(Aus der Internen Klinik der Universit~t Belgrad. - - Direktor: Prof. Dr. A. I. Ignatowslci.)
Die Klinik der sekund~iren Tuberkulose. Von A. I. I g n a t o w s k i und M. v. Leme~i6. Mit 2 Abbildungen im Text.
(Eingegangen am 6. April 1925.) Einleitung. Die A n s c h a u u n g Behrings, d a ~ die T u b e r k u l o s e eine in d e r K i n d h e i t beg i n n e n d e chronische I n f e k t i o n s k r a n k h e i $ darstell~, ist ein h e u t e a l l g e m e i n a n e r k a n n t e r L e h r s a t z . A u c h d e r Verglcich des Verlaufes d e r T u b c r k u l o s e m i t d c m d e r Lues f i n d e t i m m e r m e h r Anh~inger; die F r a n z o s e n n e n n e n d e n P r i m h r h e r d dirckt chancre d'inoculation. Daft dieser Primarherd einen spezifischen Prozefl in den lymphatischen Ganglien der Umgebung hervorruft, welcher Komplex als Pr~mdrkomplex bezeichnet wird, ist bekannt. Jene 1)eriode wahrend welcher sich aus dem Primiirhcrd dcr I)rim~rkomplex entwickelt, bezeichnet man als das primi~re Stadium der Tuberkulose, w~hrend das zweite sekund(~re oder Mimatogene Stadium, die Generalisation des Prozesses darstellt. Die Gencralisation besteht darin, dab die Infektionserregcr, yore Primarkomplex aus, neuerdings in den allgemeinen Kreislauf gelangen und eine neue Aussaat bewirken (pouss6e,," der Franzosen), welche in den vcrschiedensten klinischen Symptomenkomplexen und in den mannigfachsten klinischen Bildern zum Ausdruck gelangt. Bei d e r Skizzierung dicser B i l d e r b e d i e n t sich die N a t u r sozusagen n u r zweicr F a r b c n , n~mlich d e r schwarzen u n d d e r weiflen. ,,Schwarz" v c r s i n n b i l d l i c h t d a b e i die W i r k u n g der I n f e k t i o n , ,,wetlY' die d e r R e a k t i o n des O r g a n i s m u s auf die I n f e k t i o n , d e r Allergie, in i h r e n v e r s c h i e d e n s t e n F o r m e n . I m L a u f e ether g a n z e n R e i h e y o n J a h r e n schafft die K o m b i n a t i o n v o n L i c h t u n d S c h a t t e n eine gro~e B u n t h e i t d e r Details, abh:,ingig v o n v e r s c h i e d e n e n ~ul~eren u n d inncren Einfliissen. Z u m Schlul~ g e h t eine o d e r die a n d e r e F a r b e aus u n d es b l e i b t entw e d e r die wei~e bestehen, was g l e i c h b e d e u t e n d mi~ G e s u n d u n g ist, oder die schwarze, g l e i c h b e d e u t e n d m i t d c m t c r t i a r e n S t a d i u m d c r Tuberkulose, racist in F o r m d e r P h t h i s i s p u h n o n u m , die a n a l o g d e m t e r t i a r e n S t a d i u m d e r L u e s zu b e w e r t e n ist. Bei d e r g e n a u e r e n A b g r e n z u n g des s e k u n d ~ r e n S t a d i u m s lehnen wir u n s a n die D e f i n i t i o n Rankes a n : ,,Bet der sekund~tren Tuberkulose handelt es sich nicht mehr um lokale Ver'hnderungcn, sondern um eine schr ausgesproehene allgemeine Errkankung. Das wichtigste Kennzeichen sind die Spuren h~matogener Dissemination. Sic gehen ausnahmslos Hand in Hand mit toxischen Wirkungen, set es, da~ die Bacillen selbst erst im Organismus verarbeitet werden, oder was ja stets unvermeidlich ist, dal] aui]er den Bacillen auch toxische Substanzcn aus
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dem bestehenden Herde in die Zh'kulation geraten. In den leichtesten Formen setzt sich das Bild einer beginnenden chronischen generalisierten Tuberkulose aus einem nachweisbaren Primitrkomplex der sich diesmal mit einer entztindlichen periphocalen Zone umgibt und einer allgemeinen Erkrankung, die neben ganz allgemeinen Erscheinungen, wie Gewiehtsabnahme, St6rungen des Wohlbefindens, des Gcwebsturgors und dcr KSrpertemperatur, noch mehr oder weniger direkte Spuren der h~matogenen Aussaat erkennen l~Bt, zusammen. Als solche sind neben dem Neuauftreten dauernder h~matogener Herderkrankungen, vor allem die Tuberku]ide und die Phlykt~nen zu nennen." Bezfiglieh des tertigren Stadiums der Tuberkulose muB m a n sagen, dab ihr hervorstechendstes Merkmal im Bilde die Monotonie des Verlaufes und der Lokalisation bildet. I n diesem Stadium isoliert sich die Tuberkulose gewissermaBen im Lungengewebe, welches der tuberkul(isen Infektion offenbar die geringste l~esistenz im Organismu s bietet. Die zuerst entstehenden pneumonischen Herde liegen in wenig ver~ndertem, umgebendem Gewebe und die Ausbreitung des Prozesses geht fast ausschliel~lich per continuitatem, und zwur intrakanalicul~r, vor sich. Humorale Metastasen gibt es in der Regel nieht mehr; lokale region~,re Ganglione werden in den ProzeB ~ast gar nicht einbezogen; in der Umgebung gibt es fast keine entziindliche Reaktion, aber im tuberkul6sen Gewebe selbst bildet sich sehr rasch eine sekund~ire Infektion aus, welche im Verlaufe der Krankheit immer mehr in Erscheinung tritt und das Bild beeinflui3t. I n diesem Stadium bcsteht keine besonders starke Gewebsallergie, und eine relative Unempfindlichkeit, ,,Anergie", tritt immer mehr in den Vordergrund. Es versteht sich yon selbst, daft die allergische Tox5mie, die im sekund~ren Stadium sehr entwickelt war, gleichzeitig entsprechend abfiilR; nur der Herd selbst behalf seine Empfindlichkeit bei, weshalb sowohl eine massige Reinfektion als aueh Einbringen groBer Dosen Antigens, eine starke Herdreaktion hervorrufen k6nnen. Die Einteilung nach Stadien hat nicht nur theoretisches, sonderu auch praktisches Interesse, da sie auch fiir die Therapie yon grol3er Wichtigkeit ist. W~hrend bei der Therapie des prim~ren und sekundSren Stadiums der Tuberkulose, wie Hayelc sehr richtig hervorhebt, das immunbiologische Problem im Vordergrunde steht und der Sieg der Immuniti~t immer zur Heilung ffihrt, sind die Bedingungen im tertiaren Stadium dcr Tuberkulose bei weitcm nieht so giinstig. Tats~chlich sind bei dem mannigfaltigen Bride der sekundiiren Tuberkulose nur die ,,maliffnen Formen" ffir die Immunisierung wenig aussichtsreich, wogegen m a n bei leichten, selbst schweren Formen dureh Immunisierung immer positive Resultate erzielt, wenn nur eine entsprechend individuell angepal~te Behandlung einsetzt. Dagegen ftihrt die Immunisierung im dritten Stadium der Tuberkulose, bei Bestand eines ziemlich gro~en aktiven tuberkul6sen Herdes, mit wenig Ausnahmen k a u m je zu einem Effolg. Aus den bisherigen Ausfiihrungen ergibt sich yon selbst der Grund, w a r u m wit unsere besondere Aufmerksamkeit auf die Unterscheidung zwisehen sekundarem und terti~rem Stadium und weiter auf die Unterscheidung der einzelnen Formen des sekund~ren Stadiums richten miissen. Neben Ranlze hat sich um die Ausarbeitung der Idee der Unterscheidung einzelner Stadien insbesondere ,,Liebermeister" Verdienste erworben, der sich bei der Diagnose der sekund~ren Tuberkulose auf den positiven Tuberkelbacillen-
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befund im Blute stiitzt. Dieses diagnostische Symptom ist natiirlich von gr6Bter Bedeutung, aber praktisch genommen wird der Beweis wegen laboratoriums. teehnischer Schwierigkeit nicht yon j e d e m a n n erbracht werden kSnnen, und auBerdem ist auch zu bedenken, dab tuberkul(ise Bakteri~mie aueh bei Phthisis cavernosa gefunden werden kann. An dieser Stelle muB auch noch ,,Hollos" gedacht werden, der aus der groBen Gruppe sekund~rer Tuberkulosen die sogenannten ,,~uvenilen Tuber. lculose/ormen" abgesondert hat. Hierzu ist zu bemerken, dab in der Mehrzahl der l~lle die juvenilen Tuberkulose-Formen sich allerdings als sekund~re Tuberkulosen manifestieren, dab aber das juvenile Alter nieht alle Formen von sekund~rer generalisierter Tuberkulose umfaBt, weft dieses Stadium meist sehon in der Kindheit beginnt, also viel friiher als die juvenilen Formen Hollos, und dal3 das sekund~re Stadium nicht nut die gutartigen Formen umfaBt, die Hollo anfiihrt. Die meisten Autoren, so z . B . aueh Hayelc, sind der Ansicht, dal~ die Abgrenzung des sekund~ren Stadiums der Tuberkulose vom terti~ren groBe Schwierigkeiten bietet. Hayelr sagt wOrtlich: ,,Die Oberg~nge, namentlieh zwischen der generalisierten Tuberkulose und der isolierten Phthise sind so mannigfaltig und spielen sieh in so langen Zeitr~umen ab, dab hier in der Mehrzahl der F~lle eine scharfe praktische Trennung unmSglich wird." Dennoeh ist es auch nach der Ansieht HayeIcs notwendig, die einzelnen Stadien der Tuberkulose zu differenzieren, man mfisse nur alle Merkmale genauestens beriicksiehtigen, die fiir die Dffferenzierung der verschiedenen Stadien in Betracht k~men. Wit haben uns mit dieser Frage seit einigen Jahren beseh~ftigt und m0chten auf Grund unseres reichhaltigen und interessanten Materials einige Wegweiser zur leiehteren Orientierung auf diesem sehwierigen Terrain geben. Wit halten uns zur VerSffentliehung unserer Effahrungen um so mehr berechtigt, als unsere Beobaehtungen am Balkan gesammelt wurden, wo die vom Lande der Stadt zustrOmende BevSlkerung oft aus vollkommen tuberkulosefreien Gegenden stammend, den Primi~raffekt nicht, wie in Mitteleuropa, in friihester Jugend erwirbt, sondern erst im Jiinglings- oder sogar Mannesalter, und wo die h~matogene Aussaat oft ganz besonders augenf~llig ist, ein ~iul]erst buntes Bild liefert und bei der noeh nieht immunisierten BevOlkerung oft in sehwerer, ja selbst maligner Form verl~uft.
