Publizistik (2014) 59:107–133 DOI 10.1007/s11616-014-0199-z A u f s at z
Verhalten optimistisch Wie Musikjournalistinnen und Musikjournalisten ihre Arbeit, ihr Publikum und ihre Zukunft sehen – eine Bestandsaufnahme Gunter Reus · Teresa Naab
Zusammenfassung: Informationen über Musik nehmen in der Rangfolge der beliebtesten Medienthemen einen Spitzenplatz ein. Musikjournalisten liefern diese Informationen und leisten damit einen erheblichen Beitrag zur medialen und kulturellen Grundversorgung. Zuverlässige Daten über die Zusammensetzung dieser Spezialisten, ihren Arbeitsalltag, ihre Berufszufriedenheit, ihr Selbstverständnis sowie ihr Rollenbild fehlten jedoch bisher. Die vorliegende Untersuchung will diese Lücke in der Kommunikatorforschung schließen. Darüber hinaus fragt sie, wie Musikjournalisten ihre Zukunft in einer veränderten Medienwelt sehen, die vielfältige andere Wege der Information über Musik bereithält. Die Ergebnisse der nicht-repräsentativen Online-Befragung (n = 209) zeigen, dass Musikjournalisten heute unaufgeregt auf ihre berufliche Situation blicken und die Notwendigkeit ihres professionellen Handelns nicht infrage stellen. Sie sehen sich vor allem als Informationsbroker mit subjektiv-kritischem Autonomieanspruch, die unbeirrt an der Rezension als bedeutendster Vermittlungsform festhalten. Dabei zeigen sich überraschende Übereinstimmungen zwischen U- und E-Musikjournalisten wie auch zwischen Zeitungs- und Onlinejournalisten. Schlüsselwörter: Musikjournalisten · Arbeitsalltag · Selbstverständnis · Publikumsbild · Entwicklung des Musikjournalismus
Online publiziert: 21.03.2014 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 Prof. Dr. G. Reus () Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Expo Plaza 12, 30539 Hannover, Deutschland E-Mail:
[email protected] Dr. T. Naab Institut für Medien, Wissen und Kommunikation, Universität Augsburg, Universitätsstraße 10, 86159 Augsburg, Deutschland E-Mail:
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Cautiously optimistic – Music journalists’ perceptions of their job, their audience and their future: A status report Abstract: Information about music rank highest among the most popular media issues. With their information, music journalists contribute considerably to the media’s cultural basic services. However, there is a lack of reliable data on these specialists, their everyday work, their professional satisfaction, their self-conception as well as their role in society. The present study aims at closing this gap in communicator research. Additionally, we ask how music journalists anticipate their future in a changing media world which provides manifold other ways to gain information on music. The results of the unrepresentative online survey (n = 209) show that today’s music journalists are relaxed about their professional situation and do not question the necessity of their job. Above all, they consider themselves to be information brokers with a subjective and critical demand for autonomy who unwaveringly believe that the review is the most important form of knowledge transfer. Also, a surprising consent is revealed between journalists reporting on entertaining music and journalists reporting on classical music as well as between newspaper and online journalists. Keywords: Music journalists · Everyday work · Self-conception · Conception of audience · Development of music journalism
1 Einleitung Wenn Beethoven 1811 polterte, „die elendsten Sudler“ würden jetzt „in die Höhe von ebensolchen elenden Rezensenten gehoben“ (zit. n. Lachner 1954, S. 78), dann lässt seine Erregung erahnen, welchen Einfluss er dem jungen Musikjournalismus bereits beimaß. Gerade hatte sich die Kulturberichterstattung der Tageszeitungen vom Expertendiskurs der gelehrten Journale emanzipiert. Sie hob auf ein neues, breiteres Publikum ab. Damit begann die große Zeit einer Zunft, die das Gespräch über Musik aus den Zirkeln der Eingeweihten befreite und in die Wohnstuben und Kaffeehäuser des Bürgertums hineintrug (vgl. Tadday 1993; Reus 2009). Trotz Oberflächlichkeit, Fehlurteilen oder Starkult – die Leistung von Musikjournalisten1 seitdem lässt sich gar nicht überschätzen. Sie organisierten den „Diskurs“. Sie vermittelten Kenntnisse. Sie begründeten das Image von Musikern und Stilrichtungen, animierten zur Auseinandersetzung mit Musik und zum Besuch von Konzerten. Dieses Verdienst um „Öffentlichkeit“ ließ Selbstbewusstsein wachsen. „Kritik“ sei selbst „Kunst“, schrieb zu Beginn der 60er-Jahre der Kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt (1962, S. 57), „in ihren höheren Formen schöpferisch, und zwar auch da, wo sie vernichtet“. Gut schreiben könne man ja, aber dies setze auch „Programm und Interpreten“ voraus, die „den Stoff für einen guten Text hergeben“, meinte drei Jahrzehnte später Claus Spahn (1992, S. 105). Den „kritische[n] Eros, die Lust das eigene Urteil auszusprechen“,
1 Um die Lesbarkeit nicht zu beeinträchtigen, verwenden wir im Folgenden die Formen „Musikjournalist“ und „Musikjournalisten“ bzw. „Journalist“ und „Journalisten“. Selbstverständlich sind hiermit Frauen und Männer gemeint. Gleiches gilt für „Kritiker“, „Musiker“, „Leser“ und andere Personenbezeichnungen.
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betonte wieder zwei Jahrzehnte später der FAZ-Kritiker Wolfgang Fuhrmann (2012, S. 196). Der Beruf legitimiere sich aus sich selbst, „durch andere Kritiker“. Mit ähnlicher Gewissheit ließe sich postulieren, dass eine Bestandsaufnahme dieses Berufes sich aus sich selbst heraus legitimiere. Informationen über Musik nehmen heute in der Rangfolge der beim Publikum beliebtesten Themen nach Gesundheit und Umwelt und weit vor anderen Kulturthemen einen Spitzenplatz ein (vgl. Blödorn et al. 2006, S. 636). Musikjournalisten liefern diese Informationen. Sie leisten damit einen erheblichen Beitrag zur medialen wie zur kulturellen Grundversorgung. Auch innerhalb des Kulturjournalismus ist ihre Tätigkeit für das Medienpublikum offensichtlich von besonderer Bedeutung. Schließlich ist die Vermittlungsleistung von Musikjournalisten für die Musikindustrie eine unverzichtbare Größe (vgl. Doehring 2011, S. 249 ff.). Der Tätigkeit von Musikkommunikatoren kommt also, auch wenn sie nur eine vergleichsweise kleine Gruppe unter den Journalisten bilden, kulturell, medial wie wirtschaftlich eine besondere Relevanz zu. Das rechtfertigt die Beschäftigung mit der beruflichen Rolle dieser Spezies nicht nur, sondern macht sie dringend notwendig – in einem Fach, das sich nach wie vor Ulrich Saxers Ermahnung gefallen lassen muss, „die Beziehungen zwischen Publizistik und Kultur besser (zu) ergründen“ (Saxer 1995, S. 164). Diese spezielle Vertiefung der Kommunikatorforschung wird noch reizvoller durch aufkommende Selbstzweifel und Erschütterungen der Akteure. Vom „kalte[n] Wind, der [ihnen] aus dem demokratischsten aller Medien entgegenweht, dem Internet“, spricht Wolfgang Fuhrmann ebenfalls (2012, S. 197). Schon Jahre zuvor hatten die Allgegenwart des Populären, die Sprachattitüden der Kritik und die PR-Maschinerie der Musikindustrie Zweifel am Sinn eines vermittelnden Musikjournalismus geweckt (vgl. u. a. Rothschild 1976, 1977; Heidkamp 1992; Hinz 1999; Gross 2007). Jetzt aber kommt etwas Unerwartetes hinzu: Die Musik – ihre Produktion, ihre Verbreitung und ihr Konsum – emanzipiert sich ihrerseits von den Vermittlungsinstanzen, so wie sich der Musikjournalismus einst von der akademischen Musikanalyse emanzipiert hat. Musik ist jederzeit noch mit den entlegensten Beispielen im Netz verfügbar und muss nicht mehr eher schlecht als recht beschrieben werden. Tausende von Laienblogs, Verkaufsplattformen und Netzwerken halten zugleich Informationen und Urteile bereit. Wozu also künftig noch professionelle „Vorkoster“ in Medien, deren Auflagen und Quoten ohnehin sinken? Sieht sich die einst so selbstgewisse Zunft damit am Ende? Halten Musikjournalisten ihre Rolle für ausgespielt? Oder glauben sie, im Gegenteil, ihr Auftritt komme erst noch – weil die neue Fülle an Informationen im Netz eine klassische Leistung des Journalismus neu erzwingt, nämlich die der Selektion und Orientierung? In jedem Fall ist ein Einschnitt erreicht und damit der Zeitpunkt für Bestandsaufnahme und Analyse einer Profession. Unsere Forschungsfrage lautet also: Wer sind, wie denken und wie arbeiten Musikjournalisten in Deutschland heute? Die Frage zwingt zu normativen Einschränkungen. „Musikjournalist“ ist (wie der Begriff „Journalist“ schlechthin) als Berufsbezeichnung nicht geschützt. Wer immer sich zu Musik äußert, darf sich so nennen. Die Grundgesamtheit „im Prinzip alle“ entzieht sich aber der Analyse. Um zu gültigen Aussagen zu gelangen, müssen wir folglich definieren, wie wir die Berufszugehörigkeit verstehen. In Anlehnung an Standards der Kommunikatorforschung (vgl. Weischenberg et al. 2006) und der Berufspraxis (vgl. Deutscher Journalisten-Verband 1996) setzen wir voraus, dass Musikjournalisten ihre Arbeiten in
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„journalistischen Medien“ (Weischenberg et al. 2006, S. 31) veröffentlichen. Damit sind Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften, Hörfunk- und Fernsehsender ebenso gemeint wie Online-Auftritte und Agenturen. Wissenschaftliche Fachjournale dagegen sind ausgeschlossen. Beiträge in journalistischen Medien durchlaufen eine redaktionelle Qualitätskontrolle. Ausgeschlossen von unserer Studie bleiben also auch Laienblogger im Internet, die sich ohne redaktionellen Hintergrund zu Wort melden. Sie mögen und dürfen sich als Journalisten und das Internet als ihr Medium empfinden. Aber sie erfüllen nicht das Kriterium von Professionalität, das dieser Studie zugrunde liegt. Als musikjournalistische Tätigkeit definieren wir die „Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung“ (Deutscher Journalisten-Verband 1996, S. 5), sofern sie eine beschreibende, analysierende und/oder wertende Auseinandersetzung mit Musik und ihren Akteuren beinhaltet. Nicht als Musikjournalisten verstehen wir Hörfunk-, Fernseh- oder Onlineredakteure, die sich ausschließlich mit Musikauswahl beschäftigen, ohne selbst Beiträge zu verfassen. Auch Sprecher und Moderatoren, die nur fremde Texte aufsagen, berücksichtigen wir nicht. Um sporadisch oder zufällig über Musik schreibende Journalisten auszuschließen, führen wir „Regelmäßigkeit“ als Kriterium ein. Regelmäßige Arbeit bedeutet nicht zwangsläufig hauptberufliche Tätigkeit. Hier weichen wir ab von anderen Studien oder Selbstbildern (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 31; Deutscher Journalisten-Verband 1996, S. 5). Denn gerade in der Kulturberichterstattung arbeiten viele freie Journalisten, die in größeren Abständen, aber regelmäßig redaktionell kontrollierte, vielleicht sogar stilprägende Rezensionen verfassen. Sie können davon aber keineswegs leben.2 Die Zahl der freien Journalisten wächst in Deutschland insgesamt. Zugleich schrumpft die Bezahlung, so dass „Freie“ zunehmend andere Arbeiten in ihr Portfolio aufnehmen müssen (vgl. Meyen und Springer 2009, S. 65 f.). In unserer Kommunikatorstudie weichen wir deshalb von der Vorgehensweise anderer Forscher (Weischenberg et al., 2006) ab, die als „Journalist“ nur gelten lassen, wer mehr als die Hälfte seines Einkommens aus journalistischer Tätigkeit bezieht. Vier von zehn freien Journalisten übernahmen im Jahr 2008 auch (besser bezahlte) Arbeiten für PR und Werbung (vgl. Meyen und Springer 2009, S. 66). Anders als der Deutsche Journalisten-Verband (1996, S. 5) schlagen wir solche Arbeiten jedoch nicht dem Berufsbild „Journalist“ zu. PR und Journalismus ähneln sich handwerklich in vielen Punkten – funktional oder „systemisch“ gedacht trennt sie die Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit von Partikularinteressen. Auch hierin folgen wir den Standards der Kommunikatorforschung (vgl. u. a. Bentele 2003; Löffelholz 2003; Weischenberg et al. 2006, S. 32). Wir betrachten freie Musikjournalisten deshalb als professionell „gespaltene“ Persönlichkeiten: „Musikjournalisten“ sind sie für uns nur mit dem Teil ihrer Arbeit, den sie für Redaktionen erbringen. Führen sie dagegen Auftragsarbeiten für Musiker oder Musikunternehmen aus, bewegen sie sich in einer anderen Berufswelt, die nicht Gegenstand dieser Studie ist. Für die Grundgesamtheit unserer Studie gilt demnach folgende Definition: Musikjournalisten sind Redakteure oder freie Mitarbeiter von Tages- und Wochenzeitungen, Publikums- und Special-Interest-Zeitschriften, Hörfunk- und Fernsehsendern, 2 Sogar Arbeit ohne Entlohnung, aber auf höchstem Niveau ist möglich und schließt deshalb auch von dieser Studie nicht aus.
