Abstracts Monatsschr Kinderheilkd 2009 · 157:1061–1074 DOI 10.1007/s00112-009-2077-8 © Springer Medizin Verlag 2009
74. Wissenschaftliche Halbjahres tagung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) 20. /21. November 2009 in Frankfurt a. M. Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. T. Klingebiel
Häufige Beeinträchtigung neurokognitiver Funktionen bei Hirntumorpatienten – ausgewählte Beispiele Andreas Wiener Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Münster Kinder oder Jugendliche, die an einem Hirntumor erkranken, müssen sich in vielen Fällen einer intensiven Therapie unterziehen. Entsprechende Therapiekonzepte können neben einem chirurgischen Eingriff die Durchführung einer Chemo- und oder Strahlentherapie umfassen. Neben dem Tumor selbst vermag jede einzelne dieser Behandlungsbausteine zu Beeinträchtigung essentieller neurokognitiver Funktionen führen. Abhängig von Faktoren wie z.B. der Lokalisation des Tumors, des Alters bei Erkrankung und der Art und Intensität der Therapie können neben Störungen intellektueller Leistungen, von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen auch Verhaltensänderungen auftreten. Ausgehend von Studien zu Spätfolgen bei Hirntumorpatienten werden häufig beobachtbare neurokognitive Einschränkungen im Überblick vorgestellt und anhand von Fallbeispielen veranschaulicht. Versorgung und Betreuung von Patienten mit Hirntumoren – Fallbei spiele – Kirch M., Wiszniewsky G. (Bonn) Hintergrund: Die Tumoren des zentralen Nervensystems sind mit ca. 20 % aller Krebserkrankungen im Kindesalter die größte Gruppe unter den soliden Tumoren. Für Deutschland bedeutet das ca. 380 neu erkrankte Kinder und Jugendliche mit Hirntumoren im Jahr. Die Chancen auf Heilung haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert, dennoch beeinträchtigt die Erkrankung und Therapie die Lebensqualität oft in erheblichem Maße. Inhalt: Neben den häufig beschriebenen Erstsymptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Nüchternerbrechen, Sehstörungen, können Beeinträchtigungen wie z.B. Sprachstörungen, Schluckbeschwerden, Sensibilitätsstörungen, Gehstörungen und Wesensveränderungen hinzukommen oder sich postoperativ verschlimmern. Die Überweisung auf die pädiatrisch-onkologische Station erfolgt meist nach der Operation. Sind durch Erkrankung oder Operation Beeinträch-
tigungen aufgetreten, verändern sich auch die Anforderungen an die Betreuung der Patienten. Dies betrifft sowohl das Monitoring, als auch die pflegerische Versorgung. Pflegeziele müssen genau definiert werden und Pflegemaßnahmen entsprechend der veränderten Situation angepasst werden. Externe Drainagen, Shunts erfordern besondere pflegerische Versorgung. Einige Patienten sind langzeitbettlägerig und benötigen ständiger Unterstützung. Die Mobilisation wird zwar von den Krankengymnasten eingeleitet, muss aber auf Grund der Häufigkeit auch durch das Pflegepersonal mit übernommen werden. Die Kommunikation ist oft erschwert und beeinflusst die Compliance der Patienten. Fazit: Die Betreuung von Patienten mit Hirntumoren ist sehr zeitintensiv und individuell an die Situation anzupassen. Eine kompetente Betreuung von Patienten mit Hirntumoren und deren Angehörigen ist nur im multiprofessionellen Team möglich. Einführung in das Konzept des neuropsychologischen Basisdiagnosti kums HIT und kurze Demonstration H. Ottensmeier1 , S. Rutkowski2 1 Universitätskinderklinik Würzburg 2 Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Die Durchführung neuropsychologischer Tests bei Kindern mit Erfassung sozialer und mentaler Defizite ist notwendig, um therapieassoziierte Spätschäden der Lebensqualität festzustellen, risikoadaptierte Therapiestrategien zu entwickeln, eine effiziente Förderung der Kinder sicherzustellen und eine angemessene Beratung der Eltern durchführen zu können. Durch die Verwendung der Cattell-Horn-Caroll (CHC) Theorie der Intelligenz ist es möglich, eine theorieorientierte Diagnostik durchzuführen, die zeitökonomisch jeweils einen Untertest für die Messung eines wesentlichen Faktors der CHC-Theorie verwendet. Die aus Würzburg durchgeführten neuropsychologischen Begleituntersuchungen aller erkrankten Kinder unter 3/4 Jahren mit Hirntumoren (HIT‘87/‘92/‘2000) verwendete bereits seit 1996 diese an einer Intelligenztheorie orientierte Diagnostik*. Eine derartige Operationalisierung ermöglicht die präzise Messung wesentlicher Leistungsbereiche wie: ‚fluide Intelligenz‘, ‚Sprachverständnis‘, ‚visuell-räumliches Vorstellungsvermögen‘, ‚ArbeitsgedächtMonatsschrift Kinderheilkunde 10 · 2009
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Abstracts nis‘, ‚mentale-‘ und ‚motorische Verarbeitungsgeschwindigkeit‘. Diese zeitlich kurze psychologische Diagnostik berücksichtigt die Situation des am Hirn operierten und behandelten Kindes mit seiner eingeschränkten Belastungsfähigkeit und Beeinträchtigungslage. Das Besondere der Testauswahl ist, dass möglichst wenige verschiedenartige Leistungen innerhalb eines Tests gleichzeitig gemessen werden, sodass der Schluss auf medizinisch lokalisierbare Funktionen ermöglicht wird. Drei weit verbreitete Tests bilden die Basis. 1. die Matrizentests von Raven (CPM/ SPM). Dieser Test wird seit Jahrzehnten zur Abschätzung des ‚generellen‘ Faktors der Intelligenz (g-Faktor) verwendet. Zum 2. wurde der Developmental Test of Visual-Motor-Integration (VMI) einbezogen, der eine Gestaltwiedergabeleistung beinhaltet. Die Prüfung basaler Gedächtnisleistungen, das „Zahlennachsprechen vorwärts“ (ZN) ist der 3. Test im Kernbereich der Kurzdiagnostik und bereits seit Binets Intelligenztest von 1905 in Gebrauch. Ergänzend wird mit Hilfe einer präzisen Eingabetaste eine adaptierte Version des computerisierten Continuous Performance Tests (CPT) von Rosvold durchgeführt. Der CPT ist einer der am häufigsten beschriebenen Tests zur Erkennung von aufmerksamkeitsgestörten Kindern. Für die Analyse der Feinmotorik wird zudem das Purdue Pegboard verwendet, das die feinmotorische Schnelligkeit und Geschicklichkeit beider Hände erfasst. * Ottensmeier, H. et al. (2006), Kurzgefasste Intelligenzdiagnostik bei Hirntumoren, Kindheit und Entwicklung 15(2), 100-10 Diagnostik bei Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen und entsprechende Interventionen in der ambulanten Rehabilitation Ulrike Leiss1), Liesa Weiler2), Thomas Pletschko1), Irene Slavc1) et al. 1) Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien 2) Fakultät für Psychologie, Universität Wien Aufmerksamkeit und Konzentration sind allgemein bekannte und viel verwendete Begriffe: „Everyone knows what attention is.” – so hat schon William James (zit. nach Müller, 2003) Ende des 19. Jahrhunderts seine Ausführungen über Aufmerksamkeit eingeleitet. Allerdings ist die genaue Begriffsdefinition dieser neuropsychologischen Funktion in der Literatur nach wie vor uneinheitlich und weicht zum Teil deutlich von dem ab, was Kinder und Jugendliche sowie deren Angehörige meinen, wenn sie von eigenen Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsproblemen berichten. Zunächst wird daher im vorliegenden Beitrag eine genaue Differenzierung und Beschreibung einzelner Aufmerksamkeitsaspekte erfolgen (siehe z.B. Falkensteiner et al., 2006). Im dargestellten Modell wird vor allem auf die Komponenten Alertness, Daueraufmerksamkeit, selektive, fokussierte und geteilte Aufmerksamkeit, Verarbeitungskapazität sowie Konzentration eingegangen, wobei bei allen Funktionen der Bezug zum Alltag herausgearbeitet wird. Im Weiteren werden entsprechende Möglichkeiten der neuropsychologischen Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt (z.B. KITAP, Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung für Kinder, Zimmermann, Gondan & Fimm, 2003), die hinsichtlich Methode und inhaltlichem Konzept sehr variieren. Diese unterschiedlichen neuropsychologisch-diagnostischen Herangehensweisen bzw. die oft nur schwer realisierbare Einbeziehung aller relevanten Variablen in Studien mit onkologisch erkrankten Kindern und Jugendlichen (z.B. das Fehlen von prämorbider Information), bedingt einen diesbezüglich insgesamt uneinheitlichen Wissensstand in der Literatur. Dennoch werden wichtige bisherige Ergebnisse zu Aufmerksamkeitsfunktionen bei onkologisch erkrankten Kindern präsentiert bzw. erste eigene Ergebnisse aus einer pädiatrisch-neuroonkologischen Stichprobe vorgestellt. Dabei zeigte sich in bisherigen Analysen, dass in der PatientInnengruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Schulkindern (ohne bekannte Aufmerksamkeitsbeeinträchtigung) insgesamt deutlich mehr Schwierigkeiten festgestellt wurden. Die Beeinträchtigungen manifestierten sich allerdings nicht schwerpunktmäßig in einem, sondern in unterschiedlichen Auf-
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merksamkeitsaspekten, was die Wichtigkeit einer differenzierten, umfassenden neuropsychologisch-diagnostischen Untersuchung unterstreicht. Im Sinne einer alltags- und förderorientierten Diagnostik werden schließlich mögliche Interventionen für diagnostizierte Aufmerksamkeitsbeeinträchtigungen vorgestellt (siehe z.B. Butler et al., 2005). Abschließend wird ein interdisziplinärer Behandlungsansatz im Rahmen einer ambulanten Rehabilitation diskutiert, der gleichermaßen die Arbeit mit Patient, Angehörigen und Ausbildungsinstitution betont. Sensomotorische Rehabilitation L. Fischer* , H. Ottensmeier** *Rehabilitationszentrum Burgau, **Universitätskinderklinik Würzburg Die Besonderheit einer sensomotorischen Übungsbehandlung nach neurologischen Schäden, wie sie nach Affolter konzipiert wurde, ist das Wiedererlernen von Handlungen im Alltag, die durch Tumor und Tumorfolgen nicht, nicht adäquat oder nicht zeitgerecht durchgeführt werden können. Sie entwickelte als Schülerin des Entwicklungspsychologen Jean Piagets ihr Konzept in jahrelanger Arbeit mit sensomotorisch gestörten Patienten. Handlungsabläufe, die von Patienten nicht ausführbar sind, werden gemeinsam mit dem Therapeuten ausgeführt oder angebahnt oder durch Arrangierung der Umgebungsbedingungen ermöglicht. Dadurch werden alltägliche Handlungsabläufe wieder erfahren, begriffen, spürbar und vertrauter, das selbstständige Handeln wird wieder ermöglicht und Lernprozesse werden initialisiert oder neu angestoßen. Auch werden durch Interaktionserfahrungen motorische, kognitive und emotionale Leistungen gefördert, wie sie in jeder Handlung immanent repräsentiert sind. Die zentralen therapeutischen Schritte der aufbauenden Rehabilitation bestehen darin, über sensorisch integratives Spüren, Bewirkungsmöglichkeiten erneut bewusst zu erfahren, damit die Bedingungen der Umwelt wieder adäquater verstanden, diese in neuer Art und Weise verinnerlicht und damit verfügbar und in der Folge auch die beschreibenden Sprachmuster handlungskonformer und damit konkreter gebildet werden können. In mehreren Videosequenzen wird die Vorgehensweise anhand eines Kindes mit Hirntumor erläutert. Dabei wird in einer Analyse sowohl die Situation der alltagshandlungsbezogenen Willkürbewegungen als auch der automatisierten Bewegungen erarbeitet und die spezifischen Wahrnehmungsprozesse fein analysiert und auch der Unterschied zwischen wahrnehmungsspezifischen Aktivitäten und der Wahrnehmungsorganisation erarbeitet. Die Analyse der Fokussierung des Inputs auf den relevanten Sinnesbereich und die intermodale Verteilung des Ausmaßes der Sinneseindrücke und die jeweilige Leistungsfähigkeit der Aktivität des Inputs in den Sinnesbereichen muss danach abgeschätzt werden, um die intermodale Integration zu prüfen und die Hinwendungsmöglichkeiten oder Störungen des Patienten zur Informationsquelle abzuschätzen. In der sich anschließenden Therapie wird auf die Integration verschiedener Behandlungsmodelle: Affolter, Bobath und F.O.T.T. Coombes eingegangen. Diese Therapien verwenden ein gleiches Lernmodell, indem aus einer wieder erlebbar und spürbar gemachten Umgebung eine erneute Lernerfahrung für den Patienten möglich gemacht wird. Neuropsychologische Interventionen in der stationären, gruppenori entierten Rehabilitation mit Kindern und Jugendlichen Dipl.-Psych. Henning Ross Rehaklinik Katharinenhöhe, Schönwald Im Rahmen einer vierwöchigen stationären Maßnahme in der Rehaklinik Katharinenhöhe bietet neben den klassischen neuropsychologischen Therapieverfahren der dichte und umfassende Betreuungsrahmen sowie der Gruppenbezug der Patienten weitreichende Möglichkeiten für neuropsychologische Interventionen. Computergestützte Therapieangebote, gerade bei Aufmerksamkeitsstörungen, Gesichtsfeldeinschränkungen, Raumwahrnehmungsstörungen und Planungsproblemen, werden ergänzt durch ein gruppenbezogenes
Gedächtnistrainingsangebot und vor allem einzelfallbezogene neuropsychologische Therapiegespräche. Insbesondere das Gruppenkonzept mit Gleichaltrigen stellt ein Übungsfeld zur Verfügung, in dem Patienten mit kognitiven Defiziten realitätsnahe Anforderungen in einem geschützten, therapeutisch engmaschig und niedrigschwellig betreuten Rahmen trainieren können. In Bezug auf Krankheitsverarbeitung und affektive Beeinträchtigungen bedeuten die zahlreichen Austauschmöglichkeiten der Patienten untereinander sowie die nachhaltige Ressourcenorientierung im Gesamtkonzept wichtige Voraussetzungen allgemeiner psychischer Stärkung und Stabilisierung. Die diagnostische Klärung des kognitiven Zustands, positive Übungserfahrungen und das Erleben eigener Stärken und Kompensationsmöglichkeiten können insgesamt bei Patienten mit Hirnschädigungen erheblich dazu beitragen, Sicherheit, Selbstwert und Zukunftsorientierung zu fördern. Multidisziplinarität als Erfolgsfaktor in der familienorientierten Rehabilitation Konstantin A. Krauth, Annette Hansky, Christine Meyer, Sabine Hellmann. Klinik Bad Oexen, Oexen 27, 32549 Bad Oeynhausen.
