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Sitzungsbericht 1991 der Ophthalmologischen Gesellschaft in Wien President: Th. M. Radda Schriftfuhrer: A. Salomon Sitzung vom 14. Janner 1991 Vortrag Reitner, A.: Neue Methoden fdr Diagnostik and Verlaufskontrolle erworbener Farbsinnstorungen Eine der faszinierendsten Leistungen des menschlichen visuellen Systems ist es bis zu einer Million verschiedener Farbtone unterscheiden zu konnen. Diese Fahigkeit ist nur bei intaktem Zusammenspiel von Rezeptoren and nachgeschaltetem neuronalen Netzwerk moglich. Somit ist diese Leistung uberaus sensibel gegenuber jeglichen pathologischen Einfliissen auf Netzhaut and Sehbahn. In der klinischen Praxis steht bisher die Diagnostik, Klassifikation and Quantifizierung der hereditaren Farbsinnstorungen im Vordergrund. Sehr haufig finden sich jedoch, bei entsprechender Prufung, erworbene Farbsinnstorungen, wie sie bei Behr vielen Netzhaut- and Sehbahnerkrankungen nachgewiesen werden. Um erworbene Farbsinnstorungen sicher erfassen and klassifizieren zu konnen, muB eine „Testbatterie" verschiedener Untersuchungen durchgefuhrt werden. Erworbene Farbsinnstorungen bieten bei unterschiedlichen Tests keineswegs die Homogenitat in den Resultaten, welche wir bei den angeborenen Storungen voraussetzen. Weitere klassische Unterscheidungsmerkmale sind Seitendifferenz, Veranderlichkeit, Farbbenennung, sowie die Kombination mit anderen funktionellen Storungen. Die international gultige Einteilung dieser Storungen erfolgt nach Verriest: Typ I: Rot-Gran Stoning mit Skotopisation Typ II: Rot-Griin Stoning mit begleitender Blau-Gelb Stoning Typ III: Blau-Gelb Stoning Typ I Storungen begleiten vor allem Retinaerkrankungen welche primer die Rezeptoren des hinteren Pols betreffen. Typ II Storungen finden sich bei Erkrankungen des Nervus Optikus, Typ III Storungen konnen dagegen keiner bestimmten Struktur zugeordnet werden. Um erworbene Farbsinnstorungen zu beschreiben, stehen pseudoisochromatische Tafeln, Farbfleck-Legetests, Anomaloskope and weiterfuhrende Labormethoden zur Verftigung. Die pseudoisochromatischen Tafeln nach Stilling and Ishihara sollten bei erworbenen Farbsinnstorungen auch mit Blau-Gelb prufenden Tafeln erganzt werden. Erst Farbfleck-Legetests Panel D-15 and Farnsworth FM100 erlauben jedoch eine Quantifizierung, welche fur eine Verlaufskontrolle pathophysiologischer Vorgange unabdingbar ist. Mittels spezieller Software ist es moglich den Schweregrad (Gesamtfehlerzahl) and die Art der Storting (Achsenanalyse) zu berechnen. Die Skotopisation, die einen Verlust von Sensitivitat im langwelligen Bereich beschreibt, kann mit den Anomaloskopen dokumentiert werden. Im Rahmen unserer neuroophthalmologischen Ambulanz wurde nun ein computergesteuerter Spektralapparat entwickelt and aufgebaut, der gegenuber den bisher eingesetzten Methoden einen entscheidenen Vorteil bietet. Alle Farbflecklegetests orientieren sich in ihrer Helligkeit an der spektralen Empfindlichkeitsfunktion von Farbnormalen. Bei Erkrankungen von Netzhaut and Optikus verandert sich diese Empfindlichkeit and die Farbunterschiede, die der Patient beurteilen soll, werden durch Helligkeitsunterschiede gestort. Um diese methodische Problematik zu umgehen, wird mit unserer Methode eine individuelle spektrale Empfindlichkeitsfunktion gemessen (heterochromatic brightness match) and gespeichert. Entsprechend dieser Funktion wird die Helligkeit der Farbstimuli des folgenden Diskriminationstests (Delta Lambda Lambda Funktion) gesteuert. Aus diesem Grund konnen dargebotene Farbfelder nur
mehr anhand ihres Wellenlangenunterschiedes and nicht aufgrund unterschiedlicher Intensitaten beurteilt werden. Damit konnen einerseits Veranderungen der Netzhautempfindlichkeit fur bestimmte Wellenlangen oder eine Skotopisation nachgewiesen and die Interaktion zwischen den Rezeptoren optimal gepruft werden. Die Ergebnisse zeigen, daB bei den Spektralorten 490 nm bzw. 590 nm 2-3 Nanometer Unterschied genngen urn zwei Stimuli voneinander unterscheiden zu konnen. Die Prufung dieser visuellen Funktion an mehreren Spektralorten soli zur Beantwortung klinischer Fragestellungen eingesetzt werden. Diskussion Harrer zu Reitner: Haben Sic in Ihrer Testbatterie auch den japanischen Tafel-Test: SPP II (Standard Pseudo Isochromatic Plate part II)? Er ist speziell sum Nachweis erworbener Farbsinnstorungen entwickelt worden and besticht durch die Einfachheit seiner Anwendung. Schluflwort Reitner zu Harrer: Dieser Test steht in unserer Ambulanz nicht in Verwendung, da die Farblegetests nur eine Quantifizierung des Farbempfindens erlauben. Fur Screeninganforderungen ist dieser Test aber durchaus empfehlenswert. Literatur Reitner A, Sharpe LT, Zrenner E (1992) Wavelength discrimination as a function of field intensity. Duration and Size Vision Research 32/1: 179-185 Reitner A, Sharpe LT, Zrenner E (1991) Is color vision possible with only rods and blue-sensitive cones? Nature 352: 798-800 Vortrag Schaeffel, F. (a. G., Tubingen): Kurzsichtigkeit — genetisch vorprogrammiert oder umweltbedingte Fehlentwicklung? Experimentelle Ergebnisse von Tier and Mensch Die Genauigkeit, mit der die Brennweite des Auges auf dessen Lange abgestimmt ist, ist so grog, daB eine rein genetisch bestimmte Wachstumssteuerung unwahrscheinlich erscheint: die Fern-Sehschiirfe im menschlichen Auge nimmt bereits ab, wenn das Auge nur 0.2 mm zu lang ist, obwohl diese kleine Anderung weniger als 1% seiner Lange ausmacht. DaB die Refraktionsentwicklung nicht nur unter genetischer Kontrolle steht, sondern tatsachlich durch die Seherfahrung beeinfluBt wird, zeigen viele Experimente an Tiermodellen. Raviola and Wiesel beschrieben 1976, daB experimenteller LidverschluB beim Affen starkes axiales Augenwachstum induziert, das mit entsprechender Entwicklung von Kurzsichtigkeit einhergeht. Es wurde gezeigt daB es die Anderung der Seherfahrung war, die fur diese Myopie verantwortlich ist, and nicht der LidverschluB als solcher. Inzwischen hat sich gezeigt, daB experimentelle Beeintrachtigungen der retinalen Bildqualitat generell das axiale Augenwachstum beschleunigt; dies geschieht besonders bei Tieren mit guter Sehscharfe and raschem Augenwachstum, wie z.B. Haushuhnern. Ein Abdecken des Auges mit durchscheinenden Klappen bewirkt bis zu 20 Dioptrien Myopie in nur wenigen Tagen. Diese Art der Myopie hat uberraschende Eigenschaften: so kann sie lokal in einem beschrankten Teil des Gesichtsfeldes induziert werden, wenn die Deprivation lokal erfolgte.
247 Weiterhin kann sie auch dann noch induziert werden, wenn der Sehnery durchtrennt wurde, oder wenn die Akkomodation durch Lasionen des Edinger Westphal Kernes ausgeschaltet war. Die Ergebnisse zeigen, daB ein lokaler, auf das Auge beschrankter ProzeB vorliegt. Was hat diese ,Deprivationsmyopie" mit der normalen Refraktionsentwicklung zu tun? Sic zeigt, daB visuell gesteuerte Mechanismen das axiale Augenwachstum andern konnen. Um zu zeigen, daB diese Mechanismen die Refraktionsentwicklung auch richtig steuern konnen, wurden Huhner mit Brillenlinsen aufgezogen. Es zeigte sich, daB innerhalb weniger Tage die Augen ihr Langenwachstum entweder beschleunigen (negative Linsen) oder abbremsten (positive Linsen), and sich auch die Refraktion so verschob, daB die Linsen kompensiert wurden. Bemerkenswerterweise war dieses Experiment auch dann noch erfolgreich, wenn die Akkommodation durch Lasionen ausgeschaltet war: das Auge konnte auch als isoliertes System die Defokusierung durch die Linsen erkennen and eine angemessene Wachstumsreaktion zeigen. Die Experimente zeigen weiterhin, daB die retinale Bildqualitat lokal auf das Wachstum der dahinterliegenden Sklera EinfluB nehmen kann. Gegenwartig wird intensiv daran geforscht, welche biochemischen Wege beschritten werden, wenn das Bildsignal in ein Wachstumssignal umgesetzt wird. Man hat gefunden, daB der retinale Dopaminspiegel durch die Deprivation beeinfluBt wird, and daB durch Gabe von Agonisten die Entwicklung der Deprivationsmyopie unterdruckt werden kann. Man hofft, durch Aufklarung der biochemischen Regelkreise in der Lage zu sein, die Wirkungsgrade der Regelkreise verandern zu konnen, so daB man in die Progression von Fehlsichtigkeiten eingreifen kann. Wenn nun die Steuerung des Augenwachstums Seherfahrung gesteuert werden kann, bleibt die Frage, warum trotzdem haufig Refraktionsfehler auftreten. Man muBte Refraktionsfehler dann betrachten entweder als Folge des Versagens eines Regelkreises, oder als Folge ungeeigneter Seherfahrung. An diesem Punkt muB man sich zwei Punkte vor Augen halten: (1) die oben beschriebenen Regelkreise wurden in Tiermodellen untersucht, die keine genetisch vorprogrammierten Pathologic in der Augenentwicklung hatten. Anders ist es zumindest bei einer Anzahl Patienten, bei denen die Entwicklung von hohen Refraktionsfehlern offensichtlich nicht umweltbedingt sind, oder sekundar als Folge von anderen (z.B. okulomotorischen) Problemen aufgetreten sind, and (2) es gibt klare Hinweise von Tiermodellen, daB die Wirkungsgrade der Regelkreise zur Refraktionssteuerung von Individuum zu Individuum unterschiedlich sind. Ware das beim Menschen auch so, so konnte man die unterschiedliche Entwicklung von Schulmyopie als unterschiedlich schnelle Reaktion dieser Regelkreise .auf die geringere mittlere Sehentfernung wahrend der Naharbeit betrachten. Man mull die verschiedenen Formen der Refraktionsfehler in Klassen unterteilen: solche, die sich mit durch Seherfahrung gesteuerten Regelkreisen erklaren lassen, and solche, bei denen von Beginn pathologische Zustande vorlagen, so daB die Regelkreise nicht angreifen konnten. Unabhangig von diesen Betrachtungen stehen die Chancen gut, daB man uber die Tiermodelle die Wirkungsweisen der Regelkreise weiter aufklaren kann, and eines Tages damit deren Wirkungsgrad pharmakologisch beeinflussen kann. Diskussion Aichmair zu Schaeffel: 1. Frage: Der Wachstumsprozell bei tierischen Augen, z.B. bei Huhnern, widerspricht den Erfahrungen beim Menschen. Wie verhalten sich Hiihneraugen nach AbschluB ihres Wachstums? 2. Frage: Beim menschlichen Auge gibt es keinen Contractor corneae. Welche Rolle spielt er in Ihrem System? Ahnelt zu Schaeffel: Die Qualitat der Bildreprasentation durch die Retina kann unter anderem durch Rezeptor-Topographie and Chromatische Aberration beeinfluBt sein. Gibt es Untersuchungen zur Refraktion and Achsenlange von Monochromaten — insbesondere Blau- and Stabchen-Monochromaten? SchluJiwort zu Aichmair: 1. Experimentell konnen die Refraktionen beim Tiermodell umso wirkungsvoller beeinfluBt werden, je schneller das Auge
