(Aus dem Anatomischen I n s t i t u t der Universit~t Tfibingen [Abteilung W. JACOBJ].) DIE VERSCHIEDENEN ARTEN DES GESETZM~SSIGEN ZELLWACHSTUMS UND IHRE BEZIEHUNG ZU ZELLFUNKTION, UMWELT, KRANKtIEIT, MALIGNER GESCHWULSTBILDUNG UND INNEREM B A U P L A N 1. Von WALTHE~ JACOBJ. Mit 4 Tex~abbitdungen (8 Einzelbfldern).
(Eingeganyen am 28. November 1941.)
Inhalt. A. Einffihrung in die Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . ". B. U n t e r s u c h u n g s a r t (Kritische ~berprfifung des KernmeBverfahrens) . . . I. Das ,,Leistungswachstum" der Zelle als Ausdruck einer spezifischen Reizbeantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Reizbarkeit, Zellwachstum u n d Zellvermehrung . . . . . . . . 2. Rhythmisehes Zellwaehstum in Abhitngigkeit vom funktionellen Organaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) L~geplan der verschiedenen Zellklassen im Leberl~ppehen . . b) Der funktionelle Org~naufbau der Leber . . . . . . . . . . c) Die Zonen des Leberl~ppehens u n d ihre funktionelle Eigenart d) Das rhythmisehe Leistungswachstum der Zelle i n Abh~ngigkeit yon ihrer 5rtliehen Beanspruehung . . . . . . . . . . . . 3. Rhythmisches Zellwachstum in Abh~ngigkeit yon der 5rtlichen Gefi~Bversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . ...... 4. Beziehung u n d Gegensatz zwischen Zellwaehstum u n d Zellvermehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. ZellkerngrS~e u n d Umweltseinflfisse . . . . . . . . . . . . . a) ZellkerngrSi~e u n d W a r m e z u s t a n d . . . . . . . . . . . . . b) ZellkerngrSl~e u n t e r verschiedenen Lebensbedingungen (Domestikation, Sehwangerschaft, g e ~ n d e r t e Ern~hrung, Kastration) 6. lJberblick fiber das Leistungswaehstum der Zellen u n t e r physiologisehen u n d pathologisehen Bedingungen . . . . . . . . . . II. Das ,,StSrungswaehstum" der Ze]le u n d die , W u c h e r a t r o p h i e " . . I I I . Das auf Chromosomenverklebung (Chromosomensyndese) beruhende, ,,heterotypische Verdopplungswachstum" in der Gesehlechtszellenreifung u n d bei den atypisehen (bSsartigen) Gesehwfi]sten (Karzinomen, Sarkomen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die heterotypische Waehstumsperiode in der Geschlechtszellenreifung u n d ihre Beziehung zu Faktorenaustausch (Crossingover) und Genmutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung unspezifischer (physikaliseher, ehemischer) Reize fiir die Erzeugung yon Chromosomenverklebungen (Syndesen) . . 3. Waehstum, Eigenart u n d E n t s t e h u n g der atypischen (,,bSsartigen") Geschwulstzellen als Folge einer heterotypischen Chromosomensyndese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Meinem lieben Vater, :Prof. CARL JACOBJ, zum 85. Geburt,~tag.
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4. Sonderbefunde der Krebsforschung im Lichte der heterotyp-genmutativen Geschwulstentstehung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nachpriifung und Besti~tigung der heterotyp-genmutativen Gesehwulstentstehung unter Beriicksichtigung der klassischen und neuzeitlichen Krebstheorien und Befunde . . . . . . . . . . . IV. Wesen und Eigenart yon Mitose und Amitose . . . . . . . . . . . Naehtrag: PFUttLs Hypothese der Entstehung der Grol~kerne kritiseh iiberpriift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . : ..... V. Kernoberfl~che und Zelteistung (unter Berfieksichtigung der amitotisehen Kerndurchselmiirung, der Stoffwechselgeschwindigkeit, der Kernsaftfrage und der Zellversehmelzung) . . . . . . . . . . . . VI. Der Geltungsbereieh d e s Gesetzes vom rhythmischen Kern- bzw. Zellwaehstum unter Beriicksichtigung des ,,inneren Bauplans" der Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . ........... . . C. Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Ein~iihrung in die Fragestellung. Wie seit alters bekannt, stehen bei den Lebewesen F o r m und F u n k . tion, Gestalt und Leistung vielfach in engster wechselseitiger Beziehung. Dal~ Mlerdings hierbei keineswegs fiberall strenge, eindeutige Bindungen vorliegen, das zeigt schon die den Forscher wie den Kfinstiler in gleieher Weise entzfickende Mannigfaltigkeit der F o r m e n bei Tier und Pflanze, die bei gleieher Umwelt und bei den gleiehen allgemeinen Lebensbedingungen die auffallendsten Unterschiede zeigen kSnnen. F i i r den Morphologen, als den Erforscher der lebendigen Gestaltung, gehSrt es n u n zu den grundlegenden und dabei auch besonders anregenden Aufgaben, zu untersuchen, wie welt die FormenffiUe des Lebens durch die Umwelt und die Lebensleistung beeinfluBt wird, und wie welt sie andererseits mehr oder weniger unabhi~ngig yon dieSer einem der An]age entsprechenden, inneren Gesetze der Formbildung und der Vererbung folgt. Meist wird sehon die verschiedene persSnliche Veran]agung des Forsehers seine Aufmerksamkeit mehr nach der einen oder anderen Richtung lenken. Den Blick eines Formenschauers wie GO~HE wird vor allem die Fiille der lebendigen Gestalten und die Erfassung ihres a r t g e m ~ e n , stilhaften Eigenwertes (Formtypus, Bauplan) fesseln, ws ein mehr in urs~ehlichen Zusammenh~ngen und Wechselbeziehungen denkender Forscher in den Formbildungen des Lebens vor allem das der Leistung entsprechende Werkzeug zu begreifen sucht. Wie fast iiberall, so liegt auch hier die Wahrheit nicht in den Gegens~tzen, sondern in ihrem naturgem~l~en Ausgleich, wie dies schon Goethe so treffend ausdr/ickt mit den Worten: ,,Also b e s t i m m t die Gestalt die Lebensweise des Tieres, und die Weise zu leben, sie wirkt auf alle Gestalten m/~chtig zuriick." I n d e m wir festzustellen suchen, inwieweit Aufbau und Gestalt einerseits eigengesetzlich einer inneren An]age entspringen, und wie weir sie
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andererseits dutch die Umwelt und die hesonderen, vom Leben gestelltea Aufgaben und Bediirfnisse beeinfluBbar sind, werden wir - - auch wenn wir zun/ichst jeweils bloI3e Einzelfragen zu behandeln seheinen - - dabei doeh gleiehzeitig wiehtige Einblieke t u n in das Wesen des Lebens fiberh a u p t und der ihm eigenen F/ihigkeiten der Vererbung und Anpassung. Derartige Untersuchungen kann man e~nerseits vornehmen an den mehr oder weniger verwiekelt aufgebauten Arbeitssystemen des Organismus, seinen ,,Appardten" und ,,Organen" (SQya~,o~, ~- Werkzeug). Man hat dies denn auch in alter und neuer Zeit zum Teil Schon ausgiebig und mit bestem Effolg getan. Es sei in dieser Beziehung aus ~lterer Zeit nur an die klassisehen Untersuchungen fiber die Anordnung der Spongiosastrukturen der Knochen yon H ~ , ~ _ ~ M E u (1867) u n d in~der Gegenwart an die yon B~.~r~GHOFF 1 tells selbst bearbeiteten, tells angeregten oder herausgegebenen Untersuehungen zur ,,Anatomie funktioneller Systeme" und an H. B S x ~ s biologiseh-anatomische Bestrebungen erinnert. Weiterhin ist aber auch das kleinste bis zu einem gewissen Grade noeh selbst~ndig lebensf~hige System (Einheitsgefiige) unseres KOrpers, die Zelle, einer derartigen Betrachtungsweise zug~nglieh. DaB Wuchsform und Ausbildung z. B. der Flimmer- und Nervenzellen oder der Muskelfasern bis zu einem gewissen Grade in unmittelbarer Beziehung zu ihrer Leistung stehen, ist - - da zum Tell ohne weiteres augenscheinlieh - - immer anerkannt worden. Aueh die funktiolmlle Bedeutung der versehiedenen, teilweise weehselnden Zelleinschliisse, wie Fett, Glykogen usw., wurde stets gerne untersueht. Aber alle diese Beobaehtungen beziehen sich meist aussehlieBlich auf die bloBe Besehaffenheit (Qualit~t) der Zelle in bezug auf Form, Gliederung und Inhalt, w~thrend die mengen- und zahlenm~iflige (quantitative) Seite der Frage gewShnlich als unwesentlieher Nebenumstand gewertet und dementspreehend auch im allgemeinen nicht geniigend beaehtet wurde. I n verschiedenen, yon zahlreiehen Nachprfifern (s. S. 673 f.) best~tigten Untersuehungen (1925--1935) konnte ich zeigen, daI~ die ZellkerngrSite ~icht - - wie man es bis dahin gew5hnlieh angenommen hatte - - ganz beliebig ab~ndert (variiert), sondern dab sie im al]gemeinen einem streng geregelten Gesetz ~ des rhythmischen Wachstums nach Art einer geometrisehen Reihe (d. h. mit konstantem Quotienten) unterworfen ist. Ein soleh zahlenmi~l~ig genaues Verhalten des Kern- und (nach der 1~. H~RTwmschen Kernplasmarelation 3 damit zusammenh~ngend) aueh des Zellwachstums kann nur in einer ,,inneren", d . h . im Wesen des Vgl. BE~I~GHO~F U. a. 1930, 1931, 1934. - - 2 ~ b e r den Geltungsbereich dieses Gesetzes siehe Kapitel VI, S. 673. ~ a Neuestens ausgefiihrte Zellmessungen liei]en iibrigens HSPPN~R (1939) an Braunalgen (Fucus) eine gewisse Abweichung oder ,,Inkonstanz" der Kernplasmarelation beobachten, deren Bedeutung er (a. O. S. 520ff.) eingehend bespricht. Zusammenfassend sagt er (a. 0. S. 535): ,,Diese Inkonstanz folgt aber einer Gesetzmiifligkeit, die mi~ d er rh~hmischen GrSBeniin~r ffes Zellwachstums tibereinstimmt."
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L e b e n s u n d d e r lebendigen O r g a n i s a t i o n selbst b e g r i i n d e t e n U r s a c h e seine Erkl/~rung finden, w o r a u f ich schon in meiner e r s t e n diesbezfiglichen VerSffentlichurig (1925) hinwies, u n d worauf ich u n t e n (S. 678f,) noch e i n m a l Bezug n e h m e n werde. W e n n g l e i c h also die gesetzm/~6ige A r t des fiblichen Z e l l w a c h s t u m s i m B a u p l a n der Zelle u n d d e r l e b e n d i g e n Masse ,selbst begrfindet ist, so dr/~ngte sich m i r doch andererseits bereits zu Beginn m e i n e r ersten K e r n m e s s u n g e n - - schon auf G r u n d d e r u n m i t t e l b a r e n B e o b a c h t u n g - - ganz y o n selbst die weitere Frage auf: Inwieweit u n d inwle/ern ~st d a s Zellwachstum a b e r auch yon Umwelt und ZeUeistung abh~ingig bzw. beeinfluflbar ? Diese F r a g e v e r d i e n t eine eingehendere B e h a n d l u n g , sowohl wegen ihrer B e d e u t u n g fiir ein besseres Verst~ndnis der E i g e n a r t des Zellebens i i b e r h a u p t , als a u c h wegen ihrer n a h e n Beziehung zu Physiologie u n d Pathologie. Ja, es waren letzten Endes fiberhaupt Fragestellungen dieser Art, welche seinerzeit - - als ieh nach 5j~hriger praktisch-~rztlicher und nach weiterer fiber 3j~hriger T~tigkeit auf der Pathologie zur Anatomie fibertrat - - m i c h veranlaBt hatt~n, meinen damaligen Chef, Prof. M. HWID~HAIN, ganz spontan (d. h. ohne daft er bis dahin mit mir fiber das Waehstumsproblem fiberhaupt gesproehen hatte) yon mir aus den Vorsehlag zu machen, daB ich reich in bezug auf wissensehaffliche Forschung zun~chst mit der genauen quantitativen 1 Untersuchung der GrSfle yon ZeUe und Zellkern befassen wolle. Dabei leitete reich der Gedanke, dab ich durch meine Untersuehungen die damals noch fast g~nzlieh fehlenden, mSglichst einwandfreien, zahlenm~Bigen Unterlagen sehaffen wollte, auf Grund deren es erst m/iglich ist, zu einem tieferen Verst~ndnis der quantitativen Abdnderungen des ZeUebens unter wechselnden physiologischen und pathologischen Bedlngungen ein. schliefllich des GesehwulstTroblems vorzudringen. Als besonders geeignetes Objek~ zur Untersuchung des Verhaltens verschiedener Zell- und KerngrSI3en empfahl mir Prof. H E I I ) ~ N ~ damals die M~useleber, mit der ich denn aueh zun~ehst meine Untersuchung erSffnete. Die ]i~r eine mSgliehs~ gesicherte quantitative Bearbeitung jewefls unentbehrliche genaue Allffemeindurch/arsehung der zu untersuchenden Organe liefer~e mir dann gleieh zu Beginn meiner Messungen Befunde, deren Eigenart mir schon damals zwanglos nur eine physiologische Erkl~rung zuzulassen schien, welche sieh auf die Zelleistung grfindet. Dementspreehend enthielt auch die erste ~iederschrift meiner Arbeit fiber das rhythmisehe Waehstum der Zellen ein grS~eres Kapitel fiber ,,KerngrSBe und Zellfunktion". Da abet die Ergebnisse meiner Messungen ia bekanntlich auch eine wiehtige induktive Be~tiitigung der Protomerenthearie HEIDE~A~S lieferten, so bat mich dieser, meine Untersuehungen zuni~chst einmal allein in dieser Richtung auszuwerten, und die Behandlung der funktionellen SeRe der Frage erst einer sp~teren VerSffentliehung vorzubehalten, um nicht dutch eine gleiehzeitige ErSrterung der Funktionsfrage das Interesse yon der grundlegenden ,,inneren", d.h. im lebenden Plasma selbst gelegenen, morphologischen Gesetzm~13igkeit abznlenken. Indem ieh diesem Wunsch entsprach, liel~ ich mein bereRs (1924) ausgearbeRetes Funktionskapitel fallen und wies in meiner VerSffen~lichung 1925 S. 152ff., S. 162f. nut auf die Tatsache der besonderen Lagerung der gro[~kernigen Zellformen bin, behielt aber ihre funktione]le Erkl~rung einer sp~teren Mitteflung vor. Diese brachte ich dann in den Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft Ostern 1926 im AnsehluB an meinen Vor~rag aUerdings nur in der Form einer ganz kurzen, vorli~ufigen Mitteilung (1926a, S. 231) als ,,Nachtrag: Zur Frage Zellwaehstum, Funktion und 1 Vgl. Anna. 4, S. 636.
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1)rotomerentheorie ". Die an jener Stelle notwendige Kiirze und gedr~ngte Form dieser Ausffihrungen liel~ sie im Schrifttum - - obwohl ich in weiteren Arbeiten auf sie Bezug nahm - - vielfach ganz fibersehen 1, und so mul~ ich heute erleben, dab einzelne meiner Nachuntersucher zwar die yon mir durch Messung festgestellte zahlemn~Bige Gesetzm~13igkeit best~tigen, mir aber gleiehzeitig bald mehr, bald weniger ausgeslarochen den - - wie aus dem eben Ausgeffihrten zu ersehen - - unberechtigten Vorwurf machen, dab mir der Blick fiir die funktionellen Belange abgehe. Aul~erdem erschienen ~ teilweise d u r c h meine U n t e r s u c h u n g e n (1925, 1929) a n g e r e g t ~ in neuerer Zeit zahlreiche A r b e i t e n auf d e m Gebiet d e r Geschwulstforschung (s. K a p i t e l I I I , S. 641f.), welche die Bedeutung der Kernvergr6flerung bei b6sartigen Geschwi~lsten e r S r t e r n u n d in teilweise sehr u n t e r s c h i e d l i c h e m , h~ufig gegens~tzlichem Sinne zu erkl~ren versuehen. - - Bei dieser Sachlage ist es notwendig, d a b die Kerngr6flen/rage e i n m a l in groflem, naturgegebenem Zusammenhang iibersichtlich b e h a n d e l t wird, u n t e r mOglichster B e a c h t u n g sowohl der Zell. /unktion wie d e r Umweltsein/li~sse u n d des lcrankha/ten Geschehens. D e n n erst bei gleichzeitiger Beriic~ichtigung sowohl des in der N a t u r des lebend e n P l a s m a s v o n -Kern u n d Zelle selbst gelegenen, ,,inneren" Wachstumsgesetzes, als auch der besonderen, das Wachstum ausl6senden physiologischen und pathologischen Reize u n d Bedingungen kSnnen Wir ein klareres Verst~ndnis g e w i n n e n f/Jr die teilweise in i h r e m W e s e n grunds~tzlich versehiedenen, a b e r m e i s t auch ziemlich k l a r v o n e i n ~ n d e r u n t e r s c h e i d b a r e n A u s l S s u n g s u r s a c h e n u n d V e r l a u f s a r t e n d e r GrSBen~nd e r u n g e n y o n K e r n u n d Zelle. E i n genaues E i n g e h e n auf solche F r a g e n ist a b e t u m so dringlicher, als sie bis j e t z t in Lehr- wie H ~ n d b i i c h e r n k a u m je g e s t r e i f t werden, uns a b e r bei d e r B e o b a e h t u n g des gesunden wie k r a n k e n Zellebens fiberall e n t g e g e n t r e t e n . A r t und W e g der U n t e r s u c h u n g (Methodik), zugleich eine kritische Uberpriifung des K e r n m e g v e r f a h r e n s 2. Vergleichende Untersuchungen fiber die Kern- bzw. Zellgr6fle - - ob sie nun rein morphologisehe, physiologische oder pathologische Fragestellungen verfolgen - - sind in der er/orderlichen Genauigkeit erst mSglich geworden durch die Ein]i~hrung der variationsstatistischen Me[3methodik in dieses Gebiet und der auf sie sich grfindenden Einteilung der Kerne und Zellen in Grii/3enklassen(JACOBJ 1925). Dies wird jetzt auch yon der Mehrzahl der auf diesem Gebiet sich bet~tigenden Forscher ausdriieklich anerkannt, vgl. z . B . G . H~RTWIG 1931c, S. 232, und CLARA 1933. Die in vorliegender Arbeit verwandten Kernmessungen wurden daher naeh der yon mir bereits 1925 (S. 130If.) und 1935 (S. 167ff.) genau beschriebenen 1 So sehreibt z.B. W E ~ E L 1933, Bd. 17, S. 485, naeh Hinweis anf meine KerngrfBenbefunde: ,,Mit der Ursache der Erscheinung der GrSl3enzunahme aber hat sich im Grunde niemand besch~ftigt." 2 Das Wort unseres groBen bahnbrechenden Astronomen Jo~.KEI"Lr~: ,,Mens h o m i n i s . . , nihil certius et reetius intelligit quam i~psasquantitates" (DIErGE~ 1939, S. 15) soll uns ermahnen, dab wir auch bei der .Er]orsehung des Lebens nieht vers~umen, jeweils an geeigneter Stelle das Meflbare zu messen und die so erhaltenen
Zahlenwerte au] ihre ,,innere" Gesetzma'fligkeit zu pri~]en.
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Untersuehungsart ausgefiihrt, so dab ich mich sowohl in bezug auf die Gesamtbegrilndung der Methodik wie beztiglieh der dabei zu beriicksichtigenden Einzelheiten mit einem ttinweis auf die genannten Stellen begntigen kann. - - Hier sei nur nochmals die yon mir sehon 1935, S. 170, 207, erw~hnte Bedeutung der richtig gewdihlten Schnittdicke betont, weft deren Nichtbeaehtung zu einer Fehlerquelle werden kann. Die Schnittdicke mug n~mlich jewefls der Gr61~e der untersuchten Kerne angepaBt werden. Denn einerseits l~Bt zu groBe Sehnittdicke die Umrisse der yon einer st~rkeren Gewebssehicht ilberlagerten kleinen Kerne undeutlieher werden, w~hrend andererseits zu geringe Sehnittdicke zu viel Kerntrilmmer gerade bei den gr5geren Kernformen entstehen 1/~Bt, wodurch nicht nur deren relative H~ufigkeit innerhalb der Gesamtvariation herabgedrilekt, sondern unter Umst~nden sogar der H~ufigkeitsgipfel einer h6heren GrSgenklasse ganz unterdriickt oder doch seina genaue Lage verzerrt werden kann, was bei Nichtberiicksichtigung zu Fehlurteilen fiihrt. Dies veransehauliehen sehr sehSn meine Befunde der Tabelle 4 auf S. 618f., wennwir in ihr beiVariation b, d und f die Lage des 3. H~ufigkeitsgipfels ira Dilnnsehnitt (unter 10/~) mit der entspreehenden Lage im 12 bzw. 13 # dicken Sehnitt vergleichen (s. auch Text S. 619f.). - - Dug unter Umst~nden auch die mit den Stoffwechselbedingungen sich ~tndernde Menge der Nucleolensubstanz in geringem abet doeh naehweisbarem Grade das Kernvolumen beeinflussen kann, zeigen racine Befunde auf S. 611f. - - Augerdem sei betont, dug der variationsstatistischen Kernmessung stets eine genaue histologische Durchmusterung des GesamtFrdiparates vorauszugehen hat, um yon vornherein dureh einen m6glichst umfassenden ~berbliek die Gefahr jeder Einseitigkeit, welche zu statistisehen Fehlurteilen filhren k6nnte, auszuschliegen. Es gilt hier das Goethe-Wort: ,Bew~hrt den Forseher der Nutur ein frei und ruhig Schuuen, so /o/ge Megkunst seiner Spur m i t Vorsicht und Vertruuen." Beziiglieh der Bew~ihrung der variationsstatistischen Kernmeflmethodik im allgemeinen sei bier nut vermerkt, da[3 die yon mir hierfilr ausgearbeitete und angegebene Untersuchungsart auch yon den meisten zur Zeit in der Kernmessung t~tigen Forschern als zweekm~gig anerkannt und in ihren Grundzilgen auch beibehalten wird, unter Umst~nden mit Anwendung kleiner Modifikationen I. Abet neben den vielen zustimmenden und die Brauehbarkeit der Methode best~tigenden Untersuehungen waren yon vornherein - - sehon aus psyehologischen Grilnden - - aueh vereinzelte Stimmen der warnenden Kritik zu erwarten, die hier keineswegs versehwiegen werden sotlen. So hat R. MEYnX 1936 - - vermutlieh angeregt dureh seine im gleichen Bande abgedruckte medizinische Dissertation - - eine Mitteilung verfffentlieht, welche den Untertitel tr~gt: ,,Eine Kritik ~ler bisherigen vuriutionsstatistisehen Untersuchungen d e r Kernvolumina". In dieser Schrift versucht Verfusser an Hand eines grogen mathematisehen Apparates zu beweisen, dug eine genuue Kerngr6genbestimmung etwas ilberaus Problematisches ~ sei. Tuts~chlich beweist er aber damit nut, dug ihm die erforclerliche eigene Anschauung und Erfahrung auf dem Gebiet der praktisehen Kernmessung noeh abgeht. Und bloge (~berlegung ohne 1 So verwandte neuerlich Voss 1936 an Stelle der unmittelbaren Messung der Kerndurchmesser die Planimetermessung der gezeiehneten Kerndurehschnittfl~tche, aus der sieh dann durch Rechnung der Kerndurchmesser bzw. Radius ableiten l>. Diese Messungsax% wandte such sein Schiller H. G. MffLL]~R(1937) an. 2 Er legt dabei seinem mathematischen Gedankengung eigentlich nut eUipsoidal gestaltete Kerne mit vSllig "zu]dUiger Lagerung ihrer Achsen im Raume (s. M~YER, S. 358f.) zugrunde. Die erstere Annuhme trifft aber nicht zu fiir die zahlreichen Organe mit einwandfrei rundlichen Kernformen und die zweite nicht filr die Organe mit typisch ovalen oder langIichen Kernen. Bei letzteren l~gt sieh n~mlich unter Berticksichtigung des gesamten mikroskopischen Organaufbaus aueh die jeweiUge
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entspreehende Vertrautheit mit der Wirkliehkeit kann sehr irre fiihren. - - In zwei Punkten seien seine Beanstandungen noch besonders erwidert. So sehreibt er S. 354: ,,Eine Bestimmung des subjektiven MeBfehlers bei mehrmaliger Messung desselben Kerns und damit Angaben fiber die praktisehe Grenze der Mel]genauigkeit linden sich nirgends." Diese Anfrage kann ieh dahin beantworten, dab die GrOBenbestimmung ein und desselben Kerns auch bei wiederholter Messung dureh denselben 1 Beobaehter fast stets dieselben Werte gibt - - selbstverst/~ndlich vorausgesetzt, dab die Messung jedesmal mit roller Aufmerk-~mkeit und Genauigkeit 1 durehgefiihrt wird, andere Messungen haben aber sowieso keinen Wert. - Welter zitiert M g Y ~ auf derselben Seite 354 meine Angabe yon 1925, dab ich Kerne, die so welt v o n d e r kugeligen Form abweichen, dal3 sieh der grSflte yon d e m kleinsten Durehmesser um mehr als 14% unierseheidet, im allgemeinen bei der Aufstellung der Variation nicht mitverwandt habe. ~EYER beanstandet nun, dab ieh diese Angelegenheit ,,nicht n/~her diskutiert" habe. Er vermutet 2 darin also anseheinend eine fiir das Ergebnis der Gesamtvariation verh/~ngnisvol]e Fehlerquelle. In dieser Beziehung kann ieh abet v611ig beruhigen. Selbstverst~ndlich babe ieh auch diese stark ovalen Kerne zun/~ehst s/~mtlich untersehiedslos gemessen und in meinen Aufzeiohnungen vermerkt. Bei der endgiiltigen Aufstellung der V~riationskurve lieB ich jedoch diese stark ovalen Kerne fort, weil sie bei den sonst fast imlner rundlichen Kernformen der betreffenden Organe als abnorme Verzerrungen angesproehen werden mfissen. An sich h/~tte ich diese Kerne allerdings auch ebensogut in die Variationstabelle aufnehmen kSnnen, denn infolge~ ihrer Seltenheit h/~tten sie hierbei weder das Variationsbild noch die Lage der H/~ufigkeitsgipfel ver/~ndert. Davon hatte ich reich selbstverst/indlich schon bei der Aufstellung meiner ersten wie meiner sp/iteren Variationen immer jeweils fiberzeugt, allerdings ohne dies besonders im Druek zu vermerken, was ieh hiermit naehhole. Mein seinerzeitiger besonderer Hinweis auf diese Kernformen effolgte fiberhaupt nur deslmlb, well ich damit zum Ausdruek bringen wollte, dab man sieh bei Aufstellung einer KerngrSflenvariation ~uch immer klar werden mull, welche Kerrtform jeweils fiir die betreffende Zellart die charakteristische, fibliehe ist, und das ist z. B. bei den Leberzellen die rundliche und nicht die ovale Form. - Zellen mit wirklich durchgehend ovalen oder Ignglich gestalteten Kernen bedfirfen je naeh der Eigenart ihrer ~'orm (vgl. JAcoB~ 19~5, S. 195ff.) aueh jeweils angep~Bter Messungs- und Berechmmgsmethoden 3. Abgesehen yon diesen eben erledigten M~YERsehen Einw~nden ist meines Wissens kein weiterer Angriff auf die in so grol]em Umfang angewandte und in der Hand so vieler verschiedenartiger Forseher bew/~hrte Methodik der Kernmessung gemacht worden. Doch hat der Umstand, dab zweeks Vermeidung methodologischer Fehlerquel!en zun~ichst tmupts/tehlich - - wenn aueh keineswegs ausschliefflieh s __ Organe mit rundliehen KernfQrmen bei den Messungen bevorzugt Lage der Kerne zur Schnitt- und Messungsebene weitgehend bestimmen, so dab eine Messung stark ungleich gelagerter Kerne ohne weiteres vermieden werden k~nn (s. JAco~J 1985, S. 195). Dies heben zutreffend auch die ~nderen Autoren hervor, welehe sich mit der Messung ausgesprochen ovaler Kerne befaBten. So sagt B6H~ 1934, S. 468: , A u c h dfirf.en nur solche Kerne benutzt werden, deren IA'ngsachse in der Schnittebene lie#t",, und Ht~rzsche betont 1936, S. 47, dab er ,,Schr/~g- und Anschnitte" von der Messung ausgeschlossen habe. 1 Vgl. hierzu aueh die neuesten Ausfiihrungen H6rP~]~gs 1939, S. 500ft., fiber die Zeichnungsgenauigkeit verschiedener Zeichner. 2 Der diesbeziiglichen Ausffihrung von H. G. M~LLER 1937, S. 299, liegt anscheinend dieselbe Vermutung zugrunde. So wurden z. B. mit bewuBter Berfieksiehtigung der dutch die ovale Kernform bedingten besonderen Verhaltnisse das Verdoppelungswachstum naehgewiesen
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wurden, die Kritik noch eines andern Autors wachgerufen. So urteilt H. G. M~LLER in seiner Dissertation 1937, S. 297, hinsichtlich der - - zun/~chst haupts/~chlich in Organen mit rundlichen Kernen nachgewiesenen - - Gesetzm~Bigkeit des Verdoppelungswachstums: ,,Die nStige Kleinarbeit, die zum Aufstellen eines allgemeinen, umw/~lzenden Wachstumsgesetzes nStig ist, wurde bis heute noch lange nicht geleistet, besonders weil man mit Vorliebe nut die bequemsten - - und damit verwandte - - Objekte bearbeitete, und einen grogen Teil yon Material wegen verschiedener Schwierigkeiten beiseite lieg." Dazu ist zu sagen. Der Vorwurf der ,,mangelnden Kleinarbeit" ist schon im Hinblick auf die iiberaus zahlreichen, das Verdoppelungswachstum an den verschiedenartigsten, rund- ~ber auch ovalkernigen (s. S. 590, Anm. 3)Zellarten (bei Mensch, Wirbeltieren, Wirbellosen, Pflanzen, Geschwiilsten) best~tigenden Einzeluntersuchungen (s. S. 673 f.) ungerechtfertigt. Daft man aber zum Nachweis gesetzm/~Biger Beziehungen zum mindesten zun/~chst vor allem Objekte aUsw~hlt, die hierfiir geeignet, ,,bequem" sind - - d. h. die m6glichst wenig Fehlerquellen in untersuchungstechnischer (methodologischer) Beziehung darbieten - - ist eine aUgemein anerkannte und befolgte wissenschaftliche Selbstverst/~ndlichkeit. Ergeben sich abet bei wissenschaftlichen Untersuchungen Beziehungen 9esetzmiifliger Art, so miissen sie auch als solche gekennzeichnet werden, schon damit die fiir Nachpriifung und Weiterforschung erforderlichen Grundlagen in mSglichst klarer Fassung vorliegen. Auf wissenschaftlichem Neuland darf aber auch eine zun/ichst methodologisch bedingte anf/~ngliche (s. oben S. 590) Einschr~nkung des Untersuchungsbereiches nicht ohne weiteres als Einseitigkeit abgelehnt werden. Deim um bei der bewundernswerten und erfreulichen Mannigfaltigkeit der Natur iiberhaupt erst einmal gewisse Anhaltspunkte zu ihrer Erforschung zu gewinnen, bedarf man unter Umst~nden zun~chst auch einer gewissen ,,bewugten" Einseitigkeit, die aber gleichzeitig yon einer Schau nach den grol~en umfassenden Zusammenh/~ngen geleitet und iiberpriift sein mul~. Die Bef/~higung zur Forschung erweist sich dann darin, wie weir es dem Einzelnen ge!ing~, diese scheinbaren Gegens/~tze der ,,bewugten Einseitigkeit" und der ,,erstrebten ~bcrschau" zu einem harm0nischen, sich der Wirklichkeit gegeniiber bew/~hrenden Zusammenklang zu bringen. - - Dabei kommt fiir jedes Forschungsgebiet ein Zeitpunkt seiner Entwicklung, bei dem die sich mehrenden Einzelbefunde - - welche sich s6wohl hinsichtlich ihrer Zuverl/~ssigkeit wie der Art ihrer Auswertung je nach der Pers5nlichkeit des Untersuchers oft weRgehend nnterscheiden - - neben Aufbau und K!/~rung zun/~chst auch Zweifel und Widersprtiche bereiten kSnnen. Darum ist es fiir den weiteren gesicherten Ausbau eines an sich schon sehr beziehungsreichen Gebietes - - wie es die ZellgrfBe ist - eine dringende Notwendigkeit, sich m5glichst friih kl/~rende Einblicke in die wichtigsten Wirkungsgrundlagen und Weehselbeziehungen zu verschaffen. Ein hierdurch gewonnener ~berblick wird nicht nur vielfach erst ein Verst/~ndnis flit manche vorher unbegreiflichen Einzelheiten liefern, sondern oft auch unerwartete neue Ausblicke und Fragestellungen er6ffnen: yon J. B 6 ~ 1934 an den ovalen Kernen der Zylinderepithelzellen des menschlichen ~Nebenhodenganges und des Trachealepithels der Katze, von HI~TZSC~t~ und T A ~ g 1937 an den ovalen Kernen des Duodenalepithels der Ratte. --.Die spezielle Frage, wie bei ovalen bzw. ellilgsoidal und l~inglich gestalteten Zellkeraen die MeB- und Berechnungsmethodik immer den jeweils vorliegenden besonderen Verh/iltnissen angepaBt werden k a n n und muB, behandelt B6HM 1934, S. 467ff., JA~OBJ 1935, S. 195ff., HI~TZSOH]g 1936, S. 46ff., I-II~TZSC~E und TAnNeR 1937, S. 166f. Und neuestens erbrachte K. H. L A ~ E 1940 such bei den lgngliche~ Kernen der glatten Muskelzellen (Ureter, Diinndarm, schwangerer Uterus) den Nachweis eines Verdoppelungswachstums auf das 8fache Volumen gegeniiber der Grundklasse K r
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Walther Jacobj : I n diesem Sinne habe ieh versueht, in der vorliegenden Arbeit die
_KerngrSflenJrage von den verschiedensten Seiten aus anzugehen unter gleichzeitiger Beachtung der groBen gesetzm~Bigen Zusammenh~inge.
I. Das ,,Leistungswaehstum" der Zelle als Ausdruek einer spezifisehen Reizbeantwortung. 1. Reizbarkeit, Zellwachstum und Zellvermehrung. Zu den charakteristischen Eigenschaften des Lebens geh6rt - - worauf 1752 der berfihmte Physiologe ALBR]~CHT HM~L~R als erster auf Grund lflarer physiologischer Versuche hinwies - - die Reizbarkeit (Irritabilit/it) u n d die damit verbundene Gegenwirkung der lebendigen Masse, ihre _Reaktions/dhigkeit, die in weiterem Sinne als ,,Anpassungs/~ihiglceit" yon besonderer lebenswiehtiger Bedeutung ist. W/ihrend die Reizbeantwortung (Re~ktion) betriebsphysiologisch vor allem in Bewegungsu n d Sekretionserscheinungen ihren sinnf/flligen Ausdruck finder, kann sie sich zellmorphologisch ~ abgesehen yon einer Umgestaltung der feineren Zellstrulcturen - - auch in einer .~nderung des Zellwachstums 1 und der Zellteilungsh~iu/igkeit /iuBern. Dementspreehend ist bekanntlieh im allgemeinen bei einem anspreehf/ihigen Organismus eine hiihere Jbeistungsan/orderung gefolgt yon einer Zunahme (Hypertrophie)1 der beanspruchten lebendigen Masse, w~hrend umgekehrt Riickgang oder Verlust dner hinreichenden Betdtigung mit ihrer Abnahme (Atrophie) verbunden ist. Diese Vorg~nge kSnnen an ganzen Organen wie an einzelnen Zellen in Erscheinung treten. Bei letzteren k a n n sich eine Steigerung der Lebensvorgi~nge (progressive Prozesse) sowohl in einer Zunahme der Zellenzahl durch vermehrte Zellteilung (numerisehe Hyperplasie), als aueh in einer Zunahme der Masse der Einzelzelle (zellul/~re Hypertrophie) auswirken. I m AnsehluB an VI~C~ow kennzeiehnet aueh heute noch die Pathologie die zum Zellwachstum anregenden Reize als nutritive oder trophische, die zur Zell. vermehrung ]i~hrenden Reize dagegen als/ormative. Bei einer derartigen begrifflichen Unterscheidung ffagt es sich: I s t es tats/tchlich eine Verschiedenheit der Reize, welche die Zelle zu dieser verschiedenen Reizbeantwortung (Reaktion) veranlaBt, oder ist es nieht vielmehr yon dem 1 Das zur Zunahme der lebendigen Masse fiihrende echte Wachstum, d~ h. jgner wunderbare Vorgang der Umwandlung yon Leblosem in Lebendiges, beruht auf r eigenartigen Einbau entsprechend aufgespaltener lebloser N/~hrstoffe in alas lebendige Gef/ige (Organisation). F/ir diesen, in seinem inneren feineren Verlauf
unbekannten Vorgang wird vielfach aueh der Faehausdruck des Anbaus (Assimilation) vemvandt, dem als Gegensatz der Abbau (Dissimilation) gegen/ibersteht. - Von den auf tatsachliehen Anbau (bzw. Abbau) beruhenden Waehstums- (bzw. Riiekbi!dungs-) Vorg/~ngen ist scharf zu trennen die bloBe Gr6Benzunahme, wie :sie bedingt wird durch die Aufn~hme bzw. Speieherung yon .Wasser oder andern Stoffen in die Zelle in leblosem Zustand (als sog. Paraplasma), d.h. ohne dab sie in deren lebendigen Zusammenhang eingebaut werden (vgl. hierzu S. 632 und die Bespreehung der ,,Kernsaftfrage", S. 680ff.).
Die versehiedenen Arten des gesetzm~I3igen Zellwachstums.
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jeweiligen Leistungs- und Betriebszustand der Zellen und 5rtlichen Gewebe abh~ngig, ob ein und derselbe Reiz zur Zellvermehrung oder zur ZellvergrS~erung fiihrt 71 Um einigermaBen gesieherte Handhaben zur Entseheidung dieser Frage zu bekommen, haben wir aber erst einmal die Voffrage zu kls Unter welehen besonderen Bedingungen, und fiber welche Wirkungsweise ffihren fiberhaupt ~u~ere Einfliisse zu Zellwachstum und zu Zellvermehrung ? Der Zweck des folgenden Absehnittes ist es nun, zun~chst zu zeigen, wie - - in Abhi~ngigkeit yon der ,,/unktionellen Strulctur" eines Organs - unterschiedliche Bedingungen der Zellt~tigkeit an ganz bestimmten Organstellen den Anreiz zu einem durch gesteigerte Leistungsanforderung ausgelSsten Zellwachstum geben, welehe Wachstumsart wir dementsprechend auch als ,,Leistungswachstum" kennzeichnen kSnnen.
2. Rhythmisches Zellwachstum in Abhi~ngigkeit vom ,,/unktionellen" Organau/bau. a) Lageplan der verschledenen Zellklassen in radi~ir strukturierten ~Leberldppchen. Sehon zu Beginn meiner Zellkernmessungen (1925) fiel mir auf, da~ die verschiedenen, Zell- und Kernklassen - - deren Volumina in den Beziehungen einer geometrischen Verdopplungsreihe zueinanderstehen (s. S. 586) - - in der ausgewachseneu S~ugerleber (yon Maus und Ratte) nicht beliebig ]agern, sondern jeweils verschledene Zonen der radi~r gebauten Leberls in auffMlend typischer Weise bevorzugen. So land sich die kleinste Zell- und Kernklasse ( ~ Monomere oder Grundklasse) fast ausschliel~lich im Zentrum und in der Peripherie des Lappchens, dagegen verteilt sich die in ihrem Volumen doppelt so gro~e ( ~ dimere) Klasse - - die gem~13 der besonderen H~ufigkeit ihres Vorkommens auch als ,,Regel".Klasse gekennzeichnet werden kann - - fiber das ganze Li~ppchen, w~hrend schlieitlich die im Verhifltnis zur Grundklasse 4- und 8fach so grol~en (tetra- und oktomeren) Zellklassen haupts~chlich in der zwischen L~ppchenmitte und -oberfli~che gelegenen sog. intermedi~ren Zone lagern (vgl. JACOBJ 1925, S. 152 f.). Zum anschau]ichen Verst~ndnis und als Beleg hierffir sei Abb. 1 wiedergegeben. Diese meine Befunde wurden auch yon andern Forschern best~tigt. So weist G. Scn~ST]~ anl~l~lich seiner Untersuchungen an der M~useleber 1937, S. 495, darauf bin: ,,Wie JACOBJkonnte ich im weiteren feststellen, daI~ die kleinen Kernformen sich in der peripheren und zentralen Zone finden, die groflen dagegen in der intermedi~iren Zone." Ebenso hebt SAVS]~R1935, S. 679, Abb. 4, hervor, dab in der Leber der weiBen Maus die ,,grSBten Kerne in der intermedi~ren Zone" liegen. Entspreehende Verhaltnisse - - d.h., da]~ die Regelklasse diffus fiber das ganze I~ppchen verteilt ist, w~hrend die h6heren Ktassen die intermedi~re Zone bevorzugen - - konnte BIRKEI~MAIER1934, S. 7995. auch in der Leber des ttindes feststellen. - - Ferner zeigte J. BSHM 1931, S. 204, an der Kaninchenleber - - welehe 1 Die Beantwortung dieser Frage erfolgt in Kapitel I, S. 608. ~V. R o u x ~ A r c h . f. E n t w i c k h m g s m e c h a n i k .
B d . 141.
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W~lther Jaeobj :
allerdings weniger grol]kernige, dafth" aber besonders zahlreich doppelkernige Zellformen besitzt - - , daI3 die zweikernigen Leberzellen nieht gleichm/il3ig fiber das L~ppehen verteilt sind, sondern sich verh~ltnismiiBig am seltensten in der zentralen, dagegen zahlreich in der laeripheren und vor a l l e m in der intermedi~ren Zone vorlinden. - - Aueh in der L e b e r des M e n s c h e n kann man eine gewisse Bevorzugungr der intermedi~ren Zone dureh die hfheren Zellklassen bemerken. Der Umstand dal] dieses Verhalten in der menschliehen Leber stellenweise nieht ~ so ausgesprochell O
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Abb. 1. Topographisehe Anordnung der'versehiedenen ZeiJk]assen im Lebertfi.ppcllen tinct erwachsenen Maus. (Naeh JACOBJ 1925.) und regetm~Big wie in der Nagetierleber ist, steh~ - - wie wir sp~iter (S. 604) sehen werden - - mit der im Vergleieh zum Nager stellenweise etwas geringeren Ausbildung der Radi~rstruktur in den Leberl~ppehen des Menschen in Zusammenhang. 1 Das geht u . a . aueh aus d e n Tabellen der menschlichen Leberzellkerne yon CLARA (1930b, Tabelle 1, l a , 3, S. 154f., S. 165) hervor, in denen die Zellkerne jeweils gesondert ffir die zentrale, intermediate und dig periphere L~ppehenzone ausgemessen sind. So betont W. MICI~_~ELIS(1938) neuerdings, dab er in der mensehliehen Leber neben einem Fall yon bevorzugter intermedi~rer Lagerung der groBkernigen Zellformen (a. O. S. 572) aueh L~ppehen land, die ein solehes Verhalten nicht zeigten (vgl. aueh SAVS~R 1935, S. 679, Abb. 3). Doch ergibt die yon MIc]~]~LIS untersuehte u der zweikernigen Leberzellen des Mensehen fiir die verschiedenen
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W e i t e r h i n fiel m i r ebenfalls schon 1925 auf, d a b n i c h t n u r die geschild e r t e besondere Lagerung, s o n d e r n i i b e r h a u p t das t y p i s c h e ' V o r k o m m e n m e h r e r e r Zell- u n d K e r n k l a s s e n bei tier L e b e r in Beziehung zu d e r e n radi~irer S t r u k t u r . steht. L e b e r n ohne radi/~re A n o r d n u n g i h r e r K a p i l l a r e n u n d L e b e r z e l l b a l k e n zeigen n/~mlich b e m e r k e n s w e r t e r w e i s e n i c h t 1 das sonst v o r h a n d e n e t y p i s c h e V o r k o m m e n v e r s c h i e d e n e r Zenklassen. So b e s i t z t n a c h m e i n e n U n t e r s u c h u n g e n a n einzelnen V e r t r e t e r n d e r verschiedenen W i r b e l t i e r k l a s s e n d i e Leber b e i m F i s c h (Selachier), b e i m A m p h i b i u m (Proteus), R e p t i l (Lacerta), Vogel (I-Iuhn), a b e t a u c h b e i d e r n i e d e r e n S~ugerordnung d e r M o n o t r e m e n (Echidna), ebenso bei d e n Embryonen d e r hSheren S/~uger (einschlie$1ich Mensch) in t y p i s c h e r Weise je n u r eine Zellklasse; allen diesen L e b e r n fehlt a b e r a u c h vSllig j e d e radi~re S t r u k t u r ihrer L/~ppchen (Lobuli). Zur Erg~nzung meiner eigenen vergleiehend-anatomisehen Stiehproben veranlaBte ich OTTO BIRXENMAIr~, in seiner Dissertation (1934) noeh an einer weiteren Zahl verschiedener A r t e n d e r einzelnen Wirbeltierklassen die Lebem in dieser Beziehung zu untersuehen. Auch er kam zu dem gleichen Befund, dab namlieh die Wirbeltierleber, soweit ihren L~ppehen ein radi~rer Aufbau abgeht - - wie bei Fiseh, Amphibium, Reptil, Vogel - - abet auch bei den primitiven S~ugerarten, Igel und Fledermaus, bei denen eine radiate Leberl~ppehenstruktur nut ganz nndeutlieh entwiekelt ist - - in typiseher Weise je nut eine Zellklasse fiihrt. Es f r a g t sich nun, 1/~l~t sich dieser aus d e n v o r l i e g e n d e n B e f u n d e n eindeutig als T a t s a c h e h e r v o r g e h e n d e Z u s a m m e n h a n g zwischen d e r radi/~ren S t r u k t u r d e r L e b e r l a p p e h e n einerseits u n d d e m d a m i t verb u n d e n e n A u f t r e t e n d e r m e h r w e r t i g e n (polymeren) Zellformen sowie ihre b e s o n d e r e L a g e r u n g in d e n verschiedenen L a p p c h e n z o n e n andererseits d u t c h eine urs~chliche Erkl/~rung verst/~ndlich m a c h e n ? - - W i e ich i m folgenden zeigen werde, ist dies sehr g u t mSglich, n u t e r f o r d e r t es eine g e n a u e Beriicksichtigung des f u n k t i o n e l l e n A u f b a u s d e r L e b e r bzw. ihrer m o r p h o l o g i s c h e n wie f u n k t i o n e l l e n G r u n d e i n h e i t e n , d e r Leberl/~ppchen.
b) Der /unktionelle Organau/bau der Leber. Vor allen andern Organen zeichnet sich die Leber bekanntlieh dadurch aus, dab ihr mannigfaltige, dabei sehr wiehtige, ja lebensnotwendige Aufgaben im Gesamtstoffv~echsel zufallen, so dal~ der bahnbreehende Altmeister der Physiologie, CARL LuDWm, die Leber treffend als das ,,chemisehe Laboratorium" des Organismus kennzeiehnete. Diese ihre Bedeutung kommt schon in ihrer Lage zum Ausdruek; ist doeh die Leber eingesehaltet in einen Blutstrom, dessen Wurzelgebiet L~ppehenzonen folgende Verh~ltnisse (a. O. S. 578): Zentrale Zone 29%, intermedi/~re Zone 49%, peril)here Zone 22%; also zum mindesten in bezug auf die Doppelkernigkeit - - deren nahe Beziehung zur GroBkernigkeit auI unserer S. 668 hervorgehoben wh'd - - ein deutliches ~berwiegen der intermedi~ren Zone aueh beim Menschen. l Auf eine ,,Ausnahme" hiervon werde ich auI S. 606 eingehen, well sie sehr sch6n zeigt, wie bei Naturgesetzen ,,Ausnahmen", wenn man ihnen n~her naehgeht, oft gerade besonders geeignet sind, die in der ,,Regel" zum Ausdruck kommenden urs~ehlichen, gesetzmaftigen Zusammenh~nge aufzukl~ren. 38*
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Walther Jacobj :
seinen kapillaren Ursprung nimmt aus dem die Nahrung aufsaugenden Verdauungsrohr, weiterhin aus der das Blur reinigenden Milz, sowie aus der Bauchspelcheldriise mit ihren hormonliefernden LA~OERHA~sschen Inseln. Schon hieraus wird verst~ndlich, ~nwiefern gerade der Leber, dem gr6Bten Driisenorgan des Organismus, eine wichtige, vielfach entscheidende Bedeutung im Kohlehydrat-, Eiweil3-, Fettund Nucleinstoffwechsel zukommt - - ganz abgesehen yon ihrer Gallenabsonderung, ihren Entgiftungsreaktionen (z. B. mittels G]ycurons~uresynthesen) und anderem. Dieser bemerkenswerten Vielseitigkeit der Aufgaben ist auch der feinere Aufbau der Leber angepaBt. Dabei ist sie nur in der ersten Entwicklungszeit ein einheitliches Gebflde und wird sehr bald in der Phylo- wie Ontogenese in gleichartige Abschnitte, die sog. Leberldppchen, gegliedert, die sich in morphologischer wie funktioneller Beziehung als die Grundeinheiten1 des Gesamtorgans darsteUen. Diese L~ppchen zeigen einen fachwerkartigen Aufbau dreier, ne~zf6rmig ineinandergeflochtener Bautefle: der Leberzellbalken, ihrer Gallenkapillaren und der die Lficken ausfiillenden Blutkapillaren. Gerade das Verhal~en der letzteren und iiberhaupt des Gef~13apparates der Leber ist ein sehr eigenartiges und den Aufgaben dieses wichtigen Stoffwechselorgans besonders angepaBt. Stellt sich doch das Kapillametz der Leberl~ppchen als ein zwischen zwei Venen eingeschaltetes ,,ven6ses Wundernetz" 2 dar, welchem dutch die ~stchen der Leberarterie Sa*uerstoff zugeftihr~ wird. Da die zwischen den Leberzellen gelegenen ,,Kapillaren'~ dieses Wundernetzes sinusartig erweiter~ sind, so bedeutet dies eine schwammartige Verbreiterunga der Strombahn, welche sich in einer st~rken Verlangsamung der Blutstr6mung geltend machen muB. 9 Diese intralobul~ren Blutkapfllaren und d~mit natiirtich auch der Gesamtaufbau des L~ppchens bekommen nun in der nachgeburtlichen Weiterentwicklung der h6heren S~uger und des Menschen - - in einem je nach der zoologischen Ordnung und Art wechselnden Umfange - - eine mehr oder weniger ausgebfldete, nach dem L~ppchenzentrum mit seiner abftihrenden Zentralvene ausgerichtete, radidre4 Anordnung. Diese radiar eingestellten Kapillaren sind untereinander durch quer verlaufende K~pillarmaschen verbunden, deren Zahl jo nach dem L~ppchenbezirk wechselt. - - Wie BR~,VS schon 1896 und 1924, S. 321f., ausfiihrt, beruht die bald nach der Geburt beginnende radi~re Ausrichtung der meisten Kapillarmaschen, die zunachst tmregelm~Big verlaufende Geflechte bilden, sehr wahrscheinlich auf dem EinfluB der Zwerohfellatmung. ,,Unter dem Druck des Zwerchfells wird die Leber ausgedriickt 5 wie ein Sehwamm. Innerhalb der einze]nen 1 Diese Leberl~ppchen k6nnen iibrigens trotz ihres einhelblichen Gesamtgepr~ges sowohl in bezug auf Gr6i3e wie attf Einzelheiten der ~uBeren Form in ein und demselben Organ weitgehend variieren (vgl. auch t~UHL 1932, S. 250). 2 Als Parallelerscheinung bei andern Organen kann man auf den ,,P/ortaderkrei~lau]" der Urniere hinweisen, w~hrend die ,,arterieUenWundernetze" (Wunderkn~ule) der Nierenglomeruli gewissermal}en d~s axterielle Gegensttick darstellen. Als weitere Beispiele fiir derartige Verbrei~erungsformen der Strombahn l(Snnen - - werm aueh bei anderer Gef~l~anordnung im einzelnen - - nur die Mflz und das Knochenmark angefiihrt werden; und es ist kein Zufall, dal~ gerade diese 3 0 r g a n e (Knochenmark, Milz, Leber) mit solch ausgesprochener Verbreiterung und Verlangsamung der Blutstr6mung die bek~nnten wichtigen Beziehungen zur Blutbfldung h~ben. Treten doch bekanntlich schon w~hrend der Embryon~lzeit die Mitosen der BlutbildungszeUenbesonders reichlich dort auf, wo der Blutdruck ausgesprochen niedrig ist (vgl. BRO~L~ 1927, S. 213). a Solch str~hlige (radiate) Anordnung der feins~en Blutwege kommt iibrigens worauf schon BR~US 1924, S. 321, hinwies - - ,,sons~ in den Venae stell~tae der Nierenrinde (auch der Leberoberfl~iche selbst) und in den Venae vorticos~e des Augapfels vor". Hu~,cx weist 1937, S. 465, auf die Bedeutung der jeweiligen Zwerchfellform fiir die mehr oder weniger ~usgiebige Auspressung der Leber hin. -
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L/~ppehen nimmt das Blur den kiirzesten Weg yon der Peripherie zur Mitre. Die Zentralvene liegt an der Stelle geringsten Druckes, auf welche das Blu~ hinflieBt. In der BrusthShle herrscht negativer Druck, in der BauchhShle hSherer Druck als in der BrusthShle. Die Pfortader~ste liegen rein intra-abdominal, die Lebervenen dagegen sehlieBen an die intrathoracal gelegene Streeke der Vena cava inferior dieht an; daher besteht zwischen beiden ein Druckgef/~lle. Durch diese Momente wird die unmittelbareWirkung desZwerehfells auf dieLeber verst/~rkt oder erse~zt." Wenn wir nun die eben als bemerkenswert angeffihrten, ffir den Kapillarkreislauf des ausgebildeten Leberl/~ppehens kennzeiehnenden beiden anatomischen Befunde: 1. der Stromverlangsamung durch die sinusartige Erweiterung der Kapillaren ira venSsen Wundernetz und 2. die Ausbfldung zahlreicher, zur Zentralvene radi~ir eingesteIlter Kapillaren in funktioneller Beziehung auswerten wollen, so mfissen wir uns diesen Sonderfall im Hinblick auf die allgemeinen Verh~ltnisse des Kapillarkreislaufes klarzumachen suchen. Anl~iBlich meiner experimentellen Untersuehungen fiber den peripheren Gef/~Bapparat w/es ich 1920, S. 73ff., darauf hin, dab die einzelnen Kapillaren offenbar ffir den Blutstrom und die Blutverteilung im Gewebe nicht gleichwertig sind, sondern daB wir unterscheiden kSnnen einerseits die mehr !/~ngs Verlaufenden, aus den Arteriolen spitzwinklig abzweigenden und die letzteren mit d e n Venenanf~ngen mSglichst unmittelbar verbindenden ,,Stromlcapillaren ''1 und andererseits die mehr reehtwinklig abzweigenden, das weitl~ufige Kapillarmasehennetz bildenden ,,Netzkalgillaren ''1. Aus dieser verschiedenen Anordnung ergibt sich die Erkl/~rung dafiir, inwiefern das Kapillarsystem seinen beiden grundlegenden, abet gegens/~tzlichen Aufgaben gerecht werden kann: N/~mlich einerseits der Stoffabfuhr bei dissimilatorischen Vorg~ngen, und andererseits der Stoffabgabe an die Gewebe zu Assimilationszweeken. Wird doeh einersalts die naturgem/~] sehneUere StrSmung in den l~ngsgerichteten ,,Stromkapillaren" nach Art einer Wasserstrahlpumpe ansaugend auf die umgebenden Gewebss/~fte wirken, w~hrend andererseits das in den quer anastomosierenden ,,I%tzkapillaren" oft bloB ]eicht bin- und herpendelnde, oder zeitweise auch ganz stockende Blur besonders gfinstige Bedingungen darbietet f fir eine Diffusion seiner l~/~hrstoffe in den Bereich der bedfirftigen Zellen und Gewebsbestandteile. Diese im alIgemeinen Kapillargebiet vorliegenden Verh/~ltnisse sind den jeweiligen 5rtlichen Sonderbedingungen entspreehend angepaBt. - - I m Sonderfall des Leberkreislaufes ist obne weiteres klar, dab sehon allein die weitgehende 1 Diese Kennzeichnnng als ,,Strom-" und ,,lqetzkapillaren" ist seitdem weitgehend aueh yon andern Forschern fibernommen worden. Vgl. z. B. O ~ . Mi~LZE~ 1922, S. 14, TAble,BEInG 1925, S. 356, 293, SrALTE~OLZ1927, S. 418, 430. - - Um besonders spezialisierte Bildungen dieser Arb handelt es sich anscheinend bei den yon S~A~F,R 1932 beschriebenen anastomosierenden Blutbahnen in den Darmzotten. Beziiglich der Abgrenzung der funktionell so wiehtigen ,,Kapillarenkurzschliisse" zu den sog. ,,arterio-venOsen Anastomosen" - - denen in neuerer Zeit mit Recht wieder ein besonderes Augenmerk zugewandt wird - - vgl. M. CLA~X 1939 u.a., S. 96ff.