[email protected] Neuropsychologische Defizite gehören zu den Hauptfolgen nach onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Familienorientierte Rehabilitation leistet einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung oder Minderung Krankheits- und therapiebedingter Einschränkungen. Dabei werden neben dem erkrankten Kind auch seine Geschwister, Eltern und die Familie als System in den Rehabilitationsprozess einbezogen. Neben einer Erfahrung von fast 25 Jahren verfügt das Team des Kinderhauses der Klinik Bad Oexen über die Möglichkeit, multiperspektivische Diagnostik und professionelle Beobachtung in unterschiedlichen therapeutischen Settings durch kollegialen Austausch zu bündeln. Ziel ist eine an den individuellen Bedürfnissen des erkrankten Kindes und seiner Familie orientierte Behandlung, um bekannte Defizite zu mindern und drohende Beeinträchtigungen zu erkennen und bereits in ihrer Entstehung durch spezifische somatische oder neuropsychologische Interventionen zu verhindern. Patient und Familiensystem können gestärkt und die Akzeptanz irreversibler Therapie- und Krankheitsfolgen im Sinne eines erfolgreichen Copings erzielt werden. Potential für weitere Fortschritte wird sichtbar und die erforderlichen Schritte für einen nachhaltigen Erfolg werden durch Vernetzung mit Vor- und Nachbehandlern und Hinzuziehung weiterer heimatnaher Hilfen (z.B. Jugendamt, Schule, Sportvereine, Psycho-, Ergotherapeut, Physiotherapeut oder Heilpädagoge) eingeleitet. Ziel ist es, dem erkrankten Kind und seiner Familie ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. Hierzu gehören neben der Stärkung vorhandener Ressourcen und Ausschöpfung sichtbarer Potentiale auch – gemeinsam mit den Lehrern der Schule des Kreises Minden-Lübbecke und am Heimatort – die Eltern bei der Wahl der am besten geeigneten Beschulung (z.B. Integrationsstatus, Wahl der geeigneten Schulform) zu unterstützen. Die Bereitstellung neuropsychologischer Testergebnisse – wie z.B. des neuropsychologischen Basisdiagnostikums HIT– bereits vor Rehabeginn könnte als Beispiel dafür dienen, wie professionelle Zusammenarbeit zum Wohle der erkrankten Kinder mit einfachen Mitteln noch weiter zu verbessern wäre. Hierdurch könnte die Rehabilitation von diagnostischen Erfordernissen entlastet werden und Spielraum für weitere therapeutische Interventionen entstehen. Kooperation von Patient, Familie und ärztlich-therapeutischem Team, multidisziplinärer Zugang, spielerische Therapie und Vernetzung innerhalb des Teams und mit Vorund Nachbehandlern („Reha-Kette“) unter Hinzuziehung weiterer relevanter „Mitspieler“ am Heimatort stellen wichtige Elemente dar, um u. a. neuropsychologische diagnostische Erkenntnisse für die Patienten nutzbar zu machen und eine bestmögliche Teilhabe zu ermöglichen.
Analyse intra- und extrazellulärer Regulatoren des WNT-Signalweges in Keimzelltumoren des Kindes- und Jugendalters Vera Okpanyi1, Katayoun Alemazkour1, Arndt Borkhardt1, Dominik T. Schneider2, Stefan Schönberger1 1 Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie, Universitätsklinikum Düsseldorf 2 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Westfälisches Kinderzentrum Dortmund Einleitung: Die Aktivierung des WNT-Signalweges in Tumoren führt über eine Stabilisierung und nukleäre Akkumulation von ß-Catenin u.a. zu Proliferation und Apoptoseinhibition. Entsprechende Veränder ungen sind in embryonalen Tumoren und Keimzelltumoren des Kindes- und Jugendalters (KZT) beschrieben worden. Bei letzteren konnte immunhistochemisch ausschließlich bei Teratomen und Dottersacktumoren eine verstärkte Expression von ß-Catenin demonstriert werden, wobei der Großteil der Tumore eine nukleäre Akkumulation aufwies (Ped Dev Pathol 2006). Daher haben wir zur weiterführenden Charakterisierung genetische und epigenetische Untersuchungen verschiedener Regulatoren des WNT-Signalweges durchgeführt. Methoden und Ergebnisse: Insgesamt wurden 41 repräsentative KZT untersucht. Die Bestätigung der immunhistochemischen Ergebnisse erfolgte durch eine Genexpressionsanalyse mittels real-time PCR, die eine signifikant stärkere Expression von ß-Catenin bei den Dottersacktumoren im Vergleich zu Germinomen ergab. Mutationen im Exon 3 des ß-Catenin-Gens waren in keinem der 31 untersuchten Tumoren nachweisbar. Epigenetische Analysen des APC-Promoters mit methylierungsspezifischer PCR zeigten eine Hypermethylierung in 2/3 maturen, 5/7 immaturen Teratomen sowie 11/13 Dottersacktumoren. Dagegen lieferte die Sequenzierung der APC-Mutationsclusterregion ebenso unauffällige Ergebnisse wie der “protein truncation test” und die APC-Genexpressionsanalyse. Bei weiteren WNT-Regulatoren, wie GSK3ß, DKK1 und WTX ließ sich in Germinomen eine gegenüber den Dottersacktumoren reduzierte Genexpression feststellen. Die Sequenzierung des kompletten WTX-Gens lieferte keinen Anhalt für eine Mutation. Auch die Genexpression des Endproduktes Cyclin D1 stellte sich in den Germinomen erniedrigt dar. Unter den extrazellulären WNT-Inhibitoren fand sich dagegen eine reduzierte Genexpression von SFRP2 in den Dottersacktumoren, wobei in 9/11 Dottersacktumoren eine Methylierung des SFRP2-Promotors vorlag. Schlußfolgerung: In Germinomen finden sich keine Hinweise für eine Aktivierung des WNT-Signalweges. Hingegen legen unsere Ergebnisse nahe, dass eine Aktivierung des WNT-Signalweges in der Progression vom Teratom zum bösartigen Dottersacktumor pathophysiologisch relevant ist. Während genetische und epigenetische Aberrationen der klassischen intrazellulären WNT-Regulatoren hier nicht nachgewiesen werden konnten, scheint eine fehlende Inhibition des WNT-Signalweges durch seine extrazellulären Inhibitoren, wie z.B. SFRP2, ursächlich zu sein. Unterstützt durch die Forschungskommission der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Risikoevaluation und Marker für Chemoresistenz und Therapieversa gen bei adulten Keimzelltumoren Friedemann Honecker, Carsten Bokemeyer Dept. Oncology, ������������������������������������������������� Hematology, BMT with section Pneumology Hubertus Wald Tumorzentrum – University Cancer Center Hamburg University Medical Center Hamburg – Eppendorf Martinistr. 52, Hamburg, Germany Keimzelltumoren zählen zu den chemosensitivsten soliden Tumoren des Erwachsenenalters. Trotz adäquater Behandlung versterben jedoch ca. 20% der Patienten mit metastasiertem Tumor an ihrer Erkrankung. Retrospektiv wurden als negative prognostische Faktoren ein mediastinales Nichtseminom, eine nicht-pulmonale viszerale Metastasierung sowie erhöhte Tumormarker identifiziert (IGCCCG Klassifikation 1997). Ein Monatsschrift Kinderheilkunde 10 · 2009
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Abstracts weiterer Risikofaktor ist der Tumormarkerverlauf unter Chemotherapie: ein inadäquater Markerabfall ist mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert (Fizazi et al, 2004), weshalb der Markerverlauf derzeit bereits vereinzelt als klinischer Parameter für Therapieentscheidungen herangezogen wird (Olofsson et al, ASCO 2009). Immunhistochemische und molekulare Marker hingegen sind bislang klinisch ohne Relevanz. Patienten mit erhöhter Expression von p53 und/oder MIB-1 zeigten in einer kleinen Serie ein schlechteres krankheitsspezifisches Überleben als Patienten mit geringerer Expression (Pectasides et al, 2009). Weitere potentielle Marker zeichnen sich bei Defekten in der DNA-Reparatur oder Schadensdetektion ab. So wurde postuliert, dass Defekte im mismatch repair (MMR) und eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI) eine prognostische Bedeutung haben (Velasco et al, 2004a, 2004b; Velasco et al, 2007). Eine eigene Untersuchung umfasste die vier MMR-Proteine, eine MSI-Analyse sowie Mutationsanalysen von BRAF und KRAS (Honecker et al, 2009). Sowohl eine MSI, als auch eine BRAF-Mutation waren in resistenten Tumoren signifikant häufiger als in Kontrollfällen (Inzidenz bei resistenten Tumoren 40% versus Kontrolltumoren 6%). Resistente Tumoren zeigten signifikant häufiger auch eine fehlende Expression von MMR-Proteinen. Als ein möglicher Mechanismus hierfür konnte eine Promotermethylierung von hMLH1 nachgewiesen werden. Eine erhöhte Inzidenz von MMR-Defekten, einer MSI und/oder einer BRAF-Mutation wurde auch in mediastinalen Nichtseminomen und bei Spätrezidiven gefunden. Diese Ergebnisse sind für das Verständnis der Biologie einer Therapieresistenz vielversprechend und können möglicherweise auch zu neuen therapeutischen Ansätzen führen. So gilt es zu prüfen, inwieweit der gezielte Einsatz von BRAF-Inhibitoren, demethylierenden Substanzen oder eine Modulation der DNA-Schadensdetektion helfen können, eine manifeste Therapieresistenz zu überwinden. Zudem müssen die retrospektiv erhobenen Ergebnisse prospektiv überprüft werden, um den Wert der Faktoren als prognostische und möglicherweise auch prädiktive Marker zu evaluieren. Risikoprofile maligner Keimzelltumoren. Erfahrungen der MAKEI 96 Studie Gabriele Calaminus1,Carmen Teske1, Katja Heinemann1, Stefan Schönberger2,Ulrich Göbel 2, Dominik Schneider3, für die MAKEI Studiengruppe 1 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universität Münster. 2 Klinik für Kinder-Onkologie, Hämatologie und klinische Immunologie, Düsseldorf 3 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dortmund Email:
[email protected] Innerhalb der Studie MAKEI 96 wurden bis zum 1. Juli 2009, 1428 Patienten gemeldet. Der Altersrange liegt zwischen 0-56 Jahren. Den größten Anteil haben jugendliche Patienten. Die Diagnosen verteilen sich auf: 228 Patienten mit Hodentumoren, 670 Patientinnen mit Ovarialtumoren und 318 Patienten mit Steißtumoren. 212 Patienten hatten andere Lokalisationen. Hodentumoren: Rezidive 19/228, RFS: 0,84+0.02 Auffällig ist hier die Zunahme jugendlicher Patienten mit ausgedehnten Stadien bei Diagnose, hier handelt es sich fast ausschließlich um gemischte Tumoren meist mit EC und Chorionkarzinomkomponente. Zusätzlich haben etwa 20% dieser Patienten Teratomanteile, die dann auch in den Lymphknoten- und Organmetastasen nachweisbar sind und sich wie maligne Tumoranteile verhalten. Patienten mit ausgedehnten Stadien inklusive zusätzlicher Manifestationen in Lunge, Leber, Kopf, Haut haben eine schlechte Prognose selbst unter Therapieintensivierung. Ovarialtumoren: Rezidive: 75/670, RFS : 0.89+0,13. Auch hier ist der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen deutlich angestiegen, wobei auch bei jungen Frauen meist lokalisierte Stadien vorliegen. Liegt eine Disseminierung vor (bei etwa 15% aller Patientinnen), so haben bei den jungen Frauen etwa 10% ebenfalls Teratomanteile, die dann auch in den Lymphknotenmanifestationen nachweisbar sein können.
