Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
Heribert Gierl/Robert Bitz
Zufriedenheit und Bindung von Kunden mit hohem Know-how Defizit gegenüber den Anbietern
ABSTRACT Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sind zurzeit wichtige Themen im Bereich der Marketingforschung. In diesem Beitrag betrachten wir die bislang im Marketing jedoch weitgehend unbeachtete Situation, dass die Kunden gegenüber den Anbietern im Hinblick auf ihr Know-how erheblich unterlegen sind und sich somit in einer schwächeren Position gegenüber dem Anbieter befinden. Wir gehen ferner von dem Problem aus, dass der Kunde eine bestimmte Verhaltensweise favorisiert, die der Anbieter auf Grund seines hohen Know-how nicht als empfehlenswert erachtet. Weiterhin unterstellen wir, dass der Anbieter den Kunden dennoch zufrieden stellen und an sich binden möchte, obwohl er ihm eine Empfehlung geben wird, die der vom Kunden präferierten Option nicht nahe kommt. Normalerweise wird der Anbieter in dieser Situation die von ihm als vorteilhaft erachtete Option dem Kunden „vorschreiben“ und er wird damit auch erfolgreich sein, weil er wegen seines überlegenen Know-how Macht über den Kunden besitzt. Wir erwarten aber, dass der Kunde, der sich dadurch in den Zustand einer „unterwürfigen Fügsamkeit“ versetzt sieht, unzufrieden ist, was negative Reaktionen wie bspw. eine geringere Verbundenheit mit dem Anbieter oder negative Mund-zu-Mund-Propaganda bei dem Kunden auslöst. Als eine Möglichkeit, diese negativen Konsequenzen zu vermeiden, diskutieren wir das Konzept „Internalisierung durch Zielanpassung“. Zu dieser Variante existiert in der organisationspsychologischen Literatur eine Forschungstradition. Wir stellen diese Prof. Dr. Heribert Gierl, Dipl.-Kfm. Robert Bitz, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der Universität Augsburg, Universitätsstr. 16, D-86159 Augsburg. Die Autoren danken Frau Martina Eschenlohr und Herrn Stefan Fischer für die Mitarbeit an den empirischen Studien.
der markt 2005/3+4
Forschung dar und übertragen die Ideen auf den von uns angesprochenen Marketingkontext. Die Vorteilhaftigkeit dieser Alternative wird an den Befunden von zwei Studien aus dem Bereich des Sports illustriert. Keywords: Goal congruence, internalisation, compliance, customer satisfaction, transactional and transformational leadership, learning and performance orientation
1. Problemstellung Kelman (1958) unterscheidet aus einer sozialpsychologischen Perspektive drei Gründe, warum sich eine Person A so verhält wie dies von einer anderen Person B gefordert wird. Der erste Grund ist „Compliance“ (Fügsamkeit). Die Person A verhält sich wie von B gewünscht, um den negativen Sanktionen von B zu entgehen oder eine positive Bestätigung durch B zu erfahren. Sie fügt sich, weil B mächtiger oder überlegen ist (Johnson 1973, Anderson/Weitz 1989). Der zweite Grund ist die „Identifikation“. Die Person A verhält sich in der von ihr geforderten Art und Weise, um den Kontakt mit einer anderen, attraktiven Person oder Gruppe B nicht zu gefährden. Nicht nur die individuellen Outputs aus einer Transaktion oder einer Beziehung, sondern die Aufrechterhaltung der Beziehung selbst hat für A einen hohen Wert. Der dritte Grund lautet „Internalisierung“. Die Person A wählt das von B gewünschte Verhalten, weil sie die Empfehlung von B als sachlich richtig einschätzt. Sie gelangt zu dieser Einschätzung, wenn sie entweder die Person B, die ihr die Empfehlung gibt, als besonders glaubwürdig einschätzt (Internalisierung der Argumente für das empfohlene Verhalten) oder sie die Ziele von B als ihre eigenen Ziele übernimmt (Internalisierung wegen Zielanpassung). Übernimmt A die Ziele von B, so erzielt sie
44. Jahrgang, Nr. 174/175, Seite 127 - 141
127
Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
einen Vorteil, weil sie von den Ressourcen und der Zielorientierung von A profitieren kann, die dieser einsetzt, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Auf diesen Aspekt machen bspw. Buchanan (1974), Anderson/Weitz (1989), Hunt/Wood/Chonko (1989), Vancouver/Schmitt (1991), Witt (1993, S. 19), Vancouver/Millsap/Peters (1994) und Nyer (1997) aufmerksam. In der Literatur wird untersucht, wie die mächtigere Person B erfolgreich die Person A dazu motivieren kann, sich nicht auf Grund ihrer Macht in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten (Wirkung von Compliance), sondern dasselbe Verhalten aus eigener Überzeugung zu wählen, weil A ihre Ziele an die Ziele von B anpasst (Wirkung von Internalisierung durch Zielanpassung). Das Ergebnis des Verhaltens von Person A ist zwar dann dasselbe, aber es wird erwartet, dass sie im letzten Fall zufriedener mit ihrem Verhalten ist und sich stärker mit B verbunden fühlt (Sense-of-Belonging; vgl. Gruen/Summers/ Acitio 2000, Foreman/Whetten 2002, S. 627). In Abb. 1 wird das hier beschriebene Problem dargestellt. Die beschriebene Thematik wird in der Forschung bisher vor allem in Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehungen untersucht. Der Mitarbeiter kann sich konform mit den Vorgaben seines überlegenen Vorgesetzten verhalten, wenn er sich fügt. Es wird aber erwartet, dass er in dieser Position unzufrieden ist, was sich negativ auf andere Verhaltensweisen auswirkt (z.B. negative Mund-zu-Mund-Propaganda durch den Mitarbeiter). Er verhält sich auch in Einklang mit den Handlungsanweisungen seines Vorgesetzten, wenn er von dessen Zielen überzeugt ist, seine eigene Ziele an die des Vorgesetzten anpasst und er aus diesem Grund die Anweisungen befolgt. In diesem Fall wird er jedoch mit seiner Situation und seiner Tätigkeit vergleichsweise zufriedener sein, da er das Gefühl hat, damit seine eigenen Ziele erreicht zu haben. Auch in Beziehungen zwischen
Teammitglied und Team wurden derartige Sachverhalte bereits analysiert. Typisch für die beschriebenen Konstellationen ist es, dass die Person, die beeinflusst werden soll, sich in einer schwächeren oder abhängigen Position befindet. Im Bereich der Kunden-Anbieter-Beziehungen befinden sich jedoch die Kunden meist in der verhandlungstaktisch günstigeren Position. Eine Ausnahme von dieser Regel ist gegeben, wenn der Kunde in Relation zu dem Anbieter ein starkes Defizit hinsichtlich seines Know-how wahrnimmt. Eine Abwanderung zu einem anderen Anbieter führt dann lediglich zur Abhängigkeit vom Know-how eines anderen Anbieters und kann seine Unterlegenheit nicht reduzieren. Wenn er in diesem Fall die Ziele des Anbieters als seine eigenen Ziele übernimmt oder zumindest seine Ziele anpasst, hat er aber nicht mehr den Eindruck, etwas zu tun, weil es ihm aufgezwungen wird, sondern das Gefühl erlangt, etwas zu tun, das sich eignet, seine eigenen Ziele zu erreichen. Wir verdeutlichen diese Unterscheidung an zwei Beispielen. Im ersten Beispiel sei angenommen, eine Person beabsichtige, durch Besuche in einem Fitnessstudio in absehbarer Zeit vorzeigbare Muskeln aufzubauen. Sie hat annahmegemäß die naive Vorstellung, dass dies nur mit dem Heben großer Gewichte zu erreichen sei. Auf der linken Seite von Abbildung 2 ist die Situation dargestellt, dass der Anbieter (Trainer im Fitnessstudio) dieses Ziel seines Kunden übernimmt und ihm eine sachkundige Empfehlung gibt, die allerdings „oft trainieren mit geringen Gewichten“ lautet. Der Kunde wird sich angesichts einer Unterlegenheit bezüglich des Know-how dem Trainer fügen, obwohl er selbst eine andere Einschätzung hatte, welches Verhalten für ihn optimal wäre. Auf der rechten Seite von Abbildung 2 ist die Kon-
Welche Maßnahmen?
Compliance + Verhalten wegen Unterlegenheit - Unzufriedenheit mit der Situation - geringe Bindung an den Partner
Internalisierung durch Zielanpassung
?
+ Verhalten aus Überzeugung + Zufriedenheit mit der Situation + Bindung an den Partner
?
