Zeitschrift ftir Physik 215, 95--102 (1968)
Levelcrossing-Experiment zur Lebensdauer der 2s 2p 2 2D3/2 ' 5/2-Terme im Bor I-Spektrum A. HESE und H.-P. WEISE Institut ftir Kernphysik der Technischen Universit~it Berlin Eingegangen am 11. Juni 1968
Lifetime of the 2s 2p z 2Da/2, 5~2-States in the Boron I-Spectrum Determined from Zero Field Levelerossing The lifetime of the 2s 2p 2 2D3/2,s/z-states of B I has been determined from zero field levelcrossing, yielding ~=(2,31 _ 0,25) 10-s sec. Mit Hilfe der Levelcrossing-Methode 1 konnten bisher die Feinstrukturaufspaltungen einiger angeregter Zust~inde mit hoher Pr/izision gemessen werden. Zur Vorbereitung eines solchen Experiments an den 2s 2p 2 2D3/2, 5/a-Zust/inden im Bor I-Spektrum wurde in Abh~ngigkeit yon einem ~iul3eren Magneffeld die Intensit/it der Resonanzstrahlung in der Umgebung von H - - 0 untersucht (Hanle-Effekt2). Intensitfits~inderungen der Resonanzstrahlung treten insbesondere bei solchen Magnetfeldstgrken auf, bei denen sich zwei kohfirent angeregte magnetische Unterniveaus kreuzen, deren magnetische Quantenzahlen # sich um ]A # ] = 1 oder I A # ] = 2 unterscheiden (Levelcrossings). Ein relativ groBes Signal kann bei verschwindendem Magnetfeld beobachtet werden, wenn sich mehrere magnetische Unterniveaus innerhalb ihrer Strahlungsbreite iiberlappen. Die ganze Halbwertsbreite A H dieser NullfeldLevelcrossing-Signale fiir l A g [ = 2 ist mit dem Landdschen g-Faktor und der Lebensdauer z des angeregten Zustands durch die Beziehung
AH-
h
2re g "C#B
1 COLEGROVE,F. D., P.A. FRANKEN, R. R. LEWIS, and R.H. SANDS: Phys. Rev. Letters 3, 420 (1959). 2 HANLE,W.: Z. Physik 30, 93 (1924).
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ftir den Idealfall verkniipft, dab der angeregte Feinstrukturterm entweder keine Hyperfeinstrukturaufspaltung hat (g=gj) oder die Hyperfeinstrukmraufspaltung groB gegen die Strahlungsbreite ist und auBerdem alle gr-Faktoren einander gleich sind (g=gf). Bei dem bier beschriebenen Experiment enth/ilt das Signal aus beiden 2s2p 2 2DTermen Beitr/ige mit unterschiedlicher Intensit/it und Breite (infolge verschiedener gv-Faktoren). Die Feinstrukturaufspaltung dieses Dubletts ist so gering, dab sie experimentell nicht nachgewiesen werden konnte.
[K] 60000
-
2 2_ s 3d U " ~ - ~
5/2 3/2
H
/t 2s2~22D
3/2
&O000
20000
O'
3/2 ~/ 1/2
~" ^ 2 ^ z ~ zs zp r'
Fig. 1. Ausschnitt aus dem Bor I-Spektrum
Die beim Ubergang in den Grundzustand emittierten Linien haben die Wellenlfingen: 2(2s 2p 2 2D-2s 2 2p 2P1/2)=2089,55 A, 2(2s 2p 2 2D-2s 2 2p 2P3/2)=2090,24 A. Die Differenz der Wellenl~ingen entspricht der Feinstrukturaufspaltung im Grundzustand (Fig. 1).
