VII. Aus der chirurgischen Abteilung des k. k. Kaiser Franz JosephSpitals in Wien. (Primarius: Doz. Lotheii~en.)
Zum Rovsingschen Appendicitis-Symptom. Yon
Dr. Otto ~ i i s t o r , Assistent dor Abtoilung.
Die Bedeutung des yon R o v s i n g angegebenen AppendicitisSymptomes -- dem indirekten Hervorrufen des typischen Schmerzes an M a c B u r n e y s P u n k t - ist der Mitteilung des Autors zufolge von doppelter Art: a) in differential diagnostischen Fallen: , , . . . denn nur, wenn der Sehmerz yon einer Erkrankung des CScums oder des Appendix herrtihrt, wird ein Druck auf das gesunde Colon descendens ihn hervorrufen kSnnen". b) in akuten Fallen, wo eine direkte Palpation teils gef~thrlich, tells wegen D~fense musculaire und der Schmerz~ul~erungen des Patienten peinlich oder unmSglich ist, wird dies tiberfiiissig gemacht, indem die Palpation des gesunden Colon descendens nicht aufSchwierigkeiten stS[~t und sehnell ,,ohne Gefahr den typischen Schmerz am Mac Burneyschen Punkt auslSst". Zweifellos sind es in erster Linie die differential diagnostischen Schwierigkeiten, die, bei der Beurteilung so mancher F~tlle von Appendicitis auftretend, das Vorhandensein eines neuen sicheren Kriteriums ftir oder gegen Appendix-Erkrankungen hSchst wtinschenswert erscheinen lassen, und kSnnte daher jedes die Diagnose sichernde Moment nut willkommen sein; andererseits aber besteht jedenfalls auch der Punkt b) zu Recht, da mit der yon R o v s i n g angegebenen Untersuchungsmethode dem Patienten schon yon vornherein ein meistens doch sehr intensiver Schmerz erspart werden kSnnte. Haben also diese Erwiigungen R o v s i n g dazu geffihrt, fiber sein neues Symptom zu berichten und dessert weitere Erprobung zu empfehlen, so sind, wie ich glaube, auch weitere Erfahrungen dar-
Zum Rovsingschen Appendicitis-Symptom.
191
fiber mitteilenswert, um so mehr, da bisher nur vereinzelte diesbezfigliehe Versuchsreihen yon anderer Seite aufgestellt worden zu soin scheinen. Es soil sich daher diesen letzteren im folgenden eine auch yon uns angestellte Beobachtungsreihe anschliel~en, die aIlerdings, wie gleich vorweggenommen sei, ganz andere Resultate gezeitigt hat, als uns R o v s i n g s Publikation erwarten lie~. Untersucht wurden, bezfiglich der Technik der Untersuehung genau den Angaben des Autors folgend - - Druek der Finger der fiach angelegten linken Hand gegen das Colon, Aufwartsgleitenlassen der Hand gegen die linke Flexur -- eine fast ununterbrochene Reihe yon 62 Fallen, die in den letzten Monaten hier zur Beobaehtung kamen, unterschiedslos, wie aus dem folgenden ersichtlich, in welchem Stadium sich der Krankheitsproze~ gerade befand. Zun~ehst also eine tabellarische Ubersicht tiber die herangezogenen Fi~lle, wobei G e s c h l e c h t , A l t e r , D a u e r der E r k r a n k u n g , F o r m d e r s e l b e n , O p e r a t i o n s - oder sonstiger B e f u n d , sowie Ausfall des Rovsingschen Ph~tnomens beriicksiehtigt bzw. verzeichnet erscheinen: I. Epityphlit. s imp 1e x (die leichtesten, mit einer einzigen Ausnahme konservativ behandelten Falle):
Geschl.
Alter
Dauer der Erkrank.
Operationsoder sonstiger Befund
Rovsingsches Ph/inomen
M.
19 Jahre
I Tag
Konservativ
Rovsing negativ
W.
