ZVersWiss (2017) 106:93–158 DOI 10.1007/s12297-017-0373-2 ABHANDLUNG
Das Recht der Versicherungsvermittlung Ein Vergleich des türkischen und des deutschen Rechtes Emine Yazicioglu · Peter Reusch
Online publiziert: 9. Juni 2017 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2017
Zusammenfassung Der europäische Binnenmarkt und seine rechtliche Harmonisierung sowie Integration sind für das Versicherungsrecht und speziell für den Prozess der Vermittlung und die Vermittler von besonderer Bedeutung. Insbesondere die Vermittlerrichtlinie (IMD 1) von 2002 hat alle wesentlichen Prinzipien und Regeln für die Versicherungsvermittlung festgelegt. Die europäische Richtlinie hat zu einer vergleichbaren und einheitlichen Regulierung in der ganzen EU geführt. Deshalb war es interessant in einer vergleichenden Betrachtung des türkischen und des deutschen Rechtes zu analysieren, ob es Einflüsse des EU-Rechtes auf die Versicherungsvermittlung im türkischen Recht gibt. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die Übereinstimmungen und Unterschiede in der türkischen und der deutschen Gesetzgebung im Recht der Versicherungsvermittlung. Mehr als man erwarten würde, gibt es in einem weiten Umfang Übereinstimmungen im Grundsätzlichen. Abstract The European single market and its legal harmonization and integration are important for the law of insurance and particularly for the process of mediation and of the intermediaries. Especially the EU Insurance Mediation Directive (IMD 1) from 2002 stated all essential principles and rules for insurance mediators. This European directive lead to a more convergent and consistent level of regulation in the whole EU. Therefore it was interesting to analyze in a comparative session on Turkish and German law if there has been any influence of the EU regulation on E. Yazicioglu Juristische Fakultät, Universität Istanbul, Istanbul, Türkei P. Reusch () Direktion für Deutschland, Helvetia Schweizerische Versicherungsgesellschaft AG, Frankfurt am Main, Deutschland E-Mail:
[email protected] P. Reusch Goethe Universität Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland
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insurance mediation on Turkish law. The following article gives an overview both of the similarities and differences of the Turkish and the German codifications on the law of insurance intermediaries. More than one would expect the essentials are still similar in a wide range.
1 Einführung in das türkische Recht In der Türkei waren Ende 2015 36 Kompositversicherer, 23 Lebens- und Rentenversicherer und ein Rückversicherungsunternehmen tätig. Rechnet man noch einige Spezialversicherer sowie Versicherungsunternehmen, die ihre Zulassung beantragt, aber noch nicht erhalten haben, sowie die Unternehmen ein, die sich in der Abwicklung befinden, so sind es insgesamt 64 Unternehmen, die am türkischen Markt tätig sind. Diese haben insgesamt 15,4 Mio. Versicherungsverträge für die Lebensversicherung und 54,5 Mio. Versicherungsverträge in den Kompositsparten abgeschlossen. Insgesamt wurden also etwa 70 Mio. Policen/Zertifikate ausgefertigt. Das Gesamtprämienvolumen für das Jahr 2015 betrug 31,1 Mrd. TL.1 Der Grundsatz, dass das Produkt Versicherung verkauft werden muss, gilt auch in der Türkei. Abgesehen von den Fällen der Pflichtversicherung, ist auch hier zu beobachten, dass Versicherungsnehmer sich nur selten aktiv um den Abschluss einer Versicherung bemühen. In der Türkei gilt wie in anderen Ländern auch, dass die Vermittlung des Nutzens einer Versicherung und die Nachfrage nach entsprechendem Versicherungsschutz am effizientesten durch die Versicherungsvermittler gewährleistet werden. Betrachtet man die Zahlen des türkischen Versicherungsmarktes, so wird diese Feststellung eindrucksvoll bestätigt. Im ersten Halbjahr des Jahres 2016 wurden 98,8 % der Prämien unter Einschaltung von Vermittlern erzielt. 6,8 % wurden über die Hauptgeschäftsstellen der Versicherer abgewickelt. Die Versicherungsvertreter erzielten 59,8 %. Versicherungsmakler vermittelten 11,2 % der Prämien, die Banken 20,9 % und andere 1,4 %. Im elektronischen Geschäftsverkehr fiel der Anteil der vermittelten Prämien sogar von 1 % auf 0,2 %.2 Ende 2014 betrug die Zahl der Versicherungsvertreter unter Außerachtlassung der Kreditinstitute 15.587.3 Als Versicherungs- und Rückversicherungsmakler waren 129 registriert.4 Abgesehen von einer ganz geringen Zahl, waren alle als Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig. Versicherungsmakler mit Sitz im Ausland, die eine Filiale in der Türkei eröffnet haben, gibt es nicht.
1 Für diese Daten und für die Gegenüberstellung der türkischen Versicherungswirtschaft und der weltweiten Versicherungswirtschaft siehe „Der Bericht von 2015 über die Tätigkeiten der Individuellen Renten und Versicherung in der Türkei“ der am 28.06.2016 veröffentlicht wurde: https://www.hazine.gov.tr/trTR/Rapor-Sunum-Sayfasi?mid=247&cid=28&nm=318. 2
Für die Statistik siehe http://www.tsb.org.tr/resmi-istatistikler.aspx?pageID=909.
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Siehe „Der Bericht von 2014 über die Tätigkeiten der Versicherung und Individuellen Renten in der Türkei“. Für die Anleitung der Aufsicht von 31.12.2015 siehe https://www.hazine.gov.tr/tr-TR/DokumanListeleme-Sayfasi?mid=1205&cid=87&nm=1204. 4
Siehe www.sbd.org.tr.
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In der türkischen Gesellschaft ist die wichtige Funktion die die Versicherungsvermittler, auch in sozialpolitischer Hinsicht haben, weithin anerkannt. Insbesondere ihre Aufgabe bei der Vertrauensbildung der Versicherungsnehmer hinsichtlich des Produktes „Versicherung“ mitzuwirken, ist unbestritten. Ihrer Verpflichtung, die Bedürfnisse der Kunden festzustellen, sie beim Abschluss einer Versicherung über den Umfang des Versicherungsschutzes und der Versicherungsbedingungen aufzuklären und zu beraten, sowie den Kunden insbesondere auch bei der Schadenregulierung zu helfen, kommt in einer Gesellschaft, mit teilweise niedrigem Bildungsstandard, besondere Bedeutung zu. Demzufolge sind die Versicherungsvermittler unverzichtbar für den türkischen Versicherungsmarkt. Wegen der großen wirtschaftspolitischen Bedeutung der Versicherungsvermittler gibt es auch in der Türkei detaillierte gesetzliche Vorschriften, die die berufliche Zulassung und die Berufsausübung regeln. Im türkischen Recht ist die Versicherungsvermittlung nicht systematisch ausschließlich in einem eigenen Gesetz bzw. als ein eigener Abschnitt eines Gesetzes geregelt. Das Gesetz über das Versicherungswesen (Versicherungsgesetz-VG)5 bestimmt unter der Überschrift Definitionen, was jeweils unter dem Begriff Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler zu verstehen ist. Art. 21 enthält Regelungen für den Versicherungsmakler, Art. 23 VG solche für den Versicherungsvertreter. Auch wenn diese Artikel für die Ausübung der Tätigkeit als Versicherungsvertreter bzw. Versicherungsmakler Genehmigungen vorsehen, finden sich im Gesetz selbst jedoch keine Bestimmungen welche Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis und für die Eintragung erforderlich sind. Die Vorschriften für die Erteilung der Erlaubnis und die Registrierung sowie die Regelungen, die während der Ausübung der Vermittlung und bei der Beendigung zu beachten sind, sind für die Versicherungsvertreter in der Verordnung über Versicherungsvertreter (VerVV)6 und für die Versicherungsmakler in der Verordnung über Versicherungsmakler (VerVM)7 jeweils in unterschiedlicher Weise geregelt. Die Erlaubnis zur Tätigkeit der Versicherungsvermittlung wird daher entweder als Versicherungsvertreter oder als Versicherungs- und/oder Rückversicherungsmakler beantragt und erteilt. Was die Informationspflichten angeht, die den Versicherungsvermittlern obliegen, gilt das Folgende: Während die Informationspflichten des Versicherers und des Versicherungsvertreters in einer gesonderten Verordnung (Verordnung über Informationspflicht bei Versicherungsverträgen)8 in detaillierter Weise geregelt sind, enthält die VerVM die nur aus einem Satz bestehende Regelung zu den Informationspflich5
„Sigortacılık Kanunu“, Gesetzblatt (Resmi Gazete) 14.06.2007 – 26552. Zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 6456 vom 03.04.2013 (GBl. 18.04.2013 – 28622). 6 „Sigorta Acenteleri Yönetmeli˘ gi“, GBl. 22.04.2014 – 28980. Diese Verordnung wurde zuletzt, nachdem sie mehrmals durch die im GBl. Nr. 29142 vom 11.10.2014 und im GBl. Nr. 29221 vom 31.12.2014 veröffentlichten Verordnungen geändert wurde, erneut durch die im GBl Nr. 29595 vom 16.01.2016 veröffentlichte Verordnung geändert, die sechs Monate nach der Veröffentlichung (16.07.2016) in Kraft treten wird. 7 „Sigorta ve Reasürans Brokerleri Yönetmeli˘ gi“, GBl. 27.05.2015 – 29368. Durch diese Verordnung wurde die vorherige Verordnung („Sigorta ve Reasürans Brokerleri Yönetmeli˘gi“, GBl 21.06.2008 – 26913) außer Kraft gesetzt. 8
„Sigorta Sözle¸smelerinde Bilgilendirme Yönetmeli˘gi“, GBl. 28.10.2007 – 26684.
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ten des Versicherungsmaklers. Diese Regelung in Art. 17 Abs. 4 VerVM besagt nur, dass die in Art. 1453 des Türkischen Handelsgesetzbuches vom 13.01.2011 i. V. m. Nr. 6102 (tHGB) für Versicherer und Versicherungsvertreter vorgesehene Informationspflicht von dem zum Abschluss des Vertrages bevollmächtigten Makler erfüllt werden muss. Dieser erfüllt damit im Ergebnis keine eigenen Informationspflichten, sondern er erfüllt nur diejenigen des Versicherers. Beide Verordnungen (VerVV und VerVM) finden keine Anwendung, wenn es um die Versicherungsvermittlung für private Rentenversicherungen geht. Regelungen für die Vermittlungstätigkeit für private Rentenversicherungen sind in einer gesonderten Verordnung festgelegt (Verordnung über die Versicherungsvermittlung für private Rentenversicherungen).9 Mit diesen Regelungen wollte der türkische Gesetzgeber die wesentlichen Grundzüge der Richtlinie 2002/92/EG über die Versicherungsvermittlung über die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis als Versicherungsvermittler sowie die Anforderungen an eine Registrierungspflicht ins türkische Recht übernehmen.
2 Einführung in das deutsche Recht Gegenwärtig haben in Deutschland 539 Versicherungsunternehmen ihren Sitz.10 205 Unternehmen betreiben die Schaden- und Unfallversicherung, 84 Unternehmen die Lebensversicherung, während 47 Unternehmen als Krankenversicherer und 28 als Rückversicherer tätig sind.11 Es werden insgesamt etwa 429 Mio. Erstversicherungsverträge verwaltet. Das gesamte Prämieneinkommen der Versicherungswirtschaft beläuft sich auf fast 194 Mrd. C.12 Davon entfallen 92 Mrd. C auf die Lebensversicherung, 36,8 Mrd. C auf die Krankenversicherung und über 64 Mrd. C auf die Schaden/Unfallversicherung.13 Im Vermittlerregister waren im Oktober 2016 insgesamt 233.434 Vermittler eingetragen. Davon waren 149.828 gebundene Versicherungsvertreter (Ausschließlichkeits- oder Mehrfachvertreter), 29.878 Versicherungsvertreter mit Erlaubnis (§ 34d Abs. 3 GewO), 46.750 Versicherungsmakler, 3531 produktakzessorische Vertreter, 142 produktakzessorische Makler und 304 Versicherungsberater.14 Der Marktanteil des Direktvertriebes beträgt in der Schaden- und Unfallversicherung etwa 12 % und in der Personenversicherung etwa 5 %.15 Diese Zahlen zeigen, dass nach wie vor der Vertrieb von Versicherungsprodukten im Wesentlichen unter Einschaltung von Versicherungsvermittlern erfolgt. 9
„Bireysel Emeklilik Aracıları Yönetmeli˘gi“, GBl. 29.08.2009 – 27334. Zuletzt geändert durch die im GBl. Nr. 28512 vom 29.12.2012 veröffentlichte Verordnung.
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GDV, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2016, Tabelle Nr. 1. GDV, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2016, Tabelle Nr. 2. GDV, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2016, Tabelle Nr. 1. GDV, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2016, Tabelle Nr. 5.
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www.dihk.de/themenfelder/recht-steuern/oeffentliches-wirtschaftsrecht/versicherungsvermittlunganlageberatung/zahlen-und-fakten/eingetragene-Vermittler (Stand 01.10.2016).
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GDV, Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2016, Tabelle Nr. 13.
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Ebenso wie im türkischen Recht ist auch im deutschen Recht das Recht der Versicherungsvermittlung nicht ausschließlich im Versicherungsvertragsgesetz geregelt, sondern wird in verschiedenen Gesetzen behandelt. Im VVG 2008 ist der Abschnitt 7 den Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern gewidmet. Er ist wiederum in zwei Unterabschnitte unterteilt. Die §§ 59–68 VVG behandeln im Wesentlichen die Mitteilungs- und Beratungspflichten, während der 2. Unterabschnitt, die §§ 69–73 VVG, der Vertretungsmacht gewidmet ist. Der deutsche Gesetzgeber hat hier die wesentlichen Vorgaben der Vermittlerrichtlinie (IMD 1)16 umgesetzt. § 59 VVG enthält die Begriffsbestimmungen. Er definiert, dass Versicherungsvermittler im Sinne des Gesetzes die Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler sind. Diese Vorschriften waren zunächst als §§ 42 a–k VVG a. F. geregelt und wurden mit der VVG Reform 2008 ohne weitere Änderungen in das neue Recht transformiert. Vor der Umsetzung der Vermittlerrichtlinie herrschte in Deutschland umfassende Gewerbefreiheit und detaillierte berufsrechtliche Regelungen für Versicherungsvermittler gab es nicht.17 Zur Aufnahme der Vermittlungstätigkeit bedurfte es lediglich einer Anzeige nach § 14 GewO. Entsprechend den Vorgaben der Vermittlerrichtlinie sind auch in Deutschland mit dem Gesetz zur Neuregelung des Vermittlerrechtes vom 19.12.200618 die berufsrechtlichen Regeln für die Versicherungsvermittlung umgesetzt worden. Insbesondere ist damit die Versicherungsvermittlung, wenn sie gewerbsmäßig betrieben wird, als erlaubnispflichtige Tätigkeit geregelt. Wer gewerbsmäßig als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler Versicherungsverträge vermitteln will, benötigt eine Erlaubnis der zuständigen IHK und muss im Register eingetragen werden, § 34d Abs. 1 GewO. Neben den Vorschriften des VVG und der GewO sind in der Versicherungsvermittlungsverordnung – VersVermV – 19Regelungen enthalten, die von Versicherungsvermittlern bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu beachten sind. Daneben gibt es aufsichtsrechtliche Regeln, die die Versicherer betreffen, §§ 48–51 VAG. Danach darf der Versicherer nur mit Vermittlern zusammenarbeiten, die eine Erlaubnis nach der Gewerbeordnung haben, von der Erlaubnis befreit sind oder keiner Erlaubnispflicht unterliegen.
3 Der Begriff des Versicherungsvermittlers im türkischen Recht Im Sinne des Versicherungsgesetzes bedeutet der Begriff „Versicherungsvermittler“ Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler (Art. 2 VG). Der Vermittlerbegriff des VG ist aber nicht identisch mit dem Vermittlerbegriff der EU16 Richtlinie 2002/92/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 09.12.2002 über Versicherungsvermittlung, ABl. 9 vom 15.01.2003, im Folgenden Vermittlerrichtlinie. 17 Deutschland hatte sich Jahre lang beharrlich geweigert, den Empfehlungen der EG-Kommission aus dem Jahr 1991 zur Qualifikation von Versicherungsvermittlern nachzukommen (Empfehlung 92/48 EWG, ABl. 19 vom 28.01.1992, S. 32); vgl. hierzu Müller, Versicherungsbinnenmarkt, 1995, Rn. 291. 18
Bundesgesetzblatt I, S. 3232.
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Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung vom 15.05.2007, Bundesgesetzblatt I S. 733.
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Vermittlerrichtlinie20. D. h., dass Personen, die sich weder als Versicherungsvertreter noch als Versicherungsmakler einordnen und registrieren lassen, keine Versicherungsvermittler sind und damit auch keine Versicherungsverträge vermitteln dürfen. Auch wenn in der Praxis des türkischen Versicherungswesens zu beobachten ist, dass von Personen, die sich als „Versicherungsberater“ bezeichnen, Beratungsleistungen erbracht werden, gibt es für die Versicherungsberatung keine gesetzlichen Regelungen. Deshalb unterliegen diese Personen weder im Hinblick darauf, ob sie über die erforderliche Sachkunde für eine Beratung verfügen, einer Aufsicht, noch ist erforderlich, dass sie sich in einem Register eintragen lassen müssen.
4 Der Begriff des Versicherungsvermittlers im deutschen Recht § 59 Abs. 1 VVG definiert, dass Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler Versicherungsvermittler im Sinne des Gesetzes sind. Über die Vorgaben der Vermittlerrichtlinie hinaus, hat der deutsche Gesetzgeber in den §§ 59 Abs. 4 und 68 VVG auch Regelungen für den Versicherungsberater getroffen. Versicherungsberater im Sinne des Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen im Versicherungsfall berät oder gegenüber dem Versicherer außergerichtlich vertritt, ohne von einem Versicherer einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein, § 59 Abs. 4 VVG. Nach § 68 VVG gelten einige Regelungen über Beratung und Dokumentationspflichten entsprechend. Entscheidendes Merkmal der Versicherungsberatung ist das Verbot, Provision von Versicherungsunternehmen entgegenzunehmen, § 34e Abs. 3 S. 1 GewO. Der Versicherungsberater erhält also sein Beraterhonorar von seinem Kunden. Zur Aufnahme seiner Tätigkeit bedarf er einer gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 34e Abs. 1 GewO. Er kann seine Tätigkeit als natürliche oder juristische Person ausüben. Im Gegensatz zum türkischen Recht unterliegt der Versicherungsberater damit im Wesentlichen den gleichen berufsrechtlichen Regelungen wie die Versicherungsvermittler. Ausschließliche Regelungen für die Rückversicherungsvermittlung kennt das deutsche Recht nicht. Dort wo die Rückversicherungsvermittlung ausdrücklich genannt wird, handelt es sich meist um Verweisungsnormen. So sieht etwa § 34d Abs. 10 GewO vor, dass die Vorschriften für die Versicherungsvermittler auch für die Rückversicherungsvermittler gelten.
5 Der Versicherungsvertreter 5.1 Definition des Versicherungsvertreters im türkischen Recht
In § 2 definiert das VG den Versicherungsvertreter wie folgt: Versicherungsvertreter ist, wer es als berufliche Tätigkeit übernimmt – ohne selbstständig als Verkaufsleiter 20
EU-Vermittlerrichtlinie 2002/92/EG vom 09.12.2002, a. a. O. (Fn. 19).
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oder Angestellter tätig zu sein – aufgrund eines Vertrages innerhalb eines bestimmten Ortes oder Gebietes ständig für Versicherer Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen, vor Abschluss des Vertrages Tätigkeiten zur Anbahnung durchzuführen, bei dem Verwalten und Erfüllen des Vertrages sowie insbesondere bei der Zahlung von Entschädigungen behilflich zu sein. Aus der insoweit ergänzenden VerVV ergibt sich, dass Versicherungsvertreter „jede natürliche oder juristische Person“ sein kann. Der Versicherungsvertreter ist Handelsvertreter im Sinne des türkischen Handelsgesetzbuches (tHGB). Der Unterschied in der Definition des VG zu der Definition von Art. 102 des tHGB liegt nur in der Klarstellung, dass sich die Versicherungsvertretung auf Versicherungsverträge bezieht, der Versicherungsvertreter vor Abschluss des Vertrages Anbahnungsaufgaben übernimmt, sowie bei der Verwaltung und Erfüllung des Vertrages und schließlich bei der Zahlung von Entschädigungen behilflich ist. Die in der Definition des türkischen Handelsgesetzbuches verwendete Formulierung „aufgrund eines Vertrages“ regelt allerdings nicht, von wem der Versicherungsvertreter betraut sein soll und ob der Versicherungsvertreter auch von einem anderen Versicherungsvertreter etwa als Untervermittler betraut sein darf. Während die Vorschriften zur Definition eines Versicherungsvertreters im VG sowie in Art. 23 VG, der Regelungen zu den Versicherungsvertretungen enthält, hierzu keine Aussagen treffen, ist aber in Art. 14 der VerVV eine Bestimmung getroffen. Sie sieht vor, dass nur der Versicherer dem Versicherungsvertreter die Befugnis, ihn zu vertreten und für ihn als Versicherungsvertreter nach außen aufzutreten, erteilen darf. Der Versicherungsvertreter selbst darf keine weiteren Versicherungsvertreter oder andere Personen als Untervermittler beauftragen oder entsprechende Vollmachten erteilen. Die in der Definition gewählte Formulierung „als berufliche Tätigkeit aufgrund eines Vertrages Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen“ bedeutet auch, dass die Versicherungsvertretung gegen Entgelt ausgeübt wird. Die ebenfalls in der Definition verwendete Wendung „ohne selbstständig Verkaufsleiter oder Angestellter zu sein“, soll zum Ausdruck bringen, dass der Versicherungsvertreter gegenüber dem Versicherer selbstständig sein muss. Damit können weder die Angestellten eines Versicherers, die mit der Vermittlung beauftragt sind, noch die Personen, die nicht gewerbsmäßig Versicherungsverträge vermitteln, als Versicherungsvertreter im Sinne des VG qualifiziert werden. 5.2 Definition des Versicherungsvertreters im deutschen Recht
§ 59 Abs. 2 VVG definiert den Versicherungsvertreter als denjenigen, der von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Diese Regelung wird von Vorschriften im HGB flankiert. Nach § 92 HGB ist Versicherungsvertreter derjenige, der als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Nach § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbstständig ist nur
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derjenige, der im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Das bedeutet, dass zwei Arten von Versicherungsvertretern zu unterscheiden sind, nämlich der als Handelsvertreter tätige Versicherungsvertreter und der Versicherungsvertreter, der als fest angestellter Arbeitnehmer – „Orga-Mitarbeiter“ – im Außendienst eines Versicherers vermittelnd tätig ist. Indes ist derjenige, der nur gelegentlich vermittelt, kein Versicherungsvertreter, weil es an der Gewerbsmäßigkeit fehlt. Der Versicherungsvertreter kann als natürliche oder juristische Person handeln. Wie sich schon aus § 59 Abs. 2 VVG ergibt, kann ein Versicherungsvertreter sowohl von einem Versicherer, als auch von einem anderen Versicherungsvertreter mit der gewerblichen Versicherungsvermittlung betraut werden. Das Gesetz erkennt damit die langjährige Praxis an, die zwischen Haupt- und Untervertretern unterscheidet. Im Gegensatz zum türkischen Recht kann also der Hauptvertreter einen anderen Versicherungsvertreter – den Untervertreter – betrauen. Entweder schließt der Hauptvertreter – jetzt als Geschäftsherr – mit dem Untervertreter den Handelsvertretervertrag ab – echte Untervertretung – oder der Hauptvertreter schließt lediglich in Vertretung des Versicherers mit dem Untervertreter den Agenturvertrag ab – unechte Untervertretung.21 5.3 Arten der Versicherungsvertreter im türkischen Recht
Wie sich aus der Definition der Versicherungsvertretung des VG ergibt, sind zwei Arten von Versicherungsvertretern zu unterscheiden: Nämlich je nach Umfang der Vertretungsmacht, der „zum Abschluss von Verträgen und/oder zur Annahme von Prämien bevollmächtigte Vertreter“, der nach türkischem Recht als Abschlussvertreter zu qualifizieren ist, und der reine Vermittlungsvertreter. Die Vollmacht, Versicherungsverträge als Abschlussvertreter abzuschließen bedeutet allerdings nicht, dass damit auch die Berechtigung erteilt worden wäre, Prämien entgegenzunehmen. Dies bedarf einer gesonderten Vollmacht. Auch wenn es möglich wäre, noch weitere Kriterien zur Unterscheidung von Versicherungsvertretern anzuführen, ist dies für das türkische Recht wenig ergiebig. Denn bis auf Kreditinstitute sowie andere Verbände, deren Befugnis zur Tätigkeit als Versicherungsvertreter auf speziellen Gesetzen beruht, unterliegen alle übrigen Versicherungsvertreter der Erlaubnis- und Registrierungspflicht. 5.4 Arten der Versicherungsvertreter im deutschen Recht
Auch das deutsche Recht unterscheidet ähnlich wie das türkische Recht zwei Arten von Versicherungsvertretern: den Vermittlungs- und den Abschlussvertreter. § 71 VVG regelt deshalb die Abschlussvollmacht des Abschlussvertreters. Der Versicherer hat dann dem Vertreter durch Rechtsgeschäft, entweder durch eine Außenvollmacht gegenüber dem Versicherungsnehmer, oder durch eine Innenvollmacht 21
Vgl. hierzu auch Langheid/Wandt/Reiff, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, § 59 Rn. 38, 39.