wachst: bei ausgewachsenen Tieren sind Linsen oder Augenklappen kaum mehr wirksam. Das ist jedoch auch sinnvoll, denn ein statisches System (ausgewachsenes Auges) benotigt keine Refraktionsregulation mehr. 2. Der Contractor Corneae des Haushuhns ist mir nicht bekannt. Wohl sollte man aber bemerken, daB Vogel neben der Linsenakkomodation auch corneale Akkommodation haben, die durch einen zusatzlichen Muskel („Crampton's muscle") vermittelt wird. zu Ahnelt: Es gibt Untersuchungen, die jedoch noch nicht veroffentlicht wurden. Diesem Themengebiet widmet sich gerade Herr Prof. Alan Laties vom Scheie Eye Institut, Philadelphia. Sitzumg vom 11. Mirz 1991 Vortrag Lang, G.B. (a.G., Ulm) and Schonherr, U. (a.G., Ulm): EDV in der Klinik. Tell I: allgemeine Konzepte Die EDV hat heute in der Klinik auf breiter Front Einzug gehalten [1]. Trotzdem hinkt Ihr Einsatz der technischen Evolution von Computern and Programmen hinterher. Ein Grund dafur liegt in der Tatsache, daB der Kliniker allein mit der Losung der Probleme, die die Einfnhrung einer computergestutzten Informationsverarbeitung aufwirft, uberfordert ist. Die Losung dieser Probleme erfordert eine enge interdisziplinare Zusammenarbeit mit Instituten fur medizinische Statistik and Informatik. Eine solche Zusammenarbeit wird dort erleichtert, wo medizinische and technisch-informatische Fakultaten unter einem universitaren Dach zusammen beherbergt sind. Dies ist an den Universitaten Erlangen-Nurnberg and Ulm der Fall. An Universitatskliniken werden die Bereiche Krankenversorgung, Lehre and Forschung unterschieden. Obwohl diese Bereiche in der Praxis untrennbar sind and sich einander unmittelbar bedingen, kristallisieren sich verschiedene Einsatzschwerpunkte heraus. Im Bereich der Krankenversorgung bereitet der Einsatz der EDV die grollten Schwierigkeiten. Allein die notige Standardisierung der Befunderhebung and Nomenklatur ist noch lange nicht erreicht. Ein abrupter Wechsel von den eingefahrten ,Krankengeschichten" zu einem „Electronic Medical Record” wurde das funktionelle Getriebe einer Klinik existentiell erschuttern. Somit ist ein schrittweiser Einstieg angezeigt. Zusatzlich zu den Kosten fur die „Hardware" ist qualifiziertes informatisches Personal zur Schulung des nichtinformatischen medizinischen Personals and zur Systemwartung erforderlich. Es ist wohl ein Trugschlull zu glauben, daB die Einfuhrung der EDV in der Klinik eine Personaleinsparung mit sich bringt. Jedoch laBt sich durch den Einsatz der EDV ein erheblicher Sprung in den Bereichen der Qualitatssicherung, in der Vergleichbarkeit and in der Bewertbarkeit verschiedender Behandlungsformen erreichen, der ohne EDV nicht denkbar ist. In der Lehre steht die Anfertigung didaktischer „Blau-Dia"Vorlagen fur Vorlesungen, wissenschaftliche Vortrage and Fortbildungsveranstaltungen im Vordergrund. Die modernen Gerate erlauben eine fast unbegrenzte Verarbeitung von Farbschattierungen, Texten, Graphiken, Videobildern and ,eingescannten" Bildvorlagen. Jedoch laBt sich im Einzelfall beobachten, daB der Informationsgehalt der Diavorlage hinter einer farbenprachtigen Aufarbeitung zuritckfallt. Auch kann das ,,Vergessen" der elementaren Farbkonstrastlehre zu sehr bunten aber unleserlichen Diapositiven fnhren. Im Bereich der Forschung ist die Einfuhrung der EDV am weitesten fortgeschritten. Strukturen mit zahllosen Einzeldaten meBbar and damit biometrisch auswertbar zu machen, hat in vielen Bereichen zu einem erheblichen Qualitatssprung gefuhrt and Computer sind heute aus Forschungslaboratorien nicht mehr wegdenkbar. Effektivere Datenarchivierung mit schnellem Zugriff, Statistik and Grafikprogramme haben bei der Durchfiihrung wissenschaftlicher Arbeiten umstandliche Strichlistenverfahren abgelost. Ein „online" Literatursystem mit Anschlull an groBe Literaturdatenbanken ermoglicht einen gezielten Uberblick fiber die unuberschaubar gewordene Menge an wissenschaftlichen Einzelpublikationen. Moderne Textverarbeitung ist bei der Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten
248 heute zum Standard geworden and auch bei der Akzeptanz der Arbeit zur Publikation nicht ohne Bedeutung. Bei einigen Zeitschriften (wie der vorliegenden) wird bereits urn Uberlassung der Arbeit auf Diskette im ASCII-Code oder einer komerziellen Standardsoftware gebeten. Vortrag Schdnherr, U., Lang, G.K. and die „Erlanger Augenblatter Gruppe" *: EDV in der Klinik. Teil II: am Beispiel der Erlanger Augenklinik Seit 1986 werden an der Augenklinik mit Poliklinik Erlangen Nurnberg alle Katarakt-, Keratoplastik- and Glaukomoperationen prospektiv erfal3t [3]. Alle Anamnese-, Befund-, Diagnose-, Operations- and Verlaufsdaten werden standardisiert dokumentiert and stehen der Auswertung zur Verfugung. Ausgehend von dieser Patientengruppe wurde ein standardisiertes Datenbanksystem entwikkelt, das so konzipiert ist, daB andere Bereiche angeknupft'werden konnen. So wurden in den letzten Jahren nach and nach fast alle Untersuchungsmethoden standardisiert and die Daten der Gesamtdatenbank zuganglich gemacht. Uber die fur jeden Patienten eindeutige Identifikationszahl ist eine verkniipfte Analyse der verschiedendsten McBdaten in Abhangigkeit von Diagnose, Operationsart and Verlauf moglich. Die Hardwarekonfiguration basiert zur Zeit auf 30 eigenstandigen Personal Computern (PC) die zum Teil mit einem Netzwerk (Novell(R)) verbunden sind. Die Verknnpfung aller PC's ist derzeit in Arbeit. Die Datenbank besitzt ein dBase(R) Format, die Erfassungsprogramme wurden in der Programmiersprache Clipper(R) erstellt. Das Dokumentationsteam besteht aus einem EDV-Kaufmann (halbtags), einem Informatikstudenten (stundenweise), zwie Dokumentarinnen (ganztags) and alien Arzten der Klinik. Die Finanzierung erfolgte bisher uber Drittmittel. Grundlage der Erfassung sind die „Erlanger Augenblatter" [3], diese ermoglichen eine standardisierte Dokumentation and sind gleichzeitig Bestandteil der ,Krankengeschichte". Eine doppelte Buchfuhrung wird so vermieden. Die Daten werden anschlielend von einer Erfassungskraft in die Datenbank eingegeben. Die Diagnosen werden von der Dokumentatisonsabteilung nach dem ,,Erlanger Schliissel" verschlusselt [2]. Im Bereich der Operationsdaten wurde einen Schritt weiter gegangen [4]. Der Operateur gibt semen Operationsbericht fiir die Bereiche Katarakt and Keratoplastik direkt im AnschluB an die Operation im Operationssaal in den Computer ein. Dieses Operationsberichtsystem (OPERA) ist selbsterklarend in dBase aufgebaut, and die Eingabezeit soll auch fur computerunerfahrene Operateure deutlich unter 5 Minuten liegen. Die Stammdaten der zum jeweiligen Zeitpunkt stationaren Patienten werden dem Operateur „online" angeboten. Das System erstellt einen schriftlichen Operationsbericht and fiihrt durch Plausibilitats- and Vollstandigkeitskontrollen zu einer sorgfaltigen Dateneingabe and erhohter Auswertbarkeit. Das Diktieren, Schreiben and Eingeben von Operationsberichten entfallt. Ein analoges System wurde fur den Bereich Netzhaut- Laserchirurgie and Fluoreszenzangiographie entwickelt. Die Daten der Papillometrie, Biometrie, Hornhaut- Endothelmikroskopie, Laser-FlareZell-Metrie, Elektrophysiologie and anderer Lahore werden mit Hilfe von PC's erfaBt, mit der fur jeden Patienten eindeutigen Identifikationszahl versehen and der Gesamtdatenbank zuganglich gemacht. Die Stammdaten der Patienten werden von der Grol3rechneranlage der Verwaltung auf PC-Format transformiert and fiber das Netzwerk zuganglich gemacht. Insgesamt ergibt sich eine Grundlage fur ein echtes Klinikkommunikationssystem, das unter anderem eine kontinuierliche Qualitatssicherung ermoglicht. Diskussion Lesslzu Schonherr: Haben Sic an Ihrer Klinik ein EDV-unterstutztes Lehr-/Lernsystem (z.B. Bildplattensystem)? * Zur ,,Erlanger Augenblattergruppe" gehoren noch: U. Dieckmann, A. Handel, L. Horbach, J. Jonas, M. Kuchle, G. Michelson, L. R. Naumann, G.O.H. Naumann, K. Riepl.