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Walther Jacobj :
Verlangsamung der Blutstrfmung im venSsen Wundernetz mit seinen sinusartig erweiterten Kapillaren die Diffusion und Abgabe yon Stoffen aus der Blutbahn an die Leberzellen weitgehend begiinstigt. Diese fiir die Assimilation an sich so wertvolle Verlangsamung der BlutstrSmung schlieBt aber andererseits die Gefahr einer zu weitgehenden Blutstockung in sich, wodurch die Leistungsf~higkeit des Organs sehr eingeschr~nkt werder~ kOnnte. Diesem im venSsen Wundernetz gelegenen, funktionellen Gefahrsmoment wirkt nun seine, in der Leber der hOheren S/iuger vorhandene, radi~re Ausbildungsform entgegen. Deren funktionelle Eigenart beruht darauf, dab die DurehfluBbedingungen in den radi~r eingestellten Kapillaren - - als den kiirzesten zentralvenen- und damit herzwi~rts geriehteten AbfluBbahnen - - besonders giinstig sind, so dab in ihnen unter Vermeidung einer nutzlosen Stockung in verh~Itnism~Big kurzer Zeit eine grSBere Menge des Pfortaderblutes das Liippehen durchflieBen kann. Dies bedeutet aber eine ohne OrganvergrSBerung durchffihrbare, erhebliche Stelgerung der relativen Lelstungs/dhigkeit der Leber-- was gerade bei den S~ugern mit ihrem gesteigerten Stoffwechsel besonders wiehtig ist. Wenn daher die nicht radi~r gebaute Leber des neugeborenen Kindes noch 1/1s--1/20 des GesamtkSrpergewichtes ausmaeht, w~hrend in der nachgeburtliehen Entwicklung das relative Lebergewieht bis auf 1/50 des KSrpergewiehts beim Erwachsenen herabsinkt I - - obgleich die Leber doeh gerade erst nach der Geburt ihre vielseitigen und lebenswichtigen Aufgaben im Stoffweehsel zu erftillen hat - - so mSchte ich diese eigenartige, ja anscheinend widersinnige (paradoxe) ~, d . h . trotz steigender funktioneller Beanspruchung vor sich gehende relative Organabnahme nieht unwesentlieh auf die durch die nachgeburtliche Erwerbung der Radi~ranordnung betr/~ehtlich, gebesserten funktionellen Strukturverhs a der Leber und ihre hierdureh bedingte erhShte relative Leistungsf~higkeit zuriickfiihren. 1 Vgl. BRAYS (1924, S. 307)~ Auch FISC~.L gibt 1929, S. 358, fiir den Menschen an: ,,Das relative Gewicht, d. h. das Gewicht der Leber im Verh~tltnis zum Gesamtgewicht des KSrpers, ist beim Neugeborenen etwa 2mal grOl]er als beim Erwachsenen, woraus die relative Gewichtsabnahmeder Leber wiihrend des extrauterinen Lebens erhellt" (Sehr~gdruck yon mir eingesetzt). Da an der naehgeburtlichen KSrpergewichtszunahme sehr weitgehend auch die auf den Glykogenstoffwechsel angewiesene Muskulatur beteiligt ist, dieser Stoffwechsel aber in Beziehung zur Leberfunktion steht, so erhSht dieser Umstand nur noch die oben geschilderte, scheinbare Paradoxie. a Wenn somit die Leber beim Erwachsenen durch den naehgeburtliehen Erwerb yon funktionell giinstigeren Strukturverh~ltnissen mit einer relativ herabgesetzten OrgangrSl]e auskommen kann, so stellt dies keinen unvergleichbaren Sonderfall dar, sondern es is$ bekarmtlich ein h~ufiger Entwieklungsbefund, dab zun~tchst unverhaltnismal3ig urafangreiche und ausgesprochen plump aussehende KSrpergebflde mit der besseren funktionellen Durchbfldung ihrer Feinstruk~uren auch in ihrer Gesamtmasse eine zierliehere und damit auch artmutiger wirkende Formgestaltung erhalten. Man denke z. B. nur an die urspriinglich plumpe Form der GliedmaBenpaddeln und ihre sp~tere feine Ausdifferenzierung.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~Bigen Zellwaehstums.
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Betrachten wir tibrigens die eben behandelten Struktur- und Gr6Benverh~Itnisse der Leber vergleichend-anatomisch, so ist der oben S. 595 el~v~hnte Befund, dab die Kaltbliiter (Fische, Amphibien, Reptilien) mit einer nicht radi~r strukturierten Leber auskommen, bei den verh~ltnism~Big sehr geringen Stoffwechselansprfichen 1 dieser Tiere ohne weiteres verst~ndlieh. Ganz besondere Beachtung verdienen in diesera Zusammenhang die Leberverh~ltnisse bei den VSgeln, welche neben den Saugern die einzige warmbliitige Wirbeltierklasse darstellen. Da die Vogelleber bekanntlich keine Radigrstruktur besitzt, so kann die damit verbundene geringere relative Leistungsf~higkeit dieses Organs bei den gleichzeitig groBen Stoffwechselanspriichen am einfaehsten dadurch wettgemacht werden, dab bei diesen Warmbliitern die relative Lebergr6Be zunimmt. Diese aus unsern obigen ~kusfiihrungen sich ergebende theoretische Forderung sehen wir aber auch tats~chlich bei den VSgeln erfiillt. So betont der Zoologe vow 1)~ S~RASS~ 1911, S. 15, dab die Vogelleber ,,sehr ansehnlich, verhSltnismSflig viel gr6[3erals bei S~iugetieren " ist. So schwankt bei den V(igeln das Verh~ltnis vom Lebergewicht zum Gesamtgewicht zwischen a/11 (Taucher)und 1/~7 (Singv6gel). - - Wenn ~ nun noch auBerdem berticksiehtigen, da~ unter den S~ugern dem Ameisenigel (Echidna) nieht nur jede Radi~rstruktur in der Leber abgeht, sondem dab dieses Tier anch ausgesprochen thermolabil ist 2 und dab weiterhin diejenigen S~uger, bei denen eine ~adi~rstruktur der Leberl~ippehen nur schwach angedeutet ist, wie Fledermaus und Igel, zu den ,,Winterschl~fern''a mit zeitweise stark herabgesetztcm Stoffweehsel geh6ren, so diirften diese Befunde die Auffassung best~tigen, dab zwischen
der Radidrstruktur der Lgppchen, der relativen Lebergr6fle und den Gesamtstoffwechselbedi~r/nissen des betre/]enden Organismus eine gewisse Wechsdbeziehung besteht. c) Die Zonen des LeberldTpchen8 und ihre ]unIctionelle Eigenart. Aber abgesehen v o n d e r v o r s t e h e n d b e h a n d e l t e n , d u t c h die Radis s t r u k t u r b e d i n g t e n , hi~modynamischen Leistungssteigerung der Leber sind m i t dieser S t r u k t u r noch andere, fiir die F u n k t i o n wichtige Besond e r h e i t e n v e r b u n d e n . B e d i n g t doch der Radi~rverlauf der Gef~Be e i n e n y o n der L~ppchenperipherie n a c h seinem Z e n t r u m h i n ausgesprochen differenziert ausgerichteten A u f b a u des Leberlappchens, so da~ i n i h m ringfSrmige Z o n e n verschiedener funktioneller B e a n s p r u c h u n g e n t s t e h e n . Diese verschiedenen Z o n e n u n t e r s c h e i d e n sich n u n - - wie dies auch 1 Der geringe Stoffwechselanspruch der Amphibien wird sehr sehSn veransetmulieht durch die Tatsache, dab bekanntlich der Frosch einige Zeit ohne Luft wie auch ohne Blutkreislauf ungestSrt leben kann, w~ihrend bei den Warmbliitern (VSgeln, S~ngern) Sauerstoff- wie Kreislaufmangel sofortigen BewuBtseinsverlust und baldigen Tod zur l~olge hat. Morphologiseh ~nBert sich dieser verhaltnism~Big geringe Stoffwechselbedarf auch in dem ausgesprochen primitiven Aufbau der Amphibienlunge, zumat bei den Urodelen, bei denen sogar in einigen Arten (z. B. bei sehr vielen Salamandrinen) im erwachsenen Znst~nde die Lungen fehlen (vgl. WI~DERS~EI~ 1909, S. 566). 2 So hat Echidna nach C. J. M ~ R ~ (1902) nieht nur die schon an sieh fiir einen S~uger niedrige KSrpertemperatur yon 25--30 ~ die mit der AnBentemperatur wechselt, sondern er ,,verf~llt wi~hrend der kalten Jahreszeit in Winterschlaf, seine KSrpertemperatur tibersteigt dann nur um einige Zehntelgrade die AuBentemperatur". - - Auch die in der Echidnalunge auftretenden weiten Luftri~ume - - welche ei~e gewisse Parallelisierung mit den Verh~ltnissen der Reptilienlunge erlauben ( W I ~ ) ~ s ~ E ~ ]909, S. 580) - - mSchte ieh als Ausdruck der besonders geringen Lebhaftigkeit des Stoffweehsels dieses S~ngers ansehen. Vgl. u.a. 1~. HESSE 1938, S. 397f.
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Walther Jaeobj :
aus I n j e k t i o n s p r ~ p a r a t e n (s. S. 601) a n s c h a u l i e h h e r v o r g e h t - - in bezug auf die ffir die O r g a n t ~ t i g k e i t so wichtige K a p i l l a r v e r s o r g u n g in folgender Weise. An der Oberfl~che (Peripherie) des L~tppchens befinden sich auI]er richtigen ,,intralobuliiren" Pfortaderzweigen (vgl. P•UHL 1932, S. 250) auch noch die zum Pfortadersystem geh6renden, weiten Buchten der Venulae lobulares, welche sich erst weis l~ppcheneinw~rts bfischelf6rmig in die eigentlichen Kapillaren verzweigen, so dab erst in dieser mehr einw~rts gelegenen Zone - - trotz ihres naturgem~B kleineren Umfanges - - die Kapillaren ihre absolute H6chstzahl erreichen. Dementsprechend ist auch die Dichte der Kapillarlagerung in diesem und den einw~rts ansehlieBenden L~ppchenbezirken eine besonders starke und fibertrifft die in L~ppchenperipherie wie -zentrum vorhandene Kapillardiehte. Dabei sind in diesem zwischen L~ppchenoberfl~ehe und -zentrum gelagerten, gfirtelf6rmigen Zwisehengebiet, der sog. intermediSren Zone, die Kapillaren nicht nur in ihrem L~ngsverlauf weitgehend aufgezweigt, sondern sie zeigen untereinander auch zahlreiehe Queranastomosen 1 im Sinne der ,,Netz"-Kapillaren. Nach der L~ppehenmitre mit ihrer Vena centralis zu vereinigen sich dann die in der intermediareu Zone stark verzweigten ttaargefgBe wieder zu ,,pr~ven6sen Sammelkapillaren", welche in die Zentralvene einmiinden. Die eben in bezug auf das K a p i l l a r v e r h a l t e n gekennzeichnete, intermedigre Zone v e r d a n k t ihre E i g e n a r t als ausgesprochenes l~bergangsg e b i e t d e m U m s t a n d , d a b in ihr einerseits d e r positive (dureh die A r t e r i a h e p a t i c a noch v e r s t g r k t e ) D r u c k der P f o r t a d e r s t r 6 m u n g aufhSrt, wiihrend a n d e r e r s e i t s die d u r c h d e n , , n e g a t i v e n " Do~D~Rssehen D r u c k (Sog) d e r B r u s t h S h l e b e d i n g t e A n s a u g u n g des L e b e r v e n e n b l u t e s erst schwach w i r k s a m ist. I n einem solchen Gebiete sind infolge des M a n g e l s a n s t a r k e r e n Kri~ften, welche d e r B l u t s t r S m u n g eine e i n d e u t i g radii~re R i c h t u n g aufzwingen k 6 n n t e n , die B e d i n g u n g e n zur A u s b i l d u n g zahlreicher, q u e r a n a s t o m o s i e r e n d e r N e t z k a p f l l a r e n . n a t u r g e m i i g b e s o n d e r s gfinstig 3. Dies h a t w e i t e r h i n zur Folge, dal~ die in diesem h a m o d y n a m i s c h so eigenartigen (~bergangsgebiet der i n t e r m e d i a r e n Zone gelegenen Leberzellen in b e s o n d e r s ausgiebige B e r i i h r u n g m i t d e m B l u t s t r o m kommen. 1 Inwiefern gerade diese Intermediarzone besonders geeignet ffir die Ausbildung yon Queranastomosen ist, wird im folgenden (S. 600) auseinandergesetzt. B~Aus stellt 1896, S. 44, die Wirkung des negativen intrathoracalen Druckes auf die postembryonale Gefal]ausbfldung im Leberlappehen folgendermaiten dar: ,,Denken wit uns in den Lebervenen . . . einen kraftigen negativen Druek auftreten, so wird d~s Leberblut stark angesaugt werden und auf den naehsten Wegen den Lebervenen ZuzustrOmen suchen. Bevorzugt werden natfirlich alle radigr gelegenen Strecken der in allen Dimensionen gewundenen Gefal]e . . . Die iibrigen GefaBe . . . werden in demselben MaBe wie die radialen sieh ausbilden und vermehren, vom Blutstrom gemieden; sie verkiimmern und verschwinden bis auf wenige, welche als Queranastomosen notwendig sind fiir den Fall, dab Zirkulationsst6rungen in den radi~ren Kan~len eintreten." Gemal~ dieser BRAvsschen Darstellung kann es also gar nicht wundernehmen, dab im Leberl~ppchen die Bedingungen fiir eine kapillare Queranastomosenbfldung mit entsprechender Entfernung yon der starker ansaugenden Zentralvene - - d.h. in der intermedi~ren Zone - - giinstiger werden.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~l~igen Zellwaehstums.
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Le~zteres war bereits friiher den Anatomen aufgefallen. SO schreibt v. E ~ E R 1902, S. 220: ,,])as Verhalten der einzelnen Leberzellen zu den Blutgef/~Ben is~ yon der WeRe und Anordnung der letzteren abh~ngig. Wo die Gef~Be welter sind, wie an der Oberfltiche und in der Mitre der L'~ppehen, werden dieselben im Querschnitt yon je 5--9 Zellen begrenzt, im entgegengesetzten Falle dagegen nur yon 3--5 Zellen; mit andern Worten ausgedrtickt, kommt in letzterem Falle jede Zell~ mit 3--4 Kapillargef~[~en in Beriihrung, in ersterem meist nut mit einem oder zwei. Jenes Verhalten hat iibrigens bei weitem die grSBere Verbreitung, was in physioloyischer "Beziehung gewi[3 aUe Beachtung verdient ''~. Der Umstand, dal~ sowohl nach der L~ppehenmitte (Zentrum) wie nach der L~ppchenoberfldche (Peripherie) zu die Gef~Be (d. h. zentral die pr~venSsen Sammelkapillaren und peripher die weRen Buchten der Venulae lobulares) eine verh~.ltnism~Big weite Liehtung huben, w~hrend das Gebiet der feineren Kapillarver/~stelung und damit der besonders innigen Blutversorgung der Leberzellen in dem intermedliiren Zwischenraum gelegen ist, kommt iibrigens ansehaulich auch in den bekannten zwelseitigen In~ektionen - - einerseits yon der Pfortader, andererseits yon den Lebervenen aus - - zum Ausdruek, welche zugleieh auch eine iibersiehtliche Darstellung des haupts~chlichen EinfluSbereichs einerseits der ansaugenden Krafte des Lebervenengebietes ~ und andererseRs des positiven Druckes in der Pfortaderverastelung geben (vgl. RAV~ER-KoPsc~ 1936, Abb. 181). Wo in solchen Injektionspr~paraten beide Gef~l~gebiete aneinander grenzen, dort h~$ten wir den ungefi~hren mittleren Bereich der intermedi~ren Zone zu suehen. Die physiologisehe Eigenart dieser intermedii~ren Zone beschr/inkt sich aber nieht auf die gesehilderte besondere Diehte ihres Kapfllarnetzes, wodurch sehon an sieh die Stoffwechselbedingungen ffir die dort gelegenen Zellen besonders gfinstige sind, sondern aul~erdera setzt die mit der zunehmenden Kapillarverzweigung verbundene Verbreiterung der Stromb a h n die Dv2chstrSmungsgesehwindigkeit gerade in dieser Zone sehr herab und liefert dadurch bier besonders giinstige Bedingungen (s. S. 597 f.) zur Abgabe von Stoffen aus der B l u t b a h n an die Gewebe u n d ihre Zellen. D e r radi/~re Aufbau des Leberli~ppchens bedingt aber nieht n u t die eben behandelte besonders ausgiebige Kapillarversorgung der intermedidiren Zone, s o n d e r n sie wirkt sieh auch noch in anderer Beziehung differenzierend auf die Lebensverh~ltnisse der Leberzellen in den verschiedenen L/~ppchenzonen aus. So werden der L~ppehenperipherie die Stoffe des Pfortaderblutes aus erster H a n d zugestellt; bis abet der Blutstrom das L~ppehenzentrum erreieht, kSnnen seine N/ihrstoffe bereits an die Zellen der vorgelagerten Zonen abgegeben u n d der v o n d e r Leberarterie zugefiihrte Sauerstoff unter Umst/inden schon v e r b r a u c h t sein, welcher U m s t a n d wohl die bekannte grOl~ere Anf/~lligkeit der zentral gelegenen Zellen fiir degenerative Vorg/~nge bedingt. Mit diesen Verh~ltnissen erkl/~ren sich die dem Pathologen vertrauten Befunde, dab einerseits die Leberzellen der Peripherie die bevorzugten Ablagerungsstellen des Fettes bei starkem Fettgehalt des Blutes (Lip~mie) sind und demnach die 1 Sehragdruck nich~ im Original. EntspreChend diesen h~modynamischen Bedingungen geht bekanntlich die Leberstauung in ihrem Anfangsstadium vom Lappchenzentrum aus, welches hierbei eine dunkelrote ~ r b u n g zeigt, w~hrend die I~andbezirke zun~chst noch eine hellere Farbe behalten.
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Walther Jaeobj :
Erscheinung der peripheren Hettin/iltration bei der ,,Steatosis transportativa" zeigen, w~hrend andererseits die Leberzellen des Zentrums zu der sog. zentralen Leberver/ettung (z. B. bei Sauerstoffarmut 1 des Blutes) neigen, die h~ufig auch der Ansdruck einer ,,Steatosis degenerativa" ist. Wie die ,,transportative" Fcttablagerung, so bevorzug~ beim Menschen auch die Glykogenin/iltration, so lange sie in m~Bigem Grade auftritt, die Z~ippchenTeripherie. In diesem Zusammenhang ist auch der folgende yon GI~RXE (1919, S. 443) angefiihrte Tierversueh sehr lehrreich. W~hrend sich n~mlich'bei glykogenreichen Tieren dieser Stoff gleichmi~I3ig im Leberl~ppchen verteilt vorfindet, erfolgt beim Hunger die Glykogenabnahme yon der Peripherie her, bis nach einigen Tagen vSlliger Glykogenschwund ausgepr~gt ist. Die bemerkenswerte Tatsache, dab der Glykogenschwund dabei peripher beginnt, finder nach GIERKE ihre Erkl~rung v e t mutlieh darin, daB die im Pfortaderblnt enthaltenen diastatisehen Fermente naturgem~B Ms erstes die L~ppchenperipherie erreichen, und somit hier zuers~ ~las Glykogen znm Abbau bringen kSnnen. DaB bei der Amyloiderkrankung -- welche auf einer perikapillaren Amyloidablagerung beruht (BoRsT 1926, S. 115) - - zun~chst in typischer Weise die intermedidre Zone bevorzugt ist (GI~KE 1919, S. 425), versteht sich yon selbst, wenn wir an unsere obigen Ausfiihrungen denken, nach denen gerade in dieser Zone die Abl~gerungsbedingtmgen besonders giinstige sind. Alle diese Feststellungen der Leberpabhologie best~tigen also nach Art y o n NaturexTerimenten die - - schon aus den morphologischen Befunden ableitbare ~ Auffassung, dab d u r c h die radis S t r u k t u r sich das Leberliippchen in Zonen verschiedener /unktioneller Eigenart bzw. Sto//wechselbeanspruchung gliedert.
d) Das rhythmische Leistungswachstum der Zelle in Abhdngigkeit von ihrer 5rtlichen Beanspruchung. Aus den Ausffihrungen des vorigen Abschnittes ergibt sich, da~ das
radidrgebaute LeberlgpTchen gewissermaflen eine y o n der N a t u r selbst gelieferte, elnwand/rei physiologische Versuchsanordnung darstellt, um das Verhalten ein und derselben Zellart beg verschiedenen Erndhrungsund Sto//wechselverhdltnissen und damit auch bei unterschgedlichen Arbeitsbedingungen/estzusteller~. D a m i t b e k 0 m m e n aber unsere obigen Befunde (S. 593f.) fiber die zonenm~tl~ige A n o r d n u n g der verschiedenen ZellgrSl]enklassen im radi~rstrukturierten L e b e r l ~ p p e h e n eine besondere B e d e u t u n g 2. Sie zeigen n~mlich, dab die in bezug auf Kapillarversorgung u n d Assimilati(insbedingung bevorzugte intermedi~re Zone aueh die Bildung der grol~en Zellklassen begfinstigt. Die urs~chliche Erkl~rung fiir diesen befundmaBigen Z u s a m m e n h a n g l~t~t sich unschwer aus der allgemeinen Zellbiologie geben. 1 Diesbeztiglich ist yon Belang, dab R~BER~ (1897, 1902, S. 49f.) am Herzen nachweisen konnte, dab die Verfettungsbezirke eine deutliche Anlehnung an die Venenverteilung zeigen. Es wird dies damit in Beziehung gebracht, dab hier das Blur bereits am sauerstoff~rmsten ist und dadurch den Zellen die Oxydation des Fettes erschwert wird (GIERK~ 1919, S. 439). Wie ich dies sehon zu Beginn meiner Untersuchungen 1924 erkannte und anlaB]ieh der Freiburger Anatomen~agung 1926a, S. 231f., ganz kurz zur Darstellung br~ehte.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~$igen Zellwachstums.
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Zun/s v e r s t e h t m a n schon ohne weiteres, d a b ffir die u n t e r den giinstigen Stoffwechselbedingungen der intermedi/iren Zone a r b e i t e n d e n Leberzellen eine m i t o t i s c h e Zellteilung eine e i n g r e i f e n d e F u n k t i o n s b e h i n d e r u n g b e d e u t e n wfirde. Nun macht aber schon O. HERTWIG 1923, S. 578f., ganz allgemein in bezug auf die ,,Kernteilungs]iguren des K6rpers im ausyebildeten ZuStand" darauf aufmerksam, ,,dab solche in ZeUen, die mit einer spezl/ischen Funktion betraut sind, so ]ange sie normal fungieren, last stets vermiflt werden. Nach den umfassenden . . . Untersuehungen yon BIzzozERofinden in den sezernierenden Zellen der verschiedensten Drfisen keine Kernteilungen statt". Und etwas weiter unten (a. 0. S. 579) sagt O. HERTWm zusammenfassend: ,,Mit der Arbeitsteilung ist daher besonders ffir die Zellen, welche eine intensive Arbeit leisten, dabei einem leichteren Zerfall ausgesetzte Plasmaprodukte bflden und einen spezifischen Stoffwechsel unterha.lten, eine Abnahme ihrer Vermehrungsf~higkeit verbunden. Die mehr indifferent gebliebenen Zellen des K6rpers dagegen bewahr~n ihre Teilungsf~higkeit mehr oder minder." Diese auf ~lteren Befunden sich grfindenden Anschauungen konnten weiterhin yon K. PETER in einer Reihe von experimentellen, fiber die Jahre 1924 bis 1929 sich erstmekenden Arbeiten - - welehe diesen Fragekreis yon den verschiedensten Seiten angingen - - best~tigt und welter ausgebaut werden, so dal~ PET~.R in seiner letzten 1 diesbezfiglichen Untersuehung 1929, S. 602, zu dem Ergebnis kommt: ,,DAB Richt nur der Satz .eine Zelle, die sich indirekt teilt, arbeitet nicht ~ auf festen FiiI]en steht, sondern dab dasselbe flit die Umkehr des Satzes gilt ,erh6hte Tiitigkeit stellt einen teilungshemmenden Faktor dar, verringerte einen teilungs]6rdernden' - - u n t e r Teflnng ist immer nur mitotisehe Teflung zu verstehen." Dabei fiihrt PETER 1929, S. 563, noch besonders aus, dab Amitose ohne Einflufl au/die ZeUtiitigkelt ist, ,,da, sower bisher bekannt, keine der Zellfunktionen wiihrend ihres Ablaufes stil|e steht, sie geht gewissermaflen ,ohne Beru]sstSrung' vor sich". Bei Beriicksichtigung dieser biologisehen Gesetzm&~igkeiten sind n u n die urs~chlichen Z u s a m m e n h s fiir die besondere t o p o g r a p h i s c h e L a g e r u n g der verschiedenen ZellgrSB6nklassen in den v e r s c h i e d e n e n Zonen des L e b e r l ~ p p c h e n s k l a r e r k e n n b a r . I n der intermedi&ren Zone m i t i h r e n vielseitigen Stoffwechselbedingungen ist fiir die Leberzellen die funktionelle A r b e i t s b e l a s t u n g eine besonders rege, w ~ h r e n d gleichzeitig das in dieser Zone besonders reichliche N ~ h r s t o f f a n g e b o t d e n Zellen g e s t a t t e t , a u c h neues lebendiges P l a s m a a u f z u b a u e n , zu assimilieren. D a d e m n a c h die Leberzellen in dieser Zone infolge ihrer /unktionellen Belegung in der eben geschflderten Weise a n ihrer mitotischen Zellvermehrung behindert sind, so k a n n auch ihr W a c h s t u m n u r in F o r m der ,,Amitose ''2 erfolgen; somit k a n n es uns n i c h t w u n d e r n e h m e n , d a b die hSherwertigen, groBkernigen Zellformen (Tetra- u n d Octomeren) fast 1 ~ach v611iger Fertigstellung meines Manuskripts erseheint soeben noch eine weitere dieses Gebiet behandelnde Arbeit yon PETER (1940), in welcher er nach kritischer ft~berpriifung zu einer noehmaligen Best~tigung seiner frfiheren yon mir hier benfitzten Feststellungen kommt. Vgl. aueh PETER 1930. 2 Dabei ist echtes ,,amitotisches Wachstum" gekennzeiehnet durch eine in Verdopplungsschritten vor sich gehende Massenzunahme s~mtlicher im System der Zelle zusammengefafiten lebenden Einheiten von Kern und Plasma, welche nieht mit der sonst i~blichen mitotischen Teilung verbunden ist (vgl. S. 662f. und JACORZ 1926b, S. 569):
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ausschlieBlich in der intermedi/~ren Zone vorkommen. Demgegeniiber besteht in der funktionell sehr einseitig - - vor allem im Sinne der Ablag.erung lebloser (paraplasmatischer) Speichersubstanzen - - eingestellten peripheren Zone und in d e r nur stiefmiitterlieh versorgten zentralen Zone im allgemeinen keine Veranlassung zu funktionellem, amitotischem Wachstum 1, und so verstehen wir, dab gerade die beiden letztgenannten Zonen in der Iqagetierleber yon den kleinen, einwertigen ( ~ monomeren) Zell- und Kernformen bevorzugt werden, w/~hrend die Regelklasse diffus fiber das ganze L/~ppchen verteilt ist. Je ausgesprochener also die Radi/~rstruktur des Leberl/~ppchens ist, um so verschiedenartiger werden auch die funktionellen Bedingungen in den einzelnen L/~ppchenzonen sein, und damit ist die Grundlage ffir die Entstehung mehrerer, verschiedenwertiger Zellgr6Benklassen gegeben. Nun werden - - was auch BP~AvS 1924, S. 322, besonders betont - - im Laufe der nachgeburtlichen Entwicklung die Leberkapillaren gerade bei den Nagetieren ,,schlieBlieh alle radi/~r ~ geordnet, so d a b hier der strahlige Typus besonders ausgebildet ist, w/~hrend die Leber anderer S/~ugetiere in eLner Zwischenstellung verharrt. Dazu gehOrt auch der Mensch, dessen Leberl/ippchen zwar deutlich strahlig gebaut sind, aber doch an zahlreichen Stellen noch Reste des irregul/~ren Ausgangstypus bewahren". Bei dieser SaChlage wird ohne weiteres der an sich zun~chst sehr auffallende Befund verst/~ndlich, dab gerade die Nagetierleber (Maus, Ratte, Kaninchen) sich vor allen andern Lebern (JAcoBJ 1935, S. 176f.) durch die besondere H/~ufigkeit an verschieden- und h6herwertigen Zellgr6Benklass.en, sowie dadurch auszeichnet, dab bei ihr die Zellklasse V 2 die typische a Regelzelle ist, w/~hrend bei den Lebern aller andern Wirbeltiere und S/~uger, einschlieBlich des Menschen die Regelzelle yon Zellklasse V1 gebildet wird. Zusammen/assung. Die Ausffihrungen des vorliegenden Abschnittes kfnnen wir kurz dahin zusammenfassen: Nachdem ieh bereits 1925 eindeutig nachgewiesen hatte, dab das regelreehte, amitotische, zur Bildung der h6herwertigen Zell- und Kernklassen ffihrende Zellwaehstum einem Verdopplungsgesetz folgt, kSnnen wir ]etzt auch die besonderen Bedingungen erkennen, welche den urs~ichlichen Ansto]3 zu solchem Wachsturn geben. Es sind dies die jeweils durch Organaufbau, Ern/~hrung und die physiologisehe Zellaufgabe gesetzten besonderen Arbeits- und StoHwechselverhdiltnisse der Zellen bzw. der hierdurch ]eweils bedingte Um/ang der Zelltditigkeit. Diese Umst/~nde liefern aber nicht nur den Anreiz zur Bildung der versehiedenwertigen ,,niederen" oder ,,h6heren" Zellklassen, sondern sie bedingen auch die charakteristisehe Lagerung dieser Klassen 1 Siehe FuBnote 2, S. 603. Wie oben auf S. 596f. angefiihrt, ,,beruhen diese Umformungen sehr wahrsctminlich auf dem Einf]uB der Zwerchfellatmung". s Dieser ,,Typus" ist natfirlich nut bei normalen Lebens- und Ernahrungsverh~ltnissen der ausgewachsenen Tiere gegeben und kann unter abnormen Bedingungen (s. z . B . S . 622) ab~ndern.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~Bigen Zellwachstums.
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i n den verschiedenen Zonen des Leberl~ppchens. W e n n wir d e m n a c h die Ausl6sung des Zellwachstums i n d e n vorliegenden F~llen eindeutig au] Umwelts. 1 bzw. ]un~ionelle Ein]liisse zuri~ck/iihren k6nnen, so muB andererseits nachdrficklich b e t o n t werden, dai~ die zahlenm~iflige Gesetz-
lichkeit dieses Zellwachstums sich in keiner Weise aus dufleren Einfliissen ableiten ldflt, sondern allein der Ausdruck einer im ,,inneren" Bauplan der ZeUe begri~ndeten Gesetzm~ifligkeit des Zellebens ist~ auf welche wir im A b s c h n i t t VI, S. 678f., eingehen werden. Nachtrag. Den vorliegenden Abschnitt mSchte ich nicht schlieBen, ohne eine ncuerdings erschienene Arbeit von H.G. MiiLL~ (1937) zu erw~hnen. Dieser erkennt auf Grund seiner eigenen Befunde fiber ,,die Entwicklung der KerngrSBenverhMtnisse in der Lebcr der weiBen Maus" die yon mir 1925, 1926a, 1935 betonte Bedeutung der Struktur ffir das Auftreten hSherer Zellklassen an und hebt (a. O. S. 315) den fo!genden Satz durch Sperrdruck hervor: ,,Wichtig ist die Tats~che, daB die Ausbfldung der mehrgipfligen Variation bei der weiBen Maus der Entwicklung der ffir sie typischen Leberstruktur parallel geht: Ist die radi~re Struktur und der Fachwerkbau fertig (nach 3 Monaten), dann hat auch die Kurve ihre endgfiltige Form erreicht." Bezfiglich der charakteristischenLagerung der verschiedenen ZellgrSBenklassen jedoch meint M~LLER(a. O. S. 318f.) - - dem weder meine seinerzeitige (1926a), allerdings zu kurz gefaBte funktionelle Deutung noeh die Protomerentheorie zuzusagen scheint - - ,,vielleieht" lasse sie sich dureh eine ,,~berlegung erkl~ren", welche berficksiehtigt, d ~ der den Leberzellen zur Verffigung stehende Raum in den einzelnen Bezirken des Li~ppchcns verschieden ist. Mi~LL~RmuB sieh daraufhin aber selber den Einwurf machen, dat~ dann ja ,,an der Peripherie die grSBten Zellen liegen mii~ten", was - - wie er zugibt - - nicht stimmt. Um trotz dieses seiner ~berlegung widersprechenden Befundes seine Erkl~rung aufreeht erhalten zu kSnnen, meint er hierzu auf S. 319: ,,Daft es in diesem (n~mlieh peripheren) Gebiet nieht zu besonders groBen Kernbfldungen kommt, wird darauf zurfickzuffihren sein, dab hier eine durchaus denIcbare2 Neubildung von Kapill~ren yon den peripheren Gef~Ben aus auftritt (und)3 die Zellteilung strukturell erlaubt." Das klingt nun nicht nur reichlich hypothetiseh, sondern stimmt aueh nieht mit den auf unserer S. 600 behandelten Kapillarverh~ltnissen des Leberl~ppchens fiberein. Abet aueh davon abgesehen kann man sich nicht gut vorstellen, wieso allein der Umstand, dab reiehlich Raum vorhanden ist, an solchen Stellen eine besondere GroBzelligkeit und GroBkernigkeit bedingen, d.h. mit andern Worten die sonst iibliehea Mitose verhindern sell. Auch aus der allgemeinen Biologie sind mir keine derartigen Befunde bekannt. Die M/2LL~sche Deutung der Entstehung der GroBkerne versagt also schon bei der Leber, ffir die sie gedacht war. Erst recht ist sie unanwendbar 5 ffir alle sonstigen Fi~lle yon Zellwachstum, wie wir sie 1 ,,Umwelt" im aUgemeinen Sinne ist nicht nur die den Gesamtorganismus umgebende AuBenwelt, sondern in bezug auf die einzelnen Zellen miissen wir auch die unmittelbare gewebliehe Umgebung als ,,Umwelt" anspreehen. Im Original kein Kursivdruek. ~ 3 Im Original ausgel~ssen. 4 Dabei ist weiterhin noeh zu bedenken, dab die kleinste GrSBenklasse K 1 in der M~useleber doeh die ffir die meisten Organe fibliehe GrSBe (JACOBZ1925, S. 174, 188) irmeh~lt, eine GrSBenordnung, tier aueh die l~egelkerne der ~elsten mensehlichen Organe angehSren, wie ich 1935 S. 223ff. zeigte. Wie kSnnte z. B. die auf unserer S. 606 behandelte Abh~ngigkeit des rhythmisehen Zellwaehstums yon der 5r~lich gebesserten Ge/~iflversoryung oder gar die auf unserer S. 624 erw~hnte Abh~ngigkeit der KerngrSBe der Darmzellen von der Ern~ihrung mit der MtiLZERschenDeutung in Beziehung gebracht werden, yon ~nderem ganz abgesehen.
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Walther Jaeobj :
in den folgenden Absehnitten 3, 5b, 6 dieses Kapitels zu bespreehen haben, und die sieh alle vSllig zwanglos unserer funktionellen Deumng einordnen lassen. Jeden~alls diirfte aus dem eben Besproehenen hervorgehen, wie vorteilhaft es bei biologisehen Erkl~rungsversuchen ist, jeweils einen ~berbliek fiber ein grSBeres Gebiet ~nzustreben, wie ieh es in der vo~:liegenden Arbeit tue.
3. Rhythmisches Zellwachstum in Abh~'ngigkeit yon der 5rtlichen Ge/gflversorgung. N a c h d e m wir im vorigen Abschnitt erkannt h a b e n , dab bei der Leber das Auftreten der verschiedenen ZellgrSBenklassen jeweils den besonderen Stoffwechsel- u n d d a m i t Funktionsbedingungen der versehiedenen L~ppchenzonen angepaBt ist, erhebt sich n u n d i e weitere Frage, ob es sich hierbei nur u m e i n e n Sonderfall handelt, oder ob auch ganz allgemein urs~chliche Beziehungen bestehen zwischen besonders gfinstigen Ern~hrungs- bzw. Funktionsverh~ltnissen u n d der E n t s t e h u n g hSherwertiger Zellarten. U n d dies ist in der Tat der Fall. - - So war mir bereits zu Beginn meiner Kernmessungen aufgefallen u n d wurde auch seiner Zeit besonders hervorgehoben (1925, S. 162f.), dab in der BauchsTeicheldri~e (Ratte) die groflen ZeU- und Kern/ormen ausschli~efllich in gut mit Blutge/a'flen versorgten Dri~sengebieten vor]commen. Auf Grund dieser Befunde veranlaBte ich O. B m K E ~ M ~ , auf derartige Beziehungen zwischen GefiiBversorgung und Auftreten der groBkernigen Zellformen besonders zu achten; u n d dieser land ganz eindeutige Bestiitigungen der obigen B e o b a c h t u n g . So konnte er (1934, S. 797ff.), wovon ich reich aueh selbst dttrch •achpriifung iiberzeugte, in der Tr~inendri~se der Maus ein ganz verschiedenes Verhalten der Kern- und ZellgrSl~e Ieststellen, je naehdem ob er ein ge]Sflarme8 oder ein besonder8 ge/a'flreiches ])rfisengebiet untersuehte. Im ersteren Bereieh erhielt er bei Anfstellung der KerngrSBenvariation eine H~ufigkeitskurve mit nur einem einzigen Gipfel bei KerngrSBe K1, worin der hier vorliegende relative Mangel an grol3kernigen ZeUformen zum Ausdruck kommt. Demgegenfiber ergab die Untersuchung der KerngrSBen in einem ausgesprochen gef~Breiehen Gebiet derselben Drfise, ja desselben Schnittes eine dreigip/lige Kurve infolge des reiehlichen Vorkommens von groBen (Klasse K~) und ganz groBen (Klasse Ka) Kern- und ZeUformen. - - Ganz entsprechende Verh~]tnisse konnte B ~ R K ~ . ~ (1934, S. 805f.) dann noch weiterhin bei der Amselleber naehweisen. Gem~B dem iiblichen Verh~lten bei den Niehts~ugern bilden aueh die Leberzellen der Amsel an sieh nut eine einzige Kern: ldasse, die in dem einzigen ttaufigkeitsgipfel ihrer Variationskurve zum Ausdruek kommt. Aber abgesehen von diesem im GroBtefl der Drfise eingeha~ltenen, typische n Verhalten fielen vereinzelte Stellen auf, die sieh dureh besonderen Gef~13reiehtum auszeichneten. Bemerkenswerterweise treten nun ganz aussehliel31ieh gerade an diesen Stellen in unmittelbarer Naehbarschaft der Gef~Be iiberaus reichlich grol~kernige Zellformen auf, welche bei Aufstellung einer Variationskurve nur der gef~reiehen Gebiete einen zweiten H~ufigkeitsgipfel bilden, dessert GrSBenwer~ gegeniiber dem der iiblichen Zellen der Amselleber eine Volumensverdopplung zeigt. Mit diesen gleichartigen u n d eindeutigen Befunden an ganz verschiedenen Objekten (Rattenpankreas, Tr~nendrtise der Maus, Amselleber)
Die verschiedenen Arten des gesetzm~l~igen Zetlwaehstums.
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ist der Nachweis erbracht, daI$ - - nicht nut in der r a d i ~ strukturierten Leber, sondern auch ganz allgemein - - gebesserte Durchblutungs- und damit Ern~hrungs- und ~unktionsbedingungen bei spezi/isch arbeitenden Driisenzelten den Anstol~ zu einem rhythmischen Verdopplungswachstum geben kSnnen. Ein hSchst ansehauliches Beispiel, wie auch bei den WirbeUosen gute Gef~13versorgung yon ausschlaggebender Bedeutung ftir eine auffallende 5rtliche Bevorzugung yon Kern- und Plasmawaehstum sein kann, liefert H.A. STOLTE 1934 in seiner Untersuchung fiber die ,,selektive" Eibildung bei der oligoeh~ten Walrmart Stylaria lacustri~. STOLTEschreibt darfiber u. a. (a. O. S. 95): ,,Die Bevorzugung einer oder mehrerer Eizellen, die yon einer ,sele]ctiven' Eibildung spreehen l~[$t, erfolgt durch die erste Anlagerung an ein GefaiL Dadureh wird ein Vorsprung erreieht, der yon den andern Zellen w~hrend ihrer wahrscheinlieh begrenzten Lebensdauer nicht mehr eingeholt wried, und somit ihr Schicksal entscheidet." Auf die nahen Beziehungeu, die ganz allgemein bestehen, zwischen einer guten Gef~iflversorgung einerseits und einem zu Riesenzellenbfldung bzw. Mehrkernigkeit ffihrenden ]unlctioneUen ZeUwachstum andererseits, wird im Abschnitt 6 dieses Kapitels im einzelnen besonders hingewiesen bei Besprechung der Ostoclasten (S. 629), der Tathologischen Riesenzellen (S. 629), der Deciduariesenzdlen (S. 630) und des mehrkernigen Chorionzottensyncytiums (S. 630).
4. Beziehung und Gegensatz zwi~chen Zellwachstum (Hypertrophie) und Zeltvermehrung (Hyperplasie). I m vorigen Abschnitt sahen wir, welche urs~chlichen Zusammenh~nge zwischen einer guten Gef~versorgung und dem rhythmischen Zellwachstum bestehen. Um Mi~verst~ndnisse zu vermeiden, sei aber hier besonders betont, dal~ gute Gefs bzw. gute Ern~hrung nur dann ein amitotisches Zellwachstum ausl5sen kann, wenn es sich um Zellen handelt, die sich berei~s im Sinne einer spezifischen Aufgabe eingesteUt und ausgebildet (differenziert) haben. Trifft dagegen eine solche Gef~l~- und Ern~hrungsbegiinstigung jugendliche bzw. indifferent gebliebene Zellen oder solche, die in keinen st~rkeren spezifischen Arbeitsablauf eingespannt sind, so wird sie bei diesen - - so welt keine anderweitigen Hemmungen (s. S. 647) vorliegen - - lebhafte Zellvermehrung auf dem Wege der fiblichen mitotischen Zellteilung bewirken. So hebt FISC~EL 1929, S. 354, be] Schiiderung der frfihembryonalen, d.h. der noch nicht mit spezifischer Funktion belasteten, menschliehen Leber hervor, ,,daiS die Zellen der Leberstr~nge yon Blur umflutet, also gut erniihrt werden und sich daher rasch teilen 1.,, Auch BRO.~AZ~weist 1927, S. 213, auf den urs~chlichen Zusammenhang zwischen reichlichem 0rtlichem N~hrstoffangebot und der Mitoseh~ufigkeit bei den embryonalen Blutbildungszellen hin. Und Rovx betont 1912, S. 299, bei Besprechung der 4 kansalen Entwieklungsperioden des Lebens, daiS in der ]. ,,pr~funktionellen" Periode ,,abnorm veranlal$~e ttyper~mie Verst~rkung des noeh vererbten ~u bewirkt". Ebenso wachsen bekanntlich auch ,,bei der Mauser der VSgel die Reste der Federpapillen infolge gesteigerter Blutzu]uhr 1 aufs neue heran und entwiekeln neue 1 Schr~gdruck nicht im Original.
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:Federn"l. Und bei Gewebeziichtungen, bei welchen die Zetlen infolge ihrer Isolierung jeder organspezifischen Aufgabe enthoben sind, ,,regt das an Ndhrsto//en iiberladene .Mediums die Zellen zur Teflung an und ffihrt zur Entdifferenzierung" (H. A. STOLTE 1937, S. 125). Auf solchen Bedingungen einer versehieden stark ausgepr/~gten oder fehlenden spezifischen Zellfunktion und -struktur beruht ja. auch die Unterseheidung der Histologen a zwischen 1. den ,,labilen" Wechseloder Mausergeweben mit ihren mitosebereiten Zellen, 2. den ,,stabilen" oder ~,Arbeitsgeweben ''4, deren Zellen m i t zunehmender funktioneller Differenzierung und dadureh bedingter, mehr oder, weniger ausgesprochener Teilungsbehinderung eine Neigung zu amitotischem Zeilwachstum zeigen, und sehlieBlich 3. den ,,perennierenden" Dauergeweben (BIzzozERo), welche infolge sehr frfihzeitiger und sehr weitgehender funktioneller wie struktureller Spezialisierung (quergestreifte Muskelfasern, Nervenzellen) schon sehr bald ihre Teilungsf/~higkeit verlieren. In] Sinne dieser AusffihrungenkSnnen wir also bezfiglich der auf S. 592 f. erOrterten Frage der ,,trophischen " und ,,/ormatlven " Reize feststellen, dab es - - mindestens in sehr vielen F/~llen - - nicht yon der besonderen Art der Einwirkung als vielmehr yon dem jewefligen Bereitschhflszustand der Zellen abhdingt, ob dieselbe Wirkungsgrundlage das einemal ,,trophisch" zu einem Zellwachstum oder ein andermal ,,formativ" zu einer Zellvermehrung fiihrt. Da die iibliche organspezifische Zellt/itigkeit durch entzfindliche und anderweitige krankhafte Schiidigungen und St6rungen stellenweise sehr beeintr/~chtigt bzw. aufgehoben werden kann, so ist begreiflich, warum gerade in solchen - - unter Umst~nden noeh mit entzfindlicher Hyper/imie verbundenen - - F/illen h/~ufiger als sonst Mitosen .vorkommen. W/~hrend z . B . in der gesunden ausgewaehsenen Leber n nur sehr selten Mitosen beobachtet werden, sind diese z. B. sehr verbreitet in dem durch Phosphorvergiftung gesch/~digten Organ (OPPEL 1910, C L ~ A 1931a). Aber auch die Beobachttmgen MAcMAHo~cs (1933, S. 427), dal~ Leberzellmitosen jeweils in der Umgebung yon nekrotisehen Herden bevorzugt vorkommen (a. O. S. 429), mSchte ieh als Ausdruck daffir ansehen, dab die in der Nachbarschaft solcher Nekrosen gelegenen Zellen wegen der funktionell sehr ungfinstigen Arbeitsbedingungen ihre org~nspezifische T/itigkeit einstellen, daffir aber ihre fiir die Zellregeneration so niitzliche, ja notwendige Mitosef/ihigkeit zurfiekgewinnen. - - Manehe Widersprtiche zwischen Pathologen und Anatomen fiber die H/~ufigkeit oder Seltenheit ZUR STRASSEN 1911, S~ 3. ~ 2 Sehr/~gdruck nieht im Original. a Vgi. R6ssLw 1926, S. 917, CLARA1931a, S. 47. Die Kennzeiehnung der ,,stabilen Gewebe" als ,,Arbeitsgewebe" m6chte ich vorschlagen, da hierin zum Ausdruck kommt, dab es nut die unter Umst/~nden ,,umkehrbare'" (reversible) Arbeitsbelastung der Zelle ist, welehe ihre relative ,,Stabilit~t" gegeniiber der Mitose bedingt. 5 Vgl. u.a. CLARA 1931a, S. 48f.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~fligen Zellwachstums.
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der Mitosen in verschiedenen Organen lassen sich bei Beriicksichtigung der eben besprochenen Umsts naturgem~B aufkl~ren. ~brigens gilt nicht nut fiir die tierisehen Zellen, sondern auch ffir die P/lanzen tier oben behandelte Grundsatz, da~ mit der beginnenden funktionellen Ausdifferenzierung die Zellteilungen entsprechend aufhSren, w~hrend andererseits die Zellen zugleieh mit ihrer zunehmenden organspezifischen T~tigkeit (z. B. Drfisensekretion) die Neigung zeigen, an Kern und Plasma zuzunehmen, d. h. amitotisch zu waehsen (vgl. NOACK1929, S. 39, 46, 63). Bezfiglich der noch keineswegs gekl~rten Fragen, inwieweit manche Reize, Gi#e, Wundhormone usw. schon an sich normale Mitosen auslSsen kSnnen, welehe zur Zellteilung fiihren, sei auf v. M(~LLENDORFSttandbuch (1. II, 1929, S. 441ff.) verwiesen. Dort wird auf S. 482ff. die Wirlcung mitosenanregender Gi]te und auf S. 521ff. die der sog. Zellteilungshormone besprochen. Manchen solehen Stoffen gegeniiber sind die Zellen anseheinend sehr empfindlich (vgl. a. O. S. 484), so dab die angeregte KernmRose dann yon keiner Zellteilung gefolgt wird, oder dal~ sogar schon die Kernteflung pathologiseh, unter Umst~nden unter Chromosomenverklebung abl~uft (fiber die Beziehung des letzteren Umstandes zum Krebsproblem siehe unser Krebskapitel, S. 646).
5. Die ZeU- bzw. Zdlkerngr6fle in bezug au] allgemeine Umweltsein]liisse 1. Nachdem wir in den vorangehenden Abschnitten gesehen haben, dab innerhalb eines einzelnen Organs die Zell- bzw. ZellkerngrSBe einwandfrei yon den 5rtlichen Gef~Bversorgungs- bzw. Erni~hrungsverh~ltnissen beeinfluBt werden kann, fragen wir weiter, ob etwa auch eine den Gesamtorg~nismus treffende Umweltsi~nderung die Zell- und ZellkerngrSBe vers kann. Bei dieser Fragestellung miissen wit uns allerdings gleich yon vornherein klarmachen, dab dem lebenden Organismus je nach Tierart, Entwicklungszustand und sonstigen inneren und s Sonderbedingungen die verschiedenartigsten MSglichkeiten zu Gebote stehen werden, um auf solche Umweltseinfliisse zu reagieren. So mfissen wit uns bei Auswertung der Befunde und Ergebniss e solcher Versuche zuns groBer Vorsicht befleiBigen, bis ein sehr umfangreiches diesbeziigliches Beobachtungsgut zur Verffigung steht. Das darf uns ~ber nicht abhalten, derartige Versuche in verschiedensten Anordnungen vorzunehmen, denn gerade durch sie werden wir erst tiefere Einblicke dahin bekommen, inwieweit der Organismus bestrebt ist, die GrundklassengrSBe der Zellkerne in seinen Organen konstant zu erhalten, und inwieweit und in welcher Weise er mit einer GrSBens antwortet, d . h . wir bekommen erst so eine klare Anschauung einerseits v o n d e r St~i~'lce des Beharrungsverm6gens und andererseits yon dem Umfange der Ver~inderlichkeit der Zell- bzw. ZellkerngrSBe. 1 Hier sei an die Auffassung Goethes (1832) erinnert: ,,Die Gestalt steht. in bezug auf die ganze Organisation, wozu der Teil geh6rt, und somit auch auf die Auflenwelt, yon welcher das vollstandig organisierte Wesen als ein Teil betrachtet werden muB." ~V. R o u x ' A r c h , f. E n t w i c k l u n g s m e c h a n i k .