Abb. 1: Problemstellung in dieser Studie 128
der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
stellation dargestellt, in der der Trainer den Kunden davon überzeugt, dass die Ziele, die er (der Trainer) selbst hat, auch die richtigen Ziele für seinen Kunden wären (z.B. oft trainieren, gesund bleiben, mit Freude dem Training nachgehen). Seine Empfehlung, oft mit geringen Gewichten zu trainieren, wird vom Kunden ebenfalls befolgt, aber nun deshalb, weil der Kunde unterstellt, damit seine eigenen neuen Ziele erreichen zu können. Als zweites Beispiel betrachten wir eine Beziehung zwischen Patient und Arzt. Wir nehmen an, dass ein Patient unter starken Schmerzen leidet und einen Arzt aufsucht, um eine Linderung zu erfahren. Der
Compliance
Internalisierung durch Zielanpassung
Trainer als Experte
Laie als Kunde Ziel: rascher Muskelaufbau Vermutung: das erreicht man mit dem Heben schwerer Gewichte
Verhalten: oft trainieren mit geringen Gewichten
Patient könnte auf Grund seiner negativen Erfahrungen mit Medikamenten annehmen, dass ihm nur mit einer Operation geholfen werden kann, um die Schmerzen zu lindern (Nerven durchtrennen). Der sachkundige Arzt könnte ihm jedoch den Rat geben, dass die Einnahme des vom Patienten noch nicht versuchten Medikaments A höhere Chancen für eine Linderung bietet als die Operation; der Patient wird sich fügen, aber tendenziell unzufrieden sein. Der Arzt könnte auch versuchen, das Ziel des Patienten zu ändern: er soll die Ursachen für die Schmerzen beseitigen, d.h. gesund werden. Diesem Ziel könnte der Arzt aus seinen berufsethischen Gründen heraus den Vorzug einräumen. Um dieses
übernimmt Ziel: rascher Ziel Muskelaufbau bei seinem Kunden
Laie als Kunde
Trainer als Experte
Ziel: rascher Muskelaufbau Internalisierung
überzeugt
Ziel: Spaß am Training, sachkun- gesunder Muskelaufbau diger Rat
Compliance
Empfehlung: oft trainieren mit geringen Gewichten
Ziel: immer volles Studio, gesunde und fröhliche Kunden sachkundiger Rat
Empfehlung: oft trainieren mit geringen Gewichten
Verhalten: oft trainieren mit geringen Gewichten
Abb. 2: Erstes Beispiel zur Verdeutlichung der verglichenen Situationen in einem Marketingkontext
Compliance Arzt als Experte
Patient als Kunde Ziel: rasch Schmerzlinderung erlangen
übernimmt Ziel
Arzt als Experte
Patient als Kunde
Ziel: rasch SchmerzZiel: Patient linderung erlangen Linderung erlangen
Ziel: Patient soll geheilt werden
Internalisierung
Vermutung: nicht durch Medikamente, sondern durch eine Operation zu erreichen
Verhalten: Medikament A verwenden
Internalisierung durch Zielanpassung
sachkun- Ziel: Ursache für die diger Rat Erkrankung beseitigen (geheilt werden)
Compliance
Empfehlung: Medikament A zur optimalen Schmerzlinderung geeignet
Verhalten: Medikament B verwenden
überzeugt
sachkundiger Rat
Empfehlung: Medikament B verwenden
Abb. 3: Zweites Beispiel zur Verdeutlichung der verglichenen Situationen in einem Marketingkontext der markt 2005/3+4
129
Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
neue Ziel zu erreichen, könnte er die Einnahme von Medikament B empfehlen. Der Patient verhält sich in beiden Fällen gleich: er nimmt ein ihm unbekanntes Medikament ein, könnte jedoch im zweiten Fall mit der Empfehlung zufriedener sein, da er mit dem Befolgen der Empfehlung nun sein eigenes neues Ziel verfolgt (vgl. Abbildung 3). Ähnliche Konstellationen lassen sich auch zwischen Mandant und Anwalt, zwischen Steuerzahler und Steuerberater, zwischen Verbraucher und Finanzberater oder zwischen Schüler und Nachhilfelehrer konstruieren. Die Fragen, die im Folgenden diskutiert werden, lauten: -
Wie kann Partei B die unterlegene Partei A in der Beziehung motivieren, ihre eigenen Ziele an die von B anzupassen?
-
Ist ein Verhalten auf Grund von Internalisierung (Anpassung der Ziele) anstelle auf Grund von Compliance mit einer höheren Zufriedenheit von A mit B und mit einer stärkeren Bindung an B verbunden?
Diese Fragestellungen werden zunächst anhand der Bereiche erörtert, für die in der Literatur bereits einige Ergebnisse vorliegen, am Beispiel von Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehungen und Teammitglied-Team-Beziehungen. Anschließend werden die Ergebnisse auf Marketingfragestellungen (Kunden eines Fitnessstudios, Teilnehmer an Sportkursen) übertragen.
2. Theoretische Überlegungen Vor der Erläuterung der Zusammenhänge zwischen den Modellvariablen wird zunächst in Abbildung 4 ein Überblick über die aus der bisherigen Forschung hergeleiteten Beziehungen gegeben.
Führungs-/Kommunikationsstil von Partei B Lern- und Leistungsorientierung von Partei A
Anpassung der Ziele von Partei A an die Ziele von Partei B
2.1 Führungs- bzw. Kommunikationsstil In der Literatur zur Organisationspsychologie wird häufig zwischen einem transaktionalen und einem transformationalen Führungsstil von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitern unterschieden (Kirkpatrick/ Locke 1996; Avolio/Bass/Jung 1999; Howell/HallMeranda 1999; Jung/Avolio 2000; Antonakis/Avolio/Sivasubramaniam 2003). Die Eigenschaft „transaktional“ beschreibt das Ausmaß, in dem der Vorgesetzte seinem Mitarbeiter erklärt, welche Belohnungen ihn erwarten, wenn er sich konform mit den Zielen oder Vorgaben des Vorgesetzten oder der Organisation verhält, und welche Strafen ihm drohen, falls er diese Vorgaben nicht erfüllt. Die Eigenschaft „transformational“ bringt die Qualität zum Ausdruck, mit der der Vorgesetzte dem Mitarbeiter erklärt, warum es der Organisation nutzt, wenn bestimmte Ziele erreicht werden. Avolio/Bass (1988, S. 30 und 33) beschreiben dies wie folgt: „Transactional leaders help subordinates recognize what the role and task requirements are to reach a desired outcome. (…) Subordinates learn what they must do to gain rewards and to avoid punishments through an exchange process with their superior. (…) A transformational leader may communicate a mission or vision to the subordinate that is exciting and in theme alone is able to motivate the subordinate to work hard and long to achieve that mission.” Diese beiden Aspekte wurden nicht als die Gegenpole eines Kontinuums, sondern als zwei Dimensionen von Führungsstil interpretiert. In der Literatur zur Organisationspsychologie wird behauptet, dass die transformationalen Elemente des Führungsstils dazu beitragen, dass Mitarbeiter ihre Ziele an die Ziele ihres Vorgesetzten oder an die der Organisation anpassen. Zur Begründung wird aufgeführt, dass der „transformationale Führer“ seine Mitarbeiter über seine Ziele besser informiert und ihren ihre Bedeutung erklärt, weswegen es den Mitarbeitern leichter
Zufriedenheit der Partei A mit der Partei B
Bindung von Partei A an die Partei B, Arbeitsleistung von Partei A
Abb. 4: Überblick über die theoretischen Beziehungen 130
der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz fällt, die Vorgesetztenziele als ihre eigenen Ziele zu akzeptieren (Jung/Avolio 2000, S. 952). Howell/Hall-Meranda (1999) untersuchten die Effekte des transaktionalen bzw. transformationalen Führungsstils von Vorgesetzten gegenüber ihren Mitarbeitern. Die Befragung fand unter Personal, das für eine Bank tätig ist, statt. Das Ausmaß der „transaktionalen“ Qualität stellten die Autoren dadurch fest, dass die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten mit Statements wie „(the leader) gives me positive feedback when I perform well“ oder „focuses attention on irregularities, mistakes, exceptions and deviations from standards“ bewerten mussten. Der Grad der „transformationalen“ Qualität sollte durch Zustimmungen zu Aussagen wie „(the leader) communicates a shared vision of the future“ oder „arouses awareness about important issues“ zum Ausdruck kommen. Die Autoren untersuchten sodann, inwieweit der Mitarbeiter bzgl. diverser Leistungsmerkmale den Erwartungen des Vorgesetzten entsprach. Die Autoren stellten einen schwach positiven Zusammenhang zwischen der Qualität des „transformationalen“ Führungsstil des Vorgesetzten aus Sicht seines Mitarbeiters und der Zufriedenheit des Vorgesetzten mit seinem Mitarbeiter fest (Korrelationen zwischen r=-0,03 und 0,09 für transaktionalen Führungsstil, r=0,10, p<5% für transformationen Stil). In einer Studie von Jung/Avolio (2000) wurden 194 Studenten in einem Experiment aufgefordert, die Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter zu simulieren. Die „Mitarbeiter“ sollten Ideen zur Verbesserung der Qualität der Lehre zu entwickeln. Dabei wurden zwei Experimentalbedingungen unterschieden. Die Personen aus der ersten Gruppe erhielten von einem „Projektleiter“ nur Angaben, was man von ihnen als Leistung erwarte (transaktionaler Stil). Die Personen aus der zweiten Gruppe bekamen zusätzlich zu dieser Instruktion eine Erklärung, warum der Beitrag jedes einzelnen Studenten für dieses Experiment für das Gelingen des gesamten Projekts besonders wichtig sei (transformationaler Stil). Die Studenten mussten nach der Produktion von Ideen die Qualität des „transaktionalen“ und „transformationalen“ Verhaltens des Projektleiters bewerten (insgesamt 17 Items, Beispiele für Statements zur Bewertung der Eigenschaft „transaktional”: „My project leader made clear what he expected from us in terms of our performance”, „My project leader told me what to do to be rewarded for my efforts”; Beispiele für Statements zur Bewertung der Eigenschaft „transformational”: „My project leader talked enthusiastically about what needs der markt 2005/3+4
Bindung von Kunden to be accomplished”, „My project leader got me to look at the task from many different angles”). Ferner wurde die vom Teilnehmer empfundene Kongruenz zwischen seinen Zielen und denen des Projektleiters ermittelt (Statement z.B. „I really support the intent of the core values of my leader”). Experten bewerteten schließlich die Quantität (das war die Aufgabe der „Mitarbeiter“) und die Qualität der Ideen, die die Auskunftspersonen geliefert hatten. Die Autoren stellten in einem LISREL-Modell fest, dass die transaktionale Qualität der Instruktion schwach (r=0,19, p<1%; ß=0,03, n.s.) und die transformationale Qualität der Instruktion moderat positiv mit der Zielkongruenz korrelierten (r=0,50, p<0,1%; ß=0,50, p<0,1%). Als Pfadkoeffizienten zwischen der Zielkongruenz und der Quantität der Ideen ergab sich der Wert ß=0,12 (p<1%). Der Effekt der Zielkongruenz auf die Qualität der Ideen war zwar negativ (ß=-0,15, p<5%), die Autoren führten diesen auf den ersten Blick unplausiblen Befund aber darauf zurück, dass die Auskunftspersonen instruiert worden waren, möglichst viele Ideen zu liefern und ein trade-off zwischen Quantität und Qualität besteht. Insgesamt ist aus diesen zwei Studien abzuleiten, dass ein transformationaler Führungs- oder Kommunikationsstil von Partei B die Bereitschaft der Partei A, ihre Ziele an die von B anzupassen, fördert. Wenn Partei B der Partei A gut erklärt, warum sie ihre Ziele anpassen sollte, weil eine gemeinsame Vision entwickelt wird, treten Internalisierungsprozesse auf Grund von Zielanpassung auf.
2.2 Lern- und Leistungsorientierung Weiterhin wird in der Organisationspsychologie betrachtet, inwieweit die Lern- und die Leistungsorientierung von Mitarbeitern einen Einfluss darauf haben, in welchem Maße die Mitarbeiter bereit sind, ihre Ziele an die Ziele ihrer Vorgesetzten anzupassen. Mit Lernorientierung wird die Bereitschaft von Personen beschrieben, das Niveau ihrer Kompetenzen fortwährend zu steigern (Sosik/Godshalk/Yammarino 2004, S. 243). Leistungsorientierung beschreibt dagegen das Streben von Personen, das Auftreten oder das Offenkundigwerden von eigener Inkompetenz zu vermeiden (Schmidt/Ford 2003, S. 407). Beide Konzepte werden meist als verschiedene Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Button/Mathieu/Zajac 1996) und nicht als die Pole eines Kontinuums angesehen (Nicholls 1984; Dweck 1986). 131
Gierl/Bitz VandeWalle/Brown/Cron/Slocum (1999, S. 249) vermuten für lernorientierte Personen: „individuals pursue an adaptive response pattern”. Sie unterstellen, dass lernorientierte Personen gerne Herausforderungen annehmen und engagiert versuchen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Zur Frage, inwieweit Lern- bzw. Leistungsorientierung von Mitarbeitern und die Anpassung der Ziele der Mitarbeiter an die der Vorgesetzten zusammenhängen, führten VandeWalle/Brown/Cron/Slocum (1999) eine Untersuchung durch. An ihrer Studie wirkten Pharmareferenten als Auskunftspersonen mit. Diese Vertriebsmitarbeiter konnten davon ausgehen, dass ihrem Unternehmen möglichst hohe Absatzzahlen wichtig sind. Die Autoren untersuchten, ob die Lernorientierung und die Leistungsorientierung der Mitarbeiter mit höheren, selbst gesetzten Absatzzielen der Außendienstmitarbeiter korrespondieren, d.h. ein höherer Grad an Zielanpassung vorliegt. Die Lernorientierung erfassten die Autoren mit Statements wie „An important part of being a good salesperson is continually improving my sales skills“ oder „It is important for me to learn from each selling experience I have“, die Leistungsorientierung durch Statements wie „I spend a lot of time thinking about how my performance compares with other salespeople’s“ oder „I very much want my co-workers to consider me to be good at selling“. Die Autoren beobachteten, dass die Zielanpassung zwar nicht mit der Leistungsorientierung, aber mit der Lernorientierung eines Mitarbeiters zunimmt. Denn die Autoren stellten in einer LISREL-Analyse einen positiven Effekt der Lernorientierung auf die Zielanpassung (ß=0,30, p<1%), jedoch keinen signifikanten Effekt der Leistungsorientierung (ß=0,11) auf die Zielanpassung fest. Auch durch die Anlage der zwei im Folgenden dargestellten Laborexperimente wurde darauf abgezielt, dass die Probanden die Vorgaben (Ziele) der Leiter der Experimente möglichst gut als ihre eigenen Ziele übernehmen, ohne allerdings die Zielanpassung seitens der Probanden zu messen. In diesen Studien wurde der direkte Zusammenhang zwischen Leistungs- bzw. Zielorientierung und Arbeitsleistung untersucht.
Bindung von Kunden zuwirken. Die Autoren erhoben von den Teilnehmern mit jeweils acht Statements die Leistungsorientierung (Beispielstatements: „I feel smart when I do something without making any mistakes“, „The opinions others have about how well I can do certain things are important to me“) und die Lernorientierung (Beispielstatement: „I prefer to work on tasks that force me to learn new things“) und ermittelten die Anzahl der richtigen abzüglich der Anzahl der falschen Entscheidungen. Die Regressionskoeffizienten für die Leistungsorientierung bzw. für die Lernorientierung zur Erklärung der Arbeitsleistung beliefen sich auf r=-0,14 (p<5%) bzw. 0,19 (p<1%). Eine sehr ähnliche Studie stammt von Schmidt/ Ford (2003). Bei den Teilnehmern an dieser Studie handelte es sich um 79 Studenten, die sie zunächst zu ihrer Leistungs- und Lernorientierung befragten. Die zur Operationalisierung eingesetzten Statements lauteten bspw. „The opportunity to learn new things is important to me“ (Lernorientierung) oder „I feel good when I can prove myself that I am better than others” (Leistungsorientierung). Die Aufgabe der Probanden bestand darin, 28 Objekte auf einer Website zu installieren. Die Autoren stellten fest, wie hoch die Anzahl der richtig installierten Objekte war. Die Korrelation zwischen Leistungsorientierung und Arbeitsleistung belief sich auf r=0,02 (n.s.), die zwischen Lernorientierung und Arbeitsleistung auf 0,24 (p<5%). Aus diesen Befunden ist abzuleiten, dass Personen, die durch eine hohe Lernorientierung zu beschreiben sind (gerne Herausforderungen annehmen und engagiert versuchen, diese Herausforderungen zu bewältigen) eher bereit sind, ihre Ziele an die ihrer Vorgesetzten anzupassen, und auch eine größere Arbeitsleistung im Sinne der Ziele der „Vorgesetzten“ erbringen. Andere Laborexperimente, deren Konzeption darauf abzielte, dass die Probanden eigene, vom Leiter der Experimente unabhängige Ziele entwickeln und verfolgen sollten, werden hier nicht vorgestellt, da diese keine Belege für die Relevanz der Mediatorvariable „Zielanpassung“ liefern können (z.B. Brett/VandeWalle 1999).