Einteilung der Formen der sekund~'ren Tuberkulose. J e vertrauter der Arzt mit der Klinik der Tuberkulose ist, um so komplizierter muB ihm die kli~fisehe Einteilung der verschiedenen Formen der Tuberkulose erscheinen, wie dies sowohl aus der Bardschen, als auch der neuesten Neumannschen Tuberkulose-Klassifikation h e r v o r g e h t . Obwohl diese komplizier~en Einteilungen natiirlich auch ihre groBen Vorziige haben, zu denen nieht zum geringsten schon der Umst~nd z~hlt, dab die Patienten jetzt viel detaillierter untersucht werden als friiher, so haben sie doch auch den Naehteil, da[~ leider jede allzu komplizierte Einteilung vom praktischen Arzt als unhandlich sozusagen a priori abgelehnt wird. Die an unserer Klinik eingefiihrte Klassffikation, die wir im folgenden fiir das sekund~re Stadium der Tuberkulose kurz mRteilen wollen, seheint uns ein
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KompromiB zwischen den Forderungen des praktischen Arztes und denen des modernen Phthisiologen zu sein. Wit teilen die Formen d e r sekund~ren Tuberkulose yon vornherein in drei Gruppenein : Tbc. sec. maligna, Tbc. secundaria gravis und Tbc. secundaria benigna. I. Die malignen ~Vormen der sekund~ren Tuberku]ose sind selten und vorwiegend die friiheste Kindheit betreffend. Beim Erwachsenen kommen sic nur bei Individuen vor, die aus tuberkulosefreien Gegenden stammen. Ihre klinischen F o r m e n sind: Tbc. miliaris, Pneumonia ca~eosa, Polyserositis Tbc. maligna. Beziiglieh der .Miliar-Tuber]culose ist heine weitere ErOrterung nOtig. B e i der Pneumonia caseosa gilt das sehon allgemein fiber die maHgnen Formen gesagte. W~hrend wir diesen Formen in Mitteleurop~ nur beim Kinde begegnenr .sehen wit sie in Jugoslavien hi~ufig beim Erwachsenen, so speziell bei den aus .Bosnien stammenden Soldaten, eine Erseheinung, die ja schon w~hrend des Weltkrieges zur Beobach~ung kam. Was die Polyserositis tbc. maligna anbe]angt, so ist ja l~ngst allen die besondere Affinit~t der serSsen ]-I~ute zur tuberkulSsen Infektion b e k a n n t . Perikarditis mit ihren folgenschweren Verwachsungen, Pleuritis duplex, gehen H a n d in Hand mit dem analogen Prozel3 im Abdomen, Peritonitis aut exudativa aut plastic~, wobei h~ufig die abdominellen Erseheintmgen pr~valieren. Die Polyserositis tuberkulosa ist eine sehr h~ufige Form der sekund~ren Tuberkulose am Balkan und verl~uft hier, wenn der ProzeI~ auch noeh so ausgedehnt ist, nicht immer maligne. Die Mortalit~t ist relativ gering. Nach einer Statistik des Beigrader MiIit~rspitals nur ca. 30% und wird a u e h dann nicht so sehr durch den serOsen Prozel~ an und fiir sich, als dutch eine hinzutretende Miliar~uberkulose oder Adynamia cordis, h~ufig dutch Concretio cordis bedingt, herbeigeffihrt. Bei den Patienten im jugendlichen Alter verl~uft der ProzeB h~ufig so, dab sie trotz langdauernder hoher Temperaturen nach 2--3 Monaten SpitalsaufenthaR fieberfrei und in relativem Wohlbefinden in die tteimat oder in klimatische Kuror~e entlassen werden kSnnen, Tabelle I. 5~ektionsprotolcoll, Statlsl{b i~ber Tbc.-FdUe. Sekundiixes Stadium
Terti~iresstadium
?
67%
7%
260/0 Pneumonie caseosa
-
41/~~ (rest,. 17~
Polyserositis
Meningitis Tbc
Miliar Tbc
61/2% (resp. 25%) 6~ (resp. 25%) 90/0 (resp. 330/o)
II. Die schweren Formen der sekunddren Tuberlculose (Tbc. secundaria gravis) sind durch fo]gende Umstande charakterisiert: 1. Dutch die Art des Verlau/es, den der durch die Dissemination hervorgerufene ProzeB nimmt. Es sind dies Kranke, die durch ihren Zustand zu langedauerndem Spitalaufenthalt gezwungen sind, wie z . B . bei der tuberkulSsen Sepsis des Kindesalters (Typhobaefllose Landouzy). 2. ])urch die besondere Lolcalisation des Prozesses, die das Zustandsbild des Patienten zu einem schweren stempelt, wie z. B. Tbc. peritonei oder coxitis.
Die" Klinik de~'-sekundttren Tuberkulose.
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3. D u r c h die Neigung des an und fiir sich gutartigen Prozesses zu schweren Komplikationen, z. B; Caries costae mit Pleuraempyem usw. Diese schweren Formen der Tuberkulose betreffen meist Kinder im Alter yon 4 - - 1 4 Jahren, also ein Alter, we der Abwehrapparat schon in Aktion tritt und we die Predisposition des Organismus ftir die Infektion (Terrain tuberculisable) bereits geringer ist. Die schwersten Formen finder man meist zur Zeit der Pubertitt. Z u erw~hnen ist noch, dab sich beim gleiehen Individuum oft mehrere Formen der sekundiiren Tuberkulose abl6sen. Die Tbc. gravis mul~ in zwei Untergruppen geteilt werden: a) eine solche mit larvierter Lokalisation; b) eine solche mit bestimmter Lokalisation. a) Die erste Form verl~tuft oft unter dem Bilde einer akuter~ Sepsis mit benignem Verlauf. Die Franzosen sprechen in diesem Falle yon septicaemie tuberculeuse, Neumann von Septico-Tuberculose. Die sogenannte pseudotyph6se .Form, bei der pathologiseh-anatomisch, yon einigen verstreuten, auch bei der Sektion sehwer auffindbaren tuberkulSsen Follikeln abgesehen, nut eine Hyper~mie a]ler Organe vorherrscht, entwickelt sich bei Kindern im Beginn des sekund~ren Stadiums und wird dann als Typhobacillose .Landouzy bezeichnet. Zur Zeit der Pubertiit kann sich diese Form erneuern, geht bier aber meist nach einigen Monaten in eine Lungenphthise fiber. Andere Fglle verlaufen under dem Bilde der pseudomalarlschen Form der sekund~ren Tuberkulose. Diese F~lle gehen meist schon im Beginn mit st~rken Temperaturremissionen und SchweiBausbriiehen einher. Die Temperaturkurve gleieht der einer Malaria quotidiana, nur ist differentialdiagnostisch wichtig, dab die Temperatur auch zur Zeit des Abfalles subfebril bleibt. Da auch die Milz bei diesen Formen vergr6gert ist, so vermag in 0rten, we die Malaria endemiseh ist, leider oft wader die Abwesenheit yon Plasmodien im Blute, noch die Unwirksamkeit einer Chinintherapie die Fehldiagnose des behandelnden Arztes zu erschiittern. Bei dieser pseudomalarischen Form zeigt der RSntgenbefund meist Ver~nderungen im Lungengewebe, die eher dem tergigren als dem sekund~tren Stadium der Tuberkulose entspreehen, und wit mfissen diese Form daher als Ubergangsstadium zwlschen sekund~rem und tertiarem Stadium der Tuberkulose auffassenl). x) Als.Beispiel hierfiir einen Fell, der Ms PseudomMaria begann und heute das Bild einer ausgesprochenen Polyserositis maligna bietet. I)ieser Fall ist aul]erdem interessant dureh eine ihn begleitende Nephrose. Beobachtung 1 : ]3. K., 18 Jahre alt, Gewerbesehtilerin. Familienanamnese und friihere Anamnese o. ]3. Pat. erkrankte zum crsten 3lMe im Sommer 1924 an t~glichen FieberanfMlen vom Typ einer l~Ialaria quotidiana dureh 14 Tage. Anfang Dezember 1924 wiederholten sich diese Fieberattacken, die natiirlieh als /~Ialaria gedeutet wurden. Da stellte sieh Mitre Dezember Ascites ein, und die Temperatur hielt sich kontinuierlieh hoeh. Pat. hatte nie Schmerzen, ftihlt sieh abet durch die mehrmals tiiglich eriolgenden Sehweil3ausbriiehe sehr sehwaeh. Status praesens bei der Aufnahme am 3. I. 1925: Gesicht sehr blaB, leiehtes 0dam der Lider, rotes ttaar, Epheliden (Type blond Veneeien), ttypertrychosis, Struma gr. levis, keine Drtisen am Halse, kleine suceulente Drtisen im Suleus bieipitalis. Leiehte SehMlverktirzung beider Spitzen, besonders finks, we Respiration saecad~e besteht, ohne Rasselgerhusehe. Lungenrand hochstehend, schwaeh beweglieh. Abdomen vorgew61bt, iiberM1 druekempfindlieh. Abgesackter linksseitiger Ergug. Milz etwas vergr6Bert, hart. Im Itarn Albumen stark positiv Esbach 4 Proz. Sediment: zahl-