Ba. 141.
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a) ZeUkerngriifle und Wdirmezustand. Bei dem groBen EinfluB, welehen der W/~rmezustand auf den Ablauf chemiseher Reaktionen 1 wie auf den tierischen Stoffwechsel ausfibt, ist es naturgem/iB yon besonderem Wert, aueh seinen etwaigen Einflu~ auf die ZellkerngrSBe zu ermitteln. Da im gesunden Warmblfiterorganismus fiir gewOhnlieh (z. B. abgesehen vom Winterschlaf und sonstigen Sonderzust~nden wie Fieber) die TemperaturhShe jeweils eine ann/~hernd konstante (homoiotherme) ist, so eignen sieh fiir experimentelle Untersuchungen fiber etwaige i~nderungen der KerngrSBe bei ge/indertem W/irmezustand zun/~chst vor allem die wechselwarmen (poikilothermen) Kaltblfiter. Temperaturversuch am F@ch (Gold/isch). Zu solchen Versuchen w/~hlte ich unter den Fischen zun/~ehst den Gold/isch (Carassus carassus auratus), der sich bekanntlieh - - wie fiberhaupt die Karauschen --" an weitgehend versehiedene Temperaturen anpassen und sie gut vertragen kann. So hielt ich w/~hrend der k/~ltesten Wintermonate (Mitre Dezember bis Mitre Februar) die einen Goldfisehe im ungeheizten R a u m oder im Freien bei sehr niedrigen Temperaturen (im allgemeinen 0 bis etwa 60). Nieht selten war eine dfinne Eissehieht auf der Oberfli~che des Wassers vorhanden. Zur Gegenprobe hatte ieh andere gleich groBe Tiere im geheizten Zimmer (bei 17--20 o C). Die L/inge der zur Untersuchun8 " verwandten Goldfische lag um 6 em herum. Beziiglich ihres allgemeinen Verhaltens zeichneten sieh die W~irmetiere durch sehr starke Beweglichkeit und reichliche Futteraufnahme aus, w/~hrend sich die K~iltetiere entsprechend der mi~ der niederen Temperatur beim Kaltblfiter naturgem/il3 verbundenen Herabsetzung der Lebensvorg/~nge meist ganz ruhig auf derselben Stelle hielten ohne besonderes Nahrungsbedfirfnis. Naeh 2 Monaten tStete ich die Versuchstiere und untersuehte die ZellkerngrSBe der Leber, da an diesem Organ sich nicht nur ein unmittdbarer EinfluB der Temperatur geltend machen konnte, sondern auch ein mittelbarer, da ja der bei versehiedenen W/~rmegraden so weitgehend verschiedene Stoffweehsel auch ganz verschiedene Leistungsansprfiche an d~e Leber stellt. Das Ergebnis war nun, wie Tabelle 2 auf S. 612 zeigt, dal3 sich die LeberzellkerngrSBe der W/irme- wie K/iltetiere nur wenig voneinander unterseheidet, indem beim W/~rmetier a der H/~ufigkeitsgipfel dem Kerndurchmesser 5,5/x bzw. dem Kernvolumen 87 cbFe entsprieht, w~hrend beim K/fltetier b der ,,verbreiterte ''9' Gipfel in den Bereieh der Durchmesserwerte 5/5,5 # f/~llt mit l~eigung nach letzterem Werte zu. Bei genauer mathematischer Berechnung des diehtesten H/iufigkeitswertes (Dp) nach dem F~.c/z~C~l~schen Proportionsverfahren (angewandte Methode s. u . a . bei RAVTMA~-~r 1921) erhalten wir bei 1 Die chemisohe Reaktionsgoschwind~gkei~ wird bekarmtlich dutch eine Warmestoigorung stets erhfht, und zwar fiir je 10~ meistens auf das 2--3fache (vgl. ARNOLD 1919, S. 85). ~ ~ ~ber don Bogriff tier ,,Gipfelverbreiterung" siehe S. 618f.
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Die versehiedenen Arten des gesetzmaBigen Zellwaehstums.
K/fltetier b als typischen W e r t ffir den Kerndurehmesser D p : 5,4 #, d e m ein K e r n v o l u m e n y o n 82 eb# entspricht. Dieser zwar geringe, doch immerhin einwandfrei nachweisbare Unterschied der ZellkerngrS~e beim "W/s u n d K/~ltetier ist - - wie wir gleich u n t e n S. 612 sehen werden - - d u r c h einen bemerkenswerten N e b e n u m s t a n d bedingt. I n einer Beziehung war n/~mlich ohne weiteres bei den Zellkernen der Goldfische a u n d b ein einwandfreier quantitativer Unterschied festzustellen, n/~mlich in der GrSBe ihrer Kernk~rperchen (Nucleoli), die beim W~rmetier deutlich grSBer als beim K/~ltetier sind (vgl. Tabelle 1, S. 611). Sieht m a n mit der Grol~zahl der Histologen das KernkSrperchen nur als ein paraplasmatisches Material (s. G. HI~RTWIG 1929, S. 190f.) oder insbesondere im Sinne HAECK~.RS1 (1921, S. 33f.) als Kernsekret oder -exkret an, das in unmittelbarem Verh/~ltnis steht zur St/s der Stoffwechselbeziehungen zwischen K e r n u n d Plasma, so k a n n uns die VergrSl3erung der Nucleoli bei dem W~rmetier mit seinem ausgesprochea st~rkeren Stoffwechsel nicht welter wundernehmen. Ja, es k a n n unser Befund sogar als weiterer best/~tigender Beleg fiir die H A ~ c K ~ s c h e Auffassung gewertet werden. Was n u n die Einzelheiten betrifft, so liegen bei den y o n uns untersuchten Goldfischen die KernkSrperchen (Nucleoli) meist im inneren Bezirk der Leberzellkerne und eignen sich gut fiir eine messende Untersuchung, da sie einerseits meist je nur in Eiuzahl ~ im Zellkern v o r h a n d e n sind u n d andererseits ausgepr/~gt kugelrunde F o r m e n besitzen. Bestimmen wit also bei den bereits auf ihre GrSl~e untersuchten Zellkernen der Gotdfische a und b n u n auch die NucleolengrSBe, so erhalten wir (vgl. unten Tabelle 1) beim W/s a eine eingipflige Variation mit dem Tabelle 1. V a r i a t i o n
der Nucleolen3-GrSlle in den L e b e r z e l l k e r n e n des Goldfisches (bei Susafixierung und Paraffineinbettung).
Nucleolendurchmesser: (2r) in /z . Nucleolenvolumen: (4/3 ~t r 8) in cb# Zahl der F~lle ( = H~ufigkeit): a) Goldfiseh (W~rmetier) . . . b) Goldfisch (Kaltetier) . . . .
1 0,5
1
1,5 1,8
69
2 4,2 20 78
2,5 3 3.5 8,2 14,1 22~5 118 2
11
1
Summe: 150 150
H/~ufigkeitsgipfelbeim Durchmesser 2 , 5 # b z w . Nucleolenvolumen 8,2cb~u, w/~hrend bei der ebenfalls eingipfligen Variation des K/s b der ,,verbreiterte" (s. S. 618f.) H~ufigkeitsgipfel auf die Durehmesserwerte 1 Vgl. aueh M. HEIDE~HAINS (1907, S. 197If.) erg~nzende ehemische Ausfiihrungen zu dieser Lehre. ~Nur verh~ltnism/~l~ig selten findet man an Stelle eines einzigen einheitlichen Nucleolus zwei oder mehr Teilstiicke. 3 Die Nucleolen entstammen denselben Leberzellkernen, deren Gr~$e in Tabelle 2 unter a und b angegeben ist. 39*
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1,5/2/~, Mittelwert =-1,75/~ f/tllt, welch letzterem das Nucleolenvolumen 2,8 cb# entspricht. Daraus folgt, dal~ das dutch die H/tufigkeitsgipfel zum Ausdruck gebrachte typische Nucleolenvolumen beim K/~ltetier b (2,8 cbpe) gegeniiber dem W/~rmetier a (8,2 cb#) u m 5,4 cb/z kleiner ist. R e c h n e n wir diesen W e r t y o n 5,4 cb~u dem auf S. 611 als 82 cb# bestimmten typischen K e r n v o l u m e n des K/~ltetieres b zu, so erhalten wir den Volumenswert 87,4 cb#; dieser W e r t entspricht aber genau dem typischen K e r n v o l u m e n beim W/s a. Daraus sieht man, dal~ die oben (S. 611) nachgewiesene Gr6f3endifferenz der Zellkerne v o m W/~rme- u n d K~ltetier nur durch die entsprechende unterschiedliehe Gr61~e der Nucleolen bei den betreffenden K e r n e n bedingt ist. Auf diese Verh/~ltnisse ging ich hier deswegen n/s ein, u m an einem Beispiel zu zeigen; wie Gr6Benabweiehungen des Kernvolumens unter Umst/~nden, aueh durch Nebenumst/~nde bedingt sein k6nnen, welche aul~erhalb des eigentlichen Chromatingehaltes liegen. Temperaturversuch am Reptil (Eidechse). Zur Erg/~nzung meiner obigen Befunde a m Goldfisch n a h m ich einen weiteren, in gleicher Richt u n g liegenden Versuch bei einena Re~ptil vor und zwar bei der Zauneidechse (Lacerta agilis). Vergleiehen wir die typische, dureh den H/~ufig: keitsgipfel zum A u s d r u c k gebrachte KerngrOBe eines solchen Tieres v o m Sommer mit einem winterschlafenden k/~ltestarren Tier v o m Februar, so ergeben sich, wie Tabelle 2 zeigt, auch bier keine die Spielbreite des Klassentypus iiberschreitenden GrOl~enunterschiede. Tabelle2. V a r i a t i o n der ZellkerngrSBe in der L e b e r des Goldfisches u n d der Z a u n e i d e c h s e (bei Susafixierung, Paraffineinbettung). Kerndurchmesser: 2 r in /z . 3,5 4 Volumen: 4/3 re r 8 in e b / x . . 22,5 33,5 Zahl der Zellen ( = Haufigkeit) : a) Goldfisch (W/~l~netier) . b) Goldfiseh (K/~ltetier) . . e) Eidechse (Sommertier) 1. d) Eidechse (kitltestarres Wintertier) ~ . . . . .
2
4,5 5 85,5 48 65,5
4
59
34
100
14
0
39
99
1116,5 144
70
33 12
11
1
1
Summe : 150 150 150 150
U n t e r Zusammen/assung unserer Temperaturversuche am Fisch wie an der Eidechse ergibt sich also, dal~ die typische Kerngr6f~e eines Organs ein so feines Reagenz sie auch beim Warmbliiter gegeniiber lokalen 1 Nach der auf der Tfibinger Anatomie auf meine Veranl~ssung ausgeffihrten Untersuchung yon O. BI~KE~MAIER 1934, S. 804. Die in Susa fixierte Leber verdanke ieh der Liebenswfirdigkeit des leider so frfih vers~orbenon Dozenten der Zoologio B~vNo EGOIST, Tfibingen. N~hero Angaben fiber Wintersehlaf und K/~ltest~rre dor Eidechso siehe in seiner diesbozfiglichen Untorsuchung 1935, S. 215ff., und 1936, S. 249ff.
Die verschiedenen Arten des gesetzmgBigen Zellwaehstums.
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Stoffwechsel- u n d F u n k t i o n s u n t e r s c h i e d e n d a r s t e l l t - - sich doch U m w e l t s s c h w a n k u n g e n gegeniiber w e i t g e h e n d k o n s t a n t e r h a l t e n k a n n , ein U m s t a n d , d e r i i b e r h a u p t erst ermSglicht, bei v e r g l e i c h e n d - a n a t o m i s c h e n U n t e r s u c h u n g e n m i t , , t y p i s c h e n " KerngrSBen w e i t g e h e n d gesichert zu a r b e i t e n . Temperaturversuche an Frosehlarven. DaB bei Temperaturversuchen an Larven auch die jeweiligen besonderen E n t w i c k l u n g s v e r h g l t n i s s e beriicksichtigt werden mfisseu, u m F e h l d e u t u n g e n zu vermeiden, zeigt d e r folgende Versuch a n L a i c h e i e r n des b r a u n e n Grasfrosches (Rana/usca) 1, die sich bei verschiedener T e m p e r a t u r zu K a u l q u a p p e n (Gyrini) entwiekeln. Bei diesem vom 7.--21.3. durchgeffihrten Versueh tat ieh die eine H~lfte des befruchteten Laiehs eines Froschpaares in einem Beh~lter mit Wasserpflanzen ins Freie und braehte so die sieh entwiekelnden Eier in eine sehr niedrige Umgebungstemper~tur, die oft w6nig fiber 0 ~ lug, w~hrend ich die andere H~lfte mater sonst gleiehen Bedingungen im Zimmer bei einer Temperatur yon durehsehnitttieh 15--20 o C aufzog. Das Ergebnis war zuni~chst derart, da$ verst~ndlicherweise die bei W~rme aufgezogenen Kau]quappen viel schnoller in der Entwicklung fortsehritten und aueh betr~chtlieh gr6$er wurden als die gleiehaltrigen ,,K~ltelarven." (vgl. Tabelle 3, a, b). Haeh 2 Woehen entnahm ieh sowohl von den bei KMte (a) wie yon den bei Warme (b) aufgezogenen Kaulquappen zur Untersuchung. - - Vou diesen stellen die ,,Kggltelarven" a insgesamt noeh sehr kleine, etwa 9 mm ]ange, schmale Geseh6pfe yon gestreekter KSrperform mit gut entwickelten Kiemen und Saugn~pfen bei beginnender Operkularfaltenbfldung dar, deren langer Schwanz einen dorsalen und ventralen ]q'lossensaum besitzt. Diese ,,Kgltelarven" entsprechen etwa dem Stadium g der von K~mEL (1906, S. 71, Fig. 22) an Hand einer Bfldreihe ~ gegebenen Beschreibung der Froschentwicklung. - - Die gleiehaltrigen ,,Wgirmelarven" b iibertreffen (wie Tabelle 3, b, zeigt) mit etwa 20 mm Liinge nieht nur betr~ehtlich die ,,K~ltelarven" a an GrfSe, sondern haben aueh bereits ein viel fortgeschritteneres Entwicklungsstadium erreieht. Ihr stark ansgebfldeter, rundlichovaler KSrper mit den auffallend hellen Augen setzt sich deutlieh vom l~nglichen Schwanz mit seinen ansgedehnten Flossenki~mmen ab. Die Operkularfalten habon die Kiemen iiberwaehsen und lassen das ,,Kiemenloeh" erkennen. Unsere ,,W&rmelarven" b befinden sich kurz vor dem Entwicklungsstadium m d e r K~IBELsch6n Aufstellung bzw. Bfldreihe. - - Die mikroskopisehe Untersuchung un4 Messung der Leberzellkerne je eines typischen Vertreters der ,,K~lto-" (a) und ,,W~rmelarven" (b) ergab den ans der folgenden Tabelle 3 ersichtliehen Befund. Dabei beziehen sieh die in der Tabelle gegebenen Altersangaben der Kauiquappen auf die seit der Laichablage verflossene Zeit. Derartige Zeitangaben haben n~tiirlieh nur eine sehr relative Bedeutung, denn bekanntlich besteht beziiglich der Entwieklungsgeschwindigkeit aueh bei Eiern desselben befruchteten Laiches trotz gleieher allgemeiner Umwelt eine verhgltnism~fl~g gro$e individuelle Variationsbreite. Aus unserer Tabelle ersieht m a n , d a b die bei K ~ l t e aufgezogene, in der E n t w i c k l u n g zuriickgebliebene, sehr kleine u n d sehmale K a u l q u a p p e a auffallenderweise WeR gr5Bere Zellkerne zeigt als d a s a n sieh Der braune Grasfrosch wird im Schrifttum auch vielfach ,,Rana temporaria'" genannt; aus Grfinden der Systematik, und um Verweehslungen zu vermeiden, empfiehlt sieh aber naeh E. GAvPP (1896, S. 5f., 10) seine Kennzeiehnung als
Rana /usca. 2 Wie KErB~L (a. O. S. 69) angibt, liegen dieser Bildreihe Zeichnungen yon ~'R. W. MtiLLE~, dem spgteren Tiibinger und Grazer Anatomen, zugrunde.
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Walther Jaeobj :
Tabelle3. V a r i a t i o n d e r K e r n g r f f l e d e r L e b e r z e l l e n b e i m G r a s f r o s c h (Rana /usca) in v e r s e h i e d e n e n E n t w i e k l u n g s s t a d i e n . (Susafixierung, Paraffineinbettung) Z a h l d e r Zellen ( H ~ u f i g k e i t ) KernKerndutch- v o i n m e n messer 4/3 :t r* 2 r in/~ in cb/~
5 5,5 6 6,5 7 7,5 8 8,5 9
9,5 lO 10,5 11 11,5 12
65,5 87 113 144 180 221 268 322 382 449 524 606 695 796 905
Summe I
a) 14 t~igige K~ltelarve, etwa S t a d i u m g~. L~nge etwa 9 mm
b) 14ti~gige
c) 61/,tagige
W~rmelarve, W~rmelarve, kurz v e t Entwicklung S t a d i u m m L n u t w e n i g gegeniiber L a r v e a L~nge fortgeschritten. e t w a 20 m m ]5~nge 10,5 m m
d) 122 T a g e altes Fr6sehehen nach eben vollendeter Metamorphose ~
1
1 1
2 8
3 7
16 23 23
7 22
11 19
1 1 1
19
28
20
8
18 16 3 0
1
18 18 2 2
100
100
5 32 40 16 5 1
e) A.usge-
wachsenet Froseh ~
2 33 51 12 2
1
100
i00
100
d o c h betr/~chtlieh gr(il3ere W / i r m e t i e r b. Dieser B e f u n d d a r f n u n a b e t n i c h t ohne weiteres in d e m Sinne ausgelegt werden, dal3 hier u n m i ~ t e l b a r d u r c h die V e r s c h i e d e n h e i t d e r T e m p e r a t u r die verschiedene Gr6Be d e r Zellkerne b e d i n g t wird, s o n d e r n d e r Versuch zeigt zun/ichst nur, d a b bei d e r z u m Versuch h e r a n g e z o g e n e n T i e r a r t , Rana fusca, sich die Leberzellkerne m i t d e r f o r t s c h r e i t e n d e n E n t w i c k l u n g v e r k l e i n e r n ; d e n n vergleichen wir in Tabelle 3 die bei u n s e r n K a u l q u a p p e n a u n d b g e f u n d e n e n t y p i s c h e n KerngrSBen m i t d e n Gr6Benverh/iltnissen b e i m 122 T a g e alten, e b e n vi~llig metamorphosierten FrSschchen (d), d a s seinen S c h w a n z s t u m m e l v611ig verloreri h a t oder g a r b e i m ganz ausgewachsenen, d. h. m i n d e s t e n s 4 J a h r e a l t e n F r o s c h (e), so sehen wir eine die f o r t s c h r e i t e n d e E n t w i c k l u n g 1 Die Stadieneinteilmlg bezieht sich auf die Angaben K ~ E L s 1906, S. 71f., Fig. 22. 2 :Die dieser Variation zugrunde liegenden Kernmessungen wurden yon FrL can& reed. M. DVssA im Rahmen ihrer 1941 verSffentliehten Dissertation ausgeftihrt an yon mir gelieferten Praparaten eines bei Zimmertemperatur aufgezogenen fertigen, d.h. eben v611ig metamorphosierten Fr6schehens, welches demselben Laich wie Larve c entstammt. Die hierbei zur v611igen Durehfiihrung der Metamorphose benStigte Entwieklungsdauer yon 122 Tagen entspricht den Normalverhaltnissen, denn aueh nach JvNxs Tabulae biologieae (VI, 1930, S. 623) betragt die tibliehe Entwieklungsdauer yon /~ana ]usca wie l~ana esculenta 4 Monate. 3 Nach BIRXE~IVL~IERS(1934) in meiner Abteilung ausgefiihrten Dissertation. Die alert S. 809 an 200 Kernen bestimmte Variation habe ieh hier des Vergleiehs wegen in Prozent wiedergegeben.
Die versehiedenen Arten des gesetzm~Bigen Zellwaehstums.
615
begleitende, deutliche Verkleinerung der KerngrSBe. U n d ziehen wir z u m weiteren Vergleiche eine bei Z i m m e r t e m p e r a t u r aufgezogene, 61/4 Tage Mte W~rmelarve (0) heran, deren Entwioklungsgrad dem der 14t~gigen K~ltelarve a nahe steht, so erhalten wit auch Zellkerngr6Benwerte, welche denen der K~ltelarve a sehr nahe stehen, d. h. die - - entsprechend dem bei L a r v e c gegeniiber L a r v e a n u r wenig fortgeschrittenen En~wicklungsstadium - - auch nur wenig kleiner sind. D a m i t ist klargestellt, dab in unserm K a u l q u a p p e n v e r s u c h die ZellkerngrSBe nicht v o m W ~ r m e z u s t a n d sondern allein v o m Entwicklungsstadium unmittelbar abh~ngig ist. Dieser in Tabelle 3 erbrachte, anschauliche Beweis des
tyTischen Kleinerwerdens der Leberzellkerne in der Froschentwicklung 1 verdient aber auch insofern besondere Beachtung, als - - hierzu gerade entgegengesetzt - - i n der Entwicklung der S~uger u n d des Menschen die embryonalen Leberzellkerne klein sind, u n d erst die fortschreitende, postembryonale Entwicklung reichlicher auch gr6Bere K e r n f o r m e n entstehen l~Bt (s. JAco~J 1925, S. 225; 1935, S. 178f., S. 232; CL~mA 1930b).
Unsere KaulqUapTenbe/unde hinsichtlich der tVrage ,Kerngr6fle und Temperaturein/lufl" zusammen/assend sehen wir, daI~ - - bei Beriicksichtigung der besonderen ontogenetischen Verh~ltnisse - - sich auch beim Amphibium (Froschlarven) ebensowenig wie oben b e i m Fisch (Carassus, S. 610ft.) u n d Reptil (Lacerta, S. 612) A n h a l t s p u n k t e fiir eine unmittelbare, eingreifende Einwirkung der U m g e b u n g s t e m p e r a t u r auf die LeberzellkerngrSBen ergeben, doch soil damit eine solche MSglichkeit unter besonderen Bedingungen zun~chst keineswegs grunds~tzlich in Abrede gestellt werden, wie die folgenden Ausffihrungen zeigen.
Schrifltum zur t~rage ,,Kernyr6fle und Temperatur" und seine Auswertung. In dieser ]~eziehung mSchte ich auf die Versuche R. C~AMBERShinweisen, der (1908, S. 635f.) ein Gelege yon Rana temporaria (vom 17.4.) teilte und den einen Tell bei 25 ~ den andern bei 10--12 o C aufzog. Vom ersteren erhielt er bereits am 5.--15. 6. die metamorphosierten FrSschehen, yore letzteren erst am 10.--20. 8., doch waren die frfih metamorphosierten W~rmetiere im Vergleieh mit den K~ltetieren viel kleiner und besaBen aueh viel kleinere Zellkerne (ira Haut- und Rectumepithel) als die K~Itetiere. Zur Feststellung dieser GrSBenunterschiede verfortigte C~A~BERS nut einige Zeichnungen (a. O. S. 636), verwandte aber keine Messungen. CHAmBeRSzitiert auflerdem (a. O. S. 658) eine mfindliche Angabe yon Prof. I-I:ol~v,R, weleher beobachtet hat, ,,dal3 Salmo/ontinalis, ein Bewolmer kalter Gebirgsb~che, deutlieh grSl3ere Zellen besitzt Ms die sehr nahe verwandte Trutta /ario, weleho im warmen Wasser lebt und welche ihrerseits aus griiBeren Zellen besteht wie Trutta iridea, eine Bewohnerin viel w~rmerer B~che". Um welche Grade es sieh 1 Angeregt durch meine obigen Befunde veranlaBte ich Frl. cand. reed. MAI~ DvssA in ihrer Dissertation (1941) dem Verhalten der ZeUkerngrSBe bei Sguger und Froseh bis in die ~rfihentwieklung der ersten Organanlage vergleichend naeh. zugeben. - - ~brigens bemerkten aueh W]~R~]~Lund I(~:~ATI~WA1932, S. 680, dab die Zellkerne einer yon ihnen untersuchten Kaulquappenleber die Kerne der Leber. zellen eines ausgewachsenen ~rosches an GrSI~ebedeutend fiber~reffen, doeh machen sie keinerlei Angaben fiber das betreffende Entwieklungsstadinm, obgleich dieses wie unsere Tabelle 3 zeigt - - yon groBer Bedeutung ist. -
-
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Walther Jaeobj :
bei dieser deutlichen VergrS~erung handelt, wird allerdings auch hier nicht zahlenmi~l~ig angegeben. Weiterhin behandelte O. H A R T M ~ (1918) das Thema: Temperatur und Zellbzw. Zellkerngr59e eingehend. Er verglich dabei unter anderem Kaulquappen der Kr6te1~rt Bu/o vulgaris, welche ab ovo nnter verschiedenen Temperaturen aufgezogen waren, in jeweils dem gu0eren Habitus naeh sieh entspreehenden Entwicklungsstadien 1. Diese etwa gleichartigen Stadien warden bei den K~tltetieren begreiflicherweise viel sp~tter als bei den W~rmetieren erreieht (a. O. S. 120). Er bestimmte nun (a. O. S. 141) den LeberzeUkerndurehmesser in dem yon ihm mit D bezeichneten Entwicklungsstadium (scharf abgesetzter Schwanz bei rundliehem VorderkSrper, a . O . S . 120) bei in K~lte (9---140 C)bzw. in W~rme (20--260 C) aufgezogenen KrStenlarven mi~ 10,6/~ im ersteren bzw. 9,8 # i m letzteren :Falle, was einem Volumen yon 623,6 bzw. 492,8 cb/~ entspreehen wiirde. In einem noch fortgesehritteneren G-Stadinm (d. h. bei Quappen mit stark entwiekelten Hinterbeinen) f~nd er (a. O. S. 144) den Kerndurchmesser bei den K~ltetieren yon 9,2/~ (Volumen 407,7 ebb), bei W~trmetieren yon 8/~ (Voinmen 268 eb/~). AuBerdem brachte er KrStenquappen erst im fortgesehrittenen Stadium F (~tltere Qnappen, jedoch noch ohno Hintorbeine) ffir 22 Tage nnter vorschiedenen Temperatureinflul~ (a. O. S. 121) und erhielt (a. O. S. 147) bei den K~ltetieren, die bei 10 ~ C gehalterl waren, den Leberzellkerndurchmesser 10# (Volumen 524 eb#), bei W~rmetieren (23--240 C) den Kerndurchmesser 8 # (Volumen 268 eb#). Weiterhin hielt or ausgewachsene Molehe (Triton alpestris) w~hrend Juli/Angust 3 Wochen bei verschiedener Temperatur und bekam dann als Leberzellkerndurehmesser (a. O. S. 170) beim KMtetier (et@a 150 C) 12,8/~ (Volumen 1098 ebb), beim Warmotier (28--300 C) 10,6# (Volumen 623,6 eb#). D e r t h e o r e t i s c h e n A u s w e r t u n g der eben a n g e f t i h r t e n B e f u n d e CI~),~IB ~ S ' wie O. H A ~ T ~ A ~ s s t e h e n n u n h i n d e r n d im W e g e einerseits die bei e r s t e r e m ganz f e h l e n d e n u n d bei l e t z t e r e m i m Sinne der V a r i a t i o n s s t a t i s t i k doch wohl 2 u n z u r e i c h e n d e n MaBangaben, andererseits der Urns t a n d , d a b bei d e r B e s t i m m u n g der ,,gleichen ''a E n t w i c k l u n g s s t a d i e n sehr leicht I r r t f i m e r unterl~ufen kSnnen, f o r t g e s c h r i t t e n e r e E n t w i c k l u n g s s t a d i e n a b e r j a schon a n sich, wie w i t oben S. 615 sahen, bei d e n K a u l q u a p p e n kleinere Zellkerne geben. In diesem Zusammenhang miissen wir aueh der wertvollen Befunde G]~RASSIMOWS gedenken, weleher bei der Algengattung Spirogyra wSthrend der Zellteilung fiir 5--15 Min. K~lte (etwa 0 ~ oinwirken lieB. Hierdurch wird in friihen Teilungsstadien die Zellteilung mehr oder wenigor gehemmt, und es entstehen 2 Zellen, yon denon die eine einen Kern mit der doppelten Chromatinmasse erh~lt und deren Zelleib zu entsprechender GrSl~e heranwaehst, wahrend die gleichzeitig gebildete kernlose Sehwersterzello bald zugrunde geht. Bei Wiederholung dieses Versuehes wahrend einer erneuten Mitose der bereits vergrSBerten Zellen konnten ,,Sekundar ''Kerne mit 4faeher Kernmasse erhalten werdon. Die gleichen Effolge karm man fibrigens erzielen, wenn man auf sieh teilende Spirogyra-Zellen start der K~lte gewisse narkotische Stoffe einwirken l~l~t ( G ~ a s s i ~ o w 1905, S. 46, 64). Diese Stadien kennzeichnet er auf S. 120, Anm. 1, und setzt sie in Vergleieh mit den yon KEIBE~ 1906, S. 70f., wiedergegebenen Abbildungen der Frosehentwicklung. O. HxRr~)r)r gibt, so viol ich sohe, nirgends an, auf wie viele Messungen sich seine Zahlenangaben grtinden. a Aueh CH~aB~S wies 1908, S. 635, hin auf die ,,Sehwierigkeit, vergleichbare Stadien w/~hrend der Entwieklung der Kaulquappe zu erlangen".
Die versehiedenen Arten des gesetzm~Bigen Zellwaehstums.
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Aus diesen Versuchen bei Spirogyra ersieh~ man eindeutig, dab K~lto ebenso wie Narkotika allein durch eine gewisse H e m m u n g der eingeleiteten Mitose eine KernvergrS~erung 1 unter ein- oder mehrfaoher Verdoppelung der Kernmasse hervorru~en kSnnen. Wenn wir dieses Ergebnis bei einem Deutungsversuch der O. H~a~TMAN~schen Befunde (oben S. 616) beriicksichtigen wollen, so sehen wir, dab sie wohl nur bei HAI~TMA~-Ns KrSten-Quappenversuch im F-Stadium ungezwungen herangezogen werden kSnnen, denn hier verhalten sich die Kernvolumina der Ks tiere zu denen der Ws wie 268 : 524, also tatsi~chlich mit weitgehender Ann~herung wie 1 : 2 . Keineswegs aber stimmt dies fiir die H ~ T M A ~ s c h e n Versuche der Stadien D und G zu. So miissen wir in Anbetracht der oben (S. 616) erws Fehlerquellen zun~chst yon einer Deutung der an sich sehr beachtenswerten Befunde CHA~B]~RS' und O. HARTMANNS absehen, da wir - - bis genaue, auch variationstatistisch einwandfreie Zahlenangaben vorliegen - - uicht entscheiden kSnnen, ob es sich bei diesen mit der Temperaturi~nderung einhergehenden GrSl3en~nderungen um tatsi~chliche Wachstumsvorgange mit entsprechender ii~uderung in der Chromatlnmasse oder u m besondere Quellungs- bzw. Entquellungszust~inde der Zellkerne infolge ,,Kernsafts ''~ handelt. Der Gedanke einer solchen Entscheidungsm5glichkeit lag seinerzeit C H ~ B ~ S und HA~TMA~ natiirlich vSllig fer~n, da m a n damals noch nicht did zahlenm~iflige Gesetzm~ifligl~eitwahrer (d, h. mit Zunahme der lebendigen Masse selbst verbundener)Wachstu~nsvorg~inge (JAcoBJ 1925) kannte. Jedenfalls diirften die vorliegenden Ausffihrungen gezeigt haben, dab es sich lohnt, die Frage: Temperatur und ZellkerngrS~e mit der yon mir ffir die Zellkernmessung eingeftihrten variationsstatistischen Untersuchungsart noch an einem grSBeren und mSglichst mannigfaltigen Beobachtungsgut griindlich du.rchzuarbeiten, unter eingehender Beriicksichtigung der gesamten Ze!lkernbiologie 3. b) Die Zelllcerngr5[3e unter verschiedenen Lebensbedingungen (Domestikatiou, Schwangerschaft , ge~nderte Ern~hrung, Kastration). I m vorliegenden Abschnitt wollen wir uns gewisse Einblicke dariiber verschaffen, ob und inwieweit ' verschiedene Lebensweise und physiologische Sonderzust~nde, die den Gesamtorganismus betreffen, die K e r m grSBenvariation beeinflussen oder sie unveriindert lassen. Zun~chst 1 Unter Umst~nden - - wenn auch selten --:- kann es bei Abkiihlung oder Narkotisierung der sich teilenden Zellen zur Bildung yon Kernen kommen, die nur die halbe GrSl3e der iiblichen Kerne haben. Ja, selbst eine Zerlegung in eine gr6Bere Zahl noeh kleinerer Kerne kann vorkommen, doeh sind solehe Zellen dem Irtiheren oder spateren Absterben geweiht (G~axssI~ow 1905, S. 57--60). ~ber die ,,Kerns~ft"-Frage siehe u. a. unsere S. 680f. In diesen ZusammCnhang gehSrt auch die Frage: Inwiewei~ werden dureh ~nderung der Umweltstemperatur inkretorisehe Organe beim Kalt- aber auch beim Warmbliiter etwa beeinflul~t, und wie wirkt sieh dies unter Umst~nden mittelbar (indirekt) aueh auf die Zell- und Kerngr6Be aus ?
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Walther Jaeobj : Tabelle 4. V a r i a t i o n d e r L e b e r z e l l k e r n g r S B e n bei d e r b e d i n g u n g e n (bei Susafixierung Z a h l d e r Zelle:
Kerndurchmesser 2rinp
K e r n v o l u m e n 4/3 g r a in cb~
a) ~Vei~e Maus 1924:
b) c7 weil~e Maus 1937
Dfirm- Schnitt 12/~ dick schnit~ ~ Sondermessung der Grol3kerne 4,5 5 5,5 6 6,5 7 7,5 8 8,5 9 9,5 10 i0,5 11 11,5 12 12,5 13 i3,5 14
6,25 6,9 7,5 8,1 8,75 9,4
48 65 87 113 144 180 221 268 322
128 172
14 36
21 92 91
221 278 348 435
24 104 189 59
18 73 151 45
382 449 1 10 524 524 14 3 9 10,6 606 624 27 22 5 11,25 695 744 22 14 11,9 796 882 6 3 905 1 12,5 1023 1023 2 1 13,1 1148 1177 1 13,75 1288 1361 2 1437 Gesamtsumme I 500 50 1 ~ber die bei vergleichenden Kernmessungen stets zu beachtende Einheit~ber die Bedeutuug der Schnitt* Die in Schragdruck (kursiv) wiedergegebenen Zahlenangaben sind dureh Mikroprojektionsmethode erhalten.
werde ieh hierbei y o n eigenen V e r s u c h e n ausgehen, anschlieBend a b e r a u c h diesbezfigliche U n t e r s u e h u n g e n des S e h r i f t t u m s , die teilweise a u e h y o n m i r a n g e r e g t wurdeIi, zur Erg~inzung heranziehen. U m fiber die E r g e b n i s s e solcher Versuche, welehe ieh a n d e r als Versuchstier so viel v e r w e n d e t e n Maus ( M ~ s musculus) ausffihrte, in mSgliehster K i i r z e e i n e n k l a r e n ~ b e r b l i e k zu b e k o m m e n , ste]le ieh i m folgenden meine diesbezfigliehen Be~unde in einer einheitliehen Tabelle 4 z u s a m m e n . Zur Erl~uterung dieser Tabelle 4 ist das Folgende zu bemerken. Die in ihr dutch sehr~gliegenden (kursiven) I)ruck mad dariiber stehendem Stern (*) gekerm. zeichneten Zahlenwerte wurden dureh unmittelbare Messung mit dem Okularmikrometer (vgl. JAeOBJ 1925, S. 137) gewonnen, w~hrend die in gewShnlichem Druek wiedergogebenen Zahlen nach der Mikroprojektionsmethode (vgl. JacoBJ 1935, S. 170) bestimmt wurdon. Die Grenze des Aufl6sungsverm6gens des beniitzten optischen Systems lag ira ersteron Fall (Okularmikrometer) bei 0,21 # , i m zweiten Falle (Mikroprojektion) bei 0,3/~. - - I n unseren Tabellen wurden die H~tufigkeits~ zahlen jeweils deft, wo sic H~iu]iglceitsgip]el (Maxima) bilden, dutch Fettdruck hervorgehoben. Die gar nicht so sdten vorkommende ,,Verbreiterung" dieser
619
D i e verschiedenen Arten des gesetzm/~l~igen Zellwachstums. M a u s (Mus musculus) u n t e r und Paraffineinbe~tung z) (H~ufigkeit) e) ~ graue Hausmaus 1937
verschiedenen
d) 9 weil~e Maus in partu
e) ~ weille Maus 8 Tage Speck
500
1 7 41 37 23 88 146 90 21 12 21 10 2 1
9 20 17 3 0 1
50
f) c~ weil3e Maus 36 Tage Speck Diinnschnitt
Diinn- Schnitt 12# dick schnitt 2 Sondermessung der GroBkerne 7 71 55 42 153 121 16 3 24 6 1 1
Lebens-
1 2 9 35 57 86 140 97 45 13 11 4
500
1 0 4 37 33 27 146 176 47 7 16 3 3
Schnitt 13/z dick Sondermessung der GroBkerne
5 10 16 12 6 1
50
lichkeit der Vorbehandlung (Fixierung, Einbettung) sieho JACOBJ 1935, S. 168f. dicke siehe Methodik, S. 589. Messung mit dem Okularmikrometer, d i e iibrigen Zahlenwerte durch die Nghere Erl~uterung siehe S. 618. Gipfel ist dadurch bedingt, dab in solchen Fallen die Typusgr6Be des untersuchten Naturobjektes einen Zahlenwcrt besitzt, der zwischen zwei benachbarte Werte unscrer MaBeinteilung fi~llt. - - Da die Gesamtvariation der Leberzellkernc yon Maus b, d, f an Diinnschnitten 1 unter 10 g bestimmt wurde - - bei denen yon den GroBkernen sich nur diejenigen ohne Verzerrung erhielten, deren fiberwiegender Hauptbezirk 2 in die Schnittdicke selbst hineinfallt unter Abtrennung nur ganz unbedeutend kleiner Kappchen (KaloCten) am oberen bzw. unteren Kernende - - so 1 ]~ber die Bedeutung der Schnittdickc siehe auch oben S. 589. 2 Bei der in der Mei3methodik kugeliger Kerne iiblichen Bestimmung der beiden senkrecht zueinander stehenden Durchmesser des grSfltcn optischen Kernquerschnitts (JAcoBa 1925, S. 137) ergeben natfirlich Zollkerne, dcnen nur die letzten endst/~ndigen Kuge]k/ippchen (Kalotten) fehlen, trotzdem die fiir die betreffenden Zellkerne richtigcn Mel3werte. Andererseits bestcht, worauI ich schon friihcr (1925, S. 137; 1935, S. 171, Anm. 1) hinwics, keinerlei Gefahr, dab blol3e Kernkalotten als Vollke~ne angesehen werden, denn, wie die praktische Ausiibung der Kernmessung dem Untersucher zeigt, verr~t sich jeder blol3e Kalottenanschnitt - - d e r den fiir den betreffendcn Zellkern kennzeichnenden grSl~ten Durchmesser nicht enth/~l~ - - ohne weiteres durch die starke Verzerrung des Kernbildes.
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Walther gaeobj :
muB bei Auswertung dieser Gesamtvariationen berficksichtigt werden, d~13 bei ihnen zwar immer die jeweils beiden ersten H~ufigkeitsgipfel einwand~frei bestimmt sind, w~ihrend dagegen die Feststellung der 9enauen Lage jeweils des 3. Haufigkeitsgipfels dutch einseitigen Wegfatl der besonders grol3en Kerne gefa'hrdet ist. Um diese Fehlerquelle zu vermeiden, nahm ich bei den genannten Lebern zur Erg~nzung auch noch an 12 bzw. 13 # dicken Schnitten eine Sondermessung und Auszahlung der GroBkerne (yon Kerndurchmesser 9,75 ~ an aufwarts) vor. Das Ergebnis dieser Sondermessungen ist unter Kennzeichnung ihrer Schnittdicke yon 12 bzw. 13 # jeweils als Nebenspalte der Gesamtvariation beigeffigt. Dabei sieht man in den genannten Fallen, dab tatsachlich die grSflere Schnittdicke eine genauere Ausbildung jeweils aueh des 3. H/~ufigkeitsgipfels zustande kommen lallt in dem Sinne, d a b der genaue Typuswert des Kerndurchmessers bei diesem Haufigkeitsgipfel um etwa 0,25 bzw. 0,5 # n a c h aufw~rts verschoben wird, wobei die diesen genaueren Durchmesserwerten zugeordneten typischen Kernvolumina nun auch besonders gut in eino mathematische Verdopplungsreihe (s. S. 620ff.) hineinpassen. - - Um MiBverstandnisse zu vermeiden, sei weiterhin vermerkt, dab schon die allgemeine histologische Durchmusterung tier variationsstatistisch bearbeiteten Lebern ergab, dab bei Praparat b im Vergleich mit a, c und d die H~ufigkeit der GroBkerne (auch unabhangig yon der Schnittdicke) eine verhaltnismaBig geringe ist.
Domestikation. I n unserer Tabelle 4, S. 618f., zeigen die Vertikals p a l t e n u n t e r a, b , e die B e f u n d e bei 3 No~maltieren, u n d z w a r a u n d b bei d e r w e i g e n Maus (Mus musculus Vat. alba), d e m b e k a n n t e n L a b o r a t o r i u m s t i e r , u n d e bei d e r frei l e b e n d e n g r a u c n H a u s m a u s (M~ts musculus). I n allen 3 F a l l e n 1 b e k o m m e n wir jeweils eine 3gipflige V a r i a t i o n als A u s d r u c k des V o r k o m m e n s dreier d e u t l i e h u n t e r s c h e i d b a r e r K e r n bzw. Zellklas.sen, d e r e n (durch die H a u f i g k e i t s g i p f e l gekennzeichnete) t y p i s c h e V o l u m i n a sich v e r h a l t e n bei a wie 1 7 2 : 3 4 8 : 6 8 3 2, bei b ~4e 161a: 322 : 624 4, bei c wie 113 : 221 : 449, also bei Beriicksiehtigung d e r B e d i n g u n g e n u n d F e h l e r q u e l l e n d e r M e B m e i h o d i k wie eine V e r d o p p l u n g s reihe 1 : 2 : 4. D a b e i ist in allen 3 F a l l e n d e r 2. H/~ufigkeitsgipfel, also K e r n k l a s s e K2, die a m h a u f i g s t e n v o r h a n d e n e sog. ,,Regelklasse", w a h r e n d K l a s s e K 1 u n d K 4 jeweils n u t einen k l e i n e n ,,Vor"- bzw. ,,Nachgipfel" Dabei stammen iibrigens die beiden weiBen Manse a und b jewefls aus zwei ganz versehiedenen Zuehten. 2 Der zugehSrige Haufigkeitsgipfel ist ,,verbreitert" nnd nmfaBt die Durehmesserwerte 10,6/11,25# = Mittelwert 10,925~, welchem das Volumgn 683 eb# entspricht. a Der zugehTrige ,,verbreiterte" ttaufigkeitsgipfel fallt auf die Durehmesserwerte 6,5/7/~ ~ Mittelwert 6,75~t, dem das Kernvolumen 161 cb# entsprieht. 4 Dieser yon den GroBkernen gebildete 3. Haufigkeitsgipfel f~llt im hinreiehend dicken Sehnitt (s. Tabelle 4: b Sondermessung ira 12 ~t dieken Sehnitt) nieht genan auf den Durehmesser 10,5 g, sondern zeigt ~ vergliehen mit dem steilen, yore Durehmesser 10 # ausgehenden Anstieg - - eine leiehte abet deutliche Neig'dng, sieh in Riehtung auf Durehmesser 11# zu verbreitern, ohne jedoeh den zwisehen 10,5/11/~ gelegenen Mittelwert 10,75# zu erreiehen. Bei Anwendung des yon G. TH. $'ECHNEg angegebenen einfaehen kollektivistisehen Bereehnnngsverfahrens (vgl. RAWr~La~CN1921, S. 41) ergibt sieh als ,,empiriseh diehtester Weft" D i des tt/mfigl~itsgipfels~im vorliegenden Fall der Durehmesser 10,6/~, dem das Kernvolumen 624 eb# entsprieht.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~Bigen ZeUwachstums.
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bilden. Es ist dies um so beachtenswerter, als w i r e s bei a und b mit der stark domestizierten Zucht- und Albinoform zu tun haben, w/~hrend c eine freflebende, graue Hausmaus ist, we!che ganz friseh gefangen war, bei der also jedenfalls der DomestikationseinfluB welt geringer ist. Der Variationstyp der KerngrSBe wird also durch diese Domestilcationsver8chiedenheit nicht beeinfluBt. I n unserer Tabelle 4 sind /ibrigens die Kernklassen der domestizierten weiBen Maus immer jeweils etwas grSI]er als die der grauen Hausmaus. Ob daraus ein besonderer SchluB auf einen Domestikationseinflufi gezogen werden kann, erscheint mir fraglicb, denn einerseits ist dieser Gr5Benunterschied, wenn wir auch unsern Befund bei der weiBen Maus f m i t beriicksichtigen, ein sehr geringer, und auBerdem land SAVS]~R(1935, S. 699f.) in 2 Fallen (Rehbock, Maus) gerade umgekehrt die etwas kleineren Kerne beim domestiz[erten Tier. Da die Schwangerscha/t eine wichtige physiologisehe Zustands/inderung ist, die den Gesamtstoffweehsel betr/~chtlieh erhSht, und an die verschiedenen Organe gesteigerte Anforderungen stellt, so war es angezeigt, auch hier die Leber besonders zu beachten, gemiiB ihrer 9bereits auf S. 595 hervorgehobenen zentralen Stellung im Stoffweehsel. So gibt denn in Tabelle 4, S. 618 f., die Vertikalspalte d den Befund wieder, welchen die Leber einer tr/~chtigen weiBen Maus in partu bietet. Entsprechend den Hi~ufigkeitsgipfeln bei den Kernvolumina 1611 : 322 : 649 ~ erhalten wir als0 auch hier eine einer Verdopplungsreihe entsprechende 3gipflige Variation mit K x als ,,Vorgipfel", K s als Regelklasse und K 4 als ,,Nachgipfel". Der 3gipflige Variationstypus der einkernigen 8 Zellformen ist also derselbe geblieben wie in unsern I~ormall~llen a - - c (Tabelle 4 und S. 620). Dieser Befund daft wohl dahin ausgelegt werden, dab die Schwangerschaft an sich ein Vorgang ist, der bei einem gesunden Organismus unter normalen Lebensbedingungen in den Bereieh des Physiologisehen f/illt, so dab dementsprechend auch die Befunde an den Einzelorganen, in unserem Falle der Leber, sich in diesen Grenzen halten. Allerdings muB in letzterer Beziehung beriicksichtigt werden, daB, wie L. SEXTZ 1926, S. 495f., betont, in der Schwangerschaft ,,doch 5frets eine Schw/~che in den verschiedenen Funktionen der Leber vorhanden ist, dab sl~eziell unter der Geburt sich diese Schw/~cheam deutlichsten/~uflert", so dab der Kliniker ,,nicht ganz unberechtigt yon einer Schwangerscha/tsleberund yon einer Geburtsleber" spricht. - - DaB auch beim tr~ichtigen Tier eine besondere Empfindlichkeit der Leber besteht, lehren 1 Dem ,,verbreiteren" H/~ufigkeitsgipfel bei den Durehmessern 6,5/7 # = Mittelwert 6,75 # entspricht das Kernvolumen 161 eb#. Der yon den GroBkernen gebildete 3. H/~ufigkeitsgipfel ergibt - - wie auf S. 619f. er]~utert ~ mlr in einem hinreichend dicken Schnitt yon 12 t~.den richtigen Wert, dargestellt (Tabelle 4 d: Sonderausz~hlung der GroBkerne) durch den verbreiterten Gipfel bei den Durchmessern 10,5/11/~ ~ Mittelwert 10,75/~, welchem das Kernvolumen 649 cb~ zugeordnet ist. a DaG die Z~hl der doppelkernigen Leberzellen in der Schwangerschaft und vor aUem post partum in der Laktationszeit eine Vermehrungslmigung zeigt, veranschaulichen die Befunde Mii~ZEgS 1923, S. 268, am Meerschweinehen.
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Walther Jacobj :
die bemerkenswerten Versuche STIEV~s (1938, S. 525), weleher zeigen konnto, dal~ sonst unseh~dliehe Coffeingaben bei tr~ehtigen Kaninehen zu sehweren und schwersten Sch~digungen der Leber und des Gesamt0rganismus fiihren kSnnen. Unter diesen Umst~nden wird verst~ndlieh, daI3 je naeh der individuellen Veranlagung und je nach den versehiedenen Ern~hrungs- und sonstigen Umweltsbedingungen aueh die ZellkerngrSi~e in der Schwangersehaftsleber eine gewisse Neigung zeigt, die relative tta;u/igkeit der versehiedenen Kernklassen mehr oder weniger stark abzu~ndern. Dies wird veranschaulieht durch die Untersuchungen yon R. O. BIEI~Em~L (1938) fiber ,,das Verhalten der Speiehersubstanzen und die KerngrSBe in der Leber der weiBen Maus wahrend der Sehwangerschaft". Dieser Forscher stellt n~mlieh - - ebenso wie ich oben - - zun~chst einerseits lest (a. O. S. 358), dab ,,aueh wahrend der Schwangersehaft das Gesetz der konstunten Proportionen, d. h. das Verh~ltnis 1 : 2 : 4 : 8 der Kernyolumina der H~ufigkeitsmaxima ohne grSBere Abweiehungen gewahrt bleibt". Auflerdemkonnte er abet in den Lebern seiner Versuehstiere w&hrend der Gravidit~t ,,eine allgemeine KernvergrSBerung feststellen, die in der Erweiterung der Variationsbreite nach reehts (Auftreten grol]kerniger ZeUen), der Reehtsverschiebung der Maxima und dem ,~berwandern' der Regelzelle aus dem 2. in das 3. Maximum ihren siehtbaren Ausdruek finder." Letzterer Befund beweist, dab die Anforderung, welche die Sehwangersehaft an den Leberstoffwechsel stellt, bei den yon BI~REIGELuntersuehten M~usen die Grenzen ihrer auBerhalb der Schwangersehaft fiblichen physiologisehen Leberfunktionsbreite fibersehritt.
Einseitige Speckerndhrung. I n bemerkenswertem Gegensa~z zum Befund an der Schwangerschaftsleber sehen wir eine weitgehende ~ n derung in der Zellkernvariation der Leber eintreten, wenn wit das Versuchstier einer ganz einseitigen u n d daher unphysiologischen Kost aussetzen, wie dies bei der weil~en Maus e geschah, welche 8 Tage nut mit Speck ge]~tert 1 wurde, was ~ul~erlich auch in einem gewissen Struppigwerden des Felles zum Ausdruck kam. Das histotogische Bild dieser Leber zeigt eine kleintropfige Fetteinlagerung, welche in diffuser Verteflung jewefls die Leberzellen im ges~mten Bereich der Leberlitppchen erfaBt hat. N u r hier und dort, besonders h~ufig auch in der die Zentralvene umgebenden ersten Zellage, sieht m a n vereinzelte oder mehrere ZeUen mit reiehlieherem Plasmagehalt ohne eine sts Fettinfiltra~ion. Die Kerne zeigen im allgemeinen sehfne kugelige Formen, doeh fallen ~b u n d zu pyknotisch absterbende u n d zerfnllende Kerne auf; auch sieht m a n in groBen Leberzellen mitotische Figuren. D i e variat~onsstatistische Untersuchung ergibt als auffallenden Befund, dab die Leberzellkerne a n Stelle der iiblichen 3gipfligen Variation nur noch einen einzigen Gip~el zeigen, dessen K e r n v o l u m e n in den GrSl~enbereieh der iibliehen ,,Regel".Klasse K~ fallt, wahrend die Klassen K 1 u n d K 4 z w a r auch noeh fortlaufend dUreh ZeUkerne vertreten sind, aber in soleh allm~hlieh ansteigender (bei K1) bzw. absteigender (bei K4) Verteilung, 1 Das Verhalten der Kerngr6Be in der S~ugerleber bei verschiedener Ffitterung behandelt fibrigens sehon 1897 der russisehe Forseher S. M. LuxJA~ow, weiterhin P~uL BSH~ 1908, W ~ L und SDIN~WA1934 und in neuester Zeit G. Scm~6~.R 1937. Dabei wandten die drei letztgenannten Autoren die yon mir fiir die KerngrSBenbestimmung eingefiihrt~ variationsstatistische MeBmethodik an.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~l~igen Zellwachstums.