2.3 Zufriedenheit und Bindung Bell/Kozlowski (2002) baten Testpersonen, an einem Experiment mitzuwirken, in dem der direkte Effekt der Leistungs- und Lernorientierung auf die Qualität der Leistung ermittelt werden sollte. 125 Studenten wurden aufgefordert, an einem PC-gestützten Planspiel zur Steuerung von Schiffen mit132
Weiterhin existiert Forschung zur Frage, ob sich Zielanpassung positiv auf die Zufriedenheit und die Bindung auswirkt. Zielanpassung bezeichnet hier den Tatbestand, dass eine Person A, die von einer anderen Person oder einer Gruppe B abhängig ist der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz oder sich ihr gegenüber in einer schwächeren Position befindet, die Ziele von B oder einen Teil dieser Ziele als ihre eigenen Ziele übernimmt. Leider wird in den vorliegenden Studien nicht explizit danach unterschieden, ob eine beobachtete hohe Zielkongruenz (1) durch die Anpassung der Ziele von A an die Ziele von B zustande kam, (2) sich B von vorneherein nur Personen mit ähnlichen Zielen als Transaktions- oder Beziehungspartner aussuchte oder (3) B ebenfalls seine eigenen Ziele an die Ziele von A anpasste. Nur der erste Fall ist die in diesem Beitrag interessierende Konstellation. Betrachtet man bspw. Doktoranden und die Betreuer ihrer Dissertationen, so könnten sich die Doktoranden von vorneherein Betreuer, die wegen ihres annahmegemäß umfangreicheren Know-how in der mächtigeren Position sind, auswählen, von denen sie annehmen, diese verfolgten die gleichen Ziele und Interessen sie sie selbst (die Doktoranden). Allerdings befindet sich der Doktorand zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Betreuer im Zustand einer hohen Unsicherheit, was die Einschätzung der Ziele des Betreuers anbelangt, d.h. er kann sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bzgl. der Einschätzung der Ziele des Betreuers täuschen. Eine starke Kongruenz der Ziele zwischen Doktorand und Betreuer kann daher auch durch die einseitige Zielanpassung des Doktoranden erfolgen. Wie sich die Zielkongruenz auf die Zufriedenheit der Doktoranden mit ihrem Betreuer auswirkt, untersuchten Turban/Dougherty/Lee (2002). Sie fragten 220 Doktoranden an einer amerikanischen Universität danach, inwieweit ihre eigenen Ziele denen der Betreuer ihrer Dissertation gleichen. Zur Operationalisierung des Grades der Übereinstimmung verwendeten sie fünf Statements: „(the advisor) sees things in much the same way”, „is alike in a number of areas”, „we have similar work styles”, „we have similar career aspirations” und „we have similar values and attitudes”. Die Zufriedenheit mit der Betreuung drückten die Auskunftspersonen anhand von 29 Statements aus, die von den Autoren zu vier Dimensionen zusammengefasst wurden und die sich wie folgt interpretieren lassen: -
Zufriedenheit mit der Unterstützung, wie man relevantes Know-how erlernen kann (Z1), Zufriedenheit mit der Unterstützung, wie man
der markt 2005/3+4
Bindung von Kunden
-
zielstrebig eine akademische Karriere durchläuft (Z2), Ausmaß, in dem der Betreuer als Vorbild dient, berät und als Freund angesehen wird (Z3) und Empfundener Schutz durch den Betreuer vor Kritik anderer Personen (Z4).
Die Autoren beobachteten moderate bis hohe Korrelationen zwischen der Zielkongruenz und der Zufriedenheit der Doktoranden mit ihrem Betreuer (r=0,54 für Z1, 0,52 für Z2; 0,73 für Z3 und 0,51 für Z4, jeweils p<5%). Eine weitere Situation, in der eine Person ihre individuellen Ziele stärker an die Ziele anderer Personen anpasst als andere Personen ihre Ziele an die Ziele dieser einen Person anpassen, liegt vor, wenn Teams bestehen. Denn das Funktionieren eines Teams hängt davon ab, inwieweit die einzelnen Mitglieder ihre Ziele den gemeinsamen Zielen unterordnen. Eine beobachtete hohe Kongruenz zwischen den individuellen Zielen eines Teammitgliedes und dem Durchschnitt der Ziele der anderen Mitglieder des Teams deutet dann darauf hin, dass der Einzelne seine Ziele an die der Gruppe angepasst hat. Jehn/Chatwick/Thatcher (1997, S. 288) definieren für diesen Kontext Zielkongruenz (value congruence) „as the degree to which all members of the group agree on values on group processes and group work, and its effects on intragroup conflict.” Witt/Hilton/ Hochwarter (2001) untersuchten den Zusammenhang zwischen der Zielkongruenz von 235 Mitarbeitern eines Unternehmens, welche in 23 Teams zusammenarbeiteten, und der Bindung dieser Personen an ihr Team. Die Zielkongruenz operationalisierten sie als die Summe der quadrierten Abweichungen der Wichtigkeit der individuellen Ziele von Durchschnitt der Wichtigkeit der Ziele der anderen Teammitglieder, die Bindung des Mitglieds an die Gruppe durch vier Statements wie bspw. „If I could I would transfer to another team where people are a bit friendlier“. Die Autoren beobachteten zwischen Zielkongruenz und Bindung eine zwar geringe, aber positive Korrelation in der Höhe von r=0,15 (p<1%). Darüber hinaus liegen mehrere Studien vor, in denen der Effekt der Kongruenz zwischen den Zielen des Mitarbeiters und seines Vorgesetzten auf die Zufriedenheit des Mitarbeiters und seine Bindung an die Organisation bzw. das Unternehmen untersucht worden ist. In einigen Studien dürfte der Fall vorliegen, dass sich der Vorgesetzte seine Mitarbeiter nicht direkt aussuchen konnte, sondern ihm der Mitarbeiter von seinem eigenen Vorgesetzten oder 133
Gierl/Bitz einer Personalabteilung zugeteilt wurde; in diesen Fällen kann Zielkongruenz als die einseitige Anpassung der Ziele des Mitarbeiters an die seines direkten Vorgesetzten interpretiert werden. Eine derartige Konstellation dürfte in staatlichen Schulen gegeben sind, denn Betreuungslehrer werden sich die von ihnen betreuten Lehrer selten selbst aussuchen können, sondern sie werden ihnen vermutlich häufig von Schulleitern zugeordnet. Vancouver/Schmitt (1991) untersuchten am Beispiel von 14.721 Lehrern, die an 362 nordamerikanischen Schulen unterrichten, die Kongruenz der Wichtigkeit von 14 pädagogischen Zielen aus Sicht des Lehrers und der Wichtigkeit dieser Ziele aus der Sicht der jeweiligen Vorgesetzten (Betreuungslehrer). Zielinhalte waren z.B. „(It is important to) increase students’ basic skills“, „achieve full racial integration“ oder „enhance athletic programs“ Gemessen wurde die Zielkongruenz als Summe der quadrierten Abweichungen dieser Wichtigkeiten pro Paar (Lehrer-„Vorgesetzter“). Als Responsevariablen erfassten die Autoren die Zufriedenheit der Lehrer mit ihren „Vorgesetzten“ (9 Statements) und ihre Bindung an die betreffende Schule (3 Statements). Als Ergebnis konnte eine schwach positive Beziehung zwischen Zielkongruenz und Zufriedenheit mit den Vorgesetzten (r=0,12, p<0,1%) und eine positive Beziehung zwischen Zielkongruenz und Bindung des Lehrers an seine Schule (r=0,21, p<0,1%) beobachtet werden. Eine ähnliche Konstellation dürfte in großen Krankenhäusern gegeben sein, in denen Stationsleiter das Personal zugewiesen bekommen. Kalliath/ Bluedorn/Strube (1999) untersuchten Effekte der Zielkongruenz zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter auf die Zufriedenheit dieser Mitarbeiter in zwei großen Krankenhäusern. An der Befragung beteiligten sich 1358 Mitarbeiter. Die Zielkongruenz wurde anhand der Summe der absoluten Abweichungen der Wichtigkeit von 32 Zielen für den Mitarbeiter und der Wichtigkeit dieser Ziele für das Krankenhaus aus Sicht des Mitarbeiters erfasst. Dieser
Bindung von Kunden Zielkatalog wurde von den Autoren der Studie vorab in vier Zielbereiche eingeteilt: -
-
-
-
Wichtigkeit von Zielen aus dem Bereich der „internen Prozesse“ (z.B. Zentralisierung von Entscheidungen, Ausmaß an Regeln), Wichtigkeit von Zielen aus dem Bereich der „offenen Systeme“ (z.B. kreatives Problemlösen, Möglichkeit von Ausnahmen, falls erforderlich), Wichtigkeit von Zielen aus dem Bereich der „Human Relations“ (z.B. Partizipation an Entscheidungen, offene Diskussion, Freundlichkeit) und Wichtigkeit von Zielen aus dem Bereich „Rational Goals“ (z. B. Klares Setzen von Zielen, Sein Bestes tun, Qualität des Outputs).