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gegenüber dem Vertreter, entsprechend § 167 Abs. 1 BGB eine Vollmacht zum Abschluss von Versicherungsverträgen erteilt. Das Gesetz sieht dann vor, dass er damit auch befugt ist, die Änderung oder Verlängerung von Versicherungsverträgen zu vereinbaren sowie Kündigungs- und Rücktrittserklärungen abzugeben. Der Abschlussvertreter ist allerdings in der Praxis der Versicherungswirtschaft selten anzutreffen. Abgesehen von den Assekuradeuren an den Seeplätzen Hamburg und Bremen, gibt es nur noch vereinzelt in der Transportversicherung Versicherungsvertreter mit Abschlussvollmacht. In der Praxis überwiegt ganz eindeutig der bloße Vermittlungsvertreter, dessen Vertretungsmacht im Wesentlichen in § 69 VVG geregelt ist. Charakteristisch für die Vertriebspraxis in Deutschland ist im Übrigen auch die Unterscheidung zwischen Einfirmen- und Mehrfirmenvertreter. Der Einfirmen- oder Ausschließlichkeitsvertreter darf ausschließlich nur für sein Versicherungsunternehmen tätig werden und auch nur dessen Produkte vermitteln. Diese Ausschließlichkeitsbindung beinhaltet damit ein gesetzliches Wettbewerbsverbot.22 Demgegenüber unterliegt der Mehrfirmen- oder Mehrfachvertreter – MGA – keiner Ausschließlichkeitsbindung. In der Praxis lassen sich zwei Typen erkennen. Es gibt Mehrfachvertreter, die mit mehreren – auch konkurrierenden Versicherungsunternehmen – jeweils Agenturverträge abgeschlossen haben. Dieser – echte – Mehrfachvertreter unterliegt also keinerlei Wettbewerbsverbot und kann die gesamte Produktpalette aller der Versicherungsunternehmen anbieten, mit denen er jeweils einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen hat. Er kommt dann dem Status eines Maklers sehr nahe. Daneben lassen sich – unechte – Mehrfachvertreter finden, die zwar auch mit mehreren Versicherungsunternehmen jeweils Agenturverträge abgeschlossen haben. Allerdings stehen diese nicht in Konkurrenz zueinander, etwa weil sie unterschiedliche Sparten betreiben. Von unechter Mehrfachvertretung kann aber auch dann gesprochen werden, wenn der Vertreter mit mehreren nicht konzernzugehörigen Versicherungsunternehmen jeweils Agenturverträge abgeschlossen hat, diese aber deshalb nicht in Konkurrenz zueinander stehen, weil sie jeweils bestimmte Produkte nicht anbieten, der MGA aber eine breitere Produktpalette vermitteln möchte. Für diesen Typus des MGA stellt sich die Frage nach dem Wettbewerbsverbot dann nicht. Keine MGA sind aber die Konzernvertreter. Wegen der in Deutschland geltenden Spartentrennung, §§ 8 Abs. 4, 146 VAG, sind viele Versicherer in Unternehmensgruppen konzernmäßig organisiert. In der Ausschließlichkeitsorganisation werden die Konzernvertreter geführt. Mitunter hat der Versicherungsvertreter dann nur einen Agenturvertrag mit der Konzernobergesellschaft abgeschlossen und verpflichtet sich darin, auch für alle anderen im Konzern tätigen Versicherer zu vermitteln. Ebenso wie für die Konzernobergesellschaft ist er auch für die anderen Versicherer nur als Ausschließlichkeitsvertreter tätig und unterliegt einem Wettbewerbsverbot. Auch wenn er damit für mehrere Versicherer tätig ist, ist er jedoch kein MGA.
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Das folgt aus § 86 Abs. 1 2. HS i. V. m. § 92 Abs. 2 HGB; so schon BGHZ 52, 171, 177.
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Entsprechend Art. 2 Nr. 3 Unterabsatz 2 der Vermittlerrichtlinie sind Versicherungsunternehmen oder deren Angestellte keine Vermittler. Das folgt auch aus § 6 GewO. Lediglich Kontakte vermittelnde Personen, die sog. „Tippgeber“ oder „Namhaftmacher“ unterliegen ebenfalls keiner Erlaubnispflicht, weil sie keine Versicherungsvermittlung betreiben. 5.5 Beaufsichtigung der Versicherungsvertreter nach türkischem Recht
Das VG und die VerVV enthalten Regelungen zur Aufsicht über die Versicherungsvertreter, die zum einen die Aufnahme der Vermittlungstätigkeit regeln und zum anderen während der Ausübung der Tätigkeit zu beachten sind. 5.6 Beaufsichtigung der Versicherungsvertreter nach deutschem Recht
Regelungen, die Versicherungsvertreter bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit betreffen und die darüber hinaus auch während der Ausübung der Tätigkeit zu beachten sind, finden sich im Wesentlichen im VAG, im VVG, in der Gewerbeordnung und in der VersVermV. §§ 48–51 VAG regeln die Pflichten von Versicherern, die diese bei der Zusammenarbeit mit Vermittlern zu beachten haben. Der Versicherer darf danach nur mit Vermittlern zusammenarbeiten, die entweder nach § 34d Abs. 1 GewO eine Erlaubnis haben, von der Erlaubnis befreit sind, § 34d Abs. 3 GewO, oder keiner Erlaubnispflicht unterliegen, § 34d Abs. 4 oder 9 GewO. Voraussetzung ist hier, dass die Vermittler bevollmächtigt sind, Vermögenswerte des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen, und soweit erforderlich, eine Sicherheitsleistung nachweisen können, § 48 Abs. 1 VAG. Mit denjenigen gewerbsmäßig tätigen Versicherungsvermittlern, die nach § 34d Abs. 4 GewO der Erlaubnispflicht nicht unterliegen oder nach § 34d Abs. 3 GewO von der Erlaubnispflicht befreit sind und ihre Tätigkeit als Versicherungsvermittler im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen ausüben, dürfen die Versicherungsunternehmen nur zusammenarbeiten, wenn die Vermittler zuverlässig sind und in geordneten Vermögensverhältnissen leben. Die Versicherer müssen im Übrigen sicherstellen, dass diese Vermittler über die zur Vermittlung der jeweiligen Versicherung angemessene Qualifikation verfügen, § 48 Abs. 2 VAG. Falls es während der Vermittlungstätigkeit zu Kundenbeschwerden kommt, müssen diese beantwortet werden. Bei wiederholten Beschwerden, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erheblich sein können, muss die zuständige IHK informiert werden, § 51 VAG.
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5.6.1 Gesetzliche Regeln bei Aufnahme der Vermittlungstätigkeit nach türkischem Recht
Nach Art. 23 Abs. 1 und 2 des VG muss jede natürliche oder juristische Person, die als Versicherungsvertreter tätig werden will, ein Dokument23 vom Staatssekretariat24 einholen, welches bestätigt, dass die für die Erteilung einer Erlaubnis als Versicherungsvertreter erforderlichen Regelungen erfüllt sind und dass er – gestützt auf dieses Dokument – in das beim Verband der Kammern und Börsen der Türkei25 geführte Register („Levha“) eingetragen ist. Regelmäßig dürfen Versicherungsgesellschaften an natürliche oder juristische Personen, die nicht in das Register eingetragen sind, keine Vertretungsbefugnis erteilen und mit ihnen auch keinen Handelsvertretervertrag für eine Versicherungsvertretung abschließen (Art. 14 Abs. 3 VerVV). Kreditinstitute, Verbände und Körperschaften26, die nach speziellen Gesetzen als Versicherungsvertreter tätig sein dürfen, sind von der Verpflichtung, das Bestätigungsdokument einzuholen und sich in das Register eintragen zu lassen, befreit. Wegen dieser Ausnahmeregelungen werden deshalb einige Bestimmungen der VerVV auf Kreditinstitute, Verbände und Körperschaften nicht angewandt. Gleichwohl zeigen sie dem Verband der Kammern und Börsen der Türkei an, für welche Versicherer sie als Vermittler tätig sind, welchen Umfang die ihnen erteilte Vertretungsmacht hat, welche ihrer Abteilungen die Versicherungsvermittlung ausüben und schließlich, welches Fachpersonal bei der Versicherungsvermittlung von ihnen eingesetzt wird (Art. 13 VerVV). Auch Leasing- und Finanzierungsgesellschaften können als Versicherungsvertreter tätig sein. Was die Vermittlung von Versicherungsverträgen anbelangt, ist ihre Vermittlungstätigkeit jedoch insoweit beschränkt, als ein Zusammenhang mit ihrer originären Geschäftstätigkeit bestehen muss. Leasing- und Finanzierungsgesellschaften sind jedoch von der Erlaubnis- und Registrierungspflicht nicht ausgenommen. 5.6.2 Gesetzliche Regeln bei Aufnahme der Vermittlungstätigkeit deutschem Recht
Da die Versicherungsvermittlung als erlaubnispflichtiges Gewerbe ausgestaltet ist, benötigt auch der Versicherungsvertreter zum Abschluss von Versicherungsverträgen der Erlaubnis der zuständigen IHK, § 34d Abs. 1 GewO. Ausnahmen regelt § 34d Abs. 9 der Gewerbeordnung, der sich insoweit an Art. 1 Abs. 2 der Vermittlerrichtlinie orientiert. Für diese sog. „Bagatellvermittler“ finden 23
In der VerVV wird dieses Dokument als „Bestätigungsdokument“ (Uygunluk Belgesi) bezeichnet und als „Schreiben oder Mitteilung im Sinne des Art. 23 VG definiert, welches vom Staatssekretariat an den Verband der Handelskammern und Börsen der Türkei geschickt wird, damit die für geeignet befundenen Personen ins Register eingetragen werden können“. 24 Mit Staatssekretariat ist in diesem Beitrag das Staatssekretariat für das Schatzwesen gemeint (Art. 3 lit. (e) VerVM). 25 Türkiye Odalar ve Borsalar Birli˘ gi (TOBB). 26
Zu diesen Institutionen gehören die Agrarkreditkooperativen und ihre Regionalverbände, die Landwirtschaftskammern und die Post-und-Telegraf-Organisation AG. Siehe dazu Art. 2.2. des Erlasses Nr. 2014/8 vom 25.05.2014.
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die berufsrechtlichen Regelungen keine Anwendung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen: ●
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Es handelt sich um Versicherungsvermittler – Bagatellvermittler –, die nicht Haupt- sondern nur nebenberuflich Versicherungen vermitteln, sie vermitteln ausschließlich Versicherungsverträge für die nur Kenntnisse des angebotenen Versicherungsschutzes erforderlich sind, sie vermitteln keine Lebens- oder Haftpflichtversicherungen, es geht um eine Versicherung, die eine Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder einer Dienstleistung darstellt, die Jahresprämie ist nicht größer als 500 C und die Gesamtlaufzeit des Vertrages beträgt nicht mehr als 5 Jahre.
Weiter ausgenommen sind nach § 34d Abs. 9 Nr. 2 GewO die Bausparkassen und die Bausparkassenvermittler, soweit als Bestandteil des Bausparvertrages eine Risikolebensversicherung zur Absicherung eines gewährten Darlehens vermittelt wird. Ebenso ausgenommen sind nach § 34d Abs. 9 Nr. 3 GewO auch die Vermittler, die als Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung im Zusammenhang mit Darlehens- und Leasingverträgen eine Restschuldversicherung vermitteln, wenn deren Jahresbeitrag einen Betrag von 500 C nicht übersteigt. Diese Ausnahmen hat der deutsche Gesetzgeber eingefügt. Sie sind in der Vermittlerrichtlinie nicht vorgesehen und daher richtlinienwidrig.27 Das türkische Recht sieht als Eintragungsvoraussetzung u. a. auch vor, dass ein Vermögensnachweis zu erbringen ist. Dieses Erfordernis ist dem deutschen Recht fremd. Die Erteilung der Erlaubnis nach türkischem Recht. Wer einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis stellen möchte, muss die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Je nachdem, ob es sich bei dem Antragsteller um eine natürliche oder juristische Person handelt, sind unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen (vgl. Art. 4 und Art. 5 VerVV). Ist der Antragsteller eine natürliche Person, so wird ihr die Erlaubnis erteilt, wenn sie: a) berechtigt ist, den Titel „Fachpersonal“ zu tragen, b) in der Türkei ansässig ist, c) nicht aufgrund einer der in Art. 4 Ziff. (c) VerVV genannten Straftatbestände verurteilt oder vorbestraft ist, d) die in Art. 9 VerVV vorgesehenen Bedingungen für das Mindestvermögen erfüllt, e) über die für die Vermittlungstätigkeit erforderliche räumliche, technische, administrative und personelle Ausstattung verfügt, f) den im Anhang der VerVV genannten Ausbildungsstand hat und eine entsprechend lange Berufserfahrung nachweisen kann. Eine juristische Person muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 27
Herrschende Meinung, vgl. hierzu etwa: Reiff, VersR 2007, 717; Wandt, Versicherungsrecht, 6. Aufl. 2016, Rn. 379; Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), Vor § 59 Rn. 20.
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a) Der Hauptsitz der juristischen Person muss sich in der Türkei befinden. Sie muss entweder als Aktiengesellschaft oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet sein. b) Das Mindestkapital der Gesellschaft muss eingezahlt sein. c) Die für die Vermittlungstätigkeit erforderliche räumliche, technische, administrative und personelle Ausstattung muss vorhanden sein. d) Die Gesellschafter und die geschäftsführenden Personen dürfen nicht aufgrund einer der in Art. 4 Ziff. (c) VerVV aufgelisteten Straftatbestände verurteilt sein. Art. 6 VerVV schreibt vor, welche Voraussetzungen die Person erfüllen muss, die den Titel „Fachpersonal“ führen möchte: a) Sie muss rechtsfähig sein. b) Sie darf nicht aufgrund einer der in Art. 4 Ziff. (c) VerVV genannten Straftatbestände verurteilt oder vorbestraft sein. c) Sie muss den im Anhang der VersVV näher beschriebenen Ausbildungsstand haben und über eine entsprechende Berufserfahrung verfügen. d) Sie muss die vor der Ausbildungsinstitution für das Versicherungswesen (Sigortacilik Egitim Merkezi – SEGEM) abzulegende Sachkundeprüfung bestanden haben. Die Voraussetzung „aufgrund einer in der VerVV genannten Straftatbestände nicht verurteilt zu sein“ (Art. 4 VersVV) entspricht der Voraussetzung „guter Leumund“ aus Art. 2 der EU-Vermittlerrichtlinie bzw. „der erforderlichen Zuverlässigkeit“ in § 34d Abs. 2 Nr. 1 GewO. Die Voraussetzung „Mindestvermögen“ bzw. „Mindestkapital“28 entspricht der Voraussetzung „finanzielle Leistungsfähigkeit“ aus Art. 4 der EU-Vermittlerrichtlinie bzw. den „geordneten Vermögensverhältnissen“ in § 34d Abs. 2 Nr. 2 GewO. Die Bedingung den Titel „Fachpersonal zu tragen“ entspricht „der Verfügung angemessener Fachkenntnisse und Fertigkeiten“ aus Art. 1 der EU-Vermittlerrichtlinie bzw. dem „Nachweis der notwendigen Sachkunde“ in § 34 Abs. 2 Nr. 4 GewO. Art. 11 VerVV sieht vor, dass „Vertreter für Schäden haften, die sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit verursachen“. Das Staatssekretariat ist – im Hinblick auf die Deckung eines solchen Schadens – befugt, den Abschluss einer entsprechenden Versicherung oder einer vergleichbaren Garantie zu verlangen. Unabhängig hiervon muss jeder Antragsteller den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Nach Art. 23 Abs. 12 VG dürfen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder von Versicherungsgesellschaften, die als Versicherungsmakler oder Versicherungsexperten tätig sind, sowie jene, die in deren Namen zeichnungsberechtigt sind, weder 28
Handelt es sich bei demjenigen, der einen Antrag auf Bestätigungsdokument stellt, um eine natürliche Person, hat diese nachzuweisen, dass sie über Vermögen von mindestens 50.000 TL verfügt. Handelt es sich um eine juristische Person, hat das zu entrichtende Kapital mindestens 50.000 TL zu betragen; beabsichtigt die Vertretung die Eröffnung einer Filiale, muss sie für die Hauptgeschäftsstelle über 300.000 TL und für jede Filiale über 25.000 TL Vermögen, bzw. bezahltes Kapital verfügen. Wenn jemand ohne Eröffnung einer Filiale lediglich Fernabsatz betreiben will, 300.000 TL nachweisen kann, gilt, dass der Antragsteller über ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit verfügt.
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Vorstands- noch Aufsichtsratsmitglied einer Versicherungsvermittlung werden. Sie dürfen auch nicht als Zeichnungsberechtigte für eine Versicherungsvermittlung tätig sein. Ferner dürfen sie weder Gesellschafter bei solch einer Versicherungsvermittlungsgesellschaft sein, noch von dieser gegen Bezahlung Aufträge annehmen.29 Bei Antragstellung muss der Antragsteller eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgeben. Die Erteilung der Erlaubnis nach deutschem Recht. Während das türkische Recht unterschiedliche Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung für natürliche und juristische Personen für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter vorsieht, gibt es diese Unterscheidung im deutschen Recht entsprechend den Vorgaben der Vermittlerrichtlinie nicht. Die IHK erteilt die Erlaubnis nur dann, wenn vier Voraussetzungen vorliegen und sichergestellt ist, dass: ●
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der Versicherungsvertreter die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, der Versicherungsvertreter in geordneten Vermögensverhältnissen lebt, der Versicherungsvertreter den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erbringen kann, und der Versicherungsvertreter durch eine erforderliche Prüfung vor der IHK die notwendige Sachkunde für die Ausübung der Versicherungsvermittlung nachweist.
Zuverlässigkeit bedeutet in der Regel, dass der Vermittler in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist. In geordneten Vermögensverhältnissen lebt der Versicherungsvertreter, wenn über sein Vermögen weder das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, noch er in einem Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Was den Nachweis über den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und den Sachkundenachweis angeht, so sind die Einzelheiten hierzu in der Versicherungsvermittlerverordnung – VersVermV – geregelt. Die Mindestversicherungssumme der erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung beträgt danach aktuell 1.130.000 C für jeden Versicherungsfall und 1.700.000 C für alle Versicherungsfälle eines Jahres, § 9 Abs. 2 VersVermV. Der Sachkundenachweis wird durch eine vor der IHK abgelegte Prüfung erbracht. Einzelheiten enthalten §§ 1–4 der VersVermV. Wer etwa einen Abschluss eines Studiums der Rechtswissenschaft oder auch einen Hochschulabschluss als Betriebswirt vorweisen kann, wird von der Verordnung so behandelt, als hätte er eine Sachkundeprüfung abgelegt. Die Vermittlung als Versicherungsvertreter erfolgt in Deutschland aber nicht nur durch Einzelpersonen. Regelmäßig beschäftigt der Vermittler auch Angestellte. Auch die Vermittlungstätigkeit von Kreditinstituten an ihren Schaltern erfolgt regelmäßig durch Angestellte. Mit den Kreditinstituten kann der Versicherer Agenturverträge 29 Diese Einschränkungen gelten auch für Ehegatten und Kinder, für die die betreffenden Personen das Sorgerecht haben (Art. 23 Abs. 12 VG).
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schließen. Dann ist es ausreichend, wenn für die Angestellten der Sachkundenachweis durch eine angemessene Zahl von beim Vermittler – etwa dem Kreditinstitut – beschäftigten natürlichen Personen erbracht wird. Allerdings muss diesen Personen die Aufsicht über die unmittelbar mit der Vermittlung von Versicherungen befassten Angestellten übertragen sein. ●
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§ 34d Abs. 4 GewO Einfirmenvertreter, die als Ausschließlichkeitsvertreter ausschließlich für ein Unternehmen tätig sind, unterliegen nach § 34d Abs. 4 GewO keiner Erlaubnispflicht. Das entspricht Art. 4 Abs. 1–3 der Vermittlerrichtlinie. Ausschließlichkeitsvertreter ist aber auch der Konzernvertreter, was in Deutschland wegen der Spartentrennung nach §§ 8 Abs. 4, 146 VAG die Regel ist. Dieser Ausschließlichkeitsvertreter bedarf keiner Erlaubnis, wenn der Versicherer oder die Versicherer für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernehmen. Diese uneingeschränkte Haftungsübernahme hat auch zur Folge, dass der Einfirmenvertreter keine Berufshaftpflichtversicherung mehr benötigt. Auch eine Sachkundeprüfung muss dann nicht nachgewiesen werden. Der Versicherer muss allerdings nach § 48 Abs. 4 VAG auch den Ausschließlichkeitsvertreter in das Register eintragen lassen. Die Eintragung in das Register erfolgt somit hier durch den Versicherer, aber auf Veranlassung des Versicherungsvermittlers. Mit der Mitteilung an die IHK wird zugleich die uneingeschränkte Haftung des Versicherers übernommen, § 34d Abs. 7 GewO. Allerdings kann sich auch der Ausschließlichkeitsvertreter in eigener Regie in das Register eintragen lassen. Er muss dann alle Voraussetzungen nach § 34d Abs. 2 GewO im Einzelnen nachweisen. Insbesondere muss er eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Das kommt gelegentlich vor, weil der Ausschließlichkeitsvertreter damit der Gefahr begegnen will, kurzfristig seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Dazu kann es dann kommen, wenn der Versicherer im Streitfall mit dem Vertreter die Haftungsübernahmeerklärung zurücknimmt und den Vertreter vom Register abmeldet. § 34d Abs. 3 GewO Sog. produktakzessorische Versicherungsvermittler30, die eine Versicherung als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit gelieferten Waren oder Dienstleistungen vermitteln, können auf Antrag von der IHK von der Erlaubnispflicht des §§ 34d Abs. 1 GewO befreit werden. Gleichwohl müssen sie sich allerdings auch dann nach § 34d Abs. 7 GewO in das Register eintragen lassen. Die Gesetzesbegründung betont die enge Auslegung des Begriffes Produktakzessorietät und nennt als Beispiele, wenn der Kfz-Händler beim Autokauf dem Kunden eine Kfz-Haftpflicht und Kasko-Versicherung vermittelt, oder wenn beim Abschluss eines Darlehensvertrages, etwa bei einem Hauskauf, die Lebensversicherung als Sicherheit zur Bedienung des Darlehens vermittelt wird.31
30
Das können nicht nur Versicherungsvertreter sondern auch Versicherungsmakler sein.
31
BT-Drucksache 19/1635, S. 19.
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Die Eintragung in das Register des Verbandes der Kammern und Börsen der Türkei. Nach Art. 10 VerVV ist der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zusammen mit den Dokumenten, die die von dem Exekutivkomitee festgelegten und in der Verordnung über Versicherungsvertreter vorgesehenen Voraussetzungen nachweisen, bei der vom Verband der Kammern und Börsen der Türkei benannten Kammer zu stellen. Von hier werden die vollständigen Anträge an das Staatssekretariat weiter geleitet. Bewilligt das Staatssekretariat den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis, erhält der Verband der Kammern und Börsen der Türkei eine entsprechende Mitteilung und kann den Antragsteller in das Register eintragen. Diese Mitteilung hat die Funktion eines „Bestätigungsdokuments“. Die im Register eingetragenen Vertreter werden auf der Internetseite des Verbandes der Kammern und Börsen der Türkei bekannt gegeben. Die Eintragung in Deutschland in das Register der IHK. Mit § 11a GewO hat der deutsche Gesetzgeber Art. 3 Abs. 2 der Vermittlerrichtlinie umgesetzt. Jede Industrie- und Handelskammer ist Register- und Zulassungsstelle. Als gemeinsame Stelle im Sinne von § 11a Abs. 1 S. 4 GewO fungiert der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) in Berlin. Die Auskünfte aus dem Register werden im Wege des automatisierten Abrufs über das Internet32 oder schriftlich erteilt. Der DIHK hat sicherzustellen, dass eine gleichzeitige Abfrage bei allen Registern möglich ist, § 11 Abs. 2 GewO. Mit dem Zugang über das Internet steht das Register jedermann zur Recherche offen. Die Tätigkeit von ausländischen Versicherungsvertretern in der Türkei. Nach Art. 23 Abs. 11 VG kann der Ministerrat die Tätigkeit von ausländischen Versicherungsvertretern in der Türkei sowie die Vermittlerdienstleistung im Namen ausländischer Versicherungsunternehmen für in der Türkei tätige Versicherungsvertreter regeln. Auf dieser Grundlage heißt es in Art. 3 des Ministerratsbeschlusses33 (MRB) vom 06.07.2007: „Ausländische natürliche Personen, die in der Türkei als Versicherungsvertreter tätig sein wollen, unterliegen denselben Regelungen wie türkische natürliche Personen. Damit eine ausländische natürliche Person in der Türkei als Versicherungsvertreter tätig sein darf, muss sie in der Türkei ansässig sein. Ausländische juristische Personen, die in der Türkei als Versicherungsvertreter tätig sein wollen, müssen in der Türkei eine Filiale eröffnen.“ Auch wenn es der MRB nicht ausdrücklich erwähnt, ist davon auszugehen, dass ausländische juristische Personen, die in der Türkei eine oder mehrere Filialen eröffnen wollen, die in Art. 5 VerVV genannten Voraussetzungen erfüllen müssen. Die Tätigkeit von ausländischen Versicherungsvertretern in Deutschland. Art. 2 Nr. 10 der Vermittlerrichtlinie regelt die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU für Vermittler. Der deutsche Gesetzgeber hat dies in § 34d Abs. 5 und 11 GewO umgesetzt. Danach bedarf ein Versicherungsvermittler – als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler – keiner besonderen Erlaubnis 32
www.vermittlerregister.org oder www.vermittlerregister.info.
33
GBl. 03.08.2007 – 26602.