~J
14
,,
3 Tage
Op. akute h~imorrhag. Form. App. nach medial abwiirts gelegen
Rovsing positiv
26
,,
1 Tag
Konservativ
Rovsing negativ
11
,,
3 Tage
Rovsing negativ
14
,,
2 Tage
Rovsing negativ
25
,,
2 Tage
13
,,
3 Tage
Rovsing negativ
10
,,
1 Tag
Rovsing negativ
i
J~
Rovs. pos. vor ~ StuhlRovs. neg. nach] entl.
192
VII. F~STER
II. Epityphlit. e h r o n i c a r e e i d i v a n s (mehrfache Anfiille vorausgegangen, alle, mit Ausnahme eines Falles, operativ behandelt):
Geschl.
Alter
M.
20 Jahre 24
,,
20
,,
18
,,
12
,,
W.
7
~
10 18 19 14 12
,, ,, , ,, ,,
Dauer der Erkrankung, Form derselben
Operationsoder sonstiger Befund
Seit 2 Jahren mehrfach Anffille Seit 4 Monaten mehrfach Anfdlle Vor 2 Tagen leichte Schmerzen Vor 5 Tagen leichte Schmerzen Vor 1 Tag Schmerzen Vor 2 Tagen Schmerzen Vor 2 Tagen Schmerzen Vor 8 Tagen Schmerzen Vor 1 Tag Schmerzen Vor 14 Tagen Schmerzen Vor 2 Tagen Schmerzen Seit 2 Jahren mehrfach Attacken
App. retrocScal nach aufwiirts ziehend App. nach unten etwas medial. App. lateral abwiirts App. schleifenf0rmig gebogen. App. nach lateral oben ziehend App. nach lateral abwiirts App. retrocScal nach aufwiirts App. lateral aufwiirts App. lateral aui~viirts App. naeh medial oben App. nach medial abwiirts Konservativ App. fast gerade nach abwiirts
S~mtliche 12 F~lle: Rovsing negativ. III. A k u t e F ~ l l e mit H~morrhagien, Gangran der Schleimhaut, Empyem des Appendix, jedoch noch vor der P e r f o r a t i o n :
Geschl.
Alter
Dauer der Erkrank.
Operationsoder sonstiger Befimd
Rovsingsches Phiinomen
M.
7 Jahre
2 Tage
Empyema append. App. retrocScal
Rovsing negativ
32
,,
2
,,
Gangr. mucosae ante perforat. App. gerade nach abwiirts ins kleine Becken ziehend
II
,,
2
,,
Gangr. mucosa. App. gerade nach abwiirts
Zum Rovsingschen Appendicitis-Symptom.
193
r
Gesehl. !
Operationsoder sonstiger Beflmd
Dauer der Erkrank.
Alter
.........
M.
::
Tage ! Akute h~morrhag.Fonn. J App. naeh innen unten
27 Jahre
'2
,,
24
,,
2
,,
31
,,
1 Tag
Gan~ran der Mucosa. Pei riton, serofibrinosa diflhsa. App.niehtperfor., retroeSeal naeh aufw/irts ziehend
Rovsingsches Phiinomen :
......
:
::=
Rovsing negativ
I
,,
An 2 StellenGangriin der i W.and, knapp vor derPerforation. App. nach auf: w~rts
,,
positiv
,,
negativ
i
I
,,
24
,,
2 Tage
Empyema appendie. Perit. ser. diff. (steril)
W.
11
,,
1 Tag
Gangr.mueos. App.naeh I lateral a b w i i ~ !
,,
12
,,
1
n
'2 Tage r
,,
22
,,
6
Empvemaappendic ADo. i nach reed. abwarts yon einer Netzplatte fiberlagert Fmpyem der Spitze an d. lat. CScalwandliegend Gangr/in d. Spitze, App. i naeh medialoben ziehend, yon Netzplatte fiberdeckt
,,
Gangrfina mucosae App. nach medial abw.
t positiv I negativ
"
,,
positiv
,,
negativ
,,
positiv
,
negativ
Als letzte Gruppe schlielilich I V . G a n g r ~ t n des A p p e n d i x m i t b e r e i t s e r f o l g t e r P e r f o r a t i o n : M.
