Mitteilungen der DGPPN Nervenarzt 2009 · 80: 1389–1402 DOI 10.1007/s00115-009-2881-3 © Springer Medizin Verlag 2009 Redaktion M. Grözinger, Aachen T. Nesseler, Berlin F. Schneider, Aachen
Die besten Köpfe für Psychiatrie und Psycho therapie – Nachwuchs kampagne der DGPPN Der Psychiater als Facharzt ist heute gefragter denn je. Ob klinisch tätige oder niedergelassene Psychiater, ärztliche Psychotherapeuten oder forensische Gutachter: unsere ganzheitliche Sicht des Menschen, die umfassende Diagnose und Therapie mit ihren Grundlagen in den somatischen, psychosomatischen und sozialen Aspekten ist unser Markenzeichen gegenüber den rein somatischen oder der anderen P-Fächern der Medizin. Psychische Erkrankungen erhalten zudem in den letzten Jahren vermehrt gesundheitsökonomische Bedeutung. Bereits heute ist absehbar, dass u.a. die Anzahl von Demenzerkrankungen im Zuge der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. Damit steigen sowohl die Kosten als auch der Bedarf an kompetenten Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie. Trotz dieses wachsenden Bedarfs und der hohen Kompetenz steht unsere Berufsgruppe ungerechtfertigterweise nach wie vor am unteren Ende der Gehaltsskala der Mediziner; dies gilt für niedergelassene Kollegen genau so wie für Chefärzte. Schon heute gibt es Engpässe in der Versorgung psychisch Kranker, insbesondere für chro-
nisch Erkrankte. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung ist die Versorgung psychisch Kranker trotz des aktuellen Anstiegs der Arztzahlen im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie bereits heute in Gefahr und für die Zukunft akut bedroht. Umso wichtiger ist es der DGPPN, den medizinischen Nachwuchs von heute für die Weiterbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zu gewinnen und zu fördern, um die Versorgung von morgen zu sichern. Ebenso ist die gesundheitspolitische Stärkung des Faches besonders wichtig. Nur die besten Köpfe können unser Fach auch in Zukunft erfolgreich vertreten und weiter voran bringen. Bereits seit einigen Jahren bietet die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hierzu unter anderem auf ihrem jährlichen Kongress mit der Fort- und Weiterbildungsakademie vielfältige Möglichkeiten an, Wissen zu erlangen und auszubauen. Auch der zweimal im Jahr stattfindende DGPPN-Intensivkurs für die Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie sowie die gerade eingeführten DGPPN-Zertifizierungen für Weiterbildungskliniken sind begehrte Ange-
bote. Seit Beginn des Jahres widmen wir uns noch intensiver der Nachwuchsförderung und haben neue wichtige Initiativen auf den Weg gebracht. Dabei konzentrieren wir uns in einem Vier StufenMasterplan in den nächsten Jahren darauf, die einzelnen Zielgruppen der Aus- und Weiterbildung für die Facharzttätigkeit als Psychiater und Psychotherapeut zu gewinnen und fördern. Im Fokus der nächsten zwei Jahre stehen insbesondere die Student/innen und Weiterbildungs assistent/innen. Mit inzwischen über 600 Bewilligungen der ausgeschriebenen 750 Stipendien für Medizinstudenten zur kostenlosen Teilnahme an unserem diesjährigen Kongress haben wir bereits sehr erfolgreich die wichtige Zielgruppe der Medizinstudierenden erreicht. Wir erwarten, dass jeder zehnte Kongressteilnehmer ein Medizinstudent sein wird. Mit zahlreichen besonderen Kongressveranstaltungen für Studierende und Weiterbildungs assistenten im Programm der Young Psychiatrists bieten wir dem Nachwuchs spannende Inhalte und verschiedenste Kontaktmöglichkeiten zu Experten in Psychiatrie und Psychotherapie. Darüber hinaus engagiert sich das personell weitgehend neu aufgestellte und ausserordentlich aktive Referat der Young Psychiatrists für Studenten und wird auf dem Kongress ein neues Mentoringprogramm für diese vorstellen. Nicht zuletzt wollen wir mit dem erstmalig angebotenen DGPPN-Kongresskindergarten ein Zeichen setzen, wie wichtig uns Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Aber auch international wollen wir in diesem Jahr das Thema Ärztlicher Nachwuchs ansprechen. Dazu werden wir gemeinsam mit Prof. Musalek von der Österreichischen und Dr. Kurt von der Schweizer Fachgesellschaft im Gespräch auf dem Kongress nach Lösungen für die aktuellen, regional ja sehr un-
terschiedlichen Versorgungsprobleme in Psychiatrie und Psychotherapie suchen. Nicht zuletzt möchten wir mit der Ausschreibung zahlreicher neuer DGPPNPreise mit einem Preisgeld von insgesamt 113.000 € zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zeigen, wie attraktiv das Fach Psychiatrie gerade auch in Wissenschaft und Forschung ist. Für eine Analyse der derzeitigen Nachwuchssituation im ärztlichen Bereich startete die DGPPN im Juni bei den Leitungen psychiatrischer Kliniken bzw. Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie eine Umfrage, an der sich 56% der angeschriebenen Kliniken betei ligt haben. Die Befragten machten unter anderem den Wunsch deutlich, dass sich die DGPPN verstärkt um die Werbung für das Fach unter Studenten und um die Profilierung des Faches bemühen sollte. Diese Rückmeldungen bestätigen unsere aktuellen Initiativen und Vorhaben. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal allen danken, die durch Ihre Rückmeldungen und Anregungen Informationen zur Stellenbesetzung an den Kliniken und Wünsche an die DGPPN mitgeteilt haben. Die detaillierten Ergebnisse der Umfrage werden wir an anderer Stelle ausführlich veröffentlichen, erstmals auf dem Kongress. Ganz aktuell stehen wir in Verhandlungen mit der Bundesärztekammer über die Reformierung der Weiterbildungordnung im Fach Psychiatrie und Psychotherapie sowie der angrenzenden Fächer. Flankierend will die DGPPN ihren Facharzt-Intensivkurs, der zurzeit zweimal im Jahr in Berlin angeboten wird, ausbauen und in weiteren Städten ausrichten. Nicht zuletzt ist das Zertifizierungsprogramm für Weiterbildungskliniken in vollem Gange: Ein Ziel scheint erreicht, zertifizierte Kliniken sind für den Nachwuchs erheblich attraktiver, dort ist die Bewerberlage deutlich besser im Vergleich zu den nicht Der Nervenarzt 11 · 2009
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durch die DGPPN zertifizierten Kliniken. In den folgenden zwölf Ausgaben der Gelben Seiten wollen wir die Hintergründe des Nachwuchsmangels in Medizin und Psychiatrie näher beleuchten, Strategien entwickeln sowie Best-Practice Beispiele der Nachwuchsförderung aufzeigen. Wir wären dankbar, wenn Sie sich hieran beteiligen würden: Senden Sie uns Ihre Überlegungen, Erfahrungen und auch Berichte
über regionale Projekte, mit denen Sie Nachwuchs für das Fach Psychiatrie und Psychotherapie gewinnen oder mit denen Sie Ihre ärztlichen Mitarbeiter, Kolleginnen und Kollegen, fördern, fordern und halten. Die erfolgreichsten Beiträge werden wir innerhalb dieser Serie veröffentlichen. Frank Schneider Präsident DGPPN
[email protected]
Aktueller Stand der Ent wicklung des neuen Entgelt systems für Psychiatrie und Psychosomatik Die Entwicklung des neuen Entgeltsystems in der Psychiatrie und der Psychosomatik nimmt Konturen an. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass gemäß § 17 d KHG im Jahr 2013 ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten in allen Einrichtungen für Psychiatrie und Psychosomatik einzuführen ist. Die Organe der Selbstverwaltung (Deutsche Krankenhaus Gesellschaft – DKG, Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen – GKV, Privater Krankenkassenverband – PKV) müssen bis Ende 2009 die Grundlagen des neuen Entgeltsystems vertraglich abstimmen. Grundlage für die Kalkulation der neuen Entgelte werden ab 01.01.2010 die bekannten PsychPV-Klassifikationen (A 1 – G 6 und für Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie KJ 1 – KJ 7) sein. Darüber hinaus wurden die Fachgesellschaften aufgefordert, Leistungsbeschreibungen im Sinne der schon vor-
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handenen OPS-Systematik zu erstellen, die ebenfalls ab 01.01.2010 kodiert werden müssen und der Kalkulation dienen.
Der Zeitplan Der Gesetzgeber sieht für die Entwicklung des neuen Entgeltsystems einen engen Zeitplan vor: Wenn im Jahr 2013 das neue System eingeführt werden soll, muss im Jahr 2012 die Ermittlung der Bewertungsrelationen erfolgen. Die Kalkulation wird durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) vorwiegend auf der Grundlage der Daten der Kalkulationshäuser durchgeführt. Die Bewertungsrelationen sollen definieren, durch welche Leistungen und damit verbundene Kosten die Tagespauschalen bestimmt werden. Dies bedeutet, dass Mitte 2011 hinreichend geeignete Einstufungskriterien vorliegen müssen, die angemessen zwischen den tagesbezogenen Kosten von Patienten im Behandlungsverlauf differenzieren.
Diese Einstufungskriterien sind in sogenannten psychiatrischen und psychosomatischen Komplexkodes beschrieben. Ca. Mitte 2011 müssten datengestützt möglichst vollständige und plausible Komplexkodes vorliegen, so dass sie die angemessene Grundlage für die Kostenkalkulation im Jahr 2012 sein können. Jährliche Weiterentwicklungen der weiter unten beschriebenen Komplexkodes werden sich daran orientieren, ob sie tatsächlich einen unterschiedlichen Ressourcenverbrauch abbilden. Damit verbleibt ein Zeitkorridor von 18 Monaten zwischen Anfang 2010 und Mitte 2011, um Erfahrungen mit neu definierten Komplexkodes zu sammeln und diese insbesondere mit den gut etablierten Einstufungen zur Psych-PV zu daraufhin zu vergleichen, welche Kategorien tatsächlich einen unterschiedlichen Ressourcenverbrauch abbilden. In das „lernende System“ werden neben den Daten der Kalkulationshäuser auch Daten aller psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser einfließen, die ab dem 01.01.2010 aufgefordert sind, tages- und patientenbezogen Einstufungen nach Psych-PV und nach Komplexkodes durchzuführen. Aus diesem Zeitplan ergab sich die Notwendigkeit, schon im Jahr 2009 psychiatrische und psychosomatische Komplexkodes unter Mitwirkung der Fachgesellschaften zu definieren. Dabei war die Vorgabe, fachlich fundierte Leistungskomplexe als OPS-Ziffern und ihre Beziehung zu dem bisherigen OPS-System zu beschreiben. Diese Komplexkodes sollen Patientengruppen identifizieren, die aufgrund eines unterschiedlichen Ressourcenverbrauches verschieden hohe Kosten nach sich ziehen und sich deshalb im Rahmen des Kalkulationsprozesses als kostentrennend erweisen. Die Fachgesellschaften haben mehrfach darauf hingewiesen, dass der Zeitplan zur Einführung der flächendeckenden Psych-PV-Einstufungen und der
Kodierung der zu entwickelnden Komplexcodes zum 01.01.2010 von den Kliniken in der Breite kaum einzuhalten ist. Deutlich mehr Vorbereitungszeit wäre notwendig, um die Prozesse in den Kliniken zu beschreiben und die notwendigen Veränderungen einschließlich der Schulung der Mitarbeiter vorzubereiten. Gerade am Anfang dieses komplexen und konsequenzreichen Prozesses ist es von großer Bedeutung, die Krankenhausbehandlung bei psychisch kranken Menschen in den OPS realistisch zu erfassen und zeitgleich die fachlich und ökonomisch prägenden Strukturmerkmale angemessen einzubeziehen. Qualität muss Priorität haben gegenüber Eile. Auch braucht es die Unterstützung durch leistungsstarke Krankenhausinformationssysteme (KIS), die grundsätzlich auf dem deutschen Markt vorhanden, aber in den psychiatrischen Kliniken nicht flächendeckend verbreitet sind. Außerdem benötigen die KIS-Anbieter Zeit, um funktionale Lösungen anzubieten, die den Nutzer in der Erhebung der Komplexkodes und insbesondere in der Erfassung der Therapieeinheiten unterstützen.