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mehr in Deutschland zur Aufnahme seiner Tätigkeit, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR niedergelassen ist und dort die Eintragung in einem Vermittlerregister nachweisen kann. Bevor der ausländische EU-Vermittler jedoch in Deutschland tätig werden kann, muss er dies zunächst seiner Registrierungsbehörde mitteilen, Art. 6 Abs. 1 Vermittlerrichtlinie.34 Diese meldet die Absicht des ausländischen Versicherungsvertreters, in Deutschland die Versicherungsvermittlung betreiben zu wollen, der IHK. Ein Datenaustausch zwischen den Registerbehörden ist vorgesehen.35 Eine Eintragung im deutschen Register erfolgt nicht. Das gilt für natürliche wie juristische Personen, § 34d Abs. 11a und b GewO. 5.6.3 Aufsichtsrechtliche Regeln während der Ausübung der Vertretertätigkeit
Das Aufsichtsrecht enthält ebenfalls Regelungen, die die Vertretertätigkeit betreffen. Die Eröffnung einer Geschäftsstelle nach türkischem Recht. Nach Art. 8 VerVV dürfen Versicherungsvertreter neben ihrem Hauptsitz grundsätzlich auch weitere Geschäftsstellen eröffnen. Damit ein Versicherungsvertreter eine solche Geschäftsstelle eröffnen darf, muss er die in Art. 9 VerVV vorgesehenen Bedingungen erfüllen und über die für die Vermittlungstätigkeit erforderliche räumliche, technische, administrative und personelle Ausstattung verfügen. Die Eröffnung einer Geschäftsstelle nach deutschem Recht. Es gibt im deutschen Recht keine aufsichtsrechtlichen Regelungen, die einem Versicherungsvertreter explizit erlauben oder an besondere Voraussetzungen knüpfen würden, eine weitere Geschäftsstelle oder eine Filiale zu eröffnen. Es gelten lediglich die allgemeinen Vorschriften des Gesellschafts-, Handels- und Gewerberechtes. Betreibt der Versicherungsvertreter seine Vermittlungstätigkeit als juristische Person, muss er die Regelungen des Aktiengesetzes oder des GmbH-Gesetzes beachten. Betreibt er seine Tätigkeit als Personenhandelsgesellschaft, bieten sich als Rechtsformen im Wesentlichen die offene Handelsgesellschaft (OHG), §§ 105 ff. HGB, oder die Kommanditgesellschaft (KG) §§ 161 ff. HGB an. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Errichtung einer Zweigniederlassung sind in § 13 HGB geregelt. Versicherungsfremde Geschäfte nach türkischem Recht. Nach Art. 23 Abs. 10 VG und nach Auffassung des Staatssekretariats dürfen Versicherungsvertreter neben der Vermittlung von Versicherungsverträgen einschließlich der privaten Rentenversicherung nur die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen stehenden Tätigkeiten ausüben. Versicherungsfremde Geschäfte sind Ihnen damit nicht erlaubt.36 Dieses Verbot gilt allerdings nicht für Kreditinstitute, 34
Der deutsche Gesetzgeber hat die Regelungen, die ein in Deutschland registrierter Vermittler einzuhalten hat, wenn er im EU Ausland Versicherungsvermittlung betreiben will, in § 11a Abs. 4 GewO umgesetzt.
35
Einzelheiten sind in § 11a Abs. 6 GewO geregelt.
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Bei Antragstellung wird das Einreichen einer Verpflichtungserklärung angefordert, mit der bestätigt wird, dass keine die Vorschrift zuwiderlaufende Tätigkeit ausgeübt wird.
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die zusätzlich zu ihrer Tätigkeit nach speziellen Gesetzen als Versicherungsvertreter vermitteln dürfen. Versicherungsfremde Geschäfte nach deutschem Recht. Abweichend vom türkischen Recht, kann der Versicherungsvertreter neben seiner Tätigkeit Versicherungen zu vermitteln, auch noch jede andere berufliche Tätigkeit ausüben, sofern er die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Dies ist Ausfluss von Art. 12 des Grundgesetzes. Es gibt auch keine besonderen gesetzlichen Regelungen, die es den Kreditinstituten erst ermöglichen oder ausdrücklich erlauben würden, für ein Versicherungsunternehmen als Versicherungsvertreter Versicherungsverträge zu vermitteln. Voraussetzung für die Vermittlung ist lediglich der Abschluss eines Agenturvertrages. Daneben müssen die Voraussetzungen von § 34d GewO eingehalten werden. Die Tätigkeit als Versicherungsvertreter für ausländische Versicherer in der Türkei. Nach dem Ministerratsbeschluss vom 06.07.2007 dürfen in der Türkei tätige türkische oder ausländische Versicherungsvertreter – unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um eine natürliche oder juristische Person handelt – ausschließlich im Namen und auf Rechnung einer in der Türkei tätigen Versicherungsgesellschaft handeln. Sie dürfen grundsätzlich keine Verträge für im Ausland tätige Versicherer vermitteln. Art. 15 VG, wonach Versicherungsverträge mit einem im Ausland ansässigen Versicherer abgeschlossen werden dürfen, stellt insoweit keine Ausnahme dar. Die Tätigkeit als Versicherungsvertreter für ausländische Versicherer in Deutschland. Im Gegensatz zur Regelung im türkischen Recht, wonach Vermittler ausschließlich Verträge an eine in der Türkei tätige Versicherungsgesellschaft vermitteln dürfen, gilt in der gesamten EU und damit auch in Deutschland, als einer der Eckpunkte des europäischen Binnenmarktes, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. D. h. Versicherungsvermittler dürfen, wenn sie in einem Mitgliedstaat in dem entsprechenden Vermittlerregister eingetragen sind, in jedem anderen Mitgliedstaat der EU auch an dortige niedergelassene Versicherungsunternehmen vermitteln.37 Rechtliche Probleme stellen sich jedoch eher für das dortige Versicherungsunternehmen. Es geht bei der Tätigkeit im Ausland nämlich regelmäßig um die Beurteilung, ob hier noch eine Tätigkeit im Dienstleistungsverkehr vorliegt oder ob bereits eine Niederlassungstätigkeit gegeben ist. Hier stellen sich im Einzelfall schwierige Abgrenzungsfragen, die an dieser Stelle nicht vertieft behandelt werden können. Maßgeblich ist jedenfalls noch immer die Mitteilung der Kommission vom 16.02.2000. Die europäische Kommission hat sich unter Berücksichtigung der EuGH Rechtsprechung38 in dieser Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.200039 zu 37
Siehe hierzu noch eingehend unter 2.3.1.3.
38
EuGH, Urteil vom 04.12.1986, Rs. 205/84 C-205/84.
39
Freier Dienstleistungsverkehr und Allgemeininteresse im Versicherungswesen, Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.2000 in VerBAV 5/2000, S. 119.
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der Frage, welche Kriterien bei der Abgrenzung der Niederlassungstätigkeit zum Dienstleistungsverkehr aus Ihrer Sicht gelten sollen, geäußert und Leitlinien genannt. Was die Tätigkeit eines Vermittlers für ein ausländisches Versicherungsunternehmen anbelangt, so ist nach Auffassung der Kommission im Sitzland des Vermittlers noch keine Niederlassungstätigkeit für das VU anzunehmen, wenn dieses sich nur vorübergehend oder gelegentlich des in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Vermittlers bedient.40 Eine Niederlassungstätigkeit soll hingegen dann vorliegen, wenn das ausländische VU dem im Tätigkeitsland niedergelassenen Vermittler eine dauerhafte Vollmacht zum Abschluss von Versicherungsverträgen erteilt. Da dies bei Ausschließlichkeitsvertretern regelmäßig nicht der Fall ist, liegt dann – jedenfalls wenn man der Auffassung der Kommission folgt – keine Niederlassungstätigkeit als Folge der Vermittlung durch den Versicherungsvertreter vor. Die BaFin scheint dies jedoch anders zu sehen. In ihren Hinweisen für die Tätigkeit in den EU-/EWG-Staaten vom 10.02.201041 geht die Aufsichtsbehörde offenbar davon aus, dass dann, wenn ein Versicherungsvertreter nach § 84, 92 HGB eine Vermittlungstätigkeit übernimmt, bereits eine Tätigkeit als Niederlassung für den Versicherer vorliegt. Fort- und Weiterbildung nach türkischen Recht. Das Fachpersonal muss zur Gewährleistung seiner beruflichen Kompetenz, Kenntnisse und Fertigkeiten regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Der Umfang, die Dauer und der Inhalt dieser Veranstaltungen werden vom Exekutivkomitee unter der Voraussetzung der Zustimmung des zuständigen Staatssekretariats festgelegt (Art. 20 VerVV). Für die Durchführung dieser Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ist die „Ausbildungsinstitution für das Versicherungswesen“ zuständig. Fachpersonal, welches nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraums an einer Fortbildung teilgenommen hat, muss seine Tätigkeit bis zum Abschluss der Weiterbildung unterbrechen. Fort- und Weiterbildung nach deutschem Recht. Art. 4 Abs. 5 der Vermittlerrichtlinie sieht vor, dass die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittlung voraussetzt, dass die beruflichen Anforderungen, wie sie Art. 4 vorsieht, dauerhaft erfüllt sind. Der deutsche Gesetzgeber hat allerdings davon abgesehen, in der Gewerbeordnung oder der Versicherungsvermittlungsverordnung detaillierte Regelungen über eine Verpflichtung zur laufenden Weiterbildung der Versicherungsvermittler aufzunehmen. Immerhin ist in § 48 Abs. 2 VAG geregelt, dass der Versicherer verpflichtet ist, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob der Vermittler noch die Eintragungsvoraussetzungen nach § 34d Abs. 4 GewO erfüllt. Der GDV hat im Jahr 2012 einen Verhaltenskodex für den Versicherungsvertrieb beschlossen.42 Diesem ist praktisch die gesamte Branche beigetreten. Nr. 8 des Kodex
40
Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.2000, a. a. O.
41
Vgl. www.bafin.de/SharedDocs/Veröffentlichungen/DE/Merkblatt/VA/mb_taetigkeiteuewr_va.html.
42
Abrufbar unter www.gdv.de/2015/04/verhaltenskodex-für-den-vertrieb/. Vgl. hierzu ausführlich Reusch, VersR 2015, 1197 ff.
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sieht die Verpflichtung der Versicherungsunternehmen vor, dafür Sorge zu tragen, dass die Vermittler mit denen sie zusammenarbeiten, sich ständig weiterbilden. Hierzu wurde eine Brancheninitiative – „Weiterbildung der Versicherungsvermittler in Deutschland“ – gegründet. Teilnehmende Versicherungsvermittler sind angehalten, in einem Zeitraum von fünf Jahren 200 Weiterbildungspunkte zu sammeln. Eine Weiterbildungsmaßnahme entspricht einer Lerneinheit von 45 min. Die angerechneten Aktivitäten müssen geeignet sein, die Fach- und Beratungskompetenz des Vermittlers zu verbessern. Nach dem Erreichen von 200 Weiterbildungspunkten in fünf Jahren wird ein unternehmensübergreifendes Fünfjahreszertifikat ausgestellt. Damit hat der Vermittler die Möglichkeit, seine Weiterbildungsmaßnahmen in transparenter Form auch gegenüber seinen Kunden zu dokumentieren.43 Die IDD sieht in Art. 10 vor, dass die Vermittler sich zukünftig mindestens 15 h pro Jahr weiterbilden müssen.44 5.7 Beendigung der Tätigkeit als Versicherungsvertreter 5.7.1 Beendigung der Tätigkeit nach türkischem Recht (Löschung aus dem Register)
Gründe, die zum Ende der Tätigkeit als Versicherungsvertreter und damit zur Löschung aus dem Register führen können, sind in Art. 23 Abs. 4 VG aufgelistet. Danach wird der Versicherungsvertreter aus der Liste des Verbandes der Kammern und Börsen der Türkei gelöscht, wenn: a) er die bei Erteilung der Erlaubnis geltenden Voraussetzungen nicht mehr erfüllt; b) vorübergehend oder langfristig ein Urteil der Entlassung aus dem Beruf oder ein entsprechendes Berufsverbot vorliegt;45 c) innerhalb von sechs Monaten nach Eintrag ins Register keine Vermittlertätigkeit aufgenommen wurde; d) ein Ausscheiden aus der Versicherungsvertretung vorliegt; e) der Eintrag im Handelsregister oder bei der Handels- und Industriekammer gelöscht wurde; f) die festgesetzte Aufnahmegebühr nicht fristgerecht oder die Beitragszahlung nicht in drei aufeinanderfolgenden Jahren gezahlt wurde; g) der Versicherungsvertreter von der Liste des Verbandes der Kammern und Börsen der Türkei gestrichen wurde.
43
Einzelheiten unter www.gutberaten.de.
44
Proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on insurance distribution (recast), Brussels, 16.07.2015, 2012/0175 (COD) 10747/15.
45
Diese Beschlüsse werden von Seiten des Exekutivkomitees der Versicherungsvertreter getroffen.
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Ferner erfolgt die Löschung aus dem Register, wenn nach Art. 24 VerVV das Staatssekretariat46 das zu einem früheren Zeitpunkt erteilte „Bestätigungsdokument“ widerruft. Weist der Versicherungsvertreter zu einem späteren Zeitpunkt nach, dass die zur Löschung geführten Gründe beseitigt sind, erhält er erneut das Recht auf Eintragung. Hiervon ausgenommen sind Versicherungsvertreter, die mit einem Berufsverbot belegt sind. Nach Art. 23 Abs. 6 VG dürfen sie nicht mehr ins Register eingetragen werden. 5.7.2 Beendigung der Tätigkeit nach deutschem Recht (Löschung aus dem Register)
Anders als das türkische Recht, welches im Versicherungsvertragsrecht Regelungen enthält, die zur Beendigung der Versicherungsvertretertätigkeit führen und als Folge eine Löschung aus dem Vermittlerregister herbeiführen können, enthält das deutsche VVG solche Vorschriften nicht. Die Einfirmenvertreter, die ausschließlich im Auftrag eines oder wenn die Produkte nicht in Konkurrenz zueinander stehen, ihre Vermittlungstätigkeit auch für mehrere – regelmäßig – Konzernversicherer ausüben können, bedürfen keiner Erlaubnis.47 Hat der Versicherer für sie die uneingeschränkte Haftung aus der Vermittlertätigkeit übernommen, was weitere Voraussetzung nach § 34d Abs. 4 GewO ist, kommt auch hier wieder nur die allgemeine Regelung nach § 48 Abs. 2 VAG zum Tragen. Danach ist der Versicherer verpflichtet, nur mit solchen Vertretern zusammenzuarbeiten, die zuverlässig sind und in geordneten Vermögensverhältnissen leben. Der Versicherer kann sich allerdings nicht damit begnügen, diese Voraussetzungen nur bei der Aufnahme der Tätigkeit zu prüfen, sondern er muss dies auch während der laufenden Vermittlungstätigkeit des Versicherungsvertreters durch geeignete Maßnahmen in regelmäßigen Abständen überprüfen und sicherstellen. Sind diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben, muss der Versicherer den Vertreter aus dem Register löschen lassen. § 11a Abs. 3 GewO sieht vor, dass die Registerbehörde unverzüglich die zu einem bestimmten Vermittler gespeicherten Daten zu löschen hat, wenn die Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO oder eine Erlaubnisbefreiung nach § 34d Abs. 3 GewO für den Ausschließlichkeitsvertreter aufgehoben wird. Insbesondere dann, wenn die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 GewO verfügt hat oder wenn das Versicherungsunternehmen die Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Ausschließlichkeitsvertreter oder dem unechten Mehrfachvertreter nach § 34d Abs. 4 GewO entsprechend den Vorgaben nach § 48 Abs. 5 VAG mitgeteilt hat. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Versicherungsvertreters wird sein Name allerdings nicht angegeben. 46
Die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters kann vorübergehend bis zu sechs Monaten ausgesetzt werden, wenn festgestellt wird, dass sein Verhalten nicht mit dem Grundsatz von Treu und Glauben und den Erfordernissen des Versicherungswesens (Art. 32 VG) vereinbar ist und trotz Ermahnung durch das Staatssekretariat keine Verbesserung eintritt (Art. 24 Abs. 1 VerVV). Wiederholt der Versicherungsvertreter, dessen Tätigkeit vorübergehend ausgesetzt wurde, dieselbe Handlung innerhalb eines Jahres nach Aufnahme der Tätigkeit, wird der Eignungsnachweis dieses Vertreters von Seiten des Staatssekretariats endgültig widerrufen.
47
Auf Veranlassung des Vermittlers lässt der Versicherer ihn in das Register eintragen, § 48 Abs. 4 VAG.
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5.8 Grundlegende gesetzliche Regeln für Versicherungsvertreter 5.8.1 Grundzüge der gesetzlichen Regelungen für Versicherungsvertreter nach türkischem Recht
Der Versicherungsvertreter ist aufgrund eines Vertrages mit dem Versicherer damit betraut, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Somit ist erforderlich, dass zwischen Vertreter und Versicherer ein entsprechender Vertrag, der sog. „Versicherungsvertretervertrag“ geschlossen wird. Da die Vertretungsmacht ausschließlich vom Versicherer erteilt werden kann (Art. 14 VerVV), muss der Versicherungsvertretervertrag mit dem Versicherer direkt abgeschlossen werden. Es gibt im VG keine Vorschrift, die für den Abschluss eines solchen Vertrages die Schriftform vorsieht.48 Ebenso enthält das tHGB keine Formvorschrift für derartige Verträge. Art. 15 VerVV legt allerdings die in einem Versicherungsvertretervertrag zu regelnden Minimalanforderungen fest. Dieser Vorschrift lässt sich entnehmen, dass mittelbar doch die Schriftform für den Vertragsabschluss gelten soll. Auch in der Praxis werden die Versicherungsvertreterverträge grundsätzlich immer schriftlich abgeschlossen. Allerdings sieht Art. 23 Abs. 18 VG vor, dass die den Vertreter betreffenden Regelungen des türkischen Handelsgesetzbuch entsprechend auf Versicherungsvertreter anzuwenden sind. Damit sind für Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich im Versicherungsvertragsgesetz geregelt sind, die Bestimmungen der Art. 102–123 tHGB anzuwenden, sofern diese nicht gegen die Bestimmungen des VG oder die VerVV verstoßen. Der Versicherer erteilt dem Vertreter eine spezielle Vollmacht. In dieser Vollmacht werden die Versicherungszweige, in denen der Vertreter tätig werden soll, sowie die im Umfang dieser Zweige zuerkannten Befugnisse aufgeführt (Art. 14 VerVV). Die Vollmachten werden im Handelsregister und im Handelsregisterblatt veröffentlicht. Gleiches geschieht, wenn die erteilte Vollmacht später geändert, eingeschränkt, teilweise oder vollständig widerrufen wird. Alle die Vertretungsbefugnis betreffenden Formalitäten müssen innerhalb einer Frist von 15 Werktagen ab Eintragung und Bekanntmachung dem Verband der Kammern und Börsen in der Türkei mitgeteilt werden. So wie ein Versicherer keinen Vertretervertrag mit einer nicht eingetragenen natürlichen oder juristischen Person abschließen darf, darf er einem solchen Vertreter auch keine Vollmacht erteilen (Art. 14 Abs. 3 VerVV). Bei sämtlichen, die Eintra48
Laut Art. 15 VerVV sind in einem Vertretungsvertrag Bestimmungen bezüglich folgender Punkte aufzunehmen: Partner, Vertragsdauer, Erneuerungs- und Aufhebungsvoraussetzungen, Umfang und geografische Grenzen der dem Vertreter in Bezug auf die Versicherungszweige erteilten Vollmacht, Registernummer, Verfahrensweisen und Prinzipien bezüglich zu zahlender Provisionen auf der Basis der Branche und weiterer zu verschaffender Vorteile sowie Rechte und Pflichten der Parteien. Ferner müssen die Vereinbarungen Bestimmungen betreffend die Rechte der Ausfertigung eines Versicherungsscheins, der Annahme von Prämien sowie der Überweisung der Prämie an den Versicherer enthalten. Außerdem sind Vorgaben zur Berechnung der Provisionen und Prämien, Kontenabgleiche sowie Bestimmungen zur Sicherung der Forderungen vom Versicherer mit aufzunehmen. Außer diesen Punkten darf der Vertretungsvertrag weitere Vereinbarungen enthalten, soweit diese nicht gegen das VG, die VerVV oder das tHGB und sonstige geltende gesetzliche Regelungen verstoßen.
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gung des Vertretervertrages betreffenden Formalitäten, ist der Eintrag im Register des Verbandes der Kammern und Börsen der Türkei zu kontrollieren. Gemäß Art. 104 tHGB kann ein Versicherungsvertreter am gleichen Ort oder im selben Gebiet für mehrere Versicherer tätig sein, sofern diese nicht in Konkurrenz zueinander stehen und im jeweiligen Versicherungsvertretervertrag nichts anderes vereinbart ist. Hinsichtlich der Frage, ob die Versicherer zueinander in Konkurrenz stehen, sind allein die Versicherungszweige und -sparten entscheidend. Damit spielt der Umfang der erteilten Vollmacht keine Rolle. 5.8.2 Grundzüge der gesetzlichen Regelungen für den Versicherungsvertreter nach deutschem Recht
§ 59 Abs. 2 VVG enthält eine Legaldefinition des Versicherungsvertreters. Versicherungsvertreter ist danach, wer von einem Versicherer oder einem anderen Vertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Im Gegensatz zum türkischen Recht ist damit nicht zwingend die Erteilung einer Vollmacht gemeint. Dies folgt aus dem Merkmal der „Betrauung“. Dieser Begriff wurde schon im § 43 VVG a. F. verwendet. Gemeint ist damit letztlich nur, dass der Versicherungsvertreter aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Versicherer für diesen Versicherungsverträge vermittelt oder ausnahmsweise im Falle des Abschlussvertreters auch abschließen kann. Dieser Agenturvertrag hat den Charakter eines Geschäftsbesorgungsvertrages und verpflichtet den betrauten Vermittler im Interesse seines Versicherers tätig zu werden. Das Wort „betrauen“ soll damit zum Ausdruck bringen, dass der Vertreter für den Versicherer tätig wird. Damit wird auch der Gegensatz zu Maklern deutlich, der vom Kunden mit der Wahrnehmung seiner Interessen „betraut“ wird.49 Wichtig ist im Übrigen für das deutsche Recht die Unterscheidung, ob der Versicherungsvertreter als Angestellter des Versicherers oder als selbstständiger Handelsvertreter tätig wird. Ist er Angestellter des Versicherers, kommen die arbeitsrechtlichen Regeln des BGB und die im Anstellungsvertrag getroffenen Regeln zur Anwendung. Ist er hingegen selbstständiger Handelsvertreter, so gelten für ihn die Regelungen des Handelsvertreterrechtes, §§ 84 ff. HGB. § 84 Abs. 2 HGB bringt die Unterscheidung zwischen selbstständigem Handelsvertreter und Angestellten deutlich zum Ausdruck. Danach gilt als Angestellter, wer ohne selbstständiger Gewerbetreibender zu sein, ständig damit betraut ist, für ein Versicherungsunternehmen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Entscheidend ist also die selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter. Ob das vorliegt, beurteilt sich im Einzelfall in einer Gesamtschau der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Handhabung. Für die Selbstständigkeit spricht insbesondere, wenn nur eine eingeschränkte Weisungsbefugnis des Versicherers vereinbart wurde. Der Handelsvertreter muss seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei 49 Ebenso Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 59 Rn. 27; Prölss/Martin/Dörner, 29. Aufl. 2015, § 59 Rn. 9.
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gestalten können. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ist nämlich derjenige selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Das BAG spricht insoweit vom „Kerngehalt“ der selbstständigen Tätigkeit.50 Für den Abschluss eines Handelsvertretervertrages enthält das Gesetz keine Formerfordernisse. Allerdings werden Versicherungsvertreterverträge mit selbstständigen Handelsvertretern oder Angestellten in der Praxis immer schriftlich abgeschlossen. Spezielle Vollmachten für die Versicherungszweige in denen der Vertreter tätig werden soll, werden nicht erteilt. Solche speziellen Vollmachten, wie sie im türkischen Recht erteilt und eingetragen werden, sind in Deutschland nicht verbreitet.51 Eine Eintragung erteilter Vollmachten im Handelsregister oder auch im Vermittlerregister bei der IHK erfolgt nicht. Der Umfang der Vermittlungstätigkeit richtet sich nach den im Agenturvertrag getroffenen Regelungen. Allerdings wird in der Praxis mit dem Vertreter ganz überwiegend die Ausschließlichkeitsbindung vereinbart. Der Vertreter kann dann nur für „sein“ Versicherungsunternehmen und auch nur in den Sparten, in denen dieses eine Zulassung besitzt, tätig werden. In Deutschland gilt nach wie vor die Spartentrennung, §§ 8 Abs. 4, 146 VAG. Danach müssen Versicherer die Lebensversicherung oder die private (substitutive) Krankenversicherung und die Schadenversicherung in eigenständigen Gesellschaften betreiben. Typisch für den deutschen Versicherungsmarkt ist daher, dass die deutschen Versicherungsunternehmen regelmäßig als Versicherungsgruppen in Konzernen organisiert sind. Die meisten Versicherungsvertreter unterliegen daher der Ausschließlichkeitsbindung, sind aber Konzernvertreter. Dort wo die Versicherungsgruppen gleichwohl bestimmte Sparten nicht anbieten, wird den Ausschließlichkeitsvertretern meist auch eine „Ventillösung“ eingeräumt. Die Produkte und die Sparten, die der Versicherer nicht betreibt, kann der Versicherungsvertreter dann bei einem anderen Versicherungsunternehmen eindecken. Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch dann die Voraussetzungen des § 34d Abs. 4 GewO eingehalten werden müssen. Danach darf ein Versicherungsvertreter zwar Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermitteln, allerdings nur dann, wenn sie weder mit den Produkten des Versicherers, mit dem er einen Agenturvertrag abgeschlossen hat, in Konkurrenz stehen, wenn diese Vermittlungstätigkeit nur einen geringen Teil der gesamten Tätigkeit ausmacht und die Vereinbarung zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem gebundenen Vermittler hinreichend bestimmt gefasst ist.52 Weitere Voraussetzung ist, dass das Versicherungsunternehmen auch die uneingeschränkte Haftung für die gesamte Tätigkeit des Vertreters und damit auch für das Ventilgeschäft übernimmt.53
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BAG NZA 1995, 649; BAG NJW 2010, 2455.
51
Ausnahmen gibt es nur für die Assekuradeure an den Seehandelsplätzen Hamburg und Bremen. Deren Vollmachten werden im Handelsregister eingetragen. 52 BGH VersR 2014, 1002, 1003. 53
BGH VersR 2014, 1002, 1004. Bei den echten MGA ist dies in der Praxis nicht der Fall. Eine Haftungsübernahme durch einen Versicherer gibt es dann nicht. Allerdings haben diese MGA regelmäßig selbst eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.