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dab es weder zur Ausbildung des sonst fiblichen ,,Vor"- noch des ,,Nachgipfels ''1 kommt. Dieser eigenartige Befund dfirfte sieh am einfachsten im Sinne unserer funktionellen Betrachtungsweise erkl~ren lassen und zwar dahin, dal~ infolge der einseitigen Fettern/~hrung der Au/gabenkreis der Leber - - zum mindesten zungchst - - sehr eingeschrdnkt wlrd 2, wodurch manche Anforderungen an die Leberzelleistung wegfallen, die sonst m~ter den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Zonen des radii~r gebauten Leberl/~ppchens zur Entstehung der verschiedenen dureh tt/~ufigkeitsgipfel deutlich unterseheidbaren Zellklassen geffihrt haben. So kann es uns nicht wundernehmen, dab einerseits die ganz groBen Zellformen mit dem Fortfall ihrer bisherigen besonderen funktionellen Belastung sich zurfickbilden, welcher Umstand variationstatistisch im Verschwinden des H~ufigkeitsgipfeIs ffir Klasse K~ und histologisch - - wie oben g e s c h f l d e r t - im entspreehenden Kernzerfall und den Mitosen der GroBzellen zum Ausdruck kommt. Und da andererseits zur Bew/~ltigung der vOllig einseitigen Specknahrung - - wenigstens zun~chst - - etwa alle Leberzell~n vor dieselbe Aufgabe der Fettverarbeitung gesteltt werden - - was auch das histologische Bild der diffusen Fettinfiltration zeigt - - so t r i t t auch die fibliche relative Schonung der Klasse K 1 mehr zurfick, und damit wird dann auch das Versehwinden des Vorgipfels K 1 verst/~ndlich. Setzen wir aber ,nun unsere einseitige Speekffitterung fiber einen gewissen Zeitraum, z. B. fiber 36 Tage, fort, so erhalten wit bei Tier f, welches auBerlich durch ein stark struppiges Fell auff/illt, im mikroskopischen Bilde eine gegenfiber Tier e n o c h etwas fortgesehrittenere diffuse, kleintropfige Fettinfiltration der Leberzellen und als Messungsbefund wieder eine deutlieh 3gipflige Variation. I n dieser Variation (Tabelle4, f) entsprechen dem verbreiterten 1. HduJigkeitsgip/el die Durchmesser 6/6,5# ~ Mittelwert 6,25# bzw. Kernvolumen 128 cb#; dem verbreiterten 2. C~p/el die Durchmesser 7,5/8 # ~ Mittelwert 7,75 #, bzw. Kernvolumen 244 eb#, und dem yon den GroBkernen gebildeten 3. Gip/el schliel~lich - - dessen riehtige Lage gem/~B den Erl/~uterungen der S. 620 dutch Messung in einem hinreichend dicken Sehnitt yon 13/~ is. Tabelle 4, f: Sonderausz/~hlung) erhalten wird - - entspricht der 1 SCHUSTER stellte 1937 bei weiBen M~usen, die 4 Tage gehungert batten oder 4 bzw. 6 Tage einseitig mit Speck gefiittert worden waren, nieht nut den Verlust des iibliehen 3. tt~ufigkeitsgipfels (,,Naehgipfels")sondern iiberhaupt em vSlliges Fehlen der GroBkerne lest. 2 Wenn iibrigens HI~TZSCH]~und TANNER1937, S. 190~sehreiben: ,,Die Leber isb bei ausschlieBlieher Speekfiitterung sieherlich entlastet, da die Resorption ]a fiber die Lymphwege erfolgt", so gilt dies nur mit Einschr~nkung. I)enn wenn auch das im ])arm resorbierte Fett zun/iehst auf dem Lymphwege befSrdert wird, so gelangt es dann doeh im Yenenwinkel in die Blutbahn und kann so bei reichlicher Fettzufu_hr eine Lip~mie erzeugen, die dann indirekt iiber den grol~en Kreislauf aueh die Leber erreicht, wie es auch die in meinen obigen Befunden vorliegende starke 1%ttinfiltration der Leberzellen zeigt.
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Kerndurchmesser 10 ju bzw. Kernvolumen 524 cbf~. Demnach verhalten sich die den H/~ufigkeitsgipfeln (Maxima) zugeordneten typischen Kernvolumina wie 1 2 8 : 2 4 4 : 5 2 4 , d . h . auch hier wieder mit weitgehender Ann/~herung - - zumal wenn man die Bedingungen und Fehlerquellen der Messung beriicksiehtigt - - wie eine Verdopplungsreihe 1 : 2 : 4 . - Zum Verst/~ndnis des geschilderten eigenartigen Wiederau]tretens der Dreigipfligkeit bei lange fortgesetzter einseitiger Speekern/~hrung, miissen wir uns der dem Physiologen bekannten Tatsache erinnern, dab bei reiner Fettkost die Zersetzung des kOrpereigenen Einweil~es dieselbe ist wie beim Hungerstoffweehsel oder sogar ansteigt, da es bei Zufuhr yon Fett zu einer erhebliehen Steigerung der Verbrennungen kommen kann (vgl. LA~DoIs 1932, S. 312f.). Da fiber die Bildung yon Kohlehydraten aus Fetten noch nichts Sieheres bekannt ist, so werden wohl aueh die ffir den Stoffwechselbetrieb notwendigen Kohlehydrate im vorliegenden Falle dureh Zersetzung des KSrpereiweil~es geliefert. Weiterhin bedi'ngt die aussehliel31iehe Fettern/~hrung - - bei der fiberragenden Bedeutung 1 der Leber im l~ettstoffwechsel - - auf die Dauer nicht nur eine besonders s t a r k e spezifische Urn- und Abbaut/~tigkeit der FettkSrper in diesem Organ, sondern sie erfordert aul~erdem auch eine besonders starke Gallen: absonderung dureh die Leberzellen. Aus alledem geht jedenfalls hervor, dab mit der anhaltenden Fortdauer der einseitigen Fettnahrung der Stoffwechsel - - und zwar mit auf Kosten des kOrpereigenen Bestandes - - wieder besonders vielseitige Aufgaben an die Leber stellt. So ist es gut begreiflieh, warum die Leberzellen unter diesen Umst/s wieder ihren 3gipfligen Variationstypus zuriiekgewinnen. Weitere Ern~ihrungsversuche. Weiterhin wird iibrigens auch dureh die im folgenden kurz wiederzugebenden Versuchsbeispiele des Sehriftturns anschaulich bewiesen, dab eine dureh die Ern/~hrungsweise gesteigerte funktionelle Belastung spezifisch arbeitender Zellen zur Entstehung hOherwertiger Zellklassen ffihrt. So bearbeiteten 1937 HINTZSC~]~und TArNS,R, angeregt durch meine frtiheren Kernarbeiten, diese Frage am Rattendarm und konnten dabei in sehr sehSner Weise zeigen, da6 die Regelzellkerne der Kryptenepithelien in dem beim Hungerzustand funktionslosen Duodenum und ebenso im oberen Jejunum der Klasse K1/2 angehSren, wahrend bei den unbesehr/~nkt mit KSrnern gefiitterten Tieren, deren ,,Duodenum nnd oberes Jejunum zweifellos Orte hfehster sekretoriseher und resorpriver T~tigkei$ sind" (a. O. S. 190), die Kryptenepithelkerne auf das Doppelte, d. h. zur Regelklasse K 1 anwachsen. Dagegen halten die Regelkerne der Kryptenzellen des Dickdarms, deren funktionelle Beanspruchung gleichmgl~igerund yon weit geringerer St~rke ist, im Hunger wie bei guter Ern~hrung d~s Gebiet der Kernklasse K1/~ inne. Zusammenfassend stetlen nun die genannten Forscher setber lest (a. O: S. 192): ,,Die Befunde sind ein Beweis ftu9die Richtigkeit der Annahme eines rhythmischen Kernwachstums, bei dessen Regulierung der Tditigkeitsbeanspruchung der ZeIle eine hohe Bedeutung zukommt." Die Wirkungsweise dieser Beanspruehung auf die Zellkerngrfil~e deuten dann aueh Sie in dem - - von mir schon 1926a, S. 231 f. aufgestellten 1 Vgl. LEm~ARTZ 1937, S. 343.
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und auch in der vorliegenden Arbeit (z. B. S. 603f.) v e r t r e t e n e n - Sinne, dab funktionelle Belastung die hSherwertigen Zellklassen entstehen li~Bt, w~hrend funktionelle Schommg infolge Nichtbehinderung der Zellteilung die Bildung der kleineren Zellformen begfinstigt. In gleichem Sinne erkl/~rt sich wohl auch der folgende bemerkenswerte, yon H. Voss 1936, S. 234, erhobene Befund, dab n~mlich bei Salamanderlarven in einer durch Enchytr~enfiitterung ausw~hlend (elektiv) plasmalhaltig gewordenen Leberzone - also ,,in 5rtlichem Zusammenhang mit einer topochemisch nachweisbaren, mit der ~Nahrung zugefiihrten Substanz" - - ein ,,lokalisiertesKernwachstum" auftritt, wobei ,,die Kerne der Plasmalzone fast doppelt so groB waren wie die in der iibrigen Leber". Kastrationsein]lufl. Mein oben (S. 622ff.) genauer a n a l y s i e r t e r F t i t t e r u n g s v e r s u c h zeigt, wie u n t e r U m s t / i n d e n eine [~nderung des Kernvariationstypus der Leber e i n ]einer Anzeiger ]iir Sto//wechseldnderungen im Organismus sein k a n n . I n diesem Z u s a m m e n h a n g mSehte ich auch d a s E r g e b n i s eines a n d e r n Versuches erw~hnen, welehen auf racine Veranlassung seinerzeit B m K E ~ M ~ E ~ (1934, S. 800) v o r n a h m . Dieser erhielt n/~mlich bei der Stierleber eine deutlich zweigipflige Zellkernvariation, w/~hrend es in der Ochsenleber an Stelle des zweiten Gipfels nur zur Ausbildung einer Kurventreppe kam als Ausdruek einer relativen Verminderung der groBkernigen Zellformen beim kastrierten Tier. Im gleichen Sinne spreehen fibrigens auch die Befunde Mii~czERs 1923, S. 255, der die Zahl der groBkernigen Zelten in der Stutenleber mit 4,3 %, in der Leber eines Wallaehs mit 0,4% angibt. N a c h d e m wir in unsern bisherige n B e f u n d e n i m m e r wieder gesehen haben, dal~ das A u f t r e t e n der groBkernigen Zellformen die F o l g e e i n e r besonderen funktionellen B e l a s t u n g ist, so erkl/~rt sich aueh die eben geschilderte A b n a h m e der groBkernigen Zellen b e i m kastrierten Tier ohne jede Schwierigkeit, wenn m a n sieh n/s vergegenw/~rtigt, d a b i m physiologischen Versueh bei m/~nnlichen wie weiblichen Tieren nach d e r K a s t r a t i o n eine V e r m i n d e r u n g des Gesamtstoffwechsels u m 1 4 - - 2 0 % nachgewiesen wurde ( L A ~ ) o I s 1932, S. 783). Zusammen/assung. D e r v o r s t e h e n d e A b s c h n i t t h a t uns gezeigt, dal~ eingreifende ~ n d e r u n g der Ern/ihrung oder des Gesamtstoffweehsels d a s Bild der KerngrSi~envariation insofern/~nder~ k a n n , als eine Z u n a h m e d e r F u n k t i o n zu einer e n t s p r e c h e n d e n Z u n a h m e der hSheren K e r n k l a s s e n ffihrt, w/ihrend F u n k t i o n s r i i c k g a n g m i t einer e n t s p r e c h e n d e n A b n a h m e der hSheren GrSBenklassen, u n t e r U m s t ~ n d e n m i t d e r e n Verlust v e r b u n d e n ist~, wobei daffir kleinere K e r n k l a s s e n a u f t r e t e n k S n n e n (in l e t z t e r e r H i n s i c h t s. S. 624). - - D a b e i scheint u n t e r physiologischen B e d i n g u n g e n - - gleiches O r g a n u n d gleiche T i e r a r t vorausgesetzt - - die absolute artspezi/ische Zell. kerngr6fle homologer Kernklassen ziemlich gleichbleibendl (konstant) zu sein. 1 Dies stimmt gut mit der Feststellung yon G. SAVSER iiberein, welcher auf Grund der auffallenden Einheitliehkeit seiner teils an Tfibinger bzw. Stuttgarter, tefls an Tiroler Tieren erhobenen Befunde zum folgenden SehluB kam (1935,S.689) : ,,Die Tatsache, da~ Tiere derselben Spezies willktirlich aus so voneinander abliegenden Gebieten genau dieselbe LeberzellkerngrSBe aufweisen, spricht doch eine zu deutliche Sprache, als dal~ man weiter noch glauben mSehte, die KerngrSl~e sei individuellen Sehwankungen unterworfen und keine ffir die betreffende Tierart typische." w. l~oux' Arch. f. Entwml~lungsmcchanlk. Bd. 141.
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So besitzt in unserer Tabelle 4 die gesunde m/~nnliche Maus b und die weibliche ~ Maus d vSllig die gleiche absolute GrSfle der Regelkernklasse K~ mit dem Kerndurehmesser 8,5/~, trotzdem das weibliehe Tier am Ende der Schwangersehaft steht. Auch die weiBe Maus a yon 1923 zeigt mit 8,75 # koine die l%hlergrenze der Messung iiberschreitende Abweichung. Gegeniiber diesen Iqormaltieren zeigen die mit einseitiger Fettkost ern~hrten, auch ~ul~erlieh dutch die besondere Struppigkeit ihres Fells als krank auffallenden Tiere e und f, mit 8 # bzw. 7,75 # Durchmesser der Klasse K~ ein geringcs Absinken 2 der absoluten KerngrSl~e, was vielteieht dutch gewisse StSrungen in dem Kernwassergehalt (s. S. 680f.) bedingt ist. Letzteres kfnnte bei dieser schweren Ern~hrungsstSrung an sich auch gar nicht wnndernehmen. Endgfiltiges hieriiber kann natfirlich erst gesagt werden, wenn die Zahl der diesbeziigliehen Versuche noch bedeutend gesteigert sein wird. - - DaB iibrigens unter Umst~nden bei ungleiehen Lebens- bzw. Stoffwechselbedingungen dieselbe Zellkernart auch eine auffallende Verschiedenheit ihrer l~ncleolengrSl3e und im Zus~mmenhang damit eine entsprechende Volumens~nderung aufweisen kann, wurde an Hand der Befunde bereits S. 612 v e r a n s e h a n l i e h t . - Hier sei fibrigens auch auf die in der HXGGQUISTschenAbteilung des Karolinischen Instituts zu Stockholm ausgeffihrten, eingehenden ,,Studien fiber 24stundenrhythmisehe Variationen des Darm-, Lungen- und Leberfettes" yon HJ. HOI~GR]~r 1936 und die yon HOL~fGREN und CASPERSO~ 1934 untersuchten ,,Variationen der KerngrSBe w/~hrend der verschiedenen Phasen der Leberarbeit" hingewiesen.
6. Ein Uberbliclr i~ber das ,,Leistungs"-Wachstum der Zellen unter Thysiologischen und ~athologischen Bedingungen. Die v o r a n g e g a n g e n e n A b s e h n i t t e dieses K a p i t e l s e r g a b e n u n t e r a n d e r e m , d a b i m L e b e n d e r Z e l l e n / u n ~ i o n e l l e Entlastung a auf m i t o t i s c h e m W e g e z u r B i l d u n g d e r Zellen y o n iiblicher GrSl3e ffihrt, w/~hrend d e m gegeniiber besondere /unktlonelle Belastung infolge U n t e r d r f i c k u n g d e r Zell~eilung a u f d e m W e g e des Z e l l w a c h s t u m s (Zellhypertrophie) die v o l u m i n S s e r e n groin- u n d m e h r k e r n i g e n a Zellformen e n t s t e h e n 1/il~t. M i t dieser E r k e n n t n i s g e w i n n t a b e r fiir uns das A u f t r e t e n der GroBzellformen, welche j a sowohl in g e s u n d e n wie k r a n k h a f t e n Zustiinden sehr verb r e i t e t sind, ein ganz besonderes I n t e r e s s e ; d e n n es f r a g t sich: I s t eine solche u m s c h r i e b e n e Z u n a h m e d e r C h r o m a t i n - wie P l a s m a m a s s e immer d e r A u s d r u c k einer g e s t e i g e r t e n T/itigkeit der Zelle (Aktivit/~tshypert r o p h i e , L e i s t u n g s w a e h s t u m ) , oder lassen sich dafiir auch noeh andere ~ Umst/~nde u n d zwar welche v e r a n t w o r t l i e h m a c h e n ? Diese F r a g e s t e l l u n g dfirfte es rechtfertigen, w e n n wir uns zun/~chst i m folgenden einen k u r z e n 1 ~ber etwaige geschlechtsgebundeneUnterschiede der ZellkerngrSfle siehe SXtrSER 1935, S. 699. Eine derartige Abnahme der Kerngr(il~e stcllte auch ScrmSTm~ 1937 lest bei weiflen M/iusen, welche 4 Tage gehungert hatten oder 4 bzw. 6 Tage einseitig mit Speck geffittert worden waren. a Ffir die AuslSsung yon Mitosen k6nnen unter besonderen Bedingungen auch gewisse ,,Zerfallstoffe" und Reize yon Bedeutung sein (vgl. S. 609). 4 Die Beziehung yon Gro~- und Mehrkernigkeit zueinander und ihre jeweilige Bedeutung wird in Kapitel V, S. 668, behandelt. 5 Diese werden in Kapitel II, S. 632, und Kapitel III, S. 635, behandelt.
Dic verschiedenen Arten des gesetzm~13igen Zellwachstums.
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l~berblick fiber das A u f t r e t e n d e r fiblichen Grol~zellformen (Megazyten} einschlie~lich der Riesenzellen u n d der S y n c y t i e n versehaffen. A u f G r u n d m e i n e r eigenen, 1925, 1935 u n d j e t z t m i t g e t e i l t e n Beoba c h t u n g e n u n d E r f a h r u n g e n u n d u n t e r Beriicksichtigung der E r g e b n i s s e d e s S c h r i f t t u m s k a n n m a n alle die h~ufigen F~lle, in d e n e n gesunde Driisenzellen ein r h y t h m i s c h e s V e r d o p p l u n g s w a c h s t u m zeigen - - sei es in Leber, Speicheldrfisen u n d P a n k r e a s , M a g e n - D a r m k a n a l , i n k r e t o rischen Drfisen, Talgzellen, a p o k r i n e n Driisen usw. - - als A u s d r u c k eines ]unlctiondlen Zellwachstums 1 (Zeistungswachstum) ansehen. A u c h das A n w a c h s e n der P l a s m a - u n d C h r o m a t i n m a s s e in den Nervenzellen ~, welche zur A u f f e e h t e r h a l t u n g ihrer F u n k t i o n m i t d e m W a e h s t u m des KOrpers S c h r i t t h a l t e n mfissen, gehSrt in diesen Bereieh; ebenso a b e r a u c h das besondere V e r h a l t e n der quergestrei/ten Muskel/asern, welche im Laufe der Zeit - - e n t s p r e c h e n d d e n Bediirfnissen des sieh entwiekeln. den Organismus - - aus i h r e n einfachen einkernigen Mutterzellen, den Myoblasten, a u f amito$ischem W e g e (vgl. JA(~OBJ 1925, S. 185) zu den b e k a n n t e n umfangreichen, vielkernigen Zellformen h e r a n w a e h s e n . Zweifellos w i r d in l e t z t e r e m F a l l e dureh die A u s b i l d u n g der f u n k t i o n e l l e n F e i n s t r u k t u r jede m i t o t i s c h e Zellteflung v e r h i n d e r t u n d d a d u r e h i m Verein m i t d e m ausgiebigen funktionellen G e b r a u e h die G r u n d l a g e gelegt z u m H e r a n w a c h s e n d e r hochwertigen Zellformen d e r Muskelfasern, welche m i t M. H~I])]~HAIN (1919, S. 383 f.) als polymere Zellhomologe a n z u s p r e c h e n sind. Da~ iibrigens aueh bei den Wirbellosen Arbeitsbeanspruchung der Zellen zu einem rhythmischen Verdopplungswachstum Ifihrt, beweisen unter anderem sehr schSn die Untersuchungen yen J. FxsCHF~ 1936 an Federlingen und L~usen. Hier zeichnen sich n~mlich die Follikelepithelzellen der Ovarien zun~chst in e~nem funktienslosen Friihstadium dutch starke mitetische ZeUvermehrung und eine eingipflige GrSl3envariatien aus. Jedech entsprechend dem Eiwachstum setzt unter AufhSren der Mitesen und Auftreten amitotischer Kerndurchschniirungen die Arbeitsperiode des FollikelepRhels (hesonders Sekret- und Schalenbildung) ein. Dabei ~uBern sieh die verschiedenen Arbeitsphasen nicht nur in der Verschiedenheit der jewefls im Plasma auftretenden charakteristisehen ergastoplasmatisehen Schollen und Granula, sondern ~uch in einem rhythmischen Zell- und Kernwachsmm, bei dem die den jeweiligen H~ufigkeitsgipfoln zugeordneten Kernvolumina sieh zu einander verhalten wie 1 : 2 :.4 : 8 : 16 : 32. - - Ebenso stell~ das in neuerer Zeit besonders bearbeitete, auffallende Wachstum der 1V~hrzell-und ~peicheldri~senlcerne der Dipteren (z. B. Drosophila) zweifellos auch ein Leistnngswachstum dar und verl~uft nach den Untersuchungen yon G. H~RTWIG 1935 ebenfalls nach dem 1 DaB die gleichen biologischen Gesetzm~l~igkeiten aueh ftir das Waehstum der Pflanzenzellen gelten, das i s t nieht nut yon vornherein hSehst wahrscheinlieh, sondern dafiir liegen bereits entspreehende Befunde vor. So sehreibt I~OACK ia seinen ,,Grundztigen tier Bot~nik", 1929, S. 9: ,,Char~kteristisch ist ferner, dab Zellen mit besonders reger Stoffweehselt~tigkeit, wie die Driisenzellen, auffaltend gro6e Kerne haben. Dabei zeigen bemerkenswert~rweise aueh die I~ervenzell~l~kerne ein Verdopplungswachstum (s. S. 683). 40*
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Walther Jaeobj :
Verdopplungsgesetz. - - Auch die starke VergrOBerung der Zellkerne in den Corpora allata yon Termiten beruht, wie O. PFLVGFELD~R 1938, S. 466, zeigte, auf einero ,,gewaltigen Funktionssteigerung", wobei ,,das Waehstum der Kerne ~lterer Geschleehtstiere in geometrischer Progression erlolgt, bei ~lteren KOniginnen bis zum 8fachen Volumen". - - U n d neuestens erbrachte K. H, LANGE1940 im BE~ING~ HOFFschen Institut den Nachweis, dab die glatten Muskelzellen im Ureter, Diinndarm und tr~chtigen Uterus der Ratte bei entsprechender Beanspruchung eine dem Verdopplungswachstum entsprechende Aktivit~tshypertrophie erfahren, deren nieht fiberschreitbarer Grenzwert bei der 8fachen Volumenvergr6l~erung yon Kern und Plasma liegt. D e n g e n a n n t e n einwandfreien F~llen y o n / u n k t i o n e U e m ZeUwachstum beim Epithel-, Nerven- u n d Muskelgewebe dfirfen sich fraglos auch die folgenden, w e i t v e r b r e i t e t e n u n d allgemein b e k a n n t e n Z e l l h y p e r t r o p h i e n anschlieBen ]assen, welche Zellen der Sti~tz. u n d Bindegewebsreihe (Mesenchym) bet~effen. Als erstes Beispiel m6chte ich in dieser Beziehung auf die einkernigen Knocheumar]csriesenzellen (Megakaryozyten) hinweisen, da ihr W:achstum besonders eingehend untersucht wurde. Konnte doch M. H EID~NHAX~ (1894, S. 549 ff., 617 ft. ; 1912, S. 114) feststellen, dal~ diese auffallend groBen Zellformen aus Leukozyten hervorgehen und zwar durch mehrere aufeinanderfolgende, mitotische Teilungen, welche yon der Anaphase ab rfickl~ufig werden, so daI~ keine Teilung des Kerns und des Zelleibs eintritt, jedoch beide an GrSl~eZunehmen bei entsprechender Vermehrung aueh der Zentriolen, ein Vorgang, den M. HEIDE~XN als ,,Endomitose" kennzeichnete. Obwohl wir hier also gut fiber die besondere Art des Wachstums Beseheid wissen, so ist die Auffassung fiber die spezielle Art ihrer funktionellen Bedeutung noeh keine einheitliche. Jedoch fallen den Megakaryozyten zweifellos besondere ]unktiondle Au/gaben zu, ob man sic nun mit vielen Forschern als Bildner der Blutpl~ttehen oder als Erzeuger yon Antitoxinen od. dgl. 1 ansieht. Jedenfalls zeigt auch die Schichtung ihres Plasmas und ihre oft unregelm~i~ig zerfranste Oberfl~che einwandfrei, dab diese Riesenzellen bestimmte Stoffo bilden, welche sie durch Abschnfirung allem Ansehein nach in die benachbarten Blutkapillaren (s. B~Avs 1924, S. 567L) abstol~en. Aueh die RegelmaBigkeit ihres Vorkommens und der st~ndige Ersatz dieser zah]reieh degenerierenden Riesenzellen durch Neubildung ist ein nicht zu vernachl~ssigender Hinweis darauf, dab diesen so stark wachsenden Zellen auch wichtige Aufgaben im Leben des Organismus zukommen. Sehr klar ]iegen die besonderen funktionellen Belange der Ostoelasten bzw. Chondroclasten, jener bekannten, bei allen Wirbeltieren so typisch auftretenden (MAx~ow 1927, S. 487) mehrkernigen Gebilde, die besonders in ihren sp~teren Entwieklungsstadien RiesengrOl3e erreiehen k51men und weleho dort zu linden sixid, we Knochen bzw. Knorpel abgebaut werden. Vielfach wird das Auftreten soleh eigenartJger Zellgebilde nur als Tatsaehe hingenommen, ohne dab man versucht, ein Verstandnis fiir die ursachlichen Zus~mmenhange zu gewinnen. ~achdem aber unsere Untersuchnngen fiber Ze]l- und Kernwachstum die oben geschilderten funktionellen Zusammenh~nge kennen gelehrt haben, ist es die einzig n~chstliegende und vSllig ungezwungene Erkl~rung, d a b wir solehe ]okalisiert auftretende, vergr6Berte, mehrkernige Zelfformen als Ausdruck einer funktionellen Arbeitshypertrophie ansehen, zumal da zweifeUos den Ostoclasten eine besonders vielseitige funktionelleAufgabe zuf~llt-- mfissen sie doch einerseits die saure Reaktion sehaffen, Iqach M. H ~ . I I ) ~ I N 1894, S. 613, besteht die Funktion der Megakaryozyten in der ,,Aufnahme un4 Umarbeitung eiweil~artiger K(irper, welche aus dem Lymphnnd Blutstrom entno~men werden und wieder d~hin zurfiekkehren".
])ie verschiedenen Al~en des gesetzmi~$igen Zellwachstums.
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welche die anorganischen Salze zur AuflSsung bringt und aullerdem andererseits auch noch die zur Verdauung des Osseins notwendigen Fermente liefern. Unsere funktionelle Auffassung wird im ~'alle der Ostoclasten dadurch noch welter gestiitzt, als ,,das Vorkommen yon Ostoelasten" - - was schon SCrfAFFER 1888, S. 329, als ,,sicher" hervorhob ,,immer an die Gegenwart yon Gef~llen gebunden ist". Auf die nahe Beziehung zwisehen guter GefaBversorgung und entsprechend 5rtlich umgrenztem Zellwachstum gingen wir sehon (S. 606f.) ein. Dabei ist es eine Frage zweiten Ranges, ob wir die Ostoclasten unmittelbar yon den Mesenchymzellen ableiten oder mit KSLLIKER, SC~AFFERund BOlCSTals AbkSmmlinge der Osteoblasten ansehen; letzteres diirfte allerdings das Wahrscheinliehere sein. DaB iibrigens die Beanspruehung der knochenzerstSrenden Ostoelasten nieht stets eine so hoehgradige ist, dab es zur Zellhypertrophie kommen miiBte, zeigen uns alle die FMle, wo einwandfreie Knochenresorptionfestzustellen ist, ohne dal~ mehrkernige Zellformen gebildet werden. Es handelt sich hierbei wohl vor allem um solche Falle, bei denen die Geschwindigkeit der Resorption eine zu geringe ist, Ms dal3 sie zu einer besonderen Arbeitsbelastung der Ostoclasten fiihren kSnnte. Dieser funktionellen Auffassung der physiologisch so wiehtigen KnochenzerstSrerzellen lassen sich ohne weiteres aueh die dem Pathologen bekannten, sog. Fremdk6rperriesenzdlen an~ehliel~en, deren Aufgabe ja auch eine entsprechende ist, n~mlich der Abbau - - allerdings nieht der yon kSrpereigenen Stoffen, sondern yon FremdkSrpern. Auch dieses Ziel setzt besondere Anforderungen an die verdauende und damit sekretorische T~tigkeit der betreffenden Zeilen; und auch dort, wo dieser Arbeit der Erfolg versagt ist, falls sich n~mlieh die FremdkSrper ftir die dem Organismus zur Verfiigung stehenden Abwehrkr~fte als unangreifbar erweisen, wird trotzdem allein schon die Bereitstellung dieser Mittel eine Zellhypertrophie bedingen, so wie ja auch eine Sisyphusarbeit geeignet ist, die Kr/~fte zu st/~hlen. In diesen Bereich gehSren auch die sog. Riesenzellgranulome (z. B. Epulis, STERNBERGSLymphogranulom), die friiher den Geschwiilsten zugez~hlt wurden, w~hrend die heutige Pathologie ihre Eigenart als entziindliehe Gewebsbildung m i t einsehmelzendem (resorptivem) Charakter erkannt hat. - - Ein weiterer, hierhergehfrender Sonderfall yon Riesenzellbildung anl~l~lich einer entziindlichen Gewebsabwehr sind auch die bekannten LANGHA~sschen Riesenzellen bei der Tuberkulose und die Riesenzellen bei luetischen Gewebswucherungen. Neben dem dureh die Abwehraufgabe angeregten Zellwaehstum f~llt als Besonderheit bei den LANGHA~sschen Zellen noch eine durch die I~rfektion bedingte schwere Plasmasch~digung ins Auge, welche die h~ufige ,,Halbmond"- oder ,,Haufenstellung" ihrer Kerne verursacht. Bemerkenswerterweise kann iibrigens auch ffir alle diose pathologischea Riesenzellbfldungen ziemlich iibereinstimmend eine nahe r~umliehe Beziehung zum Gefa$apparat hervorgehoben werden, die~vielfach auch als eine genetische aufgefallt wird. Bei diesen entziindlichenWucherungen spezifischer Art zeigen fibrigens such sehon die - - im Gegensatz zu den spi~rliehen ,,Riesenzellen" in grofler Zahl auftretenden - - sog. Epitheloidzellen ~ ein deutliches Wachstum ihres Plasmas und Kerns gegeniiber ihren Mutterzellen. W~hrend abet die zuletzt angefiihrten Befunde der Pathologie angehSren, sei bier auch noch auf die vSllig physiologisehe Zellhypertrophie hingewiesen, welche die Bindegewebszellen des Uterus in der Sehwangerschaft zu den groSen protoplasma- und glykogenreichen epithelzell~hnlichen.Deeiduazellen heranwaehsen li~Bt, die im ausgereiften Zustaude nut direkte, amitotische Kernteilung zeigen und haufig zweikernig sind. Die funktionelle Bedeutung der in der Sehwangersehaft so typiseh zur Ausbildung gelangenden Deciduazelten wird in neuerer Zeit, zumal Diese Epitheloidzellen stammen ab yon den 5rtlichen (fixen) Geweb~zellen (Bindegewebs-, Endothel- und Epithelzellen).
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Walther Jacobj :
yon italienischen Forschern (vgl. FORN~.RO 1924) auf inkretorischem Gebiet vermuter 1. l~brigens haben a u c h diese hypertrophischen Zellen bemerkenswerter. weise sehr nahe Beziehungen zum Gef~Bapparat, wie dies z.B. F~OB6SV. 1931, S. 148f., bei seinen Untersuehungen am tr~chtigen Kaninchenuterus in Wort und Bfld ausdrfieklich festgestellt hat. - - Bezfiglich der bekannten, ganz ungew6hnlich groBen, vom Uteruscpithel abstammenden einlcernigen giesenzellen des tr~chtigen Kaninchenuterus sei ebenfalls auf F~oB6s~s Untersuehung verwiesen. Unsere bisherigen Feststelhmgen, dab stets an Stellen besonderer Leistungsbeanspruchung - - welche, wie wir wiederholt sahen, vieliach auch durch cine besonders gute Ge/~iflversorgung gekennzeichnet sind - - die Zellen eine ausgesprochene ~eigung zu amitotischem ~ Wachstum zeigen, gibt aueh ein bisher fehlendes a Verst~ndnis ffir das Auftreten des Chorionzottensyncytiums, d. h. ]ener bekannten, mit vielen Kernen versehenen, einheitlichen Plasmamasse, die schon in friihen Entwickinngsstadien aus den Einzelzellen der Cytotrophoblastenschicht hervorgeht, wobei alle oben genannten Bedingungen ffir die Ausl6sung eines funktionellen Zellwachstums erffillt sin& Denn einerseits sind dem Chorionepithel, so bald es in Berfihrung mit dem miitterlichen Blute tritt, besonders vielseitige /unktionelle Au/gaben der Stoffaufnahme mid -abgabe (Resorption, Exkretion) gestellt, weiterhin sind Kernamitosen als typischer Befund in diesem Syneytium yon den verschiedensten Forschern (FLORI~ 1928, STI~V~ 1936, tII~TZSCHE 1936) nachgewiesen, und schliefllich besteht aueh bier wieder eine auffallend enge Beziehung zwischen der Ausbfldung dieses epithelialen Syncytinms und dem Gef~Bapparat. I n dieser Hinsicht betont z.B. STI~V~ (1936) in seinem auf der Anatomentagung 1935 gegebenen Berich~ fiber den Bau der menschlichen Plazenta auf S. 39L : ,,Kann es doch keinem Zweifel unterliegen, dab eitl unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen der Ausbildung des Syncytinms, dem Verschwinden oder aber wieder Neuauftreten des zelligen Cytotrophoblasten einerseits und dem Verhalten der Blutgef~Be im Zottengrundgewebe andererseits. Urspriinglich besteht das gauze Zottengewebe nur aus zelligem Cytotrophoblast. Seine einzelnen Zellen nehmen zuerst an den Stellen, an denen sie an die Lacunen angrenzen, oberflachlich den Bau syncytialer Vcrb~nde an. Sparer entsteht an der Oberfl~che das zusammenh~ngende, zellige Syncytium." Weiterhin schildert STIEV~ wie der ,,Cytotrophoblast, die Grundschicht, so lange erhalten bleibt, bis ein zusammenh~ngender Blutkreistauf in Zott~ngrundgewebe ausgebilde~ i s t . . . ])ann verschwindet die Grundschicht, sie geht im besten Sinne des Wortes im Syncytinm a u f . . . In allen Teilen der Zotten, in denen das Bindegewebe gut durchblutet ist, besteht der ~berzug nur noch aus Syncytium; iiberall da aber, wo die Gef~Bversorgung Schlechter is~, bildet sich zwischen Syncytinm und Bindegewebe wieder eine mehr oder weniger dieke Lage yon Cytotrophoblast aus. Wit erkennen diese sehr deutlich am peripheren Ende der Zotten in Gestalt der Zells~ulen, und wir sehen das n~mliche in den Randteilen der Kotyledonen an ~llen Abschnitten, die schlechter mi$ kindlichen Gef~Ben versorgt oder schlechter durchbintet sind. ])a bildet sich wieder der Cytotrophoblast in seiner urspriinglichen zelligen ~orm aus." ,,Is~ die Gefi~Bversorgung schleeht, so erkennen wir unter dem Syncytinm den zelligen Cytotrophoblasten, dessen Zellen sich dutch Mitosen vermehren." ,,Wird das Syncytinm aber yon dem reich durchbinteten Bindegewebe aus sehr gut ernahrt", dann sieht man im Bereich Diese groBen epitheloiden Zellen, welche besonders stark im graviden Uterus der ~ager ausgebildet sind, werden hier auch unter dem Ausdruek der Glandula myometralis zusammengeIaBt und ihnen die Bildung albuminoider Stoffe zur ]~iweiBversorgung der l~rfichte zugeschrieben (vgl. G. v. K~sz~Y 1939, S. 275). ~ber den Begriff des amitotisehen Wachstums siehe S. 663fL So bemerkt v. M6LZE~DO~F~ in seinem Lehrbuch 1933, S. 27, ausdrficklich: ,,Welches die Ursachen ftir die Bildung yon Syncytien sind, iibersehen wit nicht."
Die verschiedenen Arten des gesetzm~Bigen Zellwachstums.
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des Syneytiums selbst massenhafte Kernvermehrungen durch direkte Teilung; ,,die gesonderte, nur der Zellvermehrung dicnende Sehicht ist dann offenbar fiberfliissig geworden". Alle diese von STIEVEgegebenen Befunde liefern also die besten Belege fiir unsere immer wieder - - so auch auf S. 625 --~ vertretene Auffassung, dal~ funktionelle Sehonung der Zellen, die naturgem~l~ dureh eine verhaltnism~Bige1 Gef~tBarmut erleiehtert wird, mitotisehe Zellvermchrung begiinstigt, w~thrend die mit dem Gcf~Breiehtum verbundenen aul~erordentlichen Ern~hrungs- abet aueh Arbeitsbedingungcnbei in funktioneller Hinsieht differenzierten~ Zellcn zum amitotisehen, d.h. zu dem nicht mit Zellteilung verbundenen Zellw~ehstum fiihren. An dieser Stelle muB allerdings noeh darauf hingcwiesen werdcn, dab bei der Bfldung des Trophoblastensyneytiums neben dcm vor allem wiehtigen Plasmawaehstum und der amitotisehen Kernvermehrung in einem gewissen Stadium auch Zellverschmelzungen auftrcten. DaI~ es hier zu diesem ganz unge~v6hnliehen (s. S. 673) Vorgang kommen kann, bcruht auf ganz besonderen, beim Trophoblasten gegebenen Bedingungen. Die Bfldung des Trophoblastensyneytiums stellt sieh dabei im einzelnen folgendcrmal~en dar: Indem an die LA~GHA~sschen Einzelzellen des Cytotrophoblasten mR der fortschreitenden Entwieklung besondere iunktionelle Anforderungen gestellt werden, fangen diese Zellen zun~tehst zu hypertrophieren an. FLORIANsehreibt 1928, S. 217f., dariiber: ,,An jenen Stellen, wo es zur Au~bildung des Plasmodiums bzw. Syneytiums3 kommen soll, nimmt das Cytoplasma an Masse zu; die Vermehrung des Cytoplasmas beginnt immer in der n~ehsten Umgebnng des Kerns und sehreitet von da an bis zur Zellmembran . . . 1Wenndas Cytoplasma benachbarter Zellen die letzteren bis zu ihren Zellmembranen gefiillt hat, beginnen die Zellgrenzen undeutlieh zu werden und k6nnen langsam vollkommen sehwinden." Der Anlal~ zu diesem auBergew6hnliehen Gesehehen der Zellversehmelzung liegt bier als0 darin, daI~ bei in einheRlieh geschlossener Epithellage sich unmittelbar beriihrcnden embryonalen Zellen etwa synchron ein gleiehgcartetes, hoehgradiges intrazellul~res Wachstum einsetzt, welches sehliel3lich dutch gleichzeitigen beiderseitigen Druck das diinne, trenncnde Oberfl~chenhi~utchen zum Sehwinden bringt. Fiir die weitere Plasmodiumvermehrung kommt dann aber, wie aueh FLORIN 1928, S. 220, hervorhebt, das ,,eigene Wachstum" des Plasmodiums in Betraeht, wobei aueh FLO~IA~auf die ,,sehr an Amitosestadien erinnernden Kernformen darin" hinweist. DaB es sieh dabei tats~ichlieh um Amirosen lmndelt, habeu sparer STIEVE 1936 und HINTZSC~E 1936 dutch besondere Untersuchungen crhartet. So kSnnen wir all dies zusammerffas~nd sagen: Die erste Bildung des Chorionsyncytinms wird eingeleitet durch ein ausgesproehenes Zellwaehstnm. Aueh die weitere Zunahme des Syncytinms beruht auf Plasmawaehstum, das yon amitotischer ]~ernvermehrung begleitet ist. Demgegeniiber hat die in einem ]~bergangsstadinm auftretende ,,Zellverschmelzung" eine nut untergeordnete Bedeutung.
Zusammen/assung. Die Befunde dieses A b s c h n i t t s k 6 n n e n wir d a h i n , zusammenfassen, da~ i m ZeUeben u n t e r Thysiologischen wie Tathologischen B e d i n g u n g e n jede ausgiebige spezifische Zelltatigkeit, welche i n besonders s t a r k e m U m f a n g das G e s a m t p l a s m a der Zelle i n Beschlag n i m m t , zu 1 Diese Gefal3armut daft dabei aber hie so welt gehen, dal~ die Ern~hrung der Zellen selbst leidet, was dann Atrophic oder Absterben zur Folge hatte, sondern nur so weir, dab eine funktionelle Hochbelasttmg vermiedcn wird. 2 Im Gegensatz hierzu werden/unIdionell noch nicht di/#renzierte, embryonale oder jugendliche Zellen bei verbesserter Gefa~vcrsorgung bzw. Ern~ihrung zu mitotiseher Zellvermehrung angeregt (s. oben S. 607f.). a FLOR~AN gebraucht 1928, S. 21], die Bezeiehnung ,,Plasmodinm" bzw. ,,Syncytium" gleiehsinnig.
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einer entsprechenden, K e r n und Plasma gleichartig betreffenden Wachst u m s z u n a h m e der Zellen ffihrt, das - - soweit hieriiber genaue variationsstatistisehe Messungen angestellt wurden - - jeweils nach Art eines ,,rhythmisehen Verdopplungswachstums" abl/~uft. D a als Ausl6sungsursache fiir dieses W a e h s t u m in allen vorstehend behandetten FAllen jeweils eine besondere Zellarbeit bzw. spezifische Zelleistung nachgewiesen werden konnte, so empfiehlt es sich, diese W a c h s t u m s a r t als Arbeits- oder Leistungswachstum zu kennzeiehnen, u m es dadurch nichtnur begrifflieh sondern ~uch in der N a m e n s g e b u n g y o n andern Waehstumsvorg/~ngen abzutrennen, die sowohl hinsiehtlieh ihrer urs/~ehliehen AuslSsung wie teilweise auch in ihrer speziellen morphologisehen Ablaufsform grundsgtzlich anders geartet sind. Auf diese h~ben wir in den folgenden Kapiteln H (S. 632) u n d I I I (S. 635ff.) einzugehen. Nachdem wir aber eben die versehiedensten F/ille echten Zellwachstums ~uf ]unktioneller Grundlage kennen gelernt haben, miissen wir hiervon g~nz anders ge~rtete Zusts ausdrticklieh ~btrermen, die [riChermil3verstgndlicherweise auch mit dem Zellwaehstum zusammengewoffen wurden. So rechnete man friiher (vgl. z . B . G . I-IERTWIGsHandbuehdarstellung 1926, S. 1010f.) aueh Speicherung yon Reservestoffen wie Fett, Glykogen, Dotter dem ,,funktionellen Zellwachstum" zu, obgleieh, wie man noch ausdriicklich bemerkte, ,,meist dabei die KerngrSl3e unver~ndert bleibt, oder sie nur wenig ihr Volumen bzw: ihre Oberfl/~ehe ver/~ndert". Diesen Standpunkt dtirfen wir heute nicht mehr beibehalten, da man als ,,echtes Wachstum" (s. S. 592, Anm. 1) nur wirkliche Zunahme an lebender Substanz - - die in gleicl~#e Weise Zelleib wie Zellkern betrifft - - ~nsehen kann. Demgegenfiber h~ben wh" den sehr verbreiteten Vorgang der bloBen ,,Gr6]3enzunahme" der Zelle infolge Aufnahme lebloser Speicherstoffe, weleher in seinem Wesen weitgehend yon dem ,,echten" Wachstum abweieht, sowohl begrifflich wie spraehlieh streng yon ihm zu unterscheiden. Meist diirfte uns dsbei das wechselseitige Verhalten yon Zellkern und Plasm~ einen aufschlul~reiehen Anhalt geben.
II. Das
,,St~rungswachstum" der
Zelle und die
,,Wueheratrophie".
N a e h d e m wir bisher nur F/~lle betrachtet haben, bei denen sich das mit entsprechendem K e r n w a c h s t u m verbundene echte Zellwachstum a u f eine funktionelle Sonderbelastung zurfickfiihren lief~, dtirfen wit darfiber nicht die Zustgnde iibersehen, in denen das Zellwachstum nieht die Folge eines gesteigerten sondern eines b~s zu dnem gewissen Grade gehemmten oder gest6rten Zellebens ist. I n dibser Beziehung muB ich auf die schon S. 616 erw/~hnten Versuche y o n Gv.~AssI~ow hinweisen, der d u r c h Einwirkung y o n K/~lte oder y o n Bet/~ubungsmi~teln bereits elngeleitete Mitosen an ihrem v611igen Ablauf verhindern k o n n t e und dadurch Zellen erzielte, welche die doppelte Kern- und Plasmamenge bzw. - - bei Wiederholung der StSrung - - sogar die 4faehe Menge gegentiber der N o r m enthielten. Die Erkl/~rung hierffir ist nieht schwer. W e n n naeh der fiir die Mitose eharakteristisehen Chromosomenl/~ngsspaltung die iiblicherweise dazu gehSrige Teilung des Zelleibs dureh h e m m e n d e E i n w i r k u n g verhindert wird, so miissen anschlieBend - - falls tiberhaupt
Die verschicdenen Arten des gesetzm/~Bigen Zcllwachstums.
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in seinen G r u n d l a g e n noch weiter 1/~uft - - die durch die T e i l u n g ents t a n d e n e n Chromosomenh/~lften dem i h n e n i n n e w o h n e n d e n W a c h s t u m s gesetze folgend wieder auf ganze vollwertige Chromosomen heranwachsen, was gleichbedeutend ist m i t einer Verdopplung der K e r n m a s s e und, gem~l~ der K e r n p l a s m a r e l a t i o n , auch der Plasmamasse. Da i n solchen F a l l e n das W a c h s t u m n i c h t d u r c h eine gesteigerte F u n k t i o n b e d i n g t ist, sondern auf einer durch starke ~ul~ere E i n w i r k u n g e n (wie K~lte, Gifte usw.) hervorgerufenen StSrung des t y p i s c h e n Mitoseablaufes beruht, so empfiehlt es sich, diese grunds/s Verschiedenheit des W a c h s t u m s a n l a s s e s ~ u c h i n der begrifflichen N a m e n s g e b u n g z u m A u s d r u c k zu bringen, i n d e m wit dem (ira vorigen A b s c h n i t t behandelten) f u n k t i o n s b e d i n g t e n ,,Leistungswachstum"das auf stSrende H e m m u n g ~ n ~ w/~hrend der Mitose zuriickzufiihrende ,,St6rungswachstum" u n t e r s c h e i d e n d gegeniiberstellen. Das V o r k o m m e n e i n e s derartigen StSrungswachstums b e r u h t auf der b e a c h t e n s w e r t e n Eigenschaft der Zelle, da$ der Durchteilungsmechanismus des Zelleibs St6rungen gegeniiber welt emp]indlicher ist als die Wachstums/dihigkeit des Zellplasmas, aber auch als die Teilbarkeit des Zellkernes. Hierher gehSren auch die - - yon uns spi~ter in anderem Zusammenhang zu berficksichtigenden - - Befunde des Pathologcn MAcMAHo~r Dieser sah (1933, S. 418) in einer an ' Gallenstauung, zentraler Verfettung und ,,Dissociation''~ ihrer Zellen m~Big erkrank~en Leber unter anderen Mitosen auch solche auftreten, yon denen er auf Grund des mikroskopischen Zustandsbfldes als fast sicher vermutet, dab sie infolge Hemmung der Zclleibsteilung zur Bildung yon doppel- bzw. mehrkernigen Zellen ftihren wiirden. Diese grofle Emp]indlichkeit der Zelldurchteilung ist auch bekannt aus den verschiedensten neuzeRlichen Versuchena, welche lehren, dab die Zcllteitung dutch die verschiodensten Einflfisse, wie ~nderung der Plasmaviskosit~t, Sauerstoffmangel 4 usw. gest~rt werden kann. In dicser Beziehung sei auch auf die Befunde yon C~AMB~S und I-IEILBRUNN5 hingewiesen, welche bei den Eiern von Wirbellosen fanden, dab das Plasma bis zur Ausbildung der Spindelfigur starrer und damn allm~hlich wicder flfissiger wird. Werden die Eier abet mit hypertonischen LSsungen behandelt, so wird die Gelatinierung bedeutcnd vorst~rkt. Ubersteigt dabei die Konzentration der hypertonischen LSsung eine bestimmte Grenze, so kann zwar noch Kerntcflung stattfinden, aber die Zelleibsteilung unterbleibt, woraus sich ergibt, dal3 die letztere an einen gewissen Solzustand gebunden ist. Entsprechend land auch LOEB (1895, S. 586), dab in Sceigelciern, die in Seewasser yon bestimmter Konzentration gcbracht wurden, die Zahl der Kcrne noch zunimmt, w~hrend keine Zellteflmng stattfindet. - - Hier seien auch die Versuche yon B. WADA 1932 an 1 Allgcmeines fiber chemische und physikalische Hemmungsfaktoren der Zellteilung siehe WASS]~aMA~r 1929, S. 507, 509ff. Die als ,,Dissociation" bezeichnete ,,Lockerung des gegenseitigen Zusammenhanges der Leberzellen innerhalb der Leberzellbalken" tritt bei der degenerativen ,,triiben Schwcllung" auf als Ausdruck der ,,Alteration des Protoplasma~ der Leberzellen" (Bo~sT 1926, S. l l l f.). Auch chemische und bakterielle Sch/~digung dor interzellul~tren GRterfasern und Geriistsubstanzcn kSnnen dazu fiihren (RfSSLE i919, S. 333). a Vgl. z.B. BECHHOLD 1929, S. 291ff.; SrEcx 1924, S. 444f.; SCHAEDE1929, S. 13ff. - - 4 Siehe J. LOEB 1896, S. 249, - - a Zitiert nach F. L~vu 1921, S. 107.
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Walther Jacobj :
lebenden Zellen von Tradescantia genannt, weleher dutch das Ansteehen mitotischer Zellen die Zellteilung unterdriicken konnte und auf diese Art entweder einkernige Zellen mit einem tetra~loiden Riesenl~e~'n o(]er zweikernige Zellen mit 2 diptoiden Einzelkernen erhielt, deren Waehstums- und Lebensf~higkeit, wie WA~>A (a. 0. S. 124ff.) betont, gegeniiber den normalen Zellen sogar gesteigert war. Beziiglich der Einwirkung yon Gi/ten auf die Zellteilung sei ~uch ROESSLE angefiihrt, welcher 1926, S. 924, schreibt: ,,Von Giften, welehe amitotische Kernteilungen ohne Zellteflung zu erregen verm6gen, sind Narkotika, Zyankali, Chloreton und Stoffweehselprodukte zu nennen . . . Von physikalischen Faktoren seien (~berwi~rmung und Abkfihlung, sowie Liehtwirkung (ultraviol~tte Strahlen) genannt." Die lerage Vergiftung und ZellgrG~e behandeln weiierhin WnR~EL und IONATI]~WA in 2 besonderen Mitteilungen (1933, Bd. 17, S. 476If. ; Bd. 20, S. 43ff.). Sie ianden an Lebern (und Nieren) yen Froseh und Ratte nach Vergiftung des Gesamtorganismus mit den vcrschiedensten Giften (Trypanblau, Yperit, cr ein sowohl Kern wie Plasma betref~endes Zellwachstum und das Auftreten yon l~iesenzellen mit entsprechenden Kernen. Diese Befunde legen sie dahin aus, da[3 die Vergiftung die hetroffenen Zellen a~ls ihrem natiir~iehen Zusammenhang heraus isoliere 1 und dadureh ihr gesteigertes Waehstum bedinge. Diese Deutung seheint mir aber zu hypothetiseh und problematisch zu sein, als dal~ man sie annehmen kSrmte, zumal unsere obige, ganz andersartige Erkl~rung ,,als StSrungswaehstum" sich auf gut analysierte Befunde griindet. - - Auch die Beobachtung yon B~TA 1926, dab besonders bei Sauersto//mangd in Gewebskulturen Riesenzellen entstehen, liefert ein weiteres Beispiel fiir unsere Auffassung des St6rungswaehstums. - - Wie Gifte einersoits Mitosen anregen, gleiehzeitig aber deren normalen AbIauf hemmen kSnnen, zeigen sehr sehSn aueh did neuesten Versuehe mit dem Alkaloid Colehiein und mit organisehen Arsenverbindungen (vgl. E. RI~s 1938, S. 302, 297). - - Bei Phosphorvergiftung erhielt CLARA (1931a, S. 164) in der Kaninchenleber zun~ehst amitotisehes Wachstum der Leberzellen mit Auftreten mehrkerniger Rieseflzellen und erst in .zweiter Linie aueh Mitosen; wobei er aber ,,mit Absieht unentsehieden l~Bt, ob dieser W~chstumsreiz erst als Folge der Par,e,nchymschadigung alxftritt oder direkt dutch die Phosphorwirktmg ausgel6st wird. - - DaB Zer[allsto'ffe, wie die Wundhormone (Nekrohormone), bei vermehrungsfi~higen Zellen mitotisehe Zellteilungen ausl6sen k6nnen, ist bekannt (vgl. RIEs 1938, S, 301f.). Wieweit es ,,Wuehsstoffe" und Pharmaka gibt, welehe mitotisehe Zellvermehrung ohne Zellsehi~digung anregen k6nnen, muB die weitere Forsehung lehren. Dieses Kapi.tel d a f t ich aber n i c h t schliei~en, ohne die E i g e n a r t des K e r n w a c h s t u m s bei der sog. ,, Wucheratrophie" 2 beriicksichtig~ zu haben. U n t e r W u c h e r a t r o p h i e v e r s t e h t m a n b e k a n n t l i e h eine m i t P l a s m a z u n a h m e v e r b u n d e n e K e r n w u c h e r u n g in Zellgebilden, deren spezifische S t r u k t u r e n zerfallen, z . B . bei degenerierenden Muskelfasern. Das Z u s t a n d e k o m m e n dieser zuniichst absonderlich a n m u t e n d e n E r s c h e i n u n g 1 WERMELund IONATIEWAschreiben dariiber (1933, Bd; 20, S. 53): ,,Auf Grund der ]~rscheinung des GrSBerwerdens der Kerne unter dem Einflul~ hSchst verschiedenartiger Giite, und besonders auf Grund der Experimente mit der kombinierten Wirkung yon Giften, die keine Verst~rkung des Prozesses ergaben, glauben wit, dab das Gift vor allem die allgemeinen koordinierenden Verbindungen im Organismus angreift; das Gr6flerwerden einzelner Kerne (wahrscheinlieh aueh der ganzen Zellen) mnB als eine ~:uBerung ihrer Tendenz zum Gr61]erwerden, die ihnen eigen ist, und sieh normal in der Asymmetrie der Variationsreihe ~uBert, angesehen werden." V~I. O. H E ~ w m 1923, S. 579f.