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b) Bei den Formen mit bestimmter Lobalisation unterscheiden wir: 1. Die l~eribronchiale tuberkul~se Ganglionitis (Gang lionis tbe. peribronchialis). Sie ist eine der hiiufigsten Formen, welche sich aus dem aktiven primiiren Komplex im Alter yon 2 - - 4 J a h r e n entwiekelt. Sic zeigt eine Reihe von klinischen Symptomen, wie z . B . die Spinalgie v . Petru~ki, Kr~imersche D~mpfung, voi souffl~e de Voillez, Tous en echo de Mussit, Signe de Smith, S y m p t o m e d'Epine und andere. I m weiteren Verlaufe fiihrt diese F o r m bei geniigender Virulenz des Prozesses (nach Neumann sogenannte 19roli]erierende Bronchialdri~sentuber]culose) oft zu ausgedehnten Prozessen per continuitatem und es entwickelt sich in den Lungen eine ziemlich schwere F o r m der Hilus tbc. 2. Die Polyserositis mitior ist eine Form, die viel leichter als die Polyserositis maligna verl~uft. Wenn der ProzeI~ aueh Pleura und Peritoneum einnimmt, so doch meist nieh~ beide gleichzeitig, oder es verlauft einer dieser Prozesse in leiehter Form. Die Polyserositis mitior entwiekel~ sich meist im Alter yon 12 bis 16 Jahren. 3. Die Lungen/or~nen der sekund~ren Tuberkulose, zu denen vorwiegend jene Formen gehbren, die Hollo als juvenile F o r m e n der Tuberkulose bezeichnet. Abhangig vom Weg der Dissemination, teilt sich diese F o r m in 2 Untergruppen, in die bronehopulmonale und in die pleuropulmonale Form. a) Die broncho-pulmonale F o r m entwickelt sieh entweder als Tuberculosis /ibrosa densa (Bard) odor in F o r m der Hilus tbc. Bei beiden Formen nlmm~ der Proze/] beide Lungenflfigel ein, aber im ersten Falle ist die Aussaat auf die hinteren oberen Par~ien beschr~.nk~, wi~hrend die Dissemination im zweiten Falle diffuser ist und sich im RSntgenbild in der bekannten Sehmetterlingsform manifestiert. Zur Charakteristik dieser F o r m e n gehSrt, dab sic keine besonders ausgiebigen H~moptoen geben, nieht zu C a v e m e n ffihren, da~ ihnen h~ufig Skrophulose vorangeht und sic h~ufig yon Knochentuberkulose begleitet werden. Nach Neumann ist ein weiteres eharakteristisches Merkmal dieser F o r m die derbe, vergrbBerte Milz. Hier muB jedoch ausdrficklieh betont werden, dafi die Hilustuberkulose nicht immer einen so gutartigen Verlauf nimmt, sondern m i t u n t e r den Ubergang zu den malignen Formen der sekund~ren Tuberkulose bildet. Diese interpulmonalen, v o m Hflus ausgehenden Prozesse wurden schon yon Weigert beschrieben und zeigen ein charakteristisches R0ntgenbild (vorwiegend einseltige dreieckige, auf dem Mittelschatten basierende, fleckig streifige Schat~ierungen bei freien Spitzenfeldern). Wir mochten als einschl~gigen Fall das Rbntgenbild eines Kalmiieken bringen, nebst seiner kurzgefa~ten Krankengeschichte. reiche hyaline, granulierte und epiteliale Zylinder, lqierenepithelien und m~Big viel Leukocyten. Keinc Ery~hrocyten. Diazo negativ. Malariaplasmodien negativ. - - Die Albumenmenge verringerte sich in einigcn Tagen auf 2 Proz., war nach 14 Tagen nur mchr 1/2 Prom. und im Sediment fanden sich nur mehr einzelne hyaline Zylinder. Nach weRercn 14 Tagen war der Urin albumenfrei und ohne Nierenelemente. Unterdessen hatte die Pat. der Reihe nach eine Perikardi~is sicca, eine Pleuritis ex. lat. sin., Pleuritis cxs. lat. dcxt. und eine Tbc. pulmonum miliaris partlalis bolder Spitzen; ist his heute, Mitre M~rz, noch dauernd hoch febril, wobei die Temperatur auch jetzb noch intermittierend ist und viol ~anlichkeit mit ciner malarischcn Temperaturkurve zeigt. Bei jedem neuen Schub ein Aufflammen der Nephrose. Die Prognose ist infaust.
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Beobachtung 2: B.P., 31 Jahre alt, Familienanamnese o.B. Friiher au0er Typhus und )Ialaxia immer gesund. Seit 3 Monaten qu~lender Husten und Schmerzen im Brustkorb. Status praesens 7. III. 1925: Polymikroganglionitis (Driisen succulent), Kr~mersche Di~mpfung bciderseits, spczicll rechts wo Bronchialatmen und komm. Rasselgeri~usche vorhanden sind. Das RSntgenbild spricht ffir sich selbst. Es handelt sich jedenfalls um eine Spi~tinfektion mit kase6sem, rasch zur Einschmelzung ftihrendem ProzeI3, wie wir ihn hhnlich im friihen Kindesalter finden. b) Die pleuro-pulmonale Form entwiekelt sich durch eine FollikeIaussaat in den Lungen, nahe der Oberfliiche, so dal3 der Proze6 Pulmo und Pleura gleichzeitig umfal~t. Die Pleuritis, die von einigen Autoren als Pleuritis corticalis bezeichnet wird, ist meist mit nur sp~irlicher Exudation verbunden, ja es herrschcn sogar oft nur die Erscheimmgen einer Pleuritis sicca vor. Diese Pleuritis crneuert sieh oft und fiih~ zu ausgedehnten Verwachsungen. I m weiteren Verlaufe fiihren die pulmonalen Formen der sekund~ren Tubcrkulose zur Entwicklung der/ibr6sen Phthisis, wobei die physikalisehen Erscheinungen der Tubcrkulose meist durch das kompensatorisch auftretende Emphysem verdeckt werden.
4. Die au/3erpulmonalen schweren Formen der sekund~iren Tuber]~ulose. Zu diesen gehSren: a) die Tbe. peritonei (exsudativa, fibrosa aut plastica); b) die Tuberkulose des Darmes; c) die GeIenks- und Knoehentuberkulose (Spondylitis, Coxitis, Caries costae). Die leichten Formen der selcunddren Tuberkulose. Sie umfassen die Gruppe der ambulanten Patienten. Suchen diese Patienten das Spiral auf, so geschieht dies nur, um ungesunden, den Kraukheitsverlauf ungiinstig beeinflussenden hhuslichen Verhi~ltnissen zu entgehen, oder um eine Liegekur durchzuffihren. Ihrer Pathogenese nach sind die ]eichten Formen genau so wie die sehweren durch Reinfektion bedingt, und zwar vorwiegend durch endogene, meist in Form yon Bildung miliarer Follikel, die im Organismus Ver~nderungen ganz ~ihnlichen Charakters hervorrufen wie die schweren'Falle, nur mit dem Unterschicde, dai] diese Ver~nderungen weniger ausgebildet sind. Diese benigne Dissemination, nach Neumann ,,blande Aussaat" benannt, kann sieh im Verlaufe der sekund~iren Tuberkulose mehrmals erneuern, und zwar oft in Intervallen yon mehreren Jahren. Wichtig ist, da[t auch F~lle, die im Anfang in schwerer Form erseheinen, bei erneut auftretender Dissemination allm~hlieh in leichtere Formen fibergehen k(innen, was wahrscheinlich in der sieh allmiihlich entwickelnden Imraunit~t des Organismus seine Ursache hat. Selbstverstiindlich ist auch der umgekehr~e Vorgang nicht ausgesehlossen, dal~ n~mlieh aueh ieichte Formen in schwere, ja selbst tSdlich verlaufende iibergehen, wie z. B. bei einer Aussaa~ auf den Meningen oder (Jbergang des Prozesses in eine schwere Form tertiarer Tuberkulose. Eine solche ungfinstige Involution des Prozesses erfolgt allerdings meist nur nach intermittierenden Erkrankungen, wie Grippe, Keuchhusben, Masern, odcr nach besonderer k0rperlicher ~beranstrengung, wie wir dies oft im Kriege gesehen
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haben, in welehen F/illen die Abwehrf/~higkeit des Organismus eine sehr verminderte ist. Einen Oberbliek fiber diese Formen werden wir am besten gewinnen, wenn wir ihre Entwieklung ehronologiseh verfolgen, i. e. mit der Periode der frfihesten Kindheit beginnen. 1. Die Denutritio tbc. primitiva oder kindliehe tuberkul6se Inanition entwiekelt sieh meist im Sguglingsalter (6. bis 12. Monat), kann sieh aber aueh im
A b b . 1 zu B e o b a e h t u n g
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sehulpflichtigen Alter erneuern oder selbst erst entwiekeln. Die wiehtigsten Merkmale dieses Stadiums sind: Abmagerung, Appetitlosigkeit, Dyspepsie. 2. Die Skro/ulose, welche ja neuestens als kindliehe Tuberkulose bei gleichzeitigem Bestand einer exsudativen Diathese nach Czerny, aufgefaBt wird. 3. Die habituelle Hyperpyrexie (Moro), identisch mit dem Status subfebrilis und der konstitutionellen Subfebrilitas (Hollo), bezeichnet langdauernde Fieberzustitnde, die bei Kindern im schulpflichtigen Alter oder zur Zeit der Pubert~it, hgufiger bei Mi~dehen als bei Knaben, vorkommen. Die Temperatur sehwankt meist zwisehen 37,2 und 37,6, isg sehr wechselnd und bevorzugt die Wintermonate. Ihre Ursache liegt wohl mehr in funktionellen als in anatomischen Vergnderungen des Organismus und wird wahrscheinlieh dureh Erregung des Temperaturzentrums dutch tuberkul6se Toxine veranlaBt.