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Online-Redaktionen sowie Nachrichtenagenturen, die regelmäßig über musikalische Ereignisse berichten, einer professionellen redaktionellen Kontrolle unterliegen und nicht im Auftrag von Musikwirtschaft oder Künstlern handeln. Die bisherige Forschung hat sich dieser Kommunikatorengruppen bereits – wenn auch nicht sehr umfangreich – zugewendet und erste Erkenntnisse zu ihrer soziodemographischen Zusammensetzung, ihrem beruflichen Umfeld, ihrem Alltag und ihrer Zufriedenheit sowie dem Selbst- und Publikumsbild gewonnen. Diese werden nun dargestellt, bevor wir sie mit einer eigenen Studie erweitern, die auch die Wandlungsprozesse und Zukunftsperspektiven von Musikjournalisten einbezieht. 2 Forschungsstand und Ausdifferenzierung der Forschungsfrage 2.1 Soziodemographie und berufliches Umfeld An Studien zu Musikkommunikatoren im deutschen Sprachraum mangelt es nicht, doch setzen sie sich meist mit Kritikerpersönlichkeiten auseinander (vgl. Reus 2008, S. 89). Berufssoziologische Daten bleiben bruchstückhaft. Zu vermuten ist überdies, dass sich schon die soziodemographische Zusammensetzung in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Das dürfte zum Beispiel für das Geschlechterverhältnis gelten. In einer Befragung von 91 internationalen Musikkritikern während der Salzburger Festspiele 1971 ermittelten Higgs und Fabris (1971, S. 46) einen Frauenanteil von nur 20 %. Auf den gleichen niedrigen Wert kam später auch Miriam Becker (1999, S. 55), die Angaben von 95 Musikjournalisten deutscher Tageszeitungen auswertete. Kurz zuvor hatten Reus, Schneider und Schönbach herausgefunden, dass immerhin 32 % aller Kulturredakteure in Deutschland3 Frauen sind (Reus et al. 1995, S. 309). Das Durchschnittsalter lag in allen drei Studien zwischen 40 und 45 Jahren. Die Studien, die sich Musikjournalisten widmeten, nahmen, mit Ausnahme von Higgs und Fabris (1971) und einer jüngeren, auf nur sechs Zeitschriftenredakteure konzentrierten Untersuchung von Doehring (2011), lediglich Tageszeitungen ins Visier (vgl. Becker 1999; auch Hänecke und Projektgruppe 1992; Lesle 1984). Das schränkt ihre Aussagekraft ein. Ohnehin finden sich nur vereinzelt weitere Angaben zu Soziodemographie und Ausbildung. 86 % der Musikjournalisten hatten nach Becker (1999, S. 57) ein Hochschulstudium beendet. Einen Universitätsabschluss hatten dagegen nach Reus et al. (1995, S. 310) nur 48 % aller Kulturjournalisten vorzuweisen. Informationen über den Umfang der Berufserfahrungen erhält man aus keiner der bislang vorliegenden Studien. Allerdings geben sie Auskunft über die musikalischen Erfahrungen: Einen hohen Anteil an aktiven Musikern unter Musikkritikern ermittelten Higgs und Fabris (1971, S. 47): Sechs von zehn spielten ein Instrument. 3 Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind nur sehr bedingt auf Musikjournalisten übertragbar, aber für Vergleiche interessant. Die Studie fußte auf einer repräsentativen Stichprobe festangestellter westdeutscher Journalisten. Die Daten derjenigen, die „Kultur“ selbst als Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nannten (n = 105), wurden in einer Sonderauswertung analysiert. Dabei waren Fernsehjournalisten überrepräsentiert.
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Einen systematischen Vergleich festangestellter und freier Musikjournalisten strebte keine der Untersuchungen an, ebenso wenig Aussagen über ihre Hierarchiestufe innerhalb der Redaktionen oder einen Vergleich von Musikjournalisten, die für unterschiedliche Mediengattung arbeiten oder ihren Schwerpunkt im U- oder E-Musik-Bereich sehen. Lediglich Becker konnte aufzeigen, dass sich die befragten Tageszeitungsjournalisten vor allem für klassische Musik und weniger für Pop und Unterhaltung zuständig erklärten, was auch ihrem Musikgeschmack entsprach. 2.2 Arbeitsalltag und Berufszufriedenheit Die Erkenntnisse über Arbeitsalltag, Arbeitsweisen und -bedingungen und die sich daraus ergebende Berufszufriedenheit von Musikjournalisten sind lückenhaft. Bei Hänecke zeichnete sich eine große Unzufriedenheit mit der Bezahlung der freien Musikjournalisten, der Kompetenz und der Situation des Schweizer Musikjournalismus insgesamt ab (Hänecke 1992, S. 5–45). Für attraktiv an ihrem Beruf hielten deutsche Kulturjournalisten mehr als sonstige Journalisten unter anderem die „Möglichkeit, sich für Werte und Ideale einzusetzen“ und „meine Überzeugungen vielen anderen mitzuteilen“ (Reus et al. 1995, S. 318–319). Ähnliche missionarische Präferenzen von Kulturjournalisten beschrieb Kaltenbrunner (2012, S. 355) nach der jüngsten österreichischen Journalistenbefragung.4 Becker gibt einen kleinen Einblick in die Arbeitsweisen der Kommunikatoren: Den wichtigsten Berichterstattungsanlass bilden demnach Aufführungen; Auswahlkriterien sind vor allem Regionalität und Aktualität, vor Publikumsinteressen oder persönlichen Präferenzen (vgl. Becker 1999, S. 58–66). Auf eine Besonderheit des Arbeitsalltags verwies Lesle (1984, S. 292–315). Er hatte Fragebögen an Tageszeitungsredaktionen versandt. 23 Antworten auf seine Fragen zur Vermittlungsfunktion kamen zurück. Danach hatten zwei von drei Musikjournalisten „das Gefühl, manchmal Rücksicht nehmen zu müssen“ – auf Künstler, Leser oder Redaktion. Hier deuten sich die Einflüsse an, die auch andere Journalisten auf ihre Arbeit spüren. 2.3 Selbstverständnis Nach Selbstverständnis und Rollenbild befragt, ordneten sich die Kritiker der Salzburger Festspiele ebenso oft als objektive Berichterstatter wie als Bewerter künstlerischer Leistungen ein. In Leitfadengesprächen beharrten sie auffällig auf dem Moment der „subjektiven“ Autonomie (Higgs und Fabris 1971, S. 11). In Beckers Studie (1999, S. 63–64) dominierten die Rollen des „Kritikers, der Musik und Musiker bewertet“ und der „den Leuten eine Orientierungshilfe auf dem Musikmarkt gibt“. Den „Unterhalter“ und den „neutralen Berichterstatter“ nannten vergleichsweise wenige, den „Pädagogen, Erzieher“ nur vereinzelte Musikjournalisten. Bei Reus et al. (1995, S. 315) sahen sich Kulturjournalisten vor allem als „Kritiker an Missständen“, „Vermittler neuer Ideen“, aber auch als „neutrale Berichterstatter“ sowie als jemand, der „unterhalten sollte“. „Pädagoge, Erzieher“ wollte immerhin jeder fünfte Kulturjournalist sein. Bei Lesle (1984) hingegen fan4 In diese Richtung weisen auch Zahlen der Journalistenstudie von Weischenberg et al. (2006, S. 284–285).