Von der Entwicklung der Komplexkodes bis zum budgetneutralen Umstieg Die Systementwicklung wird in Jahreszyklen des “strukturierten Dialogs“ als „lernendes System“ durchgeführt. Im Budget-neutralen Umstiegsjahr 2013 erhalten die Kliniken ihr Budget noch nach dem bisherigen System (BPflV/PsychPV) und rechnen gleichzeitig schon virtuell nach dem neuen Entgeltsystem (§ 17d) ab. Es kann erwartet werden, dass analog zur Einführung des G-DRG-Entgeltsystems die Konvergenzphase auf mehrer Jahre konzipiert und ggf. darüber hinaus verlängert wird, denn die Kliniken benötigen Zeit für die komplizierten Anpassungsprozesse.
Mitteilungen der DGPPN Die neuen Eingruppie rungsempfehlungen zur PsychPV Die PsychPV in Verbindung mit der BPflV ist bis zum 1.1.2013 die maßgebliche Grundlage der Finanzierung in den psychiatrischen Kliniken. Danach findet ein Systemwechsel statt. Nicht mehr der Personalbedarf ist dann Grundlage der tagesbezogenen Bezahlung, sondern ein klarer Leistungsbezug. Im Prozess der Ermittlung dieser neuen Bewertungsrelationen sollen die PsychPV-Einstufungen Berücksichtigung finden. Im Gesetz heißt es, dass von den Behandlungsbereichen der Psychiatrie-Personalverordnung auszugehen ist. Dabei ist ein Novum, dass diese Einstufungen patienten- und tagesbezogen erfolgen sollen, auch wenn zur Begrenzung des administrativen Zusatzaufwandes einer Erfassung der PsychPV-Einstufungen nur bei Behandlungsbeginn und bei jedem Wechsel des Behandlungsbereiches erfolgen muss. Da ein Wechsel des Behandlungsbereiches aber jeden Tag möglich ist, werden sehr enge Zeitrhythmen in der Beurteilung der Einstufung erfolgen müssen. Die Selbstverwaltungspartner (GKV, PKV) waren der Ansicht, dass die bisherigen Vorgaben zur Einstufung des Behandlungsbereiches innerhalb der Psych-PV zu unpräzise sind. Daher wurde vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften eine Eingruppierungsempfehlung entwickelt, die die Einstufung in die einzelnen PsychPV-Bereiche valider machen soll. Diese Eingruppierungsempfehlungen sind ausschließlich für die Entwicklung des neuen Entgeltsystems ausgearbeitet worden. Sie sollen die fachlich fundierte Einstufung in die verschiedenen Behandlungsbereiche der Psych-PV präzisieren und einen ergebnisoffenen Entwicklungsprozess für das neue Entgeltsystem erleichtern. Diese Empfehlungen haben kei-
ne Gültigkeit bei Kostenstreitigkeiten im Einzelfall.
heiten eigene Komplexkodes de- ditiver Kodierung von Einzelleisfiniert. Die innere Logik und der tungen ohne Berücksichtigung Aufbau der Komplexkodes wur- milieutherapeutischer Aspekte. Die psychiatrischen Kom den zwischen den Fachgesell- Diese würden zu einem hohen plexkodes – und ihre Ein schaften abgestimmt. Bürokratieaufwand führen, wenn bindung in die OPS-Syste Aspekte bei der Entwicklung mehrere Kodes pro Tag pro Patimatik der Komplexkodes: ent kodiert werden müssten. SoFDie Komplexkodes können nur mit konnte ein Konsens erzielt Es ist ein gesetzlich verordnetes bei psychischen Störungen und werden, dass die Leistungen in Neuland, Leistungen an psychVerhaltenstörungen verwendet der Psychiatrie und Psychosomaiatrischen und psychosomawerden. tik als Komplexkodes pro Woche tischen Patienten, die statioFDie therapeutische Gesamt- abzubilden sind. när oder teilstationär behandelt verantwortung liegt bei einem werden, in Komplexkodes abzuFacharzt z.B. für Psychia- Auswirkungen auf die bilden und dies zur Grundlage trie und Psychotherapie oder psychiatrischen und psy einer tagesbezogenen Entgelte einem Facharzt für Psychoso- chosomatischen Kliniken zu machen. Niemand kann zum matik. Dies soll sicherstellen, und Abteilungen jetzigen Zeitpunkt beantworten, dass nicht andere Fachgebiete welche Effekte diese Umstellung diese Komplexkodes verwen- Mit Beginn des Jahres 2010 müshaben wird und wie sich die tatden können. sen die psychiatrischen und psysächlichen BehandlungsangeFDas Leistungsspektrum der chosomatischen Kliniken und bote in Deutschland verändern angewandten Behandlungs- Abteilungen patienten- und tawerden. Es ist nicht auszuschlieverfahren wurde sehr offen be- gesbezogen die Komplexkodes ßen, dass der strikte Leistungsschrieben, um keine Behand- und Psych-PV-Einstufungen bezug zu falschen Anreizen lungsangebote durch die For- über den §301 an die Krankenführt. Die Fachgesellschaften mulierung der Komplexkodes kassen übermitteln. Damit stehaben alles daran gesetzt, durch auszugrenzen. hen die einzelnen Kliniken vor die Formulierung der Komplex- FDer Berechnung der Therapie- einer großen Herausforderung, kodes in ihrer ersten Fassung einheiten liegt eine Gewich- diese Vorgaben innerhalb weninicht dazu beizutragen, falsche tung zwischen Einzel- und ger Wochen umzusetzen. Anreize zu setzen. Gruppentherapien und eine Dieses bedeutet, dass Differenzierung zwischen den Fdie Mitarbeiter im Umgang Da keine empirischen DaBerufsgruppen zugrunde. mit den Eingruppierungsempten zur sinnvollen Kostentrenfehlungen nach Psych-PV und nung von psychiatrischen Pati- Der vollständige Katalog aller den OPS-Komplexkodes geenten vorlagen, orientieren sich OPS-Kodes kann über die Interschult werden müssen, die Einteilungen der Komplex- netseite des DIMDI aufgerufen Fder Prozess der Erfassung von kodes (Regelbehandlung, Inten- werden (www.dimdi.de). Leistungen (Gruppen- und sivbehandlung, psychotherapeuEinzeltherapien) definiert wertische Behandlung) an denen Auszug aus dem psychi den muss, der Psych-PV (z.B. A1, A2 und atrischen Komplexkode Faus den erfassten Leistungen A5). Die Komplexkodes können „Regelbehandlung“ 9-60 wöchentlich Therapieeinheiten dann durch die Anzahl der The- (s. S. 1392) berechnet werden müssen, die rapieeinheiten pro Woche pro unter Berücksichtigung von PaBerufsgruppe differenziert wer- Die Alternativen tientenmerkmalen den Komden. Eine weitere Leistungserplexkode definieren, fassung kann durch Einzelkodes Nach Verabschiedung des § 17 d Fdie Krankenhäuser und Abtei(z.B. MRT des Kopfes) oder ta- KHG fanden seitens der Fachgelungen in der Lage sein müssen, gesbezogene Komplexkodes (z.B. sellschaften zahlreiche DiskusDatensätze über den §301 an Krisenintervention) erfolgen. Da sionen mit dem BMG, DIMDI, die Krankenkasse zu übermitüber den §301 schon jetzt Daten DKG, GKV, PKV und InEK statt. teln (diese Datensätze enthalzum Alter, zur Diagnose und Grundsätzlich hätte das DIMten schon jetzt eine Fülle von zum Behandlungsstatus (stati- DI die Möglichkeit gehabt, auch Merkmalen wie Geschlecht onär, teilstationär) übermittelt EinzelOPS, wie in der Somatik, oder Alter am Aufnahmetag, werden, war eine gesonderte Be- in den Katalog aufzunehmen. Diagnosen, Fachabteilung, Anschreibung von suchtmedizi- Nach Einschätzung der Fachgegabe zum voll- bzw. teilstationischen, gerontopsychiatrischen sellschaften sind EinzelOPS nicht nären Status), und tagesklinischen Komplex- geeignet, die komplexen Leistun- Fdie Einstufung nach den Psychkodes nicht notwendig. Die Kin- gen in psychiatrischen und psyPV-Behandlungsbereichen zu der- und Jugendpsychiatrie hat chosomatischen Kliniken abzuBeginn und bei Veränderung aufgrund ihrer vielen Besonder- bilden. EinzelOPS führen zu adpersonenbezogen als PseudoDer Nervenarzt 11 · 2009
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Auszug aus dem psychiatrischen Komplexkode „Regelbehandlung“ 9-60 9-60 Regelbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen Exkl.: Intensivbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen (9-61) Psychotherapeutische Komplexbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen (9-62) Psychosomatisch-psychotherapeutische Komplexbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen (9-63) Hinw.: Ein erhöhter Behandlungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen (9-640), eine kriseninterventionelle Behandlung (9-641) und eine aufwendige Diagnostik bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen beim Erwachsenen (1-903) sind gesondert zu kodieren Ein Kode aus diesem Bereich ist in der Regel einmal pro Woche anzugeben. Als erste Woche gilt die Zeitspanne vom Tag der Aufnahme bis zum Ablauf der ersten 7 Tage, usw. Erfolgt eine Versorgung an weniger als 7 Tagen (z.B. aufgrund einer Entlassung oder eines Wechsels zwischen Regelbehandlung, Intensivbehandlung oder psychotherapeutischer Komplexbehandlung) werden auch dann die Leistungen der jeweiligen Berufsgruppen berechnet und entsprechend der Anzahl der erreichten Therapieeinheiten kodiert Sofern Therapieverfahren an Wochenenden, Feiertagen, Aufnahme- oder Entlassungstagen erbracht werden, sind diese ebenfalls zu berücksichtigen Als Einzeltherapie gilt eine zusammenhängende Therapie von mindestens 25 Minuten. Dies entspricht einer Therapieeinheit Gruppentherapien dauern ebenfalls mindestens 25 Minuten. Dies entspricht einer ¼ Therapieeinheit. Bei Gruppentherapien ist die Gruppengröße auf maximal 9 Patienten begrenzt Therapiedauer
Einzeltherapie
Gruppentherapie
Mindestens 25 min
1 Therapieeinheit
¼ Therapieeinheit
Mindestens 50 min
2 Therapieeinheiten
½ Therapieeinheit
Mindestens 75 min
3 Therapieeinheiten
¾ Therapieeinheit
u.s.w. Für die Kodierung sind die durch die jeweilige Berufsgruppe erbrachten Therapieeinheiten zu addieren. Es ist für jede Berufsgruppe der entsprechende Kode anzugeben Ein Kode aus diesem Bereich ist sowohl für die voll- als auch die teilstationäre Behandlung zu verwenden Mindestmerkmale: F Therapiezielorientierte Behandlung durch ein multiprofessionelles Team unter Leitung eines Facharztes (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) F Vorhandensein von Vertretern der folgenden Berufsgruppen: – Ärzte (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Nervenheilkunde, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) – Psychologen (Psychologischer Psychotherapeut oder Diplom-Psychologe) – Spezialtherapeuten (z.B. Ergotherapeut, Sozialarbeiter, Logopäden, Kreativtherapeuten) – Pflegefachkräfte F Als angewandte Verfahren der ärztlichen und psychologischen Berufsgruppen gelten folgende Verfahren oder im Aufwand vergleichbare Verfahren: – Supportive Einzelgespräche – Einzelpsychotherapie usw. F Als angewandte Verfahren der Spezialtherapeuten und Pflegefachkräfte gelten folgende Verfahren oder im Aufwand vergleichbare Verfahren: – Bezugstherapeutengespräche – Behandlung durch die spezialisierte psychiatrische Pflege (z.B. alltagsbezogene Trainings, Aktivierungsbehandlung) – Ergotherapeutische Behandlungsverfahren usw.