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4. Die Tuberculosis miliaris partialis benigna ist sehr mannigfaltig in ihrer Form. Es geh6ren ihr alle leichten Formen mit umschriebener Follikelaussaat an. Die miliaren Herde fallen abet in kfirzester Zeit einer regressiven fibrSsen Degeneration anheim und werden eventuell sogar ganz resorbiert. Die PrKdilektionsstellen dieser umschriebenen Infektionen sind Lunge und Pleura. Falls eine deutllche Lokalisation nicht zutage tritt und nur Fieberreaktion vorherrseht, so sprechen wir yon Tbe. miliaris discreta oder ,,granulie discrete".
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Abb. l a.
Erkl/irung z u m R 6 n t g e n b i l d Abb. 1. a) freie Spitzen. b) v o m Hilus a u s g e h e n d e r Prozefl. c) K a v e r n e .
Die Plastik des klinischen Bildes hangt nicht so sehr v o n d e r G r ~ e des Herdes selbst, als von der In~ensitiit der kolateralen Exsudation ab. Die einzelnen Formen sind : a) Die Tuberculosis miliaris pulmonum partialis, der wir am hau/igsten in Form einer bilateralen apikalen Aussaat begegnen. Bei mehrmaliger Wiederholung solcher Schiibe kann sieh eine Tbc. fibrosa densa im Sinne Bards ausbilden. b) Pleuritides repetantes et larvates, die meist in Form von trockenen Pleuritiden sich auch mit Vorliebe apical lokalisieren und als sogenannte ,,Spitzenpleuritis" bezeichnet werden, zu deren Diagnose die Symptome von Tar I) und Koranyi ~) besonders wertvoll sind. Sind sie an anderer Stelle lokalisiert, so 1) Dtsch. reed. Wochenschr. 1917, Nr. 51. 2) Dtsch. reed. Wochenschr. 1908, Nr. 7.
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A. L Ignafowski und M.: v, Leme~id:
kOnnen sie d u r c h V o r ~ u s c h d n g a n d e r e r E r k r a n k u n g e n b e s o n d e r e s Interesse erregen. So k a n n z. B. eine n a h e dem Perikard: gelegener H e r d eine E r k r a n k u n g des Herzens, eine d i a p h r a g m a l e P l e u r i t i s e i n U l c u s v e n t r i c u l i oder duodemi, odor eine Cholecystitis simulieren. c) Cephalffia meningealis benigna (Frischl), w o b e i e s sich u m eine gutartige D i s s e m i n a t i o n h a n d e l t , die i h r e n klinischen A u s d r u c k i n s t a r k e n K o p f s c h m e r z e n o d e r Sehmerzen i n der Wirbels~ule finder, w o b e i es a b e r n u r seRen zu wirklichen meningealen Erseheinungen komm~). 4. Disseminationes in abdomine, m e i s t Apendicitis oder Ulcus v e n t r i c u l i oder d u o d e n ! simulierenda): A n dieser Stelle sei a u c h der A b d o m i n a l - T r i a s y o n Zweig E r w i i h n u n g getan, die b e k a n n t l i e h s y n c h r o n eine Pseudoappendieitis, Pseudocholecystitis u n d P s e u d o - U l c u s v e n t r i c u l i umfaBt4). 1) Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. 49. 1921. 2) Einen diesbezfigichen Fall wollen wir bier kurz skizzieren, der besonders dadurch, interessant ist, dab er 2 Monate spi~ter noch ein zweites ]Vialund zwar mit pseudomalarisehem Symptomenkomplex zur Beobaehtung kam. Beobachtung 3: Es handelte sich um einen 16jhbrigen Bauernjungen, dessen Mutter wahrscheinlich an Tbe. starb und der selbst bis zum Herbst 1924 gesund war, we er nach Belgrad in die Lehre kam. Im November 1924 kam er, naehdem er sieh vorher schon einige Zeit nieht wohlgeftihlt hatte, mit Temperaturen, die im Laufe yon einigen Tagen von 37 auf 39 ~ anstiegen an unsere Klinik. Hier entwickelte sich gleich in den ersten Tagen der Symptomenkomplex einer Meningitis. Kopfschmerzen, Bewufltseinstriibung,Nackensteifigkeit, Erbrechen, Lichtscheu, positiver Kerning. Die Milz war vergr61]ert. Die Lumbalpunktion ergab einen vollkommen normalen Liquorbefund. Die meningealen Symptome klangen im Laufe yon ca. 8 Tagen allmahlich ab, und der Junge wurde auf Ansuehen der Eltern Anfang Januar 1925 noch subfebril in hkiusliche Pflege entlassen, we er sieh angeblich sehr rasch erholte. Anfang Februar wieder in die Lehre nach Belgrad zuriickgekehrt, fiihlte er sich sofort wieder krank und kam mit der Temperatur yon 40,2 ~ wieder in die Klinik. Hier wurde aufler Meningismus-Kopfschmerzen, Breehreiz, Lichtscheu und Spur yon Nackensteifgkeit und positivem Kerning - - objektiv nichts gefunden. Temperaturkurve vom Typ einer Malaria quotidiana. Plasmodien 0, Chinin ohne Wirkung. Von einer Lumbalpunktion wurde absichtlieh Abstand genommen. Nach 14 Tagen allmi~hlicher Abfall der Temperatur, die heute Anfang M~rz noch subfebril ist. iV[an mu[~ bei diesen Jungen jedenfalls noeh auf weitere tbc. Schfibe gefaB$ sein. 2) Zur Illustration die Krankengeschichte eines jungen M~dchens, bei dem der weitere Verlauf mit Sicherheit auf die tuberkul(~se Natur des abdominellen Prozesses hinweist. Beobachtung 4: M. P., 20 Jahrc alt, Private. Familienanamnese o~ B.- Pat. hatte als Kind ,,Malaria" war sonst immer gesund, bis vor 3 Jahren, we sie a n einer Pleuritis lat. sin. erkrankte. Seither war sie immer kr~tnklich. Im Friihjahr 1924 bekam sie Sehmerzen in der Magengegend und h~,ufiges Erbrechen. Der behandelnde Arzt stellte die Diagnose: Hysterie. Da die Sehmerzen und das Erbrechen zunahmen und die Pat. immer mehr herunterkam, wurde sie in ein Krankenhaus gebracht, und nachdem der R(intgenbefund periduodenale Verwachsungen ergeben hatte, am 15. V. 1925 operiert. (L6sung yon Adh~sionen.) Ilir Zustand besserte sich nach der Operation. Sie nahm 12 kg zu, bis sie im tterbst 1924 an einer Pleuritis exsudativa erkrankte, mit Temperaturen bis 39,5 ~ ~m Dezember 1924 ~n unsere K,inik gebraeht; wai" sic dauernd febril um 38 ~ hatte genau die gleichen Sehmerzen wie friiher, mit h~ufigem Erbreehen und wies in der Lunge einen vom Hilus ausgehenden aktiven ProzeB auf. Sie wurde in Sanatoriumspflege abgegeben. 4) Als Beispiel folgenden Fall. Beobachtung 5: A.P., 30 Jahre alt, Arbeiterin. Ein Bruder an Tuberkulose gestorben. Sonst Familienanamnese o.B. Pat. hat~,e mit 13 Jahren Lymphome mit Fistelbildungen, war sonst bis vor 2Jahren gesund. Seither h~ufig kr~nklich, vorwiegend in u mit Magenbeschwerden. Seit 1 Monate starke Magenschmerzen, unabh~ngig yon Nahrungsaufnahme, die sich immer gegen Abend verst~rken. Seit 10 Tagen t~glieh Erbrechen. Pat. wird veto Krankenkassenarzt zweeks genauerer Magenuntersuehung
D i e Klinik der sekunditren Tuberkulose.