Die Autoren erfassten die Zufriedenheit des Mitarbeiters mit seiner Tätigkeit im Krankenhaus (4 Statements) sowie seine Bindung an das Krankenhaus (15 Statements). Mittels Regressionsanalysen untersuchten sie den Einfluss der Zielkongruenz in den vier abgegrenzten Bereichen auf die Zufriedenheit mit der Tätigkeit und auf die Bindung an das Krankenhaus. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Autoren stellten fest, dass sich eine Kongruenz der Ziele im Bereich der „Human Relations“ (Wichtigkeit von Teamwork, von Fürsorge füreinander, Mitbestimmung und offene Diskussion, Vertrauen, Freundlichkeit etc.) sowohl positiv auf die Zufriedenheit als auch auf die Bindung des Personals auswirkt. Ferner wird auch ein positiver Effekt der Zielkongruenz im Bereich „offene Systeme“ auf die Mitarbeiterzufriedenheit beobachtet. Ferner wurde eine Reihe von Studien durchgeführt, in denen der Zusammenhang zwischen der Kongruenz der Ziele des Mitarbeiters und den Zielen seines Vorgesetzten und den abhängigen Variablen Zufriedenheit des Mitarbeiters und Bindung des Mitarbeiters an den Vorgesetzten und das Unternehmen analysiert wurde. Generell werden schwach bis moderat positive Zusammenhänge beobachtet. Die
Abhängige Größen
Einflussgrößen R² Zielkongruenz bzgl. Zielkongruenz bzgl. Zielkongruenz bzgl. Zielkongruenz bzgl. „interne Prozesse“ „offene Systeme“ „Human Relations“ „Rational Goal“ Zufriedenheit mit der Tätigkeit -0,021 -0,150 (p<5%) -0,649 (p<1%) -0,029 0,048 Bindung an das Unternehmen -0,026 +0,005 -0,060 (p<1%) -0,052 0,274 Negative Regressionskoeffizienten stellen positive Effekte der Zielkongruenz auf die abhängigen Variablen dar.
Tab. 1: Ergebnisse der Studie von Kalliath/Bluedorn/Strube 134
der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz Ergebnisse sind in Tabelle 2 dargestellt. Es ist allerdings fraglich, ob in diesen Studien nur Situationen betrachtet worden sind, in denen eine hohe Zielkongruenz bedeutet, dass die Mitarbeiter ihre eigenen Ziele an die Ziele ihres Vorgesetzten angepasst haben und z.B. wegen dieser psychischen Investitionen an die Beziehung gebunden sind, oder ob die Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten gezielt vorab anhand der Ähnlichkeit der Ziele, Einstellungen etc. ausgewählt worden sind und die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten wegen dieser Ähnlichkeit positiv bewerten, was mit Identifikation (nach Kelman 1958) bzw. mit dem Attraktion-Similarity-Effekt (nach Byrne 1971) erklärt werden könnte. Insgesamt betrachtet gehen wir davon aus, dass die bisherige Forschung die These belegt, dass Personen, die ihre Ziele an die Ziele anderer Personen anpassen, auch mit diesen Personen zufriedener und stärker an diese Personen gebunden sind.
3. Anwendung auf NachfragerAnbieter-Beziehungen Nachfrager-Anbieter-Beziehungen sind dadurch beschrieben, dass die Kunden sich in aller Regel als weniger abhängig von einem einzelnen Anbieter empfinden als bspw. Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten, da sie leichter wechseln können und daher
Bindung von Kunden generell eine geringere Notwendigkeit besteht, ihre Bedürfnisse (Ziele) an die Ziele, die der Anbieter für den Kunden als richtig erachtet, anzupassen. Wir gehen aber davon aus, dass diejenigen Kunden bereit sind, ihre Ziele anzupassen, die annehmen, ihr Know-how in dem betreffenden Bereich sei erheblich geringer als das Know-how der Anbieter. Die unterlegene Position kann ein Kunde in diesem Fall nicht dadurch vermindern, dass er mit einem Wechsel zu einem anderen Anbieter droht oder tatsächlich wechselt, weil er sich dadurch nur in eine andere Beziehung begibt, in der er wiederum die unterlegene Position innehat. Weitere Besonderheiten vieler Nachfrager-Anbieter-Beziehungen bestehen darin, dass die Anbieter an möglichst vielen Kunden interessiert sind und sie die potenziellen Kunden auch keinem Test bzgl. ihrer Lern- oder Leistungsorientierung unterziehen können. Jedoch findet in manchen Nachfrager-Anbieter-Beziehungen eine Auswahl der Beziehungspartner auf der Grundlage von Tests – ähnlich einem Bewerbungsgespräch zwischen Vorgesetztem und neuen Mitarbeitern oder zwischen Team und neuen Teammitgliedern – statt. Beispielsweise können ein Professor bei der Auswahl seiner Doktoranden oder eine Hochschule bei der Auswahl ihrer Studenten im Rahmen von Bewerbungsgesprächen feststellen, wie lern- und leistungsorientiert die Kandidaten sind, um diejenigen Bewerber auszuwäh-
Quelle
Stichprobe 191 Mitarbeiter und 30 Meglino/Ravlin/ Vorgesetzte aus einem Adkins (1989) Industrieunternehmen 171 neue Mitarbeiter und 128 Vorgesetzte Chatman aus acht Unternehmen (1991) (Wirtschaftsprüfungen)
Operationalisierung der Zielkongruenz Abhängige Größen Rangkorrelation der Wichtigkeit von 28 BU (15 Statements), vorgegebenen Zielen, die beim Mitarbeiter und bei rKongruenz, BU=0,17, p<5% dem jeweiligen Vorgesetzten erfragt wurden Korrelation zwischen der Einschätzung des BU (4 Statements), Mitarbeiters, wie wichtig 54 Ziele für das rKongruenz, BU=0,37, p<1% Unternehmen sein sollten, und der Bewertung der Wichtigkeit dieser Ziele aus Sicht der jeweiligen Vorgesetzten 174 Mitarbeiter und Summe der absoluten Abweichungen der ZV (5 Statements), Meglino/Ravlin/ Vorgesetzte aus einem Wichtigkeit von 33 vorgegebenen Zielen, die jeweils rKongruenz,ZV=0,15, p<5%, BU (15 Statements), Adkins (1992) Industrieunternehmen beim Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten erfragt wurden rKongruenz, BU=0,12, p<10% 191 Mitarbeiter und 17 Rangkorrelation der Wichtigkeit von 24 ZK (3 Statements), Adkins/Ravlin/ Vorgesetzte aus einem vorgegebenen Zielen, die beim Mitarbeiter und dem rKongruenz, ZK=0,15, n.s. Meglino (1996) Industrieunternehmen jeweiligen Vorgesetzten erfragt wurden Valentine/ 304 junge Berufstätige Drei Statements (z.B. „I feel that my personal values BU (9 Statements), Godkin/Lucero aus diversen are a good fit with this organization“, „This rKongruenz, BU=0,33 bis 0,68, p<1% (2002) Unternehmen organization has the same values as I do”) ZV: Zufriedenheit des Mitarbeiters mit dem Vorgesetzten, ZK: Zufriedenheit des Mitarbeiters mit seinen Kollegen, BU: Bindung des Mitarbeiters an sein Unternehmen.