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5.8.3 Die Befugnis nach türkischem Recht, Versicherungsscheine auszufertigen und Prämien anzunehmen
Versicherer können einem Versicherungsvertreter unter der Bedingung, dass dies im Versicherungsvertretervertrag ausdrücklich genannt ist, die Befugnis zum Abschluss von Verträgen (sog. „Abschlussvertreter“) und die Befugnis zur Annahme von Prämien (sog. „Vertreterinkasso“) erteilen, Art. 17 Abs. 1 VerVV.54 Vertretern, denen keine derartige Vollmacht erteilt wurde, dürfen keine Versicherungsscheine ausfertigen55 und keine Prämien entgegen nehmen. Im türkischen Recht ist der Versicherungsvertreter von Rechts wegen nicht zur Annahme der Versicherungsprämie befugt. Diese Befugnis kann ihm nur vom Versicherer erteilt werden. Falls der Vertreter zum Vertragsabschluss bevollmächtigt ist, bedeutet das nicht, dass er auch automatisch zur Annahme der Prämie befugt ist. Hierfür muss er gesondert bevollmächtigt worden sein. 5.8.4 Die Befugnis nach deutschem Recht, Versicherungsscheine auszufertigen und Prämien anzunehmen
Auch das deutsche Recht kennt die Unterscheidung zwischen dem Abschlussvertreter, § 71 VVG, und dem Vermittlungsvertreter. Der Abschlussvertreter ist vom Versicherer rechtsgeschäftlich zum Abschluss von Versicherungsverträgen bevollmächtigt. Nach der gesetzlichen Regelung ist er auch bevollmächtigt, die Änderung oder Verlängerung solcher Verträge zu vereinbaren sowie Kündigungs- und Rücktrittserklärungen abzugeben, § 71 VVG. Allerdings ist auch der Abschlussvertreter nicht bevollmächtigt, Versicherungsscheine auszufertigen. Der Umfang der Vertretungsmacht des Abschlussvertreters wird durch § 71 VVG gesetzlich abschließend festgelegt. Wie sich aus § 72 VVG ergibt, ist eine Einschränkung der Abschlussvollmacht durch AVB nicht möglich. Der Abschlussvertreter ist in der Praxis der Versicherungswirtschaft nur noch selten anzutreffen. Abgesehen von den Assekuradeuren an den Seeplätzen Hamburg und Bremen, gibt es nur noch vereinzelt in der Transportversicherung Versicherungsvertreter mit Abschlussvollmacht. In der Praxis überwiegt ganz eindeutig der bloße Vermittlungsvertreter, dessen Vertretungsmacht im Wesentlichen in § 69 VVG geregelt ist. § 69 VVG ist als „gesetzliche Vollmacht“ bezeichnet. Kraft Gesetzes wird damit der Umfang der Vertretungsmacht des Versicherungsvertreters festgelegt. Der Versicherungsvertreter gilt danach unter anderem als bevollmächtigt, die vom Versicherer 54
Auch Art. 107 tHGB sieht vor, dass der Vertreter, ohne eine spezielle und schriftliche Befugnis einzuholen, nicht dazu befugt ist, im Namen seines Kunden einen Vertrag abzuschließen. Der Vertreter muss die Dokumente, die den Vertreter zum Vertragsabschluss bevollmächtigen, im Handelsregister eintragen lassen; diese sind im Handelsregisterblatt bekanntzumachen. 55 Art. 17 Abs. 3 VerVV regelt, dass die Versicherer sicherstellen müssen, dass sich der Titel des als Vermittler tätigen Versicherungsvertreters und seine Registernummer, die er vom Verband der Handelskammern und Börsen der Türkei erhält, auf dem Versicherungsschein befinden. Der in dieser Bestimmung verwendete Ausdruck des „die Vermittlertätigkeit ausübender Vertreters“ ist „als zum Vertragsabschluss befugter Vertreter“ zu verstehen. Denn nur ein zum Vertragsabschluss befugter Vertreter kann einen Versicherungsschein ausfertigen.
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ausgefertigten Versicherungsscheine oder Verlängerungsscheine dem Versicherungsnehmer zu übermitteln, was in der heutigen Praxis des Massengeschäftes kaum noch vorkommt. § 69 Abs. 2 S. 1 VVG sieht darüber hinaus vor, dass der Versicherungsvertreter außerdem bevollmächtigt ist, Zahlungen des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss des Versicherungsvertrages für den Versicherer anzunehmen. Damit hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Vermittlerrichtlinie nach Art. 4 Abs. 4 Unterabsatz 2a umgesetzt. Eine Beschränkung dieser Zahlungsempfangsvollmacht ist grundsätzlich möglich. Diese muss der Versicherungsnehmer allerdings nur dann gegen sich gelten lassen, wenn er die Beschränkung bei der Vornahme der Zahlung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. In der Praxis finden sich regelmäßig Hinweise in den Antragsformularen oder auch in den AVB, dass die Versicherungsvertreter keine Inkassovollmacht haben und daher nicht zur Entgegennahme von Geldern der Versicherungsnehmer bevollmächtigt sind.56 Die Beschränkung der Inkassovollmacht von Versicherungsvertretern ist in erster Linie ein dogmatisches Problem. In der Praxis spielt sie kaum eine Rolle, da bei Antragstellung im Privatkundengeschäft und im Massenverkehr regelmäßig dem Versicherer Lastschriftermächtigungen erteilt werden, sodass dieser ausstehende Prämien per Lastschrift vom Konto des Versicherungsnehmers bei Fälligkeit einzieht. 5.8.5 Sonstige Befugnisse des Vertreters nach türkischem Recht
Der Vertreter ist gemäß Art. 105 Abs. 1 tHGB bevollmächtigt, jede Art von rechtsgeschäftlichen Erklärungen wie z. B. eine Mahnung, eine Anzeige oder einen Widerspruch für die von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Verträge abzugeben und entsprechende Erklärungen entgegenzunehmen. Somit ist die Vollmacht des Vertreters, im Namen des Versicherers Anzeigen und Willenserklärungen abzugeben oder zu empfangen, in erster Linie auf die von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Verträge beschränkt. Diese Befugnis ist allerdings auch noch inhaltlich beschränkt. Das heißt, dass der Vertreter, selbst wenn er zum Vertragsabschluss befugt ist, keine Willenserklärung abgeben darf, die den Vertrag inhaltlich ändert oder sogar beendet. Allerdings kann der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer wegen Zahlungsverzug der Prämie mahnen. Zeigt der Versicherungsnehmer dem Versicherungsvertreter einen Versicherungsfall an, so gilt die Anzeige mit Zugang beim Versicherungsvertreter auch als dem Versicherer zugegangen. Gemäß Art. 105 Abs. 2 tHGB ist der Vertreter bei den Verträgen, die er vermittelt oder abgeschlossen hat, schließlich auch dazu befugt, im Namen des Versicherers Klage zu erheben und ihn in rechtshängigen Gerichtsverfahren zu vertreten. Die Befugnis des Versicherungsvertreters zur Klageerhebung bzw. Klageerwiderung ist allerdings auf Streitigkeiten beschränkt, die aus den von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Versicherungsverträgen herrühren. 56 Streitig ist, ob eine Beschränkung der Inkassovollmacht wegen § 72 VVG nur durch Individualvereinbarung oder auch in AVB möglich ist. Vgl. zum Problem für die Inkassovollmacht Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 69 Rn. 43 ff.
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5.8.6 Sonstige Befugnisse des Vertreters nach deutschem Recht
§ 69 Abs. 1 Nr. 1 VVG regelt die Empfangsvertretungsmacht des Versicherungsvertreters. Danach ist er für alle Erklärungen des Versicherungsnehmers empfangsbevollmächtigt, die dieser im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages abgibt. Genannt werden „Anträge“, „Widerruf“, „Anzeigen“ und sonstige Erklärungen. Ebenfalls erfasst wird auch die Annahmeerklärung des Versicherungsnehmers. Aber auch die vorvertraglichen Anzeigepflichten zu denen der Versicherungsnehmer nach § 19 VVG bei entsprechender Fragestellung und Nachfrage des Versicherers vor Vertragsschluss verpflichtet ist, fallen in den Anwendungsbereich der Vorschrift. § 69 Abs. 1 Nr. 2 VVG erfasst hingegen alle Anträge, Erklärungen und Anzeigen, die vom Versicherungsnehmer nachdem der Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde, gegenüber dem Versicherer abgegeben werden. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, wollte der deutsche Gesetzgeber damit die „Auge und Ohr“ Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gesetzlich verankern.57 Danach ist der Versicherungsvertreter „Auge und Ohr“ des Versicherers und alles, was ihm im Rahmen des Antragsgespräches vom Versicherungsnehmer mitgeteilt wird, muss auch der Versicherer gegen sich gelten lassen. Erklärungen des Versicherungsnehmers gelten daher als dem Versicherer mit der Abgabe gegenüber seinem Vertreter als zugegangen, auch wenn dieser es unterlässt, die ihm erteilte Information an den Versicherer weiterzuleiten. Eine Beschränkung der Empfangsvertretungsmacht des Versicherungsvertreters erklärte der BGH für unwirksam.58 Mahnschreiben wegen ausstehender Prämien nach §§ 37, 38 VVG werden in der Praxis der Versicherungswirtschaft ausschließlich vom Versicherer selbst an den Versicherungsnehmer verschickt. Der Versicherungsvertreter erhält regelmäßig eine „Vermittlerkopie“, um eventuellen Stornogefahren begegnen zu können. Im Gegensatz zum türkischen Recht hat der Versicherungsvertreter keine gesetzliche Befugnis für von ihm vermittelte und abgeschlossene Verträge im Namen des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer Klage zu erheben. Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz würde vorliegen (RDG).59 Die gerichtliche Vertretung ist grundsätzlich Rechtsanwälten vorbehalten. 5.8.7 Auszahlung von Geldern, die dem Versicherungsnehmer oder einem Dritten zustehen, an den Versicherungsvertreter nach türkischem Recht
Hat ein Versicherungsvertreter einen Versicherungsvertrag vermittelt und hat der Versicherungsnehmer etwa im Schadenfall einen Zahlungsanspruch gegen den Versicherer, so müssen Zahlungen grundsätzlich an den Anspruchsberechtigten (Versicherungsnehmer, Begünstigter) erfolgen. Hat der Versicherer den geschuldeten Betrag an den Vertreter ausgezahlt, gilt die Zahlung erst dann als erfolgt, wenn 57
Regierungsbegründung BT Drucksache 16/3945, S. 77.
58
BGHZ 102, 194, 197; BGHZ 116, 387, 389; BGH VersR 2008, 764, 765. Zu den Hintergründen vgl. etwa Reiff in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 5 Rn. 75 ff.
59
Vgl. hierzu zur Rechtslage bei den Versicherungsmaklern unter 4.5 und BGH VersR 2016, 1118, 1120.
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sie vom Anspruchsberechtigten entgegen genommen wird (Art. 17 Abs. 2 VerVV). Diese Bestimmung unterscheidet nicht danach, ob der Vertreter für die Annahme der Zahlung bevollmächtigt worden ist oder nicht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Frage, in welcher Weise und in welchem Umfang der Vertreter vom Anspruchsberechtigten bevollmächtigt worden ist, nicht unter Art. 17 Abs. 2 VerVV fällt. 5.8.8 Regelungen zur Zahlungssicherung zu Gunsten des Versicherungsnehmers nach deutschem Recht
Eine Regelung zur Zahlungssicherung zu Gunsten des Versicherungsnehmers enthält § 64 VVG. Sie dient dem Schutz des Versicherungsnehmers und soll vermeiden, dass an den Versicherungsvertreter ausgezahlte Versicherungsleistungen von diesem nicht oder nicht rechtzeitig an den Versicherungsnehmer weitergeleitet werden. Der deutsche Gesetzgeber hat damit Art. 4 Abs. 4 der Vermittlerrichtlinie umgesetzt. Danach ist der Versicherungsvertreter – ebenso wie der Versicherungsmakler, der von dieser Vorschrift mit erfasst wird – zur Entgegennahme von Geldern des Versicherers nur aufgrund einer gesonderten schriftlichen Erklärung des Versicherungsnehmers bevollmächtigt. Damit will der deutsche Gesetzgeber die besondere Warnfunktion der Vorschrift zum Ausdruck bringen. Fehlt es an einer formgerechten Bevollmächtigung in einem mit den entsprechenden Warnhinweisen versehenen Dokument und leitet der Vermittler Gelder des Versicherers nicht weiter, tritt keine Erfüllungswirkung ein. Der Versicherer muss also im Zweifel noch einmal zahlen. In der Praxis kommt es allerdings nur sehr selten vor, dass ein Versicherungsvertreter entsprechend den Voraussetzungen des § 64 VVG durch eine gesonderte schriftliche Erklärung des Versicherungsnehmers zur Entgegennahme von Geldern für diesen bevollmächtigt wird. Anders ist es, wenn der Versicherungsnehmer einen Makler beauftragt hat, sich um seine Versicherungsangelegenheiten zu kümmern. 5.8.9 Informationspflichten des Versicherungsvertreters nach türkischem Recht
Art. 11 Abs. 3 VG sieht vor, dass die den Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertretern obliegenden Informationspflichten in einer Verordnung zu regeln sind. Die „Verordnung über die Informationspflicht bei Versicherungsverträgen“ (VerIP) vom 28.10.2007 regelt die Informationspflichten, die der Versicherer vor und nach Vertragsschluss erfüllen muss. Nach Art. 6 Abs. 1 VerIP gelten die Vorschriften dieser Verordnung – mit Ausnahme der Art. 12 und 13 VerIP – auch für Versicherungsvertreter des Versicherers. Trotz dieser Regelung enthält das türkische Handels-
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gesetzbuch seit dem 01.07.2012 unter der Überschrift „Aufklärungspflichten“ mit Art. 1423 tHGB ebenfalls eine die Informationspflichten betreffende Regelung.60 Abgesehen davon, dass das tHGB von „Aufklärungs-“, die VerIP von „Informationspflichten“ spricht, gibt es, was den Inhalt dieser Verpflichtung betrifft, keine weiteren Unterschiede. Bei Verstößen gegen diese Pflichten wurden allerdings unterschiedliche Rechtsfolgen getroffen. Weder nach dem tHGB noch der VerIP muss der Vertreter den (potentiellen) Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss beraten. Die im türkischen Recht getroffene Regelung zu den „Informationspflichten“ unterscheidet sich von der Regelung in der EU-Vermittlerrichtlinie. Die dort für sämtliche Versicherungsvermittler vorgesehenen Informationspflichten sind auf die Phase vor Vertragsabschluss begrenzt. Dagegen enthält das türkische Recht Informationspflichten zeitlich sowohl vor als auch nach Vertragsschluss.61 In der EU-Vermittlerrichtlinie sind Rückversicherungsverträge sowie Versicherungsverträge über Großrisiken von der Informationspflicht ausgenommen (Art. 12 Abs. 4 EU-Vermittlerrichtlinie). Im türkischen Recht gelten die Informationspflichten dagegen auch für Verträge über Großrisiken.62 Gemäß Art. 6 Abs. 2 VerIP sind der Versicherer und sein Versicherungsvertreter verpflichtet, auf Verlangen auch die vom Versicherungsvertrag begünstigten Personen (Mitversicherte, Begünstigte, Hypothekare, Gläubiger etc.) zu informieren. Sinn und Zweck der Informationspflicht vor Vertragsschluss ist, den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, das Vertragsangebot selbst beurteilen und seine Entscheidung in Kenntnis aller wesentlichen Umstände treffen zu können, bevor er seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung abgibt. In welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der Vertrag abgeschlossen wird, entscheidet nicht der Begünstigte, sondern allein der Versicherungsnehmer. Die im türkischen Recht auch zugunsten des Begünstigten bestehende Informationspflicht entspricht
60
Art. 1423 tHGB lautet wie folgt: (1) Der Versicherer und sein Versicherungsvertreter sind vor Vertragsabschluss verpflichtet, dem potenziellen Versicherungsnehmer alle Informationen hinsichtlich des abzuschließenden Vertrages, die Rechte des Versicherungsnehmers aus diesem Vertrag, die vom Versicherungsnehmer besonders zu beachtenden Vorschriften sowie die Verpflichtung des Versicherungsnehmers (Anzeigepflicht, Anm. d. Aut.), dem Versicherer bestimmte Veränderungen in schriftlicher Form mitzuteilen, zu übermitteln und ihm die nötige Frist für die Einsichtnahme zu gewähren. Darüber hinaus hat der Versicherer unabhängig vom Versicherungsschein während der Vertragslaufzeit dem Versicherungsnehmer sämtliche Ereignisse und Entwicklungen, die hinsichtlich des Vertragsverhältnisses wichtig/bedeutend sein könnten, schriftlich mitzuteilen. (2) Falls der Versicherer seine Informations-/Aufklärungspflichten nicht erfüllt hat und der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen keinen Einspruch gegen den Vertragsabschluss eingelegt hat, gilt der Vertrag zu den im Versicherungsschein schriftlich genannten Bedingungen geschlossen. Der Versicherer hat die Erfüllung der Informations-/Aufklärungspflicht nachzuweisen. (3) Das Staatssekretariat für das Schatzwesen bestimmt Form und Inhalt der Informationspflicht unter Berücksichtigung der Regelungen anderer Staaten, insbesondere der Vorgaben der Europäischen Union. 61 So wie es keinen Grund für eine nach Vertragsabschluss vom Versicherungsvertreter zu erfüllende Informationspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer gibt, handelt es sich bei den Punkten, über die der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer gemäß Art. 10 VerIP informieren muss, grundsätzlich um Informationen, die den Versicherer betreffen bzw. die dieser wissen sollte. 62 Das Staatssekretariat für das Schatzwesen ist ermächtigt, Versicherungszweige oder Versicherungsverträge von der Informationsplicht zu befreien (Art. 9 Abs. 5 VerIP).
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nicht ihrem eigentlichen Sinn und Zweck. Sie erschwert vielmehr in unnötiger Weise die Erfüllung dieser Pflicht und den Vertragsabschluss. Gemäß Art. 9 Abs. 2 VerIP wird die Informationspflicht vor Vertragsabschluss in der Regel in schriftlicher Form mittels eines Informationsblattes erfüllt. Das mindestens in doppelter Ausfertigung auszufüllende Informationsblatt wird vor Vertragsabschluss und nachdem es vom Versicherer oder dem Abschlussvertreter unterschrieben wurde, dem potenziellen Versicherungsnehmer gegen Unterschrift ausgehändigt. Das vom Versicherungsnehmer gegengezeichnete Exemplar muss vom Versicherer archiviert werden. In den Fällen, in denen die Vertragsverhandlungen telefonisch oder unter Verwendung anderer Kommunikationsmittel durchgeführt werden, kann auf das Ausfüllen des Informationsblattes verzichtet werden. Der Versicherer ist jedoch verpflichtet nachzuweisen, dass eine Mindestinformation des Versicherungsnehmers stattgefunden hat. In der Phase nach Vertragsschluss ist der Informationspflicht mittels Einschreiben, Telefax, Telegramm, E-Mail, vertraulicher Signatur oder ähnlichem Kommunikationsmittel, welches von Seiten des Staatssekretariats als geeignetes Mittel eingestuft wurde, nachzukommen (Art. 11 Abs. 1 VerIP). Informationen, die über eine Hotline oder am Telefon erteilt wurden, gelten als ordnungsgemäß geleistet, wenn das Gespräch auf magnetischer oder digitaler Grundlage aufgezeichnet wurde und sich dies auch zu einem späteren Zeitpunkt noch nachweisen lässt (Art. 11 Abs. 2 VerIP). Wenn die Informationspflicht vor und bei Vertragsabschluss unterblieben ist und auch während der Vertragslaufzeit im vorgeschriebenen Umfang nicht nachgeholt wird und die fehlende Information sich auf die Entscheidung des Versicherungsnehmers ausgewirkt hat, kann der Versicherungsnehmer nach Art. 7 VerIP den Vertrag kündigen und Schadensersatz verlangen. Art. 7 VerIP enthält keine Frist, in welcher der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen muss. Da eine Kündigung „ex nunc“ wirkt, steht dem Versicherungsnehmer während der gesamten Vertragslaufzeit dieses Kündigungsrecht zu. Art. 1423 tHGB enthält demgegenüber eine anders lautende Regelung: „Falls der Aufklärungspflicht nicht nachgekommen wurde und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen Einspruch gegen den Abschluss des Vertrages eingelegt hat, gilt der Vertrag zu den im Versicherungsschein genannten Bedingungen als geschlossen. Der Versicherer muss nachweisen, dass er die ihm obliegenden Aufklärungspflichten erfüllt hat.“ Diese Vorschrift erscheint mangelhaft und unzureichend, weil sie nicht berücksichtigt, dass vom Antrag abweichende Regelungen im Versicherungsschein auch ungünstig für den Versicherungsnehmer sein können. Der Versicherungsnehmer muss also in diesem Fall Einspruch einlegen, um zu verhindern, dass ein Vertrag zustande kommt. Allerdings hat die Frage der Abweichung des Versicherungsscheines vom Versicherungsantrag systematisch nichts mit den Informationspflichten zu tun. Ein Verstoß des Versicherers gegen die Pflicht, dem Versicherungsnehmer bestimmte Informationen zu erteilen, müsste in anderer Weise sanktioniert werden. Dogmatisch ist nicht nachvollziehbar, warum bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten bei fehlendem Einspruch des Versicherungsnehmers ein Versicherungsvertrag zu den im Versicherungsschein genannten Bedingungen Zustandekommen soll.
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5.8.10 Informationspflichten63 des Versicherungsvertreters nach deutschem Recht
Der deutsche Gesetzgeber hat die in Art. 12 Abs. 1 Buchstaben (a)–(e) der EUVermittlerrichtlinie vorgesehenen Angaben als statusbezogene Erstauskünfte eingeordnet und daher als gewerberechtliche Vorschrift in § 11 VersVermV ins deutsche Recht transformiert. Bei der ersten geschäftlichen Kontaktaufnahme muss der Vermittler dem Kunden bzw. Versicherungsnehmer klar und verständlich in Textform mitteilen: Seinen Namen und ggf. die Firma (Nr. 1), seine betriebliche Anschrift (Nr. 2) sowie seinen Status, ob er als Versicherungsmakler, als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO, als gebundener Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 4 GewO oder als produktakzessorischer Versicherungsvertreter mit Erlaubnisbefreiung nach § 34d Abs. 3 GewO gemeldet und eingetragen ist (Nr. 3). Er muss seine Registernummer, die Anschrift und Telefonnummer und Internetadresse des DIHK angeben (Nr. 4). Um Interessenkonflikte offenzulegen, muss er auch die direkte oder indirekte Beteiligung von mehr als 10 % an einem Versicherer, was selten sein wird, oder umgekehrt, was häufiger vorkommt, die direkte oder indirekte Beteiligung eines Versicherers in Höhe von mehr als 10 % am Vermittler (Nr. 6) angeben. Letztes Erfordernis ist die Angabe der Schlichtungsstelle. In Deutschland bedeutet dies, dass die Anschrift des Ombudsmannes anzugeben ist (Nr. 7). Allein der Anruf des Kunden mit der Bitte um einen Besuch, löst noch keine Auskunftspflicht aus. Kommt es allerdings während des Telefongesprächs zu einem konkreten Tätig werden des Vermittlers, kann die Information mündlich erteilt werden, wenn der Versicherungsnehmer hiermit einverstanden ist oder wenn der Vermittler vorläufige Deckung gewährt. Die erforderlichen Informationen müssen dann mit dem Versicherungsschein nachgeholt werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn etwa bei der Kfz-Haftpflichtversicherung eine vorläufige Deckung gewährt wird, § 11 Abs. 3 VersVermV. In der Praxis hat sich die sog. Visitenkartenlösung durchgesetzt, da die gewünschten Informationen völlig problemlos auf einer Visitenkarte untergebracht werden können. Auskünfte müssen vom Vermittler nur einmal, nämlich beim ersten Geschäftskontakt, erteilt werden. Das bedeutet, dass bei Änderungen während der laufenden Vertragsbeziehung und bei erneuten Kontakten, der Versicherungsnehmer dann darüber nicht zu informieren ist. Das ist nicht überzeugend, weil Art. 12 Abs. 1 der Vermittlerrichtlinie vorsieht, dass die Auskünfte „nötigenfalls auch bei bloßer Vertragsverlängerung oder -änderung“ zu erteilen seien. Wichtig ist, dass nach § 11 Abs. 2 VersVermV der Geschäftsherr als Vermittler darauf achten muss, dass die statusbezogenen Informationen auch von seinen Angestellten, die keine Gewerbetreibenden sind und daher die Informationen nicht erteilen müssten, dann über ihn als den Geschäftsherrn zu erteilen sind. Da der Inhalt von § 11 VersVermV nicht im VVG geregelt ist, was auch möglich gewesen wäre, musste eine eigenständige Sanktion in der Gewerbeordnung vorge63
Der Begriff ist hier weit zu verstehen. Das das VVG bezeichnet diese Informationspflichten insoweit in Unterabschnitt 1, (Überschrift vor § 59 ff. VVG) als „Mitteilungs- und Beratungspflichten“.
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sehen werden. Nach § 18 VersVermV i. V. m. §§ 144 ff. GewO werden Verstöße als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Die Vorgaben von Art. 12 der Vermittlerrichtlinie hat der deutsche Gesetzgeber in den §§ 59–60 VVG umgesetzt. Der Versicherungsvertreter muss dem Versicherungsnehmer mitteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage er seine Leistung erbringt und er muss die Namen der seinem Rat zugrundegelegten Versicherer angeben. Der Versicherungsvertreter hat außerdem mitzuteilen, für welche Versicherer er seine Tätigkeit ausübt und ob er für diese ausschließlich tätig ist, § 60 Abs. 2 VVG. Insoweit hat die Vorschrift fast nur noch deklaratorische Bedeutung, denn wenn der Versicherungsvertreter seinen statusbezogenen Pflichten nach § 11 VersVermV genügt, weiß der Versicherungsnehmer bereits, dass dieser lediglich Versicherungsprodukte eines Versicherungsunternehmens oder eines Konzerns bzw. von mehreren Versicherungsunternehmen als Mehrfachvertreter vermitteln kann. Teilt er dies mit, hat er damit auch seiner Verpflichtung, nämlich auf welcher Markt- und Informationsgrundlage er seine Leistung erbringt, bereits genügt. Nach § 60 Abs. 3 VVG kann der Versicherungsnehmer auf diese Informationen durch eine gesonderte Erklärung verzichten. Die Richtlinie enthält keine ausdrückliche Verzichtsmöglichkeit, sodass Zweifel angemeldet wurden, ob § 60 Abs. 3 VVG europarechtskonform sei.64 Dafür würde sprechen, dass die EU-Vermittlerrichtlinie bestimmte Mindeststandards vorgibt, die nicht unterschritten werden dürfen. Das Gegenargument ist, dass zum einen die Vermittlerrichtlinie nur ein Informationsrecht des Versicherungsnehmers vorsieht und zum anderen nach den Grundsätzen der Privatrechtsautonomie sich niemand Informationen aufdrängen lassen muss, wenn er erklärt, dass er sie nicht haben will.65 § 61 VVG sieht anlassbezogene Befragungspflichten und Dokumentationspflichten vor. Der Vermittler muss fragen, er muss beraten und er muss dokumentieren. Nach § 61 VVG hat ein Versicherungsvertreter seinen Kunden, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er muss weiter unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages seinen Rat und die Gründe hierfür in Textform dokumentieren. Inhaltlich geht es darum, den adäquaten Versicherungsbedarf für den Kunden zu ermitteln. Der Vermittler ist aber nicht ohne Anlass zu einer generellen Risikoanalyse verpflichtet. Die Fragepflicht ist anlassbezogen. Zu berücksichtigen ist das Produkt, die Kenntnisse des Versicherungsnehmers, die individuellen Bedürfnisse und die Umstände des Einzelfalls. Auf Grundlage der erfragten Angaben muss der Versicherungsvermittler den Kunden beraten. 64
So insbesondere Bruck/Möller/Schwintowski, VVG, 9. Aufl. 2010, § 60 Rn. 22; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 60 Rn. 22.