477
Die klinischen Formen der allergischen Toxdmie. B e v o r d e r O r g a n i s m u s eine gewisse t t 6 h e d e r I m m u n i t i ~ t e r ] a n g t h a t , r u f t d a s Z u s a m m e n t r e f f e n y o n I n f e k t i o n u n d Abwehrkri~ften V e r ~ n d e r u n g e n in d e n F u n k t i o n e n des O r g a n i s m u s hervor, die so s t a r k sein k 6 n n e n , dai~ m a n v o n einer spezifischen allergischen I n t o x i k a t i o n s p r e c h e n muir. I m R a h m e n dieser allergischen T o x ~ m i e lassen sich sogar einige klinische F o r m e n a b s o n d e r n . 1. Die asthenischen Zus~nde (Asthenischer S y m p t o m e n k o m p l e x , Liebermeister). B e s t c h t ein gewisser G r a d einer m e i s t a n g e b o r c n e n L a b i l i t i i t des N e r v e n s y s t e m s , so i s t d a s T e r r a i n zur I n k r a f t s e t z u n g d e r allergischen T o x ~ m i e vorb e r e i t e t u n d es enSwickelt sich ein n e u r a s t h e n i s c h e s Zus~andsbild, welches sich, d e m Gesetze des locus minoris r e s i s t e n t i a e e n t s p r c c h e n d , in F u n k t i o n s v e r ~ n d e r u n g e n e n t w e d e r v o n seiten des H e r z e n s oder v o n seiten der V e r d a u u n g s organe, o d e r in p s y c h i s c h e n V e r ~ n d e r u n g e n : a u s d r i i c k t . 2. Toxgmische tuberkul6se Arthritis (Poncet). Sie f i n d e r i h r e n A u s d r u c k in arthr~tischen u n d gleichzeitig m e i s t n e u r a l g i s e h e n S c h m e r z e n d e r E x t r e m i t ~ t e n , w o b e i v o r w i e g e n d die k l e i n e n Gelenke b e t r o f f e n w e r d e n l ) . der Klinik tiberwiesen. Status praesens 11. II. 1925: Grazil, ani~misch, Hypertrichosis, Fistelnarbe an der rechten Clavicula, Thyreoidea vergr613ert; Halsdriisen hart, m~flig groB. Keine cubitalen Drtisen. Pulmo.: reehte Spitze leichte Schallverkiirzung, keine Rasselger~usehe, Koranyl positiv, Tar. negativ. Am reehten und linken Hilus, bis zum Ang. scap. Bronchialatmen mit feuchten kleinblasigen Rasselger~uschen. Optimum am Ang. seap. Abdomen-Schmerzpunkte: Appendix, Vcsiea fellae und kleine Kurvatur des l~Iagens (Abdominaltriaszweig). Sputum: Tbc.-Bacillen 0; l~Iantoux 1 : 1 0 000 stark positiv; Stichreaktion positiv, Temperatursteigerung 0,5~ keine Herdreaktion; Sedimentation beschleunigt. RSntgen: Caleifizierter P~m~raffekt an der rechten Spitze, fibr6ser bilateraler HilusprozeB. Magenbefund chemisch und r6ntgenologisch normal. ~) Da die ehronischen Arthritiden Poncet immerhin nicht sehr h~ufig sind, wollen wit hier kurz 2 F~lle aus unserer Klinik anfiihren, Beobachtung 6: Z.N., 28 Jahre alt, Kaufmannsgattin. Famflienanamnese o.B. Als Kind Lymphomatacolli mit Fistelbildung. Sp~ter immer gesund. Pat. leidet seit 15 Monaten an intermittierenden, sehr schmerzhaften, mit leichten Temperatursteigerungen verbundenen Gelenksschwellungen, die zuerst die Interphalangialgelenke, dann Hand- und FuBwurzelgelenke; sp~ter aueh das reehte Kniegelenk befielen. Pat. stand fortgesetzt in ~rztlicher Behandiung, die vorwiegend in Salicylund Athophanpr~paraten, diatetischen und balneologischen Maflnahmen bestanden, ohne die geringste Bcsserung. Die junge Frau, Mutter mehrerer Kinder, war aueh flit jede Hausarbeit unf~hig, hatte an Gewicht stark abgenommen und klagte aul3er fiber Sehmerzen, fiber starke Schweil~e. Status praesens Ende September 1924: Pigmcntationen im Gesicht und am Riicken, Polymikroganglionitis universalis, die Drfisen succulent, am Halse einige Fistelnarben. Die Interphalangialgelenke beider Hi~nde, speziell links, geschwellt und schmerzhaft, ebenso das linke Hand- und rechte Ful~gelenk. Die Handmuskulatur etwas atrophisch, Temperatur 36,7 ~ Schallvcrktirzung beider Spitzen, ohne Rasselgergusche. R6ntgenologisch Verschattung beider Spitzen, Hiluszeichnung beiderseits verstarkt, das reehte Diaphragma festoniert. - - WaR. negativ, Acid. uricum im Blur 21/2%/mg; Sedimendation (Fahrdus-Westergreen)= 40; Mantoux 1 : 1 0 0 0 0 sehr stark positiv; Stich: R6tung und Infiltration sehr ausgesproehcn, Temperatursteigerung um 1 ~ Es wurde eine M.-Tb-R-Kur eingeleitet. Pat. reagierte im Beginn schon auf die kleinsten Dosen mit Temperatursteigerung, so dab die Behandlung sehr vorsiehtig durehgeffihrt werden muff. Sie ist jetzt nach 5 monatiger spezifischer Kur wieder arbeitsfiihig und fast beschwerdefrei. - Beobaehtung 7: I.Z., 23 Jahre alt, Familienanamnese o. B.; als Kind skroful6se Driisen am Halse und in der rechten Fossa supraclavicularis. Sonst gesund. Seit 1 Jahr krhnklich. Im Beginn Schmerzen und Sehwellungen der Interphalangialgelenke und speziell des linken Handgelenks, die 7 Monate dauerten. Vor 5 ~Ionaten Beginn eines Lupus vulgaris, proximal
Pneumonie caseosa
I
.
Tbc mfliaris
I
r"
I
Septicaemie Tbc
broncho pulmonale
I
Peritonitis Tbc
pleuro pulmonale
LungenFormen
mit Lokalistion
I I
Tbc gravis
Po]iseros. mitior
Ganglionitis Tbc peri bronch.
ohne Lokalisation
Polyserositis maligna
Tbc maligna
I
Tabelle 2.
Sekundlires Stadium der Tbe.
I
Knochenu. GelenkTbc
I
i
Denutritio Tbcprim.
Tbc miliaris Pleurit. pulmon, part. repet.
Tbcldes Darmes
Tbo mi]iaris part. benigna
mit Lokalisation
Appendicitis Peritonitis partialis
I
Ceph!lgia Dissiminationes mening, ben. in abdomine
Seroi)hulosis
H!erpyrexia
ohne Lokalisation
I I
Tbc levis
oW
m
*.
~.
Die Klinik der sekundaren Tuberkulose.
479
3. Ver~inderungen in der lVunktion der Organe /i~r innere Se~etion. a) Hyperplasie und Hypeffunktion der Glandula thyreoidea (Pseudo-Basedowsche Krankheit). Dieser Thyreoidismus versehwindet, sobald die Tuberkulose in das tertii~re Stadium fibergeht. b) Pseudoehlorosis tuberculosa. c) Menstruelle St6rungen. 4. Status subfebrilis oder habituelle Hyperpyrexie (Moro) yon der schon oben die l~ede war.
Die Diagnose des selcundgren Stadiums der Tuberlculose. Die Mannigfaltigkeit der Formen der sekundi~ren Tuberkulose, ihre ~hnlichkeit mit einigen Formen des terti~ren Stadiums und die Gefahr der Verwechslung mit anderen Erkrankungen nStigen uns, alles in Betracht zu ziehen, was zur Differentialdiagnose verwertbar erseheint. Hier sind vor allem zu berfieksiehtigen: I. Der Weg der Ausbrei~ungen. II. Die allergisehe Tuberkulinreaktion. III. Die ,,Petits signes". I. Der Weg der Ausbreitung der tuberlculSsen In]elction. Durch die Definition Rankes, dab das sekund~re Stadium der Tuberkulose die Generalisation des tuberkulSsen Prozesses darstellt, wurde der Infektion der Stempel humoraler Ausbreitung aufgedrfick$. Dieser Weg darf aber, wenigstens nach unserer Meinung, nicht als der ,,einzige" angesehen werden, denn die Infektion in diesem Stadium nimmt, sondern auch hier erfolgt, ebenso wie im terti~ren Stadium, die Ausbreitung des Prozesses vorerst per continuitatem, welcher Umstand in ganz besonderer Weise die Differentialdiagnose zwisehen dem sekund~ren und terti~ren Stadium der Tuberkulose erschwert. Wir miissen also auch im sekundi~ren Stadium der Tuberkulose drei Wege der Ausbreitung des Prozesses beriicksieh~igen. 1. Die InfeIction Ter continuitatem. Vom aktiven Prim~rkomplex geht der Proze• entweder auf die benachbarten Ganglien oder auf die Lunge selbs~, auf die Pleura, Bronchien oder die Gefal~e fiber und ruff hier natiirlich spezifische Ver~nderungen hervor. Diese Art der Ausbreitung ist besonders zu jenem Zeitpunkt gef~thrlieh, wo die Allergie, wie z. B. in der friihen Kindheit, noeh ungenfigend entwickelt ist, da sich in diesem Falle leicht die schweren Formen der sekundi4ren Tuberkutose ausbilden. So ffihrt, um einige Beispiele ftir die friihe Jugendzeit anzufiihren, die Dissemination via Bronchien oder Zweigen der Arteria pulmonalis, zum Bride der malignen caseosen Pneumonie, der unmittelbare Ubertritt der Infektion auf die Lunge zu den schweren Formen der vom linken Handgelenke. Status pr~esens Antang Februar 1924: Status hypoplasticus, Hypertrichosis, lange Cilien, Thyreoidea vergrS~ert, Polymikroganglionitis, Fistelnarbe am Halse, Lupus vulgaris am linken Unterarm. Die Gelenke sind derzeit nicht mehr geschwolIen, aber noch schmerzhait. Mantoux 1 : 10 000 stark positiv, S. ----40; Stich: lokal positiv; Blu~druck 120--70ram; R5ntgen: Beide Spitzen, besonders die rechte, verschleiert. Vom Hilus ausgehender fibrSser Prozei]. Beitr~ge zur Klinik der Tuberkulose. Bd.61,