Grabner zu Lang and Schonherr: 1. Frage: Wie bewerkstelligen Sie die Menge der Daten (besonders der Bildanalyse)? 2. Frage: Wann erwarten Sie einen brauchbaren Diagnoseschlussel? Schluiwort zu Lessel: Im Rahmen des Computer-Investitions-Programms (CIP) der Bayerischen Staatsregierung lauft im Kopfklinikum der Universitat Erlangen-Nurnberg ein Modellversuch, bei dem ein Unterrichtsraum mit 15 PC-Arbeitsplatzen and Peripheriegeraten eingerichtet wurde. Hier finden Kurse fur Studenten and medizinisches Personal statt, die zur Verringerung and zum Abbau bestehender Hemmschwellen gegenuber dieser Technologie fuhren. Ein Bildplattensystem wird derzeit nicht eingesetzt. zu Grabner: Antwort zu 1: Von groBer Bedeutung ist auch die Auswahl der Daten, die letztendlich gespeichert werden sollen, um riesige Datenfriedhofe mit unrelevanten Daten zu vermeiden. Eine Bildspeicherung wird, auBer im Rahmen der automatischen Perimetrie, derzeit noch nicht durchgefuhrt. Antwort zu 2: Der fiir den Bereich Ophthalmologic derzeit international gultige ICD-9 Schlussel wird demnachst durch den revidierten ICD-10 Schlnssel ersetzt werden. Dieser berucksichtigt die Augenheilkunde in groBerem Mal3e, leider entspicht er nicht dem heutigen Standard in der Ophthalmologic and ist nach unserer Meinung fur wissenschaftliche Zwecke nicht brauchbar. Die deutschsprachigen Ophthalmologischen Gesellschaften wurden erst nach Fertigstellung bei der Ubersetzung hinzugezogen. Aus diesem Grund hat sich, ausgehend von der EDV-Komission des BVA eine, fur alle Kliniken offene, Arbeitsgruppe ,deutschsprachiger Diagnoseschlussel" gebildet, an der mehrere Universitats-Augenkliniken mitarbeiten. Wir hoffen, bald einen brauchbaren Schliissel vorlegen zu konnen. Literatur [1] Lang GK, Naumann GOH and die „Erlanger Augenblattergruppe" (1990) EDV in der Klinik. Fortschr Ophthalmol 87: 80-84 [2] Naumann GOH, et al. (1980) Pathologic des Auges. In: Doerr W, Seifert G, Uehlinger E (Hrsg) Spezielle anatomische Pathologie, Bd 12. Springer, New York Berlin Heidelberg [3] Naumann GOH, Guggenmoos-Holzmann I, Handel A, Jonas J, Noding H, Ruprecht KW (1987) „Erlanger Augenblatter". Klin Monatsbl Augenheilkd 190: 447-449 [4] Schonherr U, Riepl K, Lang GK, Naumann GOH and die ,,Erlanger Augenblatter-Gruppe"* (1990) Automatischer LinsenOperationsbericht. In: Freyler H, Skorpik Ch, Gras! M (Hrsg) 3. KongreB der Deutschen Gesellschaft fur Intraokularlinsen Implantation. Springer, Wien New York, S 229-234 Vortrag Emmerich, K-H. (a.G., Darmstadt): Pilzerkrankungen des Auges Pilzerkrankungen konnen in der Definition von Vanbreuseghen den Menschen auf vier verschiedene Arten befallen. Als Myzetismus bezeichnen wir die Vergiftungssymptomatik nach dem Genuf giftiger Pilze, beispielsweise von Knollenblatterpilz oder Fliegenpilz. Mykotoxikosen liegen dann vor, wenn einzelne Stoffwechselprodukte von Pilzen Krankheitssymptome herbeifuhren; Beispiel hiefur sind die durch das sogenannte Aflatoxin der Schimmelpilze hervorgerufenen Erkrankungen an Leberkrebs oder die als Ergotismus bekannte, im Mittelalter bedeutungsvolle Erkrankung durch Mutterkornalkaloide. Mykoallergosen sind Erkrankungen, bei denen allergische Rekationen auf einen Pilzbefall, beispielsweise eine Nagelmykose, als wesentliche Ursache fur das Auslosen der klinischen Symptomatik diskutiert werden. Mykosen liegen schlieBlich dann vor, wenn Pilze im lebendem Gewebe auftreten and zu dem Auftreten von Krankheitssymptomen fuhren. In der Augenheilkunde sind Mykosen als exogene and als endogene Infektionen von Bedeutung. Exogene Infektionen konnen ein sonst gesundes Organ, beispielsweise nach einem Trauma, wie bei der einer Verletzung der Hornhaut, befallen. Im Bereich der
249 Augenlider konnen eine Blastomykose oder eine Sporotrichose durch den Befall mit Dermatophyten auftreten. Bindehautentzundungen konnen bei einem pradisponierten Personenkreis durch Hefen verursacht werden. Mykotische Hornhautgeschwnre konnen verursacht werden durch Infektionen mit Schimmelpilzen oder Hefen, beispielsweise durch Spezies von Fusarium, Aspergillus, Cephalosporium and Candida. Das Krankheitsbild einer Candida-Endophthalmitis ist dadurch gekennzeichnet, daB Patienten mit einer typischen Anamnese fiber eine allmahliche Sehverschlechterung gemeinsam mit dem Auftreten eines ,roten Auges" klagen. Im Spaltlampenuntersuchungsbefund zeigt sich eine eher massige Iridiozyklitis mit flockigen oder wolkigen Glaskorpertriibungen, schneeballartige Glaskorperverdichtungen and einzelnen oder auch mehreren weiBlichen Herden in der Netzhaut oder an der Grenzschicht zwischen Netzhaut and Glaskorpergrenzmembran. Bei solchermallen begrnndetem Verdacht auf eine Candida-Endophthalmitis sind unverzuglich mykologische Untersuchungen and eine internistische Diagnostik zu veranlassen. Am mykologischen Untersuchungen sind serologisch der Candida-HA-Test sowie der Candida-IF-Test durchzufuhren. Ferner mussen Abstriche von Mund and Anus sowie eine Urinprobe auf den kulturellen Nachweis von Candida albicans bzw. anderer Erreger untersucht werden, um hierdurch bedingte positive serologische Ergebnisse auszuschlieBen. Internistisch ist auger routinemassigen Laboruntersuchungen des Blutbildes zumindest eine sonographische Untersuchung des Abdomens sowie eine Rontgenaufnahme der Lungen notwendig; sinnvoll ist, gleichzeitig die Nierenfunktion zu nberprufen, da bei einer eventuellen antimykotischen Therapie mit Flucytosin die therapeutische Dosierung bei Niereninsuffizienz zu vermindern ist. Erharten diese Untersuchungen den Verdacht auf eine Candida-Endophthalmitis, wird als Therapie der Wahl eine systemische antimykotische Kombinationstherapie mit 0,3 mg Amphotericin B /kg/Tag and 150 mg Flucytosin /kg/Tag fur die Dauer von 14 Tagen eingeleitet. Wahrend dieser Therapie sind ein internistisches Monitoring wegen der moglichen Nebenwirkungen dieser Chemotherapeutika sowie mykologische Kontrolluntersuchungen der oben genannten Parameter mindestens in wochentlichen Abstand notwendig. Ziel dieser systemischen Behandlung ist es, die der Fungamie ursachlich zugrundeliegende Organmanifestation zu sanieren and zu vermeiden, daB erneute Fungamien auftreten konnen. In Abhangigkeit von deco klinischen Bild entweder anschlieBend, nach der systemischen antimykotischen Therapie and dem Ruckgang der serologischen Parameter, oder aber auch bei einer unter der Therapie fortschreitenden Verschlimmerung des opththalmologischen Befundes eine pars plana-Vitrektomie durchgefuhrt. Im Rahmen der pars-plana-Vitrektomie kann dabei, ebenfalls in Abhangigkeit von dem klinischen Bild, eine lokale Amphotericin B-Instillation in entsprechend niedriger, nicht netzhauttoxischer Dosierung nutzlich sein. Abweichend von diesem Vorgehen kann natnrlich bei einer Abheilung des Herdes unter der systemischen antimykotischen Therapie auf einen glaskorperchirurgischen Eingriff verzichtet werden. Das Ende der antimykotischen Therapie nach Vitrektomie oder die Umsetzung der medikamentosen Therapie auf orale Antimykotika geschieht in Abhanigkeit von dem klinischen Bild sowie den mykologischen and internistischen Befunden. Diskussion Schonherr zu Emmerich: Wann fuhren Sie eine Laserbehandlung bei Candida-Endophthalmitis durch? Schlufiwort Emmerich zu Schonherr.: Hierbei handelt es sich zweifelsohne um einen Ausnahmefall in der Behandlung einer Candida-Endophthalmitis. Bei dem vorgestellten Patienten zeigte das rechte Auge das Vollbild einer Candida-Endophthalmitis and muBte daher einer Vitrektomie zugefnhrt werden; am linken Auge fand sich ein isolierter entzundlicher Herd, der einer Laserkoagulation zugefuhrt wurde. Die Fotodokumentation wurde vorgestellt.
Sitzung vom 8. April 1991 Vortrag Schlote, H.W. (a.G., Magdeburg): Ein neues Vakum-Trepansystem fdr die Hornhauttransplantation Die Ergebnisse bei der Keratoplastik sind von vielfaltigen Faktoren abhangig, welche wir nur zum Teil beeinflussen konnen. Exakte Ubereinstimmung der Schnittrander von Transplantat and Empfangerhornhaut ist eine Voraussetzung fur eine erfolgreiche Transplantation mit geringem Astigmatismus. Ferner kommt der moglichst geringen Schadigung des Hornhautendothels beim Schnitt groBe Bedeutung zu. Der doppelt gefiihrte Vakuum-Trepan der Firma Deutschmann, Zittau/Deutschland, den wir experimentell and klinisch erproben konnten, halt durch einen Saugring am Limbus and eine zentrale Saugplatte die Hornhaut wahrend des Schnittes in ihrer urspr inglichen Konfiguration. Zwischen Saugplatte and Saugring lauft das Rundmesser mit 580 Umdrehungen pro Minute and einem maximalen Vorschub von 1,5 mm an der Spenderhornhaut, sowie 0,9 mm am Empfangerauge. Der Trepanationsvorgang ist jederzeit fiber einen FuBschalter zu unterbrechen. Die Gefahr der Verletzung von Iris oder gar der Linse am Empfangerauge ist praktisch ausgeschlossen, wenn der Bulbus bei der Trepanation leicht angehoben wird and die Hornhaut zwischen Trepan and AuBensaugring mit dem Mikroskop beobachtet wird. Zusatzliche Sicherheit gewahrt die Instillation von Healon (R) in die Vorderkammer. Experimentell konnte die Zone defekten and geschadigten Endothels am Transplantatrand mit 0,17mm ermittelt werden and ist damit geringer als bei vergleichbaren Trepanen. Die Rundheit des Transplantates wurde als Differenz zwischen groBtem and kleinstem Durchmesser bestimmt and ist mit 0,06 mm + / — 0,01 mm an der Epithelseite bzw. 0,15 mm + / — 0,08 mm an der Endothelseite gleich oder kleiner als bei vergleichbaren Trepansystemen. Bei 18 konsekutiven perforierenden Keratoplastiken wurde der Trepan verwendet and sehr gute Ergebnisse erzielt. Der Trepan ist nicht fur exzentrische Keratoplastiken geeignet and bei retrokornealen Membranen mull von Hand ,nachgearbeitet" werden. Diskussion Grabner zu Schlote: 1. Frage: Was sind die Kosten des Systems? 2. Frage: Sehen Sie Probleme bei stark ektatischen Hornhauten? 3. Frage: Wo sind die Unterschiede zum GTS? Stepanik zu Schlote: Fur den Trepanationsvorgang am Patienten erscheint mir von Bedeutung, wie sich der Augendruck and die Vorderkammer (an der Spaltlampe, im optischen Schnitt) verhalten, wenn nur der periphere Ring angesaugt wird. Nemec zu Schlote: Welchen Zweck hat die Vorderkammerpunktion vor der Trepanation, wenn kein Healon (R) verwendet wird? Schluf3wort Schlote zu Grabner: a) Das gesamte Trepansystem mit Steuerteil, zwei Handstucken fur Spender and Empfanger sowie mehreren Trepansatzen kostet insgesamt 24.000 DM. b) Stark ektatische Hornhaute haben wir bisher nicht operiert, jedoch das System bei perforierenden Hornhautulcera ohne Probleme anwenden konnen. c) Unser Trepansystem ist billiger, leichter zu handhaben, sehr schnell einsetzbar mit unterschiedlichen Trepangrolen bestiickt, die je nach Wunsch ohne zusatzliche Kosten angewendet werden konnen. Schlote zu Stepanik: Entsprechende Untersuchungen wurden nicht angestellt. Danke fur die Anregung. Schlote zu Nemec: Die Healon (R) — Instillation ist tatsachlich nur notwendig, wenn die Vorderkammer flach ist bzw. aus Sicherheitsgrunden. Ich fiihre die Vorderkammerpunktion bei der Anwendung des Systems durch, um jederzeit die Moglichkeit des Eingebens von Healon (R) zu haben, ob schon ich es bei tiefer Vorderkammer nicht verwende.