Die verschiedenen Arten des gesetzm/~l~igen Zellwachstums.
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l's sich - - meiner Meinung nach - - ohne weiteres aus der Konstanz der Kernplasmarelation erkl/~ren. I n d e m n/~mheh die innerhalb des Zellgebildes zerfallenden, ,,alloplasmatischen ''1 Strukturen {z. B. Muskelfibrillen) teilweise wieder in vollwertiges Plasma umgebau$ werden, mu$ ~ gemiiB dem Gesetz der Kernplasmarelation - - aueh die Kernmasse entsprechend zunehmen. I l L Das auf Chromosomenverklebung (Chromosomensyndese) beruhende
,,heterotypisehe" Verdopplungswaehstum in tier Geschlechtszellenreifung und bei den ,,bSsartigen" Geschwiilsten (Karzinom, Sarkom). Nachdem wir in Kap. I (S. 592ff., S. 631 f.) das ,,Leistungswachstum" der Zellen, in Kap. I I (S. 632ff.) ihr ,,St6rungswachstum" und weiterhin den eigenartigen Wachstumsvorgang der ,,Wucheratroph!e" (S. 634f.) kennengelernt haben, fragt es sich: Gibt es noch andere Arten des echten Zellwachstums, die sich nicht den genannten 3 Gruppen einordnen lassen ? Das ist in der T a t in sehr ausgesprochener Weise der Fall und zwar in 2 Lebensbereiehen der Zelle, die yon grundlegender Bedeutung sind, n/s einerseits in der Wachstumsperiode der mdinnlichen und weiblichen Geschlechtszellen und andererseits beim Zellwachstum der atypischen oder ,,b6sartlgen" Geschwulstzellen. Obgleich diese beiden Zellarten zwar an sieh zwei vOllig ge~rennten Lebensgebieten angehSren, so zeigt doch die genaue Aufkl/irung (Analyse) der betreffenden Waehstumsvorg/~nge ihre weitgehende ~bereinstimmung bis in feinste Einzelheiten des chromosomalen Geschehens hinein. Zu diesen Ergebnissen fiihrten reich bereits frfihere Untersuchungen (JAcoBJ 1927, 1929, 1930), welehe ieh dem Wachstum der Gesehlechts- und Gesehwulstzellen und den mit ihm verbundenen ehromosomalen Vorg~ngen gewidmet hatte. Unter Beriicksiehtigung dieser frfiheren Befunde" sollen uns jetzt die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse fiber die urs/s Grundlagen der versehiedenen Waehstumsarten dazu verhelfen, ein erweitertes Verst/indnis ffir die Eigenart des Wachstums der Gesehleehtsund Geschwulstzellen zu gewinnen. Deswegen sind die 3 n~ehsten Abschnitte diesen Fragen gewidmet.
1. Die heterotypische Wachstumsperiode in der Geschlechtszellenrei/un 9 und ghre Beziehung zu Faktorenaustauseh (Crosslngover) und Genmutation 2. Jeder Biologe weil~, dab fiir die Ausreifung der Ei- und Samenzellen eine 1/inger dauernde Wach~tumsperiode sowohl bei Tier wie Pflanze kennzeichnend ist, die den Zellen dieses Stadiums im anglo-amerikanisehen Schrifttum den Namen Anxozyten (yon a6~o~ = ieh waehse) eing~tragen hat. Dieser Waehstumsperiode sehlie6en 1 ~ber die Unterscheidung von Protoplasma, Allo- und Metaplasma siehe M. H E I D ~ A I ~ 1907,-S. 47f., 0. HERTWm 1923, S. l17ff.; v. M6LLV.~DORFF: Lehrbueh der Histologie, 1940, S. 16. Vgl. systematischen Naehweis mit Abbildungen bei JACOBJ 1929.
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sieh die 2 Reifungsteilungen an, deren sines, allgemein anerkanntes Ergebnis, die Reduktion der Chromosomen nach Zahl (bzw. Masse) und Qualitat ist. So unbestritten nun zwar die gesamte Geschlechtszellenforschung diese Wachstumsperiode-als Tatsache anerkennt, so wenig wird andererseRs im allgemeinen nach der besonderen Art dieses Wachstums und nach seinem eigentlichen Sinn gefragL Dies beruht zum Teil wohl auf der weitverbreiteten Neigung ~ der Morphologen, mehr auf Formgnderungen als auf Mengen~ndernngen zu achten. AuBerdem wurde /riiher yon der Mehrzahl der Forseher keine strenge Unterscheidung gemacht zwischen schtem auf Zunahme an lebendiger Masse beruhendem Wachstum und blofler Grgflenzunahme 2 infolge Ablagerung lebloser Stoffe oder infolge Aufquellung mit Wasser; ja meist bestand sogar die Auffassung 3, dab man iiberhaupt keinerlei I-Iandhaben besitze, beides einigermaBen gesiehert zu unterseheiden. Erst nachdem ich 1925 auf Grund genauer, voraussetzungsloser 4 Msssungen an den versehiedensten Zellarten das Gesetz des rhythmischen Kern- bzw. Zellwachsturns (s. S. 586) nachgewiesen hatte, erhielt man iiberhaupt die ersten gesicherten Anhalts~nkte ftir eine sachgem~Be Beurteilung des Gesamtproblems der Zell- und Kerngrgfie und damit auch des Gesehlechts- und Gesehwulstzellenwachstums. So wies ich anschlieBend 1926 beim Sguger (Cavia) n~eh, dab die typischen Kernvolumina der versehiedenen Zellgenerationen der Spermatogenese, ni4mlich der 1 Diese einseitige Bevorzugung des Qu~litativen gegeniiber dem Qnantitativen in der Morphologie beklagt anch der berfihmte Physiologe A. KROGH 1924, S. 3f., 17f. Vgl. demgegeniiber unser KEPLER-Zitat auf S. 588, Anm. 2. Uber ,,echtes" Wachstum zum Untersehied yon der blol~en ,,Cs~6flenzunahme '' siehe unsere S. 632. s Vgl. z.B. RH. ERDMA~ 1910, S. 850. 4 ,,u insofern ieh bei meinen Messungen yon vornherein bestrebt war, dureh eine mSglichst einwandfreie nnd gesieherte Untersuchungsart (Methodik) die tatsiichlich vorhandenen GrSBen ~md ihre Vergnderliehkeit (Variabilitgt) festznstellen ohne jede theoretisehe Bindung. Erst naehdem meine Messungen die einwandfreien Zahlen einer Verdopplnngsreihe ergeben batten, and es nun gal~, die empirisehen Ergebnisse einer solch zahlenmgBigen Gesetzma~igkeit in den Ges~mtrahmen der Biologie answertend einznbauen, brachte ieh meine Befunde in Beziehung zur H~iD]S~HAI~schen Synthesiologie und Protomerentheorie (s. S. 587). Ieh betone dies deswegen, weil manehe Forscher anseheinend die Vorstellung haben, ich h~tte meine Xernmessungen yon vornherein mi~ der Absieht begonnen, die Riehtigkeit der Protomerentheorie naehzuweisen; wghrend es mir - - gemgB meiner Vorsehnlnng in Physiologie and Pathologie - - zunachst nur darauf ankara, Einbliek in das tatsaehliche Verhalten zu gewinnen, unabhgngig yon jeder Theorie. Dabei entsprang mein Bestreben, das Ergebnis der Beobachtung soweit mSglieh auch zahtenm~Big zu fassefl, einer persSnlichen Neignng, welehe mich sehon beim Beginn des Medizinstudinms veranlaBt hatte, auch an einer in die hShere Mathematik einfiihrenden Vorlesung und Seminar teilzunehmen, um Einblieke dariiber zu gewinnen, welche MSgtiehkeiten und ttandhaben einerseits die Mathematik znr Aufklgrung biologisch-mediziniseher Zusammenh~nge liefern kann, aber um andererseits aneh die Grenzen und die Gefahrspnnkte der mathematischen Betraehtungsweise kennen zu lernen. Denn bekanntlich beruht manehe miflbr~iuchliche Anwendung der Mathematik auf biologisehem,Gebiet gerade auf der Unkenntnis des Laien dariiber, inwieweit m~thematische Denkoperationen einem Natnrvorgang gegentiber jeweils iiberhaupt anwendbar sind. In letzterer Hinsieht habe ich z. B. den Bestrebungen andere r Forseher gegeniiber ausdriieklich abgelehnt, bei den Haufigkeitsvaria~i0nen der Kerngr6l]en, in denen ott Wachstumseigentiimliehkeiten z u m Ausdruek kommen, ohne weiteres die mathematisehe Methode der binomialen Zufallstreuung anzuwenden (s. JACOBJ 1935, S. 171f.).
l)ie verschiedencn Art(~n des gesetzma[ligen Zellwachstums.
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Spormatogonien : Spermatozyten I : Spermatozyten II (Praespermatiden) : Spermatiden sich zueinander verhalten wie 1 : 2 : 1 : 1/2. Damit war zum ersten Male der einwandfreie Beweis 1erbracht, daI~ der Wachstumsperiode der Spermatozyten I tatsiichlich ein echtes Wachstum and zwar nach der Verdopplnngsregel zugrunde liegt, Zugleich mit diesem Nachweis erhob sich aber auch die Frage nach der Bedeutung dieses Wachstums, welches doch der Chromatinreduktion zuniichst unmittelbar entgegenwirkt und infolgedessen zwei Reifungsteilungen zur Massenreduktion erforderlich macht (fiber alas Reduktionsproblem s. JACOBZ 1929, S. 80ff.). Da den anwaehsenden Spermatozyten I (Anxozyten) weder eine spezifisehe Funktion im Sinne unseres ,,Leistungswachstums" obliegt, noeh irgend eine pathologisehe Hemmung im Sirme des ,,St6rungswachstums" sieh bei ihnen naehweisen l~Bt, so muf~ es mit diesem sonderbaren Wachstum auch seine eigene Bewandtnis haben. Diese kl/~rt sich sofort auf, sobald wit die feineren Vorg/~nge beachten, die sich an den Chromosomen abspielen. Sind doch bekarmtlich diesem eiger ortigen Waehstum auffallende Ver~nderungen an dem ,,Chromosomenapparat" zugeordnet, welche seit langem unter der Bezeiehnung ,,hereto". odex ,,allotypische Mitose"~ bekannt sind. Das grunds(itzliche Wesensmerkmal, welches die heter0typisehe Sonderart yon der fiblichen Mitose unterscheidet, ist, dab bei der ersteren die paarweise aneinander gelagerten (,,konjugierten") And gegeneinander gedrohten (torquierten) homologen Chromosomen #wells miteinander verklebeu (Chromosomensyndese), so dab in der Metaphase die fibliche mitotische L~ngsspaltung nicht frei bewegliehe Chromosomen, sondern miteinander Verbundene Chromosomenpaarlinge trifft. So kommt es zu den die 1. Reifungsteilung und ihre ,,synaptischen" wie ,,diakinetischen" Stadien kennzeichnenden, bekannten ,,heterotypischen" Chromosomenbildern, z. B. den Doppelst~bchen, den von je 2 miteinander verklebten homologen Chromosomen gebfldeten sog. bivalenten Chromosomenringen, den Achter- and Doppelachterbildungen, den,,ehiasmatypischen" ~berkreuzungsiiguren, den Vierergruppen (Tetraden) usw. Und zwar stehen alle diese vietgestaltigen Chromosomenbilder der heterotypisehen Mitose - - wie ich 1929 zeigen konnto - - in einem einheitliehen morphogenetisehen Zusammenhang und stellen nichts anderes dar als eine Verwirklichung des in der Mathematik altberfihmten raumgeometrischen Grundsatzes des ,,MS~igsschen Bandes" bzw. der ,MSBivs-Ringe". - - Dureh die ,,heterotypische" Chromosomenverklebung (Syndese) wird also das bei der gewShnlichen Mitose sehr b~ld einse.tzende Auseinandexwandern der dnrch die metakinetische Langsspaltung entstandenen Chromosomenh~lften and die damit zusammenhfingende Tochtersternbildung zu ihrem fibliehen Zeitpunkt verhindert und damit naturgemaB auch die Zellteilung weitgehend hinausgeschoben. So betr~gt bekannt]ich beim Warmblfiter die fibliehe Mitosedauer etwa 1/2 Stunde, w~hrend sich in der Spermatogenese die heterotypische Mitose fiber eine Woche a hinzieht. Wenn aber auch dureh die Syndese die Kern- nnd Zellteilung zun~chst verhindert ist, so machen trotzdem aueh in der heterotypischen Mitose die jeweils miteinander verklebten Chromosomenpaare im Zeitpunkt der Metaphase die fibliehe mitmtische (metakinetische) L~ngsspaltung4dureh, was zur Bfldnngyon Chromosomenhalblingen 1 Ein derartiges ein- oder auch mehrfaches, ffir die Wachstnmsperiode der Spermatozyten charakteristisches Verdopplungsw~ehstum wiesen n. a. G. I-IERTWm bei Maus, Ratte, Menseh; JA~SSE~S beim Amphibium; W~R~EL bei Wirbellosen naeh (vgl. JACOBJ 1935, S. 201f.). - - ~ Vgl. JACOBJ 1929, S. 57. 3 Nach v. EBN]~s Schhtzung 1902, S. 435, betragt bei der Rutte die ,,Zeit yon der Teilung einer Spermatogonie bis zur Spermatozytenteilung" etwa 8--9 Tage. 4 Durch die raumgeometrisehen Besonderheiten, welche mit der L~ngsspaltung in sich gesehlossener, torquierter B~tnder (,,MSBIcs-B~nder" tier Mathematiker, vgl. JACOBJ 1929, S. 128ff.) verbunden sind, entgeht diese Lgngsspaltung and vet allem aueh ihr kausaler Zusammenhang mit den aus ihr sieh ergebenden
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fiihrt. Da aber gem~l~ den Gesetzen der Chromosomenregeneration die dureh die metakinetische Spaltung entstandenen Chromosomenh~lften stets wieder auf das Ganze anwachsen miissen - - unabh~ngig d~von, ob es zur Zellteilung kam oder nicht - - so wird auch das oben yon nns festgestellte Verdopplungswachstum der GeschlechtszeUen in ihrer durch die heterotypische Mitose bedingten Wachstumsperiode zu einer selbstverst~ndlichen biologischen Notwendigkeit. .Nachdem die eben in gedrangter Ktirze wiedergegebene, auf einwand/reie Tatsachen sich griindende Darstellung der chromatischen Vorg~nge in der heterotypischen Mitose uns das morphologische Zustandekommen, die /ormale Gene~e, der tiir die Geschleehtszellenreifung eharakteristischen Wachstumsperiode kennen gelehrt hat, mtissen wit auch nach ihrer eigentlichen Bedeutung fragen. Diese beruht - - wie ich es eingehend 1929 (unter anderem auf S. 103f.) an Hand der allgemein anerkannten Befunde naehgewiesen babe - - darin, dab dureh die der heterotypischen Mitose eigentiimliche Syndese der gegeneinander aehsengedrehten (torquierten) homologen Chromosomen alle Bedingungen /fir einen gegenseitigen Chromatinaustausch (Eaktorenaustauseh, Crossing-over) zwischen den Paarlingen gegeben sind; und zwar wird dieser Austausch immer d~nn verwirklicht, wenn die Chromosomensyndese eine so starke ist, dal~ sie die metakine~isehe Chromosomenl~ngsspaltung fiberd~uert, w~hrend es dagegen zu keinem Faktorenaustanseh kommt, falls sieh die Syndese noeh vor der Durchfii~ung der L~ngsspaltung 16st. Mit diesem Faktorenaustausch sind iibrigens - - worauf ich sehon 1929, S. 164, hinwies und worauf wir nnten S. 646ff. in neuem Zusammenhang zuriiekkommen werden - - aueh die Bedingungen zur AuslSsung yon Genmutationen gegeben, an deren zun~ehst viel umstrittenem Vorkommen nach den Befunden der neuzeitlichen experimentellen Vererbungsforschung1 nicht mehr gezweifelt werden kann (vgl. aueh S. 659). ~ a c h d e m wit also eben i n der Erm6glichung eines wec~selseitigen C h r o m a t i n a u s t a u s c h e s ~ die eigentliche B e d e u t u n g , d e n ,,Sinn" (J.~coBJ 1929, S. 103f.) der h e t e r o t y p i s c h e n C h r o m o s o m e n v e r k l e b u n g u n d des damit notwendig verbundenen heterotypischen Verdopplungswachstums der K e r n e k e n n e n g e l e r n t h a b e n , mfissen wir i m folgenden A b s c h n i t t 2 noch kurz n a c h d e n ursdchlichen Bedingungen fragen, die zu solchen C h r o m o s o m e n v e r k l e b u n g e n ffihren kSnnen. chromosomalen Formbfldungen ]eicht dem raumgeometriseh unerfahrenen Beobaehter, da es hierbei je nach der besonderen Art der A~einanderlagerung der Chromosomen (s. JACOBJ 1929, S. 1012.) znr Bildung yon dem Unknndigen ganz unverst~ndlichen ringfSrmigen Vierergruppen bzw. verwickelten ~]berkreuzungsformen (den ,,ehiasmatypisehen" Figuren des Sehrifttums), Achter- und Doppelachterfiguren, ,,Andreaskreuzen" nsw. kommt. Die Chromosomenforscher aller Lander haben zwar solche Formbildungen als charakteristisch fiir die heterotypisehe Reifungsteilung (bei Menseh, Tier und Pflanze) in alterer, neuer und neuester Zeit wieder und immer wieder beschrieben; infolge Unkenntnis der M6BIvssehen Raumgeometrie blieb ihnen aber die Entstehungsart immer vSllig unverstandlieh. 1 Vgl. TI~OFkEFF: Experimentelle Mutationsforschung in der Vererbungslehre, 1937. ~ 2 Sehon RiiCK~C~Twies 1892, S. 154f., darauf hin, dal~ die ErmSglichung eines sto~fllehen Ausf~usehes zwischen den konjugierenden Chromosomen ein auf theoretischen ]~berlegungen wie experimentellen Befunden sich griindendas Postulat der Chromosomentheorie der Vererbung ist.
Die versehiedenen Arten des gesetzmiiBigen Zellwachsmms.
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2. Die Bedeutung unspezi/ischer (z. B. physikalischer und chemischer) Relze ]iir die Erzeugun9 von Chromosomenverklebungen (Syndesen). Aus e x p e r i m e n t e l l e n U n t e r s u c h u n g e n wissen w i t ' - - wie i m folgenden k u r z gezeigt sei - - , dal~ sowohl d u r c h chemische wie p h y s i k a l i s c h e Reize der Z u s t a n d des P l a s m a s d e r a r t v e r ~ n d e r t w e r d e n k a n n , dal3 Chromosomenverklebungen zustande kommen. So kormte sehon V. HXECXER, ein Bahnbrecher der morphologisehen Vererbungsforschung, 1904, S. 794, dutch Einwirkung chemischer Reize (~ther) auf das in Furchung begriffene Cyclopsei erreichen, dab an Stelle dot gewShnlichen somatischen Mitosen echte heterotyplsche Mitosen auftreten. - - Daffir dab wohl aueh bei der Geschleehtszellenreifung die heterotypisehen Mitosen dutch chemische Reize ausgelSst werden, dafiir sprieht auch die yon TISC~LE~ in r~inem Lehrbuch 1921/22, S. 365, angefiihrte Meinung des bekannten Zyto]ogen FuzII: ,,DAB die meiotisehen1 Teilungsvorg~nge wahrseheinlieh dutch die Wirkung chemiseher Reizstoffe veranlaSt werden und man demgemi~B die kfinstliehe Meiosis1 in beliebigen Gewebszellen der Pflanzen nnd auch der Tiere herbeifiihren kSnnte, wenn man nur !N~heres fiber die I~atur dieser Reizstoffe kennengelernt h~tto." - - Aber auch dutch physikalische Reize, z. B. RSntgen- und Radiumstrahlen in bestimmter St~rke ~ k6nnen Chromosomenverklebungen a h~ufig in Form der sog. Chromatinbrficken 4 hervorgerufen werden. Da nun au$erdem naeh Bestrahlung auch h~ufig Riesenzellen mit Riesenkernen und mehrpoligen Mitosen (F. ALVERD~.S192!, S. 397) beobachtet werden, Erseheinungen, wie sie aueh ffir die auf Chromosomensyndese beruhenden heterotypischen Mitosen eharakteristisch sind, so ist die Annahme wohl bereeh~igt, dab auch das strahlungsbedingte5 Zellwachstum ein syndetisehes ist, d.h. veranlaB$ durch eine Chromosomenverklebung w~hrend der Mis Ein Zusammenhaften der Chromosomen kann fibrigens, wie A. TOBIAS (bei HA~.KX~R) sehon 1914 naehwies, aneh dureh erhb'hte Temperatur (a. O. S. 390) oder dureh Alkohol und Cocai~ (a. O. S. 423) hervorgerufen werden. U n t e r Zusammen]assung der v o r s t e h e n d e n Befunde k S n n e n wir feststellen, d a b die versehiedensten, unspez;]ischen, chemischen (z. B. Xther, Alkohol, Cocain) wie ph~tsikalischen (z. B. R S n t g e n s t r a h l e n , W/irme) Reize geeignet sind, das Z e l l p l a s m a d e r a r t zu ver/indern, d a b bei einer u n t e r diesen abge/~nderten B e d i n g u n g e n s t a t t f i n d e n d e n Mitose Ghromosomenverklebungen z u s t a n d e k o m m e n , wie sie fiir die h e t e r o t y p i s e h e Mitose (s. vorigen A b s e h n i t t ) eha.rakteristisch sind. S o m i t k S n n e n solche Reizzustdinde die Grundbedingungen liefern, um eine gewShnliehe soma. tische Mitose in eine heteroty~sche Mitose iiberzu/iihren. 1 ,,Meiosis" und ,,meiotiseh" sind sinngleieh (synonym) mit den sonst meist gebrauchten Ausdrficken hereto- bzw. allotypisehe Mitosen, vgl. Tmcn~.~a 1921/22, S. 357. - - 2 Ji~CGLr~Gund LANGENDORF~"zeigten 1930, S. 5f., dab kleine RSntgendosen den Kernteilungsablanf ohne jede Sehiidigung beschlennigen, w/~hrend hfhere Dosen die sog. Primar-, Sekundar- und Tertii~reffekte hervorrufen, die zun~chst in vflliger Mitosehemmung und mehr oder weniger lange nachfolgender sehwerer Mitoseschadigung zum Ausdruck kommen. ~ 8 Vgl. z. B. P. ttE~:wm 1927, S. 9ft. Aueh PFuB~ (1939) konnte neuestens die verklebende Wirkung der RfnSgenstrahlen auf die Chromosomen yon Bindegewebszellen des Kaninehens nachweisen. ~ Vgl. F. ALVERDES 1921. - - ~ In neuester Zeit haben POLITZER 1934 und H. HAMrE~ 1937 den Einflul~ der Strahlenwirkung auf Chromosomenverklebung und ~iesenzellenentstehung eingehend untersuch%. -
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3. Wachstum, Eigenart und Entstehung der ,,b6sartigen", ,,unrei/en" Geschwulstzellen als Folge einer heterotypischen Chromosomensyndese (heterotyp-genmutative Geschwulstentsteliung). Bei unserm Bestreben, einen (~berblick fiber die verschiedenen Arten des Zellwachstums zu bekommen, dfirfen wir nicht die auf echtem Kernund Plasma-Wachstum beruhende Zellvergr6flerung fibergehen, welche wie es zuerst yon H~IB~I~G 1908, bald darnach yon Bo~sT 1910 und seinem Schiller NO~IKOS 1910 festge~tellt wurde - - ein liar die Mehrzahl der b6sartlgen Geschwi~lste kennzeichnender Vorgang ist. Sehr richtig bemerkt Bo~sT 1919, S. 751: ,,In die Urs~chen des abnorm gesteigerten Wachstums, wie kS nns in den Geschwiilsten entgegentritt, werden wir aber~ wohl erst dann tiefere Einblieke gewinnen, wenn wir die Grundlage~ des -
-
normalen Wachstums i~bersehen werden." Da diese ~bersicht abet seinerzeit noch vSllig fehlte, so kann es uns nicht wundernehmen, dab aueh die genannten wertvollen Befunde HEI] ~ G s und Bo~sTs zun~Chst nicht die verdiente allgemeine Beachtung und Auswertung fanden. Nachdem nun aber meine Untersuchungen seit 1925 die zahlenm~Bige Gesetzm~13igkeit des rhythmischen Zell- und Kernwachstums durch zahlreiche Messungen 1 einwandffei naehgewiesen und zugleich das Augenmerk zahlreicher Forscher auf das bis dahin ziemlich stiefmfitterlich behandelte Gebiet des Zellwaehstums hingelenkt batten, und nachdem ieh aul~erdem (1927, 1929, 1930) bemerkenswerte Beziehungen zwischen der heterotypischen Mitose und der Entstehung und de~h Wachstum bSsartiger Geschwulstzellen hatte aufdecken kSnnen, setzte in den letzten Jahren ein sehr reges Schr~fttum yon seiten d e r Pathologen ein fiber die ZellkerngrSl3e, besonders auch der bSsartigen Geschwiilste, wobei meine l~eststellungen yon 1925 als Ausgangspunkt dienten, und teilweise aueh meine Arbeit yon 1929 Erw~hnung land. ~ a c h d e m wir nun in der vorliegenden Arbeit klare Einblicke in die verschiedenen Arten des normalei~ und krankhaften Zellwachstums und Seine Unterscheidung yon bloBer ZellvergrS~erung bekommen und damit bis zu einem gewissen Grade die obige Forderung BORSTS erffillt haben, ist ein Eingehen auf das besondere Verhalten der Zellkerne bei bSsartigen 1 Wenn iibrigens O. SCH~EIBE~ 1934, S. 3, schreibt: ,,Wie H~IDE~HAINauf Grund zahlreieher Messungen zeigen konnte, besteht ein rhythmlsehes Verdopplungswachstum", und dann weiter fortf~hrt, ,,diese Be/unde ttEi])]~m~Ns sind in der Folgezeit wiederholt best~tigt worden (JAco~J, CLARA,Voss, G. HE~TWI~i", sO mul~ ich diese irrtiimliche Darstellung, welche ich auch bei W. ScHm~rz 1934, S. 372, fand, und die reich zum Nachuntersueher meiner eigenen Betnnde macht, doeh dahin zureehtstellen, dal~ M. H ~ H ~ I ~ zwar schon seit 1912, S. 115 (vgl. nnsere S. 679), auf Grnnd theoretischer ~berlegungen (ohne Messung) ein Waehstumsgesetz rein dedu]ctiv abgeleitet hat, dab ~ber erst yon mir (1925) auf Grund meiner zahlreiehen, variatlonss~atlstisch verarbeiteten, genauen ~essungen, also auf induktivem Wege, das tats~chliehe Bestehen eines solehen Waehstumsgesetz~s einwandfrei nachgewiesen wurde (vgl. oben S. 568).
Die verschiedenen Arten des gesetzmafligen Zellwaehstums.
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Geschwiilsten an dieser Stelle n i c h t n u r berechtigt, sondern des allg e m e i n e n Z u s a m m e n h a n g e s wegen sogar notwendig. Zunachst war es der Altmeister K. A. HEIBE~G selber, welcher in erneuten Untersuchungen (1929, 1933, 1934) auf dieses von ihm seinerzeit angeregte Gebiet zurfickkam. Er stellte haufig bei bSsartigen Gesehwiilsten ein Verdopplungswaehstum der Regelklasse lest, wobei er (zusammen mit KEdge 1929) bei Zahinngen wahrend der Mitose aueh entsprechende Verdopplungen der Chromosomenzahlen naehweisen konnte, so daB er 1929b, S. 61, vom ,,Umsehlag" der Zell- und KerngrSBe in eine hShere ,,Gr6Benordnung", ,,Niveau" spricht. - - Ebenso betont der spanische Histopathologe ORTIZ PIC6N 1930 bei seinen Untersuehungen fiber das Chromosomenverhalten im menschliehen Carcinom, dab hierbei Mitosen mit ungefahr tetraploidem Chromosomensatz ziemlich h~ufig v o r k o m m e n . Weiterhin waren es in den letzten Jahren vor allem aueh die Pathologen EHRmH (Rostock) und SCHAIRER(Tfibingen), welche jewefls zusammen mit verschiedenen Mitarbeitern 1 die Kern~6BenverhMtnisse beim Krebs einer genauen variationsstatistischen Erforsehung unterzogen haben, deren bisherige Ergebnisse SC~AIRER 1935 und Em~ic~ 1936 zusammenfassend dargestellt haben. Dabei befont letzterer 1936a, S. 317: ,,dab die Krebskerne stets doppelt oder 4mal so groB sind wie die ihrer Mutterzellen, und zwar nieht nut in ihren Regelkernen, sondern in allen ihren Kernklassen (a. O. Abb. 3)." Daraus hat E~RIC~ weiterhin ,,den, SchluB gezogen, dab die polymere Kerngr6Be ein Ausdruek der Krebsanaplasie ist". SC~A-mERandererseits IaBt seine und seiner Mitarbeiter Ergebnisse 1935, S. 37, dahin zusammen: ,,Aueh in Carcinomen kommt rhythmisches Waehsturn vor. Das Regelkernvolumen yon Careinomen wurde nie kleiner gefunden als beim Muttergewebe. In nicht seltenen Fallen war es gleich ~ dem der Mutterzellen. Am h~iu/igsten war es vergr6Bert." Weiterhin weist SC~AIRER (a. O.) darauf hin, dab er bei Chromosomenzahlungen an mensehliehen Haut- und Brustdrfisenkrebsen *leben diploiden auch tetraploide Zahlen erhielt, ein Befund, welcher sehr sch6n zum Verdopplungswaehstum paBt. Wie SCHAI~E~ fibrigens selbst (1935, S. 31) anffihrt, fanden schon frfiher HEIBERG und KEMP 1929 bei den Mitosen eines menschliehen Wangenkrebses hauptsiichlich tetraploide Chromosomenzahlen. Auch LEWIS und LOCKWOOD (1929) besehrieben bei einem Rattensarkom, WI~GE beim Teerkrebs der weiBen l~Iaus (1930) tetraploide Zahlen. Dabei hatte letzterer sehon 1928 bei den unter Destruktion waehsenden und zu Metastasen ffihrenden, den tierischen Carcinomen vergleichbaren, bSsartigen Gesehwiilsten (CRow~ GALL) der Zuekerrfibe eine typische Verdopplung des Chromosomensatzes und entsprechende Zunahme des Kernvolumens feststellen kOnnen. Obgleich also die Befunde SCHAn~ERSund der yon ihm zitierten Autoren denen EHRIC~S - - w i e letzterer selbst (1936a, S. 320) betont - - weitgehend entsprechen, so glaubt doch ersterer im Gegensatz Zu HEIBERGund E~mICH, dab die Verdopplung 1 Auf dem Gebiete der Zellkernmessung bei Gesehwiilsten sind zu nennen als ~itarbeiter yon E~RICH (Rostoek): SC~ITZ 1934, AR~DT 1935, STEEL 1935, K~DZIORRA 1935, RV.PSIL~ER 1935; yon SCHAr~E~ (Tfibingen): DEUTICKE 1935, HEI~KELE 1936, STRODTBECK1937. Diese yon SCHAIRE~ beobachteten FMle yon Gleiehbleiben der KerngrSBe ffihrt E ~ I c H 1936a, S. 318ff., darauf zurfick, ,,dab SCH~IRE~ seine Carcinome offenbar gar nieht mit norm~len Geweben sondern mit pathologiseh ver~nderten Geweben verglichen hat". Auf da~ Grunds~tzliche der Frage, da]~ bei b6sartigen Gesehwiilsten neben dar viel h~ufigeren Kernvergr6Berung unter Umstanden aueh Gleichbleiben oder sogar Kleinerwerden der KerngrSBen ~uftreten !r werde ieh S. 651 eingehen. W. Roux' Arch. f. Entwicklungsmechanik. Bd. 141.
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bzw. Vervielfachung der KerngrSfle (und gegebenenfalls der Chromosonmnzahl) zwar eine hi~ufige abet nicht eine bezeichnende Eigensehaft der Krebszelle sei und da~er aueh nieht zur Erkl~rung der Entstehung und des Wesens der Krebszelle herangezogen werdon kSnne. Bei der abet y o n jedem Krebsforscher anerkannten, auffallenden Hi~ufigkeit des K e r n w a c h s t u m s 1 bei bSsartigen Geschwiilsten miissen wit n u n doch fragen: Wie kSnnen wir uns das Z u s t a n d e k o m m e n eine*s solchen W a c h s t u m s erklgren ? S C H A I ~ verziehtet zwar auf- jeden diesbezfiglichen Erkl~rungsversuch und betont 1935, S. 38, nur die ,,Eigengese~zlichkeit" jedes Krebses. Auch sein Mitarbeiter DEVTICKE hebt 1935, S. 53, abschliel~end hervor, ,,dab das Wesen des Krebses nieht auf Verschiedenheit der KerngrSflen beruht, sondern auf einem andern (~ebiete liegt, fiber das die vergleichende Kernmessung in dieser Form nicht AufschluB zu geben vermag". Aber aueh EHRICH nimmt das GrSl3erwerden der Geschwulstzellen ~ls Tatsache hin, fiber deren Entstehungsgang er sich welter keine Gedanken macht. Es liegt hier also zweifellos eine bis jetzt often gelassene Frage vor, ns die: Welche Umstiinde bedingen das den bSsartigen Geschwulstz e l l e n eigentfimliche Zellwachstum und was hat es zu bedeuten ? W e n n wir uns, unter Auswertung der in den frtiheren K a p i t e l a unserer vorliegenden Arbeit gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse, an die Aufkl~rung des ,,Geschwulstzeltenwachstums" heranwagen, so wird schon beim ersten Einordnungsversuch die Eigenart dieses Wachsturns augenscheinlich. U m das y o n uns in Kap. I eingehend untersuchte funktionelle ,,Le~stungswachstum" k a n n es sich jedenfalls nicht handeln, denn bei den Zellen bSsartiger Geschwfilste /ehlt 2 doch gerade die ffir das funktionelle Zellwachstum charakteristische, die Zellteilung verhindernde, spezifische Arbeitsbelastung, so dai~ sogar in vollem Gegensatz zu spezifisch arbeitenden Zellen die Krebszellen ja eine besondere Mitosefreudigkeit zeigen. Ebensowenig k o m m t hier das auf Hemm u n g der Zelleibsteilung beruhende, in Kap. I I , S. 632f., behandelte ,,St6rungswachstum" in Betracht. Ein Verst~ndnis fiir das Krebszellenwachstum ersteht uns erst, wenn wir Beobachtungen beriicksichtigen, die sich allerdings zun~chst nicht auf vergleichende Kernmessungen, sondern auf vergleichende Untersuchungen des besonderen M itoseablau/s beziehen. I n dieser Beziehung wies ich sehon frfiher (u. a. 1929, S. 167ff.) unter Auswertung der iibereinstimmenden Befunde verschiedener an1 Dal~ es sieh bier um ein,,echtes" Wachstum der ehromatischen Masse handel,, darauf weisen nieht nur die Befunde der rhythmischen Volumensverdopplung der Kerne hin, sondern auch die so hgufige Feststellung der entspreehenden Zunahme der Chromosomenzahl, falls die Mitosen der bSsartigen Geschwfilste fiberhaupt daraufhin untersueh$ wurden. BORST betont 1919, S. 749 als auffallendes Kennzeichen ,,die Dlastomzelle zeigt bei abnehmender F,unlction nicht Atrophie, sondern im Gegenteil vermehrte Assimilation und Wucherung".
Die verschiedenen Arten des gesetzmiilligen Zellwachstums. erkannter
Chromcsomenforscher 1 d a r a u f
hin,
dab
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charakteristische,
heterotyt~sche Mitosen aufler bei der Geschlechtszellenrei/ung nur bei den Zellen der ,,unrei/en ", ,,bSsartigen " Geschwfdste (Carcinome, Sark0me) h/~ufig b e o b a c h t e t werden ( v g l . Abb. 2). A u c h ich selber k o n n t e schon gleich bei d e r ersten y o n m i r d a r a u f h i n u n t e r s u c h t e n Krebszellenm e t a s t a s e 2 sch6ne h e t e r o t y p i s c h e Mitosebilder (,,Vierergruppen") beobachten, welche m i r auch y o n 2 Spezialforschern auf diesem Gebiet, d e m Zoologen G. H~BEI~Eg (jetzt J e n a ) u n d d e m B o t a n i k e r H. LA~G~NI)ORFF ( S t u t t g a r t ) bei der Vorweisung als solche zweifelsfrei a n e r k a n n t wurden.
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Abb. 2a u n d b. C h a r a k t c r i s t i s c h e h e t c r o t y p i s c h c C h r o m o s o m e n r i n g e (naeh Cancer R e s e a r c h F u n d 1904, H . 1; aus ]{AECY;ER 2~bb. 53, 1921). a aus d e m P l a t t e n e p i t h c l - C a r c i n o m einer K a t z e , b aus e i n e m m a l i g n e n E p i t h e l i o i a der Maus.
Doch b r a u c h e ich mich in dieser Beziehung g a r n i c h t allein auf eigene B e o b a c h t u n g e n zu berufen, sondern gerade in neuerer Zeit m e h r e n sich die Befunde, welche die c h a r a k t e r i s t i s c h e n h e t e r o t y p i s c h e n Chromosomenbilder der Geschlechtszellenreifung - - als d a sind die s y n a p t i s c h e n u n d diakinetischen Chromosomenfiguren, Chromosomenringe, V i e r e r g r u p p e n ( ~ T e t r a d e n ) usw. (vgl. S. 637) - - als b e m e r k e n s w e r t e Befunde 3 bei malignen Geschwulstmitosen nachweisen. Es sei in dieser Beziehung - - abgesehen yon den gleiehartigen, bereRs 1929, S. 167f., von mir herangezogenen, Mteren Befunden (vgl. z.B. unsere Abb. 2) - d~rauf hingewiesen, dab OE. WI~GE 1930 beim Teerkrebs der Maus die kennzeiehnenden Chromosomenfiguren der verschiedenen Stadien der heterotypischen Mitose land und abbildete (vgl. unsere Abb. 3). So in seiner Abb. 26 ein ,,synapsis1 Vgl. z.B. F~mMER, MOORE, WALKER 1904; HAEC~EI~ 1904. ~" Das lebenswarm fixierte Untersuchungsmaterial der Lymphknotenmetastase eines Mammaearcinoms erhielt ich durch die groi~e Liebenswiirdigkeit yon Prof. OTTO Jii~cLI~G, damals Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Katharinenhospit~ls Stuttgart. Auch an dieser Stelle mSchte ich ihm herzlich fiir seine Bemiihungen danken. 3 Dabei sei auf die jedem Arzt und Bakteriologen vertraute durchschlagendere Beweiskra]t einwandfrei po~itiver Befunde gegeniiber negativen Befunden hingewiesen. 41"
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artiges Stadium" 1, inseiner Abb. 29 a charakteristische heterotypisehe Chronmsonmntinge nnd weiterhin in seiner Abb. 23 die an das heterotypische ,,Diakinese"Stadium I erirmernden, ,,eigentiimlich paarweise gdagerten Chromosomen" in vergr~flerten Zellkernen (entsprechende Chromosomenpaarlinge zeigt auch seine Fig. 37). - - Aueh die bekarmten amerikanisehen Chromosomenforscher EvAdes und Swrz:r teilen in ihrer Abhandlung ,,The chromosomes in man sex and somatic" 1929 in einem besonderen Abschnitt (a. O. S. 30ff. und Tafel XI) ihre Chromosomenbefunde bei einem menschlichen Lippenkrebs mit, wobei sic als besonders bemerkenswert das Auftreten yon iiberraschend deutliehen Vierergruppen (,,Tetraden") hervorheben, welehe denen tier heterotypisehen (meiotisehen) Mi~ose bei der Gesehlechtszellenreifung anffallend, ja treffend (,,s~rikingly similar") ahnlieh sind (vgl. unsere Abb. 4). J a diese Forscher, welche auf Grund ihrer eingehenden Untersuchung eine grebe Erf~hrung iiber die heterotypische Mitose in tier mensehliehen Geschlechtszdlenreifung haben,
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Abb. 3a--e. Oharakteristische heterotypische Chromosomenfiguren bei den Teerkrebszellen der Maus (nach OE. VI'I~'GE 1930; a: Abb. 26, b: Abb. 29a, e: Abb. 37a). a ,,Synapsisartiges Sta4ium einer Tl~morzelle". b Geschwnlstzellen-Mitose, welche zwei Chromosomen~inge zeigt, e Mitos~bitd einer Gesehwulst~elle, welches iiir alas sprite DiukineseStadium der heterotypisehen Mitose kennzeichnend ist. sehreiben in bezug auf ihre Befunde heterotypischer Vierergruppen oder ,,Tetraden" beim menschlichen Krebs (a. O. S. 31) weiterhin wSrtlich : ,,tetrads of equal clearness have not been found in our material from human testes" 2. __ Und auch SC~Am~R gibt 1935, S. 36, an, daft er in einem scirrhSsen Mammacarcinom ,,zahlreiche Mitosen mit deu~lich ringf6rmig zum Tell sogar aehterfSrmig versehlungenen Chromosomen naehweisen konnte. In vielen Kernteilungsfiguren sah man Ringe und tetradenartige Formen nebeneinander". Beziiglich der Nachweisbarkeit der heterotypischenMitose/iguren sei iibrigens betont, dab sic yon der m6gliehst/rischen, lebenswarmen und einwand]reienFixierung der Untersuchungsprgparate abhdingigist. Es ist dies dadurch bedingt, dab die heterotypischen Mitosen in absterbendem Gewebe beschleunigt ablaufen, so dab bei geringer Verspgtung der Fixierung yon ihnen entweder iiberhaupt nichts oder nichts Einwandfreies mehr naehzuweisen ist (vgL J~tcOBZ 1929, S. 169). 1 Die in Anffihrungsh&kchen gesetzten Bezeichnungen geben die yon WIZeGE gemachten Angaben wSrtlieh wieder. Dabei sind ,,Synapsis" und ,,Diakinese" ira Spezialschrifttum viel gebrauchte Ausdriicke fiir das Anfangs- und Mittelstadium der heterotypischen MRose bei der Geschlechtszellenreifung (s. oben S. 637). Diese ,,Vierergruppen" gehen, wie ieh 1929, S. 98f., zeigen kormte, aus den heterotypischen Chromosomenringen hervor, wenn deren syndetische Verklebung ztmi~ehst eine starke is<
Die verschiedenen Arten des gesetzm~igen Zellwachstums.
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Alle diese Befunde aus ~lterer (1904) wie neuerer und neuester Zeit ]iefern - - wenn m a n der in der biologischen Forschung wie aueh sonst y o n jeher nicht nur hochgeschgtzten, sondern aueh bewghrten Methode
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~.~ des Vergleichs iiberhaupt einen aufkls W e r t beilegen will - - offensichtliche Hinweise daffir, dal3 die Entstehung des auffallenden Kernwachs~ums bei bSsartigen Geschwulstzellen in derselben Weise erfolgt, ur/e wit dies schon auf S. 635ff. bei der mit den gleichen heterotypi~chen
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Chromosomenbildern einhergehenden Wachstumsperiode der Geschlechtszellenreifung sahen, n~tmlich durch Verlclebung der beieinanderliegenden Chromosomen (Chromosomensyndese). Nach dem, was wir S. 639 fiber die ursi~chliche Bedeutung Unspezifischer chemischer wie physikalischer Reize 1 ffir die Chromosomenverklebung kennengelernt haben, genfigt der alleinige Umstand, dab das Zellplasma durch solche Reize eine Zeitlang entsprechend ver~ndert wird, um eine ws dieser Zeit ablaufende, gew6hnliche mltotische Zellteilung einer K6rperzelle in eine heterotypische ~mzuwandeln mit allen ihren Folgen, wie heterotypische Wachstumsperiode, Faktorenaustausch usw. (vgl. S. 635ff.). - - Als eine iiuflerlich sichtbare Folge-Erscheinung ware hier das zun~chst einsetzende heterotypische GrSflenwachstum {Wachstumsperiode) hervorzuheben, welches abet nur rein ,,symptomatisch" als Zeichen einer durchgemachten heterotypischen MRose zu werten ist. Viel wichtiger ~ls dieses Wachstum ist die mit der heterotypischen Mitose je nach der Verklebungsst~rke verbundene (s. S. 638) M6glichkeit eines interchromosalen Sto//austausches (Faktorenaustausch, Crossing-over) zwischen den syndetisch verbundenen Chromosomen. Da nun aber der unter ganz gleichen morphologischen Bedingungen wi~hrend der ers~en (heterotypischen) Rei~ungsteilung der Geschlechtszellen abl~ufende Faktorenausta.usch - - entsprechend den neuzeitliehen Erkenntnissen der experimentellen Vererbungsforschung (s. oben S. 638) - - verh~ltnism~ig h~ufig eine ,,Genmutation" ausl6st, so mfissen wir entsprechende Genmutationen auch als Folge des Faktorenaustausches bei den heterotypischen Mitosen yon K6rperzellen (somatischen Zellen) erw~rten. Dabei miissen wir uns allerdings klar sein, da[~ solche Genmutationen als im Gebiet der metamikroskopischen Gene ablaufende Vorg/~nge zun~chst nicht ~ul~erlich wahrnehmbar sondern nur mittelbar (indirekt), d . h . fiber den Umweg ihrer genetischen Auswirkungen erkennbar sind. Genmutationen in den Geschlechtszellen machen sich - - wie die neuzeitliche Vererbungsforschung zeigt - - in dem Auftreten v611ig neuer Erbmerkmale bei den aus der Befruchtung dieser Geschlechtszellen hervorgegangenen neuen Lebewesen geltend. Wie k6nnen aber die in gew6hnlichen K6rperzellen ~ ausgel6sten Genmutationen/~uBerlich zur Auswirkung kommen ? Um diese Grund/rage zu beantworten, mfissen wir ganz kurz auf die folgende Vorfrage eingehen: Welchc Umst~nde bedingen denn jeweils die bekannte, morphologische (gestaltliche) und funktionelle Einheitlichkeit (Ganzheit) des Organismus, obgleieh am Aufbau des K6rpers z. B. beim Menschen Billionen yon Zellen beteiligt sind ? Diese Vorfrage k6nnen wir - - mit weitgehender Sicherung dureh allgemein anerkannte 1 ~ber die allgemein anerkannte Bedeutung unspezifischer Reize fiir die Geschwuls~auslSsung siehe u. ~. S. 648. Die ,,gew6hnlichen K6rperzellen" werden zum Unterschied yon den Geschleehtszellen im Schrifttum vielfach auch als ,,somatische" Zellen gekennzeichnet.
Die verschiedenen Artcn des gesetzm/~Bigcn Zcllwachstums.
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grundlegende Tatsachen und Erkenntnisse 1 der Biologie - - d a h i n beantworten : Es ist die bei allen Zellen eines hSheren Organismus 91eichartige Zusammensetzung der Zellkerne, welche die harmonische Einheitlichkeit" seines Au/baus und seiner Funktion trotz aller Mannigfaltigkeit seiner Gliederung bedingt, und welche eine diese Harmonie gefKhrdende, hemmungslose Zellvermehrung a verhindert. Diese Gleichartigkeit der Kernmassen aller Zellen riihrt aber daher, dal~ s/s Zellkerne eines Organismus AbkSmmlinge des aus der Befruchtung hervorgegangenen neuen Kerns (sog. Furchungskerns) eines entwicklungsf/~higen Eies sind. Mit dieser LSsung der Vorfrage ergibt sich nun aber auch die Beantwortung unserer obigen Grund/rage nach der Auswirkung einer Gen. .mutation in einer somatischen Zelle. Wird doch elne an sich noch lebenstiichtige Zelle, deren Kern die einschneidende ~nderung einer Genmutation durchgemacht hat, sich gegeniiber den umgebenden Zellen mit unver~ndertem Zellkern - - je nach dem Ausmal~e der , Genmutation mehr oder minder ausgepr~gt wie eine ,,k6rperfremde" Zelle oder artfremder Sehmarotzer (Parasit) verhalten. Das heil~t mit anderen Worten: Durch die in einer KSrperzelle vollzogene Genitnderung (Genmutation) ist das sonst jeder normalen K6rperzelle innewohnende, dutch die Gleichartigkeit des Gensatzes aller Kerne eines Organismus bedingte Gesetz der Anpassung an die Nachbarzellen und der Einpassung an die einheitliche Harmonie des Gesamtorganismus unterbrochen. Obgleich also eine solche genmutierte Zelle r/~umlich in ihrem urspriinglichen Mutterorganismus verbleibt, wird sie sieh wegen ihrer eben gesehilderten, ,,genetischen Isolierung" so verhalten, wie wir dies von den Explantaten der neuzeitlichen Gewebeziichtung her kennen, d.h. sie wird die ,,Ureigensehaft ''a jeder aus ihrem organischen Zusammenhang gel6sten lebensf~higen Zelle zeigen, ni~mlich eine schrankenlose mitotische Zellver. mehrung ohne Sehonung des nun zum blol~en WirtskSrper gewordenen, 1 Zum Beispiel die Erkenntnis yon der grundlegenden Bedeutung des Zellkerns als wichtiger Triiger der Erbmasse und als mal~gebender Regler des Zellebens, vgl. u.a.O, ttE~TVCIO 1923, S. 455, 451. 2 AuI diese ttarmorfie wies iibrigens schon vor 100 Jahren TH. SC~wA~ in seinen beriihmten, die Zellenlehre begriindenden ,,Mikroskopischen Untersuchungen" (1839) hin, indem er dort S. 2 sagt: ,,Jede Zelle ist innerhalb einer gowissen Grenzo ein Individuum, ein selbst~ndiges Ganzes ... Dieso Individuen stehen aber nicht als ein blol~es Aggregat nebeneinander, sondern sie wirken auf eine uns unbekannte Weise in der Art zusammon, dal3 daraus ein harmonisches Ganzes entsteht." ~ber die ,,genetische Harmonie" siehe auch S. 679. a Die ,,Ureigenschaft" der schrankenlosen Zellvermehrung l~l~t sich heutzutage in eindrucksvollstor Weise durch die Gewebeziichtungen veranschaulichen, bei denon die aus ihrem urspriinglichen Organverband gel6sten Zellen unter giinstigen Lebens- und Ern~hrungsbedingungen eine unbegrenzte Vermehrungsf~higkeit zeigen (vgl. z.B. EB~LI~O 1922).
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ursprfinglichen Mutterorganismus. Ein solch rficksichtsloses, auf unbeschr~nkter Zellvermehrung und Wucherung beruhendes, parasiti~res ~Tachstum ist abet auch die kennzeichnende Wesenseigenschaft 1 aller sog. unreifen, auch als atypisch, ,,heterolog" (DIETRICH) oder ,,he~erotypisch" (BORST) gekennzeichneten Geschwiilste (Carcinome und Sarkome), die gerade dieser Eigenschaft wegen auch treffend unter der Bezeichnung ,,b6sart~ge Geschwiilste" (,,maligne Blastome") zusammengefai3t werden. Die Parallele zwischen den aus einer heterotypischen Mitose hervorgegangenen genmutierten K6rperzellen und den ,,b6sart~gen" GeschwulstzeUen liiI~t sich ohne Schwierigkeit noch weiterziehen. - - So sahen wir einerseits oben (S. 639), dab es zur Umwandlung einer gew6hnlichen Mitose in eine heterotypische nur gewisser unspezifischer Reize bedarf, und andererseits weil~ jeder Arzt und Pathologe, welch wichtige Rolle unspezi/gsche Reize jeder Art (physikalische, chemische, entzfindliche 2, parasit~re a, unter Umst~nden auch bakterielle und virusbedingte Reize) ffir die Ausl6sung einer ,,b6sartigen" Geschwulstbildung haben (VIRCHOWs Reiztheorie der Geschwulstentstehung). - - Weiterhin mfissen sich die genmutierten und daher ,,k6rperfremd" gewordenen K6rperzeilen bezfiglich ihres Energiewechsels ihren besonderen, dem Muttergewebe gegenfiber ,,parasitdren" Lebensverh~ltnissen anpassen. Dementsprechend werden sic in ihrem Sto//wechselhaushalt Besonderheiten ausbilden. So wie wir ja auch aus der Parasitologie wissen, daI3 bei manchen parasit,ischen Wfirmern ein.anoxyblontischer 4 Stoffwechsel iibtich ist, d . h . , dab diese Schmarotzer in der Lage sind, sauerstoffrei zu leben und ,,die zur Fortffihrung des Lebens nStige Energie. aus anoxydativen Prozessen zu sch6pfen". I n dieser Beziehung verdient es nun als weitere Parallele unsere voile Beachtung, dab die neuzeitlichen chemischen Untersuchungen fiber den Stoffwechsel der ,,b6sartigen" Geschwfilste (Krebse) ergeben haben, dab tats~ehlich auch diese imstande sind, ohne Sauerstoff zu leben und die hierffir erforderliche Energie durch Verg~rung yon Zucker zu Mflchsi~ure (WxRBVRO 1926, S. 187ff.) zu gewinnen verm6gen (vgl. DIET~IC~ 1933, S. 227). 1 So betont M. BoRsT 1919, S. 751, Anm. 1 : ,,Des~ruktives Vordringen k6rpereigener Zellen (autodestruktives Wachstum) kommt nut pathologiseh und ausschliefllich bei malignen Blastomen vor." 2 Dabei k6nnen diese Reize, auch die entzfindliehen, fiber eine Xnderung des ehemischen bzw. physikalisch-ehemisehen Zustandes des Plasmas bei in der .Mitose begriffenen Zellen eine Chromosomenverklebung herbeiffihren. a Zum Beispiel das Bilharziacareinom (vgl. BoRsT 1919, S. 820). * Vgl. v. B I ~ D : ,Das Leben ohne Sauerstoff bei wirbellosen Tieren" 1934, welcher auf S. 51ft. ausfiihrt, dal3 der normale Stoffweehsel bei der Nematode Askaris, der Trematode ~'asciola nnd der Cestode Moniezia anoxybiontlsch ablguft, wobei auch die Bildung yon verschiedenen hOheren ~'etts~uren und Milehsgure aus Kohlehydrat bzw. Zucker (a. O. S. 57) eine Rolle spielt.