Experimentelle Details Die benutzte Anordnung zur Resonanzstreuung yon Licht ist in Fig. 2 schematisch
dargestellt. In einem evakuiertenRohr wurde mit Hilfeeines ElektronenstoBofensein Boratomstrahl erzeugt, der in der Achse eines Helmholtzspulenpaars(80 cm Durch-
Levelcrossing-Experiment zur Lebensdauer der 2s 2p 22Da/2,sl2-Terme
Bor-Atomstraht
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Modulafionsspu{en strahlrohr
/
~,<,,~ W\. ~ Y/'f~/ [Suprasil]
Bor-Lichtquelte Fig. 2, Atomstrahlapparatur zur Resonanzstreutmg yon Licht im ~iufleren Magnetfeld
Molybdan Kupf~r
iii\
//"
'i t6
5raphit-Tiege~
+lJSkV -'~+50V Abschirmzylinder
~= K~Jhlwasser ~.~ A[2O3-Keramik
~-OV
r K-
i
lore
Fig. 3. ElektronenstoBanordnung zur Erzeugung eines Boratomstrahls 7a z. Physik, Bd. 215
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messer) verlief. Das elementare Bor (kristallin 99,8%; natfirliches Isotopengemisch: ca. 80% B n, Kernspin I=3/2, ca. 20% B 1~ Kernspin 1=3) wurde in einem durch ElektronenbeschuB auf fiber 2100 ~ erbitzten Graphittiegel verdampft (s. Fig. 3). Wegen der hohen im Atomstrahtofen umgesetzten Leistung yon ca. 1300 W muBten Atomstrahlrohr und Ofenabsehirmtmg wassergek/ihlt werden. Die freien Boratome wurden durch das senkrecht zum Magneffeld unpolarisiert eingestrahlte Licht einer
Suprasitplatte Wasser
~e/lluft Fig. 4. Aufbau der Hohlkathodenlichtquelle
Hohlkathoden-Lichtquelle angeregt, deren Aufbau in Fig. 4 skizzier t ist. Der Kathodentiegel aus porenfreiem Graphit war mit amorphem Bor ausgekleidet, das beim Betrieb der Lampe zu einer festen Schicht zusammensinterte. In der Lampe zirkulierte Argon unter einem Druck yon ca. 1 Tort. Die Betriebsstromst~irke in der Entladung betrug 2 A bei einer Spanmmg yon ca. 500 V zwischen Kathode und Anode. Unter diesen Bedingtmgen liegt die Temperatur im Tiegel bei fiber 2000 ~ Die eieruhrf6rmige Glasglocke verhindert, dab die Entladung auf die Glaseinschmelzung brennt. Das reemittierte Lieht wurde senkrecht zur Einstrahlungsriehtung und senkrecht zum Magneffeld fiber ein Interferenzfilter (BAIRD-ATOMIC: maximale Transparenz 11% bei 2=2110/~, Halbwertsbreite 160/~) mit einem Multiplier (EMI 9558 BQ) beobachtet. Da die Wellenlgngen der beiden Linien im mittleren UV-Bereich liegen,
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wurden im Einstrahlungs- und Beobachtungsstrahlengang Linsen aus hochwertigem Quarz benutzt (Suprasil, Heraeus). Das statische Magnetfeld wurde mit einem zus~itzlichen kleinen Helmholtzspulenpaar rechteckmoduliert und das n/iherungsweise differenzierte Levelcrossing-Signal mit der fiblichen Lock-in-Technik nachgewiesen. Das Erdfeld konnte durch zusb.tzliche Helmholtzspulen auf weniger als 10- 2 0 e kompensiert werden. Die Magnetfeldeichung erfolgte durch optisches Pumpen im Cs-Grundzustand.