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Vortrag
Schlote, H.W. (a.G., Magdeburg): Ein Therapiekonzept bei hochgradiger progressiver Myopie
Birngruber, R. (a.G., Munchen) Laserapplikation beim Glaukom
Die hochgradige progressive Myopie wird in aller Regel nicht kausal behandelt, sondern lediglich moglichst gut mit optischen Hilfen korrigiert. Seit 1987 fuhren wir bei hochmyopen Kindern mit einer Progredienz der Myopie von mindestens I dpt pro Jahr eine operative Skleraverstarkung durch and verfolgen die Entwicklung insbesondere im Vergleich zum nicht operierten Partnerauge. Die Operation besteht in der relativ einfachen Implantation von lyophilisierten homologen Durastucken, deren Gr6Be nach eingehender Ultraschalluntersuchung festgelegt wird. Die Dura wird unter die Tenonsche Kapsel zwischen den Ansatzen der geraden Muskeln in Richtung auf den hinteren Pol geschoben. Die Fixation erfolgt lediglich am vorderen Ende gemeinsam mit Tenonschem Gewebe auf der Sklera in Hohe der Muskelansatze. Es wird caber die Ergebnisse berichtet, die an einer ersten Gruppe mit 54 Patienten gewonnen wurden, bei denen die Nachbeobachtungszeit mindestens ein Jahr betrug. Im Vergleich zum nicht operierten Auge konnte eine Verminderung der Zunahme der Bulbuslange, ein Anstieg der Sklerarigiditat and eine geringe Verbesserung des Visus zum Teil statistisch signifikant nachgewiesen werden. Histologische Untersuchungen an operierten Ziegen- and Kaninchenaugen zeigen, daB nach einer kurzen Phase entzundlicher and Fremdkorperreaktionen eine Vitalisierung der Implantate einsetzt, die nach drei Monaten zu einer innigen, reizarmen Verbindung mit der Empfangersklera fuhren. Neben familiarer Belastung and Sklerastrukturveranderung wird einem erhohten intraokularen Druck in der Genese der progressiven Myopie Bedeutung zugemessen. Wir haben 132 myope Augen von Patienten im Alter zwischen 7 and 40 Jahren untersucht and fanden zahlreiche, zum Teil diskrete Kammerwinkelveranderungen. Der Mittelwert des Augendruckes lag ca. 2 Torr caber jenem einer gleichaltrigen Kontrollgruppe ohne Myopie, bei 16 Augen betrug er 24 Torr and mehr. Die Progredienz der Myopie war durchschnittlich — 0,7 dpt pro Jahr deutlich hoher. Die Sklerarigiditat der untersuchten Gruppe war insgesamt erniedrigt. Moglicherweise konnte die medikamentose Senkung des Augendruckes die Progredienz der Myopien bremsen.
nicht eingelangt Diskussion Strasser zu Birngruber: Intraoperativ auftretende Blutungen bei der Laser Iridotomie oder auch, in seltenen Fallen, bei der Lasertrabekuloplastik konnen doch mitunter zu unangenehmen Komplikationen, wie etwa Drucksteigerungen, fuhren. Dies ist vor allem dann zu erwarten, wenn diese Blutung auf ein bereits teilweise funktionell dekompensiertes Trabekelwerk treffen. Jedoch konnen Blutungen dieser Art rasch intraoperativ mittels Kompression durch Erhohung des Augendruckes vorn Kontaktglas caber eine Dauer von ca. 60 Sekunden gestoppt werden. Es kommt dann in der Regel nur zur Ausbildung eines zarten fahnenformigen Blutkoagulums am Blutungsort. Hommer zu Birngruber: Weil bei der Laser-Disruption der Iris mit Blutungen zu rechnen ist and andererseits bei der Laser-Koagulation infolge der hohen Temperaturen Verklebungen der Kolobome vorkommen, hat Schirmer — in Anlehnung an Fankhauser's Hinweis zuerst eine Koagulation and anschlieBend eine Disruption durchzufuhren — vorgeschlagen, in rascher Folge Koagulation and Disruption wechseln zu lassen and so ein moglichst glattes Loch ohne Blutung zu ,bohren". Seiler hat seine Sklerotomie ab externo hier vor zwei Jahren schon erklart. Von der Weiterentwicklung oder klinischen Anwendung dieser groBartigen Idee, bei der das austretende Kammerwasser selbst die Wirkung des Lasers unterbricht, hat man aber nichts mehr gehort. Die transsklerale Photozyklothermie ist eine Methode, die in desperaten Fallen hilfreich sein kann. Sie muB nur sehr sorgfaltig Schritt fur Schritt vorgenommen werden um einen Ubereffekt and damit Phthisis zu vermeiden. Schlu,8wort nicht eingelangt
Sitzang vom 17. Joni 1991 Diskussion Stepanik zu Schlote: Aus der Histologie ist allgemein bekannt, daB bei maligner Myopie die Skiera lediglich in hinteren Bereich, insbesondere am hinteren Augenpol zunehmend dnnn and ektatisch wird. Wie sollen nun die implantierten Dura mater-Segmente, wenn sie selbst im aquatorialen Bereich, wo sie der Sklera breit aufliegen, in dieser keine nennenswerte, reaktive Veranderung erzeugen, den pathologischen SkleraprozeB am hinteren Pol hintanzuhalten? Grabner zu Sc/dote: Wo sehen Sie den Unterschied Ihrer Methode zu den Techniken von Nestorov and Snyder-Tompson? Schlu,6wort Schlote zu Stepanik: In unseren tierexperimentellen Untersuchungen konnten wir nachweisen, daB nach einer initialen Entznndungsreaktion eine Vitalisierung der Transplantate einsetzt, die letztlich zu einer innigen Verbindung zwischen Irnplantat and Sklera fiihren. Wir fUhren den Eingriff bereits bei Kindern durch, bevor es zu einer erheblichen Ausweitung am hinteren Augenpol gekommen ist. Die Transplantatlange wird nach dem Ultraschallbefund bestimmt, so daB alle wesentlichen Bereiche der Sklera durch das Implantat, das unter der Tenonschen Kapsel relativ fest dem Bulbus angedruckt wird, erreicht werden. Schlote zu Grabner: Unsere Methode hat wesentlich weniger Risiken als die Technik von Nestorov and Snyder-Thompson. Im besonderen im Hinblick auf potentielle Optikusschaden ziehen wir das von uns geiibte Verfahren vor.