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den die Befragten insgesamt das Beschreiben von Musik wichtiger als das Werten oder Deuten. 2.4 Publikumsbild Beim Publikumsbild divergierten die Arbeiten von Becker sowie die von Reus, Schneider und Schönbach. Während die Musikjournalisten in Tageszeitungen sich ihre Leser musikalisch interessiert und kulturell aktiv, zugleich aber musikalisch wenig gebildet und uninformiert vorstellten und überdies für konservativ und traditionell hielten (Becker 1999, S. 65; ähnlich Higgs und Fabris 1971, S. 43), hatten die Kulturjournalisten mehrheitlich ein kritisches, informiertes und politisch eher linkes Publikum vor Augen (Reus et al. 1995, S. 313). 2.5 Wandel des Berufsfelds und Zukunftsperspektiven Auch wenn diese Forschungsergebnisse älteren Datums sind, müssen sie nicht veraltet sein. Dennoch machen gesellschaftliche Wandlungsprozesse eine von Grund auf neue Identifikation musikjournalistischer Akteure notwendig. Felder beruflichen Handelns sind einzubeziehen, die bislang nicht berücksichtigt wurden: ●● So ignorieren jene älteren Untersuchungen weitgehend die Dominanz populärer Unterhaltungsmusik. Längst aber gilt: „Pop ist Alltag – alles ist Pop.“ (Eismann 2010) Entsprechend hat der Popjournalismus an Terrain gewonnen. In den Feuilletons ist er nicht nur salonfähig, er hat dort Berichte über „E“-Musik deutlich zurückgedrängt (vgl. Reus und Harden 2005, S. 164). Er hat die Publikumszeitschriften erobert (vgl. Rumpf 2004) und beherrscht den Musikzeitschriftenmarkt (vgl. Doehring 2011; Wernke 2002). Als sich die „tageszeitung“ 2010 in einer Serie mit dem Zustand der Musikkritik auseinandersetzte,5 war selbstverständlich Popkritik gemeint.6 Durch die Allgegenwart des Pop könnte freilich „etwas Entscheidendes abhanden gekommen“ sein: nämlich „das rezipierende Subjekt“, dem Pop „erst erklärt werden müsste“ (Eismann 2010). Profi-Berichterstatter stehen hier einem Millionenpublikum gegenüber, dessen Fachwissen dem der Popkritiker oft ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist (vgl. Gross 2007). Diese Eigenart des Popjournalismus könnte seine Akteure beeinflussen. Sie könnten eine andere Auffassung von den Erwartungen ihres Publikums haben als „E“-Musikkritiker. Möglich ist ferner, dass sie mit anderen Kompetenzen in den Beruf einsteigen, ihre Arbeit anders verstehen und gestalten. ●● Arbeitsgestaltung und Arbeitsalltag von Journalisten haben sich auch aus anderen Gründen in den vergangenen Jahren verändert. Der Druck durch Konkurrenzmedien und Einnahmeverluste ist bei Zeitungen, Zeitschriften, Sendern und Agenturen erheb5 Auslöser waren der (mittlerweile zurückgenommene) Verzicht der Zeitschrift „Spex“ auf Plattenkritiken und deren Ersatz durch ein sogenanntes Pop-Briefing. Nachfolgend zitieren wir Stimmen aus der Debatte, die sehr „polyphon“ anmutete und zu keinen klaren Schlussfolgerungen führte. 6 Die Selbstverständlichkeit professioneller Berichterstattung über Popmusik heute ließ Jacke (2005, S. 61) für die wissenschaftliche Disziplin „Pop(musik)journalistik“ plädieren.
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lich stärker geworden. Das hat Folgen für Themenauswahl und journalistische Qualität (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 11–28). Auch im Musikjournalismus dünnt das Management Redaktionen aus (vgl. Dax 2010). Dadurch wächst die Belastung der übrigen Redakteure, denen für elementare Tätigkeiten wie Recherche weniger Zeit bleibt. Zugleich wächst die Zahl freier Journalisten. Diese müssen, wie im Journalismus insgesamt, mit weniger Aufträgen und abgesenkten Honoraren zurechtkommen (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 14; Meyen und Springer 2009, S. 19–20). Viele freie Journalisten übernehmen deshalb zusätzlich PR-Aufträge. Zeitdruck und Arbeitsbelastung können auch Musikredaktionen empfänglich für die Botschaften der Musikindustrie machen. Zwar beurteilen Journalisten Pressemitteilungen heute kritischer als früher und schreiben ihnen nicht allzu viel Einfluss auf ihre Arbeit zu (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 127, 123; auch Obermaier und Koch 2013). Gitty Andalib wies nach, dass PR-Einflüsse auf CD-Rezensionen im deutschen „Rolling Stone“ „keine große Rolle“ (Andalib 2012, S. 281) spielen. Andererseits sind Kulturredaktionen stets Objekte von Umarmungsversuchen der Musikindustrie (vgl. Becker 2007; Sundermeier 2010). Es ist nicht auszuschließen, dass sie öfter als vermutet nachgeben: Das Feuilleton, behauptet Birgit Mandel, lasse sich unter Zeit- und Profilierungsdruck „zunehmend zum PR- und Werbeinstrumentarium der Kulturinstitutionen machen“ (Mandel 2012, S. 288). ●● Dies führt zur Frage nach dem Bedeutungswandel journalistischer Medien. Traditionell richtet sich der Blick der Forschung beim Stichwort „Musikkritik“ auf die Tageszeitungen (vgl. u. a. Renger 1984; Döpfner 1991; Leyendecker 2003).7 Auch die genannten Vorläuferstudien zu Musikkritikern konzentrierten sich auf Pressejournalisten. Aber Zeitungen verlieren an Auflage und Reichweite. Als Vermittler musikalischer Informationen spielen sie inzwischen für Jugendliche – trotz der Öffnung des Feuilletons für Pop-Themen – keine Rolle mehr (vgl. Wusowski 2011). Ob dies Folgen für das Denken und Handeln von Zeitungskritikern hat, wäre zu ermitteln. Noch dringender ist der Berufsalltag ihrer Kollegen in Musikzeitschriften einzubeziehen, wurden sie doch noch nie in einer größeren Befragung zum Berufsbild berücksichtigt. Doehring (2011) wertete lediglich sechs Experteninterviews mit Redakteuren aus. Zahl und Reichweite vor allem der Popmagazine sind immer noch sehr hoch (vgl. Krause und Weinacht 2009, S. 335; Wernke 2002). Die Krise des Pressemarktes macht sich freilich auch hier bemerkbar. Und qualitativ ist das Angebot sehr unterschiedlich – es reicht von ambitionierten Leitmedien wie „Spex“, „Visions“ oder „Intro“ bis hin zu personalisierenden Star-Magazinen. Insgesamt ist in Musikzeitschriften der Serviceanspruch deutlich ausgeprägt (vgl. Krause und Weinacht 2009, S. 356; Doehring 2011, S. 183). Auch der Unterhaltungsanspruch ist hoch. Zeitschriften beobachten genauer den Plattenmarkt und rücken CD-Rezensionen (vgl. Gorr 2011) in den Mittelpunkt. Folgen sie deshalb anderen Kriterien, anderen Ziel- und Publikumsvorstellungen? Und welche Zukunft geben sie sich im Wandel der Medienlandschaft? Auch den Musikjournalisten im Hörfunk hat sich noch keine Studie gewidmet. Während Musikformate im Fernsehen generell (vgl. Wolther 2009, S. 179, 204) 7 Dagegen präsentiert der von Overbeck (2005) herausgegebene berufspraktische Band „Musikjournalismus“ die gesamte Bandbreite musikjournalistischer Medien.
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und speziell journalistische Musikformate (vgl. Ludwig 2010) in der jugendlichen Mediennutzung nur noch eine marginale Rolle spielen,8 bleibt der Hörfunk noch attraktiv. Als Medium, das stets die Übertragung von Musik in den Mittelpunkt seines Programms rückte, war und ist er mehr auf Unterhaltung ausgerichtet. Rezensionen sind nicht seine Stärke. In welchem Umfang Musiksendungen noch mit kritisch-journalistischer Moderation einhergehen, hängt sehr davon ab, ob es sich um öffentlich-rechtliche oder private Sender handelt. Alternative und innovative Formate existieren durchaus (vgl. Overbeck 2007). Allerdings ist auch im öffentlich-rechtlichen Hörfunk der Quotendruck enorm. Die Durchformatierung der Programme engt Spielräume ein (vgl. Walter 2010). „Popmusik“, sagt der WDRModerator Klaus Fiehe, „wird im Radio nicht mehr ausreichend aufbereitet. […]. Es gibt ja auch keine Musikmoderatoren mehr. Heute werden Moderatoren eingesetzt, die Comedy halbwegs humoristisch ankündigen können.“ (Springer und Steinbrink 2005, S. 85–87) Das wäre, träfe sie zu, eine niederschmetternde Diagnose für den Musikjournalismus im Hörfunk. ●● Von besonderer Bedeutung dürften Auswirkungen des Internets auf die Berufswelt von Musikjournalisten sein. Längst haben sich dort professionelle Musik-Onlinemagazine (vgl. Wagemanns 2004) und redaktionell kontrollierte Blogs (vgl. Ihle 2010) etabliert. Weit wichtiger aber ist zum einen, dass Musik anders rezipiert wird. Der Absatz von CDs geht zurück; obwohl die Popindustrie mehr Alben denn je produziert, greifen junge Hörer zunehmend auf online verfügbare Einzeltitel zurück (vgl. Mühl 2012, S. 603 f.). Mit ihrem iPod und dank Anbietern wie Spotify stellen sie sich individuelle „Playlists“ zusammen. Diese Suche nach dem Eigenen fragmentiert Vorlieben weiter; deutlich weniger als früher dient Musik dazu, die Zugehörigkeit zu einer größeren Jugendkultur zu betonen (vgl. Mühl 2012, S. 604). Das aber beeinträchtigt die Arbeit von Musikjournalisten unmittelbar. „Kein Medium“, sagte Klaus Fiehe schon 2005, „kann bei dieser babylonischen Zersplittertheit der heutigen Nischenkulturen […] alle ansprechen.“ (Springer und Steinbrink 2005, S. 86) Zum anderen brauchen die „Nischenkulturen“ diese Ansprache auch nicht mehr unbedingt. Denn nicht nur Musik aller Art hält das Netz verfügbar, sodass jeder für sich über Qualität befinden kann. Das Web 2.0 liefert auch in unüberschaubarer Fülle nicht-journalistische Bewertungen, Tipps, Informationen zu Neuerscheinungen und Musikern – in Datenplattformen, Microblogs, Weblogs, diversen Online-Communities und sozialen Netzwerken (vgl. Leitmannstetter 2012, S. 22–24; Krause und Weinacht 2009, S. 357; Dax 2010). Künstler, Industrie und Musikkonsumenten selbst führen hier unmittelbar jenes „Gespräch über Musik“, das einmal das Geschäft der Musikkritik war – und sie führen es schnell, international, multimedial und „authentisch“ (Leitmannstetter 2012, S. 24). Das könnte Musikjournalisten verunsichern, ja kränken (vgl. Pilarczyk 2010); es könnte ihnen aber auch neue Möglichkeiten eröffnen (vgl. Brugner und Kreuzmair 2010). Es sollte auf jeden Fall nicht ohne Einfluss bleiben auf ihre Arbeit. 8 Bezeichnenderweise enthält der Sammelband „Musik im Fernsehen“ (Moormann 2010) keinen einzigen Beitrag zu Musikjournalismus im Fernsehen.