Tab. 2: Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Zielkongruenz und Zufriedenheit bzw. Bindung von Mitarbeitern der markt 2005/3+4
135
Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
len, die in höherem Maße bereit sind, ihre Ziele an die Ziele des Professors oder der Fakultät anzupassen (falls dies gewollt wird). Speziell in den nachfolgend vorgestellten Studien wurde der zweite Fall (Möglichkeit einer gezielten Auswahl der Kunden) jedoch als sachlogischen Gründen nicht betrachtet, so dass auch auf Übertragung der Modellvariablen „Lern- und Leistungsorientierung“ verzichtet werden musste; in anderen Konstellation (z.B. eine Fakultät wählt sich ihre Studenten aus) könnten diese zentralen Modellvariablen jedoch mit berücksichtigt werden. Damit ein Kunde die Empfehlungen des Anbieters wegen „Compliance“ befolgt, ist weiterhin ein hohes Maß an Abhängigkeit des Kunden notwendig. Eine mögliche Quelle für diese Unterlegenheit ist, wie eingangs bereits erläutert, das Know-how Defizit des Kunden gegenüber dem Anbieter. Weitere Ursachen könnten sunk costs sein, d.h. Investitionen, die der Kunde in die Beziehung mit dem Anbieter getätigt hat und die im Fall der Auflösung der Beziehung verloren gingen. Wenn bspw. ein Klient gegenüber seinem Rechtsanwalt mit großen psychologischem Aufwand einen Straftatbestand offenbart hat, wird er die psychologischen Kosten scheuen, einem möglichen anderen Anwalt dassel-
Konstrukt
Know-how des Mitglieds/Teilnehmers
Know-how des Trainers/ Kursleiters
Qualität der transaktionalen Kommunikation
be nochmals zu berichten, weswegen er sich dem Rat des ersten Anwalts fügen wird. Auch das Fehlen von Wechselmöglichkeiten zwingt einen Kunden zum Verbleib in einer Beziehung. Wenn bspw. ein Student aus besonderem Interesse heraus ein „exotisches Fach“ an einer Hochschule belegt hat, kann er dieses Fach nicht ohne weiteres an einer anderen Hochschule weiterstudieren, weswegen er ebenfalls den Empfehlungen seines Dozenten folgen muss. Verhalten auf Grund von Compliance dürfte auch nur dann auftreten, wenn der Bereich, in dem der Anbieter tätig ist, für den Nachfrager sehr wichtig ist. Dies würde bspw. für die oben genannten Beispiele des Mandanten oder des Studenten zutreffen, vermutlich aber nicht für eine Beziehung zwischen einem Ernährungsberater und seinem „Kunden“. Wir führten zwei Studien zum Bereich Sport durch. In der ersten Untersuchung betrachteten wir die Beziehung zwischen Trainern und Mitgliedern in einem Augsburger Fitnessstudio, in der zweiten die Beziehung zwischen Leitern und Studenten als Teilnehmern von Hochschul-Sportkursen, die an der Universität Augsburg angeboten werden. Das Fitnessstudio besaß ungefähr 1.500 Mitglieder, wovon 339 in den Räumen dieses Studios im Jahr 2002
Studie Operationalisierung 1 • Wie lange betreiben Sie schon Fitness in Fitnessstudios? (Jahre und Monate) • Ich habe in der Sportart dieses Kurses sehr viel Erfahrung. • Ich kenne selbst viele Übungen, die man in diesem Kurs anwenden kann. 2 • Ich könnte sehr viele Übungen auch alleine korrekt durchführen. • Ich könnte den Kurs auch selbst halten. (Cronbachs Alpha = 0,867) • Der Kursleiter weiß, wovon er spricht. 2 • Der Kursleiter erklärt mit Aussagen von Experten. • Der Kursleiter sagt immer ganz genau, was er von uns erwartet. • Der Kursleiter verspricht immer eine kleine Belohnung, wenn wir seine Erwartungen erfüllen (z. B. Verwendung von Musik, speziell gewünschte 2 Übungen). • Der Kursleiter hält sich an seine Versprechen. • Der Kursleiter hebt Teilnehmer, die besonders gut sind, speziell heraus. (Cronbachs Alpha = 0,610)
Qualität der transformationalen 2 • Der Kursleiter sagt klar und deutlich, welche Ziele er mit den Übungen verfolgt. Kommunikation Ausmaß, in dem das Mit• Ich kann sicher sein, dass das Personal tut, was für mich richtig und wichtig ist. glied/Teilnehmer seine 1 • Ich habe volles Vertrauen in das Personal meines Fitnessstudios. Ziele an Ziele des (Korrelation = 0,813) Trainers/Kursleiters • Die Ziele des Kursleiters sind auch meine Ziele. 2 anpasst Studie 1 (Untersuchung im Fitnessstudio) Skala von 1=trifft überhaupt nicht zu bis 6=trifft voll und ganz zu. Studie 2 (Untersuchung in Hochschulsportkursen) Skala von 1=trifft überhaupt nicht zu bis 7=trifft voll und ganz zu.
Tab. 3: Operationalisierungen in den neuen Studien – Teil 1 136
der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz befragt wurden. Die Interviewerin achtete bei der Auswahl der Auskunftspersonen darauf, dass nur solche Besucher befragt wurden, die mit individuellen sportlichen Ambitionen trainierten, d.h. nicht Besucher, die allein zum Zeitvertreib oder aus sozialen Gründen (andere Personen kennen lernen) anwesend waren. Von diesen Auskünften erwiesen sich 307 als verwertbar, da diese Personen den Fragebogen vollständig ausgefüllt hatten. In der Befragung von Teilnehmern an Hochschulsportkursen im Jahr 2004 beteiligten sich 166 Studenten. Die Befragung fand in Kursen statt, in denen ebenfalls die Entwicklung persönlicher sportlicher Ziele und weniger die soziale Komponente im Vordergrund stand (Fechten, Leichtathletik, Tennis, Fit in den Sommer). Die erste Frage lautete, inwieweit die Mitglieder des Fitnessstudios bzw. die Teilnehmer der Sportkurse bereit waren, ihre eigenen Ziele an die Ziele ihres Trainers/Kursleiters anzupassen, wenn sie (1) ein starkes eigenes Know-how Defizit gegenüber ihrem Trainer/Kursleiter wahrnehmen und sie (2) die Kommunikation des Kursleiters in einem mehr oder minder großem Ausmaß als transaktional bzw. als transformational empfinden. Der Kommunikationsstil wurde allerdings nur in der zweiten Studie betrachtet. Die Operationalisierungen der angesprochenen Modellvariablen sind in Tabelle 3 aufgeführt. Die Ergebnisse von Regressionsanalysen, in denen die Zielanpassung seitens der Mitglieder bzw. Teilnehmer statistisch erklärt wurde, sind in Tabelle 4 dargestellt. Das Ergebnis der ersten Studie lautet, dass sich Mitglieder eines Fitnessstudios umso weniger an die Ziele ihres Trainers anpassen, je höher sie ihr eigenes Know-how (gemessen als Zeitdauer, mit der sie schon trainieren) einschätzen. In der zweiten Studie zeigte sich ein starker positiver Effekt der Bewertung des Know-how des Kursleiters auf die Bereitschaft der Teilnehmer, ihre Ziele an die des Kursleiters anzupassen; dass sich nicht gleichzeitig auch ein signifikanter negativer Effekt der Beurteilung des eigenen Know-how der Teilnehmer auf die Zielanpassung ergab, könnte damit erklärt werden, dass die beiden Know-how Variablen
Bindung von Kunden miteinander korrelierten (r=-0,283, p<0,1%). Ferner erhöht die Qualität der Kommunikation die Bereitschaft der Teilnehmer, ihre Ziele an die des Kursleiters anzupassen. Dieser Befund liegt sowohl für die transaktionale als auch für die transformationale Qualität der Kommunikation zwischen Kursleiter und Teilnehmer vor. Die zweite Frage war, ob der Beweggrund, warum Nachfrager (hier: Mitglieder des Fitnessstudios bzw. Teilnehmer der Sportkurse) das empfohlene Verhalten des Anbieters ausführen, erklären kann, wie zufrieden und verbinden die Nachfrager mit diesem Anbieter sind. Wir vermuteten, dass die Zufriedenheit und Bindung gering sind, wenn das Verhalten wegen „Compliance“ praktiziert wird (sinngemäß: „Ihr (Kunden) macht, was ich sage, egal was ihr darüber denkt!“), und die Zufriedenheit und Bindung hoch sind, wenn dasselbe Verhalten wegen der Anpassung der Ziele (des Kunden an die des Anbieters) gewählt wird (sinngemäß: „Der Anbieter hat Recht, ich sollte andere Ziele verfolgen als die Ziele, die ich mir vorgenommen hatte“). Am Beispiel der durchgeführten Studien können wir den zweitgenannten Aspekt untersuchen, insbesondere die Annahme, dass die Zufriedenheit und die Kundenbindung mit steigender Zielanpassung zunehmen. Eine ausreichende Varianz von Daten zu Statements wie „Ich befolge alle Anweisungen meines Trainers, auch wenn ich damit sicherlich nicht das erreichen kann, weswegen ich mich zu dem Kurs anmeldete“ konnte in keiner der beiden Studien beobachtet werden, die jedoch nötig wäre, um Verhalten der Ursache „Compliance“ zurechnen zu können. Wir führen dies darauf zurück, dass die betrachteten Sportaktivitäten die Auskunftspersonen nicht in eine so unterlegene Position brachten, als dass sie wegen der Macht des Trainers/Kursleiters in der Beziehung geblieben wären, wenn deren Empfehlungen und Anweisungen ihren Interessen zu konträr wären. Eventuell wäre ein Verhalten auf Grund von Compliance beobachtbar, wenn Besucher von
Kon- Know-how des Mit- Know-how des Trai- Qualität der transaktio- Qualität der transformaR² stante glieds/Teilnehmers ners/Kursleiters nalen Kommunikation tionalen Kommunikation 1 4,938 -0,033 (t=-3,248) 0,034 2 2,516 -0,048 (t=-0,870) 0,345 (t=2,845) 0,427 (t=3,959) 0,171 (t=2,470) 0,203 Die angegebenen Werte sind Regressionskoeffizienten.
Studie
Tab. 4: Erklärung der Anpassung der Ziele des Kunden der markt 2005/3+4
137
Gierl/Bitz
Bindung von Kunden
Fitnessstudios im Voraus einen sehr hohen Mitgliedsbeitrag bezahlt hätten. Daher konnte in den beiden hier vorgestellten Studien nicht untersucht werden, ob Verhalten auf Grund von Compliance zu einer vergleichsweise geringen Zufriedenheit und einer geringeren Verbundenheit mit dem Anbieter führt als dasselbe Verhalten auf Grund von Zielanpassung.