9-600 Anzahl der durch Ärzte erbrachten Therapieeinheiten im Rahmen der Regelbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen 9-600.0 ¼ bis 2 Therapieeinheiten pro Woche 9-600.1 Mehr als 2 bis 4 Therapieeinheiten pro Woche usw. (Die Liste der angewandten Verfahren und der Therapieeinheiten ist im Originaltext deutlich länger)
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Mitteilungen der DGPPN OPS über den §301 übermittelt wird und Fzusätzliche Leistungen aus dem OPS-Katalog als Einzelleistungen (z.B. MRT des Kopfes) oder als tagesbezogene Leistung (z.B. 1:1-Betreuung) erfasst und übermittelt werden.
Tabelle 1
Auf dem DGPPN Kongress in Berlin wird ein Symposium zu dem Thema stattfinden, um die Inhalte und Vorgaben genauer darzustellen. Bei weiteren Fragen zum Thema stehen die Autoren gern zur Verfügung.
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I. Hauth, F. Godemann, K-H. Beine, H. Kunze
Die psychiatrischen und psychosomatischen Kom plexkodes – neun Fragen und Antworten Die neuen Komplexkodes erklären sich nicht aus sich selbst heraus. Sie werfen viele Fragen auf. Im Folgenden einige Antworten auf Fragen, die häufig gestellt wurden. Dabei gilt es zu beachten, dass noch vieles im Fluss ist und die Antworten als vorläufig einzuordnen sind. Sind die Komplexkodes schon abrechnungsrelevant? Nein. Es könnte sein, dass sie ab 2013 zunehmend bedeutsam für die Abrechnung werden. 2013 soll der Umstieg budgetneutral erfolgen. Die genauen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der Umsetzung sind noch nicht bekannt. Werden die tagesgenauen Daten der Psych-PV in den Budgetverhandlungen in den Jahren 2010-2012 verwendet? Die Krankenkassen haben zugesagt, diese nicht zu verwenden. Sie werden dies noch schriftlich erklären. Jeder Versuch, dagegen zu verstoßen, sollte mit dem Hinweis auf diese Vereinbarung zurückgewiesen werden.
Tag
Beschreibung
1-10
Paranoide Psychose, Ersterkrankung, suizidal
Tag 1-3
PsychPV
Komplexkodes
A2
MRT des Kopfes
Einzel-OPS: 3-800
Akute Suizidalität
Erhöhter Behandlungsaufwand 3x 940.3 (24h Einzelbetreuung 1:1) Intensivbehandlung 9-61 9-610.1 (2 ärztliche TE/Woche) 9-602.3 (8 pflegerische TE / Woche)
Ab Tag 11
A1
8-14
Intensivbehandlung 9-61 9-610.2 (4 ärztliche TE/Woche) 9-601.1 (2 psychologische TE/ Woche) 9-602.4 (10 pflegerische TE / Woche) Neuropsychologische Testung
Einzel-OPS: 1-901.1
15-21
Regelbehandlung 9-60 9-600.2 (4 ärztliche TE/Woche) 9-601.1 (2 psychologische TE/ Woche) 9-602.1 (4 TE / Woche von Spezialtherapeuten) 9-602.3 (8 pflegerische TE / Woche)
22 – 27
Regelbehandlung 9-60 9-600.3 (6 ärztliche TE/Woche) 9-601.1 (2 psychologische TE/ Woche) 9-602.2 (5 TE / Woche von Spezialtherapeuten) 9-602.1 (2 pflegerische TE / Woche)
Tag 27 Entlassung * Therapieeinheiten = TE
Warum wurde ein Zeitintervall von 25 Minuten gewählt, ab dem Einzelleistungen als Therapieeinheiten Berücksichtigung finden? Dieses Zeitintervall wurde nicht niedriger gewählt, um den Dokumentationsaufwand wenigstens etwas zu begrenzen (ansonsten müsste nahezu jeder Kontakt erfasst werden) und nicht höher, um Therapiezeiten einschließen zu können, die von schwer psychisch Erkrankten in Anspruch genommen werden, welche keine längeren Kontaktzeiten aushalten.
Die weiteren therapeutischen halten, diese aber nicht wahrnehLeistungen (Kurzkontakte, Pfle- men. Auchkann keine Therapiegeverrichtungen) einschl. der je- einheit erhoben werden. weils notwendigen Kosten für das Setting (z.B. geschlossene Stati- Wie kann ich mir die Darstelon, Fallbesprechungen, Supervi- lung der Komplex und Einzelsionen) sollen sich in der grund- kodes im Verlauf einer Behandsätzlichen Differenzierung zwi- lung beispielhaft vorstellen? schen Regelbehandlung, Intensiv- . Tab. 1 stellt einen fiktiven Verbehandlung und psychotherapeu- lauf eines Patienten dar. tischer Behandlung abbilden. Das Bundesministerium für Gesund- Ein Patient hat eine aufwändige heit hat aber schon darauf hin- neuropsychologische Untersugewiesen, dass sie in den nächs- chung: Kann sie gesondert koten Monaten weitere Vorschläge diert werden? für die Ausdifferenzierung dieses Ja, die meisten Leistungen, die für Sockelbetrages erwarten. psychiatrische und psychosomatische Behandlungen schon jetzt Viele schwer kranke Patienten Bei manchen Patienten geht im OPS-Katalog des Jahres 2009 halten Kontakte über 25 Mi- der Arzt mehrfach am Tag für vorhanden sind, wurden ausgenuten gar nicht aus. Wo finden 10 Minuten hin. Können diese schlossen, um eine aufwändige sich Leistungen wieder, die von Therapien addiert werden? Leistungserfassung von Einzelkürzerer Dauer sind? Nein, nur Leistungen, die 25 Mi- kodes zu verhindern. Davon ausEs ist zu erwarten, dass die The- nuten erbracht werden, können genommen sind einige Einzelrapieeinheiten über 25 Minuten als Therapieeinheit dokumen- kodes wie die EKT-Behandlung nur einen Teil der patientenbe- tiert werden. Gleiches gilt für Pa- oder eine neuropsychologische zogenen Kosten erklären können. tienten, die Gruppentherapie erDer Nervenarzt 11 · 2009
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Leistung (1-901), die gesondert zu kodieren sind. Kann der Komplexkode Krisenintervention auch eigenständig kodiert werden? Die beiden tagesbezogenen Zusatzkodes „Erhöhter Behandlungsaufwand“ und „Kriseninterventionelle Behandlung“ können nur in Zusammenhang mit den Kodes Regelbehandlung, Intensivbehandlung oder psychotherapeutische Behandlung kodiert werden. So wird davon aus-
gegangen, das Menschen, die eine 1:1-Betreuung benötigen eine hohe Leistungsdichte haben, die gesondert dargestellt werden muss. Haben Sie weitere Fragen, dann schicken Sie sie bitte bis zum 20.11.2009 an
[email protected]. Wir werden versuchen, sie im Dezemberheft des Nervenarztes zu beantworten. F. Godemann, B. Jansen, I. Hauth
Tätigkeitsberichte der DGPPN-Referate 2008 Einige Berichte von Referaten sind schon erschienen oder werden in folgenden Ausgaben noch erscheinen
Psychotherapie Vorbemerkung: Das Referat Psychotherapie der DGPPN unterscheidet sich strukturell von anderen Referaten, da es keine Sektion der DGPPN ist, in der ausgewählte Mitglieder zusammenkommen, die an einem bestimmten Thema besonders interessiert sind, da Psychotherapie Teil der Gebietsbezeichnung ist und daher alle Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und das Fach als Ganzes betrifft. Das Referat Psychotherapie versucht die in der DGPPN vorhandene Fachkunde zum Thema „Psychotherapie“ zu bündeln und zu koordinieren, um auf diese Art dem Vorstand bei Entscheidungen zuzuarbeiten, die die Weiterentwicklung des Fachs in Wissenschaft, Patientenversorgung,Weiterbil dung und bzgl. der Berufsdefinition betreffen. Psychotherapie ist auch insofern ein Sonderbereich, da die Abgrenzung des
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Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie zu anderen therapeutischen Gebieten vorrangig an der Schnittstelle Psychotherapie erfolgt. Strukturell wird das Referat von zwei Sprechern geführt, die die beiden Hauptverfahren der psychodynamischen Therapie und der Verhaltenstherapie vertreten. Sie stehen in ständigem direktem Kontakt mit zwei Vorstandmitgliedern, die für Psychotherapie zuständig sind. Im Referat gibt es dann eine Reihe von Arbeitsgruppen zu unterschiedlichsten Bereichen der Psychotherapie. Diese werden jeweils von DGPPN-Mitgliedern geleitet, stehen jedoch allen Interessenten und Fachleuten zur Mitarbeit offen. Die AGs des Referats DGPPN berichten regelmäßig beim DGGPN Kongress über ihre Arbeit.