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Steissbeintumoren: Rezidive: 44/318: RFS: 0,80+0,18. Hier bleibt die lokale Tumorkontrolle das größte Problem. Ist dies nicht erreichbar und auch eine R0 Resektion nach Chemotherapie nicht möglich, so ist mit einer langfristigen Remission nur in etwa 40% der Kinder zu rechnen. Hier kommt der regionalen Tiefenhyperthermie mit Chemotherapie eine besondere Rolle zu. Bei den nongonadalen malignen Tumoren sind Alter> 10 Jahre und Metastasen mit einer schlechteren Prognose behaftet. Die zukünftige Ausrichtung der Therapie setzt auf eine weitere Reduktion der applizierten Chemotherapie bei Erkrankungen mit guter Prognose (Lokalisiert, komplette Resektion) und einer Therapieintensivierung bei Erkrankungen mit schlechter Prognose (disseminiert Alter >10 Jahre, keine komplette Resektion). Außerdem werden prospektiv Daten zur Molekularbiologie erhoben um zusätzliche Risikofaktoren zu evaluieren. Hierfür ist die Zugriff auf Frischmaterial essentiell. Unterstützt durch die Deutsche Krebshilfe e.V. sowie die Barbara- und Hubertus-Trettner Stiftung. Keimstrang-Stromatumoren und andere seltene Ovarialtumoren Dominik T. Schneider1, Stefan Schönberger2, Bastian Brummel1, Ulrich Göbel2, Gabriele Calaminus3, für die MAKEI Studiengruppe 1 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dortmund 2 Klinik für Kinder-Onkologie, Hämatologie und klinische Immunologie, Düsseldorf 3 Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universität Münster Email:
[email protected] Seit der Implementierung der Therapieoptimierungsstudien für nichttestikuläre Keimzelltumoren MAKEI ist eine kontinuierlich wachsende Zahl von Patienten mit seltenen Ovarialtumoren gemeldet worden. Die durchschnittliche Melderate liegt derzeit bei 10-15 Patienten pro Jahr. Darunter stellen die Keimstrang-Stromatumoren mit 133 Tumoren die größte Gruppe dar. Unter diesen finden sich 87 juvenile Granulosazelltumoren, 25 Sertoli-Leydig Zelltumoren, 6 sklerosierende Stromazelltumoren, und 15 andere histologische Subentitäten. Von 67 Patienten stehen Verlaufsdaten von mehr als 2 Jahren zur Verfügung. Das ereignisfreie Überleben beträgt 0.87±0.05 und das Gesamtüberleben 0.88±0.05. Die zentrale Aufarbeitung der klinische Daten hat ergeben, dass Rezidive im wesentlichen mit einem Tumorstadium ≥ Ic nach FIGO assoziiert sind. Im Stadium Ic lassen sich bei juvenilen Granulosazelltumoren Risikopatienten von Patienten mit einem günstigen Verlauf anhand der folgenden Parameter abgrenzen: Zeitpunkt der Tumoreröffnung (präoperative Ruptur/maligner Aszites: EFS 0.56±0.15 vs. intraoperative Kapseleröffnung: EFS 1.0) sowie mitotische Aktivität (≥20 Mitosen/10 HPF: 0.33±0.19 vs. <20 Mitosen: 1.0). Bei den selteneren Sertoli-Leydig Zelltumoren sind hingegen insbesondere bei geringem Differenzierungsgrad bereits im Stadium Ic mit nur artifizieller Tumoreröffnung Rezidive beobachtet worden Aufgrund dieser Auswertungen ist ein risikostratifiziertes Therapiekonzept basierend auf einer zentralen klinischen und histopathologischen Aufarbeitung erarbeitet worden. Dieses Konzept sieht den Einsatz von Cisplatin-basierter Kombinationschemotherapie bei fortgeschrittenen Tumorstadien sowie eine Therapieintensivierung bei zusätzlich hoher mitotischer Aktivität vor und ist Gegenstand einer prospektiven Prüfung im Rahmen der zukünftigen MAKEI Therapieoptimierungsstudie. In Zukunft sind in analoger Weise auch andere seltene Ovarialtumoren wie z.B. die prognostisch besonders ungünstigen kleinzelligen Ovarialkarzinome zentral zu erfassen und zu analysieren, um auch für diese Krankheitsentitäten effektive Therapiestrategien zu entwickeln. Darüber hinaus ist von allen Ovarialtumoren Tumorgewebe nativ zu asservieren und einer molekulargenetischen Untersuchung zuzuführen, um zukünftig genetische Parameter in die Risikostratifizierung der Ovarialtumoren der verschiedenen histologischen Entitäten integrieren zu können.
Unterstützt durch die Deutsche Krebshilfe e.V., die Elterninitiative Kinderkrebsklinik e.V. Düsseldorf sowie die Barbara- und Hubertus-Trettner Stiftung. Chirurgische Aspekte bei Keimzelltumoren der Steißregion Dietrich von Schweinitz1, Michael Berger1, Carmen Teske2, Gabriele Calaminus2 1 Kinderchirurgische Klinik der LMU, Dr. von Haunersches Kinderspital München, 2Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Münster Sakrokokzygeale Keimzelltumoren sind selten, in den meisten Fällen kongenital (1:40.000 lebend Geborene) und betreffen meist Mädchen (3:1). Bei Neugeborenen liegt fast immer ein benignes Teratom, bei älteren Kindern ein maligner Dottersacktumor vor. Morphologisch werden nach Altman die Typen I – überwiegend extern, II – extern mit präsakraler Ausdehnung, III – Überwiegend intern präsakral und IV – ausschließlich intern unterschieden. Eine Erhöhung der Tumormarker AFP und/oder ß-HCG zeigt eine maligne Tumorkomponente an. Die chirurgische Strategie richtet sich nach dem Alter bei Diagnose, den Messwerten von AFP und β-HCG und der Morphologie des Tumors. Bei Neugeborenen mit normalen Tumormarkerwerten ist immer eine primäre komplette Resektion innerhalb der ersten Lebenswoche anzustreben. Bei älteren Säuglingen und Kleinkindern können kleine und gut begrenzte Tumoren u.U. primär komplett reseziert werden, soweit dies ohne Mutilierung oder Funktionsverlust möglich ist. Alle anderen Tumoren dieser Altersgruppe, insbesondere mit signifikant erhöhten Tumormarkern werden sekundär nach präoperativer Chemotherapie reseziert. Lokalrezidive nach Steißbeinteratomen des Neugeborenen sind in 50% der Fälle maligne. Deshalb ist wie bei den malignen Tumoren der älteren Kinder auch bei diesen immer eine radikale Entfernung geboten. Da es in über 1/3 der Patienten mit belassenem Steißbein zu einem Tumorrezidiv kommt, ist bei der Operation dieses stets mit zu entfernen. Gleichzeitig sollte aber durch gewebeschonendes Operieren immer auch versucht werden, eine möglichst gute Stuhl- und Harnkontinenz zu erhalten. Mit dieser Strategie kann bei benignen Steißbeinteratomen eine exzellente Überlebensrate erzielt werden, bei malignen Keimzelltumoren der Steißregion ist die Überlebensrate über 80%. Operationsbedingte Einschränkungen der Stuhl- oder Urinkontinenz werden in 30 – 40% der Fälle beobachtet, dies besonders häufig nach Operationen von Rezidivtumoren. Chirurgische Aspekte bei Keimzell- und Keimstrangtumoren F. Thiel, M.W. Beckmann Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Universitätsstr. 21-23, 91054 Erlangen Direktor: Prof. Dr. med. M.W. Beckmann Etwa 8 bis 13% aller malignen Ovarialtumore sind Keimzell- und Keimstrangtumore. Grundlage der primären Therapie ist zumeist die Operation mit adäquatem Staging. Diese beinhaltet die Adnexektomie beidseits, die Hysterektomie, die Omentektomie, die Entnahme von Peritonealbiospien und einer Spülzytolgie sowie die Entfernung vergrößerter pelviner und paraaortaler Lymphknoten. Eine systematische pelvine und paraaortale Lymphonodektomie in Analogie zum Ovarialkarzinom wird kontrovers diskutiert. Aufgrund des Auftreten der Tumore insbesondere bei Mädchen und jungen Frauen (juveniler Granulosazelltumor: Pubertät bis 30. LJ, Sertoli-Leydig-Tumor: medianes Erkrankungsalter bei 25 Jahren, Keimzelltumoren: 10.-30. LJ) ist eine operative Therapie unter Berücksichtigung des Erhalts der Fertilität von großer Bedeutung. Insbesondere in frühen Stadien (FIGO I) und künftigem Kinderwunsch ist nach sorgfältiger Abwägung ein Verzicht auf die Hysterektomie und die kontralaterale Adnexektomie mit der Patientin zu diskutieren. Der Nutzen einer Second
look-Operation ist hierbei unklar. Neue Methoden wie die Kryokonservierung und Reimplantation von Ovargewebe ist experimentell. Bei der Rezidivtherapie kommt der Operation ebenfalls eine große Bedeutung zu, insbesondere dann, wenn Tumorfreiheit erreicht werden kann. Unterschiede und Parallelen in der Therapie kindlicher und erwachse ner testikulärer Keimzelltumoren Prof. Dr. Peter Albers, Urologische Klinik, Universitätsklinikum Düsseldorf Testikuläre Keimzelltumoren bei Kindern und Erwachsenen unterscheiden sich grundlegend in Ätiologie und Histologie. Dementsprechend existieren zurzeit unterschiedliche Behandlungsrichtlinien zur Therapie kindlicher und erwachsener Tumoren. Ätiologisch und histopathologisch gibt es jedoch eine Schnittmenge beider Gruppen, die am ehesten durch den Eintritt der Pubertät und damit hormonellen Steuerung definierbar sein könnte. Bei der Therapie der adulten Keimzelltumoren sind in den letzten zehn Jahren große Fortschritte im Sinne der Therapiereduktion gemacht worden. Insbesondere die Frühstadien (klinisches Stadium I) werden nach neuesten Leitlinienempfehlungen zu mehr als 50% durch eine reine Überwachungsstrategie therapiert. Die frühere sogenannte „Staging retroperitoneale Lymphadenektomie“ bei nicht-seminomatösen Tumoren konnte vollständig verlassen werden. Auch in der Therapie des Primärtumors, zumindest bei Einzelhoden, haben sich organerhaltende Ansätze durchgesetzt. Übertragen auf die verschiedenen histologischen Entitäten der kindlichen Keimzelltumoren ist nun zu diskutieren, ob einzelne Therapieerfolge bei den Erwachsenen-Tumoren auf die Behandlung der kindlichen Tumoren übertragen werden können. 1. Bei strenger Indikationsstellung und der sicheren histologischen Diagnose eines reinen und reifen Teratoms des Hodens ist in Anlehnung an die organerhaltende Operationstechnik bei Erwachsenen eine Tumorenukleation im Hoden mit Erhalt des Restparenchyms denkbar. 2. Bei speziellen histologischen Entitäten ist im klinischen Stadium I in Abhängigkeit von Prognosefaktoren ein primär abwartendes Vorgehen nach Ablatio testis denkbar. 3. Die Kombination aus Chemotherapie und Residualtumorresektion bei fortgeschrittenen Tumoren (ab Stadium IIa) kann auch bei kindlichen Tumoren ggfs. zu einer deutlichen Reduktion der Zahl an Chemotherapiezyklen führen. Im Vordergrund steht weiterhin eine komplette Entfernung aller residuellen Tumoren zumindest ab einer residuellen Tumorgröße von 1 cm in Abhängigkeit von der Primärhistologie. Auch Organmetastasen sollten nach Ansprechen auf Chemotherapie möglichst komplett entfernt werden. 4. Im Unterschied zu den frühen Stadien mit Therapiereduktion hat sich eine frühe Dosisintensivierung z. B. bei weit fortgeschrittenen Tumoren (poor prognosis) und nicht-kinetikgerechtem Markerabfall bei ErwachsenenTumoren bewährt. Zusammenfassend ist es wichtig, die Erfahrungen bei den zahlenmäßig überwiegenden adulten Keimzelltumoren in Therapiereduktion aber auch in Therapieintensivierung für die einzelnen Stadien der kindlichen Hodentumoren zu diskutieren und in zukünftige Therapieprotokolle für kindliche Tumoren einfließen zu lassen.