Lediglich als eine Kontrollvariable diente in beiden Studien zusätzlich die von den „Kunden“ wahrgenommene Anpassung der Ziele, die der Trainer/ Kursleiter verfolgt, an die Ziele des Mitglieds/Kursteilnehmers, da diese Variablen in den beiden hier beschriebenen Studien ebenfalls eine beachtliche Streuung aufwiesen. Als Ursache hierfür vermuten wir, dass die Kursleiter bzw. viele Trainer unter Beobachtung von „Vorgesetzten“ stehen und nicht wei-
Konstrukt Studie Operationalisierung • Das Personal geht immer auf meine individuellen Ziele ein. Ausmaß, in dem der • Auf Grund des guten Verständnisses meiner Wünsche durch das Personal fällt es mir Trainer/Kursleiter 1 sehr leicht, meine Ziele zu erreichen. aus Sicht der Mitglieder/Teilnehmer • Das Verhalten des Personals orientiert sich immer an meinen individuellen Zielen. die Ziele der Mitglie(Cronbachs Alpha = 0,891) der/Teilnehmer als • Der Kursleiter beachtet immer unsere Wünsche. seine eigenen Ziele 2 • Ich habe das Gefühl, dass der Kursleiter meine Ziele verfolgt. übernimmt (Korrelation = 0,508) 1 • Mit der Betreuung durch den Trainer bin ich sehr zufrieden. Zufriedenheit des Mitglieds/Teilneh• Der Kursleiter vermittelt Freude am Kurs. mers mit dem 2 • Der Kursleiter gibt aus meiner Sicht immer die richtigen Anweisungen. Trainer/Kursleiter (Korrelation = 0,400) • Ich bin sehr daran interessiert, auch zukünftig in diesem Fitnessstudio zu bleiben. • Ich bin gerne bereit, dieses Fitnessstudio meinen Freunden und Kollegen weiterzuempfehlen. 1 • Wenn ich heute die Wahl hätte, dann würde ich mich wieder für dieses Fitnessstudio entscheiden. Bindung des Mit(Cronbachs Alpha = 0,864) glieds/Teilnehmers an das Fitnessstu• Ich freue mich jede Woche wieder auf den Kurs. dio/die Einrichtung • Ich kann mir vorstellen, im nächsten Semester einen weiterführenden Kurs in diesem „Hochschulsport” Bereich zu belegen. 2 • Falls ich mich nochmals entscheiden müsste, wieder ich diesen Kurs wieder belegen. • Diesen Kurs kann ich guten Gewissens an meine Freunde und Studienkollegen weiterempfehlen. (Cronbachs Alpha = 0,861) Studie 1 (Untersuchung im Fitnessstudio) Skala von 1=trifft überhaupt nicht zu bis 6=trifft voll und ganz zu. Studie 2 (Untersuchung in Hochschulsportkursen) Skala von 1=trifft überhaupt nicht zu bis 7=trifft voll und ganz zu.
Tab. 5: Operationalisierungen in den neuen Studien – Teil 2
Studie
Abhängige Variable
Einflussgrößen Ausmaß, in dem das Ausmaß, in dem der Trainer/ Mitglied/der Teilnehmer Kursleiter aus Sicht der Mitglieder/ seine Ziele an die Ziele des Teilnehmer seine Ziele an die Ziele Trainers/Kursleiters der Mitglieder/Teilnehmer anpasst anpasst Zufriedenheit 2,370 (t=9,519) 0,389 (t=6,257) 0,226 (t=4,191) 1 Kundenbindung 2,890 (t=10,819) 0,425 (t=6,343) 0,071 (t=1,238) Zufriedenheit 2,933 (t=9,337) 0,265 (t=5,246) 0,296 (t=4,779) 2 Kundenbindung 4,866 (t=15,137) 0,118 (t=2,274) 0,166 (t=2,624) Die angegebenen Werte sind Regressionskoeffizienten.
R²
Konstante
0,289 0,190 0,357 0,117
Tab. 6: Erklärung von Zufriedenheit und Bindung 138
der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz ter beschäftigt würden, wenn sie in zu geringem Maße auf die Bedürfnisse ihrer „Kunden“ Rücksicht nähmen, weswegen die Leiter bzw. Trainer auch in einem Abhängigkeitsverhältnis gegenüber ihren Kunden stehen. In anderen Fällen wie bspw. einer Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehung oder einer Doktorand-Betreuer-Beziehung wäre diese Konstellation jedoch nicht zu erwarten. Die gewählten Operationalierungen der Variablen Zielanpassung des Trainers/Kursleiters, Zufriedenheit des Mitglieds/Teilnehmers mit dem Trainer/Kursleiter und die Bindung des Kunden an die Einrichtung sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Die Statements zur Erfassung der Kundenbindung orientierten sich an Empfehlungen von Eggert (2000, S. 128 f.), die für die Anpassung von Zielen an den Studien von Vandenberg/Self/Seo (1994) und Valentine/Godkin/Lucero (2002). Der Einfluss der hier interessierenden Modellvariable „Zielanpassung der Mitglieder/Teilnehmer“ und der Kontrollvariable „Zielanpassung der Trainer/ Kursleiter aus Sicht der Kunden“ auf die Zufriedenheit der Mitglieder/Teilnehmer und auf ihre Bindung wurde wieder mittels Regressionsanalysen überprüft. Tabelle 6 enthält die Ergebnisse. In beiden Studien konnte als Ergebnis beobachtet werden, dass die Zufriedenheit und die Bindung der Mitglieder/Teilnehmer mit zunehmender Anpassung ihrer Ziele an die ihres Trainers/Kursleiters steigt. Die Regressionskoeffizienten für diese Einflussgrößen sind durchwegs hoch signifikant. Auch für die Kontrollvariable konnten positive Effekte festgestellt werden.
4. Empfehlungen Im Marketing dominiert zu Recht die Auffassung, dass der „Kunde als König“ zu behandeln sei, d.h. die Erfüllung seiner Bedürfnisse im Vordergrund stehen muss, um den Kunden zufrieden stellen zu können, ihn an das Unternehmen zu binden und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Diese Philosophie basiert auf der Prämisse, dass sich der Anbieter in einer verhandlungstaktisch ungünstigeren Position befindet, weil der Kunde seine Nachfrage reduzieren oder leicht zu einem Wettbewerber abwandern kann. Dennoch sind Situationen vorstellbar, in denen der Kunde in der unterlegenen Position ist. Diese treten der markt 2005/3+4
Bindung von Kunden bspw. auf, wenn zwischen Anbieter und Nachfrager ein starkes Know-how Gefälle besteht. Ein Problem tritt auf, wenn der Anbieter auf Grund seiner Sachkunde dem Nachfrager zu etwas raten möchte, was den ursprünglichen Zielen des Kunden entgegenläuft. Empfiehlt er dies dennoch, wird der Kunde unzufrieden sein und negativ reagieren, z.B. mit negativer Mund-zu-Mund-Propaganda. Eine mögliche Lösung dieses Problems für den Anbieter besteht darin, die Ziele des Kunden zu ändern. In der Einleitung wurden dafür zwei illustrierende Beispiele aufgeführt. Insbesondere in der Organisationspsychologie wird das Thema Zielkongruenz zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem intensiv diskutiert. Dies stellt ein ähnliches Problem dar, da auch der Vorgesetzte danach streben muss, dass der Mitarbeiter seine Ziele an die Ziele des Vorgesetzten anpasst. Der Führungsstil wird als ein wichtiges Instrument bezeichnet, um eine derartige Zielanpassung zu erreichen, wobei zwischen der Qualität des transaktionalen und des transformationalen Führungsstils unterschieden wird. Diese Ideen lassen sich unseres Erachtens auch auf die Kommunikation zwischen einem unterlegenen Kunden und einem mächtigeren Anbieter übertragen. In zwei empirischen Studien illustrieren wir erstens, dass sich die Bereitschaft des Kunden, seine Ziele an die Ziele des Anbieters anzupassen, vom Vorsprung des Anbieters gegenüber dem Kunden im Bereich Know-how (dieser Vorsprung entspricht sinngemäß der Macht des Vorgesetzten über den Mitarbeiter) und von der Qualität der Kommunikation im Sinne transaktionaler und transformationaler Elemente (dies entspricht sinngemäß dem Führungsstil) abhängt. Zweitens zeigen wir, dass die Zufriedenheit und die Bindung von unterlegenen Kunden umso höher sind, je mehr sie bereit sind, sich den Zielen des Anbieters anzupassen. Leider erwiesen sich die beiden ausgewählten Anwendungsbereiche nicht als geeignet, um die Überlegenheit der „Internalisierung durch Zielanpassung“ gegenüber „Compliance“ in Bezug auf Kundenzufriedenheit und -bindung nachzuweisen, da die Macht der Anbieter in den betrachteten Bereichen vermutlich nicht so groß war, als dass die Anbieter die Kunden hätten zwingen können, sich ihren Anweisungen zu fügen. Für die weitere Forschung erscheint es nötig, die thematisierten Beziehungen theoretisch stärker zu fundieren. Ferner müsste ein Messinstrumentarium 139
Gierl/Bitz entwickelt und validiert werden, welches es erlaubt, die postulierten Zusammenhänge mit besserem Datenmaterial zu testen. Schließlich sollte auch untersucht werden, ob die Zufriedenheit im Fall „Compliance“ tatsächlich geringer ist als im Fall „Internalisierung durch Zielanpassung“. Um für die Praxis noch stärker verwertbare Empfehlungen ableiten zu können, müssten für das abstrakte Konzept der „transaktionalen“ und „transformationalen“ Qualität der Kommunikation konkrete Anhaltspunkte gefunden werden, durch welche Art oder Intensität von Gesprächen zwischen Anbieter und Kunde die gewünschten Wirkungen erreicht werden können.