18 Jallre
3 Tage
Gangr. pers Per. ser. diff: Perforat. in I d. Mitte, Spitze nach medial abwSrts RetrocScale Phlegmone '2 Perfor. nahe d. Spitze und an d. Basis. Spitze nach medial abw/irts
Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 97. Bd.
Rovsing positiv
,,
13
negativ
:
194
VII. F~rSTER
Geschl.
Alter
Dauer der Erkrank.
M.
16 J a h r e
1 Tag
Perit. pur. diff. Perfor. , zwischen mittl, u. u n t e r m [ Drlttel. Spitze naeh abw~irts
19
2 Tage
Perit. ser. diff. Perfor. an d. Spitze. App. retrocScal i nach oben
1 Tag
i Perit. pur. diff. Perfor. d. Spitze
,,
Operationsoder sonstiger Befund
Rovsingsches Ph~inomen
Rovsing negativ
11
,,
4 Tage P e t i t . pur. diff. Perfor. ! u n t e r h a l b d. Spitze, dort ~1 Kotstein. App. zuerst nach oben, dann lateral abwiirts ziehend
,,
positiv
12
,,
8
,,
Perit. put. diff. Totalgangri~n der Appendix, mehrere Kotsteine im Abdomen
,,
negativ
25
,,
3
,,
Absze6. Op. verweigert
45
,,
5
,,
Absc. simpl. App. zur Iti~lfte gangr~in5s, nach i n n e n u n t e n liegend
16
,,
1 Tag
Perit. ser. diff. Perfor. a n d. Spitze, hinter derselben Kotstein, Appendix nach i n n e n u n t e n
,,
positiv
10
,,
3 Tage
Absz. RetrocScalePhleg, mone. App. retrocScal 9his zmn Leberrand r e i c h e n d , an der Basis pertbriert
,,
negativ
11
,,
10
,,
2 Abszesse. Teilweise CScalgangr~n. Append. lateralw~irts nach oben ziehend
36
,,
2
,,
Absz. Perit. ser. diff. Perforation in d . M i t t e u n d d. Spitze,unterhalb d. ersteren Narbe, h i n t e r dieser ein Kotstein
Zum l~ovsingsehen Appendicitis-Symptom.
Alter
Gesehl. ,
Duaer i der i Erkrank. !
Operationsoder sonstiger Befund ..:
24 Jahre
" T gfi :.
e
195
Rovsingsehes Ph/inomen v:
govsing negativ
Absz., Pertbr. in d. Mitte~ i oberhalb ein Kotstein. App. nachlateral abw~rts i
15
,,
10
,,
19
.
i Per. pur. diff.Perfbr, a. d. i Basis. App. nach median [ abw~rts i i Absz.,Perit. ser. diff. Per- i !for. in d. Mitte, an der l I Mitre ein Kotstein. App. i i retrocScal lateral
,)
,,
positiv
,,
negativ
! Perit. ser. diff. Perforat. unterhalb d. Spitze App. i retroeSeal lateralw/irts
,, ,,
f positiv I, negativ
Absz. App.Totalgangr/in i i naeh medial abw/irts i
,,
negativ
Absz. Perit.ser.dii[: Perforat, in d. Mitte, imAbd. ein Kotstein. App. retroc S c a l bis an d. Flexura eoli reiehend
I 0
W
i i : J
13
,,
i Absz., retrocScale Phleg- i mone. App. retrocScal, l Perforat. an d. Spitze.
25
~
Absz., Netzplatte, App. zuerst medial, dann ' schleifeBfSrmig umbiegend, mit d. perf. Spitze retrocSc'tl
5
,,
$
,,
Absz., Petit. set. difl: Perforat. an d.Basis. App. nach innen, oben
11)
,~
3
,,
i Perit. pur. diff. Perlbr. i nahe d. Spitze. App. nach medial unten
11
,,
Absz. im kleinenBecken. A p p . nach abw~irts, mit O w r verbaeken Absz., nur noeh R e s t e d. App. vorhanden
10
,,
{J
,,
A b s z . , Netzplatte. Perforat, nahe d. Spitze 13"
196
VII. F/?STEn
Geschl.