Die verschiedenen Arten des gesetzm/iBigen Zellwachstums.
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Zusammen]assung. Fassen wir nun die vorliegenden Ausffihrungen kurz zusammen, so kommen wir zu der folgenden einheitlichen Beurteilung. Da unspezifische Reize, welche auf KSrperzellen wi~hrend deren Zellteilung einwirken~ infolge Chromosomenverklebung eine gewShnliehe somatische Mitose in eine heterotypische Mitose umwandeln kSnnen, letztere aber ihrerseits f~hig ist, fiber den Weg der Genmutation ,,kSrperfremd" sich verhaltende Zellen entstehen zu lassen, welche entspreehend dem Ausmal~ der vorausgegangenen Mutation die mehr oder weniger stark ausgepr~gten kennzeichnenden Eigenschaften der sog. bSsartigen Gesehwfilste 1 (Krebse und Sarkome) besitzen mfissen, so ergibt sieh daraus - - bei Beriieksichtigung der ffir die bSsartigen Gesehwiilste kennzeichnenden, oben angeffihrten Einzelbefunde (wie Auftreten heterotypiseher Mitosen bei entsprechender KernvergrS~erung, spezielle Krebsbiologie usw.) - - mit gewisser folgerichtiger Eindringliehkeit der Schlufl, daft damit eine grundlegende Ursachenkette ]i~r die Entstehung (]causale Genese) b6sartiger Geschwiilste au]gedeclct ist. Hat aber eine kSrpereigene Zelle erst einmal eine solche seit alters von den Zellpathologen angenommene - - wie wir jetzt genauer sagen k6nnen, dureh Genmutation bedingte - - Umwandlung (Metamorphose) in eine ,,kSrperfremde" und daher ,,b6sartige" Gesehwulstzelle durehgemacht, so mug sie entspreehend ihrer ,,genetischen Isolierung" (S. 647) aus sieh selbst heraus weiter ~ waehsen, und aueh alle ihre l~aehkommen behalten diese ,,BSsartigkeit" bei. Dieses Festhalten an der einmal entstandenen BSsartigkeit ist iibrigens auch eine alte, allgemein anerkannte Erkenntnis der Pathologie; und noeh neuestens schreibt ASCHOI~F 1938, S. 190: ,,Die einmal bSsartig gewordenen Zellen bleiben es auch bei der Bildung von Toehtergesehwfilsten." Zur kurzen begrifflichen und sprachlichen Kennzeiehnung empfiehlt es sieh, diese eben gesehilderte - - fiber den Weg der heterotypischen Mitose und der Genmutation vor sich gehende - - Art der Umwandlung (Metamorphose) der ursprfinglich ganzheitsgebundenen KSrperzellen in ,,kSrperfremde", ,,bSsartige" Gesehwulstzellen als die ,,heterotyp.genmutative" Art der Geschwulstentstehung und die so entstandenen Neubildungen (Neoplasmen) als ,,heterotyp.genmutierte" Geschwi~Iste zu bezelchnen.
d. Sonderbe/unde der Krebs/orschung im Lichte der heterotyp-genmutativen Geschwulstentstehung. Vom Standpunk~ unserer neuen Auffassung erscheinen nun aber auch verschiedene, bisher nicht entsprechend ausgewertete Sonderbefunde 1 Fiir deren Ausl6sung ja schon seit VmcHows Zeiten den unspezifischen chemischen und physikalischen Reizen eine wichtige Bedeutung beigelegt wird. Auch DIV,TRmH betont in seiner ,,Allgemeinen Pathologie" 1939, S. 233: ,,Die Geschwiilste wachsen aus sich selbst heraus. Die VergrSBerung geschieht nicht dadurch, daI~ angrenzende Zellen zur Geschwuls~wucherungangeregt werden."
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der Geschwulstforschung in neuem, a u f k l ~ r e n d e m Lichte, wie im folgenden gezeigt werden m0ge. So wird uns die Feststellung der Pathologie 1 dab mechanische Schadigungen ebenso wie ehronische Entzfindungen fiber den Umweg der Zellregeneration aueh die Bildung bSsartiger Geschwfilste begfinstigen, gut versti~ndlich, indem wir bedenken, dab die unentbehrliche Voraussetzung ffir die Entstehung der ,,heterotyp-genmutierten" G~schwfilste zunaehst einmal mitotlsche Zellteilungen sind, welche dann sekundar durch die gleichzeitig auf das Plasma im Sinne der Chromosomenverklebung einwirkenden Reize in heterotypisehe Mitosen abgewandelt werden kSnnen. - - Aus demselben Zusammenhang folgt weiterhin, dab Zellarten, die sich beim Erwachsenen nur noeh selten oder ausnahmsweise mitotiseh vermehren - - wie z. B. Leberzellen ~ und Nervenzellen - - entsprechend anch nur ganz selten Veranlassnng zur Entstehung heterotypisch-genmutierter Geschwfilste werden geben kSnnen. Hiermit stimmt aufs beste der Befund der Pathologen fiberein, dab primare Leberzellkrebse odor gar maligne Nervenzellengesehwfilste etwas sehr ~eltenes sind. W e n n aber der h e t e r o t y p i s c h e n Mitose die geschilderte, wichtige B e d e u t u n g fiir die E n t s t e h u n g bSsartiger Geschwulstzellen z u k o m m t , so fragt sich: Inwieweit k o m m t ihr auch eine diagnostische Bedeutung zu ? Dazu ist das Fo]gende zu sagen. Falls der Reizzustand, der bedingte, dab eine gewfhnliehe Mitose dureh Chromosomenverklebung in eine heterotypische fibergeffihrt wurde, ein so geringgradiger war, dab er bei den dureh die heterotypisehe Mitose entstandenen Toehterzellen nicht mehr nachwirkt, so werden diese und auch deren weitere Nachkommen keine heterotypischen Chromosomenfiguren mehr zeigen. In solchem Falle wird sich meist nur noeh die mit der heterotypischen Mitose verbundene einmalige Wachstum.svergr6flerung der betreffenden Kerne und Zellen auch bei den folgenden Zellgenerationen erhalten und kann dadureh als ein gewisser ,,symptomatischer" Hinweis auf eine durehgemachte heterotypische Mitose der Vorfahrenzellen in die Augen fallen (vgl. S. 646). Bei l~inger dauernder ~Vachwirkung des Reizes dagegen kann es auch bei den Mitosen der nachfolgenden Zellgenerationen zu syndetisehen Chromosomenverklebungen und damit zum Auftreten der bei malignen Geschwfitsten ja schon vielfaeh beobaehteten (s. S. 643f.), kennzeichnenden Bilder der heterotypischen Mitose kommen, die bei ihrem histologischen Nachweis 3 die Gesehwulst eindeutig als ,,heterotypische" erkennen lassen. Mit der mehrfaehen Wiederholung dieser Mitoseart sind abet nicht nur die Bedingungen fiir ein entsprechend mehr/ach wiederholtes Verdopplungswachstum, sondern auch zu weitgehendsten ehromatisehen Umordnungen und dementsprechend zu weiteren Genmutationen gegeben, welche die betreffenden Zellen immer mehr ihrem Muttergewebe entfremden. Damit bekommen wit auch ein kausales Verst~ndnis fiir die dem Pathologen bekannten verschledenen Grade der ,,Entdi//erenzierung" (,,Verlust an Spezi/itdt") bzw. Vgl. DIETmC~ 1933, S. 233; 1939, S. 245. 2 Dabei muB beriieksiehtigt werden, dab die Bedingungen zum Auftreten yon Mitosen in der erkrankten Leber viel gfinstiger sind als im gesunden Organ (s. auch oben S. 608). Damit steht im Einklang, dab primare Leberearcinome sich hauptsachlich in Lebern entwickein, welehe infolge vorangegangener, krankhafter St(irungen l~egenerationsbestrebungen zeigen (vgl. ASCHO~'F 1919, II., S. 1004). 3 ~ber die zu diesem Nachweis unbedingt erforderliche Sehnelligkeit einer einwandfreien Fixierung siehe S. 644.
Die ve'rschicdeucn Arten des gesetzm/tBige'n Zellwachstums.
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,,Atypie" der malignen Geschwiilstc und dcm damit vielfach verbundene'n morphologischen Befund dcr sog. ,,Kernverwilderung", die, auf dcm Auftre,ten der verschiedensten KerngrSl]enklassen beruht. Wenn also Ke~ngr6/3enSndemtngenin Geschwiilsten - - bei entsprechend kritischer Auswertung - - gewisse Anhaltspunkte (Indizien) /iir deren ,,heterotypische" Entstehung liefern k6nnen, so muf~ andererseits d0ch bedacht werden, dal~ auch die MSglichkeit besteht, dal~ KSrperzellen, die eine heterotypische Mitose mit entsprechendem Verdopplungswachstum durchgemacht haben, in den nachfolgenden Mitosen in ihrer Gr6Be wieder herabgesetzt, ,,reduziert" werden. ])erartige ,,Reduktionen" sind bekanntlich bei der Geschlechtszellenreifung fiblich, wo die dem heterotypischen Verdopplungswachstum folgende erste Reifungsteilung die Kernmasse auf die AnfangsgrSt~e zuriickfiihrt, wfihrend weiterhin die zweite l~eifungsteilung die Kernmasse und Chromosomenzahl sogar noch auf die H~lfte ,,reduziert". D~fl der Geschlechtszellenreifung .solche reduzierenden Reifungsteilungen mit gesetzm~Biger Regelm~Bigkeit eingebaut sind, h/ingt mit der bekannten biologischen Notwendigkeit der Erbmassen- und Chromosomenreduktion als Vorbereitung fiir die Befruchtungsaufgabe der Geschlechtszelleu zusammen. Dieser Urnstand f/illt abet bei den heterotypischen ~itosen der KSrperzellen fort, und so sehen wit denn bei b6sartigen Geschwii!sten in den h~ufigeren F~llen - - wie auf S. 640ff. ausgefiihrt - - eine Zell- und KernvergrSBerung. Immerhin lassen die auf S. 670 behandelten Befunde, dal~ unter gewissen seltenen Bedingungen auch bei K6rperzellen ,,Halbierungs"teilungen vorkommen, die MSglichkeit des Auftretens solcher Mitosen auch bei Geschwulstzellen nicht yon der Hand weisen; damit lieBen sich abet auch gewisse zwischen EHRIC~ und SC~AIR]~ bestehende Widerspr~che (S. 641) beheben. -- Dal~ fiir eine gewisse Art yon Geschwiilsten kleine Zellen und Kerne besonders kennzeichnend sein k6nnen, darauf werde ich S. 654 noch eingehen.
5. Nachprii/ung und Bestgtigung der heterotyp-genmutativen Geschwulstentstehung (unter Berficksichtigung der klassischen wie neuzeitlichen Geschwulstt h e o r i e n u n d d e r ihnen zugrunde liegenden T a t s a c h e n b e f u n d e ) . I n d e n v o r s t e h e n d e n A b s c h n i t t e n 3 u n d 4 dieses K a p i t e l s w u r d e eine Theorie der Entstehung b6sartiger Geschwiilste auf induktivem W e g e abgeleitet. Diese A b l e i t u n g grfindet sich einerseits auf Be/unde, die, obgleich sie fast allen U n t e r s u c h e r n auffielen, y o n diesen n i c h t ents p r e c h e n d folgerichtig a u s g e w e r t e t wurden, u n d anderersdts auf den y o n der neuzeitlichen Vererbungsforsehung gewonfienen, weitgehend gesicherten u n d d a h e r fast allgemeig anerlcannten genetischen und chromo-
somentheoretischen Grunderkenntnissen. Eine Theorie h a t a b e r n u t insofern eine G e l t u n g s b e r e c h t i g u n g , als sie einerseits in keinerle~ grunds/itzlichen W i d e r s p r u c h m i t e i n w a n d freien T a t s a c h e n s t e h t u n d sofern sie aul~erdem d u r c h keine bessere Theorie ersetzt werden k a n n . Von diesen beiden G e s i c h t s p u n k t e n aus mfissen w i t auch unsere obige Theorie tiberprfifen. Beginnen wir m i t der ersten F r a g e : Lassen sich grunds~itzliche Tatsachenwiderspriiche gegen unsere Theorie erheben ? Diese F r a g e 1/~l~t sich kurz d a h i n b e a n t worten, d a b m i r t r o t z eifrigen, fiber ein J a h r z e h n t w/ihrenden Suchens (larnach keine solchen T a t s a c h e n b e k a n n t wurden. W o h l sind Einw/~nde
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gegen unsere Theorie e r h o b e n worden, diese E i n w s g r i i n d e n sich aber keineswegs auf gegens~tzlfche Befunde u n d lassen sich einfach widerlegen, wie wir gleich sehen werden. So fiihrt in seinem ~3bersiehtsbericht 1934, S. 11, der verdiente Krebsforscher Bol~sw solehe yon andern Forschern erhobenen Einw~nde wie Iolgt an: ,,Die StSrungen der Kernteilungen wurden auch als Ursache der Entstehung maligner Zellen im Sinne einor Mutation gedeutet. Gegen eine soleho Deutung wendet A~I)I~ES1 ein, dab bisher bei bestimmten Arten yon Krebsen nicht stets eine bestimmte Zahl yon Chromosomen nachgewiesen Werden konnte, und dab in einem und domselben malignen Blastom noben Zellen mit pathologisehen Mitosen Elemento mit ganz normalen ~'iguren vorkommen." Dieser A~I)~Essehe Einwand wird durch meino Ausfiihrungen auf S. 650 erledigt. Wies ieh doch deft daranf hin, dab es yon der Fortdauer der reizbedingten Plasmast~rung abhgngt, ob die dureh eine heterotypische Mitose entstandenen Nachkommenzellen auch noeh weiterhin heterotypisehe Mitosen zeigen oder nicht. Davon h~ngt d~Im aber ebenfalls aueh die mehr oder minder starke Zellkornverwilderung und die damit vorbundene Versehiedenartigkeit der foststellbaren Chromosomenzahlon ab. Weitorhin fi~hrt BORST (a. a. 0.) fort: ,,Dariibor hinaus betont AI~DRESunter Hinweis auf R. GOLDSCHMIDT,d~B Genmutationen zytologisch und optiseh tiberhaupt nieht orfaBt werden kOnnten, und dab daher chromosomale Abweichungen fiir diose Frage nicht in Betracht kamen." - - Darauf ist zu antworten, dab ieh nirgends behauptet habe, dab man eine Genmutation als solche immittelbar sehen kSnne, sondern meine Beweisftihrung ist (seit 1927, 1929) diese: I n der hetero: typischen Mitose der Goschlechtszellonreifung sind anerkanntermal]en die morphologisch nachweisbaren Bodingungen eines stofflichen Austansches zwischen den sich paarenden Chromosomen gegeben, ein Vorgang, der in der neuzeitliehen Vererbungsforsehung als Crossing-over oder Faktorenaustauseh eine grundlegende Rollo spielt. Weiterhin konnte die experimenteIle Vererbungsforschung an Hand der genetischen Auswirkungen - - also auf indirektem, deswegen aber unter Umst~nden nicht weniger anschaulichem~ Wege - - nachweisen, dab mit diesen Austauschbedingungen der heterotypischen Mitose auch die Grundlage fiir Genmutationen s (vgl. S. 638) gegeben ist. Da nun solche heterotypischen Mitosen, welcho die F~higkeiten des Faktorenaustausehes und damit der Genmutation in sieh tragen, als kennzeiehnende, unmittelbare Befunde auBer bei der Geschleehtszellenreffung nur noch bei bSsartigen Gesehwiilsten angetroffen werden, so ist damit aueh in zwingender Weise die SehluBfolgerung gegoben, dab anch hier Bedingungon zur AuslSsung yon Genmutationen vorliogen, zumal wenn man die Tatsaehe beaehtet, dab die Zellen solcher Gesehwiilste sich zu den iibrigen KSrperzellen wie ,,kSrperfremde", d. h. wie genetiseh abgewandelte, ,,genmutierte" verhalten. DaB iibrigens ANDR:ES selber eine Genmutation bei KSrperzellen sehr wohl fiir mSglieh hglt, darauf weist BoI~sThin, indem er a. a. O. fortfghrt: ,,AI~DI~ESselbst ~and in Krebsen 1 Es handelt sich hier urn A. I-I.AxDR~.s' ,,Zellstudioh am Menschenkrebs" 1932. Diese Arbor fiihrte der russische Forscher aulter an dem medizinisehbiologischen Forsehungsinstitut zu Moskan an dem Kaiser Wflhelm-Institut f'dr Biologic Berlin-Dahlem, Abtlg. GOLDSCHMID% aus. So sehen wit ja auch die ROntgenstrahlen nicht nnmittelbar, sondern maehen sio uns nur indirekt vermittels ihrer Wirkung auf die photographiseho Platte oder den luminiszieronden Leuehtschirm siehtbar. a Der yon ANDRES als Gogonzeuge angefiihrte R. GOLDSCHMIDTweist iibrigens selber in seiner Einfiihrung in die Vererbungswissonsehaft 1928, ~. 440, darauf hill, ,,dab jetzt die Mutation eines der wiehtigsten Kapitel der Vererbungslehre darstellt", und geht (a. O. S. 447ff.) auf die ,,Genmutationen" im besonderen ein.
Die verschiedenen Arten des gesetzmitBigen Zellwaehstums.
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eine mangelhafte Ausbildung der aehromatischen Figur, welehe er als eilm mSgliehe Folge einer Genmutation ansieht." Wenn ich damit die genannten Einw~inde gegen meine Auffassung der Gesehwulstentstehung durch Genmutation widerlegt habe, so mSehte ieh andererseits aueh die diesbeziigliehe positive Stelhmgsnahme des berfihmten Pathologen AscaoFr anfiihren, weleher 1938, S. 190 f., schreibt: ,,Wir dfirfen annehmen, dal~ bei der Krebszdlenbildung eine Art Mutation somatischor Zellen vorliegt. Ist diese aber erst einmal eingetreten, so ist eine zellulare Weitergabe der krebserzeugenden Substanz nieht mehr nStig. Jedenfalls ist das Krebsproblem ein zellulares Problem." Also Ascrtorr lehnt die M6gliehkeit einer Krebsentstehung dureh somatisehe Mutation keineswegs ab, wenn or sich aueh nieht fiber die speziolle Art des Zustandekommens dieser Mutation auBert; letztere zeigten aber meine obigen Ausfiihrtmgen. W e n n sich also gegen unsere Krebstheorie keinerlei begriindete E i n w ~ n d e weder aus d e n tats/~ehlichen B e f u n d e n noeh aus d e m heutigen Stande der wissensehaftliehen E r k e n n t n i s ergeben, so miissen wir n u n die zweite Frage y o n S. 651 b e a n t w o r t e n : K a n n unsere Krebstheorie dutch eine bessere ersetzt werden ? U m dies zu b e a n t w o r t e n , mfissen wir uns einen ~ b e r b l i c k verschaffen fiber die versehiedenen, anderweitigen, h e u t z u t a g e v e r t r e t e n e n Theorien u n d Vorstellungen fiber die Krebsentstehung. VIRCHOWS Reiztheorie. Gehen wir dabei zun/~chst yon der V1~acHowschen Reiztheorie aus, so ist darauf hinzuweisen, dab die yon dieser altberiihmten Theorie vertretene Auffassung yon einer grunds~itzlichen Bedeutung der Reize auch in unsere Theorie der genmutativen Gescbm~ulstentstehung eingebaut ist, insofern als aueh nach unserer Auffassung Reize als ,,Ausl~sungsfaktoren" ein wichtiges Glied in der ,,Ursachenkette" der Krebsentstehung bilden. - - Jedoch wird mit Reeht die bisherige UnvoUstdndigkeit der klassisehen Reiztheorie von dem bekannten Pathologen und Gesehwulstforscher B. FISCH~-WAsrLS beanstandet, indem dieser 1927, S. 1571, hervorhebt: ,,DAB dutch die Beni~tzung dieses Beyri]]es (des Reizes) nichts erkldrt wird, dab das Geheimnis der biologischen Vorgange gerade zwischen Reizeinwirkung und Reizeffekt liegt, und dab gerade die Aufkl~rung der Verbindungskette zwisehen diesen Vorg~ngen die wiehtigste Aufgabe kausaler Analyse auch in der Gesehwulstforsehung ist." Diese von FISCHER geforderte ,,Verbindungskette" liefert aber in unserer Gesehwulsterkl~rung die durch jeden unspezifischen Reiz vermittelst Chromosomenverklebung auslSsbare heterotypische Mitose und die damit in Zusammen_hang stehende ,,Genmutation". Da abet die hierffir in Betraeht kommenden ehromosomen-morphologisehen wie genetisehen Befunde zur Zeit der ersten Aufstellung der Reiztheorie noch unbekaont waren, so ist es naturgem~B erst der Gegenwart vergSnnt, den bisherigen Mangel der klassisehen Reiztheorie zu beheben, und sie im Sinne der hier vorgetragenen Theorie der heterotyp-genmutativen Geschwulstentstehung zeitgemKB auszubauen. Theorie der embryogenen Gesehwulstentstehung. Mit dieser anf~ngliehen, zeitbedingten Unzulanglichkeit der Reiztheorie h~ngt es aueh wohl zusammen, dab eine Zeitlang die ebenfalls schon friih aufgestellte Theorle der ,,Geschw~dsien~tehung aus embryonalen Anlagen" ( C o ~ ) fiber ihren urspriinglichen Geltungsbereieh hinaus eine ~berbewertung erfuhr. Denn bezfiglieh dieser Theorie ist zu sagen, dab sie wohl bei gewissen, yon Embryonalzustanden ableitbaren Gesehwiilsten, wie z. B. den branchiogenen Carcinomen, bereehtigt ist, aber ihr Geltungsbereieh ist doeh yon vornherein ein sehr eingesehr~nkter, wie dies auch A. DIETRmH hervorhebt, indem er 1933, S. 231, sagt: ,,]?fir viele im sp/~teren Alter auftretende Geschwfilste gibt die ComcHEr~sche Lehre keine befriedigende Erkl~rung,
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besonders nicht ]i~r die Mehrzahl der Carcinome. Sie bedarf daher einer Erweiterung." AuBerdem betont Bo~sT 1919, S. 747: ,,Die Co~HHEI~sche Geschwulstthe~)rie l~ift das Geschwulstproblem in kausaler Hinsicht ungelSst." - - Da bei S~ugern und Menschen die Zellen der embryonalen Organe zuniichst - - wie meine Messungen (1925, 1935) zeigten - - meist klein sind, und aus diesen Grundformen im allgemeinen erst infolge funktioneller Differenzierung die gr6feren polymeren Zell- und Kernformen durch amitotisches Waehstum hervorgehen 1, so diirfen wir wohl erwarten, daft die aus embryonaler Anlage entstandenen Geschwfilste in der Regel ihre Kleinkernigkeit ~ beibehalten. Demgegenfiber ist die bei der Mehrzahl dee bSsartigen Geschwtilste vorhandene Grofkernigkeit als Hinweis auf deren reizbedingte Entstehung im Sirme unserer oben entwickelten Theorie dee heterotypgenmutativen Gesehwnlstbildung anzusehen. Ein gesichertes Urteil fiber die Eigenart der ,,embryogenen" Geschwiilste kann allerdings erst durch weitere Beobachtungen gewonnen werden. R~i3V,~T-FmC~ERS Geschwulsttheorie. Die oben yon DIETRICH geforderte, ,,Erweiterung" der Cor[~HEIMschen Lehre wird durch die RIBBERT-FISCHERsche
Theorie der ,,Geschwulstentstehung durch Ausschaltung von Gewebskeimen wgihrend des Lebens" angestrebt. Abet auch sie befriedigt nicht, denn wie BORST 1919, S. 747, hervorhebt: ,,Die Z6sung des organischen Zusammenhanges, sei sie /etcd oder post/etal er/olgt, /i~hrt an sich durehaus nicht zur Geschwulstbildung." Den gleichen Standpunkt nimmt auch DIETriCH 1933 ein, indem er die Unzul~inglichkeit der alleinigen Zellverlagerung betont und S. 232 meint, ,,es muI~ eine Veranderung, eine Umstimmung der Zellen und des Gewebes hinzutreten". Als ,,Realisationsfaktor" ffir solehe Umstimmungen bzw. Fehldifferenzierungen nimmt - - im Amschlul~ an FISC~]~R-WASELS- - auch DIETRIC~ fortgesetzte und gestSrte Umbauund Regenerationsvorg~nge an und betont in diesem Zusammenhange die auslSsende, kausalgenetische Bedeutung der Reize fiir die Geschwulstentstehlmg. ])amit ist aber nun der Kreis geschlossen, denn wit sehen, dal3 letzten Endes auch die RIBBnRT-FmCHERsehe Theorie zur Reiztheorie zuri~ck/iihrt und damit auch zu deren neuzeitlichem Ausbau, eben der yon uns hier vertre~enen heterotyp-genmuta-
tiven Geschurulsttheorie, D a m i t w~re fiir die a m besten d u r c h B e f u n d e gestfitzten u n d e r k e n n t nism~i~ig a m we i te s te n a u s g e b a u t e n , sozusagen ]classischen Theorien dee Geschwulstent~tehung (VI~CHOW, RIBB:ml~T, B. FISCHER-WASELS) der N a c h w e i s geffihrt, da]~ sie unsere T h e o r ie der h e t e r o t y p - g e n m u t a t i v e n G e s c h w u l s t e n t s t e h u n g n ic h t n u t n i c h t ersetzen k6nnen, sondern v i e l m e h r zur l e t z t e r e n als ihrer naturgem~l~en E r g ~ n z u n g hinffihren. D a a b e r die rege K r e b s f o r s c h u n g gerade des l e t z t e n J a h r z e h n t s noch Weitere neuzeitliche Geschwulsttheorien h a t e n t s t e h e n lassen, mfissen wir a u c h noch auf diese i m folgenden eingehen. HEIBER~S Krebstheorie (1929/33). Hier ist zun~chst der um die Zellkernmessung bei Geschwiilsten so verdiente ~, d~nische Forseher K. A. HE~BE~ ZU nennen. Dieser ffihrte (1929 b, S. 60f.; 1933 a, S. 41) das yon ihm und andern Forsehern festgestellte; mit entspreehender Chromosomenzunahme verbundene teSra- bzw. polyploide Verdo:pplungsw~chstum der b6sartigen Geschwulstzellen darauf zuriick, 1 Vgl. JACOBJ 1935, S. 232f. - - 2 Auch ~-IEIBERG(1908, S. ]9) ist dee Ansicht, daf Kernvergr61]erung bei einer maligr~en Geschwulst gegen deren Entstehung aus einer embryon~len Anlage (im Sinne COHNHEI~S) spricht. - - a Siehe unsere S. 640f.
Die vcrschiedencn Artcn des gcsctzmi~Bigen Zcllwachstums.
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(lab entziindliche Bindegewcbsziigc den Zelleib mechanisch t dehncn, und dab daml in dieser gedehnten Zellc eine pi'im~tre Protoplasmazunahme~ zustande kitme, die dalm ihrerseits gem~g der Kernplasmarclation sekund~r auch ein Wachstum dcr zugeh6rigen Kerne bedinge. Auf dem so entstandenen ,,Umschtag" einer K6rperzelle in ein ,,h6heres Niveau der GrSl3enordnung" soll dann nach I-IEI]a•RG das Wesen der malignen Geschwulstentstehung b e r u h e n . - Hierzu bemerkt der bekannte d~nische Zytologe und Krebsforscher O~. WI~G~ 1930, S. 692f.: ,,In dieser Auffassung kann ich dem Autor nicht folgen, denn es ist auBer allem Zweifel, dab die Gr6Be des Chromosomenbestandes primar die Menge yon Plasma bestimmt, und nicht umgekehrt. Es sind der Zellkern und speziell die Chtomosomen, die im wesentlichen das erbtragende und charakterisiercnde Element der Zelle ausmachen, was Erblichkeitsexperimente hinl~nglich klar gezeigt haben . . . Die rein mechalfische HmBERosche Erkl~rung diirfte auch unmittelbar unannehmbar vorkommen. Man k6nnte auf mehrere Arbeiten hinweisen, die die prim~re Bedeutung der Chromosomen fiir die GrSfie der Zellen zeigen. DOBZHANSKYSncuerschienene Abhandlung 1929 z.B. best~tigt dies sehr sch6n." Diesen Einw~nden WI~GEs gegen die HEIBERGsche Deutung muff ich reich roll anschliel~en. WI~GES Krebstheorie 1930. WI~GE stellt nun seine eigene Auffassung der Krebsentstehung 1930, S. 727, folgendermal~en dar: ,,Ich betrachte den malignen Tumor als bestehend aus Ablc6mmlingszellen yon einer oder mehreren Zelleu, die durch eine lokale Reizung einen abnormen Chromosomenbestand bekommen haben, indem besonders h~ufig ein Verlust verschiedener Chromosomen und eventuell Verdopplung anderer Chromosomen eingetreten ist, was eine vergrSBerto Aviditat der Nahrung gegeniiber und eine vergrSl~grte Wachstumsintensitat und im iibrigen einen gest6rten Metabolismns mit sich fiihren kann." - - Insofern WING~, ebenso wie ich 8, die entscheidende ~nderung, die zur malignen Geschwulstentstehung ffihrt, im Chromosomenverhalten sieht, insofern gehen wir zun~chst yon einer gemeinsamen Grundlage aus, und dies kann auch gar nicht verwunderlich sein, denn ein solcher Standpunkt dr~ngt sich dem genetisch-zytologischenF0rscher - worauf auch WI~O~ 1930, S. 723, hinweist - - auf Grund unserer ganzen neuzeitlichen Kcnntnis yon der Bedeutung der Chromosomen unmittelbar auf. In der speziellen Auslegung der Befunde und in den besondcren Einzelheiten der daraus ableitbaren Ursachenkette der Geschwulstentstehung trennen sich jedoch unsere Wege. WI~G~. meint ni~mlich, dal~ in einem ,,abnormen Chromosomenbestand", d. h. im ,,Verlust verschiedener Chromosomen und eventuellen Verdopplung anderer Chromosomen" das Wesensmerkmal der iiblichen Entstehung der bSsartigen Geschwiilste liege. Zu dieser Auffassung fiihrte ihn, wie er 1930, S. 723, selber sagt, seine Chromosomenz~hlung bei malignen Geschwiilsten. So land er (1928, S. 397ff.) bei den ,,malignen" (den animalischen Carcinomen entsprechenden) Tumoren der Zuclcerri~be eine typische Verdopplung des Chromosomensatzes und entsprechende Zunahme des Kernvolumens; die daneben vorhandenen Geschwulstzellen mit kleineren Kernen und diploidem Chromosomensatz hMt er aus den grSl~eren durch Reduktion entstanden (a. a. O. S. 419). Beim experimentell dutch Teerpinselung erzeugten Krebs der M~iuse land er am h~ufigsten Chromosomenzahlen, die ein wenig unter den diploiden bzw. unter den tetraploiden Zahlen liegen. Diesbeziiglich schreibt H~IB~R~ 1934a, S. 1: ,,Die chemische Einwirkung wirkt sich mechanisch durch die hervorgerufene Gewebsirritation aus. - - Carcinombildung beruht auf Entztindung, indem die Entziindung durch Bindegewebsentwicklung wirkt, die durch Zug auf das Gewebe (d. h. genauer ausgedrtickt, in Wirklichkeit durch Zug und Beeinflussung der einzelnen Zellen) wirkt." Fiir gewisse Falle nimmt HEIBER~ (1929, S. 64) auch den umgekehrten Vorgang einer Zelleibsverkleinerung infolge mechanischer Pressung an. JaCOBJ 1927, S. 219; 1929, S. 176; vorliegende Arbeit S. 649.
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Walther Jacobj :
Gerade diese leicht unterziihligen Werte neben Verdopplung der Hauptzahl ffihrten ihn zu seiner oben zitierten Auffassung fiber die Krebsentstehung. - - Dazu ist zu sagen, dal~ bei der bekannten Schwierigkeit, welche die Chromosomenzdihlung bei den Mitosen der S/iuger wegen der Kteinheit und Vielzahl der betreffenden Elemente bietet, kleine Zahlendifferenzen nicht hoeh gewertet werden kSnnen, da sie in den Fehlerbereich der Methodik fallen. Besteht doch, wie aueh WASSERYfA~ 1929, S. 202ff., hervorhebt, schon beziiglich der Chromosomenzahl bei Mitosen in normalem somatisehem Gewebe von S/iuger und Mensch eine ,,betr/~ehtliehe Schwankungsbreite". Diese Sehwierigkeit wird aber beim Auftreten heterotypischer Mitosen noch ganz betr~ehtlich erhSht, und heterotypische Mitosen l~gen, wie aus W~OES Abbildungen und Sehilderungen (1930) zweifellos hervorgeht, "cielfach seinen Z/thlungen zugrunde, ohne dab aber WINOE diesen Umstand besonders beriieksiehtig~ h~tte. Er spricht vielmehr 1930, S. 708ff., nur ganz allgemein yon der grol3en Schwierigkeit einer genauen Z~ihlung der Chromosomen, welche jeweils nut Ann~herungswerte gestattet, da ,,es in der Regel unmSglieh ist, sie mit "coller Sicherheit zu z~hlen". - - Die besondere Schwierigkeit der Chromosomenz~hlung bei der heterotypischen Mitose liegt darin, dal~ bei dieser Mitoseart (vgl. S. 637f.) bekann~lieh in einem gewissen Stadium die an sich selbst~ndigen homologen Chromosomen paarweise miteinander verkleben (h~ufig in Ringform), wobei ansehlieBend - - falls die iibliche, mitotische Chromosomenl/~ngsspaltung noch w~hrend dieser Verklebung durchgeffihrt wird - - sich die bekannten Vierergrupl~en (Tetraden) bflden. So besteht die MSgliehkeit, dal3 solehe beieinanderliegenden Chromosomenpaarlinge entweder jeweils selbst~ndig als zwei oder bei ihrer Verklelmng als eins oder bei der Vierergruppenbildung als vier gez~hlt werden. Da auilerdem bei der hetero~ypisehen Mitose anerkanntermaBen (s. JAcOBZ 1929, S. 71, 94) die verschiedenen Chromosomenpaare derselben Zelle sieh asynchron und versehiedenartig verhalten kSnnen, so wird dadurch die Mannigfaltigkeit der jeweiligen Bilder und damit die Unsicherheit der Z~hlung noch betr~ehtlich erhSht. - - Werm somit die WINGEsehen Befunde, soweit sie eine betr/ieh~liche ErhShung der Chromosomenzahl und der Kel~grSl~e auf etwa das Doppelte oder das Vierfaehe der AusgangsgrSl3e betreffen, unsere volle Beachtung (vgl. oben S. 6~1) verdienen, so miissen wir andererseits - - aus den eben angefiihrten Grfinden - - den yon WINGE herangezogenen kleinen, in den Fehlerbereich der Methodik ]aUenden Zahlenabweichungen ]ede Beweiskra/t abspreehen. Dazu sind wir um so mehr berechtigt, als wir aus den bereits auf S. 6~:1 erw/~hnten Kernmessungen Sr wie Emcm~s und ihrer Mitarbeiter an bSsartigen Geschwfilsten wissen, wie erstaunlieh gesetzm~ig sieh deren Kerngr6fien 1 verhalten, so dab einerseits Em~Ic~r und seine Mitarbeiter ein ein- bzw. mehr]aches Verdopplungswachstum als Charakteristikum der yon ihnen untersuchten b6sartigen Geschwiilste nachweisen konnten, und dal~ andererseits SC~AmE~ 1935, S. 35, zu der Feststellung "ceranlal~t wurde: ,,So lassen sieh alle meBbaren Werte, die wir beim Carcinom gewonnen haben, in ein organisches System einordnen; man kSrmte geradezu yon einer ,Harmonie im Carcinom' sprechen." Derartige Feststellungen stehen in unmittelbarem Widerspruch zu der obigen WING~sehen Auffassung - - nach der grobe Chromosomendefekte ~ das Wesen der Geschwulstentstehung ausmuehen sollen - - wi~hrend sie sehr gut zu unserer Auffassung der Krebswerdung info!ge einer durchgemachten heterotypisehen Mitose passen, denn auch diese Mitoseform verl~uft trotz ihrer Dabei besteht bek~nntlich eine unmittelbare Abh~ngigkeit der KerngrSl~e ,con Zahl und Gr6~e der Chromosomen (unsere S. 680). DaB unter Umst/~nden entarCete (degenerierte) Zellen s01che groben Chromosomenst(~rungvn zeigen, ist ftir die Geschwulstbildung insofern ohne Belang, als solehe Zellen im allgemeinen wohl bald zugrunde gehen oder infolge allgemeiner Lebenssehw/iche keine dauerf~hige Nachkommenschaft erzeugen werden.
Die verschiedenen Arten des gesetzmi~Bigen Zellwachstums.
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auffallenden Eigenart strong gesetzm/~Big. Wenn iibrigens WI~OE 1930, S. 706, Abb. 25, yon einer ,,Ausstoflung" yon Chromosomen spricht, so ist meiner Ansieht naeh dieser Befund nut als Beleg ffir das asynchrone Verhalten der einzelnen Cbromosomen zu werten, welches - - wie eben erw/ihnt - - gerade anch bei den normalen heterotypischen Reifungsteilungen der Geschleehtszellen h/iufig beobachtet wird. Wenn WI~oE weiterhin aus dem Befund der Chromosomenzahlverdopplung schon an sich eine Entstehung yon malignen Gesehwulsteigenschaften abzuleiten sueht, so h~lt diese Auffassung einer genauen ~berpriifung ebensowonig stand, wie die gleichartige Vorstellnng ErfRICHs, auf die icb im folgenden einzugehen babe. EHRIC~ffS Krebstheorie 1936. Gem~B seinon Verdoppinngsbofunden nimmt dieser Forscher an (1936, S~ 321): ,,daB Krebs dutch mitotische Teiinng polymerer somatiscber Zellon entsteht, wobei natiirtich vorausgesetzt ist, dab sieh normalerweise die polymeren somatischen Zellen ausschliofllieh dureh Amitose odor ,innere Teilung' vergrSl~ern und die monomeren die einzigen somatischon Zellen sind, die sieh durch Mitose zu teilen verm6gen". Sehon diese Voraussetzung stimmt aber nicht, da unter anderem CLARA (1931a, S. 146) in dor Kaninchenleber bei dutch amitotisches Wachstum entstandenen dimeren Zellen Mitosen sah mit Chromosomenzahlen, wolche auf eine Verdopplung der tiblichen Zah] hinwiesen. Beaehtenswert sind in diesor Beziebnng auch die Beobaehtungen yon FROLOWA (1929) ,,~ber die Polyploidie einiger Gewebe bei Dipteren", wolche naehwies, daBt bei gewissen Dipteren normalor.weise die Hypoderma- und Traehealzellen tetraploid, die Zellen der Rektaldrfise in der Regol octoploid sind. Aueb aus den Beobaehtungen ~ . LEvis (1921) an l~iesenzellen (des Knochenmarks und der fetalen Leber) bei Skugorn wissen wir, daft solehe Riesonzellen eine gewaltige Chromosomenzahlvermehrung (a. O. S. 38, und Abb. 30 auf S. 37), vielpolige (pluripolare) Mitosen und Mitosen mit ,,Voraneilen odor Naehhinken yon Chromosomon" zeigen kSnnen, ohne jede Beziehung zu einer Geschwulstbildung. Und WASSERMANN sehreibt zusammenfassend 1929, S. 182, nach Hinweis darauf, dab 1N']~M~cdurch Narkotika polyploide Kerne erzeugen konnte: ,,Die eben gozeigte, experimontell herbeigefiihrte Vordopplnng odor Vervielfacbnng der Chromosomenzahl, die sieh mit dem Zablengesetz durchaus vereinigen l~flt, kommt auch spontan bei Pflanzenand Tierzellen vet", und betont weit~rhin (a. O. S. 575) eindentig: ,,Ein amitotiseh entstandener Kern bleibt zur Mitose bef~higt." - - Abet aueh ganz abgesehen yon solchen Befunden, die erkennen lassen, dab Mitosen mit verdoppelter odor vervielfachter Chromosomenzahl - - ebenso wie die mit ihnen verbnndone Kernund ZellvergrSBerung - - an sieh ganz harmlose Vorgknge sind, hat man anch tbeoretisch keinerlei Grundlagen, die iiberhaupt verst/~ndlich macben kSnnten, inwiefern ein ein- odor mehrfaches Verdopplungswaehstnm an sich - - mag es zu Mitosen mit ontsprecbend verdickten odor entsprechend vermehrten Chromosomen 1 1 Auf Grund meiner Kernmessungen kam ieh bereits friiher (1925, 1926, 1935, S. 231f.) zur Erkenntnis, dab schon die normalen Chromosomen an sich - - entspreehend ihrem jeweils dnrehgemachten Wachstum - - zusammengesetzte (dimere, tetramere, oetomere . . . polymere) Gebilde sind, und dab es oft yon molar nobens~ehlicben Bedingungen (unter Umst~nden sogar nut yon der angewandten Fixierungstecbnik) abhangt, ob bei Mitosen solehe ,,gebiindelten" polymeron Chromosemen ihren Einheltscharalcter wahren odor durch LSsung il~er Biindelung ihre Mehrlingsnatur offenbaren. - - Diese Auffassung wird in neuerer Zeit 1rater anderem best~tigt dutch die Befunde yon HOLT (vgl. H. BAYER 1936a, S. 310), welcho unter Umst~nden eine Aufspaltung yon Chromosomen der Lange naeh in 12 bzw. 16 Einzelchromosomen naehweisen konnte. VgI. aueh die Untersuehung yon G. HER~Wm 1935 fiber ,,die Vielwertigkeit der Speieheldriisenkerne nnd -chromosomen bei Drosophila melanogaster". W. l~oux' Arch. f, Entwicklungsmechanik. Bd. 141.
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Walther Jaeobj :
fiihren - - eine bSsartige Geschwulstzellenbildung veranlassen kSnnte. Ist doch mit der entsprechenden Chrom0somensatzvervielfachungan sich keinerlei genetische Ver~tnderung verbunden, nnd kann daher eine derartig vergrSl~erte Zelle sieh ohne weiteres in die genetis~he ]~inheitliehkeit des Gesamtorganismus harmonisch eingliedern. N a e h d e m ich somit gezeigt habe, d a $ auch die verschiedenen neuzeitlichen, auf zytologischen u n d chromosomen-morThologlschen Be/unden sich a u f b a u e n d e n Theorien der K r e b s e n t s t e h u n g bezfiglieh ihres Erkl~rungswertes unserer Theorie der h e t e r o t y p - g e n m u t a t i v e n Geschwulste n t s t e h u n g entschieden n a e h s t e h e n , mul~ ieh hier noch kurz auf eine Theorie eingehen, deren A u s g a n g s p u n k t chemische Be/unde fiber d e n Sto/]wechsel der KrebszeUe sind. StoHwechsel des Krebses. Nach den zun~ehst mit groBem Aufsehen und mit weitgehendsten Hoffnungen aufgenommenen Feststelinngen W~BV~Gs (1926) zeiehnet sich ,,Krebsgewebe dadureh aus, dab es aul~er dutch Sauerstoffatmung seine Kraft (Energie) durch Verg~rung yon Zueker zn Milchs~ure gewinnt. Es vermag also ohne Sauerstoff (anaerob) zu leben" (DI~TI~IC~1933, S: 227). Anf~nglich hielten manche damit das Problem der Krebsentstehung fiir gelSst. Aber naeh einiger Besinnung drang die Erkenntnis doch immer mehr dureh, dab mit dem W~Bu~Gschen Befund zwar eine sehr bemerkenswerte neue Eigenschaft der Krebszelle aufgedeckt, aber ]ceineswegs die Ursache der Krebsentstehung gefunden ~ist. Wie RIES 1938, S. 273, berichtet, ,,sollen nun naeh B. FISC~ER-WAsELS die verschiedenartigen, krebserzeugenden Reize ,in der atmungsschddigenden und g~irungstelgernden Wirkung auf den Stoffweehsel tier lebenden Zelle fibereinstimmen', und die ,Metastruk~ur der Zelle' soll z.B. durch oberfl~chenaktive, lipoidlSsliche und oxydationshemmende Teersubstanzen umgewandelt werden". Hieran anschliel3end bemerkt RIEs richtig: ,,Abet diese Betrachtung erkl~rt auch bei Voraussetzung einer bestimmten ,Allgemeindisp0sition' zum Krebs und eines lokalen Regenerationsprozesses noch nieht, auf we!che Weise die Konstanz der bSsartigen Eigenschaften in den betroffenen Zellst~mmen zustande kommt." Dies kann aber, wie wit oben S. 649 sahen, sehr gut erkl~rt werden durch unsere Theorie der Geschwulstentstehung auf heterotyp-genmutativem Wege, bei der die Bedeutung der versehiedensten unspezifisehen Reize nur i n ihrer Wirkung als Begiinstiger einer Chromosomenverklebung (Syndese) w~hrend einer mitotischen Teilung liegt. - - Aber aueh die obigen Befunde W.~CBV~Gslassen sieh - - wie ich schon S. 648 zeigte - - sehr gut in unsere Geschwulsttheorie einbauen, da sic mlr em Ausdruck dafiir sind, dal3 die infolge Genmutation kSrperfremd gewordenen Zellen bei ungtinstiger Gef~i3versorgung sich sehr h~ufig nur noch dadureh am Leben erhalten kSnnen, dal~ sie sich nach Art auch anderer kSrperfremder Parasiren (vgl. S. 648) auf einen anaeroben Stoffweehsel umstellen. Diese Umstellung ~m Stol/wechsel w-~re also als eine biologiseh wohlverst~ndliehe, reaktive Polge der Krebszellenbildung und nleh~ als ihre Ursache1 anzusehen. • die Niederschrift dieses Manuskriptes sehon seit Jahresffist beendigt ist, lernte ieh die jtingst ver5ffentlichte chemische Gesehwulsttheorie yon F. KSGL kennen. Aueh ftir sie diirfte das eben Gesagte in entspreehender Abwandlung gelten 1 Ebensowenig wie irgend jemand den anaeroben Sto/]wechsel bei den Parasiten, z: B. Askaris (s. oben S. 648) als Ursaehe fiir deren Entstehung und Eigensehaften deuten wird. Vielmehr wird jeder dieses eigenartige Verhalten ansehen als ein biologisch ftir das betreffende Lebewesen sehr bedeutungsvolles Anpassungsverm0gen an die - - beziiglich Sauerstoffversorgung sehr ungfinstigen --- parasit~ren Lebensbedingungen.
Die versehiedenen Arten des gesetzmil3igen Zellwachstums.
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in dem Sinne, dab die yon K6OL gefundene stereochemische Abartung der Proteinsynthese zwar eine sehr beachtenswerteFolge aber nicht die Ursache der Krebsbfldung iist. Genmutation und Geschwulstentstehung. Nachdem wir also gesehen haben, dab keine einzige der bekannten, derzeitigen Theorien die yon mir in dieser Arbeit entwickels Krebstheorie widerlegen oder ersetzen kann, m6chte ich bier auch auf die Abhandlungen der beiden Forscher K. H. BiUER (1928) und It. R. ScnI~z (1928) hinweisen, welehe beide - - obgleieh sie auf ganz anderem Wege als ich das Krebsproblem angingen - - ebenfalls zu der auch yon mir vertretenen Auffassung kamen, dal~ nimlieh das Wesen der Gesehwulstzellenbfldung auf einer Genmutation beruht. W/~hrend aber meine diesbezfigliehe Bewe~s]i~hrung (1927, 1929 und jetzt) eine ausgesproehen induktive ist, indem ich yon den gan$ apeziellen Be/unden der durch Reizung ausl6sbaren und mit KernvergrSl3erung verbundenen heterotypisehen Mitosen bei b6sartigen Gesehwulstzellen und den damit gegebenen M6glichkeiten eines interchromosomalen Faktorenaustausches und der Genmutation ausgehe, beschritten die genannten 2'orseher den entgegengesetzten, den deduktiven Wag. Sie berufen sich namlieh gleich yon vornherein auf die allgemeinen Erkenntnisse der Vererbungsforsehung und Genbiologie, um daraus rein deduktiv das Wesen der Geschwulstzellenbildung abzuleiten. Der Umstand, dal3 beide Wege trotz ganz verschiedener Ausgangspunkte 2 in der Schlul~folgerung zu einem gleiehartigen Ergebnis fiihren, ist meines Eraehtens ein gutes Anzeichen fiir dessen Wahrheitsgehalt. - - DaB dieses Ergebnis einer erbbiologischen Kritik standh~lt, und dabei v611ig zeitgem~l~ ist, geht auch aus den Ausfiihrungen des bekannten Erbforschers F~. Ln~z hervor, welcher in seiner ,,Erbpathologie" 1940, S. 470, 474, betont: ,,Die Krebsforscher, soweit sie erbbiologiseh orientiert sind, fassen die b6sartigen Geschwiilste heute meist 3 als ~olge somatiseher Mutation k6rpereigener Zellen auf", und ,,die Mutationstheorie der Geschwiilste hat in dan letzten Jahren immer mehr Anh~nger gefunden." LE~cz waist dabei (a. 0. S. 471) darauf hin, dal~ er selber schon 1921 - - was mir leider bis jetzt entgangen war - - den Satz aufgestellt hat: ,,Das Wesen des Krebses besteht in einer Idiokinese somatiseher Zellen." Bei Ableitung dieses Satzes ging iibrigens auch L]~Nz - - entspreehend wie BAVE~, Scm~cz u.a. - - nut yon der allgemeinen 4 Erb- und Gesehwulstbiologie aus, ohne das spezielle (,,heterotypisehe") Zellkernverhalten der b6sartigen Gesehwulstzellen in bezug auf Mitose und Kerngr61~e zu beaehten. 1 Vgl. auch die entspreehende Stellungsnahme yon A. DIETRICH (1940, S. 338) und H. BICYCLE (1941, S. 10). 2 Ich lernte die Abhandlungen Biumcs und SCHINZ' erst kermen, naehdem meine eigenen diesbeziiglichen Arbeiten 1927, 1929 im Druck erschienen waren. 3 Diese Feststellung ist mir nicht nur in bezug auf die oben S. 652 er6rterten gegens~itzlichen Angri/]e yon A~D~Es wertvoll, sondern erfreut mich auch insofern besonders, als seinerzeit bei der ersten Aufstellung meiner Theorie der ,,heterotypgenmutativen" Krebsentstehung es gerade die Vorstellung einer ,,Genmutation" war, welehe in miindlicher Ausspraehe wie gelegentlieher Vortragsdiskussion als viel zu ,,problematisch" abgelehnt wurde. Dies veranlaBte mieh denn auch sehon 1929 (a. 0. S. 164) in meiner ausftihrlicheren Arbeit n i h e r zu begrtinden, inwiefern es heutzutage doch auch wissenschaftlich berechtigt ist, unter bestimmten Bedingungen yon ,,Genmutation" zu spreehen. Dementsprechend faBt~ LE~Z den Begriff der ,,somatischen Mutation" auch sehr allgemoin und nimmt diesen Vorgang auch ffir die Bildung gutartiger Geschwfilste in Ansprueh (a. 0. 1940, S. 472), wihrend die yon mir vertretene ,,heterotyp-genmutative" Art der Geschwulstzellenentstehung (S. 649) sieh allein auf die Bildung der ,,b6sartigen" Geschwiilste bezieht; letztere unterscheiden sich aber ja auch in morphologischer wie biologischer Hinsicht grundlegend ivon den ,,gutartigen" Geschwtilsten. 42*
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Walther Jaeobj :
I m Vergleich mit den eben angefiihrten theoretisch.deduktiven Ableitungen des Schri/ttums ist abet die auf unserer S. 642ff. befolgte induktive Beweis/iihrung einer heterotyp.genmutativen Geschwulstentstehung - - die sich auf die grunds~tzlich wichtigen und kennzeiehnenden Spezialbe/unde bei b6sartiy~n Geschwi~lsten, und zwar angefangen mit dem eigentiimlichen Verhalten ihres Zellkernapparates, aufbaut - - n a t u r g e m ~ nicht nur die anschaulichere und gesichertere sondern auch die liar die weitere Ver/olgung der Geschwulst/rage au/schluflreichere 1. Sie dr~ngt sich nicht nur aus den Tatsachen selbst ohne weiteres dem aufgeschlossenen und ,,erbbiologiseh orientierten" Beobachter sozusagen zwingend auf, sondern sie gibt auch klare VorsteUungen i~ber den besonderen AblaU/ der Geschwulstentstehung in seinen Einzelheiten und die in Betracht kommenden spezieUen, ursdchlichen Zusammenh~nge. So wird aus unserer Feststellung (S. 639, 646), dal~ es yon dem jeweiligen Plasma~ustand abh~ngt, ob e s zu einer die heterotypische Mitose aust6senden Chromosomenverklebung k o m m t oder nicht, versti~ndlich, inwiefern unter Umst~nden lokale oder allgemeine, crworbene oder erbliche DisTosltlonen die Zellen mehr oder weniger ansprechbar machen fiir die zur Chromosomenverklebtmg fiihrende Reizwirkung und damit fiir die GeschwulstzeUenbildung. Weiterhin vermag nach unser~ obigen Ausfiihrungen jeder unspezifisehe Reizzustand - - wenn er nut das Plasma einer Zelle in syndetischem Sirme ver~ndert - - eine gew6hnfiche Mitose in eine heterotypisehe umzuwandeln, welche die M6glichkeit einer Genmutation und damit der Geschwulstzellenentstehung in sich birgt. Aus letzterem U m s t a n d kann m a n schlieBen, dab es wohl hgufiger zur Bildung yon solchen Geschwulstzellenanlagen kommt, dab diese aber in einem lebenstfichtigen Organismus infolge seiner physiologischen (biotogischen) Abwehrkr~fte im allgemeinen geseh~digt und abget6tet werden, ehe sie zu entsprechenden selbst~ndigen (autonomen) Zellwucherungen ffihren k6nnen. I-Iieraus geht nicht nur ein anschaulicheres Verst~ndnis beziiglich der verschiedenen Alters-, Erb., Gesch!echts- und sonstigen allgemeinen und 5rtl~chen Dispositionen ffir die Geschwulstkrankheit hervor, sondern es ergeben sich auch Anregungen, das Krebsproblem im Sinne einer vorbeugenden wie einer heilenden Behandlung yon den verschiedensten Seiten her - - auch im experimentellen Tierversuch - - anzugehen. Denn es fragt sich u. a. : Welche allgemeinen oder 5rtlichen Bedingungen kSnnen den physikalisch-chemischen (kolloidalen) 1 Werm BORSTneuestens 1941, S. 7, beziiglich der Mutationstheorie der Krebsentstehung schreibt: ,,Wenn es schon schwerversgindllchist, dal3 die verschiedensten Einwirkungen alle zu 4em gleichen Effekt einer somatischen Mutation fiihren, so bleibt vSllig unaufgekl/irt, au] welchem Weg dieser Effekt erreicht wird", so ist dieser Einwand den eben angefiihrten deduktiven Ableitungen gegeniiber berech. tigt, trifft aber nicht meine induktive Ableitung, welche die yon BO~ST angefiihrte ,,Schwerverst~indlichkeit" klart und die von ihm aufgeworfene Frage nach dem speziellen ,,Weg" der Krebsentstehung beantwortet.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~13igen Zellwachstums.