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Der Blick auf diese Veränderungsprozesse erlaubt es nun, die zentrale Forschungsfrage Wer sind, wie denken und wie arbeiten Musikjournalisten in Deutschland heute? in Anlehnung an „klassische“ Dimensionen der Kommunikatorforschung aufzufächern. Dabei interessiert zunächst, wie sich die Berufsgruppe zusammensetzt. Forschungsfrage 1 lautet deshalb: F1: Wie lassen sich Musikjournalisten heute nach soziodemographischen Kriterien und ihrem beruflichen Umfeld beschreiben? Arbeitsbedingungen und Arbeitsweise sind einem steten Wandel unterworfen. Dabei könnten die Unterschiede je nach Medium, beruflichem Beschäftigungsverhältnis und musikalischer Spezialisierung erheblich sein. Forschungsfrage 2 lautet deshalb: F2: Wie sehen und gestalten Musikjournalisten ihren Arbeitsalltag? Wie groß ist ihre Berufszufriedenheit, und was motiviert sie? Wie beurteilen sie Einflüsse auf ihre Tätigkeit? Im Zentrum jeder Kommunikatorstudie stehen die Fragen nach dem beruflichen Selbstverständnis und den Vorstellungen, die sich Journalisten von ihrem Publikum machen. Musikjournalisten heute denken in dieser Hinsicht möglicherweise völlig anders als ihre vor Jahren und Jahrzehnten befragten Kollegen. Forschungsfrage 3 und 4 lauten deshalb: F3: Wie sehen sich Musikjournalisten selbst? Was begreifen sie als ihre Rolle und ihre zentralen Aufgaben? F4: Wie sehen Musikjournalisten ihr Publikum? Welche Haltungen und welche Erwartungen an Musikjournalismus setzen sie voraus? Von zentraler Bedeutung sind der Medienwandel und die Rolle des Internets bei der Vermittlung von Musik in die Gesellschaft. Forschungsfrage 5 zielt auf die künftige Entwicklung des Musikjournalismus und lautet deshalb: F5: Wie sehen Musikjournalisten ihre Zukunft in einer veränderten Medienwelt? 3 Methodisches Vorgehen Die Grundgesamtheit „Musikjournalisten in Deutschland“ haben wir in der Einleitung definiert. Die methodische Herausforderung bestand nun in der empirischen Ermittlung dieser Grundgesamtheit und der Rekrutierung ihrer Mitglieder. Da es in Deutschland kein Verzeichnis aller musikjournalistisch Arbeitenden gibt, machten wir Medienbetriebe zum Ausgangspunkt der Erhebung. Zunächst wurde eine umfassende Liste journalistischer Medien mit Redaktionssitz in Deutschland erstellt. Als Datengrundlage dienten das Adressverzeichnis Zimpel sowie die Stichtagssammlung „Zeitungen in Deutschland“ (Schütz 2006) und der Musik-Almanach (Deutsches Musikinformationszentrum 2012). Die Erhebung schloss Tageszeitungen (146 Redaktionen angeschrieben), Wochen- und Sonntagszeitungen (25), Publikumszeitschriften mit Musikressort (102), musikjournalistische Fachzeitschriften (27), Kundenmagazine mit Musikressort von Unternehmen, die überwiegend keine musik-kommerziellen Interessen verfolgen (9), öffentlich-rechtliche, private und freie Hörfunk- und Fernsehsender und deren Zulieferer (wobei die Definition,
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was darunter zu verstehen sei, den Befragten überlassen wurde, 161), musikbezogene Online-Auftritte (50) und Nachrichtenagenturen/-dienste (9) ein. Ausgeschlossen wurden nicht periodisch erscheinende Medien. Da nur Musikjournalisten in die Grundgesamtheit fallen, prüften wir im Vorfeld, ob die ermittelten Medien auch musikjournalistische Beiträge enthalten. Dies geschah vorrangig über die Websites der Angebote. Insbesondere für musikbezogene Publikums- und Fachzeitschriften sowie für Kundenmagazine und Onlineauftritte zeigt dieses Vorgehen Schwächen, weil sie in den benutzten Verzeichnissen vermutlich nicht vollständig aufgenommen sind, so dass insbesondere kleine Redaktionen übersehen werden können. Für alle Medienunternehmen recherchierten wir die Ansprechpartner. In Redaktionen ohne Musikressort kontaktierten wir das Feuilleton bzw. bei monothematischen Angeboten die Chefredaktion. Die Redaktions- bzw. Ressortleiter erhielten eine E-Mail, in der unser Anliegen erläutert und um Teilnahme gebeten wurde. Die Adressaten sollten ihre festen und freien Kollegen um Teilnahme bitten und den Link weiterleiten. Dies erweiterte den potenziellen Teilnehmerkreis über die direkt recherchierbaren Ansprechpartner hinaus. Unsere Rekrutierungsstrategie beeinflusst die Aussagekraft der Ergebnisse und mögliche Interpretationen. Zum einen liefert die Studie keine verlässlichen Basisdaten über Größe und Zusammensetzung der Grundgesamtheit der Musikjournalisten. Damit ist es nicht möglich, die spätere Stichprobe auf Übereinstimmung der Verteilung zentraler Merkmale mit der Grundgesamtheit zu prüfen. Auch die Rücklaufquote der Befragung können wir nicht angeben, weil wir nicht wissen, wie viele Musikjournalisten auf indirektem Weg zur Teilnahme gebeten wurden. Aussagen über die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse sind damit nicht fehlerfrei möglich. Ein informationsreiches, aber aufwändiges Vorgehen zur Bestimmung der Grundgesamtheit von Journalisten bei zuvor festgelegten Medienbetrieben wendeten Weischenberg et al. (2006; ähnlich Schneider et al. 1993a, b) an. Sie baten die Institutionen um Auskunft über ihre festen und freien Mitarbeiter, womit sie Angaben über die Grundgesamtheit erhielten und eine Stichprobe aus diesem Pool ziehen konnten. Ein solches Vorgehen war für uns forschungsökonomisch nicht umsetzbar. Da aktuelle Informationen über die Kommunikatorengruppe „Musikjournalisten“ fehlen, können die Ergebnisse immerhin systematisch ermittelte Anhaltspunkte für Selbstverständnis oder Arbeitsweise des Berufszweigs geben (zu den methodischen Herausforderungen bei Journalistenbefragungen vgl. Malik 2011). Die Befragung erfolgte online. Da das Internet zum journalistischen Berufsalltag gehört, dürfte dies keine nachteiligen Effekte auf die Teilnahme gehabt haben. Der Online-Modus verringert außerdem Verzerrungen, die durch eine tageszeitabhängige Telefonbefragung entstehen. Wir baten um Auskunft über soziodemographische Angaben, das berufliche Umfeld, Berufszufriedenheit, Tätigkeitsprofil und Arbeitsweisen, Rollenverständnis und Publikumsbild und um die Einschätzung von Qualität und Zukunftsperspektive des Musikjournalismus. Der Fragebogen war auf Grundlage bestehender Journalistenstudien und der Ergebnisse qualitativer Leitfadeninterviews entstanden, die mit ausgewählten Musikjournalisten geführt worden waren.9
9 Wir danken den Studierenden der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover Vesselin Dimitrov, Dorian Gorr, Claudia Hamburger, Matthias Holz, Peter Liberski, Annick Manou-
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Die Verteilung der ohnehin geringen Abbruchzahlen und die Durchsicht der offenen Kommentarfelder des Online-Fragebogens zeigten, dass kein Fragengebiet Reaktanz hervorrief. Die Website der Befragung war vom 30. März bis zum 30. Juni 2012 online. In diesem Zeitraum haben 384 Musikjournalisten den Link angeklickt und 279 teilgenommen. Nach einer Datenbereinigung betrug die Stichprobe 209 Befragte, die den weit überwiegenden Teil der Fragenkomplexe beantwortet hatten. 4 Ergebnisse 4.1 Soziodemographie und berufliches Umfeld (F1) Vier von fünf Befragten unserer Stichprobe waren Männer. Mit 20 % entspricht der Anteil von Musikjournalistinnen also exakt dem auffällig niedrigen Frauenanteil in den Studien von Higgs/Fabris (1971) und Becker (1999). Im Journalismus bzw. im Kulturjournalismus insgesamt lag der Frauenanteil schon vor Jahren bei oder über einem Drittel (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 259, 261; Reus et al. 1995, S. 309). Trotz der Bedeutung des Popjournalismus ist die publizistische Beschäftigung mit Musik kein „junger“ Beruf: Mit einem Durchschnittsalter von 43 Jahren (MW = 42,9; SD = 12,3) unterscheiden sich die von uns erreichten Musikjournalisten nur wenig von ihren Kollegen anderer Ressorts (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 57; Reus et al. 1995, S. 309). Wie andere Journalisten heute sind auch die Spezialisten für Musik gut ausgebildet: 81 % der Befragten haben studiert, 65 % haben ihr Studium auch abgeschlossen und 11 % sogar promoviert. Unter den Studienfächern (hier waren Mehrfachangaben möglich) ragt die Musikwissenschaft (Haupt- oder Nebenfach) mit 31 % heraus. Ein musikalisch-künstlerisches Fach haben 9 % absolviert. Auch die an Hochschulen erworbene journalistische Kompetenz ist beachtlich: 24 % gaben an, Journalistik, Publizistik, Medien- oder Kommunikationswissenschaft studiert zu haben. Dagegen fällt auf, dass nur jeder vierte Musikjournalist ein herkömmliches Volontariat durchlaufen hat. Diese Zahl weicht eklatant ab von den über 60 % deutscher Journalisten insgesamt, die ein Volontariat vorweisen können (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 67). Möglicherweise sind Musikjournalisten früher als andere auf ihr Spezialgebiet fixiert und streben weniger eine Generalistenausbildung „von der Pike auf“ an. Und sie sind berufserfahren: Gut ein Drittel ihrer Lebenszeit, nämlich knapp 17 Jahre (MW = 16,6; SD = 11,3), arbeiten sie bereits in ihrem Spezialgebiet. Hinzu kommt, dass sogar 68 % angeben, aktiv Musik auszuüben oder ausgeübt zu haben, 71 % hatten Vokal- oder Instrumentalunterricht. Von den 209 Teilnehmern an unserer Befragung hatte nur ein knappes Drittel (29 %) einen Redakteursvertrag. 13 % ordneten sich als „feste Freie“ mit arbeitnehmerähnlichem Status ein, 35 % als freiberufliche und 22 % als ehrenamtliche Journalisten. Diese Angaben sind wie alle unsere Daten nicht repräsentativ. Dennoch ist bemerkenswert, dass über die Hälfte der von den Redaktionen für die Umfrage rekrutierten und ihnen regelmäßig
kian, Marc Möllmann, Katharina Rupprich, Maya Stockmann und Janke Wusowski für ihre Mitarbeit.