Alter
Dauer der Erkrank.
Operationsoder sonstiger Befund
Rovsingsches Ph~inomen
II Jahre
4 Tage
Absz. Perit.ser.diff.App. i zum grSgten Teifgangr~n
Rovsing positiv
38
2
Absz.,Perit. set. difl App . an d. Basis siebfSrmig perforier~, im distalen Tell Empyem
I
W. ,,
,,
,,
.
.
.
,
J I
Zwei weitere, uns sehr wiehtig erseheinende Falle vorderhand unberiicksichtigt gelassen, geben uns oben angefiihrte 60 F~tlle also folgendes Resultat: In 8 Fallen yon Epityphlit. simplex war das Rovsingsche Phiinomen positiv 2 real (davon 1 mal weehselnd); 12 Falle yon chron. recid. Appendicitis gaben R o v s i n g stets negativ; in ]2 Fallen yon Frtihoperationen bzw. dementsprechenden Befund war R o v s i n g positiv 5mal (41,6 Proz.), davon l m a l weehselnd; in 28 Fallen endlich, mit bereits eingetretener Perforation und deren weiteren Folgen war nur 7real das Rovsingsehe Phanomen positiv (25 Proz.), und selbst yon diesen 7 mal war einmal wechselnder Befund vorhanden. Abstrahieren wir nun aueh yon jenen Krankheitsbildern, ill denen yon vornherein auf den positiven Ausfall des Symptoms nieht gerechnet werden kann, yon den 8 Fallen des einfachen, leichten appendikMen Anfalles, den 12 Fallen, in denen es sieh um ehroniseh rezidivierende Appendicitis gehandelt hatte, so blieben uns noeh immer 40 Falle tibrig, die, den Ausfiihrungen R o v s in g s entspreehend, in der gr01~ten Mehrzahl den positiven Ausfall des Symptoms erwarten batten lassen, wahrend es uns aber de facto nur 12 real gelungen ist, das Symptom konstatieren zu k0nnen, was also einer Zahl yon 30 Proz. entspricht. Dabei lagt sich betreffs Form der Erkrankung, Lage der PerforationsSffnung, Lage des Wurmes iiberhaupt ebenso wie auch beziiglieh Dauer der Erkrankung irgendeine i,Jbereinstimmung in den positiv lautenden Fallen absolut nicht feststelien. Dagegen erscheint uns eines auffallend, ni~mlich der r e l a t i v h o h e P r o z e n t s a t z d e r F a l l e mit p o s i t i v e m R o v s i n g s c h e n S y m p t o m bei den d e r F r i i h o p e r a t i o n a n g e h S r i g e n B i l d e r n - - wir verstehen darunter jene m i t noch n i e h t s t a t t g e h a b t e r P e r f o r a t i o n -- gegeniiber jenen, bei welchen die Perforation mit ihren weiteren Folgen bereits eingetreten ist, 41,6 Proz.
Zum Rovsingschen Appendicitis-Symptom.