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Abstracts Regional heat treatment (RHT) and magnetic resonance imaging (MRI) for temperature monitoring in children with refractory or recurrent germ cell tumors (GCT): novel developments Rüdiger Wessalowski, MD (1), Stefan Schönberger, MD (1), Oliver Mils (1), Klaus Bienemann, MD (1), Meinolf Siepermann, MD (1) Stefan Balzer, MD (1), Günter Fürst, MD (2), Hildegard Pape, MD (3), Karin Rothe, MD (4), Arndt Borkhardt (1), and Gabriele Calaminus, MD (5) Clinic of Pediatric Hematology, Oncology and Immunology (1), Diagnostic Radiology (2), Radiotherapy (3), Department of Pediatric Surgery (4), Heinrich Heine University Düsseldorf, Clinic of Pediatric Hematology and Oncology, Universitiy Münster (5) Introduction: This prospective non-randomized trial was designed to evaluate the efficacy of cisplatin-based chemotherapy plus regional deep hyperthermia (RHT) in refractory and recurrent germ cell tumors (GCT). In connection with this, the UMS Duesseldorf has installed in February 1991 a BSD-2000-system for regional deep hyperthermia and in December 2008 a BSD-2000-3D-MR-hybrid-system with integrated MR imaging based on a Magnetom 1.5 T Siemens for simultaneous heat application and non-invasive temperature measurement in childhood cancer. Patients and Methods: Between July 1993 and May 2009, a total of 45 children and adolescents underwent thermochemotherapy (TCH) (38 female, 7 male, age 0.7-23;3 [y;m], median 3;1 [y;m] suffering from extracranial germ cell tumors with loco-regional relapse (n=36), being unresectable or showing poor response under primary chemotherapy (n=10). 12/45 relapse patients had more than one recurrence. Patients with GCT received 4-5 cycles of 1800 mg ifosfamide/m2 or 360 mg/m2 cyclophosphamide and 100 mg etoposide/m2 on days 1-4 and 40 mg cisplatin/m2 or 200 mg carboplatin/m2 combined with regional deep hyperthermia (42-44°C, 1h) on days 1+4. Results: 187 TCH courses (374 heat sessions) were applied in 23 children achieving complete and 8 children partial response, 8 children showed stable disease (6 patients were not available for response evaluation). TCH was followed by surgical tumor resection in 36/45 and/or radiotherapy ± hyperthermia in 9/45 patients. At a median follow-up of 27 months, outcome in this high-risk patient population was 32 NED, 3 AWD, 8 DOD and 2 DOC (not caused by TCH). In GCT, OS was 0.88±0.08 with first and 0.57±0.19 with second relapse. Conclusion: By multimodal concepts with regional hyperthermia the objective of local tumor control and durable remission can be obtained in children with high-risk tumors with unfavorable prognosis. In future, additional use of multiple channel heat applicators and non-invasive MR-temperature monitoring for childhood cancer give hope for a precise imaging of the diseased, affected tissue as well as the neighboring healthy tissue – even in children with small or disseminated tumors. Our hyperthermia projects are supported by grants from the Deutsche Krebshilfe e.V. and the Elterninitivative Kinderkrebsklinik e. V. Neue Projekte der CWS- Studiengruppe: das Register „SoTiSaR“ für Weichteilsarkome und -tumoren sowie die multizentrische Studie CWS-2007-HR zur Behandlung von Patienten mit lokalisierten rhabdomyosarkomartigen Weichteilsarkomen Ewa Koscielniak, Tobias Dantonello, Thomas Klingebiel Olgahospital, Klinikum Stuttgart, Klinik für Kinderheilkunde III, Frankfurt Die Rahmenbedingungen für klinische Studien haben sich durch die 12. Änderung des Arzneimittelgesetzes (6./12.8.2004) und durch die „Verordnung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis (GCP) bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen“ erheblich verändert. Die Anforderungen an Studien zur Optimierung der Therapie mit zugelassenen Medikamenten bzw. solchen, die für Kinder nicht zugelassen aber erwiesenermaßen unverzichtbar sind und seit Jahrzehnten verwendet werden (wie z.B. Actinomycin D), wurden denjenigen von Zulassungsstudien für neu entwickelte Medikamente gleichgestellt. Aus diesem Grunde hat die
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CWS Studiengruppe, die klassische Therapieoptimierungsstudie (TOS) umstrukturiert: die flächendeckende Registrierung der Patienten mit Weichteilsarkomen und -tumoren (WTS) wird weiter durch das CWS Register „SoTiSaR“ (Soft Tissue Sarcoma Registry) gewährleistet. Das Register SoTiSaR stellt eine Datenbasis für alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit diesen seltenen Erkrankungen dar und ist somit eine Plattform für alle mit der WTS Behandlung (Phase I, II und III Studien, Spätfolgenerfassung etc.) und Forschung (Tumorbank, biologische Begleitprojekte) befassten Projekte. Als erste auf diesem Modell basierte klinische Phase III Studie wurde die CWS-2007- HR initiiert. Beide Projekte werden durch die Deutsche Kinderkrebsstiftung gefördert. CWS-2007-HR ist eine randomisierte Studie mit dem Ziel, die Behandlung für Patienten mit lokalisierten Hochrisiko-Rhabdomyosarkomen oder rhabdomyosarkomartigen Weichteilsarkomen durch eine 6 Monate dauernde orale Erhaltungstherapie (Trofosfamid, Idarubicin und Etoposid O-TIE) zu verbessern. In die Studie werden nur Patienten, die mit einer multimodalen Standardtherapie vor Beginn der Studie eine komplette Remission erreicht haben, aufgenommen. Die Rolle der Dauertherapie wurde bereits in der Studie HD CWS-IV-96 bei Patienten mit metastasierten Weichteilsarkomen untersucht. Wegen des hohen Stellenwerts der CWS 2007 HR Studie hat der Gemeinsame Bundesausschuss erstmalig bei einer ambulanten Behandlung die Erstattung der verwendeten Medikamente durch die Krankenkassen genehmigt. The randomized trial CWS-96 of the Cooperative Weichteilsarkom Studiengruppe (CWS) for localized high-risk rhabdomyosarcoma and rhabdomyosarcoma-like soft tissue sarcoma Tobias M. Dantonello1, Joern Treuner1, Thomas Klingebiel², Ewa Koscielniak1 1 Olgahospital, Paediatrics 5 (Oncology, Haematology, Immunology), Klinikum Stuttgart; ²Department of Paediatric Oncology, University of Frankfurt a.M. Background: Localized high-risk rhabdomyosarcoma [RMS] and rhabdomyosarcoma-like soft tissue sarcoma [RMS-like STS] account for approximately 25% of all STS in patients <21 years. Most of these individuals achieve a first complete remission with multimodal therapy, but relapses due to persistent minimal residual disease are frequent leading to a rather poor outcome. Despite addition of new drugs and intensification of treatment, the prognosis of these patients could not be improved in the previous CWS-trials CWS-86 and CWS-91. To clarify whether intensified chemotherapy can improve outcome, the randomized trial CWS-96 compared a 4-drug combination [VAIA, i.e. vincristine, dactinomycin, ifosfamide, doxorubicin] with a 6-drug combination [CEVAIE, i.e. carboplatin, etoposide, vincristine, dactionmycin, ifosfamide, epirubicine] in an Pan-European intergroup setting. Patients: 367 ITT-patients <21 years from Austria, Germany, Poland, Sweden and Switzerland randomly received either VAIA or CEVAIE between 1995 and 2002. Results: 189 patients were treated with VAIA, 178 with CEVAIE. There were no differences between both treatment arms with regard to distribution of histologies, age, gender, TN-classification, tumour site, IRS-group or proportion of irradiated patients. Response to induction chemotherapy was also similar. As of 2006, 61% of patients in the VAIA-arm and 64% in the CEVAIE-arm were alive in 1st CR. Most relapses were local; the relapse pattern as well as local control rates were similar in both arms. One therapy-related death occurred in the VAIA-, two in the CEVAIE-arm. 5-year event-free survival was 57±7 (95%CI) after treatment with VAIA and 60.1±7 with CEVAIE therapy. Overall survival was 70.1% (VAIA) and 65.3% (CEVAIE), respectively. Conclusion: Intensified chemotherapy with a 6-drug combination did not improve outcome in localized high-risk RMS and RMS-like STS, which supports the findings of the concomittant trial MMT-89 in other European countries. New drugs or modes of application (e.g. maintenance chemotherapy) are required to improve the outcome of these patients in the future.
Biologie der Gonaden und Keimzellen im Kindesalter Stefan Schlatt Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum Münster Einleitung: Primordialkeimzellen im frühen Embryo bilden den individuellen Startpunkt in den endlosen Zyklen der Keimbahn. Die genetische Konstitution des Embryos und die sich daraus ergebende somatische Differenzierung entscheiden über die weitere Entwicklung der Keimbahnzellen. Differenziert die Gonade zum Ovar bilden sich sehr früh Oogonien, die in der Meiose arretieren und nach Rekrutierung von Granulosa-Zellen als Primordialfollikel einen definierten Pool von weiblichen Gameten bilden. Im Unterschied dazu entstehen im Hoden aus den Primordialkeimzellen Spermatogonien, die Stammzellnischen in den Hodentubuli besiedeln und so ab der Pubertät durch mitotische Teilung eine unzählige Zahl an differenzierenden Keimzellen generieren, die zu Spermien heranreifen. Zytostatika und Bestrahlung führen zu Depletion von Primordialfollikeln im Ovar und Spermatogonien im Hoden. Der Grad der Schädigung, die Chance auf spontane Refertilisierung und das Risiko zur permanenten Sterilität ist direkt von der Art, Dosis, und Fraktionierung der Therapie sowie dem Patientenalter abhängig. Die Empfindlichkeit der Keimzellen in Kindern ist vergleichbar mit der in Erwachsenen. Allerdings stehen bei Kindern keine Gameten für eine potentielle Konservierung zur Verfügung, so dass hier die Problematik einer Fertilitätsreserve sehr hoch ist. Methoden und Ergebnisse: In männlichen Patienten ist die Kryokonservierung des Ejakulats das probate Mittel der Wahl um eine Fertilitätsreserve anzulegen. Sie sollte daher von erwachsenen und pubertierenden Patienten vor Beginn der onkologischen Therapie unbedingt in Betracht gezogen werden. Jedoch bietet diese Methode nicht die Möglichkeit den erlittenen Hodendefekt zu heilen. Schädigende Effekte der Tumortherapie auf die DNA-Integrität in Keimzellen stellen ein hohes Risiko für die spätere Verwendung der Spermien für die assistierte Reproduktion dar. Häufig regenerieren sich nur kleine Inseln oder einzelne Tubuli im Hoden eines Patienten. Um diesen dann azoospermen Patienten bei Kinderwunsch zu helfen, kann auch ohne dass eine Kryokonservierung des Ejakulats durchgeführt wurde, eine assistierte Fertilisationsbehandlung sinnvoll sein. In bis zu 50% aller Fälle ist eine testikuläre Spermienextraktion erfolgreich durchführbar, die eine erfolgreiche TESE-ICSI Behandlung des Paares ermöglicht. Die bioptische Gewinnung von Hodengewebe bietet eine Möglichkeit, in pubertierenden Patienten Spermien und in präpubertären Patienten Spermatogonien vor Therapiebeginn zu gewinnen und extrakorporal zu konservieren. Unterschiedliche experimentelle Methoden zur Erzeugung von Spermien werden zurzeit erforscht. Zum einen kann Gewebe orthotopisch oder ektopisch transplantiert werden, so dass die enthaltenen Spermatogonien nach der Revaskularisierung des Grafts aktiviert werden und differenzierende Keimzellen generieren. Alternativ können Spermatogonien isoliert und in den Hoden retransplantiert werden. Diese Methode bietet die derzeit einzige Option, Infertilität zu heilen. Neuartige 3-dimensionale Kultursysteme zur in vitro Bildung von Stammzellnischen und zur Generierung von Spermatozoen werden zurzeit experimentell erprobt und bieten eine faszinierende Möglichkeit zur Behandlung von Unfruchtbarkeit bei Männern durch in vitro Generierung von Spermien. Schlussfolgerungen: Alle Methoden mit Ausnahme der Kryokonservierung und TESE sind vielversprechende, aber noch experimentelle Anwendungen. Vor einem routinemäßigen Einsatz werden noch präklinische und klinische Studien benötigt, die die Sicherheit und Effizienz dieser Methoden belegen. Ebenso müssen die ethischen und rechtlichen Grundlagen neuartiger Therapien mit Keimzellen bedacht werden.