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So die Gegenauffassung Reiff, VersR 2007, 725; Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 60 Rn. 37.
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Der deutsche Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass der Umfang der Beratungspflicht auch in einem angemessenen Verhältnis zwischen Beratungsaufwand und der später vom Versicherungsnehmer zu entrichtenden Prämie stehen darf. Der Vermittler muss die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat angeben und er muss sie begründen. All dies muss unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 61 Abs. 1 Satz 2 VVG dokumentiert werden. Die Dokumentationspflicht muss in Textform erfolgen. Die Praxis ist unterschiedlich. Der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) hat Musterformulare für die Ausschließlichkeitsvertreter entwickelt. Auch die Maklerverbände haben Formulare vorgestellt. Zum Teil werden standardisierte Formulare verwendet, die nur noch angekreuzt werden müssen. Es finden sich aber auch Muster, die individuell vom Vermittler ausgefüllt werden. Mitunter finden sich in den Antragsformularen allerdings auch vorgedruckte Formulierungen, mit denen der Versicherungsnehmer auf die Beratung und die Dokumentation verzichten kann. Diese Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation allerdings nur durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, § 61 Abs. 2 VVG. Der Gesetzgeber fordert hier zusätzlich, dass bei einem Verzicht der Kunde vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass sich ein solcher Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadenersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung geltend zu machen. Hier stellt sich wieder die Frage, ob diese Möglichkeit gegen die Richtlinie verstößt und europarechtswidrig ist.66 Dass das Gesetz im Hinblick auf den Beratungsverzicht strengere Regeln vorsieht als beim Informationsverzicht, ist naheliegend. Eine Falschberatung des Vermittlers hat für den Versicherungsnehmer viel gravierendere Folgen und wird eher zu einem Schadenersatzanspruch führen, als eine Verletzung der Informationspflichten. Allerdings gilt auch hier, dass an vorformulierte Erklärungen strenge Anforderungen gestellt werden. Der Gesetzgeber verlangt zum Schutz des Versicherungsnehmers, dass der Verzicht in einer gesonderten Erklärung abgegeben werden muss. Die Verzichtserklärung muss also sehr deutlich im Formularantrag des Versicherers hervorgehoben werden und unterliegt der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Wie bereits oben ausgeführt, müssen die statusbezogenen Informationen dem Kunden beim ersten Geschäftskontakt mitgeteilt werden. § 62 VVG sieht vor, dass der Vermittler dem Versicherungsnehmer die vertragsbezogenen Informationen des § 60 Abs. 2 vor Abgabe seiner Vertragserklärung, die beratungsbezogenen Informationen nach § 61 Abs. 1 dagegen erst vor dem Abschluss des Vertrages, übermitteln muss. Weiter ist vorgesehen, dass diese Informationen klar und verständlich in Textform zu übermitteln sind.
66
Die Argumente sind ähnlich wie diejenigen, die bereits zu § 60 VVG erörtert wurden. Insoweit kann auf oben verwiesen werden.
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Sie können mündlich übermittelt werden, wenn der Versicherungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. Die Informationen sind dann unverzüglich nach Vertragsschluss, spätestens mit dem Versicherungsschein, dem Versicherungsnehmer in Textform zur Verfügung zu stellen, es sei denn, es handelt sich um einen Vertrag über vorläufige Deckung bei einer Pflichtversicherung, § 62 Abs. 2 VVG. Die Verletzung der dem Versicherungsvertreter nach §§ 60, 61 VVG obliegenden Beratungs- und Dokumentationspflichten führt zu einer persönlichen Haftung des Versicherungsvertreters, § 63 VVG. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherungsvertreter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer aus der Pflichtverletzung entsteht. Das Gesetz sieht in § 63 S. 2 VVG eine Beweislastumkehr vor. Steht die Pflichtverletzung fest, wird vermutet, dass der Vermittler diese auch zu vertreten hat. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Versicherungsnehmer regelmäßig den Nachweis des Vertretenmüssens nicht führen kann. Der Versicherungsvertreter muss sich also exkulpieren. Art. 12 Abs. 4 der Vermittlerrichtlinie sieht vor, dass die Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten nicht für Großrisiken gelten sollen. Der deutsche Gesetzgeber hat dies in § 65 VVG umgesetzt, wonach die §§ 63–66 VVG dementsprechend nicht für die Großrisiken anwendbar sind. Auch die Rückversicherung und die Seeversicherung sind ausgenommen, § 209 VVG. Das deutsche Recht kennt keine gesetzliche Pflicht des Versicherungsvertreters zur Information und Beratung des Versicherungsnehmers nach Vertragsschluss, also während des Bestehens des von ihm an den Versicherungsnehmer vermittelten Versicherungsvertrages. Eine entsprechende Verpflichtung obliegt allerdings dem Versicherer, wenn für ihn ein erkennbarer Anlass besteht, § 6 Abs. 4 VVG. Gleichwohl kann es zu einer Haftung des Versicherers aufgrund einer fehlerhaften Auskunft bzw. Beratung des Versicherungsvertreters auch während des Bestehens des Versicherungsvertrages aus allgemeiner zivilrechtlicher Schadenersatzhaftung nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB kommen. Der Versicherungsvertreter ist Erfüllungsgehilfe des Versicherers, § 278 S. 1 BGB. Stellt der Versicherungsnehmer dem Versicherungsvertreter etwa nach Eintritt des Versicherungsfalles Fragen zum Umfang der Deckung und gibt dieser falsche Auskunft, so haftet der Versicherer für diese falsche Auskunft seines Versicherungsvertreters.67 Hierher gehören ebenso die Fallgestaltungen, in denen der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer aufsucht, bei seinem Besuch etwaige Deckungslücken im bestehenden Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers schuldhaft übersieht und es infolgedessen zu einem nicht versicherten Schaden beim Versicherungsnehmer kommt.68 Von der Rechtsprechung wurde so beispielsweise auch entschieden, dass ein in Deutschland ansässiger türkischer Versicherungsnehmer selbst dann über die räumlich beschränkte Geltung einer mit einem deutschen Versicherer in Deutschland 67
OLG Hamm VersR 1981, 825. Eingehend Reiff in Beckmann/Matusche-Beckmann a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 131 ff.
68
Vgl. hierzu etwa OLG Hamm VersR 1984, 853; OLG Köln VersR 1993, 1385.
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abgeschlossenen Kfz-Vollversicherung in der Türkei belehrt werden muss, wenn er die Versicherung nicht nur für die Fahrten in der Türkei abschließt.69 5.8.11 Weitere Auflagen für den Versicherungsvertreter nach türkischem Recht
Aufgrund des Versicherungsvertretervertrages ist der Versicherungsvertreter verpflichtet, in dem ihm zugewiesenen Ort oder Gebiet im Namen und auf Rechnung des Versicherers die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung auszuüben. Das heißt, dass der Vertreter im Rahmen der vereinbarten Vollmacht Versicherungsverträge vermitteln und diese auch im Namen des Versicherers abschließen darf. Art. 110 tHGB verpflichtet den Versicherungsvertreter, bestimmte Informationen von und über seine Kunden an den betroffenen Versicherer weiterzugeben. Hierunter fallen ●
● ●
Anzeigen, auch einer dritten Person, zu deren Entgegennahme der Vertreter befugt ist; Marktveränderungen in dem von ihm zu betreuenden Gebiet sowie die finanzielle Situation des Kunden und diesbezüglich ggf. eintretende Veränderungen.
Art. 104 tHGB sieht vor, dass „solange keine abweichende Vereinbarung in Schriftform getroffen wird, der Auftraggeber gleichzeitig und im selben Ort oder Gebiet für denselben Handelszweig nicht mehr als einen Vertreter bestellen darf. Auch der Vertreter darf innerhalb desselben Ortes oder Gebietes nicht für mehrere konkurrierende Unternehmen als Vermittler tätig sein“. Diese Regel gilt auch für Versicherungsvertreter. Demnach darf der Versicherungsvertreter grundsätzlich nicht am selben Ort und gleichzeitig für dieselbe Sparte die Vermittlung von Verträgen für mehrere Versicherer übernehmen. Andernfalls kann der Versicherer den bestehenden Versicherungsvertretervertrag kündigen und Schadensersatzansprüche geltend machen. Da Art. 104 tHGB nicht zwingend ist, kann er von den Parteien unter Berücksichtigung der Schriftform abbedungen werden. 5.8.12 Weitere Auflagen für den Versicherungsvertreter nach deutschem Recht
In der Praxis der Versicherungswirtschaft ist es durchaus üblich, den Ausschließlichkeitsvertretern Umsatzziele vorzugeben. Bei als Angestellten tätigen Versicherungsvertretern kann der Versicherer ihnen aufgrund seines Direktionsrechtes auch in größerem Umfang Weisungen erteilen. Bei den als selbstständigen Handelsvertretern tätigen Versicherungsvertretern ist dies nur eingeschränkt möglich. Die Vorgabe eines genauen Arbeitsplanes und die Bestimmung der täglichen Arbeitszeit sind mit ihrem Status nicht vereinbar.70 Indes spricht die im Handelsvertretervertrag vorgesehene verpflichtende Teilnahme an einem Besprechungstermin an einem Wochentag ebenso wenig gegen den
69
OLG Frankfurt VersR 1998, 1103.
70
BGHZ 140, 21.
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Handelsvertreterstatus, wie die Verpflichtung, pro Woche 15–20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens 3–4 in den Abendstunden.71 Üblich ist, dass die Versicherungsvertreter einen Vertriebsbezirk zugewiesen erhalten. 5.8.13 Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters nach türkischem Recht
Art. 113 Abs. 1 tHGB, der fast wortgleich dem § 87 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) entspricht, regelt den Anspruch des Handelsvertreters auf Zahlung einer Provision. Er gilt auch für den Provisionszahlungsanspruch des Versicherungsvertreters. Auch § 87 Abs. 2 HGB wurde wortgleich ins tHGB übernommen und ist ebenfalls auf Versicherungsvertreter anwendbar. Gemäß Art. 113 Abs. 1 tHGB hat der Versicherungsvertreter einen Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Versicherungsverträge, die auf seine Vermittlungstätigkeit zurückzuführen sind. Danach sind nur abgeschlossene Versicherungsverträge provisionspflichtig. Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Versicherungsvertreters alleinigen oder überwiegenden Einfluss auf den Vertragsabschluss hatte. Es ist ausreichend, wenn der Versicherungsvertreter durch seine Tätigkeit zum Vertragsabschluss beigetragen hat. Demgegenüber hat der Vertreter für eine erfolglose Vermittlertätigkeit keinen Provisionsanspruch.72 Es sei denn, es besteht zwischen Versicherer und Vertreter eine (individuell) abweichend getroffene Vereinbarung. Falls dem Versicherungsvertreter ein bestimmter Ort oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen ist, steht ihm auch für solche Versicherungsverträge ein Provisionsanspruch zu, die ohne sein Mitwirken abgeschlossen wurden. Die Fälligkeit des Provisionsanspruchs ist in Art. 114 tHGB geregelt. Danach ist der Anspruch des Versicherungsvertreters spätestens dann fällig, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie bezahlt hat. Eine von dieser Vorschrift abweichende Vereinbarung können Versicherer und Vertreter nicht schließen. Die verdiente Provision wird entsprechend der bezahlten Prämie über einen Zeitraum von drei Monaten abgerechnet. Der Abrechnung müssen beide Seiten (Versicherer und Vertreter) spätestens bis zum Ende des dem Abrechnungszeitraum folgenden Monats zustimmen. Ferner muss die Provision bis zu diesem Zeitpunkt auch vom Versicherer ausgezahlt sein. 5.8.14 Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters nach deutschem Recht
Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters richtet sich nach den im Agenturvertrag getroffenen Regelungen sowie nach den §§ 92 Abs. 3 und 4 HGB. Ein Provisionsanspruch entsteht nur, wenn es aufgrund der Vermittlungstätigkeit des 71
BAG NJW 2010, 2456.
72
In den Vertreterverträgen wird vereinbart, dass der Versicherungsvertreter außer einer Provision für die von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Versicherungsverträge auch eine vom Erfolg abhängige und als „Förderungsprovision“ bezeichnete Provision verlangen kann (z. B. eine Provisionssteigerung, wenn eine bestimmte Anzahl von Versicherungsverträgen vermittelt wurde).
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Versicherungsvertreters zum Abschluss eines Versicherungsvertrages gekommen ist, § 92 Abs. 3 S. 1 HGB. Aus § 92 Abs. 3 S. 2 HGB folgt, dass der Versicherungsvertreter keinen Provisionsanspruch für Folgeverträge hat. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks- oder eines Kundenbestandes führt zu keiner Bezirksprovision oder hat insoweit einen Kundenschutz zur Folge. Das bedeutet, dass der Versicherungsvertreter nur für die von ihm vermittelten Versicherungsverträge Provision erhält. Da die Regelung allerdings nicht zwingend ist, finden sich in der Praxis in den Agenturverträgen nicht selten abweichende Bestimmungen.73 Nach § 92 Abs. 4 HGB hat der Versicherungsvertreter einen Provisionsanspruch dann, sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat. Die Fälligkeit des Provisionsanspruches tritt am letzten Tag des Abrechnungszeitraumes ein, § 87a Abs. 4 HGB. Der Versicherer muss über die Provision, die dem Versicherungsvertreter zusteht, monatlich abrechnen. Der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats zu erfolgen, § 87c Abs. 1 HGB. Der Versicherungsvertreter kann vom Versicherer Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für seinen Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind, § 87c Abs. 3 HGB. Neben der zu zahlenden Abschlussprovision finden sich in der Praxis in den Agenturverträgen auch Vereinbarungen über ratierlich zu zahlende Abschlussfolgeprovisionen für bereits vermittelte Versicherungsverträge, als auch Folgeprovisionen, die eine bestimmte Vertragsdauer honorieren sollen oder im Falle einer Vertragsverlängerung zu zahlen sind. Unter diese sog. Verwaltungsprovisionen fallen auch die Bestandspflegeprovisionen, die die laufende Betreuung des Vertrages durch den Versicherungsvertreter vergüten sollen. Der Versicherungsvertreter soll für Auskünfte und ggf. auch bei der Mitarbeit bei der Abwicklung von Versicherungsfällen, insbesondere bei Schadenfällen, zur Verfügung stehen.74 Die Höhe der zu zahlenden Provision wird im Agenturvertrag festgelegt, soweit es nicht gesetzliche Regelungen gibt. Nachdem es in der privaten Krankenversicherung zu Missständen durch Umdeckungen und Provisionsreiterei gekommen war, hat der Gesetzgeber reagiert und die an die Vermittler zu zahlenden Provisionen der Höhe nach begrenzt.75 Danach darf in einem Geschäftsjahr keine Abschlussprovision oder sonstige Vergütung gewährt werden, die insgesamt 3 % der Bruttobeitragssumme des Neuzugangs übersteigt. Die im Einzelfall für den Abschluss gewährte Abschlussprovision und eine sonstige Vergütung dürfen zusammen 3,3 % der Bruttobeitragssumme des vermittelten Vertrages nicht übersteigen, § 50 Abs. 1 VAG. Ergänzt wird diese Vorschrift durch die Regelung des § 49 VAG zur Stornohaftung. Danach muss das Versicherungsunternehmen durch entsprechende Regelungen
73
Vgl. hierzu sogleich noch Näheres.
74
Einzelheiten über die in der Praxis zu findenden Gestaltungsformen bei Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 92 Rn. 96. 75 Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts vom 06.04.2011, Bundesgesetzblatt I, S. 2481.
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in dem Agenturvertrag sicherstellen, dass bei Kündigungen76 oder beim Ruhendstellen der Leistungen nach § 193 Abs. 6 S. 2 VVG in der Krankenversicherung, oder bei Prämienfreistellung nach § 164 Abs. 1 VVG in der Lebensversicherung, in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss, die anteilige Provision vom Versicherungsvertreter an den Versicherer zurückgezahlt werden muss. Mit diesen Regelungen soll verhindert werden, dass Abschlussprovisionen in der Krankenversicherung abgerechnet werden können, die neun Monatsbeiträge substantiell übersteigen und in der Lebens- und Krankenversicherung, der Vermittler in den ersten Jahren nach Abschluss eines Vertrages, den Wechsel zu einem anderen Versicherer nur deshalb empfiehlt, um so zusätzliche Provisionen zu erzielen.77 In diesem Zusammenhang ist auch noch das LVRG78 aus dem Jahr 2014 zu erwähnen. Zur Begrenzung der Abschluss- und Vermittlungskosten regelt es, dass die Versicherer nicht mehr wie vorher 4,0 % der Beitragssumme (Höchstzillmersatz), sondern mit Geltung des LVRG nur noch 2,5 % der Beitragssumme bilanziell als Abschluss- und Vertriebskosten geltend machen können.79 Eine Deckelung der Abschluss- und Vertriebskosten sieht das Gesetz zwar nicht vor, der Gesetzgeber hat allerdings zum Ausdruck gebracht, dass hierdurch Druck auf die Versicherer ausgeübt werden soll, die Abschlusskosten zu senken.80 5.8.15 Regelungen des VG über die Folgen der Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherungsvertreter und Versicherer nach türkischem Recht
Nach Art. 23 Abs. 18 VG sind die Vorschriften über den „Handelsvertreter“ des tHGB auch auf Versicherungsvertreter anwendbar. Auch wenn Art. 122 tHGB grundsätzlich den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters regelt, enthält das VG spezielle Regelungen für den Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters: Art. 23 Abs. 15 VG betrifft den Provisionsanspruch für bestehende und kurzfristig zustande kommende Geschäfte; Art. 23 Abs. 16 VG regelt den Provisionsanspruch, wenn das Vertragsverhältnis zwischen Versicherer und Vertreter endet. 5.8.16 Regelungen des VVG über die Folgen der Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherungsvertreter und Versicherer nach deutschem Recht
Im Gegensatz zum türkischen Recht enthält das deutsche VVG keine spezifischen Regelungen zur Provisionshöhe oder zum Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Versicherer. Die entsprechenden Regelungen finden sich im HGB. 76
Wenn es sich nicht um eine Kündigung nach § 205 Abs. 2 VVG handelt.
77
BT Drucksache 17/7453, S. 78, 79.
78
Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz-LVRG) vom 01.08.2014, Bundesgesetzblatt I, S. 1330.
79
§ 4 Abs. 1 S. 2 Deckungsrückstellungsverordnung.
80
Gesetzesbegründung BT Drucksache 18/1772, vom 18.06.2014, S. 1, 27.
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Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters nach Beendigung des Vertretervertrages mit dem Versicherer nach türkischem Recht. Auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherer und Vertreter besteht der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreter für die von ihm bereits abgeschlossenen sowie für die kurzfristig zustande kommenden Verträge weiter (Art. 23 Abs. 15 VG). Unter „bereits abgeschlossenen Verträgen“ sind solche Verträge zu verstehen, die entweder durch den Vertreter vermittelt oder von ihm persönlich abgeschlossen wurden, für die er aber aufgrund der Beendigung seines Vertragsverhältnisses noch keine Provision erhalten hat. Versicherungsverträge, die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände aller Wahrscheinlichkeit nach abgeschlossen werden, werden als „kurzfristig zustande kommende Verträge“ bezeichnet. Die in Art. 23 Abs. 15 VG getroffene Regelung, die einen Provisionsanspruch auch für „kurzfristig zustande kommende Verträge“ vorsieht, ist unbillig. Denn danach besteht der Provisionsanspruch grundsätzlich und unabhängig davon, weshalb das Vertragsverhältnis zwischen Versicherer und Vertreter endete. Für zwei Fälle hätte man insoweit Ausnahmeregelungen treffen müssen: Zum einen, wenn der Versicherungsvertreter ohne berechtigten Anlass das Vertragsverhältnis gekündigt hat; zum anderen, wenn der Vertreter durch sein schuldhaftes Verhalten (z. B. durch Löschen seiner Eintragung in der Liste oder aufgrund eines endgültigen oder vorübergehendes Berufsverbots) den Versicherer zur Kündigung veranlasst hat. Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters nach Beendigung des Vertretervertrages mit dem Versicherer nach deutschem Recht. Im deutschen Recht gilt der sog. „Schicksalsteilungsgrundsatz“. Entfällt nachträglich der Prämienzahlungsanspruch des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer etwa durch Anfechtung, Rücktritt ex tunc oder durch Kündigung ex nunc, so fällt auch der Provisionsanspruch weg, vermindert sich und ist ggf. anteilig zurückzuzahlen. Kommt es zum Storno hingegen erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit, bleibt der Provisionsanspruch hiervon unberührt. Nach § 87a Abs. 3 HGB hat der Versicherungsvertreter auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Versicherer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausgeführt hat, wie es abgeschlossen wurde. Hat der Versicherer die Nichtdurchführung des Geschäftes zu vertreten, so soll dies ohne Auswirkung auf den Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters bleiben. Anerkannt ist dies etwa in den Fällen, in denen der Versicherer die Nachbearbeitung eines von der Stornierung bedrohten Vertrages unterlässt.81 Der Ausgleichsanspruch nach türkischem Recht. Nach Art. 23 Abs. 16 VG hat der Versicherungsvertreter gegenüber dem Versicherer nach Vertragsbeendigung einen Anspruch auf Zahlung eines „angemessenen Ausgleichs“, wenn und soweit der Versicherer aus den vom ausscheidenden Vertreter vermittelten Verträge auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile erzielt und die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen erscheint.
81
Emde, Vertriebsrecht, a. a. O. (Fn. 79), § 92 Rn. 14; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 87a Rn. 27.
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Dieser Anspruch besteht allerdings dann nicht, wenn der Versicherungsvertreter ohne berechtigten Anlass das Vertragsverhältnis gekündigt oder durch eigenes schuldhaftes Verhalten den Versicherer zur Kündigung veranlasst hat. Zweck des Ausgleichsanspruches ist die Sicherstellung des Provisionsanspruchs, der dem Vertreter aufgrund der Vertragsbeendigung entgangen ist. Dieser Anspruch ist insbesondere davon abhängig, ob „der Versicherer aus den Geschäftsverbindungen mit den vom Versicherungsvertreter vermittelten Kunden erhebliche Vorteile erzielt“. Deshalb ist die Zahlung dieses Ausgleichs keine Entschädigung, sondern eine Gewinnabdeckung, die der Versicherer aus den vom Vermittler angeworbenen Geschäfts- bzw. Kundenverbindungen erzielt. Von daher ist der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters ein gesetzlicher Anspruch. Er zielt darauf ab, die aufgrund der Beendigung des Vermittlervertrages entgangene Provision sowie einen auf dem Billigkeitsprinzip beruhenden Gewinn des Versicherers auszugleichen. Gemäß Art. 23 Abs. 16 VG kann der Versicherungsvertreter unter folgenden Voraussetzungen einen Ausgleich verlangen: a) Der Versicherer muss aus dem Kundenportfolio des ausgeschiedenen Vermittlers erhebliche Vorteile erzielt haben und auch zukünftig erzielen. b) Die Billigkeit erfordert die Zahlung eines Ausgleichs. c) Die Kündigung des Vertragsverhältnisses beruht weder auf einem berechtigten Grund des Versicherers noch hat der Vertreter durch schuldhaftes Verhalten den Versicherer zur Kündigung veranlasst. Ist eine der o. g. Voraussetzungen nicht erfüllt, entfällt der Ausgleichsanspruch für den Vertreter. Unter dem „Kundenportfolio des Versicherungsvertreters“ werden die vom Versicherungsvertreter vermittelten Versicherungsverträge verstanden. Mit diesen Geschäftsverbindungen erzielt der Versicherer dann erhebliche Vorteile, wenn er auch nach Beendigung des Vertretervertrages mit diesen Verträgen weiterhin Prämie einnimmt. Bei der Frage, ob der Versicherer „erhebliche Vorteile“ erzielt, ist neben der Anzahl der neu oder relativ neu abgeschlossenen Verträge auch das mit diesen Verträgen erzielte Gesamtprämienvolumen zu berücksichtigen. Der Vertreter kann – wie bereits oben erwähnt – den Ausgleichsanspruch nur verlangen, wenn und soweit es angemessen erscheint. Deshalb ist unter Berücksichtigung aller Umstände jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs zu einem gerechten Ergebnis für beide Seiten führt. Voraussetzung für die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs ist die Beendigung des Vertreterverhältnisses. So zum Beispiel, wenn ● ● ●
der Vermittlervertrag in gegenseitigem Einvernehmen aufgehoben wurde, der Vertrag unter Berücksichtigung der drei Monatsfrist gekündigt wurde, die Beendigung des Vertragsverhältnisses auf dem Tod oder der beschränkten Einsatzfähigkeit des Vermittlers beruht.