]97
bei noch nieht perforiertem, 25 Proz. bei schon perforiertem Appendix, eine Tatsache, die sich vielleieht ganz ungezwungen damit erklaren liege, da~ der durch die kUnstlich hervorgerufene Antiperistaltik rt~ckgestaute Darminhalt in dem meist erigierten hochgradig entzt~ndlich veranderten, zum Teil auch prall geftilten, jedoch noch nicht perforierten Wurmfortsatz infolge der UnmSglichkeit des Ubertrittes in die freie BauchhShle eine erhShte Peristaltik und damit auch eine gesteigerte Schmerzempfindung gegent~ber jenen Fgllen hervorruft, in denen infolge der tells kleineren, teils grS~eren vorhandenen PerforationsSffnungen ein Austritt des rtickgestauten Inhalts in die freie BauchhShle bereits mSglich geworden ist. Als a b s o l u t s i c h e r e s und v e r l g l ~ l i c h e s d i a g n o s t i s c h e s H i l f s m i t t e l k S n n e n w i r a b e r , unseren Erfahrungen gem,S, selbst in diesen Fgllen das R o v s i n g s c h e S y m p t o m n i e h t bez e i c h n e n , noeh weniger aber in den Fallen mit bereits stattgehabter Perforation, da es uns in letzteren eben noch welt hgufiger im Stich gelassen hat. Unsere Erfahrungen n~thern sieh also in der Beziehung weit mehr der yon H of m a n n publizierten Mitteilung, die in 18 Fgllen yon Appendicitis nur 3 positive Falle verzeichnete, und mt~ssen auch wir dementspreehend die hgufige Anwesenheit des Rovsingschen Phgnomens negieren, ohne allerdings demselben eine - - wenn auch nur sehr besehrgnkte - - Bedeutung abzusprechen. Den p o s i t i v e n A u s f a l l des Phgnomens aber als d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h e s K r i t e r i u m nicht zu b e t r a c h t e n , haben uns zwei weitere Falle gelehrt, die in folgendem kurz skizziert seien. Im ersteren handelte es sich um eine 57j~hr. Frau, die fiber keine wesentlichen Vorerkrankungen zu berichten wul~te. Vor 8 Tagen plStzlich erkrankt mit Schmerzen in der Magen-, hauptsachlich reehten Unterbauchgegend sowie im Kreuz. Zu Beginn der Erkrankung zweimaliges Erbrechen und Fieber. Stuhl normal. Von seiten des Genitales keine Besehwerden. Status praesens: Status somaticus sowie gerz- und Lungeubefund ohne Besonderheiten. Temp. bei der Aufnahme 38,6, Puls 104. Zunge trocken. Abdomen deutlich vorgewSlbt, Bauchdecken beiderseits sehr stark gespannt. In der Gegend des Mac Burneyschen Punktes auBerste Druckempfindlichkeit, jedoeh keine Dampfung, ebensowenig ausgesprochene D~fense musculaire. Keine Flankendampfung. Leberdampfung in normalen Grenzen~ das Organ jedoch wegen starker Spannung nieht tastbar. Rektal kein Tumor, wohl aber deutliche Empfindlichkeit, hauptsachlich rechts konstatierbar. Rovsingsehes Ph~nomen deutlich positiv. Naeh Stuhlentleerung sinkt der Puls auf 90; daher wird yon sofortiger Operation abgesehen, dieselbe jedocb, da auch am nhchsten Tage die Temperatur sich ~Iauernd t'tber 380 erhalt, die t~brigeu Symptome gleich-
9~
vii. Fi~STER