Fertilität nach Chemo- und Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter, FeCt – eine Bundesweite Umfrage Simone Reinmuth1, Cynthia Hohmann2, Thomas Keil2, Anja Borgmann1 1 Klinik für Pädiatrie m. S. Onkologie/Hämatologie, Charité Universitäts medizin Berlin 2 Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité Universitätsmedizin Berlin Zielsetzung: Nach der Berliner Umfrage 2006 führen wir 2008/2009 eine Bundesweite Umfrage zum Thema „Fertilität nach Chemo- und Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter, FeCt“, durch. Diese Fertilitätsdaten sollen mit Angaben zur Grunderkrankung und individuellen Therapie korreliert werden um gonadotoxische Medikamente/ Dosierungen/ Bestrahlungstherapien in der Kinderonkologie zu identifizieren. Die Ergebnisse der FeCt-Studien sollen in zukünftigen Behandlungsprotokollen Berücksichtigung finden. Methoden: 4689 ehemalige Patienten aus ganz Deutschland, die zum Umfragezeitpunkt volljährig waren, erhielten unseren Fragebogen. Ergebnisse: 61% der Angeschriebenen (n = 2770, 1461 Frauen, 1309 Männer) nahmen teil. Das Durchschnittsalter war 26 Jahre. 41% der Teilnehmer gaben an, über das Risiko einer Infertilität aufgeklärt worden zu sein. 90% aller Teilnehmer gaben an, sich Kinder zu wünschen. Gründe gegen eigene Kinder waren unter anderen ‚Angst, das Kind bekommt auch Krebs’ (6%) und ‚Angst vor erneutem Ausbruch der Krankheit’ (2%). Eine vorrübergehende Amenorrhoe nach Chemo-/Strahlentherapie gaben 112 von 1061 Teilnehmerinnen an (11%). 38 der 1061 Teilnehmerinnen gaben eine permanente Amenorrhoe an (4%). 470 der 2722 Teilnehmerinnen/ Partnerinnen von Teilnehmern (17%) waren bereits schwanger. Die Fehlgeburtenrate lag bei 13%, die Abbruchrate bei 7%. 619 Kinder wurden geboren, davon 72 frühgeboren. Das durchschnittliche Geburtsgewicht betrug 3277g, der Kopfumfang 37cm. 118 der 1309 männlichen Teilnehmer ließen eine Fruchtbarkeitsuntersuchung durchführen. Bei 30 dieser Teilnehmer wurde eine Infertilität diagnostiziert (25%). Schlussfolgerung: Der verbreitete Kinderwunsch der ehemaligen Patienten entsprach dem der altersentsprechenden Gesamtbevölkerung, die Schwangerschaftsabbruchrate war deutlich geringer. Die Rate an Fehlbildungen, Durchschnittsgewicht und Kopfumfang entsprachen der Allgemeinbevölkerung, die Anzahl der Frühgeborenen war leicht erhöht. Bisherige Studien zeigten kein erhöhtes Risiko für das Auftreten maligner Erkrankungen bei den Nachkommen ehemaliger Patienten. Die Amenorrhoerate von 4% ist durch die Einnahme oraler Kontrazeptiva falsch niedrig. Angaben zu Regelblutungen können daher nur bedingt als Fertilitätskriterien in die Auswertung einfließen. Ob eine Kumulation von Teilnehmern mit erhöhtem Risiko für Infertilität an den FeCt-Studien die Infertilitätsraten erhöht hat, wird überprüft. Wir halten eine umfassende Aufklärung über das Risiko einer Infertilität für erforderlich, damit gegebenenfalls prophylaktische Maßnahmen ergriffen werden können. Fertilität nach Chemo- und Strahlentherapie im Kindesund Jugendalter, FeCt – Hormonanalysen und Spermiogramme Rosa Rendtorff1, Andreas Müller², Marc Beyer³, Anja Borgmann1 1 Klinik für Pädiatrie m. S. Onkologie/Hämatologie, Charité Universitäts medizin Berlin 2 Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen 3 Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Zielsetzung: Nach der Berliner Umfrage 2006 und der bundesweiten Umfrage 2008, zum Thema „Fertilität nach Chemo- und Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter, FeCt“, führen wir eine Berliner Studie „FeCt, Hormonanalysen und Spermiogramme“ durch, bei der Hormon- und Spermienanalysen ehemaliger kinderonkologischer Patienten untersucht werden, mit dem Ziel der Validierung bisheriger Umfrageergebnisse. Monatsschrift Kinderheilkunde 10 · 2009
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Abstracts Methoden: Angeschrieben wurden 748 ehemalige berliner kinderonkologische Patienten, die zum Umfragezeitpunkt volljährig waren. Die Serumproben der Teilnehmer wurden in der Frauenklinik der Universitätsklinik Erlangen analysiert. Neben den Standardparametern der Fertilitätsdiagnostik (FSH, LH, Östrogen, Testosteron, Progesteron, Prolatkin, SHBG, DHS) wurden neuere Marker wie Inhibin B bei männlichen und Anti-Müller-Hormon (AMH) bei weiblichen Teilnehmern bestimmt. Die Spermienanalysen wurden in der Klinik für Dermatologie der Charité durchgeführt. Ergebnisse: Wir erhielten 148 Blutproben von 78 Frauen und 70 Männern. 42 der männlichen Teilnehmer nahmen an der Spermienanalyse teil. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer war 24 Jahre. Bei 12 der 74 Teilnehmerinnen (16%) wurden AMH Werte <0,1 ng/ml bestimmt. Die Follikelreserve scheint bei diesen Teilnehmerinnen sehr deutlich eingeschränkt und das Risiko einer Infertilität somit erhöht. 17 Teilnehmerinnen (23%) hatten AMH Werte zwischen 0,1 und 1,0 ng/ml mit dem Verdacht auf ein drohendes Ovarialversagen bei eingeschränkter Follikelreserve. Bei 23 der 70 männlichen Teilnehmern (33%) wurden Inhibin B Werte <80 pg/ml in Kombination mit FSH Werten >10 IU/l gefunden, was für eine eingeschränkte Spermiogenese mit erhöhtem Risiko einer Infertilität sprechen kann. Von den 42 Spermiogrammbefunden zeigten 13 eine Azoospermie (31%). Schlussfolgerung: 4% der Teilnehmerinnen der bundesweiten Umfrage gaben eine permanente Amenorrhoe an. Stellt man den 16% Teilnehmerinnen der Hormonanalyse mit Verdacht auf Infertilität gegenüber, muss davon ausgegangen werden, dass einige Teilnehmerinnen lediglich durch Kontrazeptivaeinnahme eine Regelblutung erleben. 25% der männlichen Teilnehmer der Bundesweiten Umfrage, die eine Fertilitätsuntersuchung durchführen ließen, gaben das Ergebnis V.a. Infertilität an. In Berlin lag die Verdachtsrate bei 33% (Hormonanalyse) bzw. 31% (Spermiogramme). Überprüft werden muss, ob unter den Teilnehmern vermehrt Patienten mit erhöhtem Risiko für Fruchtbarkeitsschädigung sind. Elternschaft nach Behandlung eines Morbus Hodgkin im Kindesund Jugendalter: Daten aus dem longitudinalen Nachbeobachtungs projekt HD-Spätfolgen Jürgen H. Brämswig, Marianne Riepenhausen, Günther Schellong Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Hämatologie/Onkologie und Allgemeine Kinderheilkunde/Endokrinologie, Universitätsklinikum Münster Einleitung: Störungen der gonadalen Funktion sind nach Behandlungen maligner Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter eine häufige Spätfolge der Radio- und/oder Chemotherapie. Endokrinologische Untersuchungen bei Patienten der multizentrischen Therapiestudien DAL-HD78 bis DAL–HD-90 hatten bei einem Teil der Jungen Hinweise auf einen hypergonadotropen Hypogonadismus in Abhängigkeit von der Anzahl der procarbazinhaltigen Zyklen (PC-Z) ergeben (Cancer 65, 1298-1302, 1990). Bei Mädchen ohne Beckenbestrahlung waren ovarielle Funktionsstörungen nicht erkennbar. Wir haben jetzt untersucht, wie viele Patientinnen/-en nach der Behandlung eines Morbus Hodgkin im Rahmen dieser Therapiestudien Kinder bekommen haben. Methoden: Datenerhebung im Rahmen des GPOH-HD Spätfolgenprojekts der Studien HD-78 bis HD-90, in den ersten 10-15 Jahren durch Nachfrage bei den Studienkliniken, dann durch periodisch versandte Erhebungsbögen und persönliche Nachfrage bei den Patienten. Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der letzten Erhebung haben 175 von 589 früheren Patientinnen im Alter von median 28,5 (Streubreite 6,7-43,1) Jahren und 88 von 819 Patienten im Alter von median 26,6 (2,5-44,0) Jahren 1-6 bzw. 1-3 Kinder. Der Anteil der Mütter/Väter steigt mit dem Alter von 21,8% bzw. 7,3% (20-30 Jahre) auf 48,3% bzw. 22,3% (>30 Jahre). Während die Anzahl der Geburten bei Frauen in der Altersgruppe unter 30 Jahren geringer ist als in der deutschen Bevölkerung, ist sie größer bei den über 30-Jährigen. In dieser Altersgruppe können wir keine Abhängigkeit der Elternschaft von der Anzahl der PC-Z bei Frauen mit 49%,
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51%, 52%, 51% bei 0, 2, 4, 6-8 PC-Z, aber einen deutlichen Zusammenhang bei Männern demonstrieren. Der Anteil der Väter zum Untersuchungszeitpunkt ist 39% (0 Zyklen), 26% (2 Zyklen, 3000 mg/m²), 19% (4 Zyklen, 6000 mg/m²) und 9% (6-8 Zyklen, 9000-12000 mg/m²). Schlussfolgerungen: Eine Einschränkung der Fruchtbarkeit durch die Chemotherapie ist bei Frauen nicht erkennbar. Der Kinderwunsch der Patientinnen wird aber häufiger erst nach dem 30. Lebensjahr verwirklicht. Bei Männern besteht eine deutliche Abhängigkeit der Fertilität von PC-Z. Die testikuläre Schädigung im Sinne eines hypergonadotropen Hypogonadismus ist offensichtlich auch im Erwachsenenalter noch vorhanden. Fertilitätsprotektion vor zytotoxischen Therapien bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Michael von Wolff Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitäts-Frauenklinik Bern, Schweiz Neue reproduktionsmedizinische Techniken und die zunehmende Überlebensrate bei Tumorerkrankungen, insbesondere im Kinder- und Jugendalter, haben zu einem zunehmenden Interesse von Onkologen und Reproduktionsmedizinern an modernen fertilitätserhaltenden Maßnahmen bei zytotoxischen Therapien geführt. Ist bei Männern die Kryokonservierung von Spermien inzwischen ein etabliertes Verfahren, so ist die Fertilitätsprotektion bei Frauen wesentlich komplexer. Gut etabliert ist die konventionelle In Vitro Fertilisation (IVF). Diese Routinetechnik führt zu einer durchschnittlichen Schwangerschaftsrate von ca. 30-40% bei der einmaligen Entnahme von Keimzellen und der Kryokonservierung fertilisierter Oozyten. Allerdings werden für die hormonelle Stimulation 2 Wochen benötigt und die Technik erfordert vaginale Untersuchungen. Des Weiteren ist sie erst nach der Menarche durchführbar. Hat die junge Frau keinen festen Partner, so ermöglichen neue Kryokonservierungstechniken inzwischen auch die Konservierung unfertilisierter Oozyten. Eine weniger etablierte, aber zunehmend erfolgreiche Alternative ist die Kryokonservierung von Ovargewebe. Diese Technik dürfte besonders bei Kindern, Jugendlichen und jungen Frauen erfolgreich zu sein, da deren Ovarien eine grosse Ovarreserve aufweisen. Auch ist der erforderliche Zeitaufwand mit 2-3 Tagen sehr kurz. Allerdings erfordert diese Maßnahme eine Laparoskopie. Häufig angewandt wird inzwischen die Gabe von GnRH-Analoga bei postmenarchalen Mädchen und Frauen. GnH-Analoga senken die FSHProduktion der Hypophyse und setzen somit die Ovarien in einen Ruhezustand. Obwohl die ersten Studien zu dieser Therapie vielversprechend sind, steht ein endgültiger Beweis der Wirksamkeit aus. Schließlich sei noch die laparoskopische Transposition der Ovarien genannt, die bei einer Radiatio des Beckens eingesetzt werden kann. Mit den genannten Maßnahmen stehen inzwischen mehrere effektive Techniken zur Verfügung, deren Einsatz, besonders in Kombination, eine realistische Chance auf eine spätere Schwangerschaft bei einer Zerstörung der Ovarfunktion erlaubt. Allerdings muss, insbesondere im Hinblick auf das oft geringe Risiko einer Ovarschädigung bei Kindern durch zytotoxische Therapien, die Indikation streng gestellt werden. Ewing-Sarkom, von CESS 81 zu EWING 2008 Heribert Jürgens, Andreas Ranft, Uta Dirksen Universitätsklinikum Münster, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie Die Prognose für Patienten mit einem Ewing-Sarkom hat sich als Ergebnis konsekutiver multizentrischer Studien kontinuierlich verbessert: CESS 81 3-Jahres-EFS 0.56; 94 Patienten, CESS 86 3-Jahres-EFS 0.66; 210 Patienten, EICESS 92 3-Jahres-EFS 0.68; 355 Patienten, EURO-E.W.I.N.G 99 3-Jahres-EFS 0.70; 380 Patienten (Vergleichsgruppe: lokalisierte Erkrankung; Patienten ≤25Jahre)
In die EURO-E.W.I.N.G 99 Studie sind bis zum 30.06.2009 2.747 Patienten gemeldet (Frankreich 769 Patienten, EORTC 149 Patienten, UK 586 Patienten, GPOH 1.243 Patienten). Im R1-Arm (histologisch gutes Ansprechen; oder Tumorvolumen < 200 ml) wurden 833 Patienten randomisiert. Damit ist die Zielvorgabe für R1 erreicht. Im R2-Arm (ungünstiges Ansprechen (≥10 % vitaler Resttumor nach chemotherapeutischer Vorbehandlung) oder Tumorvolumen > 200 ml (bei alleiniger Bestrahlung) und Patienten mit primären Lungenmetastasen wurden 393 Patienten randomisiert, davon 184 wegen lokalisierter Erkrankung (R2loc) und 209 wegen primärer Lungenmetastasen (R2pulm). 404 Patienten mit primär ossärer Dissemination fallen in den R3-Arm. Wegen abgeschlossener Rekrutierung im R1-Arm steht die EUROE.W.I.N.G 99 Studie vor dem Abschluss und wird durch die EWING 2008 Studie mit einer neuen Fragestellung in R1 (randomisierte Bisphosphonat-Erhaltungstherapie) abgelöst. Der R2-Arm wird in der EWING 2008 Studie fortgesetzt, der R3-Arm erfährt eine randomisierte Fragestellung zu einer Treosulfan-basierten Hochdosischemotherapie. Ewing-Sarkom Lokaltherapie Andreas Ranft1, Arne Streitbüger2, Tobias Bölling3, Beate Timmermann4, Uta Dirksen1, Christiane Hoffmann1, Heribert Jürgens1 1 Universitätsklinikum Münster, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie 2 Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie 3 Universitätsklinikum Münster, Strahlentherapie und Radioonkologie 4 Universitätsklinikum Essen, Strahlentherapie und Radioonkologie Die Lokaltherapie nimmt einen zentralen Stellenwert in der Behandlung von Ewing-Sarkomen ein. Dargestellt werden Empfehlungen und aktuelle Methoden für die Behandlung der häufigsten ossären Primärlokalisationen (Becken, Röhrenknochen, Wirbelsäule).