Wichtige Themen des Referats Psychotherapie waren in der zurückliegenden Zeit F die Verbesserung der Psychotherapie-Weiterbildung klinisch tätiger Ärzte F die Entwicklung von Modellen für die Durchführung von ambulanten Langzeitbehandlungen duch Klinikärzte mit Einholung juristischer Gutachten F die Klärung der Frage eines Supervisors in der Facharztweiterbildung F die Unterscheidung von Verfahren/Methoden/Techniken in der Facharztweiterbildung, F die inhaltliche und formale Strukturierung der Praktischen Tätigkeit im Rahmen der Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten mit Publikation einer Stellungnahme durch den Vorstand, F die Begleitung der Diskussionen um das Gutachten der Bundesregierung zur Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten, F die Diskussion europäischer Regelungen zur Psychothera-
pie-Ausbildung und -Er-bringung, F die Weiterentwicklung der PsychPV mit Blick auf psychotherapeutische Aufgaben in den Kliniken, F Entwicklung von Konzepten der psychiatrischen Psychotherapie in Abgrenzung zur Richtlinienpsychotherapie und anderen Psychotherapieformen, F Kontaktpflege zu anderen einschlägigen Fachgesellschaften, F Kontakte zur STÄKO mit dem Ziel einer Koordinierung im Bereich der ärztlichen Psychotherapie, F Unterstützung von Initiativen zu einer Verbesserung der Forschungsförderung im Bereich der Psychotherapie, F Durchführung mehrer Symposien zu Psychotherapiefragen beim DGPPN-Kongress. Prof. Dr. M. Linden, Berlin Prof. Dr. H. J. Freyberger, Greifswald
Sucht Tätigkeiten 2008:
1. Beteiligung am DGPPN Kongress 2008 2. Beteiligung am 1. Deutschen Suchtkongress 3. Beteiligung an der Weiterentwicklung von Leitlinien 4. Beteiligung am Aktionsbündnis Seelische Gesundheit 5. Pathologisches Glücksspiel („Glücksspielsucht“) als neues Forschungs- und Behandlungsfeld 6. Zertifizierung der suchtmedizinischen Fortbildung 7. Fachpolitische Aktivitäten
Ad 1:
Das Referat beteiligte sich auch 2008 sehr aktiv an der Gestaltung des DGPPN Kongresses. Als der-
zeitiger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie war Prof. Mann Mitglied des Programmkomitees. Nachfolgend sind einige der von Referatsmitgliedern organisierten Hauptsymposien bzw. Symposien aufgeführt: 1. Hauptsymposium: Zum Entwicklungsstand der Frühbehandlung psychischer Störungen 2. Symposium: Suchtmittelübergreifende Mechanismen der Abhängigkeit 3. Symposium: Gestaltung der Schnittstellen zwischen Allgemeinmedizin und Suchtpsychia trie 4. State-of-the-Art-Symposium: Alkoholabhängigkeit
Mitteilungen der DGPPN 5. Symposium: Chancen und Risiken der Behandlung mit Opiaten 6. Symposium: Verbundlösungen in der störungsspezifischen Versorgung psychisch Kranker 7. Hauptsymposium: Therapieansätze bei Suchtpatienten: Ergebnisse des BMBF-geförderten Deutschen Suchtforschungsnetzes
Ad 2:
Im Juni 2008 wurde der 1. Deutsche Suchtkongress in enger Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie, der DGPPN und weiteren achtzehn Fachgesellschaften bzw. Akademien und Instituten durchgeführt. Es gelang die Teilnehmerzahl vorangegangener Kongresse zu verdreifachen und ein deutlich höheres Medieninteresse zu wecken. Insbesondere auch die Mitgestaltung der Tagung durch den Suchtausschuss der Bundesdirektorenkonferenz erwies sich als Garant dafür, dass auch praxisbezogene psychiatrisch-psychotherapeutische Themen behandelt wurden. Diese Tagung wird in den nächsten Jahren fortgeführt, erneut unter aktiver Beteiligung der DGPPN und des Referates Sucht.
Ad 3:
Bekanntlich sind die AWMF-Leitlinien zur evidenzbasierten Suchtmedizin [L. Schmitt, M. Gastpar, P. Falkai, W. Gaebel (Herausgeber)] 2006 erschienen. Die Überarbeitung dieser S2-Leitlinien hat im Jahre 2008 begonnen.
Ad 4:
Das Referat ist regelmäßig bei den Treffen und den diversen Veranstaltungen des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit vertreten. Gerade Suchtpatienten leiden in besonderem Maße unter einer Stigmatisierung. Während psychisch Kranke oft am unteren Ende einer Werteskala aller Krankheiten angesiedelt zu sein scheinen, verhindert diese Wahrnehmung nicht unbedingt, dass auch innerhalb der Psych-
iatrie eine Werteskala existiert, in der Suchtkranke einen besonders problematischen Platz einnehmen. Dieser Wahrnehmung wird durch alle Aktionen des Referates bis hin zu den Forschungsleistungen seiner Mitglieder und der entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit entgegengewirkt.
Ad 5:
Im Jahre 2008 hat eine Regelung des Bundesverfassungsgerichts zu wesentlichen Veränderungen bzgl. des Glücksspiels geführt. Die Monopole der Bundesländer mit entsprechenden Einnahmen können nur aufrechterhalten werden, wenn innerhalb von vier Jahren gezeigt wird, dass genügend zum Schutz potentiell gefährdeter Spieler („Spielsüchtiger“) getan und entsprechende Forschung auf den Weg gebracht wird. Dieser Problemstellung hat sich das Referat Sucht gemeinsam mit anderen Akteuren angenommen. Der Referatsleiter ist in ein siebenköpfiges Gremium (Fachbeirat „Glücksspielsucht“ der Länder) gewählt worden und vertritt dort die Interessen der DGPPN und der DG-Sucht. Erste Aktionen beschäftigen sich mit einer Strukturierung der Forschungslandschaft und der Formulierung bzw. der Optimierung bereits bestehender Sozialkonzepte der Toto- und Lotto-Gesellschaften.
Ad 6:
Für 2009 ist eine intensive Diskussion zur Zertifizierung der suchtmedizinischen Fortbildung analog zur psychiatrisch/psychotherapeutischen Liaisontätigkeit geplant. Erste Schritte hierzu wurden bereits von Herrn Prof. Falkai und Prof. Mann in die Wege geleitet.
Ad 7:
Das Referat war an den Stellungnahmen und Veränderungswünschen der DGPPN bzgl. der Musterweiterbildungsordnung für das Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie beteiligt. Weiterhin legten Mitglieder des Referats ein „Rahmenkonzept zur integrierten Versorgung alkohol-
bezogener Störungen“ vor. Derzeit wird eine Erhöhung der Mitgliederzahl im Referat Sucht diskutiert. Ein Vorschlag geht dahin, die Mitglieder des Suchtausschusses der Bundesdirektorenkonferenz in die Arbeit des Referats direkt mit einzubeziehen. Hierzu soll Anfang 2009 nach entsprechender Diskussion ein Entschluss gefasst werden.
Mit Ende 2008 legt der bisherige Referatsleiter Prof. Karl Mann, Mannheim die Leitung des Referates nieder. Allerdings steht er als Mitglied des Referats weiterhin zur Verfügung. K. Mann
Versorgung Treffen
Mittwoch, 26.11.08, 15.30 Uhr im ICC Berlin (während DGPPNKongress). Dieses Treffen fand mit Teilnahme von 9 Personen statt. Bei den Referatetreffen wurde das Referat Versorgung durch S. Riedel-Heller und H.-H. König vertreten.
DGPPN-Kongress 2008
Aus dem Referat Versorgung wurden mehrere Symposien beim DGPPN Kongress vorgeschlagen und organisiert: 1. Was gibt es Neues bei Familienund Setting-orientierten Therapieangeboten? 2. Strategien gegen die Chronifizierung am Beispiel schizophrener Störungen. 3. Komplexe Interventionsstudien in Psychiatrie und Psychotherapie. 4. Gesundheitsökonomische Aspekte psychiatrischer Versorgung und Prävention. 5. Psychische Störungen im Alter – eine zentrale Herausforderung für die alternde Gesellschaft: Aktuelle Ergebnisse der Versorgungsforschung. Gemeinsames Symposium der Referate Versorgungsforschung und Gerontopsychiatrie der DGPPN. 6. Zum Stand der Psychiatriereform in den neuen Bundesländern.
DKVF - 7. Deutscher Kongress für Versorgungsfor schung, Köln
T. Becker organisierte mit Unterstützung des Referates Versorgung ein Symposium (Vorsitz: W. Gaebel und T. Becker) beim DKVF 2008 in Köln. T. Becker (o. Vertreter) besuchte die Sitzungen des Deutschen Netzwerkes für Versorgungsforschung (DNVF) am 09. Mai und am 17. Oktober 2008 in Köln.
Hauptstadt-Workshop „Routi nedaten“
Das Referat Versorgung organisierte für den Präsidenten und den Vorstand der DGPPN einen Hauptstadt-Workshop. Dieses 3. Hauptstadtsymposium der DGPPN mit dem Thema „Routine-Daten in der Psychiatrie - Entwicklung eines Daten-Sets zur sektorenübergreifenden psychiatrischen Versorgungsforschung und Qualitätssicherung“ fand am 17. Juni 2008 im LangenbeckVirchow-Haus in Berlin statt. T. Becker und H. Spießl erarbeiteten in der Folge einen Tagungsband, der beim Steinkopff-Verlag erscheinen soll. Titel des Buches ist „Routine-Daten in der Psychiatrie – Sektoren-übergreifende Versorgungsforschung und Qualitätssicherung“ unter der Herausgeberschaft von W. Gaebel, H. Spießl, T. Becker.
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Leitlinien Psychosoziale The rapien
Das Referat Versorgung erarbeitete unter Federführung von S. Weinmann, S. Riedel-Heller und T. Becker einen Vorschlag und ein Exposé für die „Leitlinien psychosoziale Therapien“, welche die S1-Leitlinien für „Psychosoziale Therapien“ (Hrsg.: DGPPN, Becker et al., erschienen 2005 beim Steinkopff-Verlag) ersetzen sollen. Der DGPPN-Vorstand stimmte dem Projekt in der Vorstandssitzung vom 25.11.08 zu. Die Arbeit an dem Leitlinienprojekt wird in 2009 beginnen. Die Kerngruppe, die die Neuauflage der Leitlinie erarbeiten soll, wird aus S. Riedel-Heller/Leipzig, S. Weinmann/Charité Berlin und T. Becker/GZ-Ulm bestehen. Die zugesagten Ressourcen werden je zur Hälfte an die Universität Leipzig und Ulm gehen und über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren personell eingesetzt.