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zuarbeitenden Musikjournalisten in keinem gefestigten Arbeitsverhältnis stehen. Jeder fünfte wird sogar nicht bezahlt. Die Einkommensunterschiede der bezahlten Musikjournalisten wiederum sind beachtlich (n = 166; Cramers V = .284; p ≤ .001): So verdient knapp jeder zweite Redakteur (46 %) über 3000 € netto im Monat (sowohl aus musikjournalistischen als auch anderen Tätigkeiten); bei den „festen Freien“ erreicht das nur jeder Vierte (25 %) und bei den Freiberuflichen nur jeder Fünfte (21 %). Dagegen liegen bei mehr als jedem vierten freiberuflichen Musikjournalisten (28 %) und bei jedem sechsten Musikjournalisten insgesamt (17 %) die monatlichen Honorare unter 1000 € netto. Musikredakteure sind entweder besonders sendungsbewusste Persönlichkeiten, oder sie gelangen (was plausibler erscheint) in den meist kleinen Kulturressorts zwangsläufig in die Situation, redaktionelle Verantwortung zu übernehmen. Jedenfalls gaben 67 % der Festangestellten an, eine „Gesamt-“ oder „Teilleitungsrolle“ in der Redaktion innezuhaben. Das ist etwa viermal so viel, als Weischenberg et al. (2006, S. 76) für Deutschlands Journalisten insgesamt ermittelten, und bestätigt die von Becker (1999) in Zeitungsredaktionen erhobene Tendenz (siehe Abschn. 2). Noch ein anderer Aspekt der Rollenverteilung fällt auf: Frauen sind mit einem Anteil von 20 % im Musikjournalismus zwar deutlich unterrepräsentiert, auf allen Ebenen der Redaktionshierarchie aber – ihrem Gesamtanteil entsprechend – prozentual etwa gleich stark wie Männer vertreten. Die häufig beklagte „vertikale Segregation“ (vgl. Weischenberg et al. 2006; auch Schwenk 2006) ist im Musikjournalismus also nicht stark ausgeprägt; Frauen gelangen hier nicht sehr viel seltener in eine Gesamt- (12 %) oder Teilleitungsrolle (12 %) als Männer (14 % bzw. 19 %; n = 166; Cramers V = .128; p = .746). Für welche Medien arbeiten Musikjournalisten in Deutschland hauptsächlich (Nennung mehrerer Mediengattung möglich)? Unsere Zahlen belegen, dass das Fernsehen, wie in Abschn. 2 beschrieben, als Arbeitsplatz für Musikjournalisten nahezu bedeutungslos ist: Lediglich 3 % der 209 Befragten gaben an, im zurückliegenden halben Jahr mindestens einen Beitrag für öffentlich-rechtliche Fernsehsender produziert zu haben (private: 2 %). Agenturen und Mediendienste kamen zusammen nur auf 1,5 % (Fernsehen und Agenturen werden deshalb in der weiteren Auswertung nicht einzeln ausgewiesen). Anders der Hörfunk: 18 % der Musikjournalisten haben in den sechs Monaten vor der Befragung einen oder mehrere Beiträge für öffentlich-rechtliche Sender abgeliefert, 6 % für private und 14 % für freie Sender. Pauschalisten („feste Freie“) finden vor allem in öffentlichen Sendern ihr Einkommen. Kleine nicht-kommerzielle Regionalsender („freie Radios“) beschäftigen überdurchschnittlich viele Musikjournalisten, die kein Honorar beziehen. Musikzeitschriften (darunter viele Pop-Titel) sind der meistgenannte Arbeitgeber von Musikjournalisten insgesamt: 41 % haben in den vergangenen sechs Monaten einmal oder öfter für solche Magazine gearbeitet; von den freien Musikjournalisten waren es sogar 61 %. Mit 35 % insgesamt und 49 % der Freiberufler beweisen aber auch die Tageszeitungen, dass sie immer noch von herausragender Bedeutung für den musikjournalistischen Arbeitsmarkt sind. Ein Teil dieser Bedeutung versteckt sich überdies in den Zahlen für Online-Auftritte herkömmlicher Medien (16 % Prozent insgesamt). Für eigenständige Online-Auftritte hat, bezahlt oder unbezahlt, in den sechs Monaten vor der Befragung schon jeder fünfte Musikjournalist einmal gearbeitet.
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Tab. 1: Spezialisierung auf U- und E-Musik nach Anstellungsverhältnis, in % Alle Festangestellt „Fest frei“ Freiberuflich Ehrenamtlich (n = 209) (n = 61) (n = 28) (n = 74) (n = 46) U-Musik 57 43 68 51 80 E-Musik 26 31 29 32 7 U- und E-Musik/keine 17 26 4 16 13 Spezialisierung Gültig: n = 209. Frage: „Bitte geben Sie an, auf welchen Musikbereich Sie spezialisiert sind“
Von welcher „Musik“ aber ist überhaupt die Rede? Wie keine andere Kunstform zerfällt Musik durch öffentliche Beurteilung und soziale Praxis in eher alltagskulturelle, populäre und mit „Unterhaltung“ assoziierte Formen („U-Musik“) und vermeintlich anspruchsvollere, als „Kunst“ akzeptierte und „ernsthaft“ zu rezipierende Formen („E-Musik“).10 Sowohl im Alltag als auch in der Medienberichterstattung dominiert die sogenannte U-Musik sehr deutlich. Auch die Mehrzahl der Befragten ist in diesem Gebiet aktiv (vgl. Tab. 1). Das gilt besonders für ehrenamtlich tätige Musikjournalisten (n = 209; Cramers V = .233; p ≤ .001). 4.2 Arbeitsalltag und Berufszufriedenheit (F2) Offensichtlich sind die befragten Musikjournalisten, wie alle Journalisten, zufrieden mit ihrem Beruf (MW = 3,9 auf einer Skala von 1 = gar nicht zufrieden bis 5 = voll und ganz zufrieden; SD = 0,9). Die Antworten auf die Frage, was Musikjournalisten zu ihrer Arbeit motiviert, zeigen, dass bestimmte Facetten des Berufs als besonders anziehend empfunden werden. Dazu gehören vor allem die Möglichkeit, dem eigenen Interesse an Musik nachzugehen, sowie die beruflichen Freiheiten und der Spaß am Schreiben (vgl. Tab. 2). Bündelt man die miteinander einhergehenden Motive mit einer Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 57,8 %; alle Eigenwerte > 1) und aggregiert die jeweiligen Items zu einem Mittelwertindex, so liegt die intrinsische Motivation (Interesse an Musik, Spaß an Sprache) mit einem Mittelwert von 1,6 (auf einer Skala von 1 = motiviert sehr stark bis 5 = gar nicht) klar vor der Attraktivität beruflicher Möglichkeiten (Freiheiten, Bezahlung; MW = 2,9) und dem Reiz des Status (Publikumslob, Einflussnahme, Privilegien; MW = 3,7). Dabei spielen weder das Arbeitsverhältnis noch das Medium, für das die Befragten in erster Linie arbeiten, eine entscheidende Rolle; lediglich ehrenamtlich Beschäftigte (MW = 3,4) und Online-Journalisten (MW = 3,7) beurteilen den Anreiz durch berufliche Möglichkeiten auffällig schlecht (Unterschiede
10 Diese vor allem in Deutschland gängige Unterscheidung in „U“ und „E“ ist musikalisch fragwürdig, gleichwohl bedeutsam für die mediale Praxis und das berufliche Profil von Musikjournalisten. Wir haben sie deshalb im Fragebogen beibehalten. Die entsprechende Frage lautete: „Bitte geben Sie an, auf welchen Musikbereich Sie spezialisiert sind. Mehrfachnennungen sind möglich. o E-Musik (Kunstmusik, Oper,…) o U-Musik (Pop, Rock,…) o Ich bin nicht spezialisiert.“
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Tab. 2: Arbeitsmotivation MW SD … mein Interesse an Musik 1,2 0,4 … die Freiheiten, die der Beruf mir bietet 1,9 1,0 … der Spaß am Umgang mit Sprache 1,9 0,9 … das Lob vom Publikum 3,7 1,0 … die Privilegien, die ich dadurch genieße 3,7 1,0 … die Einflussnahme auf mein Publikum 3,7 1,0 … die Bezahlung 3,9 1,0 Gültig: n = 178. Frage: „Wir haben einige Aspekte aufgelistet, die Musikjournalisten/innen zu ihrer Arbeit motivieren können. Bitte sagen Sie uns für jeden Aspekt, wie sehr dieser auf Sie persönlich zutrifft (…). Bei meiner Arbeit als Musikjournalist/in motivieren mich…“. Skala von 1 = sehr stark bis 5 = gar nicht
nach Anstellungsverhältnis: n = 178; F(18,504/79,026) = 13,581; p ≤ .001; Unterschiede nach Medium: n = 178; F(13,699/83,831) = 4,657; p ≤ .001). Neben der allgemeinen Zufriedenheit und Motivation interessiert auch, wie Musikjournalisten an ihre Arbeit herangehen. Wie wählen sie Themen aus, wie stellen sie das ausgewählte journalistisch dar? Mit Abstand die wichtigsten Auswahlkriterien sind die persönlichen Interessen und der Neuigkeitswert eines Themas. Hier wäre ein „Klassenunterschied“ zwischen U- und E-Musikjournalisten denkbar, wonach Journalisten mit dem Schwerpunkt „U“ ihre Arbeit stärker an Ereignismerkmalen wie „Prominenz“, an Service und Unterhaltungsaspekten oder auch Quotenvorgaben ausrichten. Tabelle 3 zeigt, dass sich solche Klischees kaum bestätigen. Sowohl U- als auch E-Journalisten wählen ihre Themen doppelt so oft nach persönlichen wie nach Publikumsinteressen aus. Mit 65 % beweisen U-Journalisten sogar den höchsten Subjektivitätsanspruch. Es kann also keine Rede davon sein, dass sie sich ihrem Publikum stärker anbiederten als andere. Interessanterweise achten sie sogar etwas mehr auf „gesellschaftliche Relevanz“ – und unterliegen offensichtlich weniger Vorgaben ihrer um Quote oder Auflage besorgten Chefs. Prominenz als Auswahlkriterium erwähnen U-Journalisten geringfügig öfter als E-Journalisten, dafür achten diese deutlich mehr auf den Neuigkeitswert von Themen als U-Journalisten. Bezieht man das Beschäftigungsverhältnis ein, so zeigt sich, dass persönliche Interessen beim Themenangebot nirgends so wichtig sind wie in Online-Auftritten (89 %) und von deren Journalisten mehr als doppelt so oft genannt werden wie von traditionellen Feuilletonisten (43 %). Zugleich denken Online-Journalisten weit weniger an die Interessen ihres Publikums (16 %) als Zeitungsjournalisten (35 %). Diese wiederum fühlen sich stärker an Direktiven von Vorgesetzten gebunden (30 %) als ihre Kollegen in Online-Auftritten (11 %). Auch in der Vorliebe für bestimmte journalistische Genres könnten sich unterschiedliche Berufspraktiken zu erkennen geben. Wer in erster Linie Rezensionen schreibt, hält an einem konservativen Paradigma des Kulturjournalismus fest, während personalisierende Berichtsformen auf eine Abkehr von „feuilletonistischen“ Positionen hinweisen (vgl. Reus und Harden 2005, S. 167 f.). Die Differenzierung nach „E“ und „U“ zeigt hier aber ebenfalls keine auffälligen Unterschiede. Auf die Frage, welche Darstellungsform
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Tab. 3: Kriterien der Themenauswahl, in % Alle U-Musik E-Musik U- und E(n = 209) (n = 120) (n = 54) Musik/keine Spezialisierung (n = 35) Persönliche Interessen 60 65 52 75 Neuigkeitswert/Aktualität 52 44 61 63 Interesse des Publikums 30 32 26 31 Regionaler/lokaler Bezug 26 20 31 37 Vorgaben meiner redaktionellen Vorgesetzten 23 23 30 17 Fortsetzung meiner bisher bearbeiteten Themen 22 23 620 23 Kulturelle Vertrautheit des Themas 21 21 26 19 Gesellschaftliche Relevanz 18 21 17 9 Bekanntheit/Prominenz von beteiligten 14 15 14 11 Personen Kontroverses Thema 9 8 11 6 Vorgaben von Verleger/Verlag/Intendanten/ 6 3 13 6 Aufsichtsgremien Relevanz des Themas in anderen Medien 3 5 0 0 Sonstiges 4 3 6 6 Gültig: n = 209. Frage: „Nach welchen Kriterien wählen Sie die Themen aus, die Sie musikjournalistisch bearbeiten?“ Es waren bis zu drei Angaben möglich
sie „am häufigsten“ nutzten, kreuzten 80 % aller Befragten „Kritik/Rezension“ an (bis zu drei Angaben möglich), wobei U-Journalisten (80 %) nur wenig hinter E-Journalisten (85 %) zurückbleiben. Bei der zweithäufigsten Präsentationsform, dem Interview, liegen U- (70 %) und E-Journalisten (65 %) auch nur fünf Prozentpunkte auseinander. Zur ebenfalls stark personalisierenden Form des Porträts greifen die auf klassische Musik konzentrierten Journalisten (41 %) sogar lieber als Popjournalisten (33 %). Markanter sind die Unterschiede bei den Medien.11 Was die Präferenz von Kritik und Rezension angeht, begegnen sich Zeitung und Internet auf Augenhöhe: Das traditionellste und das scheinbar revolutionärste Medium halten jeweils zu fast 100 % an der Konzert- oder Plattenbesprechung als häufigster Vermittlungsform fest. Dies kann man als Ausdruck geringer formaler Innovationsfreudigkeit im Onlinejournalismus deuten, deren Vertreter die Vielfalt der Genres (Reportage, Kommentar und Sonstige: 0 %) auch kaum nutzen. Andererseits wird erkennbar, welche Konkurrenz gerade dem klassischen Feuilleton im Netz erwachsen ist. Deutlich weniger als Zeitung und Internet binden sich Zeitschriften (76 %) und Hörfunk (63 %) an die seit dem 18. Jahrhundert überkommene Musikkritik – bei Zeitschriften dürfte dies mit dem Wegfall tagesaktueller Konzertberichterstattung zu tun haben. Das personalisierende Porträt bevorzugen vor allem Zeit11 Zusammengefasst werden im Folgenden Online-Medien und Online-Auftritt eines anderen Mediums zu „Online-Auftritten“, überregionale, regionale und lokale Zeitung zu „Zeitung“, allgemeine Publikumszeitschrift, Musikzeitschrift und Beilage/Stadtmagazin/Alternativzeitschrift zu „Zeitschrift“, öffentlicher rechtlicher Hörfunk, privater Hörfunk und freies Radio zu „Hörfunk“.