Grundlage dieser Analyse sind die Ergebnisse von 645 Patienten aus der EICESS 92 und EURO-E.W.I.N.G.99 Studie (1991-2006). Alle Patienten hatten bei Diagnose keine Metastasen und wurden operiert (OP: 30%), kombiniert behandelt (OP&RT: 52%) oder bestrahlt (RT: 18%). Das 3-Jahre EFS betrug 0.75 für Röhrenknochen-, 0.70 für Wirbelsäulen- und 0.51 für Beckentumoren (p<.001). Für die Lokaltherapiemodalitäten ergaben sich 3-Jahre EFS von 0.74 (OP), 0.68 (OP&RT) und 0.54 (RT) (p=.009). Nach Kontrolle von Bias-Faktoren durch die klinische Entscheidung für eine Lokaltherapiemodalität bestätigte sich die positive Indikationsstellung der kombinierten Therapie bei schlechtem histologischen Ansprechen oder ungünstiger OP-Weite (Risk Ratio [RR] vs. OP: 0.67; 0.79). Bei großen Tumoren (≥200ml) zeigte sich unabhängig vom Tumorsitz ein Nachteil für eine alleinige RT (RR: RT/≥200ml: 2.28; p=.050), bei kleinen Tumoren (<200ml) waren die Ergebnisse der Bestrahlung mit Operation und kombinierter Therapie gleichwertig. Operation: In der chirurgischen Lokaltherapie ist unabhängig von der Tumor-Lokalisation eine weite Tumorresektion nach Enneking anzustreben. Extremitäten erhaltende Eingriffe sind der Standard. Limitierend sind hierbei insbesondere Tumorinfiltrationen der Hauptgefäß-Nervenstraße. Amputationen sind aufgrund der multimodalen Therapie nur noch selten primär notwendig. Bei Extremitätentumoren erfolgt die Rekonstruktion des knöchernen Defektes regelhaft durch eine Tumorendoprothese. Biologische Rekonstruktionen im Sinne von allogenen und/oder autologen Knochentransplantaten werden bei sehr jungen Patienten und vornehmlich an der oberen Extremität angewendet. Die innere Hemipelvektomie mit Hüftverschiebeplastik ist ein Standardeingriff bei den Beckentumoren. Mittellinien überschreitende Beckentumoren stellen in der Regel eine Kontraindikation zur operativen Versorgung dar. Die En-bloc-Spondylektomie ist ein etabliertes Verfahren bei Wirbelsäulentumoren, mit der weite Resektionsränder erreicht werden. Intraläsionale oder marginale Resektionsgrenzen sind lokalisationsunabhängig stets zu vermeiden.
Abstracts Radiotherapie: Die Strahlentherapie hat ihren festen Stellenwert in der multimodalen Therapie des Ewing-Sarkoms. Postoperativ ist sie bei knapper Resektion und/oder schlechtem histologischem Ansprechen auf die initiale Chemotherapie indiziert. Bei inoperablen Tumoren stellt sie die einzige Möglichkeit der lokalen Kontrolle dar. Bei Vorliegen eines Risikofaktors (schlechtes Ansprechen oder knapper Resektionsstatus) wird eine Dosis von kumulativ 45 Gy (normofraktioniert) empfohlen. Bei Zusammenkommen beider Risikofaktoren, intraläsionaler Resektion oder Inoperabilität ist ein zusätzlicher Boost auf kumulativ 54 Gy vorgesehen. Bei Tumoren >200ml wird eine Dosiserhöhung auf kumulativ 60 Gy (oder ggf. mehr) empfohlen, wobei zur Reduktion von Nebenwirkungen die Anwendung neuer Strahlentherapie-Techniken evaluiert werden sollte.
schließlich mit dem Thema der Anwendung für den pädiatrischen Bereich. Schon jetzt steht fest, dass die Protonentherapie in Deutschland koordiniert in allen Zentren erfolgen soll. Die Therapie von Kindern wird dabei im Rahmen der GPOH-Studien erfolgen. Erste Studien weisen bereits im Studienprotokoll Vorschläge für Indikationen sowie ein Referenzzentrum auf. Eine Dokumentation der durchgeführten Therapie nach RISK ist dabei ebenfalls vorgesehen Abschließend ist festzustellen, dass mittelfristig auch in Deutschland die Möglichkeiten bestehen werden, alle wichtigen pädiatrischen Indikationen mit Partikeln zu behandeln. Es bleibt allerdings eine wichtige Aufgabe und Herausforderung, die Aktivitäten zu koordinieren und optimal in die Studienlandschaft zu integrieren. Essentielle Belange der Qualitätssicherung und Transparenz sind zukünftig noch zu lösen.
Antikörper gegen den Rezeptor für den insulinähnlichen Wachstums faktor: Eine neue Therapiemodalität bei Ewing-Sarkomen? Heribert Jürgens, Uta Dirksen Universitätsklinikum Münster, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
EURHAB – A multinational registry with consensus therapy recom mendations for rhabdoid tumors of any anatomical localisation Michael C. Frühwald, Barbara Krefeld und Norbert Graf fort he EURHAB study committee Universitätsklinikum Münster, Abteilung für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Die autokrine Stimulation über den insulinähnlichen Wachstumsfaktor I-Rezeptor (IGF1-R) ist von Bedeutung für die maligne Transformation und Proliferation vieler Tumoren. So ist auch das EWS-FLI1 Fusionsprotein bei Ewing-Sarkomen in seiner transkriptionellen Aktivität von der Stimulation über den IGF1-R Signalinduktionsweg abhängig. Der IGF1-Rezeptor ist eine membranständige Thyrosin-Kinase mit über 80% Homologie zum Insulin-Rezeptor und ist weit exprimiert. Die Tumorwirksamkeit von Antikörpern gegen den IGF1-Rezeptor ist in vitro in verschiedenen Tumormodellen gut belegt. In den ersten Phase 1 Studien hat sich insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittenem Ewing-Sarkom ein Ansprechen gezeigt, so dass verschiedene IGF1-Rezeptor-Antikörper sehr schnell zu derzeit aktiven Ewing-Sarkom Phase 2 Studien entwickelt worden sind. Auch aus diesen Studien sind Zwischenergebnisse mit positivem Ansprechen bei insgesamt guter Verträglichkeit berichtet. Über die Höhe der Ansprechraten lässt sich jedoch aus den derzeit laufenden Studien noch nicht abschließend befinden. Auch über die differenzielle Wirksamkeit der verschiedenen Antikörper lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen. Es ist damit zu rechnen, dass sehr schnell die ersten Protokolle für den Einsatz in Kombination mit konventioneller Chemotherapie in Rezidiv- und Hochrisikosituationen initiiert werden können. Aktueller Stand und Implementierung der Partikeltherapie in Deutschland Beate Timmermann Westdeutsches Protonentherapie-Zentrum, Universitätsklinikum Essen Seit einigen Jahren werden zunehmend v.a. junge Kinder mit Protonenstrahlen behandelt. Dabei handelt es sich in erster Linie um Patienten mit Knochen- oder Weichteiltumoren und Hirntumoren. Die Therapie erfolgte bisher überwiegend am Paul Scherrer Institut in der Schweiz. Einige Patienten wurden in Frankreich/Orsay oder Boston/USA behandelt. Nur wenige, ältere Kinder erhielten in Deutschland eine Schwerionentherapie in Darmstadt („GSI“). Mittlerweile ist die GSI in Darmstadt nicht mehr im klinischen Betrieb. In Bau befinden sich die Protonentherapiezentren in München („RPTC“) und Essen („WPE“). In München wurde dieses Jahr ein eingeschränkter Betreib aufgenommen. Essen soll 2010 in Betrieb gehen. Anlagen für kombinierten Protonen- und Schwerionenstrahlen werden in Heidelberg („HIT“), Marburg und Kiel aufgebaut. Die erste Anlage sollte in Heidelberg noch im Jahr 2009 eröffnet werden. Marburg und Kiel werden später folgen. Alle Anlagen verfügen über technisch unterschiedliche Ausstattungen. Die DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie) und die APRO (Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Radioonkologie) haben Vorschläge zur sinnvollen Nutzung und Vernetzung der Partikeltherapie in Deutschland erarbeitet. Eine Arbeitsgruppe der APRO befasst sich aus-
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Rhabdoid tumors are an increasingly recognized entity affecting almost any anatomical structure mainly in infants and very young children. A common link are genetic events within the SWI/SNIF complex such as mutations of SMARCB1. Rhabdoid tumors of the CNS are called AT/RT, while their renal counterparts are termed RTK (rhabdoid tumors kidney) and the soft tissue variant MRT (malignant rhabdoid tumor). Newer registry data suggest that below 6 months of age AT/RT may be the most common intracranial malignancies. Prognostic factors are presence of germ line mutations, metastatic spread at diagnosis, extent of neurosurgical resection and response to chemotherapy approaches. In 2006 we created a protocol for the registration and evaluation of children affected by rhabdoid tumors of any anatomical location. Epidemiological and genetic data are obtained whenever possible. A consensus therapeutic approach was generated. This is based on an intensive induction chemotherapy regimen, early radiotherapy and if possible complete surgical resection. Since 2006 we have registered the clinical, genetic and treatment data of 34 patients with AT/RT. RTK and MRT are beginning to be reported into the registry. Whenever tumor material was available genetic testing for SMARCB1 was performed. In contrast to data from the HIT, SIOP and CWS trials but in accordance with newer trials (e.g. the DFCI consortium) outcome appears much improved. Follow-up of our cohort is short, but demonstrates that if no complete response can be obtained by multimodality treatment outcome is rather dismal. In agreement with European partners we now present a consensus approach aiming at harmonizing diagnostics and treatment of any rhabdoid tumor. We present first data from our German registry and new developments within SIOP. We introduce the European registry for all rhabdoid tumors (EURHAB). Our ultimate goal is to lay the basis for innovative strategies, which will then be conducted as phase I/II concepts. We ask for cooperation in Germany and Europe and suggest that all rhabdoid tumors are registered with EURHAB. Supported by Horizont e.v. Wesecke Germany XIAP expression is posttranscriptionally upregulated in childhood ALL and associated with glucocorticoid response in T-cell ALL P Hundsdoerfer, I Dietrich, C Eckert, G Henze Department of Pediatric Oncology / Hematology, Charité Universitäts medizin, Berlin, Germany Resistance against glucocorticoid induced apoptosis is one of the major risk factors for relapse and poor outcome in childhood acute lymphoblastic leukemia (ALL). Overexpression of X-linked inhibitor of apoptosis
protein (XIAP) has been shown to be associated with chemotherapy resistance in several malignancies. In this study, XIAP protein and mRNA expression was determined in leukemic blasts of 60 childhood ALL patients and compared to glucocorticoid response and outcome. XIAP protein but not mRNA expression was found to be highly increased in childhood ALL (30-fold, p<.0001) suggesting a posttranscriptional activation of XIAP expression. In patients with T-cell ALL a significant association of high XIAP expression and poor response to glucocorticoid therapy (prednisone poor response; XIAP≤75th percentile, 21% vs. XIAP>75th percentile, 100%; p=.001) and a tendency to poor outcome in patients with high XIAP expression (5-year OS; XIAP≤75th percentile, 94% ± 5% vs. XIAP>75th percentile, 67% ± 19%; p=.07) was detected. For the first time, we demonstrate overexpression of XIAP in childhood ALL. The association with poor glucocorticoid response in vivo and outcome in T-cell ALL suggests inhibition of XIAP as a promising novel approach for the treatment of resistant ALL. XIAP overexpression results from posttranscriptional regulation that needs further characterization. DNA repair alterations in children with pediatric malignancies: Novel opportunities to identify patients at risk for high-grade toxicities Claudia E. Rübe (1), Andreas Fricke (1), Norbert Graf (2), Christian Rübe (1) Department of Radiation Oncology (1), Department of Pediatric Hematology and Oncology (2), Saarland University, 66421 Homburg/Saar, Germany Major advances in pediatric cancer therapy have resulted in substantial improvements in survival. However, growing concern has emerged about severe normal tissue toxicities associated with increasingly complex multimodality treatment strategies, compromising the clinical outcome of affected children. In this prospective clinical study, the highly sensitive γH2AX-foci analysis was evaluated to identify