 0 - S e r i e - - l : a : p 1) = 4 4 : 2 6 : 3 0 .... 1926,, - - l : a : p =43:27:30 D i e l ' ~ b e r e i n s t i m m u n g i s t also eine v o l l k o m m e n e . D i e P r o p o r t i o n e n b e s a g e n n u n f o l g e n d e s : U n t e r 100 P a r a l y t i k e r n f a n d e n sieh s o w o h l 1926 a l s a u e h 1930 43--44 L e p t o s o m e , 2 6 - - 2 7 A t h l e t i k e r u n d 30 P y k n i k e r . W e n n m a n h i e r z u in V e r g l e i e h s e t z t die Vert e i l u n g s f o r m e l fiir die n o r m a l e D u r e h s e h n i t t s b e v S l k e r u n g M i t t e l deutsehlands : l:a:p = 50:30:20, so e r g i b t sich fiir d i e P a r a l y t i k e r eine d e u t 1 i e h e N e i g u n g z u r Bevorzugung der pyknisehen KSrperbauform. Die Tendenz zur Pyknik tritt noch deutlieher hervor, wenn m a n f i i r j e d e u n s e r e r f i i n f G r u p p e n g e s o n d e r t die K 6 : r p e r b a u f o r reel b e r e e h n e t . M a n e r h M t d a n n f o l g e n d e s B i l d : Gruppe I--1:a:p=46:15:39 ,, IIl:a:p = 35:32:33 ,, III ~ l:a:p = 58:16:26 ,, IV -- l:a:p = 57:29:14 ,, V--l:a:p-50:25:25 S e h e n w i r von den T o d e s f g l l e n ab, so z e i g t d a s p y k n i s e h e E l e m e n t eine f a l l e n d e T e n d e n z von G r a p p e I b i s G r u p p e IV. M i t anderen Worten: Die Hgufigkeit der pyknisehen Formen ist am grSl~ten in der Gruppe mit den besten Erfolgen; sic i s t a m g e r i n g s t e n in d e r G r u p p e m i t den schleehtes t e n E r f o l g e n . DaB in G r u p p e I f a s t d r e i m a l m e h r P y k n i k e r v o r 1) 1= leptosom, a - - athletisch, p = pyknisch.
467
Sechs Jahre tgalariatherapie der Paralyse usw.
kommen als in G r u p p e IV, ist immerhin ein bemerkenswerter Befund, auf dessen E r k l ~ r u n g wir im nachsten Abschnitt noch zurt~ckkommen werden. M a n wird den K S r p e r b a u b e f u n d prognostisch in dem Sinne bewerten diirfen, dal~ m a n sagt: P a r a l y t i k e r mit pyknisehem KSrperbau bieten im allgemeinen bei der Malariatherapie b essere H.eilungsaussiehten als Paralytikermitnieht-pyknisehen Formen. 2. K l i n i s e h e For men vor der Behandlung. Zwischen kSrperbauliehem und klinisehem S y m p t o m e n k o m p l e x bestehen nicht n u r bei Sehizophrenen, Maniseh-Depressiven und Epileptikern H~tdigkeitsbeziehungen, sondern aueh, wie G r i i n d l e r zuerst naehgewiesen hat, bei P a r a l y t i k e r n . E r konnte im J a h r e 1926 an einer Serie von 80 mi~nnliehen ~nd weibliehen P a r a l y t i k e r n unserer A n s t a l t zeigen, da~ die P y k n i k e r unter ihnen vorwiegend manisch-depressive S y n d r o m e aufweisen, Leptosome und Athletiker dagegen vo:rwiegend sehizophrenie-iihnliehe und demente Bilder. Die N a e h p r t i f u n g dieses Befundes - - sie f~llt durehaus positiv aus - - interessiert uns bier weniger als die F r a g e , ob ebenso wie die K S r p e r b a u t y p e n aueh die klinischen F o r m e n uns prognostisehe Schlfisse gestatten. N a c h allen bisherigen E r f a h r u n g e n sind die klinisehen F o r men der P a r a l y s e fiir die Heilungsaussichten keineswegs bedeutungslos. E s g i b t S y n d r o m e mit giinstiger und solehe mit ungfinstiger Prognose. Dieser E r f a h r u n g s s a t z findet in unserem M a t e r i a l seine vol]e Bestiitigung. Tabelle 14. Korrelation zwischen Zustandsbild und Remission. r(Die Zahlen bedeuten die prozentuale Hiiufigkeit der verschiedenen klinischen Formen in den statistischen Behandlungsgruppen I V . ) Klinische Formen 1. Neurasthen.-hypochondr. 2. Manisch-depressiv 3. Expansiv-agitiert 4. Euphoriseh-dement 5. Stumpf-dement 6. tIalluzinatorisch-paranoid. 7. Delirant 8. StuporSs-kataton 9. Galoppierend 10. Juvenil Zahl der F~lle
I I a I I b IIc I I d I I I 17,7. 2,6 1,8 23,3 18,5. 12,0 11,1 4,5] 40,0 i 34,2 2 2 , 5 t - 18,21 8,0 10,0 r 26,3 32,7 / 30,6 18,2 -10'5 17,2/52,8 40,9 57,9 3,3 2,6 10,3 5,5 13,7 15,8 3,3 8,0 3,5 2,6 3,3 5,2 30
2,6 38 F58 [36
IV
V
Zahl d F~lle
7 8,2 31 ]1,8 14,8 56 5,8 11,5 59 64,7154,1 104 -1,6 20 -6,6 11 5,9 1,6 5 11,8 1,6 3 4,5 5,2 4 22 138 ]17 161 [300 30*
468
B. 1)FEIFER und F. v. ROHDEN
Die Zahlen bedeuten die prozentaale Hgufigkeit der verschiedenen klinischen Formen in den statistisehen Behandlungsgruppen (I--V). Tabelle 14 zeigt mit hinreiehender Deatliehkeit, bei welchen klinisehen Zastandsbildern mit einer vorwiegend guten oder schlechten lUrognose der Infektionsbehandlung gerechnet werden kann. Die Einteiltlng der Krankheitsformen in der Tabelle 14 lehnt sieh an eine ~3bersieht yon K i h n an. Neu hinzugekommen sind die neurasthenisch-hypoehondris~hen InitiMformen der Paralyse. In der Gruppe der maniseh-depressiven Zustandsbilder sind aach die reinen manischen, depressiven und gngstlich-erregten Formen untergebracht, in der Gruppe der Expansiv-Agitierten aueh die Expansiven ohne Agitation. Um den {2berbliek za erleichtern, haben wir in der Tabelle 14 durch entsprechende Umrahmtmg die Prozentsgtze derjenigen klinischen Formen kenntlieh gemacht, die den einzelnen Remissionsgrtlppen das charakteristische Gepritge geben. Hiernaeh setzt sieh die Gruppe der Vollremissionen vor der Behandlung zu 80 Proz. aus neurasthenisch-hypochondrischen, maniseh-depressiven und expansiv-agitierten PaxMytikern zusammen. Die vorgesehrittenen Stadien der stumpf-dementen Kranken fehlen hier vollstitndig. Dagegen linden sich drei l~glle (10 Proz.), die ~eben ihrer Etlphorie eine beginnende Demenz aufweisen. In der Gruppe der besten Teilremissionen (IIa) hat der Prozentsatz an Euphorisch-dementen bereitswesentlichzugenommen (26,3Proz.), aber auch hier erscheinen noeh nicht die stumpf-dementen Paralytiker. Diese treten erst in der zweiten Gruppe der Defektheilungen mit 17,2 Proz. auf. In den folgenden Gruppen steigert sieh dieser Prozentsatz Mlmghlich bis za einem Maximum yon 64,7 Proz. bei der Gruppe der versehleehterten Fglle (IV). Die bisher genannten fiinf klinisehen Gruppen umfassen 257 FMle, also den weitaus grSl3ten Teil unserer 300 Paralytiker. Der Rest von 43 Kranken verteilt sieh auf die halluzinatoriseh-paranoiden (20), deliranten (11), stupurSs-katatonen (5), galoppierenden (3) and javenilen (4) Formen. Angesiehts dieser allzu niedrigen Einzelziffer wird man diese Fglle am besten aal3er Betraeht lassen, um so mehr, als - - abgesehen von den galoppierenden Formen - - irgendwelche eindeutigen Beziehungen zur Qualitgt der Remissionen bier nieht nachzuweisen waren. Wir beschrgnken uns
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
469