Entgeltsystem
Aus dem Referat Versorgung wurden mögliche Experten genannt, die sich an der Arbeitsgruppe „Entgeltsystem“ beteiligen könnten, wenn dies vom Vorstand gewünscht wird.
HomepageWeiterentwicklung
Zur Aktualisierung der Webseitendarstellung des Referates wurden einige Informationen (u.a. aktuelles Foto, einige Arbeitsschwerpunkte, die fünf wichtigsten Publikationen sowie ein Link zur Klinikhomepage) der Referateleiter an den Webmaster und die Hauptgeschäftsstelle in Berlin geschickt (s. Webseite: http:// www.dgppn.de/de_versorgung_ 74.html ).
Pläne
Organisation eines Hauptstadtworkshop Ende 2009 zum Thema „Versorgungsforschung in Psychiatrie und Psychotherapie“, dabei Anknüpfung an den Hauptsstadtworkshop von 2008 und Weiterentwicklung des Themas BADO, Einbeziehung des ambulanten Bereichs und Niedergelassenensektors. Beginn der Durchführung des Leitlinienprojekts (Psychosoziale Therapien, s.o.) ab Januar 2009. T. Becker, S.G. Riedel-Heller, H.H. König
Sexualmedizin Die Funktion bestand im Wesentlichen darin, den Vorstand in sexualmedizinischen Fragen zu beraten und Anfragen an die Fachgesellschaft, die das Thema berühren, zu beantworten. Auch im Jahr 2008 gingen mehrere entsprechende Anfragen bei mir ein, die ich beantwortet habe. Aufgrund meiner Mitgliedschaft in den Fachgesellschaften der Sexualmedizin und Sexualtherapie in Deutschland – Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung, Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin und Sexualtherapie (in der Funktion des Vizepräsidenten sowie Dozenten und Supervisors in der sexualtherapeutischen Fort- und Weiterbildung)
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und in der Akademie für Sexualmedizin – habe ich die Verbindung zwischen diesen Fachverbänden und der DGPPN hergestellt, an der Aktion der Fachgesellschaften zusammen mit der DGPPN zur Einführung einer Zusatzbezeichnung Sexualmedizin war ich beteiligt. In Zusammenarbeit und in Abstimmung mit mir haben bei den Jahreskongressen der DGPPN regelmäßig, so auch 2008, Symposien zu sexualmedizinischen Themen stattgefunden. Aus der Arbeit der Beauftragten für Sexualmedizin, in Zusammenarbeit mit dem Referat Forschung der DGPPN, ist eine Forschungsgruppe hervorgegangen,
an der sich die Universitätskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie in Münster, Essen, Düsseldorf und Bonn sowie der Unterzeichner regelmäßig, weitere Kollegen und psychiatrische Einrichtungen zeitweilig beteiligt haben, diese Arbeitsgruppe hat eine Multi-Center-Studie zur Sexualität stationär psychiatrisch behandelter Patienten, unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der psychopharmakologischen Medikation durchgeführt und die Ergebnisse in zwei Beiträgen in der „Pharmacopsychiatry“ publiziert. Eine für die Fortbildung aufbereitete Version für den „Nervenarzt“ ist in Vorbereitung. Nach dem Ausscheiden von Herrn Prof. Kockott aus der aktiven Mitarbeit konnte Herr Professor Dr. med. Wolfgang Berner, Direktor des Instituts für Sexualforschung der Universität Hamburg und Vorsitzender der Deut-
schen Gesellschaft für Sexualforschung für die Mitarbeit im Bereich des nun neugeschaffenen Referates Sexualmedizin der DGPPN gewonnen werden. Der Arbeitsschwerpunkt von Herrn Prof. Berner liegt im Bereich sexueller Präferenzstörungen (Perversionen) und in der forensischen Sexualwissenschaft, während der Unterzeichner schwerpunktmäßig im Bereich sexueller Funktionsstörungen, unter besonderer Berücksichtigung der Komorbidität mit psychiatrischen Erkrankungen und daneben in der Begutachtung und Behandlung bei sexuellen Identitätsstörungen tätig ist. In dieser Arbeitsteilung und unter Mitwirkung interessierter Kolleginnen und Kollegen soll nun eine kontinuierliche Referatsarbeit aufgebaut werden. W. Weig
Transkulturelle Psychiatrie und Migration Das heutige Referat für Transkulturelle Psychiatrie und Migration wurde 1990 gegründet und von Prof. A. Boroffka als Referat „Psychiatrie in der Dritten Welt“ aufgebaut. Unter der Leitung von Prof. Machleidt wurden ab 1993 die Ziele des Referates neu formuliert und die Arbeit im Referat angesichts der immer größeren gesellschaftlichen und fachpsychiatrischen Herausforderungen einer sich formierenden Einwanderungsgesellschaft über viele Jahre innovativ migrationsspezifisch konzipiert und ausgestaltet. Die Jahreskongresse der DGPPN boten dafür ein willkommenes Forum, auf dem die immer zahlreicher werdenden MitarbeiterInnen im Referat im Rahmen der „DGPPN-Akademie für Fort-und Weiterbildung“ Workshops anboten, (Haupt-)Symposien zu Themen der Migration organisierten, Vorträge hielten, wissenschaftliche Arbeitsgrup-
pen bildeten und Netzwerke kultivierten. Dadurch gelang es zunehmend, den FachkollegInnen nicht nur die Bedeutung von Kulturkompetenz und Kultursensibilität für eine qualitativ bessere praktische Arbeit in Diagnostik, (Psycho-)Therapie und Versorgung von Migranten nahe zu bringen, sondern ihnen auch durch zahlreiche Veranstaltungen die notwendigen kulturspezifischen Fachkenntnisse zu vermitteln. Solche Angebote wurden auch in internationalen Kooperationen auf den Kongressen der WPA, AEP, WACP (World Association of Cultural Psychiatry) und Tagungen in Nachbarländern gemacht. Die MitarbeiterInnen des Referates kooperierten untereinander bei einer regen Publikationstätigkeit in den wiss. Fachzeitschriften und verschiedensten Lehrbüchern. Die Strategie der vergangenen Jahre, in wissenschaftlichen Projekten zu einer engeren Vernet-
Mitteilungen der DGPPN zung zu kommen, hat sich bewährt. Es zeigte sich, dass die wissenschaftliche Qualität der Projekte internationalen Standard angenommen hatte und die daraus resultierenden wissenschaftlichen Arbeiten besser publiziert werden konnten. Darüber hinaus konnten in wechselseitiger Zusammenarbeit hochrangige Projekte, die durch BMBF, DFG, Volkswagenstiftung, EU u.a. Förderinstitutionen finanziert wurden, realisiert werden. Diese trugen und tragen zur wissenschaftlichen Evaluation der Situation von Migranten in Deutschland, zu Fragen der Prävention und der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung/Versorgung (Behandlungseffektivität, Nachsorge, Zugangswege/-barrieren etc.) wesentlich bei. Wegen des weiter zunehmenden Interesses an der interkulturellen Psychiatrie/Psychotherapie bei den ärztlichen und psychologischen MitarbeiterInnen und den Sozialpädagogen sowie dem Krankenpflegepersonal soll der Schwerpunkt der Fort- und Weiterbildung intensiviert werden; die Materialien zur besseren interkulturellen Krankheitserkennung und Behandlung (Leitlinien zur interkulturellen
Diagnostik und Behandlung) für die Verbesserung der Fort- und Weiterbildung in den Ausbildungsinstitutionen sollen erarbeitet werden; ein Kongress zu Themen der „Interkulturellen Psychiatrie und Psychotherapie“ ist für das Frühjahr 2010 in Planung an der Charité (in Kooperation von Referat, Charité, MHH); die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Referaten für Transkulturelle Psychiatrie und Migration der Schweizer und Österreichischen Fachgesellschaften; eine engere Vernetzung und Kooperation der wiss. Arbeitsgruppen in den deutschsprachigen Ländern und mit internationalen Partnern benachbarter Länder, wie England, Holland, Skandinavien und Osteuropa. Das Referat für Transkulturelle Psychiatrie und Migration ist mit den oben konzipierten Arbeitsschwerpunkten und seiner kompetenten personellen Besetzung für die Arbeit in den kommenden zwei Jahren 2008/9 gut aufgestellt, um unserer Fachgesellschaft als ein kreativer und zukunftsweisender Impulsgeber dienen zu können. W. Machleidt, A. Heinz
Young Psychiatrists I. Visitationen:
Jede der 2008 durchgeführten DGPPN-Klinik-Visitationen nach UEMS-Standards wurde von einem Mitglied der Young Psychiatrists begleitet. Visitiert wurden: Weissenau Ravensburg, Universitätsklinikum Aachen, Oberhausen, FU Berlin, Klinikum Herzberge Berlin
II. Referate-Treffen 23.02.2008 III: Regional Meeting Mann heim am 19.04.2008 IV: Zusammenarbeit mit der EPA, Vertretung des Refe
rates auf dem AEP-Kongress in Nizza
Aktive Beteiligung: Iris T. Calliess, Kai Treichel, Jörg Nikitopoulos, Sonja Gerber, Thomas G. Schulze Mitglieder des Young Psychiatrists Committees der EPA (ehemals AEP): Iris T. Calliess (chair), Kai Treichel (co-chair)
V: Jahrestreffen der EFPT (European Federation of all Psychiatric Trainees), 25.28.06.2008
Delegierte aus Deutschland: Jörg Nikitopoulos, Sonja Gerber Dr. Nikitopoulos wurde zum Treasurer gewählt
VI. Referate-Treffen 30.31.08.2008 VII. Facharztrepetitorium 24.28.09.2008 Berlin:
Vorstellung des Referates „Young Psychiatrists“ bei den Teilnehmern Aktualisierung von Projekten und Übersicht zu den Aktivitäten Regelmäßige Präsenz bei gemeinsamen Aktivitäten während des Repetitoriums wird angestrebt
VIII. Zusammenarbeit mit der WPA, WAYPT, XIII. World Con gress of Psychiatry, Septem ber Prag
Calliess IT, Treichel K. The Young Psychiatrists’ Program of the Association of European Psychiatrists (AEP) – an innovative tool for professional development.