geblieben sind, 24 St. nach Einlieferung der Pat. vorgenommen und die Frau zunachst pararektal nach L e n n a n d e r laparotomiert. Dabei findet sieh nun ein vollstandig intakter, normaler Appendix, dafiir aber iln' weiteren Perforation einer mit Steinen gefiillten, hochgradig entzilndlich veranderten empyemat(isen Gallenblase und ein yon einer infiltrierten ~etzplatte iiberlagerter, yon der Perforation aus zustandegekommener, dicken gelblichen Eiter enthaltender Abszel~, vom Fundus der Blase nach abwarts reichend und gegen die Umgebung hin abgesackt. Cllolecystektomie, Heilung. 5~och tiberraschender aber gestaltete sich folgender zweiter Fall: 37ji~hrige Frau ohne u verspiirt vor 3 Tagen plStzlich ohne irgendwelche Prodrome starke Schmerzen im Baueh, namentlieh in der IleocSealgegead, es tritt Erbreehen und Schiittelfrost ein; am Tag darauf sistiert das Erbrechen, dafiir stellt sich dauernder Brechreiz und quMender Singult ein, der bis zur Aufnahme weiterbesteht. AuBerdem lal~t sich anamnestisch noch erheben, dab Patientin zeitweilig an Urinbeschwerden litt, insofern, als sie mehrmals tiber starkes Brennen beim Urinieren klagte, das jedoeh auf warme Umsehliige stets sistierte. Sie bemerkte dann, dab tier sonst normal gefarhte Harn abnorm dickfltissig war. In allerletzter Zeit fiel ihr schlieBlich auf, dab sie sehr oft und sehr kopiiis urinieren muBte. S t a t u s p r a e s e n s : Allgemeine Anamie. Puls 1081 ryhthmiseh, mi~Big gespannt, Temp. 38 ~ Thoraxorgane ohne Besonderheiten. Abdomen im Niveau des Thorax, leieht meteoristiseh aufgetrieben. In der IleocScalgegend auf leisesten Druck exzessive Sehmerzau•erung, starke D~fense. In NabelhShe~ etwas naeh abwarts sich erstreckend, besteht dortselbst eine deutliehe VorwSlbung und ist leicht ein Tumor yon iiber Apfelgr(~Be abzugrenzen, der leicht gedampften Sehall gibt. Per vaginam und per rectum kein Tumor, wohl aber exzessive Schmerzhaftigkeit des Parietalperitoneums zu konstatieren. Uterus und Adnexe scheinen frei zu sein. Keine freie Fttissigkeit im Abdomen, Stuht leicht diarrh6eisch. Rovsingsehes Phanomen exquisit positiv. Nach obigem Annahme eines appendikalen Abszesses und noch abends Vornahme der sofortigen Operation. Naeh Er(iffnung des Abdomens durch Pararektalschnitt findet man zun~tchst iiberraschenderweise den Appendix vollstandig frei, in der Gegend des IleoeOcums aber in der Tiefe einen yore Mesenterium des IleocOeums tiberlagerten blauschwarz verfarbten~ anscheinend cystisehen Tumor, der sich uach schrittweiser LSsung der ihn bedeckenden mesenterialen Strange und Adhi~sionen schlie~lich als apfelgroBe, retroperitoneal gelegene, dem unteren Nierenpol angeh6rige Geschwulst erweist, und mit zum groBen Teil hhmorrhagisehen, fetzigen Massen erftlllt ist. Wegen des ziemlich schlechten Allgemeinzustandes wird davon abgesehen, den Tumor erst durch eine zweite lumbale Incision anzugehen, und wird daher yon dem schon bestehenden Schnitt aus der Tumor vollstandig freigelegt, wobei sich zeigt, dab derselbe vom unteren Nierenpol ausgeht und dab an letzterem zwei weitere, kleine, jedoeh sonst ebenso beschaffene Knoten sitzen. Annahme eines Sarkoms und Nephrektomie. Heilung. Die histologische Untersucbung des Tumors bestfitigte nachher obige Annahme (Sarkom). L a u e n s t e i n berichtete tiber ein E m p y e m der Gallenblase bei
Zum l{ovsingschen Appendicitis.Symptom.