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Tab. 4: Einfluss von Interessengruppen MW SD Musiker/innen, Künstler/innen 2,3 1,1 Kollegen/innen, andere Musikjournalisten/innen 2,8 1,0 Publikum 3,1 1,1 Redaktionelle Vorgesetzte 3,3 1,2 Andere Medien 3,3 1,0 Öffentlichkeitsarbeit, Unternehmen der Musikbranche 3,4 1,0 Familie, Freunde, Bekannte 3,7 1,1 Verleger/Verlag/Intendanten/Aufsichtsgremien 4,1 1,1 Werbekunden 4,4 1,0 Gültig: n = 173. Frage: „Musikjournalisten/innen treffen bei ihrer alltäglichen Arbeit auf viele andere Interessengruppen. Einige dieser Gruppen haben wir aufgelistet. Bitte sagen Sie uns, in welchem Maße diese Interessengruppen Einfluss auf Ihre Arbeit haben (…).“ Skala von 1 = sehr großen Einfluss bis 5 = gar keinen Einfluss
schriften- (48 %) und Hörfunkjournalisten (47 %), die ihrerseits am meisten „sonstige“ Formen (23 %) einsetzen. Wie die meisten Kommunikatorengruppen sind auch Musikjournalisten nicht völlig frei in der Gestaltung ihrer Arbeit. Aufschlussreich ist deshalb, wie sehr Musikjournalisten den Eindruck haben, von außen in ihrer Urteilsfähigkeit beeinflusst zu werden. Lesle (1984) hatte vor über drei Jahrzehnten ermittelt, dass zwei Drittel glaubten, Rücksicht auf Interessengruppen nehmen zu müssen (vgl. Abschn. 2). Unsere Daten zeigen ein differenzierteres Bild.12 Demnach wirken am ehesten Musiker und Künstler, gefolgt von den Fachkollegen, am wenigsten aber Werbekunden auf ihre Arbeit ein. Das Publikum/Publikumsinteresse, Vorgesetzte oder die PR der Musikbranche bewegen sich dazwischen (Tab. 4). Eine Faktorenanalyse offenbart drei Interessensgruppen (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 56,7 %; alle Eigenwerte > 1): die inhaltlichen oder institutionellen Vorgesetzen und Werbeindustrie, Medien und persönliches Umfeld sowie das Publikum und die Musikindustrie. Der Vergleich zwischen Medien, inhaltlichen Spezialisierungen und Arbeitsverhältnissen zeigt wenig Besonderheiten; am meisten Druck durch Werbekunden und Vorgesetzte empfinden Zeitschriftenjournalisten, während ihre Kollegen in den Onlineredaktionen diesen Einfluss am wenigsten verspüren (n = 173; F(13,601/113,810) = 3,306; p = .004). U-Musikjournalisten verspüren einen stärkeren Einfluss aus den Medien und ihrem persönlichen Umfeld (n = 173; F(6,706/76,077) = 7,492; p ≤ .001). Musikjournalisten ohne Spezialisierung nehmen stärkeren Druck von Publikum und Musikindustrie wahr (n = 173; F(6,979/120,894) = 4,907; p = .008). Insgesamt aber halten Musikjournalisten sich für eher resistent gegen Einwirkungsversuche der Wirtschaft – vielleicht weil das Eingeständnis von Abhängigkeiten mit dem eigenen Selbstverständnis kollidieren würde, vielleicht aber auch, weil die Werbeund PR-Etats der Musikindustrie nicht mehr so üppig gefüllt sind. 12 Die Fragestellung lässt offen, ob diese Gruppen aktiv Einfluss nehmen oder ob der Gedanke an ihre Interessen die Musikjournalisten von vornherein beeinflusst – was freilich für das journalistische Handeln auf das Gleiche hinausläuft.
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Allerdings muss angemerkt werden, dass eine große Zahl der Freiberufler mit PR-Aufträgen ihre Einkünfte aufbessert. So arbeiten 15 % von ihnen auch noch in der Unternehmens-/Labelkommunikation, 12 % für Vereine und Verbände, 5 % sind in der Künstler-PR und 46 % in sonstigen Branchen tätig (Mehrfachnennungen möglich). Von den besser entlohnten „festen Freien“ unserer Stichprobe und von den Festangestellten machen das deutlich weniger. Die in Abschn. 2 erwähnte Tendenz, dass vor allem freie Musikjournalisten ihre Arbeit oft in Journalismus und PR-Tätigkeit aufspalten müssen, womit sie möglicherweise in Loyalitätskonflikte geraten, lässt sich also eindeutig nachweisen (vgl. Obermaier und Koch 2013). 4.3 Selbstverständnis und Rollenbild (F3) Im Zentrum der Kommunikatorforschung steht die Frage, wie Journalisten ihre professionelle Rolle einschätzen. Daran lässt sich ablesen, wie sie zu den normativen Vorgaben an ihren Beruf stehen, nämlich zu informieren, zur Meinungsbildung beizutragen und das Publikum zu unterhalten (vgl. Weischenberg et al. 2006, S. 98). Markant sind der auch hier (vgl. Tab. 5) hohe Wert für das Selbstverständnis als Informationsvermittler (MW = 4,3) und das geringe Bekenntnis zur Rolle des Publikumsanwaltes (MW = 2,7) – obwohl bei der Themenselektion die „Interessen des Publikums“ doch immerhin auf Rang 3 lagen (vgl. Tab. 3). Mit einer Faktorenanalyse lassen sich vier Selbstverständnis-Dimensionen herauspräparieren (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 62,2 %; alle Eigenwerte > 1): die Belehrer, die auf Geschmack, Urteilsvermögen, Handeln und Rezeption des Publikums einwirken und es inspirieren wollen; die Unterhalter, die das Publikum entspannen und erzählen wollen; die Informanten, die dem Publikum Neues vermitteln, Qualität darstellen und Musikinteressierten eine Plattform bieten wollen; und schließlich die Dienstleister, die Trends und Ideen oder auch eigene Ansichten vorstellen wollen. Über alle Teilgruppen hinweg dominiert das Selbstbild des Informanten (MW = 3,9; SD = 0,8; berechnet wurden Mittelwertindizes über die Items, die auf den jeweiligen Faktor laden). Ein Selbstverständnis als Belehrer lässt sich zwar nachweisen; es scheint aber bei Weitem nicht so ausgeprägt zu sein, wie man es Feuilletonisten als dünkelhafte Attitüde gern unterstellt (MW = 3,4; SD = 0,8). Die Dienstleistungsaufgabe liegt den Befragten eher (MW = 3,6; SD = 0,8). Zu unterhalten finden Musikjournalisten am wenigsten wichtig (MW = 3,2; SD = 0,9). Tabelle 6 zeigt, wie sich diese Rollenprofile je nach inhaltlicher Spezialisierung unterscheiden. Die Unterschiede zwischen U- und E-Journalisten entsprechen den Erwartungen. Erstere legen signifikant größeren Wert auf Unterhaltung, Letztere auf Information. Das Anstellungsverhältnis, in dem Musikjournalisten sich befinden, und das Medium, für das sie arbeiten, hat kaum Einfluss auf ihr Rollenverständnis. Lediglich die Ehrenamtlichen sehen sich stärker als Dienstleister (MW = 3,1) als die Festangestellten (MW = 3,7; n = 175; F(6,797/108,411) = 3,574; p = .015). Von allen Präsentationsformen nutzen Musikjournalisten am häufigsten die Rezension (siehe oben). Sie gilt als das herkömmliche, aber auch das einflussreichste und komplexeste Genre im Feuilleton. In ihr vermengen sich Beschreibung und Analyse, Belehrung und Unterhaltung, Objektivierung und Subjektivität mit der speziellen Funktion des
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Tab. 5: Berufliches Selbstverständnis MW SD … das Publikum zu informieren 4,3 0,9 … musikalische Qualität kritisch darzustellen 3,9 1,1 … das Publikum musikalisch zu inspirieren 3,8 1,1 … neue Trends aufzuzeigen oder Ideen zu vermitteln 3,7 1,1 … für die Rezipienten aus dem musikalischen Angebot das 3,7 1,1 Beste herauszufiltern … eine Geschichte zur jeweiligen Musik zu erzählen 3,7 1,1 … Musikinteressierten ein Forum zu geben 3,5 1,1 … dem Publikum Unterhaltung und Entspannung zu bieten 3,3 1,2 … meine Ansichten über Themen zu präsentieren 3,0 1,1 … Einfluss auf den musikalischen Geschmack oder die Urteilsfähigkeit 3,0 1,1 des Publikums zu nehmen 3,0 1,1 … Einfluss auf das musikbezogene Handeln des Publikums zu nehmen (z. B. Hörgewohnheiten oder Kaufverhalten) … die Interessen meines Publikums zu vertreten 2,7 1,1 Gültig: n = 175. Frage: „Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit als Musikjournalist/in wichtig? Wieder haben wir einige Aussagen aufgelistet. Bitte sagen Sie uns, wie sehr diese auf Sie persönlich zutreffen. (…) Bei meiner Tätigkeit als Musikjournalist/in ist mir wichtig,…“ Skala von 1 = gar nicht wichtig bis 5 = sehr wichtig Tab. 6: Berufliches Selbstverständnis nach Spezialisierung (MW) U-Musik E-Musik Beides/keine Gesamt (n = 104) (n = 44) Spezialisierung (n = 175) (n = 27) Informanten 3,8 4,2 3,9 3,9 F(4,851/104,029) = 4,011, p = .020 Belehrer 3,4 3,3 3,3 3,4 F(0,241/107,493) = 0,193, p = .825 Unterhalter 3,3 2,9 3,3 3,2 F(7,148/131,274) = 4,683, p = .010 Dienstleister 3,4 3,3 3,6 3,6 F(1,375/113,834) = 1,039, p = .356 Gültig: n = 175; Skala von 1 = gar nicht wichtig bis 5 = sehr wichtig