Laudatio zum 70. Geburtstag von Herrn Professor Dr. Udo R. Nemetz gehalten von Prim. Doz. Dr. Stefan Harrer
Der 70. Geburtstag von Prof. Dr. Nemetz bot Gelegenheit, in einer auBerordentlichen Vollversammlung der Ophthalmologischen Gesellschaft in Wien am 17. Juni 1991 einen Einblick in Werdegang and Wirken dieses vielseitigen Menschen zu geben. Geboren am 9. Juli 1921 in Suceawa, Rumanien, verbringt er dort auch seine Kindheit and Schulzeit. Musikalisch auBerordentlich begabt, entscheidet sich Prof. Nemetz 1941 nach Wien zu gehen, inskribiert Medizin and besucht zugleich die Dirigentenschule. Durch die Kriegsumstande setzt er sein Medizinstudium in Giessen an der Lahn fort and promoviert dann 1945 in Wien. Seine Ausbildung zum Augenarzt erfolgte sowohl an der I. als auch an der II. Universitats-Augenklinik unter den Professoren Pillat and Lindner. 1955 fart er die erste Hornhauttransplantation der I. Universitats-Augenklinik erfolgreich durch. Aufgrund von mehr als 100 wissenschaftlichen Publikationen and Vortragen im In- and Ausland — wegen ihres klaren and logischen Aufbaues sehr geschatzt — erfolgt 1958 die Erteilung der Venia legendi and 1977 die Ernennung zum a.o. Univ. Professor. 1962 ubernimmt Prof. Nemetz die Leitung der Augenabteilung im Hanusch-Krankenhaus, die er bis zur Versetzung in den Rubestand im Juni 1987 innehat. Mit seinem Sinn fur Wesentliches, seinem Oberblick and Organisationstalent hat er einige Institutionen eingerichtet, die sich bis heute bewahrt haben: 1952 Grundung der ersten Schielambulanz in Osterreich 1962 Grandung der Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen
251 des Verbandes der Augenarzte Osterreichs, die Prof. Nemetz 25 Jahre geleitet hat 1962 Ausbau der Schielambulanz im Hanusch-Krankenhaus 1964 Grundung der ersten Glaukomabulanz Osterreichs im Hanusch-Krankenhaus Bei Problemlosungen hater immer ein offenes Ohr fur die Standpunkte anderer, was sich z.B. in der berufspolitischen Auseinandersetzung mit den Optikern segensreich auswirkt. Honoriert wird dies seitens der Optiker-Innung durch die Verleihung der Simon-PlosslMedaille and des Grunwald-Ehrenringes. Aber auch andere Ehrungen bleiben nicht aus: 1983 Verleihung des Osterreichischen Ehrenzeichens I. Klasse fur Wissenschaft and Kunst 1988 Ernennung zum Ehrenmitglied der Gesellschaft der Augenarzte der DDR 1989 Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens fur Verdienste um das Land Wien 1991 Ehrenmitglied der Osterreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft Neben seiner beruflichen Tatigkeit nimmt die Musik einen breiten Raum in seinem Leben ein. Zusammen mit seiner Frau Helga, aus einer Musikerfamilie stammend, and den beiden Kindern, die die medizinische and musikalische Tradition fortsetzen, gestaltet er regelmaBig mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker Hausmusikabende, die zu den gesellschaftlichen Hohepunkten in Wien gehoren. Wir wunschen Herrn Prof. Nemetz noch viele Jahre der Beschaftigung mit Medizin and Musik, mit unvermindertem Temperament and Elan. Besonders danken wir ihm fur seine stete Bereitschaft, uns mit Rat and Tat zur Seite zu stehen. Vortrag Stangler-Zuschrott, E.: Strabologie im Wandel der letzten 40 Jahre Nachdem die Orthoptik in England bereits 20 Jahre zuvor hoch entwickelt war, erfuhr die Schielbehandlung auf dem europaischen Festland erst zu beginn der 50er Jahre eine grundlegende Erneuerung, vor allem durch die Arbeiten von Bangerter and Coppers. Die so benannte ,Strabologie" wurde zu einem Teilgebiet der Ophthalmologic. „ Sehschulen" wurden eingerichtet; an der 1. Univ.- Augenklinik durch U. Nemetz eine oppparativ modernst ausgestattete Station. Nach 25 Jahren Tatigkeit an dieser Station wird ein Oberblick caber die wesentlichen Anderungen von Diagnostik and Therapie versucht, wie caber neue theoretische Erkenntnisse and die Ausweitung des Fachgebietes in Richtung Allgemein- and Neuroophthalmologie. Stand der der Strabologie in den 50er Jahren an der 1. Augenklinik Wien (Nach Publ. von U. Nemetz); Ablauf der Schielbehandlung: Brillenverodnung nach Skiaskopie, Okklusionsverbande bei Amblyopie, nach Erreichen eines Visus von 6/18 Beginn mit Binokulartraining am Synoptophor, wodurch der Schielwinkel oft reduziert wurde; Operation: Tenotomie and Vorlagerung, anschlieBend Blickverbande, ein Restschielwinkel von 5° wurde als Heilung angesehen, dann neuerlich Binokulartraining. Nach 1955 wurde unter dem EinfluB Bangerters die Okklusion bei exzentrischer Fixation als kontraindiziert angesehen and die ,aktive Pleoptik" eingefnhrt. Internationale Entwicklungen Amblyopie: Worth hatte schon 1907 erkannt, daB eine Amblyopie nach dem 7. Lebensjahr kaurn noch zu beinflussen sei and hat Okklusionsbehandlung schon bei Sauglingen empfohlen. 1927 fuhrte Sattler den Mastisolverband des fiihrenden Auges bei alien Amblyopien ein, nach anfanglichen Erfolgen zeigten sich auch MiBerfolge, die zu einem therapeutischen Nihilismus unter den Augenarzten fuhrten. Dies bewog Bangerter, fur Falle mit exzentrischer Fixation die ,apparative Pleoptik" (1943) einzufiihren. In der Meinung, daB die Exzentrizitat durch Okklusion starker verankert werde, hielt er die Okklusion ab dem 4. Lj. fur kontraindiziert. Im 3. Lebensjahr empfahl er Einschleichokklusion mit immer dichteren Folien. Das groBe Verdienst Bangerters ist es, auf die Notwendigkeit
der Amblyopieprophylaxe im 1. and 2. Lj. mittels Okklusion aufmerksam gemacht zu haben, er ist der geistige Vater unseres heutigen Mutter-Kind-Passes, propagierte die Fruherfassung von Sehschaden and schickte seine Orthoptistinnen zu Reihenuntersuchungen in die Kindergarten. Von seiner pleoptischen Behandlungstrias (Pleoptophor, Lokalisator, Zentrophor) ist das Pleoptophor auch heute noch ein unverzichtbares Gerat. Deutsche pleoptische Schule: Clippers: 1956 Euthskop, Wiederherstellung der fovealen Hauptsehrichtung mit Hilfe von Nachbildern, bei unstet zentraler Fixation findet der Koordinator (Prinzip Stimulation der Makula and Lokalisationsnbungen mittels Haidinger-Buschels) auch heute noch breite Anwendung. Optomotorische Reizmethoden (Otto u. Rabetge 1964): Prinzip ist, standig bewegte Reize anzubieten and caber die Motorik die Senorik zu verbessern, Skotome zu durchbrechen. Dazu gehoren: Pendel , Muskeltrainer, Einzel-E-Methode nach Otto and Rabetge, Lichtstreifenreizung (Otto u. Stangler 1967), Visumeter, spi ter der CAM-vision-stimulator (Campbell 1978) and eigentlich auch das Zentrophor von Bangerter. Weitere Methoden der Amblyopiebehandlung: Penalisation (Pfandl 1958, 1970 von Quere typisiert), Prismen regelrecht and invers (Pigassou), Rotfilter, Sauerstofftherapie, Medikamente (zuletzt Dopamin) konnen Skotome vorubergehend abbauen. Die Vielfalt der pleoptischen Behandlungsmethoden zeigt auf, daB keine von ihnen absolut erfolgreich ist, die Heilungsrate blieb niedrig, nicht besser als jene mit Okklusionbehandlung. Unter dem EinfluB v. Noordens kehrte man in den 70er Jahren zur Okklusion zuriick, die aktive Pleoptik wurde nahezu vergessen. Amblyopiebehandlung an der 1. Augenklinik Wien bei exzentrischer Fixation: Okklusion bis zum Schulalter, danach nicht mehr erfolgreich. Im Schulalter mit einer Heilungsrate von 30% (Mikrotropien 60%): kombinierte Amblyopiebehandlung: Optomotorische Reizung, Pleoptophorreizung, kontrollierte Lokalisationsiibungen, visuelles Training (Einzel-E, Trennungstrainer). Monokular nicht trainierbare Falle (Papillenfixation, Stangler-Zuschrott 1978) konnen unter BinokulareinfluB noch geheilt werden (zentral schwarze Kontaktlinsen). Neue theoretische Kenntnisse caber Amblyopie: Hubel u. Wiesel (1963): Nachweis von Zellverlusten im C. genic. lat.durch Stimulusdeprivation im Tierversuch. V. Noorden (1973) Versuche am Affen: LidverschluB, Strabismus and Anisometropie erzeugen vergleichbare anatomische Veranderungen; gemeinsamer Name Deprivationssyndrom, obwohl 2 verschiedene auslosende Mechanismen vorliegen: Stimulusdeprivation (Cataract, Anisometropie) and binokularer Wettstreit (Schielen, Anisometropie). Nachweis auch am Menschen gelungen. Hdchste Empfindlichkeit fur Deprivation im 1. and 2. Lebensjahr, danach etwas geringer bis zum 9. Lj. Reversibilitat, wenn Okklusionsbehandlung rasch einsetzt. Therapeutische Konsequenzen: Operation der congen. Katarakt schon in den ersten Lebensmonaten, rascher Behandlungsablauf bei traumat. Katarakt bis zum 10. Lj., Okklusionsbehandlung kurzfristig alternierend. Typisierung verschiedener Schielformen: Wichtig wegen des Behandlungsplans and der Prognose. Grolte Verdienste kommen J. Lang (Zurich) zu: Mikrostrabismus (1966), Normosenorisches Spatschielen, Congenitales Schielsyndrom (1967) Nystagmusblockierungssyndrom (Adelstein u. Coppers 1966). Diagnostik des Binokularsehens: wurde fruher nur am Synoptophor vorgenommen. In den 60er Jahren Obergang in den freien Raum durch wenig dissoziierende Untersuchungsmethoden: Prismenleisten (Schielwinkel, Fusionsbreite), Streifenglaser nach Bagolini (1958) zur Fusions- and Korrespondenzprufung: Erweiterung des Panum'schen zum Pseudo-Panum-Raum bei ARC ermoglicht periphere Fusion beim Strabismus. Die Messung der Pseudo-Panum Areale ist der sicherste Korrespondenznachweis bei exzentrisch fixierenden Amblyopen, bei Papillenfixation uberwiegt NCR (Stangler-Zuschrott 1978). Phasendifferenzhaploskop (Aulhorn 1966) ermoglicht Diagnostik unter naturlichen Sehbedingungen. Einfache Stereo-Teste: J. Lang: Treffversuch, Lang-Stereo-Test. Diagnostik der Augenmuskelparesen: An die Stelle des