Calliess IT. Networks of Young Psychiatrists – Trends, Developments and Challenges. Dt. Delegierter zum WPA-Young Psychiatrists Council: Iris Calliess
IX. DGPPN-Kongress, Berlin: YPP
1. Hauptsymposium Rahmenbedingungen psychiatrischer Tätigkeiten in Deutschland 2. Hauptsymposium „frischer Facharzt – was nun?“ 3. Diskussionsforum PJ-Spezial „Psychiater werden?! Ick glob, ick spinne!“ 4. Workshop für Berufsanfänger 5. Meet the Experts Classic 6. Im Brennpunkt: Therapieverfahren 7. Social Event 8. Klinik- / Praxisbörse 9. Evaluation des YPP I. Calliess, S. Gerber
Homepage der DGPPN Ergebnisse und Kommentare von Prof. Dr. J. Fritze/Pulheim zum Arzneiverordnungsreport 2008 (Arzneiverordnungsreport 2008, Schwabe U, Paffrath D (Hrsg) Springer Verlag, Berlin-Heidelberg) können Sie nachlesen auf der Homepage der DGPPN unter http:// www.dgppn.de/de_stellungnahmen-2009_207.html. An derselben Stelle finden Sie die Stellungnahme der DGPPN: Zielgruppenspezifische psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung und zusätzlichen psychischen Störungen – Situation, Bedarf und Entwick lungsperspektiven.
Begutachtungsstandards bei posttraumatischer Belas tungsstörung Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Im Jahr 1980 wurde mit der 2008). Abzugrenzen ist die PTBS „posttraumatic stress disorder“ auch von komplexen posttrau(PTSD) eine neue diagnostische matischen Belastungsstörungen, Kategorie in die DSM III einge- für die eine Überschneidung mit führt, deren Besonderheit im der Borderline-PersönlichkeitsVergleich zu allen anderen Stö- störung diskutiert wird (Driesrungen darin besteht, dass eine sen et al. 2002). spezifische und bekannte UrsaAuch im Kontext von psychche, nämlich ein traumatisches iatrischen und psychologischen Erlebnis unabdingbare Voraus- Begutachtungen gewinnt die setzung für diese Diagnose ist. Diagnose einer PTBS eine zuIn der ICD 10 wird dieses Syn- nehmende Bedeutung. Die gutdrom als posttraumatische Belas- achterliche Auseinandersetzung tungsstörung (PTBS) bezeich- mit der Diagnose einer PTBS net (Dreßing und Berger 1991, ist z.B. in Entschädigungs- und Frommberger et al. 2009). Haftpflichtverfahren, bei soziWährend in der ursprüng- alrechtlichen Begutachtun-gen, lichen Syndrombeschreibung aber auch bei Begutachtungen in noch eine enge Definition des asyl- und ausländerrechtlichen Traumas enthalten war, erfolgte Verfahren von Bedeutung. Dem im DSM IV eine Ausweitung Gutachter kommt bei solchen des Traumabegriffs. Für die Re- Untersuchungen eine sehr hohe vision der DSM wird nun sogar Verantwortung sowohl gegendas Miterleben entfernter Situa- über dem Probanden als auch tionen (z.B. Fernsehbilder vom gegenüber möglichen KostenAnschlag auf das World Tra- trägern zu (Dreßing und Meyerde Center) als mögliche hinrei- Lindenberg 2008). chende traumatische Situation Die DGPPN sieht diese Entfür die Auslösung einer PTBS wicklung im Bereich der Begutdiskutiert (Elhai et al. 2005), was achtung posttraumatischer Stöaus Sicht der Deutschen Gesell- rungen mit den in letzter Zeit zuschaft für Psychiatrie, Psycho- nehmenden Irritationen sowohl therapie und Nervenheilkunde seitens der beauftragenden Ge(DGPPN) sehr kritisch zu sehen richte und Behörden, aber auch ist (North et al. 2009). seitens der potentiellen KostenDie als problematisch ein- träger mit Sorge. Mit der vorliezuschätzende, inflationäre Aus- genden Stellungnahme der Fachweitung des Traumabegriffs, die gesellschaft sollen im Folgenden auch mancherorts in der kli- einige Problemfelder skizziert nischen Praxis in Deutschland und adäquate Handlungsanleibeobachtbar ist, führt zu einer tungen vorgestellt werden. unkritischen PTBS Diagnostik. In einer deutschen epidemiolo- Qualifikation des gischen Studie fand sich eine al- Gutachters tersabhängige Einmonats-Prävalenz von 2,3% für das Vollbild der Es gibt zunehmend kommerziPTBS und von 2,7% für partielle elle Angebote selbst ernannter PTBS Syndrome (Maercker et al. Spezialgutachter, die vorgeben,
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dass für die Begutachtung psychotraumatischer Störungen die Absolvierung eines Ausbildungscurriculums in Psychotraumatologie oder einer speziellen Ausbildung in Psychotraumatherapie erforderlich sei. Solchen Behauptungen und Forderungen sind aus Sicht der wissenschaftlichen Fachgesellschaft entschieden zu widersprechen. Es gibt ja auch aus gutem Grund keine speziellen Curricula und „Spezialgutachter“ für die Feststellung der Schuldunfähigkeit bei schizophrenen Psychosen oder der Geschäftsunfähigkeit bei Demenz. Im Rahmen ihrer Qualitätssicherungsmassnahmen war die DGPPN bereits vor vielen Jahren Begründer einer Zertifizierung im Bereich der Forensischen Psychiatrie, die von den Ärztekammern als Schwerpunkt „Forensische Psychiatrie“ weiter entwickelt wurde. Voraussetzung für eine sachgerechte Begutachtung psychotraumatischer Störungen ist eine gründliche psychiatrisch-psychotherapeutische Ausbildung, in der die Befähigung erworben wird, einen umfassenden psychopathologischen Befund zu erstellen. Dies umfasst dann auch die korrekte Diagnose einer gegebenenfalls vorhandenen PTBS. Auch sollte der Gutachter den aktuellen wissenschaftlichen Diskussionsstand in der Psychotraumatologie kennen, damit er die Befunde auf dem aktuellen wissenschaftlichen Hintergrund einordnen kann. Dazu bedarf es aber nicht einer ausführlichen speziellen psychotraumatologischen Weiterbildung. Die gutachterliche Umsetzung dieser psychiatrischen Diagnose in die jeweiligen rechtlichen Rahmen-bedingungen erfordert bei komplexeren Fragestellungen zusätzliche Qualifikation, die allerdings nicht in Spezialseminaren zur Psychotraumatologie erworben werden, sondern z.B. in den beschriebenen, von der DGPPN zertifizierten Weiterbildung zur „Forensischen Psychiatrie“ oder zu der von den Ärzte-kammern vergebenen
Schwerpunktbezeichnung „Forensische Psychiatrie“. Wesentliche Aspekte, die auch bei der Begutachtung der PTBS bedeutsam sind, stellen z.B. Fragen der Beweisanforderung, der unterschiedlichen Kausalitätslehren und der Quantifizierung einer Symptomatik dar, die im Ausbildungscurriculum der DGPPN explizit gelehrt werden. Der kompetenteste Ansprechpartner für Gutachten im Kontext psychotraumatischer Störungen ist also der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Simulation – Aggravation – Vorgetäuschte Störung Simulation und Aggravationstendenzen sind bei jeder Begutachtung differentialdiagnostisch zu bedenken. Es gehört aber zu jeder Grundausbildung des psychiatrischen Gutachters, dass er eine Beschwerdeschilderung eines Probanden nicht unkritisch in eine psychiatrische Diagnose übersetzt, sondern zunächst einen umfassenden psychopathologischen Befund erstellt. Damit bewertet und übersetzt er die berichteten und beobachteten Phänomene in die psychopathologischen Begriffe. Insbesondere bei der Begutachtung der PTBS wird von Seiten der Kostenträger und einiger als Parteigutachter auftretender Beratungsärzte die Simulationsproblematik in den Vordergrund gestellt. In deren Argumentation wird dann angeführt, dass es sich bei den PTBS Symptomen nur um subjektive Angaben der Probanden handle, die vom Gutachter zu objektivieren seien. Verwiesen wird dann gerne auch noch auf nordamerikanische Studien, in denen die Häufigkeiten einer PTBS-Simulation in Begutachtungssituationen mit 20-30 % angegeben werden (Lees-Haley 1997, Frueh et al. 2000). Grundsätzlich ist zur Simulationsproblematik bei der PTBS auszuführen, dass diese ebenso wie andere psychiatrische Störungen in der Begutachtungssituation simuliert oder aggraviert
Mitteilungen der DGPPN werden kann, und es Aufgabe des Gutachters ist, diesen Aspekt zu berücksichtigen. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass eine PTBS bei Begutachtungen häufiger simuliert oder aggraviert wird als andere Störungen. Dass die Simulationsproblematik gerade bei der PTBS aber eine so herausgehobene Bedeutung hat, dürfte darin begründet sein, dass in den USA die Rate der zu entschädigenden Probanden aufgrund des hohen Anteils von Kriegsveteranen wesentlich höher ist als in europäischen Ländern und auch die Rechtssysteme völlig unterschiedlich sind. Insofern dürfen die berichteten Simulationsraten bei PTBS aus nordamerikanischen Studien in keinster Weise unkritisch auf Europa und insbesondere nicht auf Deutschland übertragen werden. Hinzu kommt, dass in den zitierten nordamerikanischen Studien nicht zwischen Simulation, Aggravation und falscher Kausalattribution tatsächlich vorhandener, aber nicht traumatisch bedingter psychischer Be-schwerden unterschieden wurde (Taylor et al. 2007). Insofern sind an die Standards der Aggravations- und Simulationsdiagnostik bei der PTBS grundsätzlich keine anderen Maßstäbe anzulegen als sie für die Begutachtung jeder anderen psychischen Störung gelten. Die Beurteilung einer simulierten Symptomatik stellt an den Gutachter höchste Anforderungen im Hinblick auf fachliches Wissen und Technik der Gesprächsführung. Notwendig ist eine ergebnisoffene Untersuchung; eine direkte Äußerung von Misstrauen in die Echtheit der geäußerten Symptomatik ist für die Untersuchungsatmosphäre kontraproduktiv und kann in dem Probanden das Bestreben verstärken, seine Symptomatik in noch drastischerer Form darzustellen (Resnik 1995). Es ist also immer zu bedenken, dass auch in einer Begutachtungssituation Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse stattfinden