ästhetischen Urteils. Wie Journalisten diese „richterliche“ Funktion auffassen, legt ebenfalls Zeugnis darüber ab, was ihnen an ihrer beruflichen Rolle wichtig ist. Tabelle 7 zeigt die Rangfolge der Aufgaben, die nach Meinung der Befragten gute Musikrezensenten vor allem zu bewältigen haben. Die Tabelle belegt, dass sich Musikjournalisten vorrangig als (autonome, aber nicht geschmäcklerische) Instanz zur Beurteilung performativer Leistungen begreifen. Sie haben über das „Wie“ musikalischer Interpretationen zu entscheiden (Aufführungskritik). Das Urteil über die Neuartigkeit oder Komplexität von Musik (Kompositionskritik) tritt dahinter zurück (was im „klassischen“ Musikbetrieb auch nicht verwundert). Noch weniger wichtig ist der Maßstab, ob Musik für die Gesellschaft bedeutsam ist oder wie sie beim Publikum ankommt. Die Faktorenanalyse zeigt das zweigeteilte Aufgabenverständnis (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 54,4 %; alle Eigenwerte > 1): Auf
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Tab. 7: Aufgabenverständnis von Musikrezensenten MW SD … die Darbietung des Stückes beurteilen 4,1 1,0 … die Interpretation des Stückes beurteilen 4,0 1,0 … auf die technische Fertigkeit achten 3,5 1,1 … auf die Neuartigkeit eines Musikstücks achten 3,1 1,1 … auf die Komplexität des Musikstücks achten 3,1 1,2 … d arauf achten, welche gesellschaftliche Relevanz ein 2,9 1,2 Musikstück/ein Musiker hat … nach seinem eigenen Musikgeschmack urteilen 2,6 1,2 … danach urteilen, wie es dem Publikum gefällt 2,3 1,1 Gültig: n = 187. Frage: „Wir möchten von Ihnen erfahren, was eine gute Musikrezensentin/einen guten Musikrezensenten ausmacht. Wir haben einige Aussagen aufgelistet. Bitte sagen Sie uns für jede Aussage, wie sehr diese Ihrer Meinung nach zutrifft. (…) Eine Musikjournalistin/Ein Musikjournalist sollte in Rezensionen vor allem…“ Skala von 1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu
der einen Seite sollen Kritiker beurteilen, wie eine musikalische Leistung ihren persönlichen Maßstäben nach beschaffen ist (Darbietung, Interpretation, technische Fähigkeiten). Auf der anderen Seite sollen sie den Wert einer musikalischen Leistung für andere in ihrem Urteil berücksichtigen (Neuartigkeit, gesellschaftliche Relevanz, Publikumsurteil). Die Faktoren korrelieren statistisch nicht miteinander. Die Beurteilung nach eigenen oder nach fremden Maßstäben widersprechen sich weder noch gehen sie miteinander einher. Über alle Medien, über Beschäftigungsverhältnisse und musikalische Spezialisierung hinweg messen die Befragten dem Urteil nach persönlichen Maßstäben deutlich mehr Gewicht bei (MW = 3,7; SD = 0,8; berechnet wurden Mittelwertindizes über die Items, die auf den jeweiligen Faktor laden) als dem Wert des Beurteilten für andere (MW = 2,8; SD = 0,8). Am wichtigsten ist dieses Aufgabenverständnis, nach dem eigenen Wert zu urteilen, für E-Musik- und Zeitungskritiker (MW = 4,1 in beiden Gruppen), am wenigsten ausgeprägt dagegen bei Hörfunkjournalisten (MW = 3,2). 4.4 Publikumsbild (F4) Lässt sich aus dem Befund, dass Musikjournalisten die eigenen Wertmaßstäbe höher gewichten, schließen, dass sie ihrem Publikum keine besondere Urteilskompetenz zusprechen? Zumindest ist er Anlass zu fragen, welches Bild sie sich von ihm machen. In unserer Online-Befragung spürten wir dem Publikumsbild mit einem semantischen Differential nach. Die Musikjournalisten konnten einen Schieberegler zwischen bipolaren Adjektivpaaren frei bewegen und so eine Eigenschaft von 0 (trifft gar nicht zu) bis 100 (trifft voll zu) abstufen. Die Auswertung widerlegt Becker (1999) (vgl. Abschn. 2.4). Musikjournalisten sind mehrheitlich der Meinung, sie hätten es mit einem gebildeten (MW = 71,5) und vielseitig interessierten Publikum (MW = 68,4) zu tun. In ihrer Vorstellung ist es auch eher aufgeschlossen (MW = 65,7), musikalisch anspruchsvoll (MW = 64,2) und musikalisch gebildet (MW = 61,5). Zugleich halten sie es tendenziell politisch für eher links als rechts (MW = 59,1), mehr unterhaltungsorientiert (MW = 58,2), eher männlich
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(MW = 57,4). Hinsichtlich des Alters und des gesellschaftlichen Einflusses lassen sie sich kaum zu einer Entscheidung verleiten (MW = 52,6 bzw. MW = 49,6). Auch wenn Musikjournalisten Urteile des Publikums als Grundlage ihrer eigenen Urteile eher gering schätzen, so unterstellen sie ihm doch keine Inkompetenz. Allerdings möchten sie sich offensichtlich die Vorstellung bewahren, dass sie es sind, von denen das Publikum besondere Kompetenz erwartet. Nach solchen Erwartungen befragten wir die Teilnehmer, um anschließend mit einer Faktorenanalyse zwei Erwartungsbündel aufzudecken (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 59,3 %; alle Eigenwerte > 1). Auf den ersten Faktor laden zwei Items, wonach die Musikjournalisten ihr Publikum auf der Suche nach Meinung, Wert und Kritik sowie Informationen sehen. Auf den zweiten Faktor laden Items, in denen sie ihrem Publikum die Erwartung nach Unterhaltung, Inspiration und Vorauswahl unterstellen. Fasst man die Items der Faktoren jeweils zu einem Mittelwertindex zusammen, zeigt sich, dass die Befragten ihrem Publikum stärker Informationssuche unterstellen (MW = 4,2; SD = 0,8 bzw. für den Unterhaltungsfaktor: MW = 3,7; SD = 0,7 auf einer Skala von 1 „wird gar nicht erwartet“ bis 5 „wird sehr erwartet“). Ins Auge springt, dass nur Hörfunkjournalisten meinen, ihre Hörer erhofften sich von ihnen ebenso viel unterhaltende und inspirierende wie informierende und wertende Leistungen. Ansonsten dominiert durchweg die Vorstellung, das Publikum übertrage Journalisten vor allem die klassischen Leistungsaufgaben der Information und der Kritik – wobei sich Online-Musikjournalisten erneut besonders „klassisch“ geben. U- und E-Musikjournalisten unterscheiden sich nicht. 4.5 Entwicklung des Musikjournalismus (F5) Die bisherige Analyse hat ergeben, dass Musikjournalisten intrinsisch motiviert und mit ihrem Beruf ausgesprochen zufrieden sind. Doch Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit schließt einen skeptischen Blick auf den Berufsstand und seine Zukunft nicht aus. So wäre es denkbar, dass sich Musikjournalisten in ihrer Existenz bedroht fühlen – durch veränderte Rezeptionsgewohnheiten ihres Publikums, durch das Informationsangebot im Internet (vgl. Abschn. 2) oder auch durch einen Bedeutungsverlust von Kulturjournalismus insgesamt. Deshalb wollten wir von den Befragten wissen, wie sie die Entwicklung des Musikjournalismus einschätzen. Die Antworten zeigen einen verhalten optimistischen Blick in die Zukunft (vgl. Tab. 8). Am klarsten über dem Durchschnittswert (auf einer Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“) liegt die Einschätzung, das Internet sei „eine gute Ergänzung zu den klassischen Medien“. Ebenso klar sprechen Musikjournalisten dem Netz für die Zukunft mehr „Bedeutung“ zu. Dagegen halten sie die Prognose eher für falsch, das Internet mache „professionelle Musikjournalisten weniger wichtig“ oder „musikjournalistische Angebote“ würden „für das Publikum an Bedeutung verlieren“ (skeptischer äußern sich hier lediglich Zeitschriftenjournalisten, während Zeitungsjournalisten Zuversicht bekunden). Leicht über dem Durchschnitt bewegen sich Äußerungen zu Qualitätsdefiziten. Dabei erfährt auch die Aussage Zustimmung, es mangele im Musikjournalismus „an sprachlicher oder stilistischer Kompetenz“. Mit einer Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation; erklärte Gesamtvarianz = 56,6 %; alle Eigenwerte > 1) wurden die Items verdichtet. Es
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Tab. 8: Einschätzungen zur Qualität und Zukunft des Musikjournalismus MW SD Musikjournalismus im Internet ist eine gute Ergänzung zu den klassischen 3,89 0,90 Medien Musikjournalismus im Internet wird an Bedeutung gewinnen 3,80 1,05 Musikjournalismus in etablierten Medien genießt einen Vertrauensvorschuss 3,75 0,94 gegenüber Musikjournalismus im Internet Das Publikum weiß hochwertigen Musikjournalismus zu schätzen 3,51 1,01 Vielen Musikjournalisten/innen mangelt es an sprachlicher oder stilistischer 3,35 1,00 Kompetenz Für Künstler werden musikjournalistische Angebote künftig wichtiger werden 3,31 1,00 Unter der Krise der Musikindustrie leidet auch der Musikjournalismus 3,30 1,26 Vielen Musikjournalisten/innen mangelt es an musikalischer Fachkenntnis 3,27 0,97 Der Musikjournalismus hat in den letzten Jahren an Qualität verloren 3,19 1,09 Im Musikjournalismus fehlen Qualitätskontrollen 3,15 1,19 Musikjournalismus wird zukünftig für die Musikindustrie wichtiger werden 2,95 1,06 Die Recherchetiefe ist gut 2,80 0,93 Musikjournalistische Angebote werden zukünftig für das Publikum an Bedeu2,73 1,14 tung verlieren Das breite Informationsangebot im Internet macht professionelle Musikjourna- 2,45 1,30 listen weniger wichtig Gültig: n = 166. Frage: „Wir haben einige Aussagen gesammelt, die man über die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Musikjournalismus treffen kann. Bitte sagen Sie uns für jede Aussage, wie sehr Sie ihr jeweils zustimmen.“ Skala von 1 = „stimme gar nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“