pediatric patients with an impaired DSB repair capacity as determining factor for high-grade normal tissue toxicities. At first, the feasibility of the γH2AX-foci approach to detect even subtle, genetically-determined DSB repair deficiencies could be confirmed by testing blood samples of ATM-/- homozygote children (n=4) and their obligate ATM+/- heterozygote parents (n=5). Subsequently, the individual DSB repair capacity of children with different solid tumors (brain tumors, soft tissue and bone sarcoma, embryonal tumors, n=23) was analysed compared to healthy age-matched control-children (n=24) and correlated with their treatment-related acute and late side effects (assessed according to RISK study protocol). While all healthy children exhibited proficient DSB repair, 4 out of 23 children with cancer revealed an impaired DSB repair capacity, whereas the underlying genetic defect could be discovered in 3 patients. While none of the repair-proficient tumor-children developed high-grade toxicities, two of the repair-deficient tumor-children suffered unexpected serious adverse events, lifethreatening radiation pneumonitis (grade 3 toxicity) and lethal spinal cord necrosis (grade 4 toxicity). These data suggest that γH2AX-analysis testing for DSB repair deficiencies may provide a novel opportunity to identify children at risk for high-grade toxicities. Hohe Anzahl an zirkulierenden Endothelprogenitorzellen (EPC) korreliert mit Metastasierung bei Patienten mit pädiatrischen soliden Tumoren Jochen Rössler1§, Melissa Taylor1,2, Birgit Geoerger1,3, Agnès Laplanche4, Olivier Hartmann3, Gilles Vassal1,2,3, Françoise Farace1,2 1 University Paris-Sud, UPRES EA 3535 “Pharmacology and New Treatments in Cancer, 2Translational Research Laboratory”, 3Department of Pediatrics, 4 Department of Biostatistics, Institut Gustave Roussy, France Einleitung: In den letzten Jahren wurden neue Mechanismen für die Entstehung eines tumoreigenen Gefäßsystems beschrieben: Einerseits können Endothelprogenitorzellen (EPC) aus dem Knochenmark mobili-
siert werden, die dann als zirkulierende EPC in den Tumor einwandern, dort ausreifen und so beim Aufbau neuer Tumorgefäße mitwirken. Andererseits konnte gezeigt werden, dass „reife“ Endothelzellen aus anderen Gefäßabschnitten des Körpers in die Blutzirkulation eintreten können (CEC) und im Tumor zur Angiogenese beitragen. Bei Tumorpatienten werden zirkulierende EPC und CEC zurzeit als potentielle Biomarker für das Monitoring von anti-angiogenen Therapieansätzen untersucht. Material und Methode: Peripheres Blut von 45 Patienten mit lokalisierten (n=23) und metastasierten (n=22) soliden, pädiatrischen Tumoren sowie von 20 gesunden Kontrollpatienten wurde mittels FACS untersucht. Zirkulierende EPC, definiert als CD45-/CD34+/VEGFR2(KDR)+/7AAD- und CD45dim/CD34+/VEGFR2(KDR)+/7AAD- wurden aus Vorläuferzellen angereicherten Proben identifiziert. Zirkulierende CEC wurden als CD31+/ CD146+/CD45-/7AAA- Zellen gemessen. Ergebnisse: Der Anteil CD45-/CD34+/VEGFR2(KDR)+/7AAD- Zellen beträgt weniger als 0.003% der zirkulierenden Vorläuferzellen aus dem Knochenmark (≤0.05 Zellen/mL). Der mediane Anteil an CD45dim/ CD34+/VEGFR2(KDR)+/7AAD- Zellen liegt bei Tumorpatienten höher als bei gesunden Kontrollpatienten: 1.5% (0-10.3%) gegenüber 0.3% (0-1.6%) der zirkulierenden Vorläuferzellen aus dem Knochenmark (p<0.0001). Zusätzlich unterscheiden sich diese signifikant bei Patienten mit lokalisierter und metastasierter Erkrankung: 0.7% (0-8.6%) bzw. 2.9% (0.6-10.3%) der zirkulierenden Vorläuferzellen aus dem Knochenmark (p<0.001). Die mediane Anzahl der zirkulierenden CEC beträgt 7 Zellen/ mL (0-152/mL). Im Gegensatz zu den zirkulierenden EPC, korrelieren weder zirkulierende CEC noch die Plasmaspiegel der Angiogenesefaktoren VEGF und VEGFR2 mit dem Erkrankungsstatus. Schlussfolgerung: Eine hohe Anzahl an zirkulierenden EPC, die als CD45dim/CD34+/VEGFR2+/7AAD- Zellen charakterisiert sind, findet sich bei metastasierten Tumoren. Diese Ergebnisse geben Einblick in die Mechanismen der Angiogenese bei pädiatrisch soliden Tumoren und identifizieren ein neues, potentielles „Target“ sowie Biomarker für eine antiangiogene Therapie. Prof. associé von 2006 bis 2008 in der Arbeitsgruppe UPRES EA 3535; aktuelle Adresse: Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Universitätsklinikum Freiburg §
Evidence for a common precursor in T-ALL and Juvenile Xanthogranuloma (JXG) Authors: Ruy Perez-Becker 1, Tim Niehues 1, Monika Szczepanowski 2, Wolfram Klapper 2 1 Helios Klinikum Krefeld, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Lutherplatz 40, D-47805 Krefeld 2 Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Institut für Pathologie, Sektion Hämatopathologie und LKR, Haus 14, Arnold-Heller-Strasse 3, 24105 Kiel Background: We present the case of a 5-year-old girl who developed an abnormally aggressive systemic juvenile xanthogranuloma (JXG, a tumor of disputed origin, possibly related to dendritic cells) during treatment for cortical T-cell acute lymphoblastic leukemia (T-ALL). Despite the administration of 2 different chemotherapeutic protocols, the JXG rapidly infiltrated various organs, leading to the patient’s death. The co-occurrence with T-ALL, its unusual aggressive behaviour and the apparent lack of response to chemotherapy gave rise to the question whether both malignancies were clonally related. Methods: We evaluated T-cell receptor γ-chain (TCR-γ) rearrangement in cells obtained from a tumor biopsy of the JXG and initial T-ALL blasts from the patients’ peripheral blood. In tissue, micro-dissection of JXG cells was performed to exclude contamination by leukemic cells. To inves tigate TCR-γ rearrangements in both malignancies, we carried out PCR using BIOMED-2-primers VGlf and JG1.3. PCR products were cloned into pCR2.1 TOPO vector, expanded and sequenced. Results: Via fragment analysis we found a clonal TCR-γ rearrangement in both T-ALL and JXG cells, characterized by two clearly defined fragMonatsschrift Kinderheilkunde 10 · 2009
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Abstracts ments of 215 and 219 bp corresponding to each allele. Sequence analysis of the cloned PCR products revealed a bi-allelic rearrangement with exactly the same V-segments and patient specific joining sequences in each malignancy. The patient specific sequence length in both alleles differed in 4 bp, which was reflected in the fragment size difference found in the TCR-γ fragment analysis. Conclusion: The finding of an identical TCR-γ rearrangement in both malignancies strongly suggests that T-ALL and JXG in this patient were clonally related. To our knowledge this is the first report of a clonal relationship between both malignancies. These results may suggest the existence of a common precursor cell, and could also have implications for understanding the ontogeny of dendritic cells. Frühpostoperative Gewichtszunahme und Einschränkungen der Lebensqualität nach Kraniopharyngeom im Kindes- und Jugendalter – Analyse von operativen Risikofaktoren im Rahmen der multizent rischen prospektiven Studie KRANIOPHARYNGEOM 2000 Hermann Müller1, Ursel Gebhardt1, Monika Warmuth-Metz2, Gabriele Calaminus3, Niels Sörensen4 1 Klinikum Oldenburg gGmbH; 2Abteilung für Neuroradiologie, Universität Würzburg; 3Klinik für Päd. Hämatologie/Onkologie, Universität Münster; 4 Neurochirurgische Klinik, Evangelisches Krankenhaus Oldenburg Risikofaktoren für Tumorrückfall/Progression, Einschränkungen der Lebensqualität (QoL) und das Auftreten einer schweren postoperativen Adipositas wurden im Rahmen der multizentrischen Studie KRANIOPHARYNGEOM 2000 bei 117 Kindern und Jugendlichen mit Kraniopharyngeom prospektiv untersucht. Alle histologischen und bildgebenden Befunde wurden prospektiv durch Referenzzentren beurteilt. Der Einfluss von Risikofaktoren auf die Progressions- und Rückfallrate wurde bei 108 von 117 Patienten mittels Multivarianzanalyse untersucht. Basierend auf der Referenzradiologie wurde ein Score für den Grad operativer hypothalamischer Läsionen (HL) erstellt. Postoperative Adipositas (BMI-SDS) und QoL (PEDQOL) wurden ausgewertet zu den Zeitpunkten 12 und 36 Monate nach OP in Relation zum HL-Score (keine, anteriore, posteriore HL). Die 3-Jahre-ereignisfreie Überlebensrate (3-J-EFS) lag für die Gesamtgruppe der 117 Patienten bei 0.44. Die niedrige EFS war bedingt durch eine hohe Rate an Rückfällen nach KR (n=45; 3-J-EFS:0.63) und Tumorprogressionen nach IR (n=64; 3-J-EFS:0.31). Die multivariate Analyse ergab, dass das Risiko eines ersten Events für Patienten nach KR um 80% niedriger war als für Patienten nach IR (HR:0.276). Nach XRT hatten Patienten ein um 88% niedriges Risiko für ein Event als Patienten ohne/vor XRT (HR:0.12). Der BMI-SDS bei Diagnose war nicht abhängig von der präoperativen Hypothalamusbeteiligung. Die Gradierung operativer HL nach referenz-basiertem neuroradiologischem Score ergab: Keine operative HL bei 31%, anteriore HL bei 20%, posteriore HL bei 49%. Operative HL posteriorer Hypothalamusareale waren assoziiert mit einem BMISDS Anstieg während der ersten 12 Monate (+2.2 SD; p<0.01) und 36 Monate (+3.2 SD; p<0.01) nach OP. Patienten mit posterioren HL boten parallel zur Gewichtszunahme eine Verschlechterung der QoL. Ein Anstieg des BMI um >2SD während der ersten zwölf postoperativen Monate war assoziiert mit der niedrigsten QoL. In Anbetracht häufiger Frührezidive werden regelmäßige bildgebende Verlaufskontrollen empfohlen. Bei präoperativem Nachweis einer Tumorbeteiligung posteriorer Hypothalamusareale wird von einer radikalen operativen Strategie abgeraten. Nach IR sollte eine Strahlentherapie erfolgen. Gefördert von der Deutschen Kinderkrebsstiftung
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Circulating antibodies to ALK inversely correlate with tumour dissemination and relapse risk in children and adolescents with ALK-positive anaplastic large cell lymphoma Willi Woessmann1, Kamel Ait-Tahar2, Christine Damm-Welk1, Birgit Burkhardt1, Martin Zimmerman1, Alfred Reiter1, Karen Pulford2 . 1JustusLiebig-University, NHL-BFM study center and Department of Paediatric Hematology and Oncology, Gießen, Germany. 