darauf, die wichtigsten Ergebnisse der Tabelle in folgende Leits~tze zusammenzufassen: 1. Die b e s t e n R e m i s s i o n s a u s s i e h t e n bieten die neurastheniseh-hypoehondrischen Initialfi~lle. 2. Eine g u t e R e m i s s i o n zeigen die Kranken, die in einer manisehen oder depressiven Phase zur Behandlang kommen, und zwar - - wie im Hinbliek aaf die Ergebnisse des vorigen Abschnitts fiber die KSrperbauformen erg~nzend hinzugeffigt werden kann - - besonders dann, wenn sie einen pyknischen KSrperbau aufweisen. 3. Eine M i t t e 1s t e 11 u n g nehmen die expansiven, expansivagitierten and euphoriseh-dementen Formen ein. Auch bier steigen die Remissionsaussiehten mit dem Gehalt an pyknisehen Konstit ationselementen. 4. Eine s c h l e c h t e P r o g n o s e mug bei den stumpfdementen F~llen gestellt werden, besonders dann, wenn sie mit niehtpyknischen Formen verknfipft sin& Die hier aufgezeigten kausalen Beziehungen zwisehen klinisehen Formen und Remissionsaussiehten liegen begrfindet einerseits im Konstitutionellen, andererseits im Pathologiseh-Anatomisehen. Bei den manisch-depressiven and expansiv-agitierten Paralytikern hat die Psychose dank der vorwiegenden pykniseh-zyklothymen Veranlagung ihrer Trigger in der Regel einen akuten Beginn mit stfirmischen Symptomen. Sofortige Anstaltsaufnahme mit rechtzeitiger Behandlung ist die Folge. In diesen F~llen ist also eine weitgehende Wiederherstellung gew~hrleistet, well die entzfind]iehen Prozesse im Gehirnparenehym fiberwiegen und die Degenerationen noch nicht oder erst in ihren ausgleiehsf~higen Anf/~ngen vorliegen. Bei den stumpf-dementen Formen dagegen, die kSrperbaulich vorwiegend in leptosom-athletischen Typen und klinisch in schizophrelfie-~hnliehen Zustandsbildern auftreten, ist der Beginn der Geisteskrankheit ein sehleiehender und ihr Verlaaf, i~ul3erlich wenigstens, mime und symptomarm. So erkl~rt sich, dal~ diese Paralytiker meist viel zu sp~t als solehe erkannt und daher nicht mehr reehtzeitig einer rationellen Behandlung zugeffihrt werden kSnnen. Des degenerative Moment fiberwiegt hier das entziindliche, und each mit der Malariabehandlung ist dann nieht mehr viel zu retten. 3. D a u e r d e r p a r a l y t i s c h e n Erkrankung. Wie ffir
470
B. PFE~F~n und F. v. ROHDEN
jede chronisch-progrediente K r a n k h e i t gilt auch ffir die t)arMyse der E r f a h r u n g s s a t z : J e f r f i h e r die Behandlung, u m so besser die Prognose. Ehe wir a uf die Ausnuhmen von dieser Regel eingehen, wollen wir unsere Zahlen sprechen lassen, die ganz deutlich die Anwendb&rkeit des obigen Satzes aueh ffir die Infektionstherapie der P a r a l y s e beweisen. Tabelle 15. Korrelation zwischen ParMysealter und Remission. I
Bis 2 Mon. ,, 6 ,, ,, 1 Jahr ,, 2 Jahre .,, 3 ,, ~)ber 3 ,, Zahl der Falle
76,7 21,0 3,3 ---
-30
II a
II b
II c
II d
13,1 5,2 60,7 3 4 , 5 11,1 4,5 15,8 39,5 I 41,5 13,6 5,2 l c , O 22,2 I 36,4 --5 , 5 I 13,6 5,2 1,8 1 9 , 4 3 1 , 9 38 58 I 36 22 I
III
-2,6 26,3 39,5 21,1 10,5 38
IV
-5,8 29,4 35,4 5,8 23,6 17
V
1,6 11,5 29,5 32,8 13,1 11,5 61
Zahl der Falle 32 63 81 70 22 32 300
I n Tabelle 15 sind unsere 300 Kranken geordnet einerseits nach Remissionsgruppen, ande~erseits nach der D~uer der E r k r a n kung vom ersten A u f t r e t e n der Psychose bis zum Beginn der Malariabehandlung. Die so gewonnenen Prozentzahlen lehren folgendes : 1. B e i g a t e n R e m i s s i o n e n fehlen dieFi~llemitlang e r P a r a 1y s e d a u e r , bei den schleeht und nieht remittierten Gruppen die F/~lle mit kurzer Paralysedauer. 2 . 5 0 Proz. aller P a r a l y t i k e r kommen erst naeh 1/2--2j~hriger Dauer der manifesten Psychose zur Malariabehandlung. Bei 95 von diesen P a r a l y t i k e r n liegt die Krankheitsdauer unter 1/2 J a h r , bei 54 fiber 2 J a h r e n . 3. F f i r j e d e R e m i s s i o n s g r u p p e ist eine bestimmte durehsehnittliche Erkrankungsdauer typisch. Die Prozentzahlen, welche die H~tufigkeit dieser typisehen E r k r a n k u n g s d a a e r bei den einzelnen Gruppen angeben, sind ~ebenso wie in Tabelle 16 durch U m r a h m u n g hervorgehoben. Hiernach ist also beispielsweise ffir die Gruppe der geheilten Fiille Bin P a r a l y s e a l t e r ~on weniger Ms 2 Monaten charakteristisch. Es war bei 23 von 30 F~llen (76,7 Proz.) festzustellen. Bei 10 von diesen 23 P a r a l y t i k e r n konnte sogar noch vor Ablauf der ersten vier Woehen nach Ausbruch
471
Sechs J a h r e Malariatherapie der Paralyse usw.
der Psychose die Malariaimpfung erfolgen. In weiteren 4 Fgllen betrug die Krankheitsdauer 2 3 Monate, in 2 Fgllen etwa 1/2 J a h r and nur bei einem Paralytiker ein Jahr. Bei keinem einzigen hatte die Krankheit lgnger als ein J a h r bestanden. Sehr sehSn l~tf~t sich aus der Tabelle 15 aueh ftir die fibrigen Grappen die Abhgngigkeit der Erfolgsaussiehten yon der Dauer der paralytisehen Erkrankung ablesen. So linden sieh unter den relativ guten Remissionen der Gruppen I I a and I I b immerhin noeh eine Reihe von Fgllen mit einer Krankheitsdauer von weniger als 2 Monaten und ganz versehwindend selten Kranke, die fiber 2 Jahre ihre P aralyse batten, bevor die Malariatherapie einsetzte. Gruppe I I e nimmt eine Mittelstellang ein. Wir z~hlen bier fast ebenso viel Kranke ]nit einem Paralysealter unter einem J a h r wie fiber einem Jahr. Durehsehnittlieh am lgngsten war das Intervall zwisehen Paralyseausbruch und Malariaimpfung bei jenen 4 Gruppen ( I I d , I I I , IV und V), die das Ziel der Entlassung nickt ln'ehr erreiehten. Die typisehe Krankheitsdauer betrggt bei diesen 4 Gruppen iibereinstimmend rund 2 Jahre. Noeh deutlieher und instruktiver l i ~ t sieh die A b h g n g i g keit der Remissionstiefe yon der Krankheitsdaaer erweisen, wenn man die d u r e h s e h n i t t 1i e h e Krankheitsdaaer ftir jede e~nzelne Gruppe bereehnet und kurvenmgBig darstellt. Im Koordinaten- 27 Mort! ~a "rib ]Ic ~d ~'( ~ lj~ I system der Tabelle 16 sind auf den Senk- 21 ~,, Mon I,,,,,. / "4f reehten die 8 Gruppen (I--V) aufgetragen. 18 Non, 15 Plon. / Die Wagerechten entspreehen dem Zeit- 12 Mon. 9 Monl // intervall zwisehen Krankheitsausbruch und 6 Mon, . MMariaimpfung. Wir sehen eine steil a n - 3 Mon. / DJicl~rl' . steigende Kurve, die ihren Ausgangspunkt in MonOten nimmt von einer durchschnittliehen Krank- T a b e l l e 16. Korre]ation heitsdauer yon 2,4 Monaten bei der Gruppe zwisch, durchschnittlicher Krankheitsdauer u n d Rede r Vollremissionen.~ Bei den guten Teilmissionstiefe. remissionen liegt das durehsehnittliehe Paralysealter fiber 6 und unter 12 Monaten. Gruppe I I c nimmt mit 11/2 Jahren Krankheitsdauer wieder eine Mittelstellung ein. Auf dem Gipfel der Kurve liegt die durehsehnittliehe Krankhdtsdauer der Gruppe I I d mit fiber 2 Jahren. /
-
472
B. PFEIFERund F. v. ROHDEN