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Z u s t a n d des P l a s m a s d e r a r t ver/~ndern, d a b es zu einer Chromosomenv e r k l e b u n g k o m m t , oder d a g eine solehe v e r h i n d e r t w i r d ? W e i t e r h i n k a n n m a n f r a g e n : W e l c h e physiologisehen Kr/~fte h o r m o n a l e r u n d a n d e r e r A r t 1 bef/~higen d e n lebenskr~ftigen Organismus zur erfolgreiehen G e s c h w u l s t a b w e h r ? Unsere Theorie der ,,heterotyp-genmutativen" Geschw~dstentstehun9 r u h t also n i c h t in sich selbst, s o n d e r n sie k a n n zu N a c h p r i i f u n g u n d A u s b a u a n r e g e n u n d gibt die v e r s e h i e d e n a r t i g s t e n neuen F r a g e s t e l l u n g e n u n d Ausblieke. Ein den meisten Menschen eingeborenes, bis zu einem gewissen Grade aueh bereehtigtes MiBtrauen gegen altes ungewohnt Neue, Unerwartete wird bei manchem Forscher aueh den vorliegenden Ausfiihrungen gegenfiber zunaehst eine mehr oder weniger ablehnende Stdlungsnahme ausl6sen. Bei folgeriehtigem Denken mfigten solehe Forseher damn allerdings aueh gewisse grundlegende Befunde und Erkenntnisse der neuzeitliehen Chromosomen- und Vererbungsforschung mit in ihre Ablehnung einbeziehen oder andernfalls den Naehweis ffihren, inwiefern die MSglichkeit eines interehromosomalen stoffliehen Austausehes mit ansehlieBender Genmutat~on zwar bei den heterotyplschen Mitosen der Geschlechtszellen in ausgesprochener Weise gegeben isb, jedoch bei 91eichartigen heterotypischen Mitosen der K6rpe~ellen v611ig ausgesehlossen sein soll; oder sie mfissen verst~ndlieh maehen, inwiefern Genmut~tionen in KSrperzellen ohne jeden :Belang sind. Wenn die betreffenden Forscher aber weiterhin aueh den Grundlagen der Geschwulstentstehung wirktich naehgehen wollen, miissen sie fiir das auffMlende a]unktionelle Verdopplungswachstum der Geschwulstkerne wie ffir die fibrigen yon uns behandelten Zusammenh~nge der Gesehwulstbiologie eine neue, bessere und ungezwungenere Erkldi~tng geben, falls sie die unsrige als Arbeitshypothese ohne weiteres ablehnen wollen.
IV. Wesen und Eigenart y o n Mitose und Amitose. D a auch i m n e u e s t e n S c h r i f t t u m noeh weitgehende Zweifel (vgl. P~VHL 1938) fiber Wesen, B e d e u t u n g u n d jeweilige E i g e n a r t y o n Amitose u n d Mitose ge~uBert werden, m u g auf diese grunds~tzliche F r a g e hier i m Z u s a m m e n h a n g eingegangen w e r d e n u n t e r A u s w e r t u n g der in m e i n e n U n t e r s u c h u n g e n gewonnenen E r k e n n t n i s s e . Der wohl allgemein anerkannte Sinn der Mitose ist, dureh genaue Italbierung samtlieher Einzelehromosomen und dureh alas ttiniiberwandern der sich voneinander tren~enden (!) metakinetisehen Chromosomenhalblinge je an die entgegengesetzten Zellpole mit ansehliel~ender Zelleibsdurehsehnfirung 2 Toehterzellen zu erzeugen, welche quantitativ wie qualitativ vfllig gleiche Kernmassen fiihren, also im Sinne der Genetik erbgleich sind. Der Vorgang der Mitose setzt voraus, dag durch AuflSsung tier Kernmembran die Chromosomen frei in den Zellraum zu liegen kommen, weft nut so die MSglichkeit der ffir die Zellteilung erforderliehen Trenhung (!) der Chromosomenhalften gesehaffen wird. Der wahrend der ,,Teilungsruhe" geschlossene Kern last also erst bei der mitotischen Teilung seine Chromosomen (Kernf~den) in Erscheinung treten, und gerade diese Fadenbildungen sind es ja, welche bekanntlieh der Mitose ihren Namen (#lTo~ ~ Faden) eintrugen. 1 Doch mfchte ich ausdriieklieh hervorheben, dab gerade auf diesem Gebiet zun/~ehst jedes voreilige I-Iandeln ~rztlieh unverantwortlieh ist, ehe nieht die weitere yon Tierversuehen unterstfitzte, grfindliche, wissenschaftliehe Erforschung uns einen gesicherten l~berbliek fiber die bier vorliegenden, verwickelten Zusammenhange und gegenseitigen Wechselwirkungen gegeben hat.
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Walther gacobj :
Mit diesen auf Halbierung beruhenden, mitotischen Teilungen ist naturgem/~B ein regenerierendes Verdopplungswachstum verbunden, da andernfalls nach mehreren Mitosen Dimensionen erreicht wiirden, welche mit der Lebens- und weiteren Teilungsf~higkeit der betreffenden Zellart nieht mehr vereinbar w/~ren. Die Mitose sorgg also in tar nicht genug zu bewundernder GesetzmaBigkeit ftir ein mit Vermehrung yon erbgleichen Zellen einhergehendes ,,Vermehrungswachstum" und liefert dadurch iiberhaupt erst die Grundtagen ftir die aufs feinste gegliederte und abgestufte Organisation der h6heren mehrzelligen Lebewesen (Metazoen). Wo also ein auf Vermehrung yon erbgleichen Zellen beruhendes Wachsum erforderlich ist, da wird stets die mitotische Zellteilung unentbehrlich sein. Wie es in der Natur des Vorgangs se!ber liegt, beansprucht die Mitose aber jeweils die ganze Zelle fiir sich trod ist daher mit gleiehzeitiger, anderweitiger ZelL t/~tigkeit nicht vereinbar (vgl. S. 603). Andererseits stetlt aber funktionelle Beanspruehung, wie S. 592, 603 besproehen, nicht nur fiir die einzelnen Organe sondern auch schon fiir jed.e einzelne Zelle einen gewissermaBen spezi/ischen Anreiz zum Wachstum dar, den wir als ,,]unktionellen W.aehstumsreiz" kermzeichnen kSnnen. Dieser kann, wie wir oben S. 603f, sahen, ein - - auf Zunahme a n lebendiger'Masse yon Kern und Plasma beruhendes, abet nicht an den umstandlichen Vorgang der Mitose gebundenes - - Wachstum ausl6sen, welches sieh im Hinblick auf die ausbleibenden mitotisehen Vorg~nge a!s ,,amitotisches 1 Wachstum" darstellt. Zu der Anfdeckung eines solchen ,,amitotischen Kernwachstums"~ ffihrten seinerzeit racine Befunde (1925), da$ in Organen mit Zellen verschiedener Gr6Be sich auch verschiedene Kernklassen unterscheiden lassen, deren typisehe Kernvolumina sieh zu einander wie die Zahlen einer Vdrdopptungsreihe verhalten. Die Berechtigung, dieses Wachstum als ein amitotisehes zu kennzeiehnen~ liegt zunaehst schon darin, dab weder naeh eigenen Befunden noeh im Sehrifttum irgendwelche beweiskr~ftigen Anhaltspunkte vorliegen, welche dafiir sprKchen, dal3 solehe GroBkerne im allgemeinen auf mitotischem Wege zustande kamen (PFU~LS diesbeziigliche Hypotheses. unten S. 665). Aber nieht nur die priifende (kritische) Auswertung der Befunde, sondern auch gewisse yon den meisten Biologen anerkannte, ,,grundsatzliche" Eigentiimliehkeiten des Lebens weisen auf die amitotische Entstehung der GroBkerne bin. So betont mit weitgehendem Recht P F V ~ (1938, S. 111), ,,dal3 die lebende Substanz der sparsamste Mechan~smus ist, den wir kermen, und dab niemals, wirklieh grundsditzlieh niemals~ ein Vorgang auf umst~ndlithe, Kraft und Zeit verbrauehende Art nnd Weise verlauft, wenn er ebensog~t auf einfaehere, Kraft und Zeit sparencle Weise verlaufen kann". Dieser allgemeine Satz erhalt - - auf die vorliegende Frage angewandt - - die folgende spezielte Fassung: Die gesunde Zelle vermeidet ,,grunds~tzlich" die umst~ndliche Mitose i~be~ll dort, wo diese entbehrt werden kann, z. B. beim ein/achen nicht zur Teilung ~threnden Zellenwachstum. Die verh~ltnism~Big seltenen F~lle yon sot. ,,abortiven", d.h. nicht zur. Zellteflung fiihrenden Mitosen, fallen in das Gebiet des auf S. 632ff. besprochenen, mehr oder minder pathologisehen St6rungswachstums. Zur n/~heren Begriindung unseres in Schr~gdruck wiedergegebenen Satzes sei das folgende ansgefiihrt: Die Kraft und Zeit verbrauchende Umst/~ndlichkeit der mitotischen Kernteilung beruht - - das mul~ betont werden - - allein darin, dab 1Da hierzu keine Chromosomenf/~den aus denZellkernenenSbundenwerden mfissen. Dieses zur unmittelbaren Entstehung yon einheitlichen, ungeteilten GroBkernen fiihrende Wachstum kann man spezieller auch als ,,amitotisches Kernwachstum durch inhere Teilung" (JAco~J 1926b, S. 569) oder mit CLARA (1930b. S. 208) als ,,Endoschisis" kennzeichnen und dadureh von 4er im Schrifttum so eingehend behandelten, mit d~tflerlich sichtbarer Kernverdopplung einhergehenden amitotischen Kerndurchsehniirung (CLARAS ,,Ph~noschisis") unterscheiden. Die ]~edeutung der letzteren wird auf S. 669 behandelt.
Die verschiedenen Arden des gesetzm~igen Zellwachstums.
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dureh sie nieht nur eine vollsti~ndige halbierende Zerlegung der Chromosomen sondern zugleich aueh eine v611ige Trennung (i) der Chromosomenh~lften erreieht werden muir, denn nur auf diese Art kSnnen bei der Zellteilung Tochterzellen erzielt werden, welche hinsichtlich ihrer Kernmasse erbgleieh sind1. Beim ein]achen, d.h. nicht mit ZeUteilung verbunden~n ZeUwachstum ist abet aueh keine Zerlegung der Chromosomen er]orderllch; im Gegenteil, sie w~re dabei vSllig sinn- und zweeklos. Deshalb ist auch dieses einfache Zellwaehstum ein amitotisches, d. h' ein solches, das keiner AuflSsung der Kernmembran und keiner Entbindung der fadenfSrmigen Chromosomen bedarf. Aber auch das amitotische Wachstum hat - - wie zuerst meine Kernmessungen (1925) ergaben - - betreffs der Zunahme der lebendigen Masse yon Plasma und Kern (Chromosomen} dasselbe Ergebnis wie das mitotisehe, n~mlich eine jeweilige Massenverdopplung~. Dies besagt in bezug auf die Chromosomen, dab sieh jedes Chromosom seiner ganzen Li~nge nach, d.h. hinsiehtlich all seiner lebendigen Bestandteile verdoppelt. Die ganze dutch derartiges Wachstum neu ersehaffene (assimflierte) Chromosomenmasse wird selbstverst~ndlich zun~chst r~umlich in ihrem urspriinglichen Verband bleiben. E i n derartig amitotiseh gewachsener Kern kann daher bei sp~terem Bedarf und falls keine anderweRigen, besonderen ttemmungen vorliegen~' natiirlich aueh wieder eine mitotische Zellteilung durchmachen. Ob aber dabei die aus dem bisher geschlossenen Kern sieh entwickelnden Chromosomen - - gem~l~ dem durchgemaehten Verdopplungswachstum - - in doppelter Dieke oder in doppelter Zahl auftreten, ist yon mehr nebens~ehlicher Bedeutung und h~ngt yon der jeweiligen St~rke des inneren Zusammenhal~es a der durch die WachstumsvergrSBerung entstandenen neuen einheRlichen Chromosomengebilde ab. Wenn mehrere solche amitotische Wachstumsperioden - - ohne zwisehengeschaltete mitotische Kernteilnngen - - aufeinander folgen, so entstehen die Groi~kerne (,,Riesenkerne") der hSheren GrS[~enklassen, welche auch entsprechend mehrwertige (dimere, tetramere, octomere usw. polymere)~ Chromosomen enthalten. Diese yon 1 Letzteres ist aber - - worauf ich sehon im Krebskapitel, S. 646f., hinwies - zum mindesten bei den am starksten gegliederten, aber auch am feinsten beziiglich ihrer Plasmabeschaffenheit differenzierten (vgl. ABn~R~ALn~ 1939) hSheren Lebewesen eine unentbehrliche biologische Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der Einheitlichkeit des Gesamtorganismus in Ban und Funktion. 2 Weleher Sinn darin liegt, daI~ auch das amitotische Wachstnm in Homologie zu dem mitotischen unter rhythmisehen Massenverdopplungen vor sich geht, darauf werde ieh im letzten Kap. VI, S. 679f., eingehen. 3 Beziiglich dieser yon mir sehon 1925, S. 182, gebrauehten Namensgebung ist zu bemerken, dab mit ,,monomer" die Ausgangsgr6fle von Kern wie Chromosom gemeint ist. Ein ,,dimerer" Kern bzw. Chromosom enthi~l~ gegeniiber dem iibliehen ,,monomeren" also die doppelte Masse. Bei der etWaigen sp~teren Mitose eines dimeren Kerns liegen beziiglich der Chromosomenzi~hlupg gemi~l~der dimeren Mehrlingsnatur seiner Chromosomen zwei MSgliehkeiten vor. Falls n~mlich seine auf das Doppelte verdiekten Chromosomen infolge ihres guten innereff Zusammenhaltes (s. S. 657, Anm. 1) ihren Einheitscharakter wahren, ergibt die Z~hlung den gewohnten diploiden Chromosomensatz; falls abet j edes der verdickten Chromosomen in 2 Chromosomen voniiblichemAusmai~ zerf~llt, ergibt sich ein tetraploider Chromosomensatz. Bei diesen Verh~Itnissen wird man die Berechtigung einsehen, warum beziiglich der Kerngr6[3e die v611ig eindeutige Bezeichnung dimer usw. der viel unsichereren Bezeiehnung der Chromosomensatzangabe wie diploid usw. vorzuziehen ist. ~brigens macht die durch das amitotisehe Kern- nnd Chromosomenwachstum bedingte Mehrlingsnatur der Chromosomen bei Beriieksichtigung des verschiedenenZusammenhaltes der gebiindeltenChromosomeneinheitenverst~ndlich. dai~ im Schrifttum oft so weitgehend verschiedene Zahlenangaben fiir die jeweiligen Chromosomens~tze vorliegen.
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mir bereits 1926b, S. 599, betonte ,,Mehrlingsnatur" (Polymerie) der Chromosomen wird iibrigens auch yon der neuzeitlichen Forschung best~tigt (vgl. S. 657, Anm. 1} und bedingt je nach ihrem AusmaB die MSglichkeit einer oder mehrerer hintereinander geschalteter, iiberaus kurz/ristiger Teilungs/olgen (Succedanteilungen), welche nicht wie die iibliehe mi~otische Kernteilung eines ansehlieBenden Wachsturns zur Wiedererg~nzung der halbierten Chromosomen auf die AusgangsgrSl3e (Chromosomenregeneration) bediirfen. DaB tats~chlich bei der Eifurchung, aber auch i n ~ndern Fallen, solehe halbierenden Teilungsfolgen ohne anschlieBende Chromosomenregeneration nachweisbar sind, darauf gehe ich im n~ehsten Kapitel (S. 670) noch n~her ein. Die Mehrlingsnatur der GroBkerne macht iibrigens auch das Auftreten mehrpoliger Mitosen verst~ndlich. Sehen wir jetzt yon dem eben eingehend behandelten amitotischen Wachstum ab, das zur Bildung yon Groi]zellen mit Grol3kernen ftihrt, so miissen wir in die~em Zusammel~hang noch kurz alff einen andern Vorgang hinweisen, der sehon seit langem die AufmerksamkeR der Forscher auf sieh zieht. Es ist dies die sog. direlcte oder amitotische Kernteilung oder Kerndurchschni~rung, welche im Gegensatz zu der umstandlichen ,,indirekten" oder mitotisehen Kernteflung so viel ei~facher und schneller ablfiu~t and doppel- bzw. mehrkernige Zellformen entstehen l~tl3t. Diesem mit amitotischer Kerndurchschni~rung einhergehenden amitotischen Wachstum kommt eine grunds~tzliehe Bedeutung zu bei der Ausbildung der funktionell so wichtigen, quergestrei/ten Musl~el]asern, welche im Vergleich mit der iiblichen ZellgrSi~e teilweise gewaltige Dimensionen mit entsprechend grol~er Kernzahl besitzen. Abet auch abgesehen yon diesem Musterbeispiel, auf das ich sehon 1925, S. 185, hinwies, kommt auch sonst der amitotisehen Kemdurchsehntirung bei der Entstehung mehrkerniger Zellen eine nicht zu vernachl~ssigende Bedeutung zu (vgl. BE~ZN~HOFF 1922, WASSERMANN1929). Allerdings mu~ beachtet werden, dab bei solehen Kernteilungen immerhin die MSglichkeit der T~uschung und irrtiimlichen Beurteilung besteht, worauf WASSE~A~N (1929, S. 556) und neuestens I~V~L (1938) hinweisen. So weit der Vorgang der Kerndurchschniirung nieht selbst im mikroskopisehen Bild gegeben ist, kann n~mlich einer zwei- oder mehrkernigen Zelle nicht ohne weiteres angesehen werden, ob diese Mehrkernigkeit auf eine abortive, d. h. nicht mehr zur Zellteilung gelangte Mitose oder auf unmittelbare Kerndurchschniirung zuriickzufiihren ist. Der Umstand, dab in Organen mit auffailend vielen doppel-, mehr- und groBkemigen Zellen (wie z. B. in der Leber) in ausgewachsenem Zustand unter physiologisehen Bedingungen kaum je Mitosen gefunden werden, dafiir aber h~ufiger Bilder der amitotischen Kerndurchsehniirung, wurde yon jeher mit Reeht in positivem Sinne /,i~r die amitotische Kernteihmg gebucht, In gleichem Sinne sprieht der Umstand, dai3 Mehrkernigkeit im allgemeinen an eine nachweisbare besondere funktionelle Bet~tigung der Zelle gekniipft ist; letztere stellt aber eine anerkannte Behinderung der Mitose, aueh der des Kerns, d~r (s. S. 603). Weiterhin mSehteich (ebenso wie 1925, S. 185) bemerken, dal~ schon der Umstand des Unterbleibens der Zellteilung ein Hinweis dafiir ist, da~ in solehen Fallen auch keine Gew&hr fiir elne genau erbgleiche Teilung der Zellkernmasse benStigt wird, denn die durch direkte amitotische Kerndurchschntirung entst~ndenen Kerne verbleiben doeh sowieso in demselben Zellraum. Die durch solehe amitotisehe Kerndurchschniimmgen entstandenen mehrkernigen Zellen werden dann aber auch im Gegensatz zu den groBkernigen Zellen mi~ ihren an sieh klaren Chromosomenverh~ltnissen (s. S. 663) im allgemeinen wohl in keine Zellteilung mehr eintreten. Sollten sic es aber doch unter besonderen Bedingungen einmal ~,usnahmsweise tun, so werden aus solchen Teilungen meist Zellgebilde hervorgehen, denen infolge ungleichma~iger Kerndurchschniirung keine volle Lebens- und Fortpflanzungsf~higkeit mehr zukommt. Unter diesen Umst~nden mfissen wir uns fr~gen, Welche besondere, nicht dureh die GroBkernigkeit zu
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ersetzende Bedeutung kommt denn dieser Doppel- bzw. Mehrkernigkeit zu ? Der Beantwortung dieser wichtigen Frage wird das n~tchste Kap. V, S. 668, gewidmet sein. Nachtrag. P~unz~s Hypothese der Entstehung der Groflkerne kritisch i~berpri~/t und als Reqel/aU abgelehnt. Den vortiegenden Absehnitt darf ieh nieht absehliel~en, ohne auf eine yon PI~U~L neuestens (1938) auf diesem Gebiet vertretene Auffassung eingegangen zu sein. Meine seinerzeitige Feststellung (1925), dab die Volumina der Grol~kerne ein gesetzm~Big verlaufendes Verdopplungswaehstum z u m Ausdruck "bringen, hatte diesen Forseher ebenso wie die meisten andern zun~ehst sehr iiberrascht. Obgleieh er die Giiltigkeit dieser Wachstumsregel best~tigt 1 land, sagte ihm aber meine Erkl~rung des amitotisehen Wachstums anseheinend nicht zu, und so entstand in ibm das begreifliche Verlangen, sich diese auffallende Gesetzlichkeit anders verst~ndlich zu machen. Und nichts lag in dieser Beziehung nigher, als auf die Mitose zurfickzugreifen, auf die sieh ja sehon M. HEI])E~AI~ bel Ableitung seines Wachstumsgesetzes (seit 1894) ~ bezogen hatte. So kam P F ~ 1938 zur Aufstellung seiner Hypothese, welehe besagt, daft die Grol~kernigkeit grundsgtzlich als das Ergebnis einer abortiven Mitose anzusehen sei. Diese Auffassung versuehte er nun dureh Befunde abortiver Mitosen zu stiitzen, wobei er folgenden Beweisgang ~nstrebte: Wenn infolge abortiver Mitosen zweikernige Zellen entstehen, so kSnnen diese sieh vermutlieh dureh anschliei3ende oder sp~tere Kernverschmelzung zu groBkernigen Zellen umwandeln. - - In dieser Beweisfiihrung versagt aber schon der Anfang. Denn wenn glaubhaft gemacht werden soll, dab die in gesnnden Organen, zumal der Leber, so h~ufigen doppelund grol]kernigen Zetlen grunds~itzlich auf dem Wege der abortiven Mitose zustande kommen, so mul~te Zun~chst bewiesen werden, dab solche abortiven Mitosen - - die bisher nur als Ausdruek einer mehr oder minder krankhaften StSrung der Mitose (s. StSrungswachstum S. 632ff.) bekannt waren - - etwas sehr H~ufiges 3 und v611ig Normales sind, und zwar nieht nut bei den Leberzellen, sondern aueh bei den groBkernigen Zellen anderer Organe~ z.B. auch den Nervenzellen a, auf deren Verdopplungswachstum PyV~L ja aueh selber (a. O. S. 127) hinweist. P~U~L hat nun aber gar nicht versucht, derartige abortive Mitosen in einwandfrei gesunden und yon jeder pathologischen Reizung freien Organen nachzuweisen. U m die Richtigkeit seiner Ansiehten zu begriinden - - die, wie er selber S. 100 zugibt ,,sehr wesenttieh yon den heute geltenden Anschauungen anderer Autoren abweichen" - - untersuehte er vielmehr Lebern yon Meersehweinehen, 1 So schreibt PFUHL 1938, S. l l 3 : ,,Unbestreitbare Tatsache ist es, d~l~ wir in der Leber der Si~ugetiere von einem bestimmten Lebensalter ab mehrere Ke~-agr~flenklassen vorfinden, die sich zueinander verhalten wie 1 : 2 : 4 : 8 usw." Diesbeziiglich schlug I)FV~m schon in seinem Handbuchartikel 1932, S. 271, vor, ,,nach dem ersten Beobachter dieser Verh~Itnisse, wollen wir sic als JAcoBJsehe Regel bezeichnen". - - ~ HEIDENHAIN, M.: 1894, S. 624ff.; 1923, S. 73f. 8 Da z. B. bei der Maus der Regelkern in den ersten 3 Lebensmonaten (vgl. H. G. Mi~LLER1937) yon seiner urspriinglichen Gr(il~e K 1 zu der doppelten GrSBe K 2 anw~chst, so miiflten in dieser Zeit geradezu massenhaft abortive Mitosen mit ansehliel~ender Kernversehmetzung zu linden sein, falls die I~UHLsehe Hypothese zu Recht bestehen wiirde. 4 v. MOLLEN])ORFF schre]bt hieriiber in seinem Lehrbueh 1933, S. 121: ,,INach neuesten Untersuchungen werden bei versehiedenen S~ugetieren mitotisehe Vermehrungen junger Ganglienzellen nur wenige Woehen nach der Geburt noeh angetroffen. Bilder, die an eine ~mitotisehe Teilung denken lassen, linden sich auch sparer noeh." Hieran anschlieBend m6chte ich daran erinnern, dab mehrkernige Nervenzellen z. B. im Sympathikus gar nicht so selten sind (vgl. bei M. WATZKA 1928).
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die er durch Vorbehandlung mit Trypanblaueinspritzung 1 in einen gewissen Reiz. und St6rungszustand versetzt hatte. Neben verschiedenen zur Zellteilung fiihrenden Mitosen beobaehtet er dabei eine (1938, Abb. 6, S. 106) Mitose, welehe sieh im , ~ b e r g a n g der Anaphase in die Telophase" befindet und dabei keine Einsehnfirung des Zelleibs wohl aber Zerfall tier Spindelfi~den zeigt. Wie PrUHL bei dieser Mitose betont, ist das zu erwartende ,,Ergebnis wahrseheinlieh eine zweikernige Zelle (Endomitose)". Dieses ,,wahrseheinlich" der Besehriftung verdichtet sieh auf der nitehsten Seite zu einer ~berzeugung. Denn unter Hinweis auf die genannte Abb. 6 sehreibt er aloft: ,,Wir sind zu der Uberzeugung gekommen, daf~ die Mitose aueh zur ersten Entstehung der Zweikernigkeit d~r Leberzetlen fiihrt." Auf derselben Seite 107 gib t er zwar selber zu: ,,Immerhin ist diese Abbildung noeh nicht v611ig beweisend, da die Telophase kaum begonnen hat." So ffihrt er ansehlieBend da ihm anseheinend selber keine besseren Befunde fiir den angestrebten Beweis zur Verfiigung stehen - - als weitere Belege aus dem Sehrifttum 4 Autoren ~ an, welehe in erkrankten oder vergifteten Lebern alas Vorkommen yon Mitosen beobaehteten. Dabei spreehen abet yon diesen Autoren nut CnWATOW und MACMAHO~einen Teil der yon ihnen b~obachteten Mitosen als vermutlieh abortive an, wi~hrend die Mitosebefunde yon CI_~aA und STAE~MLER nur yon P r v n L als ,,abortive Mitosen" gedeutet werden a, Aber abgesehen yon der Unsicherheit, mit der die Deutung soleher Befunde - als abortive, zur Doppelkernigkeit und sp~teren Kernverschmelzung ftihrende Mitosen - - behaftet ist, weisen die Umsti~nde, unter denen diese Mitosen gefunden wurden, stets auf pathologisehe Beeinflussung ~ (Vergiftung, Krankheit) hin, so dab -
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Dal3 Vitalfarbstoffe aueh in geringen Mengen die Zellteilung weitgehend st6ren k6rmen, darauf weist POLITZ~R 1934, S. 195ff., naehdriiekliehst bin. 2 Es sind dies CLARA 1931a; MAcMAHo~ 1933; Cn~VATOWund SoLowt~.J 1935; .M. STAEMMLrR 1928. Dabei erhob CLARA 1931a seine Mitosebefunde an der Leber eines phosphorvergifteten Kaninehens, M A c M ~ o N 1933 in einer menschlichen Leber in der Umgebung yon Nekroseherden, CHWATOWund SOLOWI~Z 1935 in der Leber yon mit Prolan vorbehandelten infantilen Mi~usen und STA~MYmER (1928, S. 542) stellte zahlreiehe Mitosen nut in der Leber einer an Bauchfellentztindung gestorbenen 37ji~hrigen Frau fest. Dabei nimmt STA~.~rMLERan, dal~ diese Mitosen durch eine ,,toxisehe Sehi~digung der Leberzellen" ausgel6st wurden u n 4 betont, dab es sieh hierbei um einen besonders auffallenden Ausnahmefall handelt, der (a. 0. S. 543) ,,v611ig aus dem Rahmen des sonst zu Sehenden herausfi~llt". Auch MAC :MA~IO~ (1933, S. 416) hebt bei ErSrterung des Schrifttums in seiner Leberarbeit hervor: ,,Eine Durehsicht der Fi~lle, in denen Kernteilungen dutch Mitose besChrieben worden sind, zeigt, dal~ die groSe Mehrzahl tier F/~lle entweder mit Hepatose und Nekrose der Leberzellen im Zentralteil des Li~ppehens verbunden, oder Fi~lle yon akuter oder subakuter gelber Leberatrophie waren." a So gibt PrU~L (a. O. S. 107, Anm.) selber zu: ,,Von CLARAist dieser Befund nieht in diesem Sinne gedeutet worden. Er steht ebenso wie viele andere Forseher auf dem Standpunkt, dal~ Zweikernigkeit ausschlieBlich durch Amitose entsteht." Auf derselben Seite zitiert Pr-tmL die Angabe yon M~cMA~o~r dal~ ,,die doppelkernigen Leberzellen sowohl durch MitoSe als auch durch Amitose zustande kommen k6nnen." Dabei hebt abet MAcM_~Ho~ beztiglich seiner eigenen Mitosebefunde 1933, S. 429, hervor, dab , d i e meisten Mitosen dieht an der Grenze der Nekrose zu finden waren" (s. unsere S. 608). - - Die Ansieht des Pathologen ST.a~n~LER sehlieBlich - - dessen Arbeit yon PFUn~ ja ebenfalls als Beleg 9egen die Amitose ausgewertet wird - - offenbart sieh in folgenden Si~tzen 1958, S. 542: ,,Es gelingt in der narmalen Leber kaum jemals, eine indirekte Kernteilungsfigur zu linden." Gleiehzeitig tritt S T A ~ L ~ (1928, S. 544) ffir die Entstehung der doppelkernigen Zellen dutch amitotisehe Kernteilung ein und sagt in bezug auf
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ihnen sowieso keinerlei Beweiskraft ffir das normale 1 Geschehen zukommt; gerade um ein solehes handelt es sich aber bei der fibJichen Entstehung der grol3kernigen Zellen. Wenn wir aber weiterhin yon allen Einzeiheiten absehen, so widerspricht die PF~msche Auffassung - - nach der die Groi~kerne in der Regel fiber den Umweg einer abortiven Mitose bei nachfolgender Kernverschmelzung en~stehen sollen - auch schon grundsatzlich dem oben S. 662 angeffihrten, yon PFU~L se]ber nachdrficklichst als allgemeingiiltig vertretenen, biologisehen Grundsatz, ,,da6 niemals ein~Vorgang auf umst/~ndliche, Kraft und Zeit verbrauehende Art und Weise verl~uft, wenn er ebewsogutauf einfachere, Kraft und Zeit sparende Weise verlaufen kann". Hiernaeh kommt zweifellos beim einfachen Zell- und Kernwachstum der Vorrang, ja die aussehlief~liche Bedeutung dem amitotischen Wachstum und nicht der abortiven Mitose zu, wie ich dies schon auf S. 663ff. naher ausfiihrte, weshalb hier darauf verwiesen sei. Die l~u~Lsche Hypothese der grundsiitzlichen Entstehung der Groflzell- und Gro[3kernformen dutch abortive Mitosen mug somit nicht nur wegen der mangelnden Beweiskraft ihrer Belege, sondern auch yore Standpunkt allgemeinbiologiseher Gesetzlichkeit aus als physiologischer RegelfaU abgelehnt~ werden. Nich~ bestritten werden soll dagegen, dab ausnahmswelse, d.h. unter abnormen Bedingungen bzw. unter mehr oder weniger pathologischen Verh~ltnissen das yon uns auf S. 632 behandelte ,,Stiirungswachstum" fiber ,,gestSrte" und daher abortive Mitosen zu einer ,,abnormen" Entstehung yon Grol]zell- und GroBkernformen ffihren kann, welche aus dem Rahmen der normalen Zellphysiologie herausf/~llt. Im folgenden mul~ ich aber noch ein Bedenken zureehtstellen, welches PFUHL ~-on der Anerkennung der physiologischerweise amitotischen Entstehung der GroBkerne abh~lt. Er glaubt n/imlich, die ab und zu bei Variationskurven (der Zelll~ern: grSl3en) auftretenden Befunde ,,steiler" H~ufigkeitsgipfel widerspr~chen grunds~tzlieh einem amitotischen Kernwachstum, weft hierbei die yon ihm bei einem solehen Wachstum erwarteten ,,~bergangsgrSl~en" fehlten bzw. zu weuig zahlreich seien. Dazu ist das folgende zu sagen. Bereits friiher haben W~RM~L und ich (s. JACOBJ 1935, S. 172) darauf hingewiesen, dal~ solche ,,Steilheit" bzw. ,,ttochgipflichkeit" (W~RM~LS ,,Exzessiviti~t") der variationsstatistisehe Ausdruck fiir eine bereits eingetretene, weitgehende ,,Spezialisierung" (,,Ausreifung")3 der betreffenden seine in Abbildungen wiedergegebenen Beobachtungen zusammenfassend: ,,Sic zeigen eine durchaus geschlossene Reihe amitotiseher Teilung." Dabei vergleicht er seine Befunde der LeberzellkernamRosen mit seinen gleichartigen amitotisehen Befunden an den Kernen der Herz- nnd Skeletmuskulatur. Seine yon P~'V-~Lffir die normale Waehstumslrage ausgewerteten MRosenbefunde sieht STA~.MML]~R aber selber als pathologiseh an (s. umstehende Anm. 2). Dagegen stimmen diese Befunde gut zu der auf unserer S. 608 wiedergegebenen Auffassung, dal~ schon ganz geringe Zellseh~digungen infolge Behinderung der spezifischen Zellfunktion MRosen auslSsen kSnnen. Die dortigen Ausfiihrungen sehrieb ich fibrigens vor Kenntnis der P~'uHLsehen ArbeR nieder, so dab sie also keineswegs ffir seinen Fall erst zurecht gemacht sind. 2 Auch U. D'ANco~A (1939, S. 230) lehnt neuestens auf Grund eigener, diesbezfiglicher Untersuchungen der Leberzellen die l~U~Lsche Hypothese nachdriicklich mit~den tolgenden Worten ab: ,Non trovo per5 alcun fatto che giustifichi l'ipotesi della fusione di nuclei diploicli o di mitosi abortive, ammessa dal P~U~L." Und so betont denn aueh H. G. MiiLLEZ1937, S. 315, da~ bei seiner 3 Monate alton Maus - - cleren Leberkernvariation ja P~'V~L (als Abb. 8) gerade seiner Kurvenanalyse zugrunde gelegt h a t - ,,die radi~re Struktur der Leber und der Fachwerkbau fertig ist" und damit ,,die Variationskurve ihre endgfiltige Form erreicht hat". - - Demnach ist begreiflieh, dal] bei ihr keine grSltere Zahl yon Zellen
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Organzellen ist. In Organen aber, deren Zellen gewissermaBen ihre ,,AbsehluBreife" erreicht haben, sind natiirlich nur ganz selten noeh Zellen zu erwarten, welehe sieh gerade in einem amitotisehen ~bergangsstadium befinden, so dal~ der yon PFV~m beanstandete Mangel an ,,l~bergangszellen" selbstverst~ndlich wird. Damit w~re aueh der aus der Variationsknrvenanalyse abgeleitete Einwand gegen das amitotisehe Kernwaehstum widerlegt. - - An dieser Stelle daft jedoch nicht unerwiihnt bleiben, daB allerdings langsamablau/endes, amitotisehes wie mitotisches Kernwachsrum sieh unter Umst~nden aueh in einem entspreehend ,,altmdhlichen Anstieg zum H~ufigkeitsgipfel und einem auffallend steilen Abfall nach demselben" bemerkbar maehen kann, worauf ieh sehon friiher (1925, S. 181; 1926b, S. 581, 594ff.; 1935, S. 171) hinwies. Dabei mSehte ieh aber zun~chst dahingestellt sein lassen, ob das amitotisehe Waehstum gegebenenfalls nich~ etwa aul]er einem allma:hlichen aueh einen beschleunigten Ablauf nehmen kann.
V. Kernoberfl~iehe und Zelleistung 1. (Unter Beriicksichtigung der amitotischen Kerndurchschntirung, der Stoffwechselgesehwindigkeit, der Kernsaftfrage u n d der Zellversehmelzung.) I n unsern bisherigen Ausfiihrungen sahen wir wiederholt, dal3 das
i~bliche Zellwachstum gewissermal]en in zwel Arten ablaufen kann, indem das eine Mal die ganze Kernmasse in einem einzigen K e r n vereinigt bleibt, w~hrend sie ein a n d e r m a l auf zwei oder mehr Kerne verteflt wird, wodureh es zur Bildung der doppel- bzw. mehrkernigen Zellformen k o m m t . Schon 1925, S. 177, 181ff., wies ich darauf bin, dab Zellformen, welche die gleiche Kern- u n d Plasmamasse fiihren, in quantitativer Beziehung einander homolog (gleichwertig) sind, unabh~ngig davon, ob ihre Kernmasse in einem einzigen K e r n zusammengefaBt oder auf mehrere Kerne verteilt ist. E s / r a g t sieh nun nur, wle k o m m t es zu einer solchen Mehrkernigkeit u n d was h a t sie zu bedeuten ? U n t e r Verwendung eigener Beobachtungen u n d des Schrifttums 2 kTnnen wh" die erste Frage dahin beantworten, dal~ die E n t s t e h u n g der Mr in der iiberwiegenden Mehrzahl der F~lle auf amitotlscher Kerndurchschni~rung (Kernfragmentation) beruht, nur se]ten wird sie
gleichzeitig in ein amitotisches Waehstum eintritt. Letzteres w~re aber erforderlich, wenn das amitotische Waehstum in der Variationskurve durch ,,~bergangszellen" zum Ausdruck kommen soil, d~ die Kurve ja jewefls nur das augenblickliche Zustandsbild wiedergeben kann. - - Dabei mSehte ieh abet darauf hinweisen, dal~ aueh naeh Abschlui} des Hauptwaehstums je nach den ~llgemeinen funktionellen wie physiologischen und krankhaften Bedingungen die MSgliehkei~ einer ~nclerung der speziellen Variation besteht. Dies zeig$ in sehr schSner Weise mein Versuch mit einseitiger Speekernfi,hrung (S. 622f.) bei der Maus. i Die Grundlagen fiir diesen Abschnitt hatte ich schon 1924 fiir mein damals geplantes ~unktionskapitel (s. oben S. 587) niedergesehrieben. Der Umstand, dab diese Ausfiihrungen imstande sind, manche im heutigen Schrifttum noeh bestehenden Widerspriiche zu kli~ren und damit dem wirkliehen Verstandnis des Zellebens in all seiner Mannigfaltigkeit n~herzukommen, veranlassen mieh zu ihrer jetzigen VerSffentliehung nach vorangegangener erg~nzender Bearbeitung. 2 Vgl. B~I~GHOYY 1922; M@~ZER 1923, 1925; WASSEmV~ 1929, S. 549ff.
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durch mitotische Kernteilung bei ausbleibender Zellteilung (nach Art des ,,StSrungswachstums", s. S. 632) bedingt, u n d nur ganz ausnahmsweise k a n n einmal eine Zellversehmelzung (s. S. 673) dazu fiihren. Ebenso wie das ,,amitotische Wachstum", so ls auch die amitotische Kerndurchschni~rung ohne jede Behinderung der Zellfunktion ab (s. S. 603), und so k a n n es uns nieht wundernehmen, dai3 die Kernfragmenration eine h~ufige Begleiterscheinung des funktionsbedingten ,,Leis t u n g s " - W a c h s t u m s (s. Kap. I) der Zellen ist. Hier setzt n u n unsere zweite Frage ein, die naeh der Bedeutung solcher Kerndurchschnfirungen. Diese sehe ieh mit BE~r~G~o~]~ (1922, S. 45, 68) in der zweifellos dureh die F r a g m e n t a t i o n bedingten Oberfl~chenvergrSBerung des Kerns, da mit der hierdureh relativ vergrSBerten Berfihrungsfl~che aueh die Aus. tausehbedingungen zwischen K e r n und Plasma verbessert w e r d e n . D a wir n u n a b e r sehen, dal3 in zahlreichen F~llen die Kerne ihre einheitliche GrSBe beibehalten, w~hrend sie in andern F~llen dureh F r a g m e n t a t i o n ihre Oberfli~ehe zum Tefl in ganz auff~lliger Weise (Kernlappung, s. S. 672f.) vergrS~ern, so miissen wir n u n noch genauer, als dies bisher meinf~s Wissens im Schrifttum geschah, darnaeh /raffen: Unter welchen besonderen Umstdnden ist denn eine solehe Ober/l~ichenvergrSflerung er/orderlich u n d wann nicht ? Die Beziehungen, die zwischen Volumen und Oberfliiche der ZeUkerne einerseits und der umgebenden Plasmamasse andererseits bestehen, kann man sich wohl am klarsten an einem einfachen Moddlversuch veransehauliehen. Nehmen wir 2 massive Metallkugeln, welche auf eine bestimmte Temperatur erw~rmt sind, so werden sie in derselben Zeiteinheit mehr W~rme abgeben als eine gleiehwarme Met~llkugel, die das Volumen und damit den Gesamtkaloriengehalt beider in sich allein vereint, eben weil die Gesamtoberfl~ehe der beiden kleinen Kugeln grSl3er ist als die der e~nen grol3en Kugel. Dieselben Verhaltnisse werden aueh vorliegen, wenn wir iI~ unserm Beispiel start der energetischen Abgabe yon W~rme die stoffliehe Abgabe z. B. eines diffusiblen Farbstoffes setzen, indem wit an Stelle der massiven Kugeln Hohlkugeln nehmen, die mit einer FarblSsung bestimmten Prozentgehaltes gefiillt und yon einer hierfiir durchl~ssigen Membran iiberzogen sind. Aueh hier werden die beiden kleinen Kugeln in derselbenZeit mehr Farbstoff in die umgebende Fliissigkeit abgeben als die eine groI3e Kugel, die das Gesamtvolumen und die Gesamtfarbstoffmenge der beiden kleinen Kugeln in sich allein enth~lt. Lassen wir beide Versuche bis zum Endstadium des vSlligen Temperatur- bzw. Farbungsausgleiehes abla~fen, so besteht beziiglieh des Endergebnisses, d.h. in bezug auf das an das umgebende Wasser abgegebene absolute Quantum yon W~rmeenergie bzw. Farbstoffmenge kein Untersehied zwischen den GefaBen, welche die beiden kleinen oder nur die eine grofle Kugel entlmlten, nur wird das Endergebnis yon den b~den kl~inen Kugeln schneller erreieht, ihrer grSBeren Oberfl~ehe (Beriihrungsfl~ehe) wegen. Unser Versuehsbeispiel zeigt also, wie bei glelehem Inhalt die relative Gr6fle und Form der Ober/ldcheentscheidend ist fiir die in der Zeiteinheit abgegebene Energiebzw. Stoffmenge, d.h. /fir die Geschwind.lgkeit des energeti6.chen(dynamischen) bzw. sto]]lichen Austausches. Auf diese Gesehwindigkeit und damit auf die relative GrSl~e der Kernoberfli~ehe kommt es aber bei den Erfordernissen eines besonders regen Zellstoffwechsels - - d.h. in Zeiten besonders sehnellen stofflichen oder dynamischen Umsatzes - - unter Umst~nden aussehlaggebend an, w~hrend bei
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ruhigem, gleichm~l~igem Stoffwechsel und stetem Entwicklungsgang keine Vergr6Be~tung der Kernoberfl~che ben6tigt wird 1. So k6nnen wir also unsere zweite Frage nach der Bedeutung der Mehrkernigkeit dahin beantworten, dal~ ihr Auftreten das Zeichen einer besonderen Beschleunigung der Tiitigkeit der Zelle und d a m i t auch ihres Sto]lwechsels ist, w~hrend demgegenfiber die E n t s t e h u n g y o n Riesenkernen der Ausdruck einer zw~r ohne Unterbrechung stetig /ortlau/enden, aber mehr gleiclerMifligen Zell- u n d Stoffwechselt~tigkei t i s t . D a aber beim amitotischen Volumenverdopplungswachstum der kugligen Kerne ihre Oberfl~chenzunahme (gem~I3 der Kugelstereometrie) verhgltnism~l~ig zurfickbleibt, so k a n n es uns also iaach dem eben Ausgeffihrten nicht wundernehmen, dal~ start eines einzigen Grol3kernes. (K2) von doppeltem Volumen h~ufig sich in einer beschleunigt ~rbeitenden Zelle 2 Kerne v o n d e r fiblichen Volumengr61~e (K1) l i n d e n . Auch geht nicht selten ein Einzelkern der GrSl~enklasse K , amitogisch in 2 Kerne der GrSl~enklasse K 2 fiber usw. (vgl. J~tCOBJ 1925, S. 177). U n t e r besonderen U m s t ~ n d e n k6nnen aber z u m Zwecke der relativen Oberflgchenvergr61~erung auch K e r n e auftreten, welche die iibliche KerngrSBe des Organs sogar unterbieten, worauf wir im folgenden einzugehen haben. Einen derartigen Befund hatte ich z.B. 1925, S. 164f., im Pankreas einer triichtigen Maus, wo ich zweikernige Zellen erhielt, deren Kerne der GrSl~enklasse K1/~ angeh6rten, also nur halb so grol~ waren als die der Gr61tenklasse K1, we]che beim embryonalen wie beim erwachsenen Pankre~s nicht nur die Regelklasse sondern an sich auoh dessen kleinste GrSl3enklasse darstellt. Schon seinerzeit brachte ich diesen Befund in Beziehung zu den besonderen Anforderungen, welche unter Umst~nden elne Gravidit~t an diese Driise stellen kann, un4 wies aul~erdem darauf hin, da]3 GE~ASSIMOW bei seinen Spyrogyraversuchen unter anderem auch ,,Zellen mit 2 Kernen yon halber Gr61~e" beobachtete (vgl. oben S. 617, Anm. 1). In neuerer Zeit konnte E. Itr~TZSCH~ (1936, S. 48ff., 55) die bemerkenswerte Feststellung machen, dal] die Regelzellkerne des menschlichen Plazentarsyncytiunvs sich mit fortschreitender Sohwangerschaft durch rhythmische HallJierungsteilungen "~ verkleinern, so dab die Regelkerne in der 6. Embryonalwoche der Klasse K1, im 6. Embryonalmonat der Klasse K1/, und bei der geburtsreifen Plazenta der Klasse K1/i angehSren. Eine funktionelle Erklgrung ffir dieses auffgllige Verhaiten gibt HI~TZSCHE nicht; ich m6chte Sie abet in dem folgenden Umstande suchen. Mit fortschreitender Reife wird bekanntlich a die Plazenta durch Haufung plazentarer Sehr beachtenswert is~ in 4iesem Zusammenhang das KerngrSBenverhalten in der Seeigelentwicklung. Hier sind zun~chst in der Friihentwicklung bis zur beginnenden Gastrulation die Kernvolumina, bei den spgteren Gastrulationsstadien und bei den Pluteuslarven dagegen die Kernober]~ichen der Chromosomenzahl unmit~lbar proportional (vgl. B o v ~ I 1905, S. 43; H~D~]~R 1914, S. 371, 377; Ln~D~vE~ 1923, S. 79f.). ~brigens sind auch beim Furchungsprozel~ des Saugereies yon G. HERTW~a(1939) solche halbierenden ,,multiplen" Succedanteilungen d_urch Messung nachgewiesen. Vgl. JASCHKE-PANKOW 1920, S. 116, ferner auch die Ansichten eines so erfahrenen Plazentakenners wie 0. GRossE~, der 1926 auf die Schwierigkeiten der menschlichen Plazentar~unktion hinweist und 1929, S. 689, schreibt: ,,Ihre Funktion (n~mlich der menschlichen Plazenta) ist mit ~ortschreitender Graviditat immer schwieriger aufrechtzuerhalten."
Die versehiedenen Arten des gesetzm~I~igen Zellwa~chstums.
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bzw. fetaler Stoffwechselprodukte fiberladen u n d infolge teilweiser nekrobiotischer Vergnderung der Zotten und zunehmender Thrombose der Plazentargef~ge das gesundgebliebene Zottengewebe bis an die Grenze seiner Leistungsfghigkeit beanSpruclft'. Unter diesen Umst~nden kann das Plazentarsyneytium seinen vielseitigen Au~aben (tier selektiven Resorption, Atmung und Exkretion) nur gerecht werden, wean seine die Zellt~tigkeit regelnden Xerne eine mSgliehst groge Ober. und Berfihrungsfl~ehe gegeniiber dem umgebenden Plasma haben, und das wird ohne weiteres erreicht du_rch die yon I-IINTZSC~festgestellten,,rhythmischen Halbierungsteilungen" der Kerne. Wenn wit aber nun aueh yon weiteren diesbezfigliehen Einzelheiten absehen, so mSchte ich doch noeh einmal in ganz allgemeinem Sinn auf unsere obige (S. 669) Feststellung zurfiekkommen, dab die relative Kernoberflaehe vor attem ffir die Gesehwindigkeit der gegenseitigen Weehselbeziehungen zwischen Kern und Plasma yon Bedeutung ist. Denn damit kl~ren sieh dann aueh anscheinend widersprechende Ansichten der Porscher anf, yon denen die einen vor allem dem Volumen, die andern vor allem der Ober]liiehe bei der Kernplasmarelation die aussehlaggebende Bedeutun9 ~ zuschreiben. Deswegen habe ich aueh seinerzeit (1925) in meiner ersten Arbeit iiber die Zellkerngr6ge in meinen Tabellen zun~ehst neben Kerndurchmesser und Kernvolumen meist auch noch die Kernoberfl~ehe angegeben, Meine damaligen Befunde erbraehten aber das gut verst~ndliehe Ergebnis, dab ~tnter den iiblichen Verhtiltnissen dem Chromatingehalt des Kerns das Kernvolumen entspricht, so dag also bei Verdopplung der Chromatinmasse sich aueh das Kernvolumen entspreehend verdoppelt. Bei einem derartigen Verhalten bleibt aueh der Prozentgehalt des Chromatins an seinem (gewissermal~en dem ,,Kristallwasser" entsprechenden) ,,Kernsaft" (,,Kernwasser") ~ konstant. I n F/~llen dagegen, in d e n e n wie bei Bov~RIs Feststellung in der fortgesehrittenen Seeigelentwicklun 9 (s. Anm. auf S. 670) - - sich die Kernober]Itichen der Chromosomenzaht ~oportional verhalten, mug sieh der jeweilige Kernwassergehalt /~ndern, denn gem~g den Gesetzen der Kugelstereometrie setzt die Zunahme der Kugeloberfl/~ehe, z. B. auf das Doppelte, eine Inhaltszunahme fiber das Doppelte voraus, und die zur Ffillung dieses Inhalts efforderliche Massenzunahme kann doch wohl nut der ,,Kernsa#"2 ]iefern. ~-ach allem, was wir aber fiber das gesetzm~gige Verhalten der Kerngr611e wissen, kann eine solehe ~nderung des ,,Kernsa#"-Gehaltes nur zu den durch besondere UmstKnde bedingten Ausnahmen gehSren, die damit zugleich physiologiseh besonders geartete Gesehehnisse anzeigen. Ein derartiger Sonder]all liegt z.B., wie ieh 1926, S. 593, 579f., nachweisen konnte, bei den Spermatiden vor, deren Kerne bald nach ihrer Entstehung 1 Wie unter Umstanden in dem einen Falle fiir die Zellen das Kernvolume~ (Kernmasse), in einem andern Falle mehr die Kernober]liiehe yon aussehlaggebender Bedeutung ist, zeigen die Untersuehungen yon G~.~ASSlMOW(1902). Dieser setzte n~mlieh bei seinen bereits oben S. 616 erw/~hnten Spirogyraversuehen die Kernvolumina der einzelnen versehiedenkernigen Zellen in Beziehung zu der fiir den Stoffaustauseh mit dem umgebeuden Medium in Betracht kommenden Teilen der lateralen Zelloberfl~che, wobei er ann~hernd gleiehe Verh~ltniszahlen (a. 0. S. 233, Tabelle IX, S. 254f.) sowohl fiir die gewShnlichen als auch fiir die zweiund groBkernigen Zellen bekam. Dagegen war fiir die Zahl der in der Spirogyrazelle vortmndenen Chlorophyllb/~nder bei demselben Versueh mehr die bei den zweikernigen Zellen gegeniiber den grol~kernigen relativ vergrSBerte Kernoberfliiche (a. O. S. 249, Tabelle XV) maBgebend. - - Vgl. aueh unsere Anm. 1, S. 670. I n der vorliegenden Arbeit habe ich den in der Histologie gebr~uchliehen Ausdruek ,,Kernsa#" sinngleich (synonym) mit ,,Kernwasser" angewandt, zur Kennzeichnung des an den Kern gebundenen Fliissigkeits- bzw. Wassergehaltes. Auf die ,,Kernsaft"-Frage haben wir auf S. 680f. noeh n~her einzugehen.