2University of Oxford, Nuffield Department of Clinical Laboratory Sciences, John Radcliffe Hospital, Oxford, UK. Introduction: There is limited evidence that an autoimmune response contributes to lymphoma control. Circulating antibodies and T-cell responses to the tumour-associated antigen anaplastic lymphoma kinase (ALK) have been detected in patients with ALK-positive anaplastic large cell lymphoma (ALCL). We analyzed the magnitude of the autoantibody response to ALK and its association with a) tumour dissemination (stage and the levels of CTCs) and b) relapse risk. Patients and Methods: ALK autoantibodies were analyzed in initial serum or plasma samples from 95 children and adolescents with NPMALK-positive ALCL. NPM-ALK transcripts (CTCs) could be quantified in cells from bone marrow (BM) and/or blood of 69 and 59 of the patients (pts). The pts were treated according to the NHL-BFM95 and ALCL99 trials between 1996 and 2007. Antibody titres against ALK and copies of NPM-ALK were measured using ALK transfectants and quantitative RTPCR as previously described. Results: Circulating antibodies to ALK were detected in 87/95 (92%) of pts. The magnitude of antibody titres correlated inversely with stage and mediastinal/visceral involvement. There was a significant inverse correlation between the magnitude of antibody titres and CTCs. None of the 24 pts with a high antibody titre (≥1/60750) had more than 10 copies NPM-ALK/104 copies ABL in BM compared to 8/27 pts with intermediate antibody titres (1/2025-<1/60750) and 6/12 pts with antibody titres <1/2025 (p=.001). Amongst pts mounting an antibody response, higher antibody titres were significantly associated with lower cumulative incidence of relapses (CI-R): 19 pts with a titre <1/2025 had a CI-R of 74±11% compared to a CI-R of 32±8% of 39 patients with intermediate titres (1/2025-<1/60750) and a CI-R of 11±6% of 29 pts with titres ≥1/60750 (p<.001). Conclusion: Our results provide the first clinical evidence that the strength of the immune response to ALK inhibits lymphoma dissemination and influences the relapse risk. Results of a phase II window study on Rituximab in newly diagnosed pediatric mature B-NHL/Burkitt‘s leukemia (B-AL) Andrea Meinhardt1, Birgit Burkhardt1,2, Martin Zimmermann1, Alfred Reiter1 1 NHL-BFM Study Center, Justus-Liebig-University Gießen ² Department of Pediatrics, University Hospital Schleswig-Holstein, Campus Kiel Background: Pediatric mature B-NHL differ from aggressive B-NHL of adults in terms of biology and treatment outcome. In contrast to adults, Rituximab is not established in the treatment of pediatric B-NHL yet. Even the activity is not determined. We conducted a phase II window study to examine the activity and tolerability of Rituximab in children and adolescents with newly diagnosed mature B-NHL/AL. Methods: Eligibility: age <19 years, CD20+ B-NHL/AL, >1 measurable lesion, adequate general condition, informed consent. Exclusion: impaired renal-, heart-, liver-function, allergy against foreign proteins, hepatitis B, pre-treatment, pre-existing disease, pregnancy. Treatment: Rituximab 375mg/m² IV on day –4 prior to chemotherapy; concomitant therapy: Rasburicase, steroids only for anaphylaxis, intrathecal triple drug at days 1, 3 for CNS+ patients only. Response evaluation: product of 2 largest perpendicular diameters of 1-3 index lesions/% blasts in bone marrow/peripheral blood within 24 hours prior to Rituximab and at day 5. Responder: >1 lesion with decrease of >25% and no progress (increase of >25%) at
other sites. Study plan: Simon 2-stage phase II (α, β 5%). Response rate for poor/good activity was set to 45/65%. 33 patients entered the first stage, final evaluation was scheduled after at least 79 evaluable patients. Results: 136 patients were enrolled from 04/04-08/08. CTC °3/4 toxicities reported for the 136 patients: general condition 16%, fatigue 13%, anaphylaxis 6%, infection 3%, S-GOT/GPT 10%, acute tumor lysis (ATL) 7%, no capillary leakage, no toxic death. 49 patients were not evaluable for response due to withdrawal (anaphylaxis [8], ATL [2], suspected progression, not verified [4], other [2]), intrathecal therapy in CNS-patients (8), corticosteroids (3), technical inadequacy (21), no index lesion (1). Of the 87 evaluable patients 37 were responder (42.5%, 95%-CI 32-54%). Response rate by histology: Burkitt/B-AL 29/68, DLBCL 6/14, follicular lymphoma 1/2, PMBCL 1/1, B-NHL nfs 0/2. Conclusion: Rituximab 375mg/m² is active as single agent in >40% of pediatric B-NHL. PRES – posteriores reversibles enzephalopathisches Syndrom – als Komplikation beim Therapiestart für ein abdominelles B-NHL Nele Siegler, Julia Prusseit, Dagmar Dilloo, Gudrun Fleischhack Abteilung für Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Zentrum für Kinder heilkunde, Universitätsklinikum Bonn Wir berichten über ein 14 Jahre altes Mädchen mit abdominellem B-NHL, Stadium III, Therapiegruppe R2, die gemäß Protokoll B-NHL-BFM-2004 mit der Vorphase und nachfolgend dem A4-Block behandelt wurde. Zum Zeitpunkt der Vorphase (Dexamethason, Cyclophosphamid, intrathekale Triple-Therapie) traten erstmalig kurzzeitige Blickdeviationen begleitet von Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen auf. An Tag 1 des A4-Blocks kam es nach Gabe von Dexamethason, Vincristin und Ifosfamid zum cerebralen generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfall mit Blickdeviationen und Bewusstseinsstörung, der sich mit Diazepam unterbrechen ließ. Im CCT ergaben sich keine Hinweise auf Blutung, Infarkt, Sinusvenenthrombose oder malignomsuspekte Raumforderungen. Eine Hypertension, Elektrolytstörungen bzw. ein Tumorlysissyndrom konnten als Ursachen ausgeschlossen werden. Nach einem zweiten tonisch-klonischen Krampfanfall und bei anhaltend neurologischer Symptomatik mit Reflexsteigerung und Sehstörungen wurde die Chemotherapie unterbrochen und eine antiepileptische Therapie mit Levetiracetam und Midazolam eingeleitet. Regionale Verlangsamungen rechts frontozentral mit sharp waves im EEG und multiple cerebrale kortikale und subcorticale T2-Signalanhebungen in der Kernspintomographie des Schädels ließen eine kortikale Enzephalopathie im Sinne eines therapieassoziierten Posterioren Reversiblen Enzephalopathie Syndrom (PRES) vermuten. Im Verlauf waren die beschriebenen Veränderungen im EEG und MRT rückläufig und wir konnten die zytostatische Therapie unter Fortführung der antikonvulsiven Therapie und protokollkonform fortsetzen. Das posteriore reversible Leukencephalopathie-Syndrom beschreibt das Auftreten einer akuten Encephalopathie mit Kopfschmerzen, Psychosyndrom, Krampfanfällen und visuellen Symptomen. Es zeigen sich T2-/Flair-Signalhyperintensitäten im MRT als Ausdruck eines corticalen und subcorticalen vasogenen Oedems im Bereich der weißen, seltener der grauen Substanz mit occipitaler Betonung. Pathophysiologisch wird eine Störung der zentralen Gefäßautoregulation angenommen. Verschiedenste Krankheitsbilder und Therapieregime wurden ätiologisch mit dem PRES in Verbindung gebracht: Hypertensive Krisen, Eklampsie, Glomerulonephritis, Porphyrie, Zöliakie, Vaskulitiden, endokrine Erkrankungen, Bluttransfusionen, Knochenmarkstransplantationen, Immunmodulatoren, Immunsuppressiva und u.a. auch Zytostatika. In der Regel ist die klinische Symptomatik innerhalb von Tagen oder Wochen vollständig reversibel, die Entwicklung chronischer Epilepsien oder neurologischer Residualsymptome ist aber beschrieben. Unter der verbesserten Bildgebung und den zunehmenden Fallbeschreibungen ist von einer Zunahme der Inzidenz im Kindesalter auszugehen.
Multimodaler molekular basierter Therapieansatz für Kinder mit refraktären und rezidivierten Neuroblastomen Selim Corbacioglu1, Gabi Kropshofer2, Bernd Gruhn3, Bernhard Meister2, Mechthild Bröckelmann4, Michael Frühwald5 und Klaus-Michael Debatin1 1 Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm, 2 Universitätsklinik für Pädiatrie II Innsbruck, 3Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Jena, 4 Evangelisches Krankenhaus Bielefeld, 5Universitätsklinikum Münster Pädiatrische Hämatologie und Onkologie Neuroblastome (NB) sind die häufigsten soliden Tumoren im Kleinkindesalter. 90% der NB manifestieren sich bei Kindern unter 5 Jahren, die meisten sind jünger als 2 Jahre. Jährlich werden ca. 140 Neuerkrankungen registriert. Die Prognose von NB ist sehr heterogen. Hochrisikopatienten haben ein durchschnittliches EFS von bis zu 40% und OS von bis zu 50%. Rezidive und refraktäre Erkrankungen haben auf Grund einer Tendenz zur chemo- und strahlentherapeutischen Resistenz sowie Therapie limitierender Comorbiditäten eine sehr schlechte Prognose. Wir berichten von 6 Patienten mit rezidiviertem und refraktären NB, die mit einer experimentellen molekular basierten Kombinationstherapie behandelt wurden. Die Patienten wurden nach Standard- und Rezidivtherapieprotokollen vorbehandelt, autolog und teilweise auch allogen transplantiert. Aufgrund der therapierefraktären Situation mit multiplen Leber-, Lymphknoten-, medullären und ossären Metastasen sowie der therapieassoziierten Morbidität wurde ein molekularer Therapieansatz gewählt, der sich aus einer Kombination von Dasatinib, Rapamycin, Irinotecan und Temozolomid zusammensetzt. Bei 5 der 6 Patienten wurde früh nach Therapiebeginn eine teilweise deutliche Reduktion relevanter laborchemischer Parameter (VMA, HVA, NSE) beobachtet. Die Bildgebung (US, MRT, MIBG Szintigraphie) zeigte eine Reduktion der Tumorvolumina und Anreicherung. Bei einer durchschnittlichen Remission von 11 Monaten sind noch 5 der 6 Patienten am Leben. Die Therapie wird ambulant durchgeführt. Die Nebenwirkungen sind tolerabel und bestehen aus Myelosuppression, Übelkeit und Diarrhö. Zwei Patienten mit dem längeren Beobachtungszeitraum erreichten anhaltend normale Laborparameter und keine bzw. geringe Restbefunde in der Bildgebung. Bei einem weiteren Patienten zeigte die Bildgebung nach 4 Monaten einen deutlichen Rückgang der Infiltrate. Das molekular basierte multimodale, metronomische Therapiedesign mit einem Kinaseinhibitor, einem mTOR Inhibitor, ergänzt durch Temozolomid und Irinotecan ist vielversprechend, da ein überraschend gutes und z.T. lang anhaltendes Ansprechen mit tolerabler Toxizität beobachtet wird. Eine prospektive Evaluation in Rezidivsituationen ist damit gerechtfertigt. Die psychosoziale Adaptation langzeitüberlebender Krebspatienten nach Erkrankung in der Adoleszenz Lutz Goldbeck1, Klaus-Michael Debatin2, Ute Dieluweit1, Diana C. M. Seitz1 1 Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Universitäts klinikum Ulm 2 Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Ulm Hintergrund: Aus internationalen Surivorship-Studien ist bekannt, dass eine Krebserkrankung im Kindesalter zu längerfristigen psychosozialen Beeinträchtigungen führen kann. Über den spezifischen Einfluss einer Krebserkrankung während der vulnerablen Entwicklungsphase der Adoleszenz ist bislang wenig bekannt. Das Ziel dieser Studie ist es, die psychosoziale Entwicklung und spätere Teilhabe in Beruf und Gesellschaft bei langzeitüberlebenden Krebspatienten des Jugendalters zu untersuchen. Patienten und Methode: Mit Hilfe von Fragebögen und strukturierten Interviews wurden Posttraumatische Stressbelastung, Angst und Depression sowie Lebenszufriedenheit und soziale Entwicklung erfasst. Die Studienkohorte besteht aus n=820 langzeitüberlebenden Krebspatienten des Jugendalters (49% männlich; Alter M=30.4±6.1; Zeit seit Diagnose M=13.7±6.0 Jahre), welche über das Deutsche Kinderkrebsregister zur Studienteilnahme eingeladen wurden (Rücklaufquote: 42.6%). Parallel Monatsschrift Kinderheilkunde 10 · 2009
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wurde eine Kontrollgruppe mit n=1027 Personen ohne Krebserkrankung in der Vorgeschichte (27% männlich; Alter M=31.5±7.0) rekrutiert. Ergebnisse: Bei den ehemaligen Krebspatienten wurden signifikant mehr posttraumatische Belastungssymptome, ängstliche und depressive Symp tome identifiziert als in der gesunden Vergleichsgruppe. Dementsprechend fand sich bei den Survivors eine erhöhte Prävalenz psychischer Störungen (PTSD, Depression und Angst; OR 1.8, 95% CI 1.31-2.42). Die ehemaligen Patienten zeigten eine signifikant niedrigere allgemeine sowie gesundheitsbezogene Lebenszufriedenheit verglichen mit der Kontrollgruppe. Darüber hinaus waren die Survivors weniger häufig verheiratet und hatten weniger Kinder (auch nach Kontrolle des Faktors Infertilität). Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erreichten die ehemaligen Krebspatienten ein höheres Bildungsniveau, waren signifikant älter bei ihrem Eintritt ins Berufsleben sowie häufiger erwerbstätig. Schlussfolgerungen: Auch Jahre nach Abschluss der medizinischen Therapie treten bei ehemaligen Krebspatienten des Jugendalters im Vergleich zu stets gesunden Gleichaltrigen vermehrt psychosoziale Belastungen auf. Vor allem Ängste, posttraumatische Stresssymptome und eine reduzierte Lebensqualität sind zu beobachten. Berufsausbildung und –eingliederung verlaufen bis auf eine leichte Verzögerung überwiegend ungestört. In der Familienplanung zeigen sich hingegen Einschränkungen, wobei die geringere Kinderzahl der Survivors nicht hinreichend durch Infertilität erklärt wird. Im Rahmen interdisziplinärer Nachsorgeprogramme sollten die psychosozialen Spätfolgen einer Krebserkrankung verstärkt beachtet werden. Gefördert von der Deutschen Krebshilfe e.V. (Förderkennzeichen: 107452)