Als Richtlinien ffir Indikation and Prognose lassen sich aus dieser Karve folgende L e i t s ~ t z e ableiten : 1. S o l l d i e M a l a r i a b e h a n d l u n g eine volle Heilwirk u n g e r z i e l e n , so mul~ s i e e i n s e t z e n v o r A b l a u f des ersten Vierteljahrs nach A usbruch der Par a l y s e ( G r u p l o e I). 2. D i e H e i l u n g s a u s s i c h t e n s i n d n o c h r e l a t i v gfinstig, wenn die Krankheitsdauer nicht fiber ein J a h r b e t r ~ g t ( G r u p p e I I ~ u n d IIb). 3. B e i e i n e r m e h r a l s e i n j ~ t h r i g e n K r ~ n k h e i t s d a u e r i s t im a l l g e m e i n e n hSchstens mit einer minderwertigen Defektheilung zu rechnen ( G r u p p e I I c) . 4. B e s t e h e n deutliche Zeichen der Paralyse ber e i t s l g n g e r a l s z w e i J a h r e , so k o m m t d i e M a lariabehandlung i n d e r R e g e l Zu s p ~ t , Sie wird bestenfalls Dauerinsassen ffir die Anstalten erzielen (Gruppe I I d und I I I ) , viel h~ufiger jedoch nach kfinstlich verl~ingertem Siechtum (Gruppe IV) zu Tode ffihren (Gruppe V). Angesichts des letzteren Befundes ist wieder die schon mehrfach berfihrte Frage darchaus berechtigt, ob es denn fiberhaupt Sinn und Zweck hat, derartige veraltete Paralysen mit ihren hochgradigen Demenzerscheinungen noch einer Malariakur zu unter: ziehen. Wir werden in anderem Zusammenhange aaf die Beantwortung dieser Frage noch einmal zurfickkommen (vgl. S. 488). Wenn wir die obigen vier prognostischen Leitsgtze aufgestellt haben, so sind wir uns durchaus bewul~t, dal~ es sich hier nicht um Gesefze, sondern lediglich uia H~tufigkeitsbeziehungen handelt, die keineswegs A u s n a h m e n yon der Regel ausschliel~en. Diese Ausnahmen sind darauf z urfickzufiihren, da$ das K r a n k h e i t s t e m p o der Paralyse ein verschiedenes sein kann ( P S n i t z ) . Die Tatsache, dal~ wir oben eine weitgehende Korrelation zwischen Krankheitsdauer und Remissionstiefe aufzeigen konnten, spricht zwar daffir, dal~ die meisten Paralysen, wie attch P S n i t z mit Recht annimmt, in einem ungef~thr gleichartigen D u r c h schnittstempo verlaufen. Darfiber darf aber nicht vergessen werden, dab das Tempo der Paralyse nach oben und unten va-
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
473
riieren kann. Ist es b e s e h l e u n i g t , haben wir es also mit den galoppierenden Formen der Krankheit zu tun, so werden wir mit der Malariabehandlang aueh dann sehon zu sp~t kommen, wenn die Psyehose uns k u r z naeh ihrem Ausbrueh zugeffihrt wird. Haben wir dagegen einen KrankheitsprozeB vor uns, der in v e r 1 a n g s a m t e m Tempo abl~tuft, so kSnnen wir gelegentlieh nicht ohne ~berrasehung beobaehten, wie Paralysen trotz auffallend langer Verlaufszeit, unter Umst~nden sogar ohne wesentliehe Defekte abheilen. Leider sehen wit bisher noeh keine MSgliehkeit, diese F~lle eines zwar schon lange andauernden, aber trotzdem prognostisch gfinstigen Krankheitsprozesses yon den prognostiseh ungfinstigen Formen zu unterseheiden. Und gerade in dieser UnmSglichkeit liegt die grSBte Sehwierigkeit der Indikationsstellung begrfindet. Wenn man aueh bei der Entseheidung, ob ein Paralytiker der Malariatherapie unterzogen werden soll, durehaus berechtigt ist, die Krankheitsdauer mitspreehen zu lassen, so wird man sieh doeh niemals sehematiseh an irgendeine statistiseh erreehnete Jahreszahl als Grenze der Behandlungsf~higkeit anklammern and etwa nur deshalb einen Paralytiker v o n d e r Behandlung ausscMieBen, weft er mehr als zwei Jahre sehon krank war. Es sind manehe Bedingungen denkbar, zum Beispiel: pyknischer KSrperbau, gfinstiges Alter and gfinstiger kliniseher Symptomenkomplex, groBe kSrperliehe Widerstandskraft, soziale Verh~ltnisse, Wfinsehe der AngehSrigen, die uns veranlassen kSnnten, im Einzelfall von den oben aufgestellten Riehtlinien abzuweichen. Sehen wit abet yon diesen schwierigen und glfieklieherweise seltenen Ausnahmefallen ab, so bleibt doeh bestehen, dab die therapeutisehen AusgleiehsmSgliehkeiten um so grSger sind, je fr~iher der Paralytiker zur Behandlung kommt, je weniger also der destruktive Charakter des paralytisehen Prozesses zu irreparablen morphologischen Ver~nderungen in der GroBhirnrinde geffihrt hat. Hier auf hirnanatomisehem Gebiet liegt also die Bedeutung der Fr~thdiagnose und Frfihbehandlung. Je frfiher diagnostiziert und behandelt wird, um so eher kann man hoffen, nieht unheilbare d e g e n e r a t i v e Gewebsver~nderangen, sondern ausgleiehsf~hige e n t zfi n d l i e h e Prozesse anzatreffen. D a s Ziel der Malariatherapie bei Paralyse sehen wir also d~rin, dureh Bek~mpfung des entzfindliehen Faktors, der dem degenerariven vorausgeht bzw. neben ihm herl~uft, den irreparablen Dege-
474
B PFEIFERund F. v. ROHDEN
nerationsprozel~ aufzuhalten, Dieses Ziel ist anscheinend erreieht bei den 36 Paralytikern unserer katamnestisehen Gruploe I (vgl. Tabelle 6), und zwar in erster LiMe deshalb, well es durchselmittlieh ~icht 1/inger als 1/4 J a h r gedauert hat, bis diese Kranken nach Ausbrueh ihrer Psyehose geimpft werden konnten. X. P a r a l y s e f r e q u e n z u n d D a u e r des A n s ~ a l t s a u f e n t h a l t s u n t e r d e m E i n f l u l 3 tier M ~ l a r i a b e h a n d l u n g . P 5 n i t z hat das Verdiensg, als erster die Aufmerksamkeit auf eine nicht vorauszusehende na~ehteilige Folge der Malariabehandlung gelenkt zu haben, n~tmlieh a,uf die bisher unbekannte Erseheinung des Par~lytikers als , , d e f e k t g e h e i l t e n " Daueri n s a s s e n der Anstalt. Wit hatten Gelegenheit, auf dieses Problem bereits kurz ihinzuweisen (vgl. S. 437). Wegen seiner groGen klinischen und sozialen Bedeutung - - bezeiehnet doeh P 5 n i t z den defektgeheil~en Paralytiker als das wesentliehste sozial-psyehiatrische Problem der letzten 10 Jahre - - miissen wir noeh einmal ausfiihrlieh hierauf zuriiekkommen. P S n i t z hatte zuerst ~uf der Wiener Jahresversammlung des deutschen Vereins fttr Psychiatrie (1927) die Behauptung aufgestellt, dal3 d u r c h d i e F i e b e r b e h a n d l u n g der progressiyen Paralyse die Zahl der jeweils lebenden Paralyt i k e r e r h 6 h t w o r d e n sei. Die Fieberbehandlang habe n/imlich die Lebensdauer a l l e r Paralytiker verl~nger~, soweit sie nicht dem Fieber selbst Zum Opfer fallen. An dieser Lebensverl/ingerung h/itten also nieht nut die geheilten F/ille, sondern vor allem aueh die welt zahlreicheren defektgeheilten Paralytiker Anteil, yon denen ein betr/tehtlieher Prozentsatz auf Jahre hinaus als Dauerinsassen die Anstalten ft~llte. In einer Entgegnung gibt W a g n e r v. J a u r e g g zwar zu, dab die Lebensdauer des Paralytikers dutch die Malariabehandlung eine grSl3ere geworden sei. Trotzdem aber wttrde, wie die Paxalysefrequenz der Anstalt Steinhof in den Jahren 1918--1926 zeigte, die Belegzahl der Anstalt durch die Malariabehandlung nicht belastet, wenigstens nicht bis zum Jahre 1926. Das Problem des Paralytikers als Dauerinsasse der Anstalt ist dutch diese Feststellung W a g n e r s zweifellos noeh nieht ausreiehend gekl~rt. DaB die Belegung der Irrenanstalt Steinhof mit Paralytikern unter d e m Einflul3 der Malariabehandlung keine
Sechs Jahre MMariatherapie der ParMyse usw.