32
480
A.I. Ignatowski und M. v. Leme~i6 :
ttilustuberkulose und der Ubergang der Infektion auf die peribronchialen Ganglien zu ausgedehnter peribronchialer Ganglionitis. 2. Die In/ektion au] dem Lymphwege. Sobald die Bacillen durch die Lymphgef~l~e in den Ductus thoraeicus gelangt sind, ist der Infektion der Weg in die V. cava, das rechte Herz und die A. pulmonalis e r S f f n e t . Meist kommt es auf diesem Wege zu einer Infektion beider Lungenfliigel, die a b e r in der Mehrzahl der F~lle eine gutartige Form annimm~, was leicht verst~ndlich ist, wenn man bedenkt, dab gerade in den Lymphwegen und Ganglien der Kampf gegen die Infektion besonders intensiv gefiihrt wird. Als Beispiel sei die Tbc. pulm. miliaris partialis, oder die P]eurite a repetition angefiihrt. Allerdings ffihren wiederholte Sehfibe, wie die schon oben erw~hnten, oft zum Bilde der Tbc. fibrosa densa Bard. 3. Der letzte Weg der Dissemination ist der h~imatogene, d. h. der Einbmmh der Infektion in die Zweige der Vena pulmonalis und Aussaat im Gebiete des groi~en Kreislaufs, wobei sowohl schwere als auch leichte Formen der sekundi~ren Tuberkulose resultieren kSnnen. Es kann ebensogut zur malignen miliaren Tuberkulose, zur miliaren Tuberkulose der Meningen, zu schweren Erkrankungen der Knochen, Coxitis und Gonitis, wie auch zu leichten partiellen Disseminationen, z . B . in den Nieren usw., kommen; wahrscheinlich, dal~ auch einige Formen der Polyserositis sieh auf diesem Wege ausbilden. Das Bild der sekundi~ren Tuberkulose wird ganz besonders mannigfaltig durch den Umstand, dab die Infektion den Ausbreitungsweg oft mehrmals wechselt. Als Beispiel dieser Mannigfaltigkeit m0ge ira Auszug die folgende Krankengeschiehte (Beobachtung 8) eines 18j~hr. Bauernbursehen S. M. dienen, bei dem sich im Laufe yon 8 Monaten Spitalsaufenthalt vor unseren Augen fo]gendes buntes Bild der Reihe naeh abrollte. Zuerst Pleuritis sicca lat. dext., dann Peritonitis tbe. subacuta, bald hierauf Pleuritis sicca lat. sin., die in exudative Pleuritis fiberging; gleiehzeitig war aueh eine larvierte Perikarditis vorhanden. Zu diesen polyserositischen Erseheinungen gesellte sich eine Hamopte leichten Grades, wie sie fiir die sekundare Tuberkulose eharakteristisch ist. Nach 5 weiteren Wochen wurde rSntgenologisch eine miliare benigne Dissemination in beiden Spitzen konstatiert, die klinisch fast symptomlos verlief. Schon w~thrend dieser Zeit waren kurzdauernde Krhmpfe in den linken oberen Extremithten aufgetreten und wicder vor unseren Augen entwiekelte sieh aIlmiihlich der Symptomenkomplex einer typischen Jacksonsehen Epilepsie, die nach einigen schweren Anf~llen zur Parese der linken Gesichtsmuskulatur und der linken oberen und unteren Extremit~t ffihrte. Wie wir richtig vermutet hatten und die Operation zeigte, handelte es sich um ein Gebilde in BohnengrS~e an der Oberflache der rechten Hemisphere, in der Gegend des Girus eentralis, der yon Prof. Dr. Petrovid entfernt wurde. Die histologische Untersuehung wurde von Prof. Dr. Joannovid durchgeffihrt und ergab, daI~ es sieh histologiseh um einen Soliti~rtuberkel mit Riesenzellen handelte. Bei dem Patienten, der durch ein halbes J a h r stiindig Temperaturen um 38 ~ hatte, sind jetzt alle Zeichen sekund~rer Tuberkulose in regressiver fibrSser Umwandlung begriffen. Der Patient ha~ an Gewicht zugenommen, die Temperatur ist normal und bestehr nur noeh die oben angefiihrte Parese weiter.
Die Klinik der sekund~iren Tuberkulose.
481
Wir mSchten hier erneut darauf aufmerksam maehen, dab sich humorale Dissemination und Generalisation nieht allein beim sekund/~ren Stadium der Tuberkulose vorfindet, sondern dag man sie aueh beim terti~ren Stadium an. treffen kann, so z. B. ausgehend yon einer ease0s degenerierten Vene, doch m u g ausdr/ieklieh betont werden, dag eine solche Dissemination i m m e r H a n d in H a n d m i t den terminalen Erseheinungen einer sehweren t e r t i a r e n Tuberkulose geht.
II. Die allergische Tuberkulinreaktion. Die Zeichen der Allergie sind von groger differentialdiagnostischer Bedeutung bei der Unterscheidung v o m sekund~ren und tertiarem Stadium der Tuberkulose. Beim sekunddren Stadium ist die Hautreaktion besonders stark ausgebildet, sei es, dab m a n sie nach Pirquet oder besser naeh Mantoux ausfiihrt. Bei Infektion in der Kinclheit und benignem Verlauf geben diese Proben starke Infiltration und starke erysipelat5se RStung. I m weiteren Verlauf der Tuberkulose, wenn der Prozeg nach 4 - - 6 J a h r e n in das terti~re Stadium iibertritt, gibt derselbe Fall zwar noch immer die gleiche l~eaktion, aber in sehr viel geringerem Grade, z. B. ohne peripherem Hof (Ranke). Wird die Reaktion subcutan ausgefiihrt (Stiehreaktion), so finden wir bei der sekund~ren Tuberkulose meist eine sehr energisehe lokale Reaktion bei ganz geringer Allgemeinreaktion, so z. B. steigert die Injektion einer relativ grogen Tuberkulinmenge (Alttuber. kulin 0,5--1 mg), die T e m p e r a t u r meist nur um 3 - - 5 Zehntel Grad, und dies erst a m 2. oder 3. Tag, wahrend im tertiaren Stadium bei Phthisis pulmonum bei sehr sehwacher Hautreaktion die Herd- und Allgemeinreaktion eine sehr ausgesprochene ist. Ranke 1) sagt, dag selbst 1/1000mg Alttuberkulin eine T e m peratursteigerung bis 38 ~ lastige Allgemeinerseheinungen und Herdreaktionen hervorrufen kann. Ranke, der, soweit wir dies beurteilen k5nnen, als erster den Unterschied der allergischen Reaktion beim sekundaren und terti~ren Stadium der Tuberkulose beobachtete, hat folgende Erklarung hierfiir vorgeschlagen: I m ter~i~ren Stadium besitzt der Patient wenn aueh nicht vollkommene I m m u n i t h t , so doeh immerhin eine Immunit/~t ziemlich hohen Grades, wobei der Organismus besonders tuberkulinempfindlich wird, ein Zustand, wie er analog beim hoehimmunisierten Tiere gefunden wird. Wie Behring mit seinen Tetanus- und Dyphtherie-Toxin-Versuehen gezeigt hat, kOnnen diese hoehimmunisierten Tiere durch minimale Dosen yon Toxin ad exitum kommen. Wir selbst sind bei Beurteilung des Allergiezustandes unserer Patienten folgendermal~en vorgegangen. Wir ffihrten neben einer Kontrollinjektion die intracutane Reaktion naeh Mantoux mit AlttuberkulinlOsungen in Verdiinnung 1 : 1000, 1 : 5000, 1 : 10 000 aus und einige Tage sparer die Stichreaktion mit 0,5 ccm Alttuberkulin in Verdiinnung 1 : 1000 bei a- und subfebrilen Patienten; bei Temperaturen fiber 37,5 ~ injizierten wir nur 0,2 cem der gleiehen Verdiinnung, wonach Lokal-, Herd- und Allgemein-Reaktion beobaehtet wurden. Das Ergebnis unserer diesbeziiglichen Untersuehungen ist in folgenden Tabellen zusammengefagt: 1) Miinchner Medizin. Wochenschrift 1922, Heft 3. 32*
A. I. Ignatowski und M. v. Leme~iS:
482
Tabelle 3. Intracutanreaktion nach Mantoux. Sekundares
Stadium
Tertt~res Stadium
I
1 : 5000 11 : l o ooo
Verdiinnungen . . . . i 1 :::00 Reaktion positiv in Proz. Reaktion negativ in Proz. 51)
92 8
1
76 24
1 :lOOO 52
1:5000 17
1 : 10000 13
48
83
87
Tabelle 4. Stichreaktion. i
Sekund~res Stadium RStung, Infiitr. Temp.
Terti~res Stadium
Herd
/
Positiv in Prozentl / !
Negativ in Proz...//
100
52
11
0
48
89
R6tung, In filtr.
36 Spur 14 deutlich 50
Temp.