und der Gutachtenbefund nicht ne „Objektivierung“ der PTBS licherweise eher schädlich, da eiunabhängig vom Kommunikati- Symptomatik durch den grund- ne umfassende Kenntnis des geonsstil des Gutachters ist. sätzlichen Einsatz solcher Ver- samten psychiatrisch-psychotheGleichzeitig muss der Gut- fahren ist bei der PTBS- Begut- rapeutischen Fachgebietes erforachter aber in der Lage sein, die achtung weder möglich noch derlich ist. Insbesondere muss vorhandenen Untersuchungsme- sinnvoll. mancherorts erkennbaren Tenthoden bei einem Verdacht auf denzen, das Trauma zwar einSimulation professionell anzu- Instrumentalisierung des fühlsam zu explorieren, dabei wenden. Dabei gibt es allgemein Gutachters in asyl- und aber die rechtlichen Rahmenbezu beachtende Techniken der Si- ausländerrechtlichen Be dingungen nicht hinreichend zu mulationsdiagnostik, die nicht gutachtungen beachten, entschieden entgegen spezifisch für die PTBS entwigetreten werden. ckelt wurden (Cima et al. 2003, Gutachten in asyl- und auslänMerten 2007) sowie ein spezielles derrechtlichen Verfahren kön- Einsatz von Selbst- und Wissen über typische Besonder- nen häufig als ein Sonderfall der Fremdbeurteilungsins heiten einer simulierten Symp- PTBS- Begutachtung angesehen trumenten zur Objektivie tomatik bei der PTBS (Dreßing werden, wobei eine besondere rung und Meyer-Lindenberg 2008). Problematik in diesem Kontext Der Einsatz zusätzlicher test- darin liegt, dass zumindest im- In Forschungsarbeiten zur PTBS psychologischer Verfahren zur Si- plizit an den Gutachter oft die gelten Fremdbeurteilungsinstrumulationsdiagnostik ist nicht als grundsätzliche Frage mitgestellt mente gelegentlich als der beste Standard in der Begutachtung ei- wird, ob der zu begutachtende Weg, eine PTBS zu diagnostiziener PTBS zu fordern, kann in be- Proband denn überhaupt einer ren. Instrumente wie CAPS (“Cligründeten Einzelfällen aber hilf- Verfolgung oder Traumatisierung nician Administered PTSD Scareiche Zusatzinformationen lie- im Heimatland ausgesetzt gewe- le“ zur Testung der PTBS) oder fern. So können etablierte Intel- sen ist. Auftraggebende Behör- SCID (strukturiertes klinisches ligenz- und Persönlichkeitstests den oder Richter verbinden mit Interview für DSM-IV: Testung weitere Hinweise auf das Vorlie- dem Gutachtenauftrag also oft aller psychischer Erkrankungen gen von Simulation ergeben. In die Vorstellung, mit den Metho- inklusive einer PTBS und komorkognitiven Leistungstests kann den der klinisch-psychiatrischen bider Störungen) wurden in aufbei Simulanten eine Tendenz auf- Untersuchung zu erfahren, was wändigen Untersuchungen testfallen, Antworten zu geben, die sich denn „wirklich“ zugetragen psychologisch validiert mit weknapp neben der richtigen Ant- hat. Es ist diesbezüglich aus Sicht nigstens zufriedenstellenden Güwort liegen, oder sie erbringen in der wissenschaftlichen Fach- tekriterien. Bei ihrer Anwendung Unkenntnis ähnlicher Testkons- gesellschaft festzustellen, dass muss der Untersucher neben den trukte bei gleichartigem Anfor- auch nicht über die „Hintertür“ strukturierten Fragen die einzelderungsprofil in unterschied- der Diagnose einer posttrauma- nen Fragen auch nach seinem klilichen Tests sehr diskrepante Er- tischen Belastungsstörung eine nischen Urteil bewerten. gebnisse (Schretlen 1988). Eben- Traumatisierung im Heimatland Da während des strukturierso können Validitätsskalen in des Probanden zu beweisen oder ten Interviews detailliert das Persönlichkeitstests wie z.B. dem auszuschließen ist. Vor solchen traumatische Ereignis und die MMPI als eine Informationsquel- intellektuellen Zirkelschlüssen nachfolgende Symptomatik exle bei der Simulationsdiagnos- ist bei entsprechenden Gutach- ploriert werden, können die psytik benutzt wer-den (Berry et al. tenanfragen zu warnen (Dreß- chophysiologischen Reaktionen 1991) oder der ins deutsche über- ing und Foerster 2008). Sofern bei Schilderung der Erlebnisse setzte Selbsteinschätzungsfra- es um die allgemeine oder spe- sichtbar werden. Selbstbeurteigebogen simulierter Symptome zielle Glaubhaftigkeit von Aussa- lungsskalen bilden lediglich die (Smith und Burger, 1997, Cima gen geht, sind die für solche Gut- subjektive Wirklichkeit und das et al. 2003). Es muss betont wer- achtenfragen entwickelten Me- Verständnis des Probanden von den, dass eine eindeutige Unter- thoden anzuwenden. Im Hin- den jeweiligen Fragen ab. Sie sind scheidung von Simulanten und blick auf das von einer Projekt- damit Abbilder von Beschwertatsächlich Betroffenen auch mit gruppe „Standards der Begut- den, aber noch keine objektiven solchen Skalen nicht möglich ist achtung psychotraumatisierter Befunde und für eine gutachter(McCaffrey und Bellamy-Camp- Menschen“ vorgeschlagene Wei- liche Diagnosestellung untaugbell 1989, Perconte und Gorecz- terbildungscurriculum (Gier- lich. Widersprüche in den Skalen ny 1990). lichs et al. 2002) gelten die glei- und im psychopathologischen Solche für die Simulationsdi- chen Überlegungen, wie sie oben Befund können auf Aggravation agnostik eingesetzte Verfahren bereits formuliert sind: Ein „Spe- oder Simulation hinweisen. sind im Einzelfall also immer zialgutachter“ für asyl- und ausAus Sicht der DGPPN darf in einer kritischen, klinischen länderrechtliche Fragestellungen der gelegentlich hilfreiche EinGesamtschau zu bewerten. Ei- ist keineswegs notwendig, mög- satz dieser FremdbeurteilungsDer Nervenarzt 11 · 2009
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instrumente nicht dazu führen, dass eine psychiatrische Diagnose das Ergebnis des Ausfüllens eines Fragebogens wird.
Fazit: FKompetenter Ansprechpartner für Gerichte und Behörden bei der Begutachtung einer posttraumatischen Belastungsstörung ist der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der in Psychotraumatologie auf den aktuellen Stand der Forschung weitergebildet ist. Bei besonders schwierigen und komplexeren rechtlichen Fragestellungen kann eine zusätzliche Weiterbildung im Schwerpunkt „Forensische Psychiatrie“ oder die Zertifizierung in Forensischer Psychiatrie seitens der Fachgesellschaft DGPPN hilfreich sein. FEs gibt keine Hinweise dafür, dass Simulation und Aggravation bei der Begutachtung einer PTBS häufiger auftreten als bei anderen psychischen Störungen. Insofern gelten für die Begutachtung einer PTBS die gleichen Standards wie bei anderen psychischen Störungen. Eine „Objektivierung“ der PTBS Symptomatik durch den grundsätzlichen Einsatz von Simulationstests ist bei der PTBS-Begutachtung weder möglich noch sinnvoll. Diagnose und forensisch-psychiatrische Schlussfolgerung kann durch Fremdbeurteilungsverfahren untermauert werden. Eine Täuschung wird dadurch nicht ausgeschlossen, ihre Wahrscheinlichkeit jedoch verringert. FAussagepsychologische Methoden, wie sie in Glaubhaftigkeitsgutachten angewandt werden, unterscheiden sich grundlegend vom klinisch-diagnostischen Vorgehen. Die besonders bei asyl- und aus-länderrechtlichen Verfahren bestehende Gefahr einer Vermischung eines aussagepsychologischen mit einem klinisch-diagnostischen Ansatz führt zu un-
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sicheren, spekulativen Resultaten und ist abzulehnen.
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Die Stellungnahme der DGPPN zu Begutachtungsstandards bei posttraumatischer Belastungsstörung finden Sie auch zum Download unter www.dgppn.de. Autoren der DGPPN-Stellungnahme: Harald Dressing (Mannheim), Ulrich Frommberger (Offenburg), Harald Freyberger (Stralsund), Klaus Foerster (Tübingen), Michael Grözinger (Aachen) und Frank Schneider (Aachen)
Gutachten „Koordination und Integration – Gesundheitsver sorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens“ (Sonder gutachten 2009) des Sachver ständigenrats zur Begutach tung der Entwicklung im Ge sundheitswesen vom 30.6.2009 Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen nimmt in seinem umfangreichen, 904 Seiten umfassenden Gutachten zur „generationenspezifischen Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens“,
das im November 2007 von der Bundesgesundheitsministerin in Auftrag gegeben worden war, eine detaillierte Analyse der alterspezifischen Gesundheitsversorgung in Deutschland vor und leitet daraus umfassende Empfehlungen ab. Auch und gerade zur
Mitteilungen der DGPPN (psycho-)pharmakologischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen sowie von älteren Menschen wird sehr detailliert Stellung genommen. Breiten Raum widmet das Sachverständigengutachten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Hinsichtlich deren Pharmakotherapie wird die Frage diskutiert, „ob der exponentielle Anstieg der Verordnungsmengen der bei ADHS verschriebenen Präparate als Ausgleich einer vorher bestandenen Unterversorgung interpretiert werden muss, oder eine Über- bzw. Fehlversorgung darstellt, […]“. Dies hat auch Auswirkungen auf die Therapie erwachsener Patienten mit ADHS. In den letzten 20 Jahren hat die Verordnung des in erster Linie bei ADHS zur Anwendung kommenden Methylphenidat um den Faktor 65 zugenommen (Glaeske et al., 2009). Die Gutachter rechnen vor, dass bei etwa 600.000 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 5 und 19 Jahren mit der Diagnose ADHS dennoch immer noch weniger als die Hälfte der Betroffenen medikamentös behandelt werden. Nach unserer Sicht ist die Behandlung von Erwachsenen mit ADHS noch desolater. Obwohl die Therapie mit Stimulanzien hochwirksam ist und jeder anderen Intervention zumindest kurz- bis mittelfristig überlegen zu sein scheint (MTA Cooperative Group, 1999), kommen sie zu dem Schluss, dass die „Möglichkeiten der primären Prävention genutzt werden […] [sollten], um eine frühe und oftmals vorschnelle Medikalisierung und Stigmatisierung von Kindern als ADHS-Kranke vermeiden zu helfen.“ Mädchen seien „wegen der geringer auftretenden Hyperaktivität und der damit verbundenen geringeren Störwirkungen auf das soziale Umfeld möglicherweise unterversorgt, allerdings auch vor all zu schneller Medikalisierung geschützt“[Hervorhebung durch die Autoren des Kommen-