475
nennenswerte Ander~ng erfahren hat, ist eine rein 5rtliehe Erscheinung, ffir die, wie W a g n e r selbst feststellt, lediglich die Verringerung der Aufn~hmeziffer verantwortlich zu machen ist. Es kommen eben gerade infolge der intensiven und erfolgreichen MMariabehandlung in der W a g n e r sehen Klinik welt weniger Mensehen als ParMytiker in die Anstalt Steinhof als vor der Behandlung. So gfinstig wie an der Geburtsst~tte der MMariabehandhmg liegen nun abet leider die Verh~ltnisse k'eineswegs in allen Anstalten. P S n i t z selbst hatte sofort nach VerSffentliehang der W a gn e r schen Zahlen seine Behauptung zu beweisen versucht, indem er die Paralytikerfrequenz der Jahre 1920 bis 1926 in allen Landesheilanstalten der Provinz Sachsen berechnen lielL Die Statistiken, d i e ihm hierbei zur Verffigang standen, haben sich jedoch bei einer von uns vorgenommenen NaehprOfung als nieht fehlerfrei herausgestellt. Es zeigt sieh bier wieder einmal deat~ lich, dal~ man mit der Benutzung yon Statistiken, deren Grundlagen und Entstehung der eigenen Kontrolle entzogen sind, nicht vorsiehtig genug sein kann. Die Fehlerquellen der yon P S n i t z benatzten Statistiken erkl~ren sieh im wesentlichen daraus, dM~ sie sieh auf ~rztlich nicht nachkontrollierte Diagnosen stfitzen und von Biirobeamten zusammengestellt wurden, die selbstverst~tndlieh keinen gen~igenden Einblick in die Bedeutung der yon ihnen zu bearbeitenden Fragestellung haben konnten. Wir haben es daher ffir notwendig gehalten, die P 5 n i t z sehen Zahlen naehzupr~ifen, wenigstens soweit sie unsere eigene Anstalt betrefien. Das Ergebnis ist in Tabelle 17 zusammengefMtt. Um die jeweilige Bestandsziifer an Paralytikern.riehtig beurteilen zu kSnnen, mul~ man die Faktoren kennen, yon denen sie nbh~ngig ist. Das sind: 1. Aufnahmeziffer, 2. Abgangsziffer, a) durch Entlassung, b) durc~ Tod, 3. Aufenthaltsdauer. In Tabelle 17 sind die Werte fiir die beiden ersten Faktoren zusammengefal~t, in Tabelle 19 (S. 480) die Werte fiir den dritten Faktor.
476
B. PFEI~R und F. v. gOHD~N
T a b e l l r 17. Paralysefrequenz der Landesheilanstalt Nietleben in den Jahren 1906--1930. Jahr
II Abgang
I Zugang Entlassen
m
Bestand am 1. Januar
Gest.orben Insgesamt
1906/15
"(i.
1915/16 1916/17 1917/18 1918/19 1919/20 1920/21 1921/22 1922/23 1923,/24 1924/25
62 13 14 50 29 4 6 39 36 10 53 9 8 49 55 14 47 17 18 64* 1925/26 79* 41 1926/27 84* 50 1927/28 110" 54 1928/29 96* 54 1929/30 76* 47 * In diesen Ziffern sind auch die nicht enthalten.
48 46 32 35 17 29 31 44 29 33 29 21 33 35 17 mit
54
I)urchschn.) 61 35 60 25 18 36 41 16 27 25 4O 38 39 5O 47 58 48 46 51 61 70 7O 71 83 87 106 113 89 125 64 Malaria behandelten Paralytiker
Tabelle 17 umfai3t die Paralysefrequenz von 24 Jahren and gliedert sich in drei Perioden: 1. Die V o r k r i e g s - u n d K r i e g s p e r i o d e . Sie umlaut die 12 Jahrg~nge 1906--1918. 2. Die V o r m a l a r i a - P e r i o d e mit sechs b e h a n d l u n g s f r e i e n J a hr en (1918--1923). 3. Die M a l a r i a - P e r i o d e mit sechs B e h a n d l a n g s j a h ren
(1924--1930).
W a s die e r s t e P e r i o d e b e t r i f f t , so s i n d h i e r die Z i f f e r n ftir die Zu- a n d A b g a n g e n i c h t m e h r e i n w a n d f r e i g e n u g f e s t z u s t e l l e n . S i e b l e i b e n d a h e r u n b e r i i c k s i c h t i g t . D e r J a h r e s b e s t a n d be l ~ u f t sich i m D u r c h s c h n i t t von 10 J a h r e n a u f 54. I n den K r i e g s j a h r e n sehen w i r d a n a die F r e q u e n z d e r Z a - u n d A b g ~ n g e r a p i d a b n e h men. D e m e n t s p r e c h e n d h a t die B e s t a n d s k u r v e a m 1. I. 19 m i t 16 P a r a l y t i k e r n i h r e n t i e f s t e n S t a n d e r r e i c h t . E i n V e r g l e i c h d e r z w e i t e n u n d d r i t t e n P e r i o d e z e i g t n a n folgende Tatsachen mit absoluter Deutlichkeit: 1, G l e i c h z e i t i g m i t d e m B e g i n n d e r M a l a r i a t h e r a p i e E n d e 1923 s t e i g t die Aafnahmeziffer s t a r k an. D i e s e S t e i g e r u n g d e r A u f n a h m e z i f f e r i s t z u r t i c k z u f t i h r e n a u f die
Sechs J a h r e M a l a r i a t h e r a p i e d e r P a r a l y s e usw.
477
Konzentration der Malariabehandlang in der Landesheilanstalt Nietleben. Hier strSmen verordnangsgemi~$ alle behandlungsfi~higen Par a l yt i ke r der Provinz Sachsen zusammen, soweit sie nieht an den beiden anderen Malariabehandlungsst~tten tier Provinz, n~mlich in der Psyehiatrischen Universiti~tsklinik in Halle oder im Sudenburger Krankenhaus in Magdeburg Aufnahme linden. 2. Eia J a h r nach Beginn der Malaxiatherapie maeht sieh in der A b g a n g s z i f f e r die Steigerung der Paralysefrequenz bemerkbar. Wahrend abet vor der Malariabehandlung die Abgi~nge hauptsi~chlleh dutch die h o h e T o d e s z i f f e r bestimmt wurden, sind sie in der Malariaperiode auf die hohe Entlassangsziffer zu~tickzuf~hren. Es l i s t sich niimlieh feststellen, dab in den sechs behandlangsfreien J a h r e n aaf 100 Paralytiker durehsehnittlieh 30 Entlassungen und 70 Todesfiille kommen, in den seehs Malariajahren dagegen nut 35 Todesfille, daftir abet 65 Entlassungen. Bei tier Zahl der Todesfi~lle ist noeh zu beachten, da$ durchaus nieLht jeder aufgenommene Paralytiker einer Malariabehandlung unterzogen wird. 3. Die B e s t a n d s z i f f e r in der Vormalariaperiode hat n~eh Ausgleich der Kriegsverluste innerhalb drei Jahren etwa den Vor~iegsstand wieder erreicht. Ganz anders dagegen verhalten sich die Bestalldsziffern in den seehs Malariajahren. H i e r s t e l l e n w i r e i n e n z i e m l i c h k o n s t a n ten Jahreszuwaehs yon mindestens 10 P r o z . lest. 4. Bereehnet man f~ir die beiden sechsjihrigen Vergleiehsperioden die durchsehnittliche Aufnahme-, Abgangs- und Bestandsziffer und ermittelt man daraus die entspreehenden Zuwachsquoten. so erhi~lt man folgendes Bild: Tabelle
Aufnahmeziffer ....... Abgangsziffer ........ Bestandsziffer .......
18.
VormalariaPeriode 1918 1923
~alariaPeriode 1924---1929
Z u w a c h s in Proz.