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zungebst aufquellen, um sich darnach dureh hoehgradige Wasserabgabe in den bekanntlich hoehkondensierten (pyknotischen) Spermienkern umzuwandeln. Auf die Bedeutung des Kernsa]ts bzw. ,,Kernwassers" fiir die funktionell so wichtige Dispersion der Kernsubstanzen ging ieh frtiher (1935, S. 227, Anm. 1) n~her ein. Neuestens spricht nun G. H~TWIG (1938/39, S. 70f.) direkt yon einem ,,Ober]l~chenvergrS'flerungs/aktor" und sagt: ,,DAB also jeder Kern einer beliebigen GrTBenklasse wahrscheinlieh unter dem EinfluB gesteigerter funktioneller Beanspruchung die Fghigkeit hat, sieh so weit zu vergrSBem, dab nieht mehr sein Volumen, sondern seine Oberflgehe gegeniiber dem Kern der ngehst niederen Klas~e verdoppelt ist." GemM3 unsern obigen Ausffihrungen werden wir wohl nieht feh!gehen, wenn wir annehmen, dab das Wirksamwerden des angeffihrten ,,Oberfl/iehenvergrTBerungsfaktors" auf einer )~ndenmg des relativen Kernsaftgehaltes beruht. Auf diese Kemsaftfrage werden wir in anderweitigem, allgemeinerem Zusammenhang (s. S. 680f,) noehmals zuriiekkommen. Bei richtiger Einschgtzung der grundlegenden Bedeutung, welche der relativen GrSfle der Kernoberflgehe z u k o m m t in bezug auf die jeweilige Geschwindigkeit der ffir das Zelleben so wichtigen wechselseltigen Be. Ziehungen zwischen Kern und Plasma, wird uns klar, daft der Kernvergrfl3erung Grenzen gesetzt sind. So ist ohne weiteres verst/~ndlich, w a r u m bei Lebewesen mit sehr regem, schnellem Stoffweehsel, z. B. bei den warmbliitigen VTgeln und Sdiugern, auf die Dauer iiberhaupt n u r Zellen mit verhgltnism/~gig kleinen K e r n e n z lebensfghig sind, wghrend Geseh6pfe mit sehr tr/igem Stoffwechsel, wie z. B. die urodelen Amphibien (s. S. 599, Anm. 1), aueh noch mit ungewThnlieh grol3en Regelkernen a u s k o m m e n kSnnen u n d sieh dementspreehend bekanntlieh aueh durch auffallende GrSBe ihrer Zellen und Zellelemente auszeichnen. DaB neben solehen funktionellen Bedingtheiten fiir die jeweilige KerngrSfle auch ein spezifiseher ,,Art". bzw. ,,Klassen]aktor" y o n Bedeutung sein diirfte, d a r a u f wies ich s e h o n 1931, S. 244, hin. Letztere V e r m u t u n g wurde iibrigens, soweit m a n aus den bis jetzt vorliegenden Befunden sehlieBen daft, bestgtigt durch die v o n mir angeregte Dissertation y o n O. BI~XE~C~AIwR 1934 und weiterhin dureh SAVSE~s Untersuchung {1935). In ~pezial/~llen iibrigens, in denen an gewisse Zellarten ganz ungewThnliehe Anforderungen gestellt werden, karm der benTtigte mTglichst ausgiebige unmittelbare Austausch zwisehen Kern und Plasma nur durch eine weitgehende Lappung oder ganz auBergewShnliche Zerkliiftung des ersteren bewerkstelligt werden. - - Als bekarmtes Beispiel hierfiir aus de r allgemeinen Biologie sei auf die Niihrzetlen im Ovarium yon Bombus und Dytiscus 2hingewiesen, welehe dutch die merkwfirdigsten Verzerrtmgen ihrer Kernform far eine m6glichst ausgedehnte Berflhrungsflgehe z Da die relative Kugeloberflgehe mit wachsendem Volumen abnimmt. - - In diesem Sinne sind wohl auch die Beobachtungen (vgl. PLXT~ 1922, S. 49) zu erkl/~ren, dab in der W/~rme kleinere, in der K/ilte grTl3ere Kerne (Infusorien, Kaulquappen, Eehiniden, Zwiebelsehalenb~tter) entstehen. Allerdings mtissen bei solehen Angaben auch etwaige Fehlerquellen beriicksiehtigt werden, wie sie bei den Kaulquappen z. B. in der KerngrTflenanderung vcghrend der Entwicklung (s. unsere S. 615) liegen. 2 Vgl. G. I-I~.RTWm1929, S. 142f., Abb. 103, 104, und P~RSE~r 1922, S. 84, Abb. 81 : Spinndrtisenzellkern.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~,l~igen Zellwaehstums.
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zwischen Kern und Plasma sorgen. - - Auch die bekannte Hohlkugelform der Knoehenmarksriesenzellen diiffte demselben Zwecke dienen. - - Der verbreitetste Fall einer solchen ]unlstionellen Kernpolymor~hie beim Sguger und Mensehen liegt aber bei den granulierten Leukozyten vor. Aueh der Umstand, dab diese bei den alcuten Entz~ndungsn in der HauptzatLl auftretenden Granulozyten ~olymarphkernig sind, w~hrend die vor allem die trgge verlaufenden, chronischen Entz~ndungen begleitenden Ly~phozyten Rundkerne haben, steht mit der verschiedenen funktionellen Eignung der betreffenden Oberfl~ehenformen in bestem Einklang. Zellverschmelzung. Am Schlusse dieses Kapitels, welches die Mehrkernigkeit der Zellen behandelt, darf nicht verschwiegen werden, dab friiher und auch heute noch vereinzelte Autoren die Entstehung der groBen vielkernigen Zellformen ohne weiteres yon einer Zellverschmelzung ableiten woUen, ohne sieh dabei klar zu sein, welch ungew6hnliehe Voraussetzungen hierzu erforderlich sind. Denn abgesehen yon der Beffuehtung, bei welsher das hierfiir besonders eingeriehtete Spermium sieh gewaltsam in die Eizelle einbohrt, ist die Vorbedingung far sine Zellverschmelzung eine weitgehende Aufl6sung der die Zelle abgrenzenden Oberfl~chenschieht (Crnsta, Pellicula) bei jeweils benaehbarten Zellen. Mag diese Grenzschicht nun auch noch so diinn sein, so muB ihr doeh eine weitgehende Haltbarkeit zukommen; denn auf ihr beruht letzten Endes die ganze - - im allgemeinen doch ziemlich beharrlich beibehaltene - - zellulgre Gliederung der vielzelligen Organismen (Metazoen). Und so gibt es denn auch nur ganz wenige F~lle, wo Zellverschmelzungen einwandfrei nachgewiesen sind. Und auch diese kommen, soweit sic typisch sind, in der Hauptsaehe nur bei niederen, den Protozoen nahestehenden Organismen vor; ieh erinnere hier nur an die Myxam6ben der Botanik. So schreibt denn auch STUD~IOXA in seiner Handbuehdarstellung 1929, S. 502: ,,Sowohl die Syncytien wie die Plasmodien hat man urspriinglich, das haben wir in dem geschichtliehen Teil hervorgehoben, ftir eine Art yon Zellfusionen gehalten. Diese Deutung war unrichtig; in der iiberwiegenden Mehrzahl der Fglle entstehen die uns hier interessierenden Zustgnde so, dab die Zellbildung unterbrochen wird, wghrend die Zellkerne die Fghigkeit zur Fortpflanzung behalten." Dabei fiihrt STUD~IeKA den ,,Plasmoditrophoblasten der Chorionzotten" als einen jener seltenen Fglle der Zellversehmelzung an. Welter oben (S. 631) haben wir aber bereits gesehen, dal~ selbst in diesem Fall neben gewisser Zellverschmelzung auch Plasmawachstum und amitotisehe Zellkernvermehrung sine sehr wesentliche Bedeutung haben. Wenn iibrigens in neuerer Zeit angegeben wird, da~ ab und zu bei Explantaten Zellverschmelzungen beobachtet werden, so ist dazu zu sagen, dab bei der Gewebeziichtung teflweise ganz ungew6hnliche Umweltsverhgltnisse geschaffen werden, die nieht immer ohne weiteres eine Ubertragung der hierbei erhal~enen Befunde auf die Verhgltnisse im Gesamtorganismus unter physiologisehen Bedingungen zulassen.
VI. Der Geltungsbereich des Gesetzes yore rhythmischen Kernbzw. Zellwachstum. (Unter Berticksichtigung des ,,inneren B a u p l a n s " der Zelle.) Meine i m F r i i h j a h r 1924 b e g o n n e n e n u n d 1925 i n gr613erem Zus a m m e n h a n g verSffentlichten K e r n m e s s u n g e n erbrach~en z u m ersten Male d e n g e n a u e n i n d u k t i v e n •achweis des Bestehens eines rhythmischen Kern- bzw. ZeUwachstums, wobei i n den u n t e r s u c h t e n F~llen das K e r n v o l u m e n jeweils in V e r d o p p l u n g s s c h r i t t e n z u n a h m . Seitdem w u r d e die Giiltigkeit dieses gesetzmgBigen Verhaltens - - auBer i n w e i t e r e n eigenen U n t e r s u c h u n g e n (JAcoBJ 1926, 1931, 1935) - - auch durch zahlreiche ~v'. RotL~' Arch. f. Entwicklungsmcchanik. Bd. 141.
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A r b e i t e n der v e r s c h i e d e n s t e n F o r s c h e r ( A n a t o m e n , Zoologen, B o t a n i k e r ) des I n - wie A u s l a n d e s fiir eine gro~e Zahl d e r v e r s c h i e d e n s t e n Z e l l a r t e n y o n Mensch, T i e r ( W i r b e l t i e r e u n d Wirbellose) u n d P]lanzen best~tigt. Die w i c h t i g s t e n diesbeziig!ichen, bis 1934 ersehienenen A b h a n d l u n g e n h a b e ich 1935, S. 165, g e n a n n t . S e i t d e m sind n o c h viele weitere U n t e r suchungen verSffentlicht, welche ebenfalls ein gesetzm~iBiges V e r d o p p l u n g s w a c h s t u m d e r Zellkerne feststellten; es seien g e n a n n t die A r b e i t e n v o n J . B 5 H ~ 1934, O. S O , E I d E R 1934, G. SAVS~R 1935, G. HE,TWIG 1935, FR. W . VO~B]~CK 1935, E. HINTZSCHE 1936, J. FISCH~I~ 1936, I-[. LEISTNER 1936, E. HINTZSCHE u n d TANNER 1937, O. PFLVGFELDEl~ 1938, BIEREm~L 1938, MICHAELIS 1938, H. HSPPNER 1939, K . H. LANGE 1940, M. D u s s A 1 9 4 1 . - E i n solches V e r d o p p l u n g s w a c h s t u m lie/~ sich a b e r n i c h t n u r u n t e r physiologischen, s o n d e r n auch u n t e r p a t h o l o g i s c h e n V e r h a l t n i s s e n nachweisen u n d ist z. B . wie ebenfalls in zahlreichen E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n verschiedener P a t h o l o g e n festgestellt w u r d e - - auch fiir die Zellen bSsartiger Geschwiilste w e i t g e h e n d c h a r a k t e r i s t i s c h , woratff wir i m K r e b s k a p i t e l , S. 641 L, niiher eingingen. Bei dieser Sachlage miissen wir uns f r a g e n : Handelt es sich bei dem rhythmischen Kern- bzw. Zell. wachstum 1 u m eine Gesetzm~ifligkeit yon grundlegender Bedeutung ? Nieht ohne Wert ist es, in dieser Beziehung zur~ehst die im Schri/ttum niedergelegte Stellungnahme anderer Forseher zu dieser Frage kurz zu betrachten. - - Die ersten yon mir mitgeteilten Befunde eines solehen Verdopplungswaehstums iiber~ " rasehten begreiflicherweise manehe Forseher sehr und kamen ihnen so ,,sond erDar und ,,ratselhaft ''2 vor, dab sie glaubten, es mfisse sich hierbei um Zufallsbefunde handeln, obgleich doch schon meine ersten FeststeHungen eines solchen Wachstums sieh auf 7 teilweise recht verschiedenartige Objekte (Leber und Pankreas je yon Maus und Ratte, interstitielle Zellen des Schweinehodens, Belegzellen des Katzenmagens, Mauseniere) bezogen. So schreibt Voss 1928, S. 188, bezfiglich meiner Befunde: ,,Diese Angaben JACOBJs erregten mein hSchstes Interesse, da ich einsah, dab sie in Zukunft zweifellos einen Haup~stfitzpfeiler der HEIDENHAINsehen Teilk6rpertheorie bilden wfirden, einer Theorie, der ich bis dahin mehr ablehnend als zustimmend gegeniiberstand. Ich muff ellen gestehen, daft ich die Richtigkeit der Angaben JAeOBJs, besonders was die KerngrS[3enverMiltnisse in der Leber der erwachsenen Maus anbelangt, zungchst stark bezwei]elte''s. Voss mul3te dann aber nach eingehender eigener Untersuchung mittels absichtlich abgeanderter Methodik am selben Objekt (Mauseleber) (a. O. S. 196) zugeben: ,,Ira ganzen ergibt sieh demnaeh eine Bestatigung der Angaben, die JACOBJ fiber die Kerngr6Benverhaltnisse in der Leber der erwaehsenen Maus gemacht hat. Ob es richtig ist, diese Befunde im Sinne der HEID~lVHAINsehen Teilk6rpertheorie aufzufassen, wie JACOBJ es rut, will ich hier nicht er6rtern. Jeden]aUs kann man ]etzt nach den ebereinstin~nenden Ergebnissen yon JACOBJ und mir in dieser Hinsicht mit gesicherten Tatsachen rechnen s, man mag sie nun deuten, wie man will." - - Wie Voss, so haben sich im Laufe der letzten 11/2 Jahrzehnte noeh sehr viele andere Forseher an den verschiedensten Objekten dureh eigene Messungen v o n d e r Tatsache des Verdopplungswaehstums und seines weir verbreiteten Vorkommens iiberzeugt. So schreibt E. F~EE~KSE~, der durch eigene Messungen am erythropoetischen Apparat und zahlreiehen Organen und Zellarten yon Saugern (Meersehweinchen, Kaninchen) das Verdopplungswaehstum bestatigt land, 1937, S. 463 : ,,Zum mindesten ist auch :Bekanntlich besteht gemaB dem R. HERTwIaschen Gesetz der Kernplasmarelation eine quantitative Beziehung der Cytoplasmamasse zu der jewefligen Kernmasse. Vgl. Voss 1928, S. 196. - - ~ Im Original kein Schragdruek.
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bei ganz Vorsiehtigem Urteil das Faktum nieht zu bestreiten, dab in dem jeweils zur Messung kommenden Zustandsbild der statistische Befund einer klaren Proportionalit~t in den Kernvolumina im Verhaltnis 1 : 2 : 4 : 8 usw. immer wieder yon verschiedenen Untersuehern an versehiedensten Objekten erhoben wurde." Wie hoeh yon manchen Forsehern-der Erkenntniswert dieses Arbeitsgebietes eingesehatzt wird, geht aus den Worten hervor, mit denen J. B S ~ 1934 seine Abhandlung einleitet, indem er sagt" ,,Seit der Entdeckung vom ,rhythmisehen Waehstum' der Ze]len dutch JACOBJ (1925) ist diesem Forsehungsgebiet yon Jahr zu Jahr steigendes Interesse entgegengebraeht worden. Zahlreiehe Nachuntersuchungen bestatigen grunds~tzlich an den versehiedensten Objekten die Befunde JACOBJS. Mit Reeht nennt W~M~.L (1934, S. 459) die Tatsaehe des ,rhythmisehen Waehstums' eine der interessantesten Entdeckungen der letzten Jahre." Naturgem~l~ sind - - wie es bei einem die Grundlagen der Zellbiologie berfihrenden Problem nieht welter wundernehmen kann - - auch vereinzelte Stimmen laut geworden, welche dem Gesetze des rhythmisehen Zellwachstums eine allgemeinere Gfiltigkeit absprechen mSchten. Deren Gegenargumente grfinden sieh auf ganz vereinzelte - - methodologisch noeh nieht einmal einwandfrei gekl~rte - - Befunde yon KernvergrSfierungen, welche nieht zu einer rhythmischen Volumenszunahme ffihrten. Bemerkenswerterweise i s t - soviel ieh s e h e - solehe Ablehnung einer a!Igemeineren Bedeutung des rhythmisehen Waehstums stets begleitet yon einem Angriff gegen die HEID~HAr~sehe Protomerentheorie; so dab man fast den Eindruek gewinnt, dal] sieh hinter der Abletmung eines allgemeiner geltenden Kernwaehstumsgesetzes unbewul~t der Wunseh geltend maeht, dadurch der Protomerentheorie eine Stfitze yon nieht abzustreitender induktiver Beweiskraft zu entziehen; denn die Mehrzahl der Forseher, welehe dureh eigene Messungen des Verdopplungsgesetz best~tigt fanden, wurden dadurch gleiehzeitig auch ffir die Protomerentheorie gewonnen. ~ In seiner Abhandlung ,,Analyse, Synthese und Ganzheit in der Biologie" lehnt 1935 der bekannte Berliner Biologe MAx HARTMA~ neben andera ganzheitlichen Auffassungen auch die ,,Synthetische Morphologie yon M. HEIDENtIAIN", der er ein besonderes Kapitel widmet, ab. Dabei kommt er bei der Bedeutung, welche dem Nachweis des Verdopplungswachstum ffir die ganzheitliehe Auffassung der Zelle als eines einheitliehen lebendigen Systems zukommt, auch auf das rhythmisehe Wachstum zu sprechen und sueht dessen gesetzm~Bigen Charakter mit den folgenden Worten (a. 0. S. 379f.) zu entkraften: ,,Wie neuere Untersuchungen variationsstatistischer Art yon W]~RMEL U. a. 1 fiber Kern- und PlasmagrSl~e der oben erw~hnten Gewebe e ergeben haben, sind aber auch die Angaben yon JAco]3J fiber die GrSBenklassen der Kerne im Verhaltnis 1 : 2 : 4 : 8 nieht zutreffend, sondern es finden sich auch noeh andere Zahlenverh~ltnisse." - - Ehe ieh auf diesen Einwand selber eingehe, sei zuvor an Hand eines bekannten und einfachen, d.h. vSllig iibersichtliehen physikalischen Beispiels veranschaulicht, welche Beziehung grunds~tzlicher Art zwischen einer allgemein gfiltigen NaturgesetzlicMceit.und ihren sog. ,,Abweichungen" besteht: So beweist der Umstand, dal~ ein Blatt im Winde flattert, nicht die Ungfiltigkeit des Fallgesetzes, sondern richter nur des Augenmerk auf die in solchen F~llen aueh zu beachtende Gegenwart der Luft, deren eben~alls gesetzr~Big geregelter, modifizierender Einflu~ im Spezialfall nieht fibersehen werden daft. Ebensowenig wie in diesem Beispiel ist man aber aueh bei ErSrterung der Zellwaehstumsfrage bereehtigt, des yon zahlreichen Forsehern an den versehiedenartigsten Organen bei 1 Auf diesen ,,Ausnahme"-Befund WE~M~LS und seiner Mitarbeiter gehe ich unten (S. 676 und 681) naher ein. 2 Da I-I~TMAN~ kurz vorher auf derselben Seite yon meinen Kernmessungen an Leber, Pankreas usw. gesprochen hatte, so kSnnte des Miflverst~ndnis ents~ehen, als ob WERMEL an den genannten Zellarten abweichende MeBergebnisse erhalten habe. Des ist aber nicht der Fall, sondern ~ERMELS ,,Ausnahme"-Befund wurde am Fettgewebe der Seidenraupe erhoben. 43*
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Menseh, Tieren und Pflanzen naehgewiesene rhythmische Verdopplungswaehstum ohne weiteres als ,,nicht zutreffend" zu erklAren, weft in vereinzelten FAllen 1 ,,sieh auch noeh andere ZahlenverhAltnisse finden". Vielmehr sind gesetzmAl3ige Formulierungen unter anderem aueh deswegen besonders wertvoll, well durch sie die Feinheit unserer Beobachtung gesehArft und dureh ,,Ausnahmen" - - vorausgesetzt, dal~ sie auch wirklich stimmen ~ - - das Augenmerk auf bisher iibersehene Einflfisse und Wirkungsfaktoren gerichtet wird. In diesem Sinne werde ieh weiter unten (S. 681 ff.) die ,,Abweiehungen" vom Zellwaehstumsgesetz noeh gesondert betrachten. - - Nach dieser zunAchst ganz allgemein gefal3ten Er5rterung fiber die Bedeutung von ,,AusnahmefAllen~ bei Naturgesetzlichkeiten muB aber schon bier auch der eben zitierte spezielle Einwand von ttARTMA~ zurechtgestellt werden, da es nach ihm erseheinen kSnnte, als wfirden dureh die neueren ,,variationsstatistischen" Untersuchungen WER~ELS die bisherigen - - eben]alls au] variationsstatistischem Wege erhobenen - - Befunde eines gesetzmABig geregelten rhythmischen Zellwachsturns auBer Kraft gesetzt. Bei diesem WERMELsehen ,,Ausnahme"-Be/und, welehe:r an den Kernen des Fettgewebes einer Seidenraupe erhoben wurde, handelt es sieh aber in Wirklichkeit - - wie WERM~.L selbst betont (s. unsere S. 681 das wSrtliche Zitat) - - nur um eine Sonder/orm des rhythmischen Wachstums, welehem anstatt des sonst nachgewiesenen Reihenquotienten 2 der Quotient 1,5 zukommt. Da aber aueh ein derartiges Waehstum sieh in das allgeraeine Zellwachstumsgesetz eingliedern iABt, wie wit unten S. 682 sehen werden, so entfAllt damit auch seine Bedeutung als Gegenbefund. Dabei soil nicht versehwiegen werden, dab HA~TMANN auch sehon selber (a. O. S. 380) in einer Anmerkung zu seinem oben von mir zitierten Satz zugibt: ,,Dagegen sei zugestanden, dab JAcoBJS ErklArung 8 dieser (oder Ahnlieher) ZahlenverhMtnisse der Zell- und KerngrSBen dutch mehrmalige Chromosomenteilung (eine Art won Polyploidie)3 und dazwisehen effolgendes rhythmisches Wachstum der Zellen wahrscheinlieh in den untersuehten FAllen 1 Dieser Stand.punkt: erkannte gesetzmABige Zusammenhange grundsAtzlich abzulehnen wegen vereinzelter, zunAchst durch die Forschung noch nieht aufgeklArter ,,Ausnahmen" erfreut sich fibrigens - - trotz seiner denkgesetzlichen (logischen) U n h a l t b a r k e i t - zu allen Zeiten groBer Beliebtheit und.Verbreitung, wie die Geschiehte der Wissensehaften lehrt. - - ~rzte seien nur daran erinnert, wie vieler Bemfihungen es bedurfte, bis die versehiedenen ansteckenden (akuten wie ehronisehen) Infektionskrankheiten (z. B. Cholera, Tuberkulose) als solehe aueh wirklieh allgemein anerkannt wurden; konnten doeh dureh die Jahrhunderte hindurch immer wieder die intolge primArer UnempfAnglichkeit (Immunitat) nicht erkrankenden Personen als ,,einwandfreie Beweise" gegen die Infektionstheorie ausgewertet werden, und zwar mit bestem Erfolg bis in das 19. Jahrhundert hinein. Vgl. SCHMIEDEBERGSAusffihrung fiber Nachpris auf S. V des Vorworts zu seinem klassischen ,,GrundriB der Pharmakologie". a HARTMAI~Nnimmt hiermit Bezug auf meine frfiheren Ausffihrungen (z. B. 1926b, S. 599; 1935, S. 231f.), in denen ieh hervorhebe, dai~ die Chromosomen dureh ein mehrfaehes Verdopplungswachstum zu entsprechend mehrwertigeu (polymeren) Gebilden heranwaehsen, die ihre Mehrlingsnatur unter Umst~nden bei Mitosen dureh Chromosomenteflung mit entsprechender Vervielfachung ihres Chromosomensatzes (Polyploidie) zum Ausdrnek bringen kSnnen. Diese zwisehen Chromosomenverhalten und KerngrSBe vorliegenden Beziehungen bearbeitet iibrigens seit 1Angerem auch G. HERTWIG eingehender, so unter anderem bei seinen Untersuchungen (1935, S. 500) fiber die ,,VielwertigIceit" der in heutiger Zeit so lebhaft erSrterten Riesenehromosomen bei den Speicheldriisenkernen maneher Zweiflfigler (Dipteren). Neuestens geht - - unter Bezug auf HE~WIG~ und meine A r b e i t e n - aueh der Wiener Zytologe L. GEITLER (1938, z. B. S. 167; 1940) auf die Beziehungen zwischen Kernwachstum, ,,innerer Teilung" und Polyploidie ein an Hand seiner Untersuehungen fiber die Zellkerne yon Dipteren und Pflanzen (z. B. Sauromatum).
Die versehiedenen Arten des gesetzm/~l~igenZellwachstums.
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richtig sein mag, also eine zutreffende Hypothese darstellt." Man ersieht aus diesem Zitat, dab HARWMA~ an sieh die Tats/~ehlichkeit eines rhytbmischen Verdopplungswachstums in den nachgewiesenen t;~llen nicht angreifen will. I%uen Befunden und ihren gese~zm/igigen Fassungen gegeniiber kann man neben den eben er6rterten Stellungnahmen der Zustimmung einerseits und des Anzweitelns oder der Ablehnung andererseits abet aueh noeh den weiteren Standpunkt einnehmen, dab es sieh Merbei im Grunde genommen um altbekannte ~qdbstverstiindlichkeiten handelt, so dab es nieht gereehtfertigt sei, sie dutch Kennzeichnung als ,,Gesetze" noeh besonders hervorzuheben. Auch diese Auffassung1 - - welehe der obigen Beurteilung durch M. HAI~T~A~ v611ig entgegengesetzt ist - - finden wir dem Problem des Verdopplungswaehstums gegeniiber allerneuestens vertreten und zwar dutch P~'U~L. - - Dieser kam n/~mlich kiirzlieh (1938) auf Grund eines unklaren Mitosebefundes in der Leber eines mit Trypanblaninjektion vorbehandelten Meerschweinchens unter Zuhilfenahme einiger entspreehend gedeuteter Befunde aus dem Sehrifttum zu der Annahme, dab alle GroBkerne durch einbzw. mehrfaehe abortive Mitosen mit ansehlieBender Kemversehmelzung zustande k~men. Dementsprechend ist es aueh ganz selbstverstgndlich, so folgert PFUHL 1938, S. 132, dab ,,sieh die KerngrSBen bzw. ZellgrSBen verhalten wie die in ihnen enthaltenen diploiden Chromosomenss und da diese sich bei jeder Mi$oseverdoppeln, so verhalten sich die Kern- und ZellgrSBen zwangsliiufig wie 1 : 2 : 4 usw." Von diesem Standpunkt der Betraehtung aus J~ommt I~U~ZL (a. O. S. 131) zu der folgenden Beurteflung des rhythmischen Wachstums: ,,Wenn die grol3en Leberzellkerne durch abortive Mitosen oder durch Kernverschmelzungen naeh Endomitose entstehen, so ist das JAco]3zsche ,Gesetz vom rhythmisehen Wachstum der ZeUen' vSllig iiberfliissig, seine Erkl/~rung durch angebliche Vorg~nge der ,inneren Amitose', ,Endoschisis'2 usw. ist falsch." ~'un haben wir aber bereits oben in Kap. IV (S. 663 ff.) gesehen, dab die groBkernigen Zellen unmittelbar durch einfaehes ,,amitotisches Wachstum" entstehen und nicht auf dem yon I~UEL angenommenena sehr umst~ndlichen und dabei vSllig entbehrlichen indirekten Wege der abortiven Mitose mit naehfolgender Kernversehmelzung. Somit verlieren in dem vorstehenden PFLmLsehen Satze aueh die Worte ,,wenn", ,,r und ,,]alsch" jede Bereeh$igung und damit wird aueh der ganze PFu~Lsehe Einwand hinf/~llig. ~- Aber selbst wenn die P]~UHLsehe Auffassung gestimmt h~tte, daB alle Grotkerne dureh abortive Mitosen entstiinden, so w~re dami$ keineswegs die ,,Uberflfissigkeit" des Wachstumsgesetzes dargetan. Denn mit dem Worte ,,iiberfliissig" an obiger Stelle wollte PFvn~ wohl besagen, dab die Gesetzm~t'fiigkeit des rhythmischen Verdopplungswaehstums nur insoweit in Ers-taunen versetzen nnd grunds/~tzliche Anerkennung erzwingen kfnne, als es auf amitotischem Wege erfolge, w~hrend ein dureh Mitose zustande kommendes Verdopplungswachstum als etwas Selbstvers$~ndliches anzusehen sei. Nun h~ngt aber die Giiltigkeit eines Naturgesetzes an sich ja nieht davon ab, ob es von dem Beobaehter als erstaunlich oder als selbstverstandlieh empfunden wird. Immerhin entsprich~ es einer sehr verbreiteten, psychologisehen Einstellung, dab eine Naturgesetzlichkeit oft erst dann in ihrer allgemeinen Bedeutung erkannt wird, wenn sie vSllig unerwartet in Erscheinung In Ablehnung, Zweifel, Zustimmung und Selbstversti~ndlichkeitserkli~rung kommen - - wenn man yon der zeitlieh meist erst spi~ter stattfindenden Entstellung absieht - - s~mtliche ~qtellungnahmen zum Ausdruck, die logiseh wie psychologisch einem Problem gegeniiber iiberhaupt m6glieh sind. Deswegen begegnen wir diesen versehiedenen Ansehauungsarten aueh immer wieder bei jeder ~'ragestellung yon einiger Allgemeinbedeutung. Die yon Cr.AaA 1930b eingefiihrte Bezeichnung ,,Endoschisis" ist sinngleich (synonym) mit dem yon mir seit 1925 (ira Anschlul~ an I - I ~ l ) ~ A i ~ s synthesiologisehe Nomenklatur) verwandten Ausdruek ,,amltotisches Kernwachstum dureh innere Teilung" (vgl. unsere S. 662, Anm. 2). a Die eingehende Widerlegung dezt PYV~rLschen Annahme siehe S. 665ff.
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W~lther Jacobj :
tritt. - - In letzterer Beziehung haste fibrigens meines Wissens vor meinen Kernuntersuchungen weder PFVHL noch andere Forscher je gezeigt, dab man ,,selbstverstgndlich'~verschiedene Grb'/3enklassenyon Zellkernen unterscheiden kSnne, deren typische Volumina sich wie Verdopplungszahlen verhalten, sondern diese Kenntnis war erst das Ergebnis meiner genauen variationss~tistischen Kernmessungen. Ja - - dab dieses Verhalten yon vornherein doch nicht so ganz selbs~ver= st~ndlich ist, das zeigen deutlich auch die oben (S. 674) angefiihrten anf~nglichen Zweifel yon Voss (1928) und die auch neuerlich noch eingenommene Stellungnahme M. It~TMA~s (1935) (s. oben S. 675). Nachdem das vorstehend behandelbe Schrifttum uns einen lehrreichen AufschluI~ fiber die verschiedenen Einstellungen gegeniiber der uns hier besch~ftigenden F r a g e biologischer Gesetzm~Bigkeit vcrschafft hat, mfissen wir nun - - in gleicher Weise angeregt durch die iiberaus zahL reichen Stimmen der Zustimmung wie die vereinzelten Stimmen des Zweifels odor der Ablehnung - - auf die in der Natur der Dinge selbst gelegenen G~undlagen einer solchen Gesetzm~I~igkeit nigher einge]~en. ]:)as in rhythmischen Verdopplungsschritten vor sich gehende amitotische Zellwachstum beruht ~ wie yon mir bereits 1925, S. 181ff., auseinandergesetzt wurde - - ~uf einem Wachstumsvorgang, der an sich dem mit Zellverdopplung einhergehenden fiblichen mitotischen Wachsturn entspricht, d. h. diesem homolog ist und sich yon i b m nut dadurch unterscheidet, da~ die bei der ~itose zustande kommende Zell- und Kern- bzw. Chromosomenteihmg unterdrfickt und d u t c h das amitotische Verdopplungswachstum ersetzt wird. Hierbei wirken /unlctionelle wie morphologische Gesetzmi~13igkeiten, zu untrennbarer E~nheit verbunden, harmonisch zusammen. I m ersteren Sinne haben wir als den das Zellwachstum meist ausl6senden und gleichzeitig die Zellteilung unterdriickenden Wirkungsfaktor in Kap. I, S. 592ff., den ,,/unlctionellen 1 Wachstumsreiz" kennen gelernt, welcher die Gesamtzelle mit spezifischer Zellarbeit roll belegt. DaB abet dieses funktionell ausgelSste Wachstum ,,rhythmiseh" verl~uft, d . h . nicht bei jedem beliebigen Gr5Benzusband Halt machen kann, sondern einer z a h l e n m ~ i g festgelegten Gesetzmiil~igkeib unterworfen ist, das l~Bt sich in keiner Weise funktionell erkli~ren, sondern beruht auf einer im Bauplan der Zelle selbst veranke~ten (der Zelle immanenten) morphologischen Gesetzm~i/3igIceit. Vom Standpunlct der Morphologie aus kSnnen wir ein derartiges Wachstum - - welches zu einer Verdopplnng der gesamten im System der Zelle enthaltenen, in Kern und Plasma gegliederten, lebendigen Masse ohne i~ui~erlich wahrnehmbare Teilungserscheinung und ohne ~nderung der gegenseitigen Strukturverh/~ltnisse ffihrt - - mi~ dem yon M. HEIDENHAI~r (1907 z . B . S. 495f.) bei Aufstellung seiner Protomerentheorie gepr/~gten Begriff als einen Vorgang der ,,inneren Teilung" kennzeiehnen. Neben diesem in der Mehrzahl der F~lle in Betracht kommenden ,Junktionellen" Wachstum stellen das meist pathologlsch bedingte ,,St6rung~"-Wachstum und das in der Wachstumsperiode der Geschlechtszellen und der b6sartigen Geschwulstzellen durch Chromosomenverklobung verwirldichte ,,syndetlsche" Wachstum besonders geartete Sondefformen des rhythmischen Verdopplungswachstums dar, deren Eigenart inKap. II, S. 632, und Kap. III, S. 635ff., n~her behandelt wurde.
Die verschiedenen Arten des gesetzmi~l]igen Zellwachstums.
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Wie un15slich der Vorgang der Teilung mit dem Bauplan der lebendigen Masse, ihrer Waehstums- und Fortpflanzungsfi~higkeit, ihrer in Mikround Makrostrukturen sich offenbarenden Arehitekt0nik verbunden ist, darauf hat M. H~ID~CHAI~ im Rahmen seiner synthetischen Morphologie (Synthesiologie) naehdriicklieh und wiederholt hingewiesen (z. B. 1907, S. 82ff. ; 1923, S. 22ff. ; 1932, S. 1 ff, S. 50ff. ; 1937, S. I ff. ; 1940, S. 523 ff.). Er kam dabei unter anderem (1912, S. 115; 1919, S. 381 ff. ; 1923, S. 73f.) zur Aufstellung seiner bekannten Wachstums]ormel MK 2M_K 4MK MP' 2MP' 4MP " ' " welche er unter Bezug auf die Zellteilung deduktiv ableitete. Die tats'~ehliehe Giiltigkeit dieser Formel, auch ffir die ein- und mehrkernigen GroBzellformen und damit iiberhaupt ffir das Zellwaehstum, wies ich dann durch meine Kernmessungen 1925, .1935 am Objekte selbst naeh. Inwiefern dieser mir gelungene Nachweis eines VerdopTlungswachstums auch eine erwdterte induktive Beweisgrundlage ffir die yon HE~I)E~HAI~ im Rahmen seiner Synthesiologie aufgestellte Protomerentheorie bildet, das habe ich bereits frtiher (1925, S. 178ff. ; 1935, S. 163ff.) ausfiihrlieh dargelegt. Da diese friiheren Ausfiihrungen auch heute noeh vOllig zu Recht bestehen, so sei der Raumersparnis wegen hier auf sie nur verwiesen. Dabei sei nochmals betont, dab die yon mir naehgewiesene, zahlenm/~Big genaue Regelung des Zellwaehstums alteinig gedeutet werden kann als Ausdruck einer gesetzm/s festgelegten, einheitlichen Ordnung des Aufbaus (des Systems) der Zelle in allen ihren Gliederungen (wie Zellkern und die iibrigen intrazelluldiren Teilk6rper) 1. Ein soleh gesetzm/~Big geregeltes Waehstum der Kernmasse muB iibrigens auch yore Standpunkt der neuzeitllchen Chromosomentheorie der Vererbung gefordert werden. Sind doch nach dieser, heute in weitgehendem Ausbau befindliehen Lehre die Chromosomen wichtige Tr/s der Erbmasse, welche - - indem sie sich bei der Befruchtung in jewefls neuartiger Zusammensetzung (Kombination) vereinigen - - die einmalige persSnliche (individuelle) Eigenart jedes Einzelwesens bedingen, und die durch ihr einheitliches Vorkommen in allen Zellen eines Organismus auch dessen harmonische Einheitlichkeit gew/~hrleisten. Bei dieser Sachlage miiBte jedes gesonderte Wachstum eines Einzelchromosoms oder seiner Teile die ausgegliehene genetische Harmonle des Ganzen auf das Sehwerste 2 stSren. So erfiillt das streng gesetzm/~$ige Wachstum des Zellkerns und seiner Chromosomen meines Erachtens aueh eine - - zum mindesten fiir die hSheren Organismen geltende - - genetische Forderung. 1 Vgl. M. HEIDENHAIN1912, S. 142, TafetA: ,,Zerleg~ng der Zdle nach dem Prinzip der Teilk6rperlehre".-- In dieser ttinsicht sind auch die neues~en Befunde WATZ]~As 1939 beachtenswert, welcher in den zweikernigen Ganglienzellen des Kaninehens aueh eine Verdopplung des Golgi-Apparates land. In dieser Beziehung sei auch auf das sog. ,,Quantitgtsgesetz der Vererbung" hingewiesen, welches besag~, dal~ die Kernsubstanzen nach MaSgabe ihrer Quanti~t die Vererbung beeinflussen (vgl. HERBST 1926). Die Bedeutsamkeit dieses GeseSzes konnte G. HERTWIG(1930, S. 736f.) aueh bei seinen reziproken KrStenlrrenzungen bestatigen.
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Walther Jacobj :
DaB dabei die Gr6fle des Zellkerns in unmittelbarer AbMingigkegt steht yon der Zahl und GrS[3e seiner Chromosomen, d . h . seines eigentliehen wertgebenden Inhalts, das ist aber nicht nur dureh diesbezfigliche Untersuchungen aus alter und neuer Zeit (vgl. z . B . B o v ] ~ 1905; JACOBZ 1926b, S. 592ff. ; 1935, S. 230f. ; G. HV.RTWI~ 1931 C, S. 230) naehgewiesen, sondern ist aueh ohne weiteres verst~ndlich. Es setzt dies nur voraus, dab der relative Kernsa/tgehalt~1 sich fiir gewShnlich k o n s t a n t erh~lt, welche Voraussetzung aber auch vSllig naturgem~B ist, wenn wir bedenken, dab nach allem, was wir y o n dem lebendigen Plasma wissen, diesem ein au/ das /elnste geordnetes, inneres Ge/i~ge (Struktur) z u k o m m t . DaB ein Glegchblelben des relativen Kernsa/tgehaltes tats~chlieh ffir die Mehrzahl der F~lle zutrifft, alas zeigt schon der U m s t a n d , dab ein zahlenms genaues rhythmisches K e r n w a c h s t u m - - wie wir oben z. B. S. 673f. zeigten - - in so groBem U m f a n g im Tier. wie Pflanzenreiche nachgewiesen werden konnte, was bei jedem dem Zufall gehorchenden V~riieren des Kernsaftgehaltes 2 ausgeschlossen wi~re. I m m e r h i n besteht an sich die - - bei der Auswertung von Kernmessungen hie zu vernachli~ssigende - - MSglichkeit, dab unter ganz besonderen Bedingungen sieh der relative Kernsa/tgehaIt aueh einmal abdndern kann, w i e ich dies z . B . fiir die Umwandlungsperiode der Spermiogenese (1926b, S. 593, 579ff.) zeigte. Den ,,Kernsa/t" (,,Kernwazser")1 mSchte ich bis zu einem gewissen Grade mit dem ,,KristaUwasser" in der Mineralogie vergleichen. Auch dieses ist bekanntlich bei den verschiedenen Mineralien meist eine konstante Gr6Be, kann aber unter Umst~nden gewisse Ab~nderungen zeigen; man denke z.B. nur an die verschiedenen Kristallformen des Mangansulfats, bei welehem an ein Molekiil dieses Salzes je riaeh dem 4, 5 oder 7 Molekiile Kristallwasser gebunden sein k6nnen. Zellkerne, deren Volumina infolge A'nderung ihres Kernsa/tgehaltes nicht in die fibliche Verdopplungsreihe hineinpassen, k6nnen natiirlieh nicht als Widerlegung des Wachstumsgesetzes ausgewertet werden~ sondern stellen nur wertvolle Hinwelse au/ besonders geartete physiologische oder pathologische Sonderzustiinde dar. In diesem Sinne wurde ja bereits oben (S. 671fi) die Kernsaft~nderung als ein besonders beachtenswerter physiologischer Sondervorgang behandelt. Weiterhin ging ich auch schon friiher (1935, S. 227, Anm. l) n~her auf die Bedeutung ein, welehe eine gewisse dureh den Kernsaft (,,Kernwasser") bedingte Dispersit~t der Kernsubstanzen fiir deren ~unktionelles Wirksamwerden 3 hat; w~hrend ein st~rkerer Wasserverlust (Kernpyknose) die Kernfunktion entsprechend ausschaltet. 1 ~ber den Begriff ,,Kernsaft" bzw. ,,Kernwasser" siehe S. 671, Anm. 2. Aueh LER~ARTZ betont in seiner chemisehen Physiologie 1937, S. 105, dab ,,an Stellen, we eine Konstanterhaltung des Wassergehaltes die Voraussetzung funktioneller Leistungen ist, gr6Bere Schwankungen kaum auftreten oder doch raseh wieder ausgegliehen werden". 3 Es ist sehr wohl m6glieh, dab die neuerlich yon E. SeHLOTTKE(1938) beobaehtete, verhMtnism~Big sehnelle Gr6Benanderung der Zellkerne bei den chitinbildenden Cutieula- und Lungendeekelzellen gewisser Spinnenarten auf solehem ]unktionell bedingtenWechsel des Kernwassergehaltes berttht. I~ach SCHLOTTKESDarstellung (a. O. S. 209) kSnnte es abet erseheinen, als h~tte ieh derartige Vorkommnisse friiher vSllig aul~er acht gelassen. Meine vorstehend angeftihrten Ausfiihrungen.
Die verschiedenen Arten des gesetzmfi~igen Zellwachstums.
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Gerade die eben berfihrte K e r n s a f t f r a g e zeigt, dal3 die sachgem2ifle yon Kernmessungen einer eingehenden Beriickslchtigung auch aller sog. ,,Nebenumstiinde" physiologischer wie p a t h o l o g i s c h e r 1 A r t b e d a r f ; ein S t a n d p u n k t , den ich schon seit Beginn m e i n e r K e r n messungen v e r t r e t e n u n d auch mSgliehst zu befolgen v e r s u c h t b a b e . W e r d e m L e b e n - - in all seiner w u n d e r v o l l e n M a n n i g f a l t i g k e R - - die regelnden Gesetze a b l a u s c h e n will, muB eben b e s t r e b t sein, die K t i p p e n einer bloBen Schematisierung zu vermeiden, u n d sich stets m i t innerer A n t e i l n a h m e u n d Liebe i n die Lebensvorg~nge ver~iefen. In diesem Zusammenhange muB ieh aueh noeh auf gewisse Befunde des Moskauer Biologen W]m~V.L eingehen. Dieser Forscher hat im AnsehluB an meine Kernuntersuehungen diesem Arbeitsgebiet seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Seine und seiner Mitarbeiter diesbeziiglichen ,,Studien fiber Zellengr6Be und Zellenwachstnm" wurden in den Jahren 1932--1934 in 10 Mitteflungen in der Zeitschrift ffir Zellforsehung nnd mikroskopische Anatomie ver6ffentlicht. Hierbei teilt Wm~EL u. a. mit, dab er auBer einem auf alas Volumen bezogenen ,,vhythmisehen" gerdopplungswachstum mit dem Quotienten 2 auch noeh eine weitere2 Art des ,,rhythmisehen" Zellwaehstums, n~mlich mi~ dem Quo~ienten 1,5 beobachimn konnte un4 zwar bei den Kernen des Fettgewebes der Seidenraupe (1934). Seine diesbezfiglichen Ergebnisse faBt WERMEL in seiner 8. Mitteilung (1934, S. 466) wie folgt zusammen: ,,Wir glauben, dab das Vorhandensein des yroportionalen (rhyth-
Auswertung
mischen) Wachstums als eines allgemelnen Prinzips des Anwaehsen8 yon lebender Masse der ZeUen Iceinem Zwei/el unterliegt a. Wir glauben aber, dab das Waehstum nieht nur im Verh~l~nis 1 : 2 : 4 : 8~: .. : vor sich geht, sondern dab aueh andere Formen der Proportionalit~t m6glich Sind. In unserer Arbeit stellen wir proportionale Reihen mit dem Nenner a 4 und 1,5 lest. Wenn wir also unsere Resultate vom Standpunkt 4er Protomerenhypothese deuten wollten, so brauehten wir dazu erg~nzende Hypothesen. Diese zu geben, w~re nieht schwer, doch sehen wir davon ab, denn wir glauben, dab die Vorstellung yon den Protomeren nieht real ist, und dab das Suchen eines ,biologischen Molekfils' prinzipiell unriehtig ware." W~RM~LS Stellnngnahme wurde bier w6rtlich wiedergegeben, um Zu zeigen, dab M. HARTMA~ (s. unsere S. 675) etwas zu weir gegangen sein dfirfte, wenn er WER~ELS Befun4 ohne weiteres als glatte Widerlegung des Wachstumsgesetzes und der I~.rotomerentheorie auslegt. Dabei stellt die yon WERMEL (a. O. S. 464) als BesonderheR hervorgehobene ,,GrSBenproportion 1 : 4 : 16 mit dem Nenner 4 4" ja niehts von 1926b, 1935 beweisen, dab ich yon jeher mein Augenraerk bewuflt auch auf solehe Sonderumst~nde richtete und dementsprechend stets das auf Zunahme an lebender Masse beruhende, wahre Wachstum s~reng yon der bloBen GrSBenzunahme infolge Anreicherung lebloser (paraplasmatischer) Stoffe, bzw. Wasser unterschieden habe (vgl. auch mein DiskussionsschluBwort 1926a, S. 233). 1 So miissen wir auch bedenken, dab Vergi/tungen - - mit denen z. B. WERMEL 1933 experimentiert hat - - die ZellengrSfle in recht versehiedener Art beeinflussen kSnnen. Zun~chst ist hierbei n~mlich eine funktionelle FSrderung oder Hemmnng des Wachstums mSglich; weiterhin kommt hierbei das ,,StSrungswachstum" (ira Sinne unseres Kap~ II, S. 632) in Betracht, und schlieBlich kann eine dutch die Vergiftung bedingte Veranderung des Kerngeffiges und der Permeabflit~t der Kernmembran auch die Kernsaftmenge beeinfinssen. Auch noeh ein anderer Moskauer Zoologe, BOGOJXWL~SKY, konnte (1935, S. 53) in den Geweben der Larve yon Anopheles ,,das Vorhandensein yon KerngrSi]enklassen feststellen ira Sinne JACOBJS, mit dem Untersehiede jedoeh, dab sio die Reihe einer geometrisehen Progression mit dem Koeffizienten 1,5 bflden". a Im Original kein Sehr~gdruek. ,,Nenner" ist hier synonym geb~aueht mit der sonst bei geometrisehen Reihen meist angewandten Bezeichnung ,Quotient,".
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Wal~her Jacobj :
anderes d a r als ein Verdopplungswachsmm, bei dem die sonst fibliche, langere Wachstumspause bei dem Verdopplungsschritt auf 2 bzw. 8 jeweils nieht eingeh~lten wird. Auf ehm im Sinne der Protomerenthaorie - - wie W ~ E L selber zugibt - - m6gllche Deutung der yon ibm als Sonder/orm des rhythmischen Wachsrums gefundenen Wachstumsreihe mit dem Nenner 1 1,5 verzichtet aber WERMEL --: wie wit eben sahen - - ausdriieklich; er macht aber auch keinerlei sonstigen Versueh, das Zustandekommen dieser Son4erform (Modifikation) anderweitlg zu erkl~ren oder verst~ndlieh zu maehen. Hier setzt nun G. HERTWIO (1938, 1938/39) ein, indem er hinweist, dab derartige auf der Bildung yon ,,Zwisehenklassen" beruhenden ,,Ausnahmef~lle" ,con der fiblichen Verdopplungsregel - - wie sie der WER~Lsehe Sonderbefund darstellt - - sich am einiachsten dah'm erkli~ren lassen (HERTWm 1938/39, S. 70), dal~ ,,jeder Kern einer beliebigen Gr61~enklasse wahrscheinlieh unter dem EinfluB gesteigerter funktioneller Beanspruchung die F~thigkeit hat, sieh So weir zu vergr6~ern, daI~ nicht mehr sein Volumen sondern seine Oberfl~ehe gegeniiber dem Kern der n~tehstniederen Klasse verdoppel~ ist." In seiner eingehenden ErSrterung dieser Frage fiihrt (L HERTWIO den physiologisch bedeutsamen ,,Oberfli~chenvergr613erungs"- bzw. ,,Oberfl~tehenverdopplungsfsk~or" mit dem Zahlenwert l~/2-bzw. 2]/2-(gem~B der Kugelstereome~rie) ein und nimn~t Bezug auf entspreehende Kerngr6Benbefunde w~thrend der Seeigelentwicklung, welche der bek~annte Entwieklungsmechaniker C. H~RBST bereits 1914 erhob und gleichartig deutete. I)a der Frage ,,Zelleistung und Kernoberfl~ehe" yon mix oben (S. 668ff)ein besonderer Abschnitt gewidmet wurde, so begnfige ich reich hier mit diesem Hinweis, wobei ieh noehmals (wie auf S. 671) betone, daft die Kernober]~hen/rage in n~chs~er Beziehung zur Fr~ge des Kernsa/tgeha~te~steh~. N ~ c h d e m ich soeben gezeigt habe, dal~ die Wv,R~Ezschen Sonderbe~unde keineswegs ~ wie H ~ m T ~ I ~ 1935 a n g e n o m m e n ~ die Giiltigk e i t eines rhythmisclten Z e l l w a c h s t u m s oder die B e d e u t u n g der P r o t o m e r e n t h e o r i e widerlegt haben, m 6 c h t e ich hier einer gewissen Volls t ~ n d i g k e i t h a l b e r i m AnschluB ~n G. H E ~ W m (1938, S. 213) n u r noch d a r a u f hinweisen, dal~ u n t e r Ums~s auch dadurch einmal Abarten des K e r n w a c h s t u m s a u f t r e t e n k6nnen, ,,dab sich boi d e m V e r d o p p l u n g s schri~$ der d i p l o i d e n K e r n e n u r d e r m i i t t e r l i c h e oder der v~terliche Antefl v e r d o p p e l t h a t u n d so brimere, h e x a m e r e usw. K e r n e m i t d e m 3-, 6usw. ~achen V o l u m e n e n t s t e h e n " . D~ nach A n g a b e n aus d e m Schrif$tum z. B. bei m a n c h e n I n s e k t e n d e r C h r o m o s o m e n s a t z u n t e r U m s ~ n d e n zu v a r i i e r e n ~ schein~, so m u 6 dies bei der A u s w e r t u n g y o n K e r n m e s s u n g e n a n solchen A r t e n gegebenenfalls mitberficksichtigt w e r d e n . - Auf die naheliegenden Beziehungen, die zwischen r h y t h m i s c h e m K e r n w a c h s t u m u n d gesetzm~l~iger P o l y p l o i d i e bestehen, w u r d e schon oben (S. 676, A n m . 3) eingegangen. ~ W e i t e r h i n sei n u r k u r z erw~hnt, daI~ die Zellkerne der apokrinen Driisen der diesen Drfisen Siehe )'uBnote 4 auf Seite 681. So land z. B. naeh H. B~v]~ (1936b, S. 250, Anm.) der amerikanische Forscher HOLT (1917) bei der Stechmiieke (Culex pipiens) h~ufig auch Mitosen mit 36 Chromosomen, einem Wert, der genau zwischen den Zweierstufen 24 nnd 48 liegt nnd einen triploiden Chromosomens~tz darstellt. - - Von wahrem Kernw~chstum streng zu unterseheiden sind natfirlieh Befunde, bei denen die Vermehrung der Chromosomenzahl mtr ~uf einem Zerfall urspriinglieher Chromosomeneinheiten (z. B. bei ,,Sammelchromosomen"-Bildung) beruh~. Aueh solehe M6gliehkei~en miissen anliil~lieh der Auswertung yon Chromosomenz~hlungen bei Kernmessungen berticksiohtigt werden, um Fehlsehltisse zu vermeiden.
Die verschiedenen Arten des gesetzm~l~igen Zellwachstums.
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eigentiimlichen Sekretionsart der AbstoBung yon Plasma mit Kernbestandteilen dadurch angepal~t sind, dab sie als Besonderheit ,,troph~sche Chromidien" besitzen, wie ich dies an Hand der speziellen Befunde bereits friiher (1935, S. 221f.) eingehend besproehen habe. - - Bereits durch ffiihere Untersuchungen yon G. HE~