252 HESS-Schirms ist der weniger dissoziierende LEES-Schirm getreten. Die Standard-Untersuchung erfolgt am Tangentennetz nach Harms, das Synotopmeter (Coppers 1969) registriert Bulbusexkursionen bis 40° unter Fixationskontrolle mit dem Haidingerbuschel. Der Forcedduction-test ist in der Diagnostik unentbehrlich geworden. Feinste Motilitatsanalysen (unter 10 Exkusion) ermoglicht die Infrarot-Reflexions-Okulographie (IROG), mit der es u.a. gelungen ist, die motorischen Veranderungen visueller Deprivation bei Erwachsenen nachzuweisen (Stangler-Zuschrott 1990). Therapie des Binokularsehens Synoptophor: Vor 40 Jahren wurde versucht, die ARC in NRC umzuschulen. Lang hat aufgezeigt, daB lediglich latente NCR wiedererweckbar ist. Auch wegen vereinzelt provozierter Diplopie ist die apparative Orthoptik in MiBkredit geraten. Zu unrecht, denn Fusionstraining ist die Hauptaufgabe der Orthoptik. Fehlschlage sind vermeidbar wean man den Strabismus alternans in 2 groBe Gruppen typisiert (Otto u. Rabetge) and verschieden behandelt: 1. Fi lle mit Tendenz zur Binokularitat (Fnhrungsauge) schult man im subj. Winkel; 2. Rein alternierende Falle mit Tendenz zum Horror fusionis durfen nicht bifoveal stimuliert werden. Auch Hamburger hatte immer mit grol3en Fusionsbildern zu trainieren begonnen. Schulung des peripheren Binokularsehens im freien Raum mit Prismenfolien schon vor einer Schieloperation hat sich seit 20 Jahren bewahrt, die Operationsergebnisse wurden besser and stabiler, periphere Fusion kann erreicht werden, wenn auch keine Normalisierung des zentralen Binokularsehens. Schieloperationen: Die freie Tenotomie wurde verlassen ebenso wie die routinemaBige Riicklagerung beider Interni wegen der Gefahr spaterer Divergenzen and der Entstehung von A-Bewegungsmustern. Standard-Operation ist die kombinierte Schieloperation. Faden-Operation (Coppers 1971), Jensen-Operation bei Abducensparesen, justierbare Ndhte fur Revisionsoperationen, Erweiterung der Obliquus-Chirurgie, Verfeinerung der Technik and des Nahtmaterials. Injektion von Botulinus-Toxin in den Augenmuskel kann in Sonderfallen die Schieloperation ersetzen: Thyreogene Myopathie, Kontrakturen bei Augenmuskelparesen (EMGKontrolle notig); derzeit bewahrteste Indikation: Blepharospasmus. Forschungsgebiet der 1. Univ.-Augenklinik: Geriatrische Orthoptik Strabismus convergens des Presbyopenalters (Abgrenzung 1974), Schieloperationen bei Senioren, Fusionsiibungen bei Senioren, Binokularstorungen bei einseitiger Aphakie, Binokularsehen bei einseitiger schwerer Makulopathie and Prismenkorrektur etwaiger Schielstellung, Binokularsehen bei fortgeschrittenem Glaukom, Motilitatsstorungen bei M. Parkinson. Mitteilung Helm, I. Dog!, Ch.: 30 Jahre Schielambulanz hn Hanusch-Krankenhaus Anfang der Fiinfzigerjahre unter der Leitung von Doz. Dr. Guist hat man sich an der Augenabteilung des Hanusch-Krankenhauses schon mit Schielproblemen befaBt. Pra- and postoperativ wurden t)bungen am Hand-Stereoskop and spater am Synoptophor gemacht. Man erwartete sich eine Verkleinerung des Schielwinkels. 1961 wurde eine Schielambulanz eingerichtet and 1962 von Prof. Dr. Nemetz ausgebaut. Orthoptik and Pleoptik kamen in die Hande von Orthoptistinnen. Schwerpunkt war damals die Amblyopiebehandlung mittels Euthyskop (Coppers) and Pleoptophor (Bangerter) and die Schulung des Binokularsehens am Synoptophor mit dem Ziel, anomale Netzhautkorrespondenzen in normale umzuwandeln. Die Kinder waren meist im Vorschul- oder Schulalter. Die Amblyopie war daher nur mehr selten mit Okklusion zu beeinflussen, Prismenfolien waren noch nicht auf dem Markt. Die Bemuhungen, schielende Kinder schon friiher zu erfassen and zu behandeln, scheiterten am Mangel von geeigneten Brillenfassungen and Okklusionspflastern. Im Laufe der Jahre wurden auch diese Mangel behoben and das Vorsorge-Bewuftsein der Eltern durch Information in den Medien geweckt. Seit dem Angebot einer grundlichen Augenuntersu-
chung im Mutter-Kind-PaB machen Kleinstkinder einen nicht unerheblichen Teil der Patienten aus. Der Schwerpunkt der Tatigkeit in der Schielambulanz hat sich zu Frandiagnose and Prophylaxe bzw. Friihbehandlung hin verlagert. Es gibt heute schon eine Reihe von Tests, die auch mit Kleinkindern durchgefnhrt werden konnen (z.B. Preferential Looking, Fooks Sehzeichen, Lang-Stereo-Test). Neben Kindern aller Altersstufen suchen zunehmend Erwachsene die Schielambulanz auf: Storungen des Binokularsehens nach Schadel-Him-Traumen, durch Tumore oder Stoffwechselerkrankungen usw., werden sowohl konservativ (Prismens, Ubungen) als auch operativ versorgt. Ebenso werden Bildschirmarbeiter mit asthenopischen Beschwerden betreut. Auch die Anpassung vergroBernder Sehhilfen gehort zum Aufgabenbereich einer Schielambulanz. Die Bewaltigung all dieser Aufgaben setzt spezielle Kenntnisse voraus, wie sic Orthoptistinnen durch ihre Ausbildung haben, and nimmt viel Zeit in Anspruch. Schielambulanzen sind somit ein fester Bestandteil von Augenabteilungen geworden. Sitzang vom 14. Oktober 1991 Vortrag Clemens, S. (a.G., Munster): Perioperative Ultraschalldiagnostik der Netzhautablosung im Rahmen der vitreoretinalen Chirurgie Da eine Reihe von operationsbedurftigen vitreoretinalen Erkrankungen mit Trubungen der brechenden Medien einhergehen, ist fur die Festlegung eines adaquaten Therapieplans eine Aussage uber die Anlage oder Ablosung der Netzhaut wichtig. Die Kenntnis hieruber ermoglicht z. B. das weitere spontane Aufklaren des Glaskorperraumes bei Netzhautlochentstehung bzw. auch das Abwarten der Spontanresorption einer Glaskorperblutung bei diabetischer Retinopathie. Mit Kenntnis der Netzhautsituation lkBt sich eine genauere Operationsplanung durchfiihren. Bei Netzhautloch and Resorption der Blutung ware bei ausbleibender Ablosung eine Kryopexie moglich. Bei diabetischer Retinopathie kann eine Kryoapplikation an der peripheren Netzhaut durchgefuhrt werden. Im Falle einer Netzhautabhebung ware eine fruhzeitige Vitrektomie indiziert. Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand, z. B. dialysepflichtige Diabetiker, Lassen sich unter genauer Kenntnis der Netzhautsituation wesentlich besser einem operativen Zeitplan zufuhren. Zu Beginn einer Vitrektomie hat der Operateur duch die Echographic eine dreidimensionale Vorstellung von der individuellen Netzhautablosung and kann die Zugange danach ausrichten. Prognostische Faktoren konnen dem Patienten schon vor Beginn der Operation mitgeteilt werden, da die Motilitat der Netzhaut echographisch darstellbar ist, so wie die Ausbildung von Falten and auch die Trichterkonfiguration erkennbar ist. Zu den bisher bekannten and angewendeten Differentialkriterien zur Unterscheidung Netzhautablosung/Glaskorperablosung besteht ein weiteres Kriterium in der Darstellung von Membrana limitans interna. Pigmentepithel and Skleravorder- und -ruckflache. Dieses Kriterium kann mit den modernen B-Bild Gersten mit einer Auflosung von 0,2 mm oder besser bei nicht zu dunner Bulbuswand dargestellt werden, wenn der Schallstrahl rechtwinklig auftritt. Hornhaut, Linse and Ziliarkorper durfen hierbei nicht durchstrahlt werden, da sic zu einer Streuung fiihren. Damit scheidet der axiale Strahlengang aus. Es ergibt sich somit eine ringformige Darstellung von parazentral bis zum Aquator. Der direkte Weg durch die Sklera fuhrt nicht zur Darstellung, da die Abschattung hinter der Sklera weitere Strukturen, wie Pigmentepithel and Netzhaut schluckt. Es ist also nur der indirekte Strahlengang moglich. Anhand eines speziell entwickelten Fadenphantoms konnte fiir die vorhandenen Gerate eine ausreichende Auflosung nachgewiesen werden. Da in bis zu 20% der Falle von Retinopathia diabetica proliferans and nach Traumata eine fehlbeurteilte Netzhautsituation aufgrund der nicht optimal anwendbaren PegeldifferenzMethode vorkommt, stellt dieses weitere Kriterium eine zusatzliche Sicherheit bei Netzhaut-Fragestellungen dar. Die getrennte Darstellung von Netzhaut and Aderhaut durch Darstellung des Pigmentepithels ermoglicht weiter eine Dickenmessung mit kommer-
253 ziellen Geraten ohne zusatzlichen technischen Aufwand. Die Echospektrometrie kann zwar eine hohe Auflosung erreichen, kann jedoch die einzelnen Signale nicht bestimmten Strukturen zuordnen. Auch das Berucksichtigen von pulsierenden Schwankungen hat nicht weitergefuhrt. Die Dickenbestimmung von Netzhaut and Aderhaut wurde in Munster zu Studienzwecken bezuglich der Aderhautdicke bei bestimmten Narkosetiefen and Korperpositionen benutzt. Zum Beispiel war aufschluBreich, daB eine Vertiefung der Narkose nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit einer Entleerung der Aderhaut, sondern das Gegenteil ist der Fall. Dies durfte vor allen Dingen bei der Kataraktoperation and bei Keratoplastiken ein groBe Rolle spielen. Die Messung der Aderhautdicke hinter eine Silikonolblase war ebenfalls moglich. Hierbei konnte nachgewiesen werden, daB es durch eine Reduktion der Aderhautdicke in der postoperativen Phase zu einer zwangslaufig insuffizienten Tamponade des unteren Glaskorperraumes kommt, was in Form der unteren Sichelbildung auch schon beobachtet wurde. Verdickung der Aderhaut sind bekannt bei Nanophthalmus, allen eroffnenden Operationen and perforierenden Verletzungen sowie bei proliferativer diabetischer Retinopathie. Eine Netzhautverdickung tritt bei diesen Veranderungen nicht auf, ist jedoch bei einer Endophthalmitis vorhanden. Eine Mitbeteiligung der Netzhaut bei Endophthalmitis kann so leicht diagnostiziert werden, wahrend bei der Elektrophysiologie schon sehr friih ein Potentialverlust vorhanden ist. Die Echographie der Glaskorperstrukturen fiihrte besonders bei makulalochbedingter Netzhautabhebung zu interessanten Zusammenhangen zwischen der Prognose einer Gasinstillation and der Wiederanlegung der Netzhaut. Wenn Ober dem hinteren Staphylom die Netzhaut starr ist, Glaskorperansatze an der Makula bestehen and die hintere Staphylomauspragung echographisch deutlich nachvollziehbar ist, sollte von vornherein eine Vitrektomie mit gezielter Entfernung der epiretinalen Glaskorperresiduen durchgefuhrt werden. Das Anheften des Glaskorpers am Staphylomrand war ein weiteres Kriterium bei starkerer Myopic and laBt auf eine Art Zweiteilung des vorderen Basal- and hinteren Glaskorpers schlieBen. Beobachtungen mancher Operateure fiber Neubildung des hinteren Glaskorpers nach Vitrektomie konnen so in einem neuen Licht gesehen werden. Die weitlaufige Betrachtung fiber die Glaskorperabhebung mit kompletter Losung scheint so nicht stattzufinden, sondern vielmehr eine Auspragung einer groBeren Vakuole, die die hintere Glaskorperrinde an der Ruckwand des Auges belaBt. Diskussion Haddad zu Clemens: Inwieweit laBt sich eine beginnende Schrumpfung der Glaskorperbasis mit „Loop-traction", also eine beginnende vordere PVR mittels Ultraschall nachweisen? Schluiwort Die Region von Ziliarkorper bis Aquator findet sich im sogenannten toten Winkel der B-Bild-Echographie im Kontaktverfahren. Beim diagonalen Ausrichten des Schallbundels kann bei transkonjunktivaler and transpalpebraler Untersuchung kaum noch die notige Ankoppelung erreicht werden. Bei der direkten Fnhrung des Schallstrahles ist die Abschattung durch die Sklera so stark, daB dort feine Strukturen in direkter Nachbarschaft durch die Abschattung des Schalles hinter der Sklera keine differenzierte Untersuchung auf feinere Strukturen moglich ist. In dieser Situation bietet sich die Wasserbartankoppelung an, die zwar im klinischen Alltag umstandlich ist, jedoch fur spezielle Fragestellungen am vorderen Abschnitt and auch am peripheren Glaskorperraum nutzlich ist. Mit dieser Methode kann auch der tote Winkel dargestellt werden, wobei die Grabenbildung an der peripheren Netzhaut auch sichtbar ist.
pisches Sehen eine optimale Orientierung im Augeninneren zu erhalten and gezielte Manipulation an der Netzhaut sicher durchzufuhren. Trotz medikamentoser Mydriasis kann dieser Zustandjedoch oft nicht erreicht werden, da eine Sphinkterfibrose vorliegen kann oder hintere Synechien oder eine langjahrige Glaukomtherapie vorausgegangen ist. Exzisionen der Pupille, wie Sphinkterotomie, totale Iridektomie oder Entfernung des ganzen Sphinkters fBhren zu Blutungen oder Reizzustanden. Das kosmetische Ergebnis ist oft nicht befriedigend. In manchen Fallen ist der WiederverschluB der Pupille mit einer permanenten Naht erforderlich. Daraus ergab sich die Notwendigkeit and Moglichkeit der temporaren Nahtspreizung der Pupille wahrend des Eingriffes. Angaben dazu stammen von Eckhardt and Zivojnovic. Temporare Nagelungen der Pupille wurden von McCuen angegeben. Eine besonders einfach durchzufdhrende Nahttechnik wird vorgestellt, die nur in der Ebene der Iris duchgefuhrt werden kann, ohne einen weiteren Pars plana-Zugang durchfuhren zu mussen oder diagonal das Auge von der vorderen in die hintere Kammer queren zu mussen. Diese Nahttechnik in der Irisebene kann auch eine Pupillenerweiterung bei geschlossener Kammer and ohne die Absicht, eine Lensektomie durchzufUhren, angelegt werden. Zum Beispiel wurde sic bei Netzhautoperationen mit Fassen der Iriskrause durchgefiihrt. Da es sich urn eine fortlaufende Naht handelt, kann auch eine temporare Fixierung mit Hilfe einer Schlaufe durchgefnhrt werden, die jederzeit nachgespannt werden kann, wenn hintere Synechien gelost sind and eine zusatzliche Motilitat der Iris erreicht werden kann. Dissektionen der Irisriickflache sind mit dieser Technik besonders leicht durchfiihrbar, da sich bei der Indentation die Iris auch mit anhebt. Mit Hilfe der Erweiterung der Pupille laBt sich besonders die periphere Netzhaut gut darstellen and praparieren. Die Netzhautperipherie ist besonders wichtig bei dem Fortbestehen einer PVR, was in der neuen Stadieneinteilung der PVR durch Machemer and Koautoren offensichtlich wird. Auch bei der Fruhgeborenenretinopathie gestaltet sich die Eroffnung des peripheren Grabens and des anterior-loops mit der temporaren Nahtspreizung besonders gunstig. Komplikationen, wie Blutungen, leichte Sphinkterkerben oder strichformige Depigmentierungen des Irispigmentblattes, waren kosmetisch kaum auffallend and fdhrten nicht zu einem starkeren Reizzustand. Die Pupille war zwischen 3 and 5 Tagen nach der Vitrektomie wieder rund. Durch die Intaktheit des Insdiaphragmas im Gegensatz zu den Iridotomien konnen vordere and hintere Synechien weitgehend vermieden werden. Diskussion Haddad zu Clemens: Ist diese Methodik auch in phaken Augen durchfiihrbar? SchluJiwort zu Haddad: In der Publikation fiber die temporare Nahtspreizung der Pupille im Spektrum der Augenheilkunde 1991 ist ein Fall photographisch dokumentiert. Die Technik besteht in einer Fassung der Iriskrause unter Vermeidung des Pupillarsaumes, da hierbei die vordere Linsenkapsel ansonsten verletzt werden kann. Nach oberflachlicher Fassung der Iriskrause wird diese zunachst in die Peripherie gezogen, erst dann kann auch eine Durchstechung der Iris erfolgen, da in der Peripherie die Iris nicht mehr der Linsenvorderkapsel direkt anliegt. Diese Technik wurde inzwischen bei 6 Netzhautfallen mit enger Pupille durchgefahrt, die bei den sonstigen Moglichkeiten die Linse hatten opfern mussen. Komplikationen vonseiten der Linse sind bei Durchfuhrung der genannten Technik nicht entstanden. Sitzung vom 11. November 1991 Mitteilung
Vortrag
Radda, Th. M.: Die Augenabteilung des Donaaspitals (SMZ-Ost)
Clemens, S. (a.G., Monster): Temporare Pupillenspreizung mit einer Naht
In Wien wird im April 1992 ein neues Schwerpunktkrankenhaus mit zunachst 350 Betten seine Pforten offnen. Im Endausbau 1996 wird dieses Krankenhaus fiber fast 1.000 Betten verfugen. Die Augenabteilung mit 32 Betten wird im Herbst 1994 eroffnet. An dieser Ab-
Fur eine Vitrektomie sollte die Pupillenweite 4 mm betragen, fordert Machemer. Damit ist der Operateur in der Lage, durch stereosko-
254 teilung werden 12 Arzte tatig sein. Es wird neben dem aseptischen Operationssaal auch einen Ambulanz-OP geben. Die Ausstattung der Operationssale ermoglicht die Durchfiihrung aller derzeit gangiger mikrochirurgischer Eingriffe. Die Ambulanz umfaBt Raumlichkeiten fur Echographie, Biometrie, Laserchirurgie, Perimetrie sowie ein Fotolabor and eine Sehschule. Einen besonderen Schwerpunkt an der Augenabteilung wird die Laserchirurgie bilden. Vortrag Kraus, H. (a.G., Prag): Glaukombehandlung
Die Behandlung der Glaukome ist manchmal einfach, manchmal kann sie schlaflose Nachte fiir den Arzt and Patienten bringen, Das Offenwinkelglaukom lhBt sich einerseits schwer von der sogenannten okularen Hpyertension, andererseits von dem Normaldruckglaukom abgrenzen. Nicht alle Personen, die einen ,statistisch" erhohten Augenbinnendruck (ABD) haben, sind Glaukomatiker, wie dies einige langfristige Populationsstudien zeigten. Wir haben 55 Personen (108 Augen), die einen ABD uber 21 mmHg hatten mindestens 10 Jahre lang regelmaBig untersucht. Alle Personen wurden behandelt. Trotz medikamentoser oder chirurgischer Behandlung erhohte sich der ABD bei 37 Augen wahrend der Beobachtungszeit. Von 64 Augen mit normalen Gesichtsfeld am Anfang der Beobachtungszeit blieb es bei 54 (84,4%) normal. Von 35 Augen mit einem Bjerrumskotom and/oder nasalem Ausfall verschlechterte sich der Befund in 22 Augen (62,8%). Bei weit fortgeschrittenem Befund blieb dieser gleich in 9 von 10 Augen. Bei einem Mitteldruck unter 17 mmHg wurde wahrend der Beobachtungszeit keine Defektzunahme gefunden, bei Werten von 17-21 mmHg 4 Defektzunahmen von 25 Augen, bei ABD fiber 30 mmHg 6 Progressionen von 10 Augen. Immerhin gab es 4 Augen, bei denen bei langfristig erhohtem ABD keine Schaden entstanden. Ein EinfluB von arterieller Hypertension oder Arteriosklerose konnte nicht festgestellt werden aber ein negativer EinfluB von arterieller Hypertension wurde bestatigt. Bei Korrelation des ABD and Tagesschwankungen des Druckes wurde eine statistisch gesicherte Beziehung gefunden. Zur Diagnosestellung dienen neben Papillenbefund auch Netzhautnervenfaserdefekte. Von den subjektiven Untersuchungen neben Gesichtsfeld sind auch psychophysische Untersuchungen aufschluBreich (Farbsinn, Kontrastsensitivitat, VEP, Patter ERG). Eine Quantifikation des Compute-Perimeters (Deficit Ratio nach Etienne and Sellem) hilft bei Vergleich der Befunde. In einer Studie fanden wir Bute Ubereinstimmung der Netzhautnervenfaserdefekte mit Gesichtsfeldbefunden. Bei erhohtem ABD mit normalem Gesichtsfeld and Papillenbefund ist eine maximale Therapie nicht notig, aber eine sorgf iltige Oberwachung. Bei Veranderungen der Papille and des Gesichtsfeldes ist jedoch ein ABD unter 18 mmHg wunschenswert. Bei ungenugender medikamentoser Therapie, die nicht allzu komliziert sein sollte, ist eine Laser-Trabekuloplastik zu erwagen. Diese hat meist nur einen vorabergehenden Effekt and kann manchmal durch Verschiebung der chirurgischen Behandlung den Befund verschlechtern. Die haufigste Operation in unserer Klinik ist die Goniotrepanation unter Skleradeckel mit Bindehautlappen mit Fornixbasis and Fullung der Vorderkammer durch BSS. Bei wiederholt erfolglos operierten Patienten kann eine Zyklokryotherapie von Nutzen sein. Ein eigenes Silikonimplantat hat in 6 von 7 Augen den ABD gesenkt, bei 2 mit medikamentoser Therapie. Alle Augen wurden mehrmals voroperiert. Es handelte sich um Neovaskularisationsglaukome, traumatische Glaukome, Hydrophthalmus and Sekundarglaukom bei chronischer Uveitis. Sitzung vom 9. Dezember 1991
Nachruf In Mernorian o.Univ.Prof. Dr.med.vet. Dr.med.univ. Dr.h.c. OTTO VBERREITER gehalten von o.Univ.Prof. Dr.med.vet. Erich Eisenmenger
Am 11. Oktober 1991 starb in Wien em. o. Univ. Prof. Otto Uberreiter, Dr. medicinae veterinariae, Dr. universae medicine, Dr. h.c.
der Maximilians Universitat Munchen im 93. Lebensjahr. Das Lebenswerk Professor Uberreiter's reichte in eine Zeit zuruck, in der es einem akademischen Lehrer noch moglich war, ein groles wissenschafliches Gebiet in seiner Gesamtheit zu beherrschen, seine Erforschung in verschiedenster Richtung zu fordern, es in der Klinik praktisch umzusetzen and in der Lehre zu vertreten. Der Aufgabenbereich Professor Uberreiter's umfaBte daher neben der allgemeinen Chirurgie selbstverstandlich die Unfallchirurgie, die Orthopadie, Eingriffe im Hals-Nasen-Ohrenbreich and in der Urologie, die Chirurgie des Magen-Darm-Traktes, die Onkologie, die Narkoselehre and vor allem auch die Augenheilkunde. Und das bei Pferd, Rind, Hund, Katze, Gefliigel and anderen Tierarten. Die Fachkombination ,,Chirurgie and Augenheilkunde" ist historisch gewachsen: Die bereits 1765 von Maria Theresia and Joseph II gegrnndete Tierarztliche Hochschule, nach Lyon die zweite der Welt, erhielt erst 1908 das Promotionsrecht. Nun aber muBten schon vorher die Fachvertreter einer Hochschule graduierte Doktoren sein, die damaligen Professoren waren daher gelernte Philosophen, Juristen, auch Theologen and naturlich Humanmediziner. Einer dieser Humanmediziner war der sehr verdiente Professor Dr. Josef Bayer, der um die Jahrhundertwende Vorstand der Chirurgischen Klinik and erster ernannter Rektor war. Bayer brachte profunde Kenntnisse der Humanaugenheilkunde mit, adaptierte sic teilweise fur veterinarmedizinische Verhaltnisse, teilweise aber betrieb er aktive Studien auf diesem Gebiet and wurde so zum Begrunder der wissenschaftlichen Veterinarophthahnologie. Obwohl die Chirurgie am Auge in der Anfangszeit sicherlich nur einen bescheidenen Anteil hatte, blieb diese Kombination ,Chirurgie and Augenheilkunde" bis heute bestehen and wurde in aller Welt von vielen Veterinarschulen iibernommen. Bei Professor Uberreiter war der Bildungsweg jedoch anders: Nach dem ersten Weltkrieg, den er bis zuletzt als hochdekorierter Fahnrich teilweise mitgemacht hat, studierte er in Wien zuerst Veterinarmedizin, diplomierte 1923 and promovierte zum Doktor der Veterinarmedizin 1924. Dem ambitionierten and fleiBigen jungen Wissenschafter war es schon 1930 moglich, sich fur das Fach ,Veterinarchirurgie and Augenheilkunde" zu habilitieren. AnschlieBend begann er das Studium der Humanmedizin and promovierte schon 1935 zum Doktor med. univ, 1937, also noch keine vierzig Jahre alt, wurde er provisorisch mit der Leitung der Klinik betraut and 1939 zum ordentlichen Professor and Klinikvorstand ernannt. Seither leistete Professor Oberreiter — mit einer vierjahrigen Karenzzeit nach dem zweiten Weltkrieg — these Klinik bis zu seiner 1970 erfolgten Emeritierung. Neben dieser verantwortungsvollen Tatigkeit ubte Professor Uberreiter zahlreiche andere wichtige Funktionen aus and erhielt auch verdiente Ehrungen. Einige der wichtigsten mogen hervorgehoben werden: Rektor der Tierarztlichen Hochschule 1958/59, funf Jahre supplierender Leiter des Institutes fiir Rontgenologie and Hufund Klauenkunde, korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenkreuz fur Wissenschaft and Kunst I. Klasse and — was ihn besonders bewegte — er wurde als erster Europaer zurn Ehrenmitglied des American College of Veterinary Ophthalmologists ernannt. Und damit zuruck zur Veterinaraugenheilkunde: Die wissenschaftlichen Beitrage von Professor Oberreiter erfaBten fast alle anatomischen Bereiche des Auges and seiner Hilfsorgane. Auf dem diagnostischen Bereich verdient besonders hervorgehoben zu werden die Einf ihrung der Spaltlampenmikroskopie in die Veterinarmedizin. Wir haben in Wien aber auch die ersten, die mit einer KowarKamera den Fundus von Tierpatienten fotografierten and damit der wissenschaftlichen and didaktischen Auswertung zuganglich machten. Prof. Uberreiter veroffentlichte Arbeiten fiber den Tranenapparat, fiber Kammerwasservenen and Kammerwasserzytologie, fiber traumatische Iriszysten, Membrana pupillaris persistens, die Linsenchirurgie bei Luxation and Katarakta, weitere Arbeiten befaBten sich mit der peripapillaren Chorioiditis des Pferdes, mit dem Glaukom des Hundes and vor allem beschrieb er erstmals eine hereditare chronische Keratitis superficialis der Deutschen Schaferhunde, die seither semen Namen tragt.
255 So wurde Professor Uberreiter vor allem nach dem zweiten Weltkrieg zu einem weltweit fuhrenden Reprasentanten der Veterinarophthalmologie and eine groBe Anzahl von Fachleuten aus aller Welt absolvierte mehr oder weniger lange Gastaufenthalte an unserer Klinik. Filr Professor Uberreiter and die Entwicklung der Veterinaraugenheilkunde war aber der geistige Kontakt mit den Fachkollegen der Humanophthalmologie ein nberaus wichtiges and befruchtendes Element. Mit groBtem Interesse nahm er regelmaBig an den Sitzungen dieser Gesellschaft teil, verband ihn doch mit vielen Prominenten bis zuletzt ein freundschaftliches Verhaltnis: Er war Gastarzt in Zurich bei Vogt, in Wien bei Meller and bei Pillat and anderen and selbst hat er wiederholt in dieser Gesellschaft Vortrage gehalten. Es war fur Professor Uberreiter eine besondere Freude and Genugtuung, als Sie, meine Damen and Herren, in der Sitzung vom 6. Februar 1989 seines 90. Geburtstages gedachten and er daran in voller geistiger Frische teilnehmen konnte. Ich aber mochte mich bei Ihnen bedanken, daB ich heute als sein dankbarer Schiller, sein langjahriger Assistent and Amtsnachfolger als Klinikvorstand and schlieBlich als sein Freund hier die Verdienste and das Wirken von Professor Uberreiter noch einmal in Erinnerung bringen durfte! Wir haben einen bemerkenswerten Menschen verloren — einen Mann, fur den sein vielseitiger Beruf zeitlebens tatsachlich hochste Berufung war! Fiducit! Vortrag Draeger, J. (a.G., Hamburg): Neue Wege zur Fruhdiagnose and Verlaufskontrolle des Glaukoms
Es besteht kein Zweifel daran, daB die Erhohung des intraokularen Druckes jedem morphologischen oder funktionellen Schaden durch das Glaukom um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, vorausgeht. Um so erstaunlicher ist es, daB bei der Durchsicht des wissenschaftlichen Schrifttums derzeit Methoden zur Quantifizierung des morphologischen oder funktionellen Schadens dominieren. Dies konnte seine Ursache darin haben, daB entweder die Frage der Tonometrie als endgiiltige and optimal geloste betrachtet wird, oder aber, daB man ihre Bedeutung als wichtigstes Hilfsmittel zur tatsachlichen Fruhdiagnose etwas aus den Augen verloren hat. Beiden Gesichtspunkten soli hier nachgegangen werden: 1. Wollen wir uns mit der Optimierung der Anwendung bei der Fruhdiagnose des Glaukoms beschaftigen. Hier geht es zum einen um die Frage, wann and wie oft sollte tatsachlich tonometriert werden, um bier den gerade beim beginnenden Glaukorn ja typischen gr6Ber werdenden Tagesschwankungen auf die Spur zu kommen — worauf vor Jahrzehnten schon Hager oder Sampaolesi hingewiesen haben. 2. Soil der Frage nach der optimalen Technik eines fur solche Zwecke geeigneten Tonometers nachgegangen werden. Hier geht es zum einen um die unverzichtbare McBgenauigkeit, wobei wir uns mindestens am Standard des Goldmann'schen Prinzips zu orientieren haben, zum anderen aber urn eine dringend erforderliche Optimierung der Handhabung. Wie in vielen anderen Bereichen der Medizin wird man nicht umhin kommen, den Patienten aktiv in die Uberwachung seines eigenen Krankheitsverlaufs einzubeziehen. Das beste Beispiel hierfar ist die mittlerweile weltweit verbreitete Blutdruckselbstmessung bei arterieller Hypertension, die die Uberwachung des Verlaufes and insbesondere des Therapieerfolges fur dieses Krankheitsbild revolutioniert hat. Genau in diese Richtung sollten unsere Bemuhungen zielen. Auf technische Losungsmoglichkeiten bisherige klinische Anwendungen and Erfahrungen wird eingegangen.
Diskussion Stepanik zu Draeger.: Ist es richtig, wenn ich annehme, daB die, nach
Erreichen „O-Kontaktes", fiir die 3,06-Applanation erforderliche Kraft von einer Feder herriihrt and daB weiters, aufgrund der nur wenige Millisekunden betragenden McBzeit, so wie beim Non-contact-Tonometer (Stepanik (1988) Spektrum Augenheilkd 2: 203-207) auch bei diesem Tonometer die Streuung der McBergebnisse gegenuber dem Goldmann-Applanationstonometer auf ein Zwei- bis Dreifaches erhoht ist. Walde zu Draeger: Besteht in absehbarer Zeit die Moglichkeit, eine kleine handliche Version eines nach dem Goldmann-Prinzip arbeitenden Applanationstonometers mit optischem Sensor, wie sie es fur die Selbsttonometrie soeben vorstellten, auch fur den Gebrauch bei Hund, Katze oder Pferd zu entwickeln? Hiebei muBten die speziellen Erfordernisse, wie zum Beispiel eine groBere Applanationsflache and die einfache Handhabung, die die fehlende Kooperationsfahigkeit der Tiere erforderlich macht, berucksichtigt werden. Schlu,Bwort Zu Stepanik: Es ist vollig richtig, daB Instrumente mit sehr kurzer
Meldauer grundsatzlich nur eine Phase der puls- and atmungsabhangigen physiologischen Augendruckschwankungen erfassen konnen. Dies gilt etwa fiir die sogenannten Luftimpulstonometer, fiir die nach dem Macky-Marg-Prinzip arbeitenden Gerate, wie auch fur unser Gerat mit sehr kurzer Kontakt- and McBzeit. Vor allem im Falle von Messungen im Grenzwertbereich sollte darum die Messung gegebenenfalls im Abstand von einigen Sekunden emn- oder zweimal wiederholt werden, wobei erfahrungsgemaB die pulsatorischen Schwankungen eine GroBenordnung von I bis maximal 2 mmHg nicht i berschreiten sollten. Zur Bestimmung der ausgeilbten Kraft gibt es prinzipiell verschiedene Wege, die dem jeweils verwendeten Antriebssystem entsprechen: Elektromagnetische Antriebe, wie Linearmotoren, Tauchspulen oder Drehspulinstrumente lassen eine einfache Kalibrierung anhand der Stromaufnalune zu. Zu Walde: Da die Kontrolle der Abplattungsflache durch den optischen Sensor bier mit Hilfe einer mikroelektronischen ProzeBsteuerung erfolgt, kann technisch prinzipiell jeder gewBnschte Abplattungsdurchmesser vorgegeben werden. Dies ist nun fur den Gebrauch am Tierauge von besonderem Interesse: Haben wir es bier doch mit einer Vielzahl verschiedener Krummungsradien der Hornhaut and Bulbusvolumina zu tun. So bedarf z.B. das Auge des Pudels mit wesentlich groBerem Krummungsradien der Cornea als das menschliche Auge eines groBeren Abplattungsdurchmessers, um die Voraussetzungen des Imbert-Fickschen-Gesetzes zu erfullen. Das Gegenteil gilt selbstverstandlich fiir andere Spezies, insbesondere fiir Vogel, deren Hornhaut-Krummungsradius bekanntlich sehr viel kleiner ist. Dardberhinaus ist es nun moglich, derartig abweichenden Applanationsdurchmessern auch entsprechende veranderte Andruckkrafte zuzuordnen, sodaB im Prinzip eine spezifische Kalibrierung derartiger Tonometer speziesbezogen moglich ist. Es braucht lediglich die verwendete Software des Mikroprozessors darauf abgestimmt zu werden. Hardware-seitige Anderungen sind im Prinzip gar nicht erforderlich. Man wird also im Idealfall nur einen einfachen Wahlschalter zu betatigen haben — die Ablesung des McBwertes am Display kann dann in jedem Fall in mmHg erfolgen. ZweckmaBigerweise wurde ein derartiges, fur die Veterinar-Ophthalmologic bestimmtes Instrument dieselbe optische Kontrolleinrichtung besitzen, wie dies auch fur das in der Humanmedizin vorgesehene ,Arztmodell" vorgesehen ist.