46 44 45
84 76 99
82 73 120
478
B. PFEIFER und F. v. I~OHDEN
In Worten ausgcdriiekt: N i c h t n u r d i e A u f n a h m e - u n d A b g a n g s z i f f e r ,hat in d e r M a l a r i a p e r i o d e cinch aleutl i c h e n Z u w a c h s e r f a h r e n , s o n d e r n vor a l l e m die Bestandziffer. D as Wcsentliehste jedoch ist d i e a u f f a l l e n d e D i f f e r e n z in d e n Z u w a e h s r a t e n . Der prozentuale Zuwachs, den die Bestandsziffer erfahren hat, steht in keinem Verh~iltnis zar Steigerung der Zu- und Abggnge. T r o t z w e s e n t l i c h e r E r h S h u n g d e s A b g a n g s (urn 73 P r o z . ) i s t d e r d u r c h s e h i t t l i c h e B e s t a n d u m w e i r m e h r als d a s D o p p e l t e g e w ~ c h s e n , n g m l i e h y o n 45 a t t f 99, d. h. a m 120 P r o z . Wir folgern daraus: 1. Die ErhShung dcr Abgangsziffer ist ein Beweis ftir die grol~e Zahl der entlassungsfghigen Remissionen, 2. D i e E r h S h u n g d e r B e s t a n d s z i f f e r i s t ein Bewcis ffir die zunehmende Belastung der Anstalt infolge der verlgngerten Lebensdauer der nicht entlassungsfghigen, defektgeheilten und stationiiren Paralytiker. Hiermit kommen wit zur Frage der B e h a n d l u n g s d a u e r . Hat sich die Behandlungszeit des Paralytikers unter dem EinfluB dcr Fiebertherapie verkfirzt oder vcrlgngert? Anders ausgedriickt: Ist in der Malaria~ira cine Verbi]ligung der Anstaltskosten ffir den Paralytiker cingetretcn oder nicht? Diese Fragen sind noch keineswegs einwandfrei gekl/irt, well alle bisherigen VerSffentlichungen, die hierzu t~berhaupt Stellung nehmen, kein kritiseh gesiehtetes Material vorlegen und mit unkontrollierbaren Statistiken arbeiten. Anscheinend verfiigt selbst W a gn er v. J a ur e g g nicht fiber einseh]ggiges Material. Jedenfalls stfitzt er sich in seiner bercits oben zitierten Arbeit fiber ,,Paralysefrequenz" usw. auf eine VerSffentlichung von S c h u l t z e fiber ,,Die wirtsehaftliche Auswirkung der Malariatherapi6". S c h u l t z e vergleicht hier die Behandlungsdauer der Paralytikcr in der Irrenanstalt Dalldorf vor und nach der Malariabehandlung und berechnet, dal~ im Jahre 1913 die durchschnittliche Behandlungsdauer 219 Tage betrug. hrach Einffihrung der Malariatherapie im Jahre 1923 sank sic auf 140 Tage, 1924 auf 155 Tage. S c h u l t z e errechnet aus diesen Zahlen eine gro6e wirtschaftliche Ersparnis, und W a g n e r
Sechs Jahre Malariatherapie der Paralyse usw.
479
sehlieBt daraus, daft eine Stauung der Paralytiker in der Anstalt infolge einer dureh die Malariabehandlung verli~ngerten Lebensdauer n i c h t stattgefunden habe. Wit werden zeigen, daft b e i des Trugschliisse sind, bedingt dutch die Benutzung anzureichender Statistiken. Etwas n/iher der Wirklichkeit kommt schon P S n i t z . Er berechnet aus dem ihm zur Vetffigung gestellten Statistiken fiir die Anstalt l~ietleben als durchschnittliehen Aufenthalt eines Paralytikers: 1920/21
3801) Aufenthaltstage,
1921/22 1922/23 1923/24
3481) 2841) 3721)
,, ,, ,,
Nach Einsetzen der Malariabehandhng: 1924/25 1925/26
4421) Aufenthaltstage, 3081) ,,
P S n i t z bemcrkt hierza mit Rceht, man diirfe aus der letzten Zahl nieht den Sehlul~ ziehen, dal3 infolge der Behandlung ~die durchschnittliche Aufenthaltsdauer sehr abgenommen hiitte. Es sei n~mlich zu berficksichtigen, daft in den fragile hen beiden Jahren h~tufiger als friiher {)berfiihrungen Defektgeheilter in andere Anstalten stattfanden und weiterhin, daft jetzt noch eine ganze Anzahl dieser Kranken in der Anstalt Nietleben vielleicht auch in anderen Anstalten lebe. Auf Grund dieser Zahlen vermutete P Sn i t z , daft eine w e s e n t l i c h e ) [ n d e r u n g der durehsehnittlichen Behandlungsdauer n i e h t e i n g e t r e t e n sei. V e r k f i r z t wird nach seiner Auffassung die Behandlungsdauer dadutch, daft erstens eine Anzahl Paralytiker vorzeitig dem Malariafieber zum Opfer fiillt und zweitens eine betrgehtlich grSftere Anzahl durch die Malariabehandlung raseher entlassungsf~hig wird. V e r l ~ t n g e r t wird dagegen die durehschnittliehe Behandlungsdauer durch die anstaltsbedfirftig bleibenden defektgeheilten Paralytiker. Diese Vernmtungen und Schliisse haben sieh, wie wit sehen werden, nur zum Tell als richtig herausgestellt. Um eins gleieh vorweg zu nehmen, so ist die Annahme irrig, daft der Fiebertod 1) Die Zahlen sind falsch. Wie die Verhiiltnisse in Wirklichkeit liegen, geht aus Tabelle 19, S. 480 herr or.
480
B. PFnIFER und F. v. ]:~OHDEN
die durehsehnittliehe Aufenthaltsdauer nennenswert verkfirzt habe. Dies ist sehon deshalb unwahrseheinlieh, well die Paralytiker, die unmittelbar dem Malariafieber zum Opfer gefallen sind, zahlenm~tl3ig eine ganz mltergeordnete Rolle spielen - - es sind, wie wir sahen (S. 429), nur 10 unter 300. Die durehschnittliehe Aufenthaltsdauer dieser 10 Paralytiker berechnet sich auf 118 Tage. Aus Tabelle 19 l~ftt sieh nun ohne weiteres ableiten, dal3 diese 10 P.aralytiker die durehsehnittliehe Aufenthaltsdauer der fibrigen 290 Kranken nut um 13 Tage verkiirzen, ein Betrag, der gegenfiber den hohen Werten fttr die Aufenthaltsdauer der fibrigen Gruppen kaum ins Gewieht f~llt. T a b e l l e 19. Die durchschnittliche Behandlungsdauer yon 300 malariabehandelten Paralytikern. (Ffir die noch nicht entlassenen Paralytiker [Gruploe IId, I I I u. IV] ist als Stichtag der 1. 4. 1930 gew~hlt.)
ol
Behandlungskosten
Zahl Gesamtzahl d. Behandlungstage
I IIa IIb IIc IId III IV Va Vb Ins gas.
Durchschnittliche Behandlungsdauer
Gesamtkosten in Mark
Durchschnittlicher Prozentsatz der Kostenbetrag Gesarntftir 1 Paral. kosten in Mark
30 38 58 36 22 38 17 10 5I
3431 6690 14082 11574 25091 46410 22380 1182 18566
114 176 243 321 1140 1221 1317 118 364
10293 20070 42246 34722 75273 139230 67140 3546 55698
342 528 729 963 3420 3663 3951 354 1092
2,3 4,5 9,4 7,7 16,8 31,2 15,0 0,7 12,4
300
149406
498
448218
1494
100,0
Um einen brauehbaren Mal~stab zur Beurteilung der Behandl u n g s d a u e r z u g e w i n n e n , g e n i i g t n i e h t eine e i n z i g e Gesamtd u r c h s c h n i t t s z a h l , d a diese a l l e U n t e r s e h i e d e z w i s c h e n den einz e l n e n G r u p p e n in b e z u g a u f i h r e B e h a n d l u n g s d a u e r v e r m i s c h e n wiirde. E s e m p f i e h l t sieh v i e l m e h r , ftir j e d e G r u p p e g e s o n d e r t die durehsehnittliche Behandlungsdauer zu berechnen. D i e Z a h l e n s p r e e h e n fiir sieh. Die U n t e r s e h i e d e in d e r Beh a n d l u n g s d a u e r s i n d a u l 3 e r o r d e n t l i c h grolL Von e i n e m M i n i m u m yon d u r e h s e h n i t t l i e h 114 T a g e n bei den V o l l r e m i s s i o n e n ( G r u p p e I ) s t e i g t d e r A u f e n t h a l t bei d e r G r u p p e d e r v e r s c h l e e h t e r t e n Fi~lle ( I V ) a u f ein M a x i m u m von d u r c h s e h n i t t l i c h 1317 T a g e n . D i e s
481
Sechs J a h r e M M a r i ~ t h e r a p i e d e r P a r a l y s e usw.