Literaturverzeichnis
Bindung von Kunden Brett, J.F./VandeWalle, D. (1999): Goal Orientation and Goal Content as Predictors of Performance in a Training Program, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 84, No. 6, S. 863-873. Button, S.B./Mathieu, J.E./Zajac, D.M. (1996): Goal Orientation in Organisational Research: A Conceptual and Empirical Foundation, in: Organizational Behavior and Human Decision Processes, Vol. 67, S. 26-48. Byrne, D. (1971): The Attraction Paradigm, Academic Press: San Diego, Ca. Chatman, J.A. (1991): Matching People and Organizations: Selection and Socialization in Public Accounting Firms, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 36, S. 459-484.
Adkins, C.L./Ravlin, E.C./Meglino, B.M. (1996): Value Congruence between Co-Workers and its Relationship to Work Outcomes, in: Group & Organization Management, Vol. 21, No. 4, S. 439-460.
Dweck, C.S. (1968): Motivational Processes Affecting Learning, in: American Psychologist, Vol. 41, S. 1040-1048.
Anderson, E./Weitz, B. (1989): Determinants of Continuity in Conventional Industrial Channels Dyads, in: Marketing Science, Vol. 8, S. 310-323.
Eggert, A. (2000): Konzeptualisierung und Operationalisierung der Kundenbindung aus Kundensicht, in: Marketing ZFP, 22. Jg., S. 119-130.
Antonakis, J./Avolio, B.J./Sivasubramaniam, N. (2003): Context and Leadership: An Examination of the Nine-Factor Full-Range Leadership Theory Using the Multifactor Leadership Questionnaire, in: The Leadership Quarterly, Vol. 14, S. 261-295.
Foreman, P. /Whetten, D.A. (2002): Members’ Identification with Multiple-Identity Organizations, in: Organization Science, Vol. 13, S. 618-635.
Avolio, B.J./Bass, B.M. (1988): Transformational Leadership, Charisma and Beyond, in: Hunt J.G./ Balaga, B.A./Bachler, H.P./Schriesheim C. (Eds.): Emerging Leadership Vistas, Pergamon Press: Emsford, NY, S. 29-50. Avolio, B.J./Bass, B.M./Jung, D.I. (1999): Re-examining the Components of Transformational and Transactional Leadership Using the Multifactor Leadership Questionnaire, in: Journal of Occupational and Organisational Psychology, Vol. 72, S. 441-462. Bell, B.S./Kozlowski S.W.I. (2002): Goal Orientation and Ability: Interactive Effects on Self-Efficacy, Performance, and Knowledge, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 87, No. 3, S. 497-505. Buchanan, B. (1974): Building Organizational Commitment: The Socialization of Managers in Work Organizations, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 19, No. 4, S. 533-546. 140
Gruen, T.W./Summers, J.O./Acito, F. (2000): Relationship Marketing Activities, Commitment, and Membership Behaviors in Professional Associations, in: Journal of Marketing, Vol. 64, No. 2, S. 34-49. Howell, J.H./Hall-Meranda, K. (1999): The Ties that Bind: The Impact of Leader-Member Exchange: Transformational and Transactional Leadership, and Distance on Predicting Follower Performance, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 84, No. 4, S. 680-694. Hunt, S.D./Wood, V.R./Chonko, L.B. (1989): Corporate Ethical Values and Organizational Commitment in Marketing, in: Journal of Marketing, Vol. 53, No. 3, S. 79-90. Jen, K.A./Chadwick, C./Thatcher, S.M.B. (1997): To Agree or not to Agree: The Effect of Value Congruence, Individual Demographic Dissimilarity, and Conflict on Workgroup Outcomes, in: The International Journal of Conflict Management, Vol. 8, No. 4, S. 287-305. der markt 2005/3+4
Gierl/Bitz Johnson, M.T. (1973): Commitment: A Conceptual Structure and Empirical Application, in: The Sociological Quarterly, Vol. 14, S. 395-406. Jung, D.I./Avolio, B.J. (2000): Opening the Black Box: An Experimental Investigation of Mediating Effects of Trust and Value Congruence on Transformational and Transactional Leadership, in: Journal of Organizational Behavior, Vol. 21, No. 8, S. 949964. Kalliath, T.J./Bluedorn, A.C./Strube, M.J. (1999): A Test of Congruence Effects, in: Journal of Organizational Behavior, Vol. 20, No. 7, S. 1175-1198. Kelman, H.C. (1958): Compliance, Identification, and Internalization: Three Components of Attitude Change, in: Journal of Conflict Resolution, Vol. 2, S. 51-60.
Bindung von Kunden Instructions on Learning Outcomes, in: Personnel Psychology, Vol. 56, No. 2, S. 405-429. Sosik, J.J./Godshalk, V.M./Yammarino, F.J. (2004): Transformational Leadership, Learning Goal Orientation, and Expectations for Career Success in Mentor-Protégé Relationships: A Multiple Level Perspective, in: The Leadership Quarterly, Vol. 15, S. 241261. Turban, D.B./Dougherty, T.W./Lee, F.K. (2001): Gender, Race, and Perceived Similarity Effects in Developmental Relationships: The Moderating Role of Relationship Duration, in: Journal of Vocational Behavior, Vol. 61, S. 240-262. Valentine, S./Godkin, L./Lucero, M. (2002): Ethical Context, Organizational Commitment, and PersonOrganization Fit, in: Journal of Business Ethics, Vol. 41, S. 349-360.
Kirkpatrick, S.A./Locke, E.A. (1996): Direct and Indirect Effects of Three Core Charismatic Leadership Components on Performance and Attitudes, in Journal of Applied Psychology, Vol. 81, S. 36-51.
Vancouver, J.B./Millsap, R.E./Peters, P.A. (1994): Multilevel Analysis of Organizational Goal Congruence, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 79, S. 666-679.
Meglino, B.M./Ravlin, E.C./Adkins, C.L. (1989): A Work Value Approach to Corporate Culture: A Field Test of Value Congruence Process and its Relationship to Individual Outcomes, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 74, S. 424-432.
Vancouver, J.B./Schmitt, N.W. (1991): An Exploratory Examination of Person-Organization Fit: Organizational Goal Congruence, in: Personnel Psychology, Vol. 44, S. 333-352.
Meglino, B.M./Ravlin, E.C./Adkins, C.L. (1992): The Measurement of Work Value Congruence: A Field Study Comparison, in: Journal of Management, Vol. 18, S. 33-43. Nicholls, J.G. (1984): Achievement Motivation: Conceptualisation of Ability, Subjective Experience, Task Choice, and Performance, in: Psychological Review, Vol. 91, No. 3, S. 328-346. Nyer, P.U. (1997): A Study of the Relationships between Cognitive Appraisals and Consumption Emotions, in: Journal of the Academy of Marketing Science, Vol. 25, S. 296-304. Schmidt, A.M./Ford, J.K. (2003): Learning within a Learner Control Training Environment: The Interactive Effect of Goal Orientation and Metacognitive
der markt 2005/3+4
Vandenberg, R.J./Self, R.M./Seo, J.H. (1994): A Critical Examination of the Internalization, Identification, and Compliance Commitment Measures, in: Journal of Management, Vol. 20, No. 1, S. 123-140. VandeWalle, D./Brown, S.P./Cron, W.L./Slocum, J.W. (1999): A Test of the Influence of Goal Orientation and Self-Regulation Tactics on Sales Performance: A Longitudinal Field Test, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 84, S. 249-259. Witt, L.A. (1993): Reactions to Work Assignment as Predictors of Organizational Commitment: The Moderation Effect of Occupational Identification, in: Journal of Business Research, Vol. 26, S. 17-30. Witt, L.A./Hilton, T.F./Hochwarter, W.A. (2001): Addressing Politics in Matrix Teams, in: Group & Organizational Management, Vol. 26, No. 2, S. 230247.
141