Kündigt der Versicherer den Vermittlervertrag allerdings aufgrund eines „berechtigten“ Grundes oder wegen schuldhaften Verhaltens des Vermittlers, entfällt der Ausgleichsanspruch. Auch wenn aus Sicht des Versicherers ein fortgeschrittenes
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Alter oder gesundheitliche Probleme beim Vermittler einen „berechtigten Grund“ darstellen mögen, besteht hier der Ausgleichsanspruch zugunsten des Vertreters, da diese Umstände nicht auf schuldhaftem Verhalten seinerseits beruhen. In Art. 23 Abs. 16 VG ist nicht geregelt, wie die Höhe des Ausgleichsanspruchs zu berechnen ist. Deshalb muss hierfür auf Art. 122 Abs. 2 tHGB zurückgegriffen werden. Die Ausgleichszahlung darf hierbei nicht höher sein, als die in den letzten fünf Jahren durchschnittlich erhaltene Jahresprovision zzgl. sonstiger Zahlungen. War der Vertreter keine fünf Jahre für den Versicherer tätig, wird die während seiner Tätigkeit durchschnittlich erzielte Jahresprovision der Berechnung zugrunde gelegt. Der Ausgleichsanspruch nach deutschem Recht. im Gegensatz zum türkischen Recht ist der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters nicht im VVG sondern in § 89b HGB geregelt. Auffallend ist, wie ähnlich die Regelungen dennoch sind. Nach § 89b Abs. 1 HGB kann nach Beendigung des Agenturvertrages der Versicherungsvertreter vom Versicherer einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit der Versicherer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Versicherungsvertreter vermittelt hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Versicherungsvertreter aus den Geschäften mit diesen Versicherungsnehmer entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. Dabei ist der Ausgleichsanspruch Gegenleistung für den vom Versicherungsvertreter vermittelten Kundenstamm, der nun beim Versicherer verbleibt und von diesem weiterhin genutzt werden kann, während der Vertreter für den Aufbau des Kundenbestandes noch keine hinreichenden Provisionen erhalten hat. Die Höhe des zu zahlenden Ausgleichs steht, wie bereits ausgeführt, allerdings unter dem Vorbehalt der „Billigkeit“. Der Anspruch besteht nach § 89b Abs. 3 HGB nicht, ●
●
●
wenn der Versicherungsvertreter das Agenturverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Versicherers ihm hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Versicherungsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder wenn der Versicherer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Versicherungsvertreters vorlag, oder wenn aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsvertreter ein Dritter anstelle des Versicherungsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt, wobei diese Vereinbarung nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden kann.
Die allgemeine Regelung zur Fälligkeit des Ausgleichsanspruches nach § 89b Abs. 1 HGB wird durch § 89b Abs. 5 HGB dahingehend konkretisiert, dass der Ausgleichsanspruch an die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter anknüpft und es der Vermittlung eines Versicherungsvertrages gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, dass dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Anders als nach der allgemeinen Vorschrift des
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§ 89b Abs. 1 HGB geht es hier weniger um den Kundenstamm, sondern es kommt auf die vermittelten neuen Versicherungsverträge an. Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters ist nach § 89b Abs. 5 S. 2 HGB auf höchstens drei Jahresprovisionen oder drei Jahresvergütungen begrenzt. Wegen der Schwierigkeiten der Berechnung des Ausgleichsanspruches für den Versicherungsvertreter haben sich die Spitzenverbände der Versicherungswirtschaft (GDV) und des Versicherungsaußendienstes (VGA) auf „Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruches“ geeinigt. Es gibt Grundsätze-Sach, Grundsätze-Leben, Grundsätze-Kranken, um die wichtigsten zu nennen. Zwar sind diese Grundsätze nicht verbindlich und können nur empfehlenden Charakter haben, sie werden aber in der Versicherungswirtschaft regelmäßig seit vielen Jahren erfolgreich bei der Beendigung zur Ermittlung des Ausgleichsanspruches angewandt. Eine zwingende Vereinbarung der Grundsätze als Berechnungsgrundlage für einen Ausgleichsanspruch wäre wegen eines Verstoßes gegen § 89 b Abs. 4 HGB allerdings unwirksam.82 Eine Vereinbarung der Grundsätze nach Vertragsbeendigung als Berechnungsmethode ist aber möglich. Die Grundsätze sind kein Handelsbrauch und unterliegen wie AGB uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle.83
6 Versicherungs- und Rückversicherungsmakler 6.1 Definition des Versicherungsmaklers im türkischen Recht
Im VG findet man lediglich den Begriff des „Versicherungsmaklers“; die VerVM spricht dagegen von „Versicherungs- und Rückversicherungsmakler“. Nach Art. 2 Abs. (d) VG ist „Versicherungsmakler“, wer gewerblich die Vorbereitungsarbeiten für den Vertragsabschluss übernimmt und dabei den Versicherungsnehmer vertritt. Ein Makler muss ferner bei der Auswahl der Versicherungsgesellschaften mit denen sein Kunde einen Vertrag abschließen kann, völlig neutral und unabhängig sein. Schließlich kann ein Makler auch noch die Rechte seiner Kunden – in Absprache mit diesen – ausüben und ihnen bei der Verwaltung und Erfüllung der Verträge sowie der Entgegennahme von Entschädigungszahlungen zur Seite stehen bzw. sie unterstützen. Der Versicherungsmakler ist im Gegensatz zum Versicherungsvertreter nicht von einem Versicherer mit der Versicherungsvermittlung beauftragt, sondern von einem Kunden (potenziellen Versicherungsnehmer). Die in der gesetzlichen Definition verwendeten Ausdrücke „der Makler vertritt denjenigen, der einen Versicherungs- oder Rückversicherungsvertrag abzuschließen beabsichtigt“ und „der Makler nimmt die Rechte der Person wahr, die den Versicherungsschutz zu haben beabsichtigt“, bedeuten das Gleiche; nämlich, dass der Versicherungsmakler auf der Seite des Kunden steht. Solange er nicht von seinem Auftraggeber ausdrücklich bevollmächtigt wurde,
82
OLG Celle VersR 2002, 976, 977.
83
Der Text der Grundsätze samt Erläuterung und Berechnungsbeispielen findet sich bei Hopt, Handelsvertreterrecht, 5. Aufl. 2015, Materialien.
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kann er keinen Versicherungs- oder Rückversicherungsvertrag in dessen Namen und auf dessen Rechnung abschließen. 6.2 Definition des Versicherungsmaklers im deutschen Recht
§ 59 Abs. 3 S. 1 VVG bezeichnet denjenigen als Versicherungsmakler, der gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. § 59 Abs. 3 S. 2 VVG enthält darüber hinaus eine gesetzliche Fiktion für Anscheinsmakler. Danach gilt auch der als Versicherungsmakler, der gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler. Der deutsche Gesetzgeber wollte damit dem Problem der sog. „Anscheins- oder Pseudomakler“ Rechnung tragen. Dabei handelt es sich um Vermittler, die gegenüber dem Kunden den unzutreffenden Eindruck erwecken, sie seien unabhängig, während sie es tatsächlich nicht sind, was in der Praxis nicht selten vorkommt.84 Während der Versicherungsvertreter Teil der Außenorganisation des Versicherers ist, kann der Versicherungsmakler unabhängig gewerbsmäßig Versicherungsverträge vermitteln oder abschließen. Der Versicherungsmakler ist, wie dies der Bundesgerichtshof in seinem grundlegenden Urteil BGHZ 94, 35685 herausgestellt hat, treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers. Er steht im Lager des Kunden und hat dessen Interessen wahrzunehmen und für den bestmöglichen Versicherungsschutz zu sorgen.86 Er ist an kein Versicherungsunternehmen gebunden.87 Der Umfang der Rechtsbeziehungen zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsnehmer bestimmt sich nach dem Inhalt des abgeschlossenen Maklervertrages. Der Maklervertrag wird als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienst- und Werkvertragselementen angesehen, §§ 675, 666, 611, 631 BGB.88 Formerfordernisse gibt es nicht, allerdings werden in der Praxis Maklerverträge regelmäßig in Schriftform abgeschlossen, was nicht bedeutet, dass ein Maklervertrag nicht auch konkludent zu Stande kommen kann.89
84
BT Drucksache 16/1935, S. 23.
85
BGH VersR 1985, 930. Im Folgenden ständige Rechtsprechung BGH VersR 2005, 550; BGH VersR 2009, 1495; BGH VersR 2014, 625; BGH NJW 2016, 3366, 3367. 86
BT Drucksache 16/1935, S. 22 „Interessenwahrer und Sachwalter“.
87
D. h. nicht, dass eine Beteiligung eines Versicherers an einem Maklerunternehmen nicht möglich wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Eine ganze Reihe von Versicherern halten Beteiligungen an Maklern. In Umsetzung von Art. 12 der Vermittlerrichtlinie hat der deutsche Gesetzgeber in § 11 Nr. 6 VersVermV vorgesehen, dass bei den auch den Makler treffenden statusbezogenen Informations- und Mitteilungspflichten, dieser eine direkte oder indirekte Beteiligung eines Versicherers in Höhe von mehr als 10 % dem Kunden gegenüber offenlegen muss. 88 Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 270; Prölss/Martin/ Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 48. 89 Ausführlich zu den Grundsätzen für das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrages, Bruck/ Möller/Schwintowski, a. a. O. (Fn. 69), § 59 Rn. 83.
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Mit dem Abschluss des Maklervertrages erteilt der Versicherungsnehmer dem Makler regelmäßig die Vollmacht nach § 164 BGB zum Abschluss des Versicherungsvertrages. Praxisüblich ist, dass der Makler auch zur Entgegennahme von Willenserklärungen, zur Geltendmachung von Ansprüchen im Versicherungsfall, zur Kündigung und zur Umdeckung bevollmächtigt ist. 6.3 Beaufsichtigung bei Aufnahme der Vermittlungstätigkeit als Makler nach türkischem Recht
Das VG sieht vor, dass „die Tätigkeit als Versicherungsmakler nur aufgrund einer vom Staatssekretariat zu erteilenden Zulassung ausgeübt werden kann“ (Art. 21 Abs. 2 VG). Die für die Erteilung einer solchen Zulassung zu erfüllenden Voraussetzungen sind nicht im VG, sondern in der Verordnung über Versicherungsund Rückversicherungsmakler (VerVM) geregelt. Weder das VG noch die VerVM schreiben eine Registrierungspflicht für Makler vor. Eine Erlaubnispflicht wurde für ausreichend gehalten. Dies steht im Widerspruch zur EU-Vermittlerrichtlinie. Die Richtlinie verlangt die Einrichtung eines Registers, in das sich nicht nur Versicherungsvertreter, sondern auch sämtliche als Versicherungs- und Rückversicherungsmakler zugelassene und tätige Personen eintragen lassen müssen. Auch wenn es in Art. 12 Abs. 5 VerVM heißt, dass diejenigen Makler, denen eine Zulassung erteilt wurde, auf der Homepage des Staatssekretariats bekannt gegeben werden sollen, reicht dies nicht aus, um die vorgeschriebene Registrierungspflicht von Versicherungsmaklern im Sinne der EU-Vermittlerrichtlinie zu erfüllen. 6.4 Beaufsichtigung bei der Aufnahme der Vermittlungstätigkeit als Makler nach deutschem Recht
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Vermittlerrechtes vom 22.05.2007 mit dem der deutsche Gesetzgeber die Vermittlerrichtlinie umgesetzt hat, bestand auch für Versicherungsmakler uneingeschränkte Gewerbefreiheit. Einer besonderen Erlaubnis neben dem Gewerbeschein bedurfte es nicht. Seitdem besteht – wie für den Versicherungsvertreter – auch für den Versicherungsmakler, die gewerberechtliche Erlaubnispflicht. Nach § 34d Abs. 1 S. 1 GewO bedarf derjenige, der gewerbsmäßig als Versicherungsmakler den Abschluss von Versicherungsverträgen vermitteln will, der Erlaubnis der zuständigen IHK. Das gilt auch für die Rückversicherungsmakler, § 34d Abs. 10 GewO. Wie das Gesetz ausdrücklich hervorhebt, umfasst die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind – also Gewerbetreibende und Freiberufler – bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten. Diese Befugnis zur Beratung erstreckt sich auch auf Beschäftigte von Unternehmen in den Fällen, in denen der Versicherungsmakler das Unternehmen berät, § 34d Abs. 1 S. 5 GewO.
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6.4.1 Voraussetzungen für die Zulassung als Versicherungsmakler nach türkischem Recht
Eine natürliche Person, die als Versicherungsmakler tätig werden möchte, muss nach Art. 4 Abs. 1 VerVM folgende Voraussetzungen erfüllen: a) Sie muss in der Türkei ansässig sein; b) Sie muss geschäftsfähig sein; c) Sie darf nicht wegen eines der in Art. 4 Abs. 1c VerVM genannten Straftatbestände verurteilt oder vorbestraft sein; d) Sie muss die in Art. 11 VerVM vorgesehenen Bedingungen für das Mindestvermögen erfüllen; e) Sie muss über die für ein Versicherungsbüro erforderliche räumliche, technische, administrative und personelle Ausstattung verfügen; f) Sie muss den im Anhang der VerVM genannten Ausbildungsstand haben und eine entsprechend lange Berufserfahrung nachweisen. Von den oben genannten Voraussetzungen entspricht Buchstabe (c) „keine Verurteilung aufgrund bestimmter Straftatbestände“ dem in der EU-Vermittlerrichtlinie genannten Merkmal des „guten Leumunds“. Das „Mindestvermögen“90 entspricht dem Kriterium der „finanziellen Leistungsfähigkeit“. Möchte eine juristische Person als Versicherungsmakler tätig werden, gelten nach Art. 5 Abs. 1 VerVM folgende Voraussetzungen für die Zulassung: a) Der Hauptsitz der Gesellschaft muss sich in der Türkei befinden; b) Die Gesellschaft muss als Aktiengesellschaft oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet sein; c) Sie muss die in Art. 11 VerVM vorgesehenen Bedingungen für das Mindestkapital erfüllen; d) Sie muss über die für ein Versicherungsbüro erforderliche räumliche, technische, administrative und personelle Ausstattung verfügen; e) Ein Hauptgeschäftsführer und stellvertretende Geschäftsführer müssen in ausreichender Zahl beschäftigt werden und im Rahmen des Geschäftsfeldes für Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Versicherungswesen oder der Versicherungstechnik zuständig sein. Der Hauptgeschäftsführer und die für Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Versicherungswesen oder der Versicherungstechnik zuständigen stellvertretenden Geschäftsführer des Versicherungsmaklers, der eine natürliche oder juristische Person sein kann, müssen die in Art. 4 Abs. 1 lit. (a), (b), (c) VerVM vorgesehenen Bedingungen erfüllen. Ferner müssen sie den im Anhang der VerVM genannten Ausbildungsstand haben und eine entsprechend lange Berufserfahrung nachweisen. 90 Um die Voraussetzung an das „Mindestvermögen“ zu erfüllen, darf das von natürlichen Personen zu deklarierende Vermögen nicht geringer sein als das für juristische Personen vorgesehene Mindestkapital (Art. 11 Abs. 3 VerVM). Demnach müssen zum Wert des von einer natürlichen Person deklarierten Vermögens für jede einzelne Sparte (Lebens-, Schaden- und Rückversicherung) 50.000 TL zusätzlich zum Grundbetrag von 250.000 TL addiert werden; insgesamt muss somit das Mindestvermögen 300.000 TL betragen.
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Diese Regelungen des türkischen Rechtes erfüllen die in der EU-Vermittlerrichtlinie an den „guten Leumund“ und die „Sachkunde und angemessene Qualifikation“ gestellten Anforderungen ausreichend und adäquat. Das Mindestkapital einer juristischen Person muss 250.000 TL und zusätzlich pro Sparte (d. h. Lebens-, Schaden- und Rückversicherung), in dem die juristische Person tätig ist, weitere 50.000 TL betragen. Auch insoweit werden die Voraussetzungen aus der EU-Vermittlerrichtlinie im Hinblick auf die „finanzielle Leistungsfähigkeit“ und das „Aufbringen eines Mindestkapitals“ erfüllt. Nach Art. 21 Abs. 3 VG dürfen Teilhaber von Versicherungsunternehmen, deren Vorstände, Aufsichtsräte, zeichnungsberechtigte Personen sowie Mitarbeiter nicht als Versicherungsmakler tätig sein. Gleiches gilt für Versicherungsvertreter. Dieser Personenkreis darf weder zum Vorstand- noch Aufsichtsratsmitglied einer Versicherungsmaklergesellschaft ernannt werden.91 Jede natürliche oder juristische Person muss bei Antragstellung eine entsprechende schriftliche Erklärung abgeben. Versicherungsmakler müssen vor Beginn ihrer Tätigkeit eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen (Art. 13 Abs. 1 VerVM). Die Versicherung muss Versicherungsschutz für alle sich aus der beruflichen Tätigkeit eines Maklers ergebenden Vermögensschäden bieten. Das Staatssekretariat legt die Verfahrensweisen und Prinzipien dieser Versicherung fest. 6.4.2 Voraussetzungen für die Zulassung als Versicherungsmakler nach deutschem Recht
Während das türkische Recht unterschiedliche Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung für natürliche und juristische Personen vorsieht, gibt es diese Unterscheidung im deutschen Recht entsprechend den Vorgaben der Vermittlerrichtlinie nicht. Die IHK erteilt die Erlaubnis nur dann, wenn die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen. Dabei ist die Aufzählung abschließend. Im Einzelnen muss sichergestellt sein, dass: ●
● ●
●
der Versicherungsmakler die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, der Versicherungsmakler in geordneten Vermögensverhältnissen lebt, der Versicherungsmakler den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erbringen kann, und der Versicherungsmakler durch eine erforderliche Prüfung vor der IHK die notwendige Sachkunde für die Ausübung der Versicherungsvermittlung nachweist.
Zuverlässigkeit bedeutet in der Regel, dass der Makler in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist. In geordneten Vermögensverhältnissen lebt der Versicherungsmakler, wenn über sein Vermögen weder das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, noch eine Eintragung in ein Schuldnerverzeichnis erfolgt ist. 91 Diese Einschränkungen gelten auch für Ehegatten und Kinder der besagten Personen, sofern letztere unter der Vormundschaft stehen.
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Was den Nachweis über den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und den Sachkundenachweis angeht, so sind die Einzelheiten hierzu in der Versicherungsvermittlerverordnung geregelt. Die Mindestversicherungssumme der erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung beträgt danach aktuell 1.130.000 C für jeden Versicherungsfall und 1.700.000 C für alle Versicherungsfälle eines Jahres, § 9 Abs. 2 VersVermV. Der Sachkundenachweis wird durch eine vor der IHK abgelegten Prüfung erbracht. Einzelheiten enthalten §§ 1–4 der VersVermV. Danach wird der Sachkundeprüfung nicht zwischen einer Tätigkeit als Versicherungsmakler oder als Vertreter einer Ausschließlichkeitsorganisation unterschieden. Nach § 4 a VersVermV werden auch ausländische Berufsbefähigungsnachweise im Rahmen der Niederlassungsfreiheit anerkannt, wenn sie im Wesentlichen den Anforderungen nach §§ 1 und 3 VersVermV entsprechen. Die Erlaubnis wird nur typenspezifisch erteilt, d. h. entweder als Versicherungsvertreter oder als Versicherungsmakler. Es kommt nicht darauf an, ob die Gewerbeerlaubnis als Versicherungsmakler für eine natürliche Person, für eine Personenhandelsgesellschaft – z. B. eine KG oder OHG – oder für eine juristische Person beantragt wird. Ist der Versicherungsmakler in der Rechtsform einer juristischen Person tätig und beschäftigt Angestellte, so ist es ausreichend, wenn für die Angestellten der Sachkundenachweis durch eine angemessene Zahl von beim Versicherungsmakler beschäftigten natürlichen Personen erbracht wird. Stellt der Versicherungsmakler als juristische Person den Antrag zur Eintragung, so kann er den Sachkundenachweis von der Geschäftsführung auf andere vertretungsberechtigte Aufsichtspersonen des Unternehmens delegieren, wobei eine Vertretungsberechtigung nach den §§ 49 oder 54 HGB ausreicht. Es muss nur sichergestellt sein, dass die gewählte Aufsichtsperson dafür sorgen kann, dass alle unmittelbar mit der Vermittlung betrauten Personen ihrem Tätigkeitsfeld entsprechend qualifiziert sind. Die Qualität der Beratung soll durch ein angemessenes Zahlenverhältnis zwischen Aufsichtspersonen und zu beaufsichtigender Person garantiert werden.92 Was die Mindestkapitalausstattung von juristischen Personen anbelangt, so beträgt bei der GmbH die Mindesthöhe des Stammkapitals grundsätzlich 25.000 C, § 5 Abs. 1 GmbHG. Bei einer Aktiengesellschaft beträgt das Grundkapital grundsätzlich mindestens 50.000 C, § 7 AktG. 6.4.3 Erteilung der Zulassung nach türkischem Recht
Das Staatssekretariat hat den „Verein der Versicherungsmakler“ (Sigorta Brokerleri Dernegi) mit der Überprüfung der für die Zulassung als Versicherungsmakler erforderlichen Formalitäten (s. oben) betraut. Dort muss der Antrag auf Zulassung, der den von Seiten des Staatssekretariats festgelegten Verfahrensweisen und Prinzipien entspricht, eingereicht werden. 92
BT Drucksache 16/1935 vom 23.06.2006, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, S. 18, 19.
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Die Zulassung für die Tätigkeit als Versicherungsmakler kann für eine oder auch für mehrere Versicherungssparten (Lebens-, Schaden- und Rückversicherung gesondert) erteilt werden (Art. 12 Abs. 1 VerVM). Deshalb ist im Antrag anzugeben, für welche Sparten die Zulassung beantragt wird. Nachdem der Antrag auf Zulassung als Versicherungsmakler bewilligt wurde, erhält der Versicherungsmakler die Zulassungsurkunde. Aus ihr geht hervor, in welchen Sparten der Makler tätig werden darf. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Versicherungsmakler ● ●
eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat (s. oben), Versicherungsmakler, die die Zulassung erhalten haben, werden auf der Webseite des Staatssekretariats bekannt gegeben.
6.4.4 Erteilung der Zulassung nach deutschem Recht
Nach § 34d Abs. 1 S. 3 der GewO ist in der Erlaubnis der IHK als Registerbehörde anzugeben, ob die Erlaubnis einem Versicherungsmakler oder einem Versicherungsvertreter erteilt wurde. Der Vermittler muss also bei der Antragstellung bereits angeben, für welchen Status er die Eintragung beantragt. Dieses Erfordernis soll für Transparenz sorgen. Wie sich aus Erwägungsgrund 18 der Vermittlerrichtlinie ergibt, kommt es für den Verbraucher entscheidend darauf an, zu wissen, ob er es mit einem Makler, also einem Vermittler zu tun hat, der ihn über Produkte eines breiten Spektrums von Versicherungsunternehmen berät, oder ob ihm ein gebundener Vertreter gegenübersteht, der nur Produkte einer bestimmten Anzahl von Versicherungsunternehmen anbieten kann.93 Der Verbraucher kann hierzu Einblick in das Register nehmen und ersehen, wer Versicherungsmakler oder gebundener Vertreter ist. Er kann so die Angaben nach § 11 VersVermV, die ihm beim Erstkontakt mit dem Vermittler zu machen sind, überprüfen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersVermV müssen die Vermittler beim Erstkontakt mit dem Kunden, diesen über ihren Status informieren, also offenlegen, ob sie als Versicherungsmakler oder als gebundener Vertreter eingetragen sind. Die erteilte Erlaubnis, die im Register eingetragen wird, ist also statusspezifisch und sorgt damit für Transparenz.94 Damit ist auch nicht möglich, sich etwa gleichzeitig als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler in das Register eintragen zu lassen, denn § 5 VersVermV sieht ebenfalls vor, dass im Register nach § 11a GewO eingetragen werden muss, ob als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter die Versicherungsvermittlung betrieben werden soll.
93
Erwägungsgrund 18 Richtlinie 2002/92/EG – Vermittlerrichtlinie.
94
Ebenso Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 59 Rn. 66; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 34d GewO Rn. 33, 34.
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6.4.5 Regelungen des türkischen Rechtes für ausländische Versicherungsmakler
Art. 7 VerVM regelt die Tätigkeitsvoraussetzungen von Versicherungsmaklern in der Türkei, die im Ausland ihren Sitz haben. Diese müssen in der Türkei eine Filiale eröffnen und die in Art. 4, 5 und 6 VerVM vorgesehenen Bedingungen erfüllen.95 Art. 12 VerVM, der die Erteilung der Zulassung regelt, wird entsprechend angewendet. Diese Regelung überzeugt allerdings nicht vollständig. Sie ist teilweise lückenhaft. So ist beispielsweise nicht ausdrücklich geregelt, welche Anforderungen für das Aufbringen des Mindestkapitals gelten. Unklar bleibt auch, ob sich das Kapital in der Türkei zu befinden hat. Es ist weiterhin nicht hinreichend deutlich geregelt, welche Dokumente aus dem Heimatland vorgelegt werden müssen. Ein Versicherungsmakler mit Sitz im Ausland, der in der Türkei tätig sein möchte, muss jedenfalls einen Nachweis erbringen, dass er in seinem Heimatland, in dem sich der Hauptsitz der juristischen Person befindet, eine Erlaubnis besitzt, als Versicherungsmakler tätig zu sein. Entsprechendes gilt für natürliche Personen. Die Erlaubnis muss für die Sparten gelten, für die der Versicherungsmakler eine Geschäftstätigkeit ausüben möchte. 6.4.6 Regelungen des deutschen Rechtes für ausländische Versicherungsmakler96
Art. 2 Nr. 10 der Vermittlerrichtlinie regelt die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU allgemein für Vermittler und damit auch für die Versicherungsmakler. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben in § 34d Abs. 5 und 11 GewO umgesetzt. Danach bedarf ein Versicherungsmakler keiner besonderen Erlaubnis mehr in Deutschland zur Aufnahme seiner Tätigkeit, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR niedergelassen ist und dort die Eintragung in ein Vermittlerregister nachweisen kann. Bevor der ausländische Versicherungsmakler jedoch in Deutschland tätig werden kann, muss er dies zunächst seiner Registrierungsbehörde mitteilen, Art. 6 Abs. 1 Vermittlerrichtlinie.97 Diese meldet die Absicht des ausländischen Versicherungsmaklers, in Deutschland die Versicherungsvermittlung betreiben zu wollen, der IHK. Ein Datenaustausch zwischen den Registerbehörden ist vorgesehen.98 Eine Eintragung im deutschen Register erfolgt nicht. Das gilt für natürliche wie juristische Personen, § 34d Abs. 11a und b GewO. Aus Sicht des Versicherungsunternehmens geht es bei der Tätigkeit im Ausland und der Einschaltung von Versicherungsmaklern regelmäßig darum, ob hier noch eine Tätigkeit im Dienstleistungsverkehr vorliegt oder ob bereits eine Niederlassungstätigkeit gegeben ist. Hier können schwierige Abgrenzungsfragen entstehen. 95 96
Siehe hierzu auch oben unter 3.3.1.3.und 3.3.2.2. Vgl. hierzu auch oben unter 3.3.1.3. und 3.3.2.3.