Migverh~ltnis wird yon T a g zu Tag grSl3er, da die Entl~ssungsaussiehten in den Gruppen I I d , I I I und IV denkbar ungtinstig sind. Um nur wenige absoluten Zahlen zu nennen, so z~hlen wit unter unseren 300 Malariapuralytikern am I. April 1930 58 F~tlle, die ~iber drei J a h r e in der Anstaltsbehandlung sind, und zwar be:fanden sieh: 26 P a r al yt i ker 16 ,,
Anstaltsbe'handlung, . . .
Ii
.
,,
3 2
,, ,,
3 - - 6 J a h r e in 4--5 . . . 5--6 . . . . 6--7 . . . iiber 7 . . .
.
. . . . . .
Oanz deutlich heben sich gas der Tabelle zwei gegens~tzliche Typen heraus: Auf der einen Seite die sechs Oruppen der entlussenen und gestorbenen Paralytiker, uuf der underen Seite die drei mittleren Gruppen der D~uerinsassen. Die Aufenthultsdauer der 162 entlassenen Paralytiker betr~igt durchschnittlich 7 Monate, die Aufenthaltsdauer der 61 gestorbenen Paralytiker durchschnittlieh 11 Monate,
betr~t~t
die Aufenthaltsdauer der 77 Dauerins~ssen betr~gt durchschnittlich 40 Monate (bis 1. IV. 30). H~ttten wir ebenso wie S c h u l t z e die Aufenthaltsdauer befelts im zweiten J a h r der Malari~therapie bereehnet, so witren wir zu den gleichen niedrigen Ziffern fttr den Anstaltsaufenthalt der Malariaparalytiker gelangt, und es wgre uns ebenso wie ibm die Erseheinungsform des Paralytikers als Dauerinsassen der Anstalt entgangen. Es unterliegt keinem Zweifel: Die nieht entlassnngsf~higen Malariaparalytiker sind nicht eine s eh e i n b a r e Belastung fiir die Anstalten, wie W a g n e r v. J a u r e g g meint, sondern eine recht unangenehme T a t s ~ e h e , die uns hier in Nietleben sehon viel zu schaffen maeht. Wir sind sogar der Meinung, dal3 die defektgeheilten und ungeheilten Paralytiker auf die D~uer sich zu einem sehweren wirtschaftliehen and verwaltungsteehnisehen Problem fiir die Anstalten auswirken werden, wenn nicht wirksame Mal~nahmen getroffen werden, die das weitere bedrohliehe Anschwellen der Paralytikerfrequenz verhindern. Zu den Dauerinsassen reehnen wir die Paralytiker der GrupDeutsche Zeitschrift f, Nervenhcilkunde. Bet. 117, 118, 119.
31
482
B. 1DFEIFERund F. v. ROHDEN
pen I I d , I I I und IV. Am 1. IV. 30 betrug deren Zahl 77! Wir stellen also lest: Jeder vierte malariabehandelLe Paralytiker ist zum Dauerinsassen der Anstalt gewordem Es soll nunmehr untersucht werden, ob und in wslcher Weise sich diese Tatsaehe auch sehon finanziell auswirkt. Zu diesem Zweek haben wit unter Annahme einss durchschnittliehen Verloflegungssatzes yon 3 M. sowohl dis Gesamtkosten, als aueh den durchsehnittlichen Kostenbetrag fiir je einsn Paralytiker in jsder Grul~pe bsrechnet. Augerdem ist als drifter Weft der Prozentsatz angefithrt, mit dem jede einzslne Gruplos sieh an den Gesamtkosten beteiligt (vgl. Tabelle 19 zu S. 480). Hiernaeh stellt sich his zum 1. IV. 30 der Durchsehnittssatz fttr die Malariabehandhng unserer 300 F~lle au~ rund 1500 M. Die Kostenunterschiede in den einzelnen Grupl~en sind entspreehend der verschieden langen Aufenthaltsdauer sehr grog. Sie schwanken zwischen 342 M. in Grupl~e I und rund ~000 M. in Gruppe IV. Am wiehtigsten jedoch ist die Beobaehtung, dug d i e Behandlung d e r in b e z u g a u f d e n E n d e r f o l g auss i e h t s l o s e n 77 F ~ t l l e (Grul~loe I I d , I I I und IV) d e n w e i t a u s g r 6 g t e n T e i l d e r G e s a m t s u m m e , n ~ t m l i e h 63 P r o z . versehlingt. Von vornherein lag allerdings die Vermutung nahe, dug diese Verteuerang auf der einen Seite mehr als reichlieh attfgewogen wt~rde dutch sins wesentliehs Verkiirzung der Aufenthaltsdauer, die in den gtinstig verlaufenden Fgllen dureh die Malariabehandlung sieh wtirde erzielen lassen. Wie liegen nun die Verhgltnisse in Wirkliehkeit? Zur Beantwortung dieser Frage war es n6tig, die Aufenthaltsdauer der Paralytiker in der Anstalt vor und naeh Einfiihrung der Malariabeha~dlung zu verglsiehen. Die Sehwierigkeiten und ~'shlerqusllen eines solehsn Vergleiehs sind, wie die P 6 n i t z s e h e n Zahlen beweisen, nicht anerheblieh. Ein falsehes Bild wiirde es zweifellos ergeben, wenn man die durehschnittliche Behandhngsdauer unserer 300 Malariaparalytiksr ohne weitsres mit dsr Behandhngsdausr dsr Paralytiksr in der Vormalaria~tra vergleichen wfirde. Dsnn in der Malaria~ra haben wir nsben den beiden Gruppen der Entlassenen und Gestorbenen noeh eine dritte Grulops, namlieh die noeh in der An-
483
Sechs J a h r e MMariatherapie der Paralyse usw.
stair befindliehen Paralytiker. Diese Orupl0e, die in erster Linie den Etat belastet, fehlt in der Vergleiehsstatistik der Vormalarialoeriode. I-Iier k6nnen wir nut feststellen, wie viele Paralytiker and naeh weieher Zeit sie zur Entlassung kamen oder staxben, Um vergleiehbare Grggen zu erhalten, haben wir dgher auch bei den Malariajahrggngen nut die entlassenen and verstorbenen Paralytiker beriicksichtigt. Ferner war zu beaehten, d~G in den Jahren nach Einfiihrung der Malariatherapie aueh noeh solehe Paralytiker entlassen wurden oder stgrben, die aus irgendweleh.en Grtinden der Fieberbehandlung nieht unterzogen worden waren. Da also die Malarialoaralytiker eine A u s w g h l aus einem gr6Geren Material darstellen, muGte von vornherein mit der M6gliehkeit gereehnet werden, dag sieh diese Auswahl in positivem oder negativem Sinne auf die Behandlungsdauer auswirkt. Um ein viillig gleiehartiges Vergleichsmaterial zu gewinnen, blieb niehts anderes iibrig, gls a l l e Entlgssungs- und Todesf;tlle aus der Ma o lariaperiode zum Vergleieh her~nzuziehen, also neben den behandelten auch die unbehandelten Paralytiker. Unter Beriieksichtigung dieser Kautelen ist die Tabelle 20 entstanden. T ~ b e l l e 20. Aufenthaltsdauer cntlassener u n d gestorbener Paralytiker v o r u n d naeh Einfiihrung der MMariabetmndlung. 7ormalaria-Periode Jahr
1914/15 1915/16 1916/17 1917/18 1918/19 1919/20 1920/21 1921/22 1922/23 1923/24
Zahl der Fi~lle
Malaria-Periode
Gesamt. Durchz~hl der schnittl. AufentAufenthaltstage h~ltsdauer
28 61 60 34 49 27 38 39 58 46
5494 14129 14126 7876 11480 3514 6125 8004 17862 12144
196 231 235 232 235 130 161 205 308 264
Insgesamr 440
100754
229~
Gesamtzahl der
Durchschnittl.