Ergebnisse und Diskussion Fig. 5 zeigt eine typische Registrierkurve fiir das Nullfeldcrossing. Die Signale wurden bei verschiedenen Modulationsfeldstfirken registriert,
I
~0-
-4
-2
0
2
4
0e
Fig. 5. Registrierkurve f/ir das Nullfeldlevelcrossing-Signal von den 2s 2p2 2D-Zust/i.nden. Registrierzeitkonstante 3 sec, Modulationsfeldst~rke A H = 1,50e
und der Abstand 2 HExtr zwischen Maximum und Minimum auf verschwindende Modulationsfeldst/irke extrapoliert. Es folgt: 2 HExtr = 3,32 Oe. Zur Interpretation des MeBergebnisses ist es n6tig zu wissen, in welchem Verh/iltnis Feinstrukturaufspaltung, Hyperfeinstrukturaufspaltung und Strahlungsbreite des angeregten Zustands stehen. Die Feinstrukturaufspaltung des 2 s 2 p 2 2D-Terms wurde durch Extrapolation der bekannten Werte fiir den 2 s 2 p 2 2D-Term in der B I-isoelektrischen Sequenz C II, N III, O IV, F V, ... zu 6 1 ~ - 0 , 3 3 cm -1 abgesch/itzt. (Das Minuszeichen deutet darauf hin, dab der J = 3/2-Zustand tiber dem Multiplettschwerpunkt liegt und der J = 5 / 2 - Z u s t a n d darunter.) Diese geringe Aufspaltung kann auf die Spin-Spin-Wechselwirkung und die 7b
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Wechselwirkung zwischen dem Spin eines Elektrons und dem Bahnmoment eines anderen zurfickgeftihrt werden, a In der Konfiguration 2s 2p 2 des B I-Spektrums liegt reine LS-Kopplung vor. In diesem Fall ist die Spin-eigene-Bahn-Wechselwirkung ffir den 2D-Term Null. Eine Absch/itzung der A-Faktoren ftir B ix ergab, dab die Hyperfeinstrukturaufspaltung im Nullfeld sehr viel kleiner als die Feinstrukturaufspaltung, jedoch erheblich gr6Ber als die einer Lebensdauer von einigen 10 .8 sec entsprechende natfirliche Strahlungsbreite sein sollte. Unter diesen Voraussetzungen wurde aus der Breitschen Formel 4
R(el, e2)~ E :f"mfm~'g~'m'g~'' "'~',,,, F - h ( E , - E ~ , , )
f,m=(Izi el . r lm) g,,~= (# [ ez "rim)
ftir die Resonanzstreuung yon Licht die Form des NullfeldcrossingSignals als Funktion des Magnetfeldes ffir B 11 berechnet und der geringere Beitrag von B 1~ zum Gesamtsignal abgesch/itzt. Entsprechend dem Kernspin I = 3/2 ffir B 11 ist der 2Ds/2-Zustand im Nullfeld aufgespalten in die 4 Hyperfeinstrukturniveaus F = 4 , 3, 2, 1 mit unterschiedlichen gF-Faktoren, der 2D3/2-Zustand in F = 3 , 2, 1, 0 mit gleichen gF-Faktoren*. Das Nullfeldcrossing ist daher bei den benutzten Versuchsbedingungen eine fJberlagerung yon 5 Lorentzkurven mit verschiedenen Halbwertsbreiten und Amplituden, die mit Hilfe der Breitschen Formel bestimmt wurden. Dabei wurden alle mit den Auswahlregeln AJ=O, +_1, AF=O, +__1 ffir elektrische Dipolstrahlung vertr/igliche Ubergfinge zwischen den HFS-Niveaus der beiden Grundzust/inde 2p1/2,3/2 und der beiden angeregten Zustfinde 2D3/2,5/2 berticksichtigt. In die Rechnung gehen als Parameter die relativen Lichtintensitfiten ein, mit denen die HFS-Niveaus der Zust/inde 2D3/2, 5/2 optisch angeregt werden. Wegen der sehr grol3en Dopplerbreite yon ca. 7 G H z bei einer Temperatur von fiber 2000 ~ in der Hohlkathodenlichtquelle ist die Intensit/it des anregenden Lichtes in guter N~herung gleich ffir alle HFS-Niveaus eines angeregten Feinstrukturterms. Daher werden als Parameter nur die Intensit/iten der Feinstrukturkomponenten
I(2p1/2-2D3/2)=I1/2,3/2; 1(2p3/2 -
I(2p3/2-2D3/2)=I3/2,3/2;
2D5/2) = 13/2, 5/2
* Ffir die gj-Faktoren wurden die Werte in reiner Russel-Saunders-Kopplung eingesetzt. 30BI, S., and S. YANAGAWA:Publ. Astr. Soc. Japan 7, 3, 125 (1955). 4 BREIT,G.: Revs. Mod. Phys. 5, 91 (1933).