97
Der deutsche Gesetzgeber hat die Regelung, die ein in Deutschland registrierter Vermittler einzuhalten hat, wenn er im EU Ausland Versicherungsvermittlung betreiben will, in § 11a Abs. 4 GewO umgesetzt.
98
Einzelheiten sind in § 11a Abs. 6 GewO vorgesehen.
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Maßgeblich ist die Mitteilung der Kommission vom 16.02.2000. Die europäische Kommission hat sich unter Berücksichtigung der EuGH Rechtsprechung99 in ihrer Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.2000100 – Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen – Freier Dienstleistungsverkehr und Allgemeininteresse im Versicherungswesen – zu der Frage geäußert, welche Kriterien bei der Abgrenzung der Niederlassungstätigkeit zum Dienstleistungsverkehr aus Ihrer Sicht gelten sollen und Leitlinien genannt. Was die Tätigkeit eines Vermittlers für ein ausländisches Versicherungsunternehmen anbelangt, so ist nach Auffassung der Kommission im Sitzland des Vermittlers noch keine Niederlassungstätigkeit für das VU anzunehmen, wenn es sich nur vorübergehend oder gelegentlich des in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Vermittlers bedient.101 Anders kann es jedoch beim Versicherungsmakler sein, wenn ●
●
der Makler als selbstständiger Vermittler unter der Aufsicht und Leitung des Versicherungsunternehmens steht, dass er vertritt, der Makler befugt ist, geschäftliche Verhandlungen im Namen des Versicherers zu führen und den Versicherer Dritten gegenüber verpflichten kann.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Versicherungsmakler Abschlussvollmacht hat. Entsprechendes gilt, wenn dem Makler die Befugnis zur Schadenanerkennung und Schadenregulierung erteilt worden wäre und die von ihm getroffenen Entscheidungen den Versicherer verpflichten würden, ●
der Versicherungsmakler seine Tätigkeit auf Dauer ausübt.102
6.5 Beaufsichtigung der Versicherungsmakler bei Ausübung der Vermittlungstätigkeit nach türkischem Recht
Damit auch die Versicherungs- und Rückversicherungsmakler während der Ausübung ihrer Tätigkeit der Aufsicht unterliegen, enthalten das VG und die VerVM entsprechende Vorschriften. Im VG wurde (im Unterschied zu den Versicherungsvertretern) nicht geregelt, ob Versicherungsmakler versicherungsfremde Geschäfte ausüben dürfen oder nicht. Art. 17 VerVM sieht allerdings vor, dass Versicherungsmakler außerhalb ihrer Maklertätigkeit für Versicherungs- und Rückversicherungsverträge keine anderen (versicherungsfremden) Geschäfte betreiben dürfen.
99
EuGH, Urteil vom 04.12.1986, Rs. 205/84 C-205/84.
100
Freier Dienstleistungsverkehr und Allgemeininteresse im Versicherungswesen, Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.2000 in VerBAV 5/2000, S. 119. 101 Mitteilung 2000/C 43/03 vom 16.02.2000, a. a. O. Zur Frage des anwendbaren Rechtes bei der Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrages an einen in Liechtenstein ansässigen Lebensversicherer durch einen inländischen Versicherungsmakler hat der BGH entschieden, dass dieser in der Regel Mittelsperson im Sinne von Art. 9 IV EGVVG a. F. ist, BGH NJW 2016, 3369. 102
Mitteilung 2000 C 43/03 vom 16.02.2000, S. 11.
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Versicherungsmakler sind verpflichtet, für Bereiche in denen sie tätig sind, ausreichend eigenes Fachpersonal103 einzustellen. Die Werbung und Information über Versicherungsprodukte, die Bewertung der Versicherungsrisiken, die Vorbereitung von Angeboten und der Abschluss von Versicherungsverträgen dürfen nur durch das Fachpersonal erfolgen. Die Angaben zum bzw. über das eingestellte Fachpersonal müssen spätestens innerhalb von 15 auf das Einstellungsdatum folgenden Werktagen zur Registrierung, zur Vergabe der Registernummer sowie zur Ausstellung eines Ausweises (spezieller Ausweis für Fachkräfte) dem Staatssekretariat auf elektronischem Wege mitgeteilt werden. Das Fachpersonal muss zur Gewährleistung seiner beruflichen Kompetenz sowie seiner Kenntnisse und Fertigkeiten, regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Die Daten und Programme dieser Veranstaltungen legt das Staatssekretariat fest (Art. 19 VerVM). Für die Durchführung dieser Fortbildungsveranstaltungen ist die „Ausbildungsinstitution für das Versicherungswesen“ zuständig. Erfolgt keine fristgerechte Teilnahme des Fachpersonals an dieser Fortbildungsveranstaltung, muss es seine Tätigkeit bis zum Abschluss der Fortbildung unterbrechen. 6.6 Beaufsichtigung der Versicherungsmakler bei Ausübung der Vermittlungstätigkeit nach deutschem Recht
Das Versicherungsvertragsgesetz enthält keine spezifischen Regelungen zur Aufsicht über Versicherungsmakler bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Die aufsichtsrechtlichen Regeln finden sich im Versicherungsaufsichtsgesetz, der Gewerbeordnung, der VersVermV und der Makler- und Bauträgerverordnung. §§ 48–51 VAG regeln die Pflichten von Versicherern, die diese bei der Zusammenarbeit mit Vermittlern zu beachten haben.104 Einer unmittelbaren Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde BaFin unterliegt der Versicherungsmakler aber nicht. Der Versicherer darf allerdings nur mit Vermittlern zusammenarbeiten, die entweder nach § 34d GewO eine Erlaubnis haben, von der Erlaubnis befreit sind oder keiner Erlaubnispflicht unterliegen. Das heißt, mit einem Versicherungsmakler, der grundsätzlich der Erlaubnispflicht unterliegt, darf der Versicherer nur zusammenarbeiten, wenn er geprüft hat, dass der Versicherungsmakler die Erlaubnis hat und im Register eingetragen ist. Bei der Aufnahme der Zusammenarbeit mit dem Versicherungsvertreter muss der Versicherer allerdings auch noch prüfen, ob der Versicherungsvertreter sachkundig und zuverlässig ist.
103
Folgende Bedingungen müssen von der Person, die als Fachpersonal tätig sein möchte, erfüllt werden: (1) Ansässigkeit in der Türkei, (2) Geschäftsfähigkeit, (3) keine Verurteilung oder Vorstrafen aufgrund einer der in Art. 4 Abs. 1c VerVM genannten Straftatbestände, (4) im Anhang der VerVM genannte Ausbildungsstand und eine entsprechend lange Berufserfahrung, (5) Bestehen der von Seiten der Ausbildungsinstitution für das Versicherungswesen durchgeführten Befähigungsprüfung für Fachpersonal (Art. 8 Abs. 2 VerVM). 104 Das Gesetz unterscheidet insoweit im Wesentlichen nicht zwischen Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern.
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Dieses Erfordernis für den Versicherer besteht bei der Aufnahme der Zusammenarbeit mit einem Versicherungsmakler grundsätzlich aber nicht.105 Das ist auch nicht notwendig, weil die IHK grundsätzlich den Versicherungsmakler nur dann in das Register einträgt, wenn er zuverlässig ist, in geordneten Vermögensverhältnissen lebt, den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erbringen kann und durch die erforderliche Prüfung vor der IHK den Sachkundenachweis erbracht hat, § 34d Abs. 2 GewO. Die Aufsichtsbehörde hat allerdings mit ihrem Rundschreiben 10/2014106 Hinweise gegeben, welche Rechtspflichten Versicherungsunternehmen bei der Zusammenarbeit mit Maklern ihrer Auffassung nach zu beachten haben. Neben der Beachtung der Erfordernisse der §§ 48, 49 VAG hat die BaFin auch auf die Anforderungen für Versicherer hingewiesen, die sich im Rahmen eines adäquaten Risikomanagements aus § 26 VAG ergeben sollen. Die Aufsicht hebt hervor, die Zusammenarbeit mit Vermittlern bedeute ein nicht unerhebliches Risiko für die Unternehmen. Die Steuerung und Kontrolle dieser Risiken bedarf danach der besonderen Aufmerksamkeit der Unternehmen im Rahmen des Risikomanagements. So hält es die Aufsicht für erforderlich, dass ein Versicherer regelmäßig überprüft, ob die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Versicherungsmakler weiterhin gegeben sind, insbesondere ob dieser weiterhin im Vermittlerregister eingetragen ist. Die Unternehmen müssen deshalb regelmäßig in die Löschlisten, § 11a Abs. 3 GewO, Einsicht nehmen. Besondere Bedeutung misst die BaFin Kundenbeschwerden über Vermittler und damit auch über Versicherungsmakler zu. Falls es während der Vermittlungstätigkeit zu Kundenbeschwerden kommt, müssen diese beantwortet werden. Bei wiederholten Beschwerden, die insbesondere für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erheblich sein können, muss die zuständige IHK informiert werden, § 51 VAG. Hier besteht aber auch eine Berichtspflicht gegenüber der BaFin.107 Die BaFin hält daneben die Einholung von AVAD-Auskünften auch über Versicherungsmakler für erforderlich. Ist der Makler eine juristische Person, gilt das auch für Geschäftsführer und Vorstände sowie für alle weiteren Personen, die für die juristische Person vermittelnd tätig werden. Die Auskunft muss bei Beginn der Zusammenarbeit eingeholt werden. Die Beendigung der Zusammenarbeit soll der AVAD ebenfalls mitgeteilt werden. Dies ist seit vielen Jahren gängige Praxis der Versicherungsunternehmen. Der Makler unterliegt nach geltendem Recht ebenso wie der Versicherungsvermittler dem Verbot dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren – Provisionsabgabeverbot – oder Begünstigungsverträge abzu-
105 Eine seltene Ausnahme besteht für Versicherungsmakler dann, wenn dieser als produktakzessorischer Vermittler nach § 34d Abs. 3 GewO die Versicherung als Ergänzung der im Rahmen seiner Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen vermittelt. 106 Rundschreiben 10/2014 (VA) – Hinweise zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern, zu vertriebsbezogenen Aktivitäten und zum Risikomanagement bei dem Vertrieb von Versicherungsprodukten vom 23.12.2014. 107 Dieses folgt aus dem Rundschreiben 3/2013 (VA) und Sammelverfügung: Beschwerdemanagement Funktion und Beschwerdebearbeitung bei Versicherungsunternehmen vom 20.09.2013.
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schließen und zu verlängern, § 298 Abs. 4 VAG.108 Dieses Provisionsabgabeverbot wird nun im Referentenentwurf zur Umsetzung der IDD einerseits im Aufsichtsrecht § 48b VAG-E und andererseits in § 34d Abs. 1 S. 6 und 7 GewO-E festgeschrieben.109 Ist dem Makler vom Versicherungsunternehmen Inkassovollmacht erteilt worden, gelten für ihn besondere Regelungen zur Zahlungssicherung, §§ 12–16 VersVermV. Die Regelungen dienen dem Schutz des Versicherungsnehmers. Es soll verhindert werden, dass der Makler Gelder, die er beim Versicherungsnehmer eingezogen hat, nicht an den Versicherer weiterleitet. Um dieser Gefahr zu begegnen, ist Voraussetzung der Einräumung der Inkassovollmacht, dass der Makler entweder Sicherheit geleistet hat oder eine geeignete Vermögensschaden- oder Vertrauensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben muss, § 12 VersVermV. Nach § 12 Abs. 6 VersVermV gelten die Regelungen auch im umgekehrten Fall. So z. B. wenn der Versicherungsmakler aufgrund einer mit dem Versicherungsnehmer getroffenen Vereinbarung bevollmächtigt ist, Gelder, die an und für den Versicherungsnehmer etwa aufgrund einer vom Versicherer zu erbringenden Versicherungsleistung zu zahlen sind, entgegennehmen darf. Den Versicherungsmakler treffen Aufzeichnungspflichten, § 14 VersVermV. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten, kann die IHK eine Prüfung anordnen, § 15 VersVermV. Der Versicherungsmakler muss einem Prüfer Einsicht in die Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen gestatten, § 16 VersVermV. Diese Vorschriften (§§ 12–16 VersVermV) gelten nicht für die Rückversicherungsvermittlung, und sie gelten auch nicht bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen über Großrisiken im Sinne von § 210 Abs. 2 VVG sowie für laufende Versicherungen, § 17 VersVermV. Zusätzliche Pflichten und weitere Einzelheiten, die die Versicherungsmakler treffen, sind in der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) geregelt.110 Sie enthält unter anderem Regelungen zur Sicherheitsleistung, zum Abschluss einer Versicherung, zur Verwendung von Geldern des Versicherungsnehmers, zur getrennten Vermögensverwaltung, zur Rechnungslegung und zur Buchführungspflicht. Nach § 16 MaBV müssen sich die Makler jährlich auf ihre Kosten prüfen lassen, ob sie die sich aus den §§ 2–14 der Verordnung ergebenden Pflichten einhalten. Der Prüfungsbericht muss auch einen Vermerk darüber enthalten, ob Verstöße des Maklers festgestellt worden sind. Der Prüfungsbericht muss dem Gewerbeamt jährlich übermittelt werden.
108
Dieses Verbot sollte zunächst ab 2016 aufgehoben werden und sollte bis zu einer weiteren Überprüfung im Jahre 2017 in Kraft bleiben. 109 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 21.11.2016, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (ABl. L 26 vom 02.02.2016, S. 19), abrufbar unter http:// www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/entwurf-eines-gesetzes-zur-umsetzung-der-richtlinie-eu-201697,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 110 Makler- und Bauträgerverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.11.1990 (Bundesgesetzblatt. I, S. 2479), die zuletzt durch Art. 2 der Verordnung vom 02.05.2012 (Bundesgesetzblatt. I, S. 1006) geändert worden ist.
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Nach § 9 MaBV muss der Makler die mit der Leitung seines Betriebes beauftragten Personen dem Gewerbeamt unverzüglich mitteilen. Das gilt auch für juristische Personen. Kommt es zu Änderungen, sind diese unverzüglich anzuzeigen. Die statusrechtlichen Informationspflichten nach § 11 VersVermV sind hingegen vom Versicherungsmakler nur einmalig, nämlich beim ersten Geschäftskontakt mit dem Kunden, diesem mitzuteilen und damit zu erfüllen. Der Versicherungsmakler muss dann offenlegen, ob er selbst direkt oder indirekt mit 10 % an einem Versicherungsunternehmen beteiligt ist, § 11 Abs. 1 Nr. 5 VersVermV, oder ob umgekehrt, ein Versicherungsunternehmen eine direkte oder indirekte Beteiligung von 10 % am Kapital des Maklerunternehmens hält, § 11 Abs. 1 Nr. 6 VersVermV. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Weiterbildung für Versicherungsmakler besteht nicht. Art. 4 Abs. 5 der Vermittlerrichtlinie verlangt als Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittlung, dass die beruflichen Anforderungen wie sie Art. 4 vorsieht, dauerhaft erfüllt sind. Der deutsche Gesetzgeber hat allerdings davon abgesehen, in der Gewerbeordnung oder der Versicherungsvermittlungsverordnung detaillierte Regelungen über eine Verpflichtung zur laufenden Weiterbildung der Versicherungsmakler vorzusehen. Immerhin ist in § 48 Abs. 2 VAG geregelt, dass der Versicherer verpflichtet ist, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob der Vermittler noch die Eintragungsvoraussetzungen nach § 34d Abs. 4 GewO erfüllt. Der GDV hat im Jahr 2012 einen Verhaltenskodex für den Versicherungsvertriebs beschlossen.111 Diesem ist praktisch die gesamte Branche beigetreten. Nr. 8 des Kodex sieht vor, dass die Versicherungsunternehmen dafür Sorge tragen, dass die Vermittler mit denen sie zusammenarbeiten, sich ständig weiterbilden. Hierzu wurde eine Brancheninitiative – „Weiterbildung der Versicherungsvermittler in Deutschland“ – gegründet.112 Da die Makler jedoch unabhängiger Sachwalter des Kunden sind, können die Versicherungsunternehmen sie zu einer Teilnahme an dieser Initiative nicht verpflichten. Eine freiwillige Teilnahme und eine entsprechende Zertifizierung, dass innerhalb von fünf Jahren 200 Weiterbildungspunkte erreicht wurden, stehen jedoch auch Versicherungsmaklern offen. Neben dem GDV, dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen (AGV), dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft, sind auch die Vermittlerverbände, wie der BVK, der VDVM und VOTUM sowie schließlich die Gewerkschaft Ver.di beigetreten. 6.7 Entziehung der Zulassung nach türkischem Recht
Verstößt der Versicherungsmakler gegen Art. 32 VG oder gegen andere gesetzliche Bestimmungen, oder fällt im Laufe der Zeit eine der für die Tätigkeit als Versicherungsmakler erforderlichen Voraussetzungen weg und/oder erfüllt der Versicherungsmakler nicht die in Art. 11 VerVM geregelten Bedingungen über Min-
111
Abrufbar unter www.gdv.de/2015/04/verhaltenskodex-für-den-vertrieb/. Vgl. hierzu ausführlich Reusch, VersR 2015, 1197 ff.
112
Vgl. hierzu bereits oben unter 3.3.2.4.
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destkapital, Eigenkapital und Mindestvermögen, dann wird er vom Staatssekretariat abgemahnt (Art. 21 Abs. 1 VerVM). Nach der Abmahnung wird geprüft, ob der Makler innerhalb der gesetzten Frist die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um den gesetzlichen Erfordernissen zu genügen. Hat der Makler das Erforderliche nicht veranlasst, kann das Staatssekretariat ihm seine Zulassung gänzlich entziehen oder diese für sechs Monate aussetzen. Musste der Versicherungsmakler seine Tätigkeit vorübergehend unterbrechen oder verstößt der bereits einmal abgemahnte Versicherungsmakler erneut gegen gesetzliche Bestimmungen innerhalb eines Jahres ab dem Datum, ab dem er abgemahnt wurde oder ab dem er nach der Unterbrechung wieder tätig geworden ist, wird seine Zulassung durch das Staatssekretariat entzogen (Art. 21 Abs. 2 VerVM). Versicherungsmakler, deren Tätigkeit das Staatssekretariat vorübergehend unterbrochen oder deren Zulassung widerrufen hat, werden auf der Homepage des Staatssekretariats, auf dem „Informationssystem für Versicherungs- und Rückversicherungsmakler“ bekannt gegeben und dem türkischen Versicherungsverband mitgeteilt. 6.8 Entziehung der Zulassung nach deutschem Recht
Spezifische versicherungsrechtliche Regeln, wie sie das türkische Recht in Art. 21 Abs. 2 der VerVM zum Entzug der Zulassung von Versicherungsmaklern vorsieht, kennt das deutsche Recht nicht. Es gilt lediglich die allgemeine Regelung von § 35 GewO. Danach kann dem Versicherungsmakler die Ausübung seiner Tätigkeit untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Versicherungsmaklers dartun. Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn keine Gewähr dafür besteht, dass der Versicherungsmakler in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird.113 Die Unzuverlässigkeit ergibt sich aus Tatsachen aus der Vergangenheit. Diese Tatsachen sind Entscheidungsgrundlage der Behörde bei der auf die Zukunft gerichteten Prognose, ob hieraus die Unzuverlässigkeit folgt.114 Das ist eine Prognoseentscheidung, die das Gewerbeamt in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens trifft. Unzuverlässigkeit liegt etwa vor, wenn der Makler Straftaten begangen hat. Damit eine Gewerbeuntersagung möglich ist, muss das Gewerbeamt allerdings prüfen, ob damit eine Unzuverlässigkeit für die Ausübung der Tätigkeit als Versicherungsmakler oder für jedes Gewerbe gegeben ist.115 Aufsichtsrechtlich ist der Versicherer allerdings gehalten, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen, wie sie bei der Aufnahme der Zusammenarbeit bestanden, auch weiterhin gegeben sind, insbesondere ob der Versicherungsmakler weiterhin im Vermittlerregister eingetragen ist. Um zu verhindern, dass Vermittler, die sich bei bestimmten Versicherern bereits als unzuverlässig erwiesen haben, erneut bei anderen Unternehmen tätig werden und die Vermittlerschaft und die Versicherungswirtschaft insgesamt in Misskredit 113
BVerwGE 65, 1 ff.
114
Brüning in Pielow, Gewerbeordnung, 2. Aufl. 2016, § 35 Rn. 19 mit weiteren Einzelheiten.
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Ein Straßenverkehrsdelikt führt damit nicht ohne weiteres zur Unzuverlässigkeit im Rahmen der Tätigkeit als Versicherungsmakler.
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bringen, haben die Versicherungs- und Bausparkassenwirtschaft bereits im Jahre 1948 eine Selbsthilfeeinrichtung geschaffen, die dem begegnen soll. Die Auskunftsstelle über den Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e. V. (AVAD) unterhält einen Auskunftsverkehr. Dort melden die Versicherungsunternehmen Unregelmäßigkeiten ihrer Vermittler und damit auch der Makler. Bei Versicherungsmaklern bezieht sich die Unterrichtung auf die Zusage und auf den Widerruf der Courtage.116 6.9 Das Verhältnis zwischen Versicherungsmakler117 und Versicherungsnehmer nach türkischem Recht
Das Verhältnis zwischen Versicherungsmakler und Kunden (potentiellen Versicherungsnehmern) ergibt sich aus der im VG und in Art. 13 VerVM enthaltenen Definition des „Versicherungsmaklers“. Dieser Definition zufolge übernimmt der Versicherungsmakler vor Vertragsabschluss sog. „Anbahnungsaufgaben“. Nach Vertragsabschluss kümmert er sich um die Verwaltung und Erfüllung der Verträge. Er kann auch Entschädigungsleistungen im Namen und für seine Kunden annehmen. Gemäß Art. 17 Abs. 3 VerVM darf der Versicherungsmakler außer eines Beratungsund Risikomanagementhonorars keine weiteren Gelder von seinem Auftraggeber annehmen. Zwischen dem Makler und dem Kunden wird eine Maklervereinbarung abgeschlossen. Dadurch übernimmt der Makler die Versicherungsvermittlung. Der Abschluss eines Maklervertrages unterliegt keiner bestimmten Form. Ein solcher Vertrag kann daher ausdrücklich, aber auch konkludent zustande kommen. Im Einzelfall lässt sich anhand der konkreten Umstände feststellen, ob ein solcher Vertrag zwischen den Parteien abgeschlossen wurde oder nicht. Gibt der Kunde nicht nur an, sich versichern lassen zu wollen, sondern bittet er den Makler daneben um konkrete Vorschläge und eine Empfehlung, so ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Maklerauftrag erteilt wurde. Die in Art. 15 Abs. 1 VerVM genannte Bedingung, eine schriftliche Vollmacht eines potentiellen Versicherungsnehmers zu erhalten, ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages. Kommt es zu keinem persönlichen Kontakt zwischen Versicherungsmakler und Kunde oder kann wegen der Umstände des Einzelfalles keine schriftliche Vollmacht erteilt werden, kann die Vollmacht auch mündlich oder auf elektronischem Wege erklärt werden. Mit Zustandekommen des Maklervertrages übernimmt der Versicherungsmakler folgende Pflichten: ●
der Makler muss den Kunden (Versicherungsnehmer/Versicherer) unter Berücksichtigung seiner Wünsche und Vorgaben beraten;
116 Vgl. www.avad.de. Das AVAD-Verfahren ist nicht unumstritten. Bloße Verdachtsanzeigen – wie etwa „Verdacht auf Urkundenfälschung“ beim Versicherungsmakler reichen nicht aus, weil der wirtschaftliche Nachteil für den Makler so gravierend ist und allein dass ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren aufgenommen wird, eine solche ein Meldung noch nicht rechtfertigt; OLG Hamburg VersR 2010, 1375. 117 Die nachfolgenden Ausführungen zum „Versicherungsmakler“ gelten auch für die „Rückversicherungsmakler“.
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●
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er muss die dem Kundeninteresse entsprechenden Angebote einholen. Hierbei muss er bei der Auswahl des Versicherers neutral sein; er übernimmt die vor Abschluss eines Versicherungsvertrages anfallenden Arbeiten.