Aufenthaltstage
Aufenthaltsd~uer
50 7O 71 87 89 64
16470 17943 19087 24607 25205 19641
323 256 269 283 283 307
Insgesamt I 432
122953
284
Jahr
1924,/25 1925/26 1926/27 1927/28 1928/29 1929/30
Zahl der F~tlle
Die Zahl der zur Verfiigung stehenden Fglle ist in beiden Serien ungefghr gleich (440 bzw. 432 leglle) und aul3erdem grog genug, um den Fehler der kleinen Zahl einzuschr/~nken. Die Zusammenstellung ergibt einwandfrei: Die P a r a l y 31"
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B. PFEIFER und F. v. ROHDEN
~iker in der Malariaperiode waren durchschnittlich etwas l~tnger in Anstaltsbehandlung als in der Vormalariaperiode. Der Unterschied ist nicht groG, aber cleatlick genug. E r betr~gt 55 Tage. D a s b e d e u t e t eine Verlingerung des Anstaltsaufenthalts in der Malariaira u m 24 P r o z . ~ ) . Dieses R e s u l t a t konnte hack den bisherigen Feststellungen nicht tiberraschen. Es erkl~rt sick einfach daraus, dal3 die Malar.iabehandlung zwar bet der Minderheit yon etwa 25 Proz. P a r a lytiker die B e h a n d l u n g s d a u e r verktirzt, bet der tiberwiegenden Mehrheit yon etwa 75 Proz. jedoeh die P a r a l y s e gewissermal3en in die L i n g e zieht, ohne in jedem F a l l zu eineni guten Ende, d. h. zur E n t l a s s u n g zu f~ikren. Dies wieder hut zur t0olge eine Stagnation der P a r a l y s e n in den Anstalten, was sich nieht n u t in einer yon J a h r zu J a h r s t e i g e n d e n Belegziffer, sondern auch in einer V e r l ~ n g e r u n g der Behandlungsdauer iul3ert. Um Einw~nden gegen diese A u f f a s s u n g zu begegnen, w a r zu tiberlegen, ob etwa f a r die nachgewiesene Verl~ngerung des Ans t a l t s a u f e n t h a l t s Verh~ltnisse verantwortlich zu muchen sind, die mit der M a l a r i a b e h a n d l u n g niehts z a tun haben. v. H 5 s s l i n hat ktirzlieh in ether Arbeit tiber E r a n k e n b e w e gung vor and nach dem I{riege ftir die A n s t a l t Ansbaeh nachzuweisen versucht, dal3 eine Stagnation der Krankenbewegung in den J a h r e n 1924~ 1928 eingetreten set, deren H a u p t g r u n d er sieht in einer fortschreitenden V e r a r m u n g der Bev01kerung m i t allen ihren sozialen Folgen. Da nun unsere malariabehandelten P a r a l y t i k e r grSGtenteils aus den gleiehen J a h r g i n g e n 1924--1928 stammen, k6nnte m a n auf den Gedanken kommen, dal3 sie n u r deskalb solange in der A n s t a l t verblieben sind, well die Angeh6rigen infolge Ungunst der wirtsehaftliehen Verhiltnisse weniger als vor dent Kriege geneigt oder intstande waren, ihre K r a n k e n aus der Ans~alt herauszunetmten. Da[t ein solcher Z u s a m m e n h a n g in unserem F a l l e vorliegt, ist sehr unwahrscheinlieh. Denn erstens s t a m m e n unsere Paraly~iker 1) Und dabei ist immer n och zu beaehten, dag in Wirkliehkeit die Vet'1/~ngerung des AnstaRsaufenthalts eine iJoch viel gr6gere ist, da die eigentlichen D a u e r i n s a s s e n (n/imlich GrupFe I[d, III und IV) in dieser Tabelie insoweit unberiieksichtigt bteiben, als sie sieh noeh in Anstaltspflege befinden.
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der Vormalaria~tr~ gar nicht aus den wirtsch~ftlich giinstigen Vorkriegsjahren, sondern gerade aus den schwersten Kriegs- und Infl~tionsjahren, auf denen doch ein mindestens ebenso sehwerer Druck gelastet hat, als auf den seehs Jahren der MMariaperiode. Nach des Theorie v. H 6 s s 1i n s miil)te sich also eher in der wirtsehaftlich ungiinstigeren Vormalariaperiode eine Stagnation der P ar aly tik er bemerkbar gemacht haben und nicht, wie es tats~tehlieh der F all ist, in der Malarialoeriode. Die v. H / S s s l i n s e h e Verelendungstheorie mul3 aber arts e i n e m noch weir zwingenderen Grund als Erkl~rung far den verl~ngerten AnstaltsaufenthMt unserer Malariaparalytiker ahgelehnt werden. Wenn in der Vormalaria~ra Entlassungen st~ttfanden - unter den 440 F~tllen der Tabelle 20 Z~hlen wir 107 Entlassungen - - so hat es sich gr613tenteils nicht um Spontanremissionen gehandelt, sondern um Kranke, die in unver~ndertem oder versehleehtertem Zustande yon den Angeh/Srigen gas irgendwelehen ~ul3eren Grtinden, meist gegen ~rztliehen Rat, aus der Anstalt herausgenommen wurden, and zwar eharakteristiseherweise im M1gemeinen naeh auffallend kurzem Aafenthalt. Z~hlen wir doeh unter den 107 Entlassungen 20 Fglle mit einer Behandlungsdauer yon weniger als einem Monat. lPiinf yon diesen Paralytikern wurden sogar sehon naeh 3- - 5 Tggen yon ihren AngehiSrigen wieder abgeholt. Derartige Vorkomn'misse gehOren nun in der M a l a r i ~ r a zu den grOl3ten Seltenheiten: Unter den 264 Entlassungen finden wir nut 6 Paralytiker, die vor Abl~uf von einem Monat unbehandelt die Anstalt verliel3en. Daraus folgt: N i e h t V e r s e h l e e h t e r u n g der Wirtsehaftslage, sondern die Einfiihrung der Paralytikertheraloie ist der entseheidende Erklgrungsgrund fiir d ell V e r l i ; n g e r t e n Anstaltsaufen~halt nnserer Malariapara lytiker. Damit soll abet keineswegs die Bereehtigung der v. t t i ~ s s l i n schen Theorie fiir die VerhMtnisse in Ansbaeh bezweifelt werden. Da n~mlieh Malariatheraloie dort nieht getrieben wird, kommen als Erklgrung fiir die Stagnation der Paralytiker in der dortigen Anstalt andere ais wirtsehaftliehe Or~nde kaum in Frage. In den noeh nieht lange zurttekliegenden Zeiten, wo die Unheilbarkeit der Paralyse als Dogma galt, liel3 man die Paralytiker sehon aus wirtsehaftliehen Oriinden leiehten Herzens ziehen. Naehdem aber
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W a g n e r v. J a u r e g g s theraloeutlsehe Grol3t~t diese Irrlehre endgiiltig zerst6rt hat, entlassen wir grunds~tzlieh keinen behandlungsfiihigen ParMytiker, bevor nieht der gr613tmiigliehe Erfolg erzielt ist. So kommt es. dab in der VormalariMira die rela~iv seltenen Entlassungen durehsehnittlieh bereits naeh fttnf Monaten erfolgten, W~ihrend in der Malaria~ra die relativ h~ufigen En~lassungen erst naeh durehsehnit~lieL aeht Monaten m6glieh waren. In Prozenten ausgedrttekt, betr~ig~ also die V e r l ~ t n g e r u n g d e r Behandlungsdauer bei den zur En~lassung kommenden Paralytikern 60Proz. In nieht ganz dem gleiehen AusmM3 maeht sieh die retardierende Wirkung der MMariabehandlung bei den Todesfallen bemerkbar. Es l~il3t sieh n~tmlieh bereehnen, dab tier Tod in der behandlungslosen Zeit bei 333 F~llen durehsehnittlieh bereits naeh 254 Tagen eintrat, w~ihrend in der Malaria~ra dem SieehLum bei 168 Paralytikern durchsehnittlich erst naeh 347 Tagen ein Ziel gesetzt wurde. Dies en~sprieht einer Verl~nger~ng der Aufenthal~sdauer um 37 Proz. Man k6nnte hier vielleieht noeh den Einwand maehen, zumM nur 61 yon den 168 Verstorbenen wirklieh eine Malari~behandlung durehgemacht haben, daG die Verl~ngerung des Anstaltsaufenthalts nicht auf die Fiebertherapie allein zuriiekzuftthren ist, sondern auf eine grOGere Widerstandskraf~ infolge besserer Ern~ihrung, die in den Kriegs- und Inflationsjahren, aus denen die Vergleichsf~lle stammen, fehlte. Abet auch diese Annahme ist unhaltbar. Denn wit stellen lest, dab die in den sehlimmsten Kriegsjahren 1916 1918 verstorbenen Paralytiker einen l~tngeren Anstaltsaufenthalt aufweisen als die Paralytiker, die im ersten Kriegsjahr und in den Naehkriegsjahren, also in Zeiten mit weir geringeren Ern~hrungsschwierigkeiten, starben. Aus allen diesen Beobaehtungen und Oberlegungen ergibt sich der Sehlul3 : Die Malariabehandlung hat den durehscLnittlieken Anstaltsaufen~h~lt der Paralytiker nicht v e r k i t r z t , s o n d e r n v e r l ~ n g e r t , s i e ha~ i h n n i e h t v e r billigt, sondern verteuert. Die optimistische Auffassung yon S e h u l z e , G e r s t m a n n und anderen, dal3 die Malariabehandlung sieh wirtsehaftlieh aueh fiir die Fttrsorgetr~ger und An-