Herd
60
60
40
40
Aus diesen Tabellen, bei denen nur Fi~lle beriicksiehtigt wurden, wo klinisch die Diagnose sekund~ren oder ter~i~ren Stadiums der Tuberkulose einwandfrei zu stellen war, geht hervor, dab die M a n t o u x s c h e Reaktion in der Verdiinnung I : 5000 und 1 : l0 000 ein wertvolles differentialdiagnostisches Merkmal zwisehen sekund~rem und tertii~rem Stadium der Tuberkulose darstellt. Die Reaktion in Verdiinnung 1 : 1000 erwies sich uns ebenso wie die Pirquetsehe Reaktion differentialdiagnostisch als unbrauehbar, da sie auch im tertii~ren Stadium hi~ufig positiv ist. Wir mSehben an dieser Stelle bemerken, dab wir bei unseren Patienten neben der Tuberkulinreaktion natiirlich aueh noch andere klinische UnterSuehungsmethoden beriicksichtigten, yon denen wir hier nut die BlutkSrperchenSenkungsgesehwindigkeit erw~hnen wollen. - - Wenn m a n beriieksiehtigt, dab die Kolloidlabiliti~% deren Ausdruck die Senkungsbesehleunigung ist, yon der Fibrinogenmenge des Plasmas abh~ngig ist, und diese sowohl bei Gewebszerfall, als auch bei Exsudation, speziell bei dessen Riiekresorption, vermehrt ist, so k a n n es nicht Wunder nehmen, wenn wir nich$ nur ini terti~ren Stadium der Tuberkulose, und dies speziell bei caseSsen, zur Einschmelzung fiihrenden Prozessen, sondern aueh im sekund~ren Stadium der Tuberkulose, sogar bei relativ gutartigen Prozessen, wenn sie nur m i t Exsudatbildung einhergehen, hohe Senkungsbeschleunigung finden. Es geht daraus hervor, da$ die Sedimentation zur Differentialdiagnose zwisehen sekund~rem und terti~rem Stadium nicht geeignet ist, wenn m a n aueh im grol~en ganzen sagen muB, dal~ die leichteren Formen des sekundi~ren Stadiums, soweit sie nicht mit Exsudation einhergehen, vorwiegend geringe, die Formen des terti~ren Stadiums immer starke Senkungsbeschleunigung aufweisen. Tabelle 5.
Mit Senkungsbeschleunigung . . . . Ohne Senkungsbeschleunigung
.
Sekund~res Stadium
Ter~iitres Stadium
51% darin 30% mit Exsudat 49%
100% 0
1} Entfallend auf maligne und schwere Formen.
Die Klinik der sekund~tren Tuberkulose.
483
I I I . Die Petits siffnes der sekund~iren Tuberkulose. Fiir die Diagnose der sekund~iren Tuberkulose, insbesondere ihrer lavierten Formen und teilweise auch zur Abgrenzung des sekundi~ren vom tertiiiren Stadium, sind die sogenannten ,,petits signes" der sekundiiren Tuberkulose yon grol]er Bedeutung. Wir fiihren diese Bezeichnung in Analogie der allgemein bekannten ,,petits signes" von Dieula/oy bei ,,Sclerosis renum" einl). 1. Die Polymikroganglionitis des sekundiiren Stadiums der Tuberkulose. Das Auftreten yon Driisen bei der Tuberkulose und Skrofulose ist ein auch dem Laien wohlbekanntes banales Symptom, doch muff der Arzt sehrwohl zwei Arten dieser Ganglionitis unt~erscheiden: a) Die gro~en Ganglienpakete, speziell am Halse, die wohlbekannten tuberkul6sen Lymphome, die jedem, insbesondere dem Kranken selbst, in die Augen fallen, sind Ausdruck eines echten oder Pseudo-Prinliirkomplexes, einer durch die Schleimhaut des Mundes erfolgten Infektion, oder sie stellen Metastasen eines im Thorax gelegenen Primiirkomplexes dar. Diese Art yon Ganglien miissen, wenn sie natiirlich auch den Beweis der Infektion erbringen, doch nur als ,,spezieller Ausdruck" einer Infektion angesehen werden und diirfen nur als periphere Glieder einer K e t t e bewertet werden, deren Ausgangspunkt meist eine peribronchiale Ganglionitis bildet. Eine ganz andere F o r m und eine ganz andere Bedeutung hat b) die Polymikroganglionitis. Man finder kleine lymphatische Ganglien nicht nur am Halse, sondern universell und auch an Stellen des K6rpers, wo sie fiir gew6hnlieh nicht in Erseheinung treten. I h r e m Wesen nach sind sie mit der Ganglionitis universalis der Lues in Analogie" zu setzen. Diese Ganglien sind klein, meist in Linsen- oder Erbsen-, seltener in BohnengrOBe. Sie sind nicht so hart wie bei Lu oder Ca., wenig empfindlieh und linden sich meist in rosenkranzf6rmiger Anordnung am Halse, hinter dem Sternocleidomastoideus, am I~ande dos Occipitalis, dort, wo im allgemeinen die luetischen Ganglien gesucht werden, dann oberhalb und parallel zur Clavicula, h~iufig in der Axilla und in Inguine, aber fiir besonders charakteristisch halten wir die Lokalisation dieser Ganglien im Sulcns bicipitalis und in der Fossa eubitalis oberhalb des Gelenkes. Die Halslokalisation dieser Driisen ist schon liingst bekannt und is~ z. B. yon Legroux als Mikropolyadenopathie besehrieben worden; ebenso sind die lymphatischen Ganglien in der Regio axilaris und im 4. bis 5. Intercostalraum schon yon Zebrovski und anderen Au~oren beschrieben. Aber es ist jedenfalls eine sehr riskante Sache, die Diagnose der sekundiiren Tuberkulose auf die Anwesenheit dieser Ganglien aIlein zu stfitzen. Begleiten doch die Ha]sganglien h~ufig chronisehe Prozesse im Bereiche des Mundes, wie ehronische Anginen, Caries dentis usw., und k o m m t doch Ganglionitis Zebrovski in der Axilla auch beim terti~ren Stadium der Tuberkulose vor. Auch das Hinzutreten einer inguinalen Ganglionitis kann noch nicht entscheidend sein, da sie nur zu h~ufig Folge entziindlieher Prozesse im Bereiche der Genitalien darstellt. Uns erscheinen daher Ms sicherste und typischeste Ganglien fiir das sekundiire Stadium der 1) Wir rechnen unter diese ,,petits signes" kcineswegs jcne Symptomc, dic ftir Tbc.Individuen im allgemeinen als charakteristisch gelten wie blaue Scleren, lange Cilien, Erytheismus usw., sondern nur ftir das sekundiire Stadium allein charakteristische Merkmale.
484
A . I . Ignatowski und M- v. Leme~i6:
Tuberkulose die Ganglien im Suleus bieipitalis und in der Fossa eubitalisl). I m floriden Stadium der sekund~ren Tuberkulose findet m a n hier meist leieht 2 - - 3 m/iBig groBe Ganglien y o n mittlerer H/irte und Elastizit/it, von uns als ,,sueeulente" Ganglien bezeiehnet, die meist aueh etwas empfindlieh sind. I m /Jbergangsstadium zwisehen dem sekundiiren und tertigren Stadium werden diese Ganglien des Suleus bieipitalis h/irter und kleiner und versehwinden sehlieBlieh meist fiir die Palpation. Bleiben ale bestehen, so kann m a n sie palpatoriseh
Abb. 2. Polymikroganglionitis.
leicht durch die besondere H g r t e und Kleinheit als tuberkul6se Ganglien differenzieren. Die Ganglien in der Fossa eubiealis bleiben l~tnger bestehen und zerteilen sieh hier gewissermagen in mehrere kleinere harte Gebilde. Wit miissen an dieser Stelle noeh bemerken, dab wir zu Folge der, wenigstens itir den Ungei~bten, m6gliehen Verweehslung der Polymil~'oganglionitis The. mit de1" luetischen Ganglionitis, bei allen unseren I~'anken gleiehzeitig stets die Wassermannselae I~eaktion angestdi~ haben. Das in bezug auf die Polymikroganglionitis tbc. yon uns unter ffeundlieher Mithilfe des Prosektors des P a t h . - A n a t . Institutes Dr. fichomirow geprttfte 1) Chronisehe Infektionsquellen an der Hand, als Ursaebe der Ganglionitis, k6nnen jederzeit leicht erkannt werden, abgesehen davon, dal] der Charakter der Driisen dann eia ganz anderer ist.
Die Klinik der sekundaren TuberkuIose.
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Sektionsmaterial ergab folgende Resultate, wobei das Hauptgewicht der Untersuchung auf die Drfisen in der Fossa cubicalis und in Suleus bicipitalis gelegt wurde. Tabelle 6. Polymikroyanglionitis bei der Autopsie. SekundlLres Stadium
Positiv . . . . . . . . . . . . Negativ . . . . . . . . . . . .
84~o 16~o %.
:.:.
~
Terti~tres Stadium
25% 75%
,.
Abb. 2a. Erkl~rung zum R6ntgenbild Abb. 2. Polymikrogang|ionitis. a) des Halses in zwei Reihen in rosenkranzfSrmiger Anordaung. b) der Axilla. c) des Hflus.