Der Makler kann, falls nichts anderes im Maklervertrag vereinbart ist, vom Kunden eine Vermittlungsgebühr, die in Art. 17 Abs. 3 VerVM als „Beratungs- und Risikomanagementgebühr“ bezeichnet wird, verlangen. Dieser Anspruch steht dem Makler auch dann zu, wenn es nicht zum Vertragsabschluss kommt. Wie aus der Definition des VG hervorgeht, ist der Versicherungsmakler gegenüber seinen Kunden/Auftraggebern verpflichtet, bei der Auswahl der Versicherungsgesellschaften, die den vom Kunden gewünschten Versicherungsschutz bieten, neutral und unabhängig zu agieren. Er muss die Rechte und Belange seiner Kunden wahrnehmen. Gemäß Art. 15 Abs. 3 VerVM muss der bevollmächtigte Versicherungsmakler unter Vorlage der Vollmacht Angebote von Versicherern einholen und danach diese Angebote mit einem Preisvergleich dem Kunden präsentieren. Zu den Pflichten des Versicherungsmaklers gehört es, anhand des individuellen Bedarfs seines Kunden den erforderlichen Deckungsschutz zu ermitteln und wenn möglich, mehrere Angebote einzuholen, die dem Kundenbedarf am besten entsprechen. Diese Angebote muss er schließlich dem Kunden präsentieren. Ebenfalls aus dieser Verpflichtung des Art. 17 Abs. 3 VerVM ergibt sich, dass die aus dem Maklervertrag herrührenden Pflichten des Maklers nicht mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages enden. Vielmehr ist der Makler auch nach Vertragsabschluss, nämlich für die Dauer des Vertrages, verpflichtet, seinen Kunden bei Bedarf zu unterstützen. Er muss darauf achten, dass der Versicherungsnehmer seinerseits seinen Pflichten nachkommt. Er muss ihn aber insbesondere auch im Versicherungsfall bei der Wahrnehmung seiner Rechte unterstützen. Der Versicherungsmakler haftet für die Schäden, die dem Kunden wegen eines Verstoßes gegen die dem Makler obliegenden Verpflichtungen entstanden sind. Art. 8 Abs. 6 VerVM sieht zudem vor, dass der Makler auch für die Schäden dritter Personen, die auf geschäftlichen Tätigkeiten des Fachpersonals beruhen, zusammen mit dem Fachpersonal haftet. Ist der Versicherungsmakler ausdrücklich bevollmächtigt, kann er auch im Namen des Kunden den Versicherungsvertrag abschließen. Die Tatsache, dass der Makler zum Vertragsabschluss im Namen des Kunden berechtigt ist, bedeutet aber nicht, dass er im Versicherungsfall auch die vom Versicherer geschuldete Entschädigungsleistung annehmen darf. Hierzu bedarf es dann einer weiteren ausdrücklichen Bevollmächtigung. Ob der Makler zum Vertragsabschluss im Namen des Kunden befugt ist, ist auch für den Versicherer von Bedeutung. Dann stellt sich nämlich für den Versicherer die Frage, wem gegenüber er seine Informationspflichten erfüllen muss. Art. 17 Abs. 4 VerVM lautet wie folgt: Die Informationspflicht gemäß Art. 1423 tHGB ist von Seiten des zum Abschluss von Verträgen bevollmächtigten Versicherungsmaklers zu erfüllen. Der Informationspflicht wird durch eine Information seitens des Versicherers Genüge getan, d. h. die Information des Versicherers gilt als Information des Versiche-
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rungsmaklers gegenüber dem Auftraggeber. Demgemäß ist der Versicherungsmakler verpflichtet, seinen Kunden zu informieren. Er muss also die ihm von Seiten des Versicherers angegebenen Informationen an seinen Kunden weiterleiten. Sofern der Versicherungsmakler zum Abschluss von Verträgen nicht bevollmächtigt ist, ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer, und auf Verlangen auch die im Versicherungsvertrag begünstigten Personen, zu informieren. Gegebenenfalls muss er sogar nachweisen, dass die dem Versicherungsmakler gegebenen Informationen an die Kunden weitergeleitet wurden. Der Versicherer kann diese Pflicht gegebenenfalls dann auch unter Einbeziehung eines von ihm beauftragten Versicherungsvertreters erfüllen. 6.10 Das Verhältnis zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsnehmer nach deutschem Recht
Während es beispielsweise im österreichischen Recht spezifische und umfassende Regelungen gibt, die vorsehen, welche Pflichten mit der Tätigkeit als Versicherungsmakler gegenüber dem Kunden verbunden sind,118 finden sich die Maklerpflichten im deutschen Recht nur ausschnittsweise in § 11 VersVermV und §§ 60, 61 VVG. Noch immer gilt das, was der BGH in seinem grundlegenden Urteil, BGHZ 94, 346, ausgeführt hat, nämlich, dass der Makler von sich aus das Risiko untersucht, das Objekt prüft und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt unterrichten muss. Wegen dieser umfassenden Pflichten ist er dessen treuhänderähnlicher Sachwalter.119 Der Maklervertrag kann als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienst- oder Werkvertragscharakter bezeichnet werden, §§ 675, 666, 611, 631 BGB. Während des Bestehens des Maklervertrages hat er den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses. Neben seiner Tätigkeits- und Interessenwahrnehmungspflicht folgen für den Versicherungsmakler hieraus Informations-, Aufklärungs-, Beratungs-, Erkundigungs-, Rechenschafts- und Benachrichtigungspflichten sowie Herausgabe- und Weiterleitungspflichten. Um den adäquaten Versicherungsschutz für den Kunden zu finden, muss der Makler eine Marktanalyse vornehmen. Er muss verschiedene Angebote von Versicherern einholen und diese vergleichen. Damit ist auch eine Anbieteranalyse verbunden. Der Makler muss einschätzen, wie leistungsfähig die von ihm untersuchten und um Abgabe eines Angebotes gebetenen Versicherer sind. Natürlich muss der Versicherungsmakler auch eine Risikoanalyse vornehmen. Das bedeutet eine Einschätzung der Versicherungsbedürfnisse des Kunden, eine Prüfung des Risikos und des Objektes, beispielsweise durch eine Besichtigung vor Ort. Damit verbunden gehört zu den Pflichten eines Versicherungsmaklers auch die Deckungsanalyse, d. h. die Ermittlung der richtigen Versicherungsart und der 118
§ 28 MaklerG – Wahrung der Interessen des Versicherungskunden.
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Eingehend zu den Maklerpflichten, Matusche, Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 4. Aufl. 1995, S. 42 ff. und Benkel/Reusch, VersR 1992, 1302, 1306 ff.; Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 277 ff.
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bedarfsgerechten Versicherungssumme. Selbstverständlich ist hiermit auch die Feststellung der infrage kommenden Bedingungen verbunden. Auf der Grundlage der Markt-, Angebots-, Anbieter-, Risiko- und Deckungsanalyse muss der Makler das Deckungskonzept für das Risiko und das Objekt dem Kunden vorlegen. Er hat das für die Bedürfnisse des Kunden geeignetste am Markt verfügbare Produkt anzubieten. Damit verbunden ist die Präsentation beim Kunden. Der mit dem Kunden abgeschlossene Maklervertrag beinhaltet regelmäßig weitgehende Vollmachten. Dazu gehört auch eine Abschlussvollmacht. Der Makler kann damit nicht nur einen Versicherungsvertrag abschließen; er ist sogar verpflichtet, von seiner Vollmacht Gebrauch zu machen und den Deckungsauftrag zu erteilen. Er hat dem Versicherungsnehmer unverzüglich anzuzeigen, dass er einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat. Falls ihm dies nicht gelungen ist und er das Risiko nicht platzieren konnte, muss er dem Versicherungsnehmer unverzüglich Mitteilung machen.120 Nach Abschluss des Vertrages trifft den Versicherungsmakler die Pflicht zur Dokumentenprüfung. Er muss feststellen, ob der Inhalt der Police den getroffenen Vereinbarungen entspricht. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Vertragsverwaltung. Das bedeutet nicht nur, dass er sich um eventuelle Nachträge zur Police zu kümmern hat, sondern ihn treffen auch während der Vertragslaufzeit fortlaufende Beratungs-, Aufklärungsund Betreuungspflichten. Damit sind Überwachungs- und Beobachtungspflichten im Hinblick auf das Risiko gemeint. Ändert sich dieses, muss der Makler ggf. den Versicherungsschutz anpassen. Bei Großmaklern ist es üblich, dass diese dem Kunden viertel- oder halbjährlich über ihre Tätigkeit und über ihre Einschätzung des Risikos berichten. Auch die Beratung und Unterstützung im Schadenfall gehört zu den Aufgaben der Versicherungsmakler. Die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer gehörte in der Vergangenheit nach einhelliger Auffassung zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers. In der Lehre war man einhellig der Auffassung, es handele sich insoweit um eine erlaubte und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betreuung und Verwaltung des Versicherungsvertrages stehende Tätigkeit des Versicherungsmaklers.121 Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)122 liege deshalb nicht vor, weil es sich insoweit nur um eine Nebenleistung handele, die der Versicherungsmakler neben seiner Haupttätigkeit, nämlich der Suche nach adäquatem und bedarfsgerechtem Versicherungsschutz, erbringe.123 Einig war man sich allerdings auch darin, dass zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen des Versicherungsnehmers gegen120
BGH VersR 1971, 714, 715; BGH VersR 2016, 1118, 1120; BGH NJW 2016, 3366, 3367.
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Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn 323; Benkel/Reusch, VersR 1992, 1302, 1312. 122 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen – Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vom 12. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt I, S. 2840). 123 Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn 323; Benkel/Reusch, VersR 1992, 1302, 1312; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 82.
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über dem Versicherer der Versicherungsmakler hingegen nicht befugt sei, weil dann ein Verstoß gegen das RDG vorliegen würde. Als unproblematisch wurde deshalb die in Deutschland weit verbreitete Praxis insbesondere im Transport-, Gewerbeund Industriegeschäft angesehen, dass der Versicherungsmakler im Auftrag des Versicherers auch die außergerichtliche Schadenregulierung mit Wirkung für und gegen seinen Versicherungsnehmer wahrgenommen hat. Dieser Praxis hat der BGH nun eine klare Absage erteilt und festgestellt, dass die Schadenregulierung im Auftrag des Versicherers im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers gehören soll. Der Annahme einer erlaubten Rechtsdienstleistung steht nach Auffassung des BGH auch § 4 RDG entgegen. Danach dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Diese Regelung soll Interessenkollisionen vermeiden. Wenn der Versicherungsmakler vom Versicherer mit der Schadenregulierung beauftragt wird, kommt es nach Auffassung des BGH zu Interessenkollisionen, weil die Interessen von Versicherer und Kunden gerade bei der Schadenregulierung unterschiedlich sind.124 Die Märkte haben bereits reagiert und zahlreiche Makler haben entsprechende Rahmenabkommen mit Versicherern, mit denen sie sich zur Schadenregulierung für diese verpflichtet hatten, aufgekündigt. Ob mit Abschluss des Maklervertrages der Makler auch mit dem Einzug der Prämie und ggf. mit der Entgegennahme von Versicherungsleistungen bevollmächtigt ist, hängt zum einen davon ab, was im Maklervertrag vereinbart wurde und zum anderen ist in der Praxis maßgeblich, zu welcher Sparte der vermittelte Versicherungsvertrag gehört. Beim Abschluss eines Personenversicherungsvertrages, also in der Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung übernehmen die Makler regelmäßig kein Prämieninkasso. Sie werden hier meist nicht zur Entgegennahme von Entschädigungszahlungen bevollmächtigt. Anders ist es hingegen in den Sparten der Kompositversicherungen und wenn die Versicherungsnehmer keine Verbraucher sind. Hier zieht der Versicherungsmakler regelmäßig die Prämien beim Versicherungsnehmer ein und leitet diese an den Versicherer weiter. Er ist auch zur Entgegennahme von Entschädigungsleistungen berechtigt. In diesem Zusammenhang sind auch die Regelungen des § 12 VersVermV zu beachten. Der Versicherungsmakler darf danach Prämien, die er beim Versicherungsnehmer einzieht und die er an das Versicherungsunternehmen weiterleiten muss, nur annehmen, wenn er Sicherheit geleistet oder eine Vertrauensschadenversicherung abgeschlossen hat, § 12 Abs. 2 VersVermV. Entsprechendes gilt, wenn der Versicherungsmakler Entschädigungszahlungen des Versicherers, die für den Versicherungsnehmer bestimmt sind, entgegennehmen darf, § 12 Abs. 6 VersVermV. Die Vorschrift soll den Versicherungsnehmer vor den Folgen schützen, wenn der Versicherungsmakler insolvent wird oder aus anderen
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BGH VersR 2016, 1118, 1121.
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Gründen die empfangenen Gelder nicht an den Versicherer oder den Versicherungsnehmer weiterleitet. § 64 VVG sieht vor, dass es einer gesonderten schriftlichen Erklärung des Versicherungsnehmers bedarf, damit der Versicherungsmakler Versicherungsleistungen des Versicherers, die dem Versicherungsnehmer zustehen, annehmen darf. Allerdings muss der Versicherungsmakler ohnehin eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, § 34d Abs. 2 Nr. 3 GewO, die ebenfalls dem Schutz des Versicherungsnehmers dient. Verstößt der Versicherungsmakler gegen diese vertraglichen Pflichten haftet er nach §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB. Ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen muss er sich zurechnen lassen, § 278 BGB.125 Beim ersten geschäftlichen Kontakt mit dem potentiellen Versicherungsnehmer muss der Makler ebenso wie der Versicherungsvertreter126 seinen statusrechtlichen Informationspflichten genügen. Nach § 11 VersVermV muss der Versicherungsmakler dem Kunden klar und verständlich in Textform seinen Namen und ggf. seine Firma (Nr. 1.), seine betriebliche Anschrift (Nr. 2), seinen Status als Versicherungsmakler (Nr. 3a), seine Registernummer bei der jeweiligen IHK, die Anschrift und Telefonnummer und Internetadresse des DIHK (Nr. 4) mitteilen. Um etwaige Interessenkonflikte offenzulegen, muss er auch eine direkte oder indirekte Beteiligung von mehr als 10 % an einem Versicherer offenlegen – was nur selten der Fall sein dürfte. Wichtiger hingegen ist der umgekehrte Fall, nämlich ob ein Versicherer direkt oder indirekt mit mehr als 10 % am Versicherungsmakler beteiligt ist (Nr. 6). Schließlich muss noch die Schlichtungsstelle, d. h. die Anschrift des Ombudsmannes, angegeben werden (Nr. 7). § 11 Abs. 2 VersVermV verpflichtet den Versicherungsmakler dazu, dafür Sorge zu tragen, dass auch eventuelle Mitarbeiter und Angestellte diese Informationen dem Kunden mitteilen. § 60 Abs. 1 VVG regelt die vertraglichen Hauptpflichten des Maklers, die er als treuhänderischer Sachwalter des Kunden diesem gegenüber zu erfüllen hat. Die Vorschrift umfasst allerdings nur einen Teil der Pflichten die den Makler treffen, nämlich nur den Zeitpunkt der Vertragsanbahnung.127 Danach ist der Makler verpflichtet, dem Kunden seine Beratungsgrundlage offenzulegen. Er muss seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungen und von Versicherern zugrundelegen, um eine auf fachlichen Kriterien basierende Empfehlung abzugeben, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Kann oder will er dies nicht, weil er ein Spezialmakler ist, muss er den Kunden aus Transparenzgesichtspunkten ausdrücklich auf die eingeschränkte Versichererund Vertragsauswahl hinweisen. Der potentielle Versicherungsnehmer soll also bevor er einen Antrag stellt, erkennen können, auf welcher Informationsgrundlage er beraten wird. Deshalb sieht § 60 Abs. 2 VVG vor, dass der Makler, der nur auf125
Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl. 2016, § 59 Rn. 8.
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Vgl. hierzu oben unter 3.5.5.
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Die anderen – ungeschriebenen – Maklerpflichten wurden bereits oben behandelt.
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grund einer eingeschränkten Informationsgrundlage berät, den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen hat. Er muss ihm dann die konkrete Markt- und Informationsgrundlage unter Benennung der einbezogenen Produkte und Versicherer offenbaren. Ebenso wie gegenüber dem Versicherungsvertreter kann der Versicherungsnehmer auch gegenüber dem Makler auf die Beratung durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, § 60 Abs. 3 VVG.128 § 61 Abs. 1 VVG verpflichtet den Makler zu einer anlassbezogenen Befragung und umfassenden Dokumentation. Er muss seinen Kunden, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, beraten, sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat angeben. Und er muss unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages seinen Rat und die Gründe hierfür in Textform dokumentieren. Inhaltlich geht es darum, den adäquaten Versicherungsbedarf für den Kunden zu ermitteln. Ohne einen konkreten Anlass ist allerdings auch der Versicherungsmakler nicht zu einer generellen umfassenden Risikoanalyse verpflichtet, sondern die Fragepflicht ist anlassbezogen. Allerdings ist auch festzuhalten, dass im Hinblick auf den Umfang der Frage- und Beratungspflicht zwischen den Vermittlertypen differenziert werden muss. Wegen des Status des Versicherungsmaklers als treuhänderischer Sachwalter des Kunden gehen seine Pflichten deutlich weiter als die eines Ausschließlichkeitsvertreters.129 Verletzt der Makler seine Beratungs- und Dokumentationspflichten, so haftet er für eventuelle Schäden, die dem Versicherungsnehmer hierdurch entstehen, § 63 VVG. Diese Vorschrift regelt also nur diesen Anwendungsbereich. Sie ist insoweit lex specialis und geht den §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB vor.130 6.11 Das Verhältnis zwischen Versicherungsmakler und Versicherer nach türkischem Recht
Art. 17 Abs. 3 VerVM enthält keine dezidierte Regelung, wer Schuldner des Vergütungsanspruches des Versicherungsmaklers ist. Wie allerdings aus der Definition des VG hervorgeht, darf der Versicherungsmakler das Honorar für seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler nur von seinem Kunden fordern. Demgegenüber können Versicherungsmakler und Versicherer eine Vereinbarung treffen, nach der der 128
Siehe hierzu auch schon oben unter 3.5.5.
129
Vgl. zum Ganzen Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 61 Rn. 4 ff.; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 61 Rn. 8, 9, 22; Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 297 ff. 130 H.M. Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 63 Rn. 35; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 63 Rn. 5; Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 331.
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Versicherungsmakler einen Vergütungsanspruch hat, der sich nach der Prämie aus dem Versicherungsvertrag berechnet. In diesem Falle muss der Versicherungsmakler seinen Kunden über diese Vereinbarung und die Gesamtsumme der Vergütung informieren. Gemäß Art. 16 Abs. 1 VerVM dürfen Versicherer und Versicherungsmakler die Grundzüge ihrer Zusammenarbeit in einem Rahmenvertrag regeln. Dort können sie den Umfang und die Grenzen der Vollmacht, die vom Versicherer eingeräumt wird, festlegen. Der Versicherungsmakler darf sich allerdings nicht dazu verpflichten, eine bestimmte Anzahl von Verträgen für den Versicherer zu vermitteln (Art. 16 Abs. 1 VerVM). Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass der Makler quasi die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters ausübt, also im Ergebnis nur ein Pseudomakler ist. In der Praxis ist zu beobachten, dass die Versicherungsmakler zunehmend vom Versicherer bevollmächtigt werden, die Prämien der Versicherungsnehmer einzuziehen (Maklerinkasso). Art. 16 Abs. 5 VerVM schreibt vor, dass die Weiterleitung der von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien an den Versicherer ausschließlich über gesonderte, für die Kunden eingerichtete Konten laufen dürfen. Diese Konten müssen getrennt vom sonstigen Vermögen des Versicherungsmaklers geführt werden. Ist der Makler vom Versicherer ausdrücklich zur Annahme von Prämien bevollmächtigt worden, so gilt in diesem Fall die an den Makler erfolgte Prämienzahlung als an den Versicherer erfolgt. 6.12 Das Verhältnis zwischen Versicherungsmakler und Versicherer nach deutschem Recht
Auch wenn der Versicherungsmakler in erster Linie Sachwalter und Interessenvertreter des Kunden ist und in seinem Lager steht, ist im deutschen Recht dennoch anerkannt, dass auch ihn gewisse Pflichten gegenüber dem Versicherer treffen. Ob man diese Interessenwahrnehmungspflichten131 des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherer, ähnlich wie bei einem Handelsmakler, aus dem Doppelrechtsverhältnis aus den §§ 93 ff. HGB132 oder aus § 241 Abs. 2 BGB, wonach in jedem Schuldverhältnis Nebenleistungspflichten bestehen133, herleitet, ist eher von dogmatischem Interesse, ändert aber nichts an der Feststellung, dass solche Pflichten bestehen. Regelmäßig kommt es in der Praxis zu Vereinbarungen zwischen den Versicherern und den Maklern, die von einer bloßen Regelung der Courtagehöhe bei dem eventuell zu vermittelndem Geschäft, bis hin zu detaillierten Rahmenabkommen reichen. Üblich ist, dass je nach Sparte den Maklern Inkassovollmacht erteilt wird.
131 Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 59 Rn. 43; Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 112; Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 370 f. 132 Vgl. hierzu etwa BGH in Anmerkung der Redaktion zu OLG Frankfurt/M. VersR 1995, 93; OLG Frankfurt VersR 1995, 92, 93; Langheid/Wandt/Reiff, a. a. O. (Fn. 24), § 59 Rn. 43; Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 373 m. w. N. 133
Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 112.
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Ebenso ist üblich, dass sog. Maklerklauseln vereinbart werden. Danach ist der Makler bevollmächtigt, Erklärungen, die der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer abzugeben hat, entgegenzunehmen. Ist die Erklärung zur Kenntnis des Maklers gelangt, gilt sie auch als dem Versicherer zugegangen, selbst wenn der Makler die Erklärung des Versicherungsnehmers nicht weitergeleitet hat.134 Rahmenabkommen im gewerblichen und industriellen sowie im Transportgeschäft räumen den Maklern weitreichende Rechte und Pflichten ein. Neben Inkassound Exkassovollmachten können die Makler dann auch Deckungsaufgaben bei den Versicherern mit eigenen Versicherungsbedingungen vornehmen und Policen ausstellen. Der bisher im Transport-, Gewerbe- und Industriegeschäft weit verbreiteten Praxis, auch die Schadenregulierung im Auftrag des Versicherers vorzunehmen, hat der BGH nun eine Absage erteilt. Dies sei ein Verstoß gegen § 4 RDG und führe im Übrigen zu Interessenkollisionen im Verhältnis zum Versicherungsnehmer.135 Die Aufgabe des Versicherers beschränkt sich bei solch weitreichenden Vollmachten an den Versicherungsmakler dann darauf, Risikoträger zu sein. Fast alle sonstigen Tätigkeiten des Versicherers – bis auf die Schadenregulierung – übernimmt dann der Versicherungsmakler. Für den Makler können dann allerdings auch außerhalb der nun vom BGH untersagten Schadenregulierung Interessenkonflikte entstehen. Ob es eine gesetzliche Verpflichtung des Versicherers zur Courtagezahlung an den Versicherungsmakler gibt, ist umstritten. Während teilweise in Abweichung von § 99 HGB eine gewohnheitsrechtliche Verpflichtung angenommen wird,136 geht der Bundesgerichtshof von einer „Übung des Privatversicherungsrechts“ aus.137 Regelmäßig achtet der Versicherungsmakler in der Praxis darauf, dass es zu einer Courtagevereinbarung mit dem Versicherer kommt, bevor er seine Vermittlungstätigkeit für diesen aufnimmt. Nur ausnahmsweise kommt es daher vor, dass ein Geschäft vermittelt wird und noch keine Courtage vereinbart wurde. Da der Versicherer allerdings weiß, dass der Makler nur gegen eine Courtage vermittelt, kann in solchen Fällen jedenfalls von einer konkludenten Courtagezusage ausgegangen werden.138
134
Vgl. hierzu auch Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 115 und Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, a. a. O. (Fn. 63), § 5 Rn. 385.
135 136
BGH VersR 2016, 1118, 1121. Zinnert, Recht und Praxis des Versicherungsmaklers, 3. Aufl. 2008, S. 285.
137
BGHZ 94, 356, 359; BGH VersR 2005, 550; BGH VersR 2009, 1495; BGH VersR 2014, 625; BGH NJW 2016, 3366, 3367.
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So auch Prölss/Martin/Dörner, a. a. O. (Fn. 54), § 59 Rn. 117.
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7 Schluss 7.1 Ausblick für das türkische Recht
Bei der Schaffung von Rahmenbedingungen zur Regulierung des Rechts der Versicherungsvermittlung bezieht der türkische Gesetzgeber regelmäßig auch die insoweit geltenden Regelungen der EU mit ein. Sowohl das Gesetz über das Versicherungswesen, als auch die Verordnung über Versicherungsvertreter und die Verordnung über Versicherungsmakler lassen dies erkennen. Mit allen diesen Regelungen wollte der türkische Gesetzgeber die wesentlichen Grundzüge der EU-Vermittlerrichtlinie 2002/92/EG (IMD 1) über die Versicherungsvermittlung ins türkische Recht übernehmen. Gegenwärtig sind kurzfristige wesentliche Änderungen des türkischen Gesetzgebers im Recht über die Versicherungsvermittlung nicht zu erwarten. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Umsetzung der IDD in den europäischen Mitgliedsstaaten vom türkischen Gesetzgeber aufmerksam beobachtet und deren Grundzüge nach und nach auch ins türkische Recht umgesetzt werden. 7.2 Ausblick für das deutsche Recht
Die Prognose, dass das Recht der Versicherungsvermittlung in den nächsten Jahren erheblichen Änderungen unterworfen sein wird, kann niemanden überraschen, der sich mit Fragen der Versicherungsvermittlung beschäftigt hat. Insbesondere die Umsetzung der IDD wird die Anforderungen sowohl an die Vermittlerschaft als auch die Versicherungsunternehmen, die diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu beachten haben, nochmals erweitern.139 Am 27.11.2016 ist ein Referentenentwurf des zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Umsetzung der Richtlinie über Versicherungsvertrieb (I DD) 140veröffentlicht worden. Die Direktversicherer und auch die fest angestellten im Vertrieb tätigen Mitarbeiter von Versicherungsunternehmen werden nun in die Regulierung einbezogen. Der bisherige Versicherungsberater wird durch den Honorar-Versicherungsberater ersetzt. Es wird eine Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung geschaffen, um detaillierte Vorgaben zur Fortbildung von Versicherungsvermittlern und zur Vermeidung von Interessenkollisionen machen zu können. Ein Verbot von Courtagezahlungen durch Versicherer an Versicherungsmakler sieht der Gesetzesentwurf nicht vor. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie sieht der Gesetzesentwurf – nunmehr auch richtlinienkonform – die Vermittlung von Versicherungsverträgen ohne vorherige Beratung als Alternativmodell zur Vermittlung mit umfassender Beratung vor. Interessant wird es sein, zu beobachten, wie sich das Verhältnis von provisionsund courtagegestützter Versicherungsvermittlung, also einer Vergütung, die vom Ver139
Zu den Anforderungen an die Umsetzung vergleiche Reiff, VersR 2016, 1533 ff.; Reiff, r+s 2016, 593 ff.; Teichler, VersR 2016, 1088 ff. 140 Referentenentwurf Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vom 20.11.2016, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (ABl. L 26 vom 02.02.2016, S. 19), a. a. O. (Fn. 115).
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E. Yazicioglu, P. Reusch
sicherer an den Vermittler zu zahlen ist, und einer ausschließlich vom Kunden als Folge einer Honorarvereinbarung an den Vermittler zu zahlenden Vergütung, entwickeln wird. Die Vorstellung allerdings, die Honorarberatung liege generell eher im Kundeninteresse und werde für eine bessere Beratung und für die Vermittlung von adäquateren Versicherungsprodukten beim Kunden sorgen, scheint aber eher fernliegend. Damit soll an dieser Stelle jedoch kein Verdikt gegen die Honorarberatung ausgesprochen werden. Im Gegenteil, alle Erfahrung zeigt, dass Konkurrenz das Geschäft belebt und letztlich dem Kunden nützt. Das gilt auch, wenn der Kunde zwischen verschiedenen Vertriebswegen und Vergütungsmodellen wählen kann.
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