zeigten sich vier Faktoren, wonach der Musikjournalismus „Potenziale im Internet hat“ (MW = 3,8; SD = 0,8; die Items, die auf einen Faktor laden, wurden zu Mittelwertindizes aggregiert), ihm „Qualitätsprobleme“ (MW = 3,2; SD = 0,8) attestiert werden, seine „künftige Bedeutung“ (MW = 3,1; SD = 0,7) gesehen und seine „Bedeutung für bedroht“ (MW = 2,9; SD = 1,0) gehalten wird. Die Unterschiede zwischen Medien sowie E-und U-Musikjournalisten sind überraschend gering. Lediglich Onlinejournalisten sehen signifikant größere Potenziale im Internet – wie zu erwarten war (n = 166; F(9,154/98,505) = 2,560; p = .022). 5 Fazit und Diskussion „Halten Musikjournalisten ihre Rolle für ausgespielt? Oder glauben sie, ihr Auftritt komme erst noch?“ So fragten wir zu Beginn. Unsere Befragung hat weder Untergangsängste noch Aufbruchseuphorie zutage gefördert. Musikjournalisten heute blicken unaufgeregt auf ihre berufliche Situation und stellen die Notwendigkeit ihres professionellen Handelns nicht infrage. Der von Fuhrmann (2012) beschworene „kalte Wind“ aus dem Internet wird nicht als Bedrohung, sondern eher als Reiz empfunden, der die eigene Arbeit sogar beleben kann. Auch die „Umarmungsversuche der Musikindustrie“, auf die wir zu Beginn mit Skepsis verwiesen hatten, scheinen dem Berufsstand keine Atemnot zu
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bereiten. Als fünfte Kolonne mächtiger PR- und Werbeapparate sieht er sich mitnichten, eher schon räumen Musikjournalisten ein, dass die Nähe zu Künstlern ihre Unabhängigkeit gefährden könne. Ob die Standhaftigkeit gegenüber den Interessen der Musikindustrie wirklich so groß ist oder vielmehr deren Krise Journalisten von Druck entlastet, kann eine Befragung dieser Art nicht ermitteln. Sorgen, in den Sog dieser Krise zu geraten, sind bei den Befragten jedenfalls kaum erkennbar. Hohe Berufszufriedenheit, gespeist aus der Lust am Gegenstand Musik, korrespondiert mit ungebrochenem Selbstbewusstsein. Dabei hat es den Anschein, als setzten Musikjournalisten zunehmend auf Subjektivität als Kompetenznachweis. Zwar bekennen sie sich zunächst einmal, wie andere Journalisten auch, vor allem als Informationsbroker. Schon die Dominanz der Rezension in ihrem Arbeitsalltag und das Verständnis ihrer Funktion lassen aber vermuten, dass Wertung und Nachricht in ihrer Vorstellung eine enge Symbiose eingehen. Diese Tendenz einer „Information“ mit subjektiv-kritischem Autonomieanspruch und mit gelegentlich missionarischen Anwandlungen wäre freilich nichts Neues im Kulturjournalismus (vgl. Higgs und Fabris 1971; Reus et al. 1995; Becker 1999; Kaltenbrunner 2012). Sie steht in einer langen Tradition des Feuilletonismus und begründete dessen Reiz und Eigenheit. Dass bei der Auswahl von Themen „persönliche Interessen“ insgesamt wichtiger sind als „Neuigkeitswert/Aktualität“, „Interesse des Publikums“ oder „regionaler/lokaler Bezug“, könnte aber Indiz für einen neuen Schub an Subjektivität im Musikjournalismus sein. Bei Becker (1999) standen die subjektiven Präferenzen bei der Themenselektion noch hinter den Kriterien Aktualität, Regionalität oder Publikumsvorlieben zurück. Diese Subjektivität, ausgeprägt vor allem im U- und im Onlinemusikjournalismus, ließe sich zugleich als Beleg dafür interpretieren, dass Musikjournalisten der Versuchung entgegentreten, sich ihrem Publikum anzubiedern – freilich auf die Gefahr hin, es aus den Augen zu verlieren. Vielleicht zeigt sich hier eine Wirkung des zeittypischen Social Web mit seiner Vielzahl autonomer Stimmen und Wortmeldungen. Dort wie im professionellen Musikjournalismus erweist sich die Rezension ungefährdet als bedeutendstes Genre. Das kann man positiv sehen, eingedenk der Komplexität dieser Form und ihrer spezifischen, in Jahrhunderten gewachsenen publizistischen Leistungsfähigkeit. Ein „Zuviel“ an Rezension lässt sich auch kritisch betrachten – als monokulturelle Einfallslosigkeit der Berichterstattung, die musikalisches Geschehen nur als Abfolge von Routineterminen darstellt. Auffallend ist jedenfalls die Konstanz, die der Musikjournalismus hier offenbart. Unsere Untersuchung hat noch mehr Indizien gesammelt, die vor dem Hintergrund der älteren Studien auf eine erstaunliche Beständigkeit des Metiers deuten: den hohen Grad an formaler Ausbildung etwa, die intrinsische Arbeitsmotivation bis hin zur sonderbar niedrigen Frauenquote. Zugleich zeigt sie an vielen Stellen, dass sich Musikjournalisten 2012 trotz der sehr unterschiedlichen Arbeitsbereiche und des Siegeszugs der Popmusik als überraschend homogene Spezialisten erweisen. Bei allen Unterschieden im Detail konnten wir nicht belegen, dass U- und E-Kritiker ein grundlegend anderes Berufsverständnis hätten. Mit Ausnahme der Ehrenamtlichen und der Online-Journalisten, die ihre beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt sehen, ist die Arbeitsmotivation gleichmäßig hoch. An manchen Punkten zeigten sich nachgerade frappierende Übereinstimmungen zwischen dem jüngsten (Online) und dem ältesten und traditionsreichsten Medium (Zeitung), so beim beruflichen Selbstverständnis und bei der Präferenz für die Rezension.
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Manche Abweichungen allerdings sind augenfällig und bedeutend genug, um in Anschlussuntersuchungen näher unter die Lupe genommen zu werden. Dazu gehört, dass Musikjournalisten im Hörfunk die Rezension tatsächlich am wenigsten nutzen, aber eine größere Vielfalt (unterhaltsamer?) journalistischer Formen anbieten. Dies scheint die eingangs formulierte Vermutung zu bestätigen, dass Musikjournalismus im Hörfunk aus dem traditionellen Kleid der Musikkritik am stärksten herausgewachsen ist. Neben unabhängigen Online-Auftritten arbeiten auch nirgends so viele ehrenamtliche Musikjournalisten wie im Hörfunk. Zeitschriftenjournalisten hingegen fühlen sich am meisten von Vorgesetzten und dem Zwang, es Werbekunden recht zu machen, unter Druck gesetzt. Schließlich sehen sie den Musikjournalismus durch technische und wirtschaftliche Veränderungen am ehesten (wenn auch nicht dramatisch) bedroht. Anders als den Feuilletonisten der Tageszeitungen, die trotz sinkender Auflagen Selbstbewusstsein und Zuversicht an den Tag legen, scheint die Pressekrise den Redakteuren und Mitarbeitern von Pop- und Klassikmagazinen, deren Auflagen ebenfalls zurückgehen, zu schaffen zu machen. Nicht die mediale Zukunft und nicht die der Spezialisierung auf Musik, aber ihre persönlichen Entwicklungschancen machen wiederum Onlinejournalisten zu schaffen. Das relativiert manch euphorische Einschätzung der professionellen Möglichkeiten im Internet. Die bescheidene Rolle, die das Publikum als Referenzgröße für sie spielt, und die scheinbar höhere finanzielle Unabhängigkeit verschaffen ihnen mehr journalistische Autonomie, die sie allerdings noch nicht in nennenswerte formale Innovation umsetzen. Die Beteiligung von Musikjournalisten an unserer Befragung war hoch, gleichwohl sind die Antworten nicht repräsentativ. Die Annahme, sie stünden für den Berufsstand insgesamt, bleibt spekulativ. Spekulativ gerät sicherlich auch immer wieder die Interpretation von Daten, die zum großen Teil nicht auf objektivierbaren Fakten, sondern auf Behauptungen und Vermutungen der Befragten beruhen. Ob zum Beispiel der Einfluss von PR oder Werbung auf Musikjournalisten tatsächlich so gering, ob ihre Gelassenheit beim Blick in die Zukunft tatsächlich so groß ist, müssen weitere und weiter in die Tiefe vordringende Studien zeigen. Letztlich kann eine Querschnittstudie auch keine Aussagen über tatsächliche Veränderungsprozesse machen, sondern lediglich – wie hier geschehen – den subjektiv wahrgenommenen Wandel und die Zukunftserwartungen aufdecken. Andere Erkenntnisse wiederum erscheinen uns mit geringerem Risiko durchaus auf den Berufsstand insgesamt übertragbar. Dazu gehört, wie sehr er auf die Tätigkeit freier Journalisten angewiesen ist und wie prekär wiederum deren Entlohnung ist. Zu beobachten bleibt, ob man weiterhin auf ihre hohe intrinsische Motivation vertrauen kann oder nicht doch irgendwann eine Erosion dieses Berufsfeldes einsetzt. Literatur Andalib, G. (2012). Die Rolle der PR im Musikjournalismus. In W. Lamprecht (Hrsg.), Weißbuch Kulturjournalismus (S. 268–285). Wien: Löcker. Becker, M. (1999). Eine Klassik für sich. Popularisierung klassischer Musik aus der Sicht von Musikredakteuren deutscher Tageszeitungen. Diplomarbeit, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Becker, K. F. (2007). Kritisch und unabhängig? Journalist, 57(6), 34–36.
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