Hierzu ist zu bemerken, dab die Ganglien im sekundi~ren Stadium vorwiegend succulent, im terti~ren, wie schon oben bei der klinischen Beschreibung angeffihrt wurde, hart und winzig klein waren. Die histologische Untersuchung dieser Ganglien, die noch fortgesetzt wird, ergab bisher neben starker Vermehrung des Bindegewebes stellenweise degenerative Prozesse, die auf eine chronisch wirkende Infektion hinweisen, ohne spezifischen Charakter. In seltenen F~llen kSnnen diese Ganglien auch verkalken. ZufMlig verffigen wit fiber ein in dieser Beziehung sehr demonstratives RSntgenbild, welches wit hiermit wiedergeben. Man sieht deutlichst die verkalkten Driischen an~ Halse und in der Axilla. Die Patientin hatte auch sonst eine universelle Polymikro-
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A. I. Ignatowski und M..V. Leme~idi
ganglionitis, an d e n iibrigen Stellen, jedoch, wenigstens palpatorisch, ohne Ver: kalkung. Die Polymieroganglionitis finden wir viel hgufiger bei den Bewohnern des Balkans als bei der Bev61kerung des iibrigen Europas. Da wir gleichzeitig neben der einheimischen BevSlkerung, im russischen Tuberkulosedispanseur, ehl reiehes Tuberkulosematerial zur Verfiigung hatten, wurde uns dieser Untersehied besonders augenf~llig. Die Ursache liegt, zum grol~en Tefl wohl darin, dab die Tuberkulose bei den iibrigen Bewohnern Europas sieh im mittleren Lebensalter meist sehon in Form der Phthisis zeigt, z. B. als Phthisis pulmonum abortiva, oder als Phthisis fibrocaseosa. Handelt es sich aber um das sekund~re S~adium der Tuberkulose, dann jedenfalls nich~ um eine sehr aktive, sondern eine seit Jahren im Abklingen begriffene Form, bei d e r n u r mehr die Allergie des sekund~ren Stadiums iibrig geblieben ist. 2. Status sub]ebrilis, von dem schon oben die Rede war. Die Ursaehe der Temperatursteigerungen liegt in der Erregung des Temperaturzentrums dureh die tuberkulSsen Toxine. I n suspiti6sen FMlen, we die subfebrile Temperatur in der Axilla nicht nachgewiesen werden kann, sell man i m m e r rectal messen. Man finder dann oft einen groBen Unterschied zwischen axillarer und rec~aler Temperatur, die einen bereehtigt aueh hier yon Subfebrilitas zu spreehen. Differentialdiagnos~isch wichtig ist z u wissen, dab bei Frauen, pr~menstruelI und w~hrend der Menstruation, vorfibergehende Temperatursteigerungen vorkommen. 3. Dyspepsia. Es handelt sich meist um Appetitlosigkeit und diarrh6ische Zust~nde in friiher Kindheit und im schulpflichtigen Alter, die keine genauer definierbare sons~ige Ursache haben. 4. Hypertrophia glandulae thyreoidae. Sie kommt sowohl in Verbindung mi~ anderen Symptomen yon Basedowoismus als auch ohne sie vor. Soweit unser klinisches Material Schliisse zu ziehen erlaubt, fehlt bei Hypertrophie der Glandula thyreoidea oft die universelle Polymieroganglionitis. 5. Albuminuria. Diese Albuminurie ist meist nicht dureh anatomische Nierenlasionen, sondern dureh eine, durch die allergischen Toxine bedingte Nierenreizung bedingt. Sie is~ geringgradig, der H a m enth~lt rneis~ nur Spuren yon Albumen' und der Prozentgehalt kann nach Essbach nieht ausgedrtickt werden. Manehmai linden sich sp~rlich, hyaline Zylinder, Leukocyten und Erythroeyten, oft aber iiberhaupt keine Nierenelemente. Die Albuminurie ist hgufig or~host~tiseher Natur und verschwindet naeh 2--3t~giger Bettruhe. Naeh Meinung J. Teissiers, der sich am angelegentlichsten mit dieser Frage beseh~ftigt hat, kommt sie hauptsaehlich in dem H a m der Niorgenstunden nach dem Aufstehen zum Ausdruck und verliert sich gegen Abend. Psyehisehe Erregung und pr~menstruelle Zei~ versthrken sie. Aueh Teissier ist der Ansieht, dab diese Albuminurie zur Zeit der Entwicklung der Phthisis pulmonum verschwindet. 5. Knochenver~inderungen der sekund~iren Tuberkulose. Zu den petits signes zahlen wir die Spina ventosa, i. e. diaphysi~re Verdickungen der kurzen l~6hrenknoeh~n, z. B. der Phalangen der Finger, die bei Knaben hi~ufiger als bei M~dchen vorkommen.
Die Klinik der sekundaron Tuberkulose.
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7. Hautverdinderungen. H i e r h e r geh6ren aull er d e n X t a u t t u b e r k u l o s e n in F o r m des L u p u s vulgaris, L i c h e n scophulosorum, L u p u s e r y t h e m a t o d e s a u c h d a s E r y t h e m a n o d o s u m , welches, wenn a u c h y o n k e i n e m H a u t t u b e r k u l i d begleitet, d e n n o c h hi~ufig H a u t a u s d r u c k einer allergischen Tox/imie ist. H i e r mfissen wir auch d e r F u r u n k u l o s e des Rfiekens gedenken, welche d a s s e k u n d i r e u n d leiehte F o r m e n des t c r t i ~ r e n S t a d i u m s (Phthisis p u l m o n u m abor~iva) begleitet. 8. Augensymptome. Als E r s c h e i n u n g e n des sekundi~ren S t a d i u m s g e l t e n : P h l y c t a e n e n , Iri%is u n d Cyelitis. N a c h Liebermeister sind die Griinde, weswegen sie in die sekund~re T u b e r k u I o s e e i n g e r e i h t werden, folgende: G u t a r t i g k e i t des einzeinen ArLfalls, N e i g u n g zu RiickfMlen, Z u s a m m e n v o r k o m m e n m i t a n d e r e n S y m p t o m e n des sekundiiren S t a d i u m s oder m i t r e l a t i v leichten F o r m e n des t e r t i i r e n , F e h l e n b e i d e n schweren F o r m e n des terbi~ren S t a d i u m s , oder m a l i g n e r T u b e r k u l o s e , teilweises spi~teres r in tertii~re A u g e n t u b e r k u l o s e , sehr h~ufig s t a r k e T u b e r k u l i n r e a k t i o n u n d z u m Teil T u b e r k u l i n o r g a n r e a k t i o n . Unterscheidungsmerkmale zwischen sekundZtrem und terti~irem Stadium der Tbc.
Tabelle 7.
Sekund~lres Stadium
Himoptoe . . . . . .
Temperatttr Blutdruck
.... .....
Ausw-arf . . . . . . Allergie . . . . . .
Tox&mie . . . . . .
Weg der Ausbreitung Allgemeiner Verlauf .
Von seiten anderer Organe . . . . . . . .
Petits signes . . . .
Hi~ufig in kleinen Mengen sog. Petites Haemophthisies a repetition der :Franzosen Status subfebrilis, gegen Pyramidon refrakt/~r Oft in normalen Grenzen, selten unter 100 mm Hg und dann nur bei malignen und schweren Formen Wenig mit wenig Tuberkelbacillengehalt Mantoux 1 : 5000, 1 : 10 000 pes. Stichreaktion: ttautreaktion pes., Herdreaktion negativ. Allgemeine Reaktiort negativ. Ausnahmen nut maligne Formen Langdauernde, allgemeine cellul~re Tox~mie mit kontinuierlieh. Verlauf Vorwiegend lymphogen und himatogen Wiederholte Aussaat, deren Virulenz allm~hlich abnimmt. Der Prozel3 geht entweder in das tert. Stadium tiber oder ftihrt, was h~ufiger ist, zur Genesung Hiufig wechseln Prozesse in anderen Organen mit Lungen- oder Pleuraprozessen ab, was die Prognose abet keineswegs versehlechtert vorhanden
Tertiares Stadium
Massive Lungenbl'utung oft ganz unvorhergesehen wie ein Blitz aus heiterem Himmel Febris remittens irregul/iren Typs leicht durchPyramldon beeinfluBb. Fast immer erniedrigt meist um oder unter 100 mm Hg Reichlieher mit reiehliehem berkelbacillengehalt Mantoux 1 : 5000, 1 : 10 000 Stichreaktion: Hautreaktion gering, Herdreaktion positiv. gemeine Reaktion positiv.
Tuneg. sehr All-
Herdtoxiimie mit starken Remissionen, leieht dutch Therapie (Ruhe) beeinfluSbar Vorwiegend bronehogen, intracanalicular Stationir oder progressiv, die Dissemination erst terminal
Prozesse yon seiten anderer Or-
gane erseheinen erst als sehwere terminale Komplikationen
fehlend.
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A.I. lgnatowski mid M. v. Leme~i6: Die Klinik der sekundiren Tuberkulose.
Die Di//erentialdiagnose der Lunge~/ormen des aekundgren und tertidren Stadiums der Tuberkulose. Ffir die Bewohner yon Mitteleuropa k6nnen folgende 2 Regeln gelten: i. Bei Kindern ist die Diagnose Lungenspitzenkatarrh immer eine Fehldiagnose [~angeri)]. 2. Beim Erwachsenen gibt es praktiseh genommen keine yore Hilus ausgehende Lungentuberkulose~). Die isolierte Hilusschattenverbreiterung und die verstirkte Lungenzeiehnung haben mit der Lungentuberkulose niehts zu tun. Hier sei ausdriieklich .bemerkt, dab es am Balkan genfigend viele Ausnahmen dieser l~egel gibt. Von anderen tuberkulOsen Erkrankungen mul3 man in erster Linie zwisehen Formen der sekund~ren Tuberkulose, wie Tbe. miliaris pulmonum partialis, Tbe. fibrosa densa, Pleuritis apicalis und Formen der tertiiren Tuberkulose, i.e. Tuberculosis abortiva pulmonum, Phthisis vulgaris (fibroeaseosa) und Tbe. cavitaria ulcerosa differenzieren. Alle jene Merkmale, die uns bei Durchsicht unseres Materials zur Unterseheidung zwisehen sekund~ren und t e r t i i r e n Formen wertvoll und brauchbar erseheinen, mSchten wir kurz in der folgenden Tabelle zusammenfassen unter Hinweis auf die auch in diesem Falle zu beherzigenden Worte, die Hollo beziiglich der Diagnose seiner juvenilen Lungentuberkulose sagt, dab nimlich ein Symptom allein die Diagnose nie sichern kann und daft, sondern immer nur die Gesamtheit der Symptome. l) Hans Langer, Dtsch. reed. Wochenschr. 48, Nr. 40. 3) Ulrici, Beitr. z. Klin. de. Tuberkul. 4B, Heft 1.