tars]“. Die Gutachter raten zur „Begrenzung der Verordnungen durch strikte Auflagen […] (Genehmigung durch die Arzneimittelbehörde, Erlaubnis zur Verordnung mit einjähriger Gültigkeit). Ein Zweitmeinungsverfahren (nach § 73 d SGB V)), in das immer Experten aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingebunden wären, könnte auch in Deutschland die Rationalität der medikamentösen Therapie fördern.“ Obwohl das Sachverständigengutachten konstatiert, dass lediglich 30-40% der von einem ADHS betroffenen Kinder und Jugendlichen eine medikamentöse Therapie erhält, deren Wirksamkeit bei der Störung über jeden Zweifel erhaben ist, und obwohl es kaum Daten gibt, die auf die Irrationalität der medikamentösen Therapie des ADHS in Deutschland hindeuten würden, schlagen die Gutachter rigide Maßnahmen zum Schutze der betroffenen Patientinnen und Patienten vor, die bei Einführung dazu führen würden, dass vielen Betroffenen eine hochwirksame Pharmakotherapie vorenthalten würde, ohne dass ähnlich wirksame und gut verträgliche Alternativen zur Verfügung stehen. Diese Schlussfolgerung legt das Beispiel der opiathaltigen Analgetika nahe (Deandrea et al., 2008). Hier ist zu fragen, warum nicht auch Maßnahmen vorgeschlagen werden, um Kinder und Jugendliche sowie natürlich auch Erwachsene mit chronischen somatischen Erkrankungen (die auch Gegenstand des Sachverständigengutachtens sind) vor einer irrationalen Medikalisierung zu schützen. Hier drückt sich ein einseitiges, durch vielerlei Vorurteile belastetes, Verständnis von psychischer Störung aus, das, wollte man ihm folgen, zur Unter- und Fehlversorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen führen würde. Rational wäre, statt neuer bürokratischer Hürden öffentlich transparente Qualitätsindikatoren zu fordern. Dafür wür-
den auch die Hinweise sprechen, dass ADHS auffallend ungleichmäßig diagnostiziert und behandelt wird: Im Nordbaden-Projekt (Schlander 2007) ergab sich für das Jahr 2003 eine auffällige Konzentration der Behandlung, die schwer mit einer gleichmäßigen, bedarfsgerechten (§ 70 SGB V) Versorgung vereinbar ist: 25% der Kinderärzte behandelten 79% aller von Kinderärzten gesehenen ADHS-Patienten, in der Gruppe der Kinder- und Jugendpsychiater betreuten 40% der Ärzte 86 % aller von dieser Arztgruppe gesehenen ADHSPatienten, während 20 % dieser Ärzte keine einzige ADHS-Diagnose berichteten. Als Qualitäts indikator könnten schon Routinedaten helfen: Die den monatlichen Berichten des GKV-Arzneimittel-Schnellinformationssystems (GAmSi) des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WidO) zurgrunde liegenden Verordnungsdaten haben regionalen Bezug (auf jede Kassenärztliche Vereinigung). Bisher berichtet WidO nur über die jeweils 30 umsatzstärksten Fertigarzneimittel und ansonsten nur aggregiert auf Ebene von Indikationsgruppen. Ohne besonderen Zusatzaufwand könnte die regionale Verordnung von Methylphenidat gesondert präsentiert werden. Alternativ könnte die Bundesopiumstelle (beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM), der eine Kopie jedes Btm-Rezeptes zugeht, die Verordnungen mit regionalem Bezug berichten. Bei älteren Menschen warnen die Autoren des Gutachtens generell vor der Gabe von Psychopharmaka (v.a. „Benzodiazepinhaltigen Schlaf- und Beruhigungsmitteln und Neuroleptika“), da eine große Anzahl dieser Substanzen „die kognitiven Fähigkeiten weiter verschlechtert oder ältere Menschen in große Gefahren bringen kann“. Die „leichtfertige Verordnung von ruhigstellenden Mitteln bei älteren Menschen, insbesondere aber bei Menschen mit Demenz, [sei] keine akzeptable Stra-
tegie, um eine zu geringe Anzahl an pflegerischem oder betreuendem Personal auszugleichen.“ Die Autoren führen weiter aus, dass insbesondere „die Verordnung von Neuroleptika bei Patienten mit Demenz […] äußerst kritisch zu beurteilen [sei], da die Sterblichkeit bei der Anwendung dieser starken Beruhigungsmittel erhöht ist.“ Sie kommen zu der Schlussfolgerung, dass „auf einen restriktiven Umgang mit diesen Mitteln geachtet werden [müsse], eine kurzfristige Anwendung ist nur noch dann vertretbar, wenn ansonsten nicht beherrschbare Gefährdungen des Patienten selbst oder seiner Umgebung auf-treten könnten.“ Seit 2002 zum ersten Mal über eine erhöhte Inzidenz von zerebrovaskulären Ereig-nissen bei Patienten, die im Rahmen von Demenz-Studien mit Risperidon behandelt worden waren, berichtet wurde (Wooltorton, 2002), wurden zahlreiche Studien vorgelegt, die diesen Zusammenhang bestätigt haben. So sind die Zunahme von kardio- und zerebrovaskulären Ereignissen sowie auch der Mortalität bei älteren Patienten, die mit Antipsychotika behandelt werden, belegt (z.B. Ballard et al., 2009; Douglas et al., 2008; Ray et al., 2009). Die DGPPN hat hierauf in mehreren Stellungnahmen hingewiesen. Dabei sind Patienten mit Demenzen, die Antipsychotika erhalten, offenbar erheblich stärker gefährdet als Patienten, die keine demenzielle Erkrankung aufweisen (Douglas et al., 2008). Das Risiko eines vaskulären Ereignisses unter antipsychotischer Behandlung steigt mit ansteigender Dosis des Antipsychotikums (Ray et al., 2009). Ob unter Antipsychotika der zweiten Generation das Risiko stärker erhöht ist als unter Substanzen der ersten Generation, ist nicht entschieden (Douglas et al., 2008; Ray et al., 2009). Antipsychotika sind bei Patienten mit Alzheimer-Demenz, die wegen psychotischer Symptome, Aggression oder Agitiertheit ein Antipsychotikum erhalten, zwar signifikant wirksamer Der Nervenarzt 11 · 2009
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als Placebo, ihr Einsatz wird aber durch eine sehr hohe Rate von Nebenwirkungen belastet, die in dieser Patientengruppe trotz sehr niedriger Dosierungen besonders häufig zum Therapieabbruch führen (Schneider et al., 2006). Grundsätzlich ist auf der Grundlage dieser Daten dem Sachverständigenrat zuzustimmen, dass bei der Gabe von Antipsychotika bei älteren Menschen Nutzen und Risiko besonders sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen, insbesondere dann, wenn diese unter einer Demenz leiden. Die Indikation ist hier besonders streng zu stellen. Allerdings ist der Etikettierung von Antipsychotika als „ruhigstellende Mittel“ oder „starke Beruhigungsmittel“ zu widersprechen. Diese wird der Tatsache nicht gerecht, dass es sich hier primär gerade nicht um „Beruhigungsmittel“, sondern um Substanzen handelt, die wesentlich gegen psychotische Symptome wirken. Die Beschränkung der Anwendung auf Patienten, bei denen anders „nicht beherrschbare Gefährdungen des Patienten selbst oder seiner Umgebung auftreten“, übersieht, dass von psychotischen Symptomen ein ganz erheblicher Leidensdruck ausgeht, der eben nicht nur für Angehörige und Betreuer, sondern auch für die betroffenen Patienten eine schwerwiegende und oft nicht akzeptable Einschränkung der Lebensqualität bedeutet. Die Empfehlung der Gutachter, die (kurzfristige) Gabe von Antipsychotika auf Situationen mit Eigen- oder Fremdgefährdung zu beschränken, reduziert psychotische Symptome leider auf Störungen der Befindlichkeit und des Verhaltens, der dem individuellen Leiden in vielen Fällen nicht gerecht werden wird. Daneben ist zu beachten, dass gerade für die Langzeittherapie und die Rezidivprophylaxe diese Medikamentengruppe relevant und zugelassen ist. Gleiches gilt für die Anwendung von Benzodiazepinen. Hier warnen die Gutachter prinzipiell
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vor der Anwendung dieser Substanzen bei älteren Menschen, weil diese „gerade zu Beginn einer Behandlungsphase das Frakturrisiko als Folge von Gangunsicherheit, Einschränkung der Aufmerksamkeit und Gangsicherheit“ erhöhten, und zwar unabhängig von der Halbwertszeit der Substanz. Das Risiko steigt dosis abhängig an, wobei auch schon relativ niedrige BenzodiazepinDosierungen als problematisch gelten müssen. Auch diese Zusammenhänge müssen als belegt gelten (Cumming und Le Couteur, 2003; Wang et al., 2001a). Bei der Verordnung von Benzodiazepinen an ältere Menschen sollte man sich dieser Risiken bewusst sein und sorgfältig gegen die erwünschten Wirkungen abwägen. Wenn lediglich die hypnotische Wirkung der Substanz gewünscht ist, reduziert auch die Verordnung von Zolpidem das Sturz- und Frakturrisiko wahrscheinlich nicht (Wang et al., 2001b). Die grundsätzliche Ablehnung dieser Substanzgruppe bei älteren Menschen wegen ihrer „ruhigstellenden Wirkungen“ erscheint dennoch unangemessen. Benzodiazepine haben anxiolytische Wirkungen, die - insbesondere akut – von keiner anderen Substanzgruppe erreicht werden. Vielen älteren Menschen mit depressiven Störungen und Angsterkrankungen bleibt akut - und zum Teil auch langfristig - durch die Gabe von Benzodiazepinen erhebliches Leiden erspart. Die Empfehlung, auf diese Substanzen im Alter mit Hinweis auf die mit ihrer Verordnung verbundenen Risiken gänzlich zu verzichten, ist nur vor dem Hintergrund verstehbar, dass psychischen Störungen von den Gutachtern der Rang von schwerwiegenden Erkrankungen, die mit erheblichem Leiden und völligem Verlust der Lebensqualität einhergehen können, abgesprochen wird. In vielen somatischen Fächern würde die praktisch vollständige Ablehnung ganzer Substanzklassen mit Hinweis auf Behandlungsrisiken als inakzeptabel abgelehnt.
Zusammenfassend kann dem Sachverständigenrat dafür gedankt werden, dass er sich in seinem umfangreichen Gutachten weitgehend kompetent und detailreich mit spezifischen Fragen der psychiatrischen Pharmakotherapie in unterschiedlichen Altersgruppen auseinandersetzt. Im jüngeren wie höheren Alter müssen Risiken der Therapie sorgfältig gegen ihren potenziellen Nutzen abgewogen werden, insbesondere bei älteren Patienten bezüglich der längerfristigen Therapie mit Antipsychotika und Benzodiazepinen. Die starke Akzentuierung der Warnung vor den Risiken der Pharmakotherapie bis hin zur Empfehlung, auf ganze Substanzgruppen völlig zu verzichten, spiegelt jedoch lediglich in der Bevölkerung verbreitete Vorurteile wider, die in einer Psychopharmakotherapie oftmals und irrtümlich lediglich eine „Ruhigstellung“ sehen und psychischen Störungen den Rang von behandlungsbedürftigen Erkrankungen absprechen. Eine solche Haltung fördert die Stigmatisierung psychisch Kranker und behindert eine rationale Pharmakotherapie dieser Erkrankungen.
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Gerd Gründer (Aachen), Jürgen Fritze (Pulheim) und Frank Schneider (Aachen)