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stalten gttnstig auswirken w~rde, beruht a l s o auf einem Trtigsehlul3, M a n wird sieh schon damit abfinden mftssen: Die Malariatherapie kann nieht alles leisten, Sie ist zwar die weitaus bes{e aller bisher bekannten P.aralysebehandlungsmethoden. Aber sie hat au'eh, was kaum vorauszusehen war, ihre S e h a t t e n s e i t e n . Neben glgnzenden Erfolgen sehafft sie Oehirnkrt~ppel, die jahre, tamg dahinsieehen and je lgnger je mehr die Anstalten fttllen, Auf der einen Seite hat sie eine erstaunliehe Verktirzung des Anstaltsaufenthalts zur ~olge, auf der anderen Seite jedoeh - - and Zwar vorlgufig noeh in der Mehrzahl der Fglle - - verlgngert und verteuert sie den Aufenthalt. Aus grztliehen wie aus wirtsehaftliehen Ortinden ist aber eine R a t i o n i e r u n g des Anstaltsaufenthalts n0twendig. Bisher hatte ttns eigentlieh nur bei den Sehizophrenen das Problem der F r t ~ h e n t ! a s s u n g besehS._%igt.. J e t z t aberi naehdem neben dam Sehizophrenen aueh der Paralytiker als defektgeheilter oder stationgrer Daaerinsasse in Erseheinung getreten ist, wird die Klgrung dieser sozial-hygienisehen Frage im hOehsten MaBe akut. Hierbei wollen wir noeh ganz davon absehen, dab der defektgeheilte Paralytiker nieht nur in der Anstalt, sondern aueh, wie P S n i t z gezeigt hat, in Familie und 0ffentliehkeft eine sehwere Last ~tt werden beginnt. Was also ist zu tun? Um das Heer. der Defektgeheilten zu vermindern, wgre als erstes zu fordern: F r ~ t h d i a g n o s e und F r i i h b e h a n d l u n g der Paralyse. Die erfolgreiehe Fieberbehandlung mug naeh MOgliehkeit sehon im Initialstadium der Paralyse einsetzen, zu einer Zeit also, wo es noeh nieht ztt irreparablen degenerativen Vergnderungen im Gehirn gekommen ist, sondern nut Entzandungs~ erseheinungen vorliegen, die soweit beeinfluGbar sind, dal3 sie kliniseh nieht mehr Symptome maehen. Es mt~13te also verlangt werden, daG bereits der praktisehe Arzt, der in der Regal als erster den Paralytiker zu sehen bekommt, imstande ist, die Frithdiagnose zu stellen. Die Erfahrung hat gelehrt, dab diese Forderung teilweise sehon heute erf~illt ist, und die Paralyse gewissermal3en sehon beim ersten Wetterleuehten erkannt nnd der Malariabehandlung zugefiihrt wird. :Das sind dann die Glanzf~lle der Vollremissionen - - hoffnungsvolle, leider nur allzu seltene
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L i e h t b l i e k e in tier an wirkliehen Erfolgen heute noeh so armen T~Rigkeit des P s y e h i a t e r s . I n der Regel aber kommen die P a r a l y tiker wenigstens naeh unseren E r f a h r u n g e n immer noeh zu sp~t, n~mlieh dann, wenn das ,,ganglion~re E x i s t e n z m i n i m u m " ( P o l l a c k ) nicht m e h r gegeben ist, wenn also schon ein i r r e p a r a b l e r psyehiseher D e f e k t vorliegt. M i t dieser Tatsaehe mt~ssen wit uns einstweilen noeh abfinden und unsere Konsequenzen daraus ziehen. Dies ftthrt tins zur A u f s t e l l u n g unserer z w e i t e n F o r d e rung: Strengere Indikation bei Einleitung tier Malariatherapie! Natttrlieh ist es unmSglieh, alle diejenigen P a r a l y t i k e r yon der Behandlung auszusehliel)en, bei denen bereits deutliehe Zeiehen i r r e p a r a b l e r Degenerationsprozesse s i c h t b a r sin& Aber m a n sollte doeh hier gewisse Grenzen anerkennen und nieht untersehiedslos jeden P a r a l y t i k e r m i t M a l a r i a impfen. D a u e r und Stadium der p a r a l y t i s e h e n E r k r a n k u n g d a r f bei der Indikationsstelhmg in keinem F a l l unbertteksiehtigt bleiben. W e n n m a n sieh nieht d a r a u f besehr~nkt, im P a r a l y t i k e r lediglieh das Objekt einer interessanten Beha.ndlungsmethode zu erblieken, sondern - - und das solRe doeh eigentlieh eine selbstverst/tndliehe F o r d e r u n g der /~rztliehen E t h i k sein - - das Sehieksal des BehandeRen in der Ans t a r und naeh seiner E n t l a s s u n g im Auge beh~tlt, dann wird man vor der Einleitung der Fieberbehandlung in zahlreiehen F/~llen zurt~eksehreeken. W e t seine A u f g a b e als A r z t nieht darin erbliekt, unbedingt und unter allen Umstitnden aueh ft~r ein lebensunwertes Leben zu k~tmpfen, wer es nieht f~ir seine P f l i c h t h~LR, ,,darauf zu bestehen, dab dureh eine immerhin nieht ganz ungef/thrliehe Behandlungsmethode ein zu erwartendes Sie ehtum vert~t.ngert w i r d " ( P 6 n i t z ) , dem wird es nieht sehwer fallen, alle unzweifelhaft aussiehtslosen F~Llle yon einer M a l a r i a i m p f u n g auszusehliel3en. Aueh der Chirurg kennt inoperable Gesehwtilste, und n i e m a n d wird ihm daraus einen Vorwurf maehen, wenn er aus Grfinden der Mensehliehkei~ s t a r zum lk[esser zur SprRze greiR. SehlM31ieh liegt ja, worauf P S n i t z m i t Reeht hinweist, die Entseheidung tiber die EinleRung der Fieberbehandlung meist bei den Angeh6rigen. Der A r z t sollte besonders in den vorgesehriRenen F/~llen nieht vers~tumen, yon seinem Reeht Gebrauch zu ma.ehen, die Angeh6rigen auf G e f a h r e n und Aussiehten der M a l a r i a t h e r a p i e a u f m e r k s a m zu maehen: ,,Die Genehmigung wi~rde sieher 6fter versagt werden, wenn m i t WahrseheinliehkeR keine Wiederherstel-
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l u n g , s o n d e r n n u r eine E r h ~ l t u n g des L e b e n s m i t geistigem Sieeht u r n i~rztlieh v o r a u s g e s a g t wtirde" ( P / S n i t z). A u e h w e n n diese b e i d e n e r s t e n F o r d e r u n g e n der F r t i h d i a g n o s e u n d s t r e n g e r e n I n d i k a t i o n e r f t i l l t sind, w i r d die Z a h l tier defektgeh e i l t e n D a u e r i n s a s s e n i n der A n s t a l t i m m e r noeh grog g e n u g bleiben. U m sie w e i t e r zu v e r r i n g e r n , b l e i b t als d r i f t e r A u s w e g i i b r i g : Ausbau der Aul~enfiirsorge. I n der t ) r o v i n z S a e h s e n w u r d e die A u l 3 e n f i i r s o r g e i m Lau~ der b e i d e n l e t z t e n J a h r e e i n g e r i e h t e L Sie ist n o e h w e i t g e h e n d a u s b a u f ~ h i g . W e n n die E n t w i e k l u n g erst e i n m a l so w e l t f o r t g e s e h r i t t e n sein w i r d , d a b h a u l o t a m t l i e h e ~ r z t e z u r W a h r n e h m u n g der n a e h g e h e n d e n F t t r s o r g e a n g e s t e l l t sind, w i r d es m 6 g l i e h sein, die A n s t a l t e n yon e i n e m groGen T e i l der d e f e k t g e h e i l t e n u n d s t a t i o n ~ r e n P a r a l y t i k e r z u englasten. K e i nesfalls aber ist es naeh unseren Feststsllun~en heate noeh erlaubt, der bedrohliehen Anh~u~ung der sieehen Paralytiker in den Anstalten unt~tig zuzusehen.
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