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ben6tigt. FiJr das differenzierte Nullfeldcrossing ergibt sich damit die folgende Summe yon 5 differenzierten Lorentzkurven:
dR
28,1 4,66 [ (3,6311/2, 3/2--0,5813/2, 3/2) x+ t"'1+(2,1x)2") x+ (1 +(a,lx)2f (1 + (0,4 x)2) 2
an ~ L
x
9,93 26,8 ] + (1 + (0,85 x)2~ x-~ (1 + (0,75 x)2) 2 x h =- 2 n h = Plancksches Wirkungsquantum, / t B = Bohrsches Magneton,
X=
2#BH "c h
H = ~iugeres Magnetfeld,
z = Lebensdauer.
I312, 5]2
ist dabei willkiirlich auf 9 normiert. Als Intensit/itsverh/iltnis wurde der theoretische Wert ffir LS-Kopplung
I3/2, 5/2 : I1/2, 3]2 : I3/2, 3/2 ----9: 5:1 benutzt. Mit den zur Vefffigung stehenden Monochromatoren konnte keirte Aussage fiber das Linienprofil der Lichtquelle gewonnen werden. Daher wurde die Lage der Extrema yon dR~rill in Abh/ingigkeit vom Intensit/itsverh/iltnis berechnet und die entsprechende Unsicherheit auf Grund der nicht genau bekannten Anregungsbedingungen bei der Fehlerabschgtzung beriicksichtigt. Zu dem experimentellen Fehler yon ___4 ~ ist additiv ein Fehler yon +__5 ~ hinzugeffigt worden, der sich aus der Annahme ergibt, dab das tats/ichliche Intensit/itsverh~iltnis zwischen 9:9:9 und 9:0:0 liegt. Mit dem theoretischen Intensit/itsverh~iltnis folgt ffir die Lage der beiden Extrema: 2 #B HExtr Xzxtr= +0,645= _____ h z. Wird der Megwert 2 HExtr= 3,32 Oe eingesetzt und das Resultat um 4 % als Korrektur ffir den EinfluB von B 1~ erh6ht, so ergibt sich die Lebensdauer: z=(2,31___0,25) 10 -8 sec. LAWRBNCn und SAVAGE5 fanden mit der ,,phase-shift-Methode" z=(2,3+__0,2) 10 -8 sec. Die gute ~lbereinstimmung der beiden MeBwerte mug in Anbetracht der vielen Voraussetzungen, die zur Auswertung des MeBergebnisses 5 LAWRENCE, G. M., a n d B. D. SAVAaE: Phys. Rev. 141, 67 (1966). 7c Z. Physik, Bd.215
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A. HEsE und H.-P. WEISE: Lebensdauer der 2s 2p 2 2Da/2,s/2-Terme
nStig waren, als Zufall b e t r a c h t e t werden. U n t e r B e n u t z u n g des Ver. zweigungsverh/iltnisses fiir LS-Kopplung ergeben sich folgende A b sorptionsoszillatorenst/irken: ~bergang
f
2s 2 2p 2P3/2- 2s 2p 2 2D5/2 2s 2 2p 2Pa/2- 2s 2p 2 2Dai2 2s 2 2p 2P1/2- 2s 2p 2 2D3/2
0,043 0,0047 0,047
Herrn Prof. Dr. H. BUCKAdanken wir sehr herzlich fiir Anregungen und Diskussiohen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellte dankenswerterweise ein stromgeregettes Netzger/it zur Verftigung. Dipl.-Phys. A. HESE cand. Phys. H.-P. WEISE Technische Universit/it Institut ftir Kemphysik 1000 Berlin 37, RondeUstraBe 5