199
Cholelithiasis mit deutlich positivem Rovsingschen Ph~nomen und erkl~rte deshalb letzteres ffir keineswegs eindetttig, worauf ihm Rovsing erwiderte, dal; in diesem Fall, wo der Patient in der Gallenblasengegend direkt und indirekt druckempfindlich gewesen, der positive Ausfall des Ph~nomens ,direkt die Gallenblasengegend als leidend angewiesen habe"; in unserem ersten Fall aber hat es sieh um fast ganz analoge Verh~ltnisse gehandelt, nur mit dem Untersehiede, dat~ wir den i n d i r e k t e n S c h m e r z n i c h t in der G a l l e n b l a s e n g e g e n d , sondern eben in der A p p e n d i x g e g e n d h e r v o r r u f e n k o n n t e n , und uns dadurch eben auch verleiten liel~en, eine Appendixerkrankung anzunehmen. Aueh in unserem Fall war das grol~e Netz entziindlieh ver~ndert und mit der der Gallenblase anliegenden Abszel~hShle verklebt, doeh wurde der Sehmerz vonder Patientin bedeutend tiefer lokalisiert. Wenn abet R o v s i n g in seiner Entgegnung an Hofmann, der erkl~trt, das Ph~nomen ,,vermSge nicht den Ausschlag zu geben, wohl aber zu t~tuschen", sagt, dal~ es praktiseh bedeutungsvoll sei, vor allem die extraperitonealen Ursachen des Sehmerzes von den intraperitonealen seheiden zu kSnnen, und dal~ dies eben das Phanomen leiste, so kSnnen wir nur auf unseren zweiten obigen Fall verweisen, in welchem auch die U n t e r s c h e i d u n g der e x t r a - un4 i n t r a p e r i t o n e a l e n S c h m e r z u r s a c h e d u r e h den p o s i t i v e n A u s f a l l des P h ~ n o m e n s i l l u s o r i s c h g e w o r d e n war. (]erade in dem Fall spraeh ja klirfisch fast alles fJir die Annahme einer Appendixerkrankung, und doch lag eine Erkrankung vor, die doch schon yon vornherein einen anderen Weg zu ihrer Behebung erfordert h~tte, als eben den abdominalen, womit allerdings ja keineswegs gesagt werden soil, dal; in dem speziellen Fall ein etwaiger negativer Ausfall des Ph~nomens uns auf einen anderen Weg gelenkt h/ttte als eben auf den, den wir auch so eingesehlagen haben. K ein e s fa 11saber kSnnen wir, unseren Erfahrungen entsprechend, das S y m p t o m als ein in d i f f e r e n t i a l - d i a g n o s t i s c h e r Hins i c h t w e r t v o l l e s hinstellen mit Rt~eksieht auf das totale Versagen derselben gerade in zwei als Typus hinzustellenden F~llen sowohk als aueh in bezug auf das doeh nur teilweise Vorhandensein desselben bei wirkliehen Appendixerkrankungen, und mSchte ich daher sehon naeh dieser, wenn aueh gewil~ nicht ausgedehnten Versuchsreihe das dabei gewonnene Ergebnis dahin zusammenfassen, dal; auch wir dieses Symptom durehaus nieht als ein sieheres oder verl~l~liches Hilfsmittel zur Erh~rtung der Diagnose Epityphlitis bezeichnen kSnnen und dal~ es darum u. E. auf das Attribut ,,verl/il~-
-
200
VII. Fi~STEIr Zuni Rov.~ingschen Apl)endicitis-Symptom.
lich" wohl k e i n e n Anspruch erheben kann. Die Beobachtung bei weiteren Fallen, die fortgesetzt wird, wird uns vielleicht in sp/iterer Zeit noch in die Lage versetzen, iiber eine grS~ere Reihe yon F/illeu Erfahrungen zu sammeln, die ja mSglicherweise gtinstiger sein kSnnen, als es die bisherigen gewesen, nichtsdestoweniger abel" rechtfertigen schon die bisher oben mitgeteilten F/~lle, wie ich glaube, zur Geniige auch unseren heute vertretenen Standpunkt, demzufolge wir in dem positiven oder negativen Ausfall des Ph/~nomens irgendeine sichere Stiitze nach keiner Richtung hin erblicken kOnnen. Literaturverzeichnis. 1. R o v s i n g , Indirektes ttervorrufen des typischen Schmerzes an M a c B u r n e y s Punkt. Zentralbl. fi Chit. 1907, 43. 2. L a u e n s t e i n , Zur Frage der Bedeutung des Rovsingschcn Symptoms. Zentralbl. f. Chir. 1908, 8. 3. R o v s i n g , Zur Frage der Bedeutung des Rovsingschen Symptoms. Zentralbl. t'. Chit. 1908, 12. 4. H o f m a n n , Zu dem Rovsingschen Symptom. Zentralbl. f. Chit. 1908p 17. 5. R n v s i n g , Erwiderung auf Obiges. Zentralb[. f. Chir. 1.908, 17.