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Social Media meets Shareconomy Wie der lokale Dienstleistungsvermittler Social Media nutzt, um Leute offline zusammenzubringen. von Daniel Andriani
Mit Social Media wurde das blitzschnelle, alle Grenzen einreißende (Mit-) teilen zum Massenphänomenen – allerdings nur kommunikativ. Informationen und Wissen lassen sich weltweit mit wenig Aufwand verbreiten. Shareconomy ergänzt diesen Trend, ermöglicht zusätzlich den Austausch von Waren und Arbeitszeit und verlängert den sozialen Effekt der Onlinekommunikation in die Wirtschaftswelt und den Alltag – auch offline. Alles ist teilbar, so die These der Shareconomy-Anhänger, und Zugang ist wichtiger als Besitz. Die Zimmervermittlung Air B’nB und ihre Mitbewerber machen den Hotels Konkurrenz, Kleiderkreisel und Co. ermöglichen den Kleidertausch und Carsharing-Anbieter gehören schon dem Namen nach zu den Pionieren einer Wirtschaft, die mit wählerischen Konsumenten umgehen muss, für die „Hast du was, bist du was“ an Bedeutung verliert. Schon jetzt sehen sich die Autokonzerne gezwungen, selber Autos zum Teilen anzubieten, denn in Städten halten immer mehr Menschen ein eigenes Auto für überflüssig. 1998 lebten 91 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 34 in einem Haushalt mit Auto. 2008 waren dies nur noch 81 Prozent (IMFO 2011).
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Wirtschaftsinformatik & Management
5 | 2013
Schwerpunkt | Artikel Es gibt genug Anlass, die Shareconomy auch auf die Berufswelt anzuwenden. Schließlich rechnet unter dreißig kaum noch einer mit lebenslanger Festanstellung, sondern verlässt sich auf sein Netzwerk, um immer wieder neue Jobs oder Projekte zu finden. Das Wissen über mögliche Jobs in Social-Media-Kanälen zu teilen, ist dabei nur der Anfang der Shareconomy, der so aber noch keine Veränderungen der Berufswelt als Ganzes herbeiführt. Social Media vereinfacht die Jobsuche, die grundsätzlichen Arbeitsverhältnisse ändern sich nicht.
Das Wer-weiß-was der Social-Media-Kanäle wird zum Wer-teilt-was der Shareconomy
Daniel Andriani ist Geschäftsführer der Mila Europe AG.
Mila.de will beide Trends verbinden. Die Plattform vermittelt Dienstleistungen aller Art. Zum einen für Leute, die eine Aufgabe erledigt haben möchten, zum anderen für Dienstleister, die ihre Leistungen in der Umgebung bekannt machen möchten. Dabei kann jeder seine Arbeitskraft, Wissen oder Talent anbieten – die Plattform beschränkt sich nicht auf bestimmte Branchen oder Fachgebiete. Die Nutzer können dabei selber entscheiden, wie sie den Auftrag abwickeln. Wem es nicht um Geld geht, kann Tauschgeschäfte anbieten, wie zum Beispiel „Ich mache die Fotos für deine Website – du kochst für mich“. Zudem kann man auf der Plattform gemeinsame Aktionen anregen – das nächste Straßenfest ließe sich bequem über Mila organisieren. Zumal eine Straßenkarte stets zeigt, wo die Anbieter der gesuchten Dienstleistungen zu finden sind. Wir glauben, dass die sozialen Netzwerke ergänzt werden müssen, um den Menschen auch bei den aktuellen Problemen der Arbeitswelt Lösungen zu liefern. Große Konzerne denken eher andersherum. Wie muss ich Social Media nutzen, um meine Kundenbeziehungen zu verbessern? Stichwort: Social Customer Relationship Management (CRM). Oder sie überlegen, wie sie im Netz die besten Leute für das eigene Unternehmen anlocken. Die Arbeitnehmer überlegen: Was muss ich im Netz vermeiden, um nicht unangenehm aufzufallen? Unsere Frage ist, was können wir tun, um die Risiken einer fragmentierten, unsicheren beruflichen Karriere abzufedern? Social Media hat hier noch keine ausreichenden Lösungen gefunden. Dabei kann die Entwicklung der Internettechnologie für ein besseres Peer-to-Peer-(Eigen-)Management in der Arbeitswelt genutzt werden. Eine Antwort ist, die Online-Vernetzung offline weiterzuführen. Wenn wir einen Teil dazu beitragen können, dass die Menschen einer Straße oder eines Viertels wieder näher zusammenrücken, leisten wir einen Beitrag zu realer, sozialer Sicherheit. Wenn wir – außerdem – erreichen, dass die Menschen sich weniger abhängig von ihrem Gehalt fühlen, weil sie wissen, dass sie ihre Kenntnisse auch in Tauschgeschäften einsetzen können, sinkt die Angst vor einer stagnierenden Wirtschaft. Natürlich müssen die Aufgaben, die Mila vermittelt, ebenso wachsen wie die wirtschaftliche Bedeutung der Shareconomy wachsen muss. Aber ein erster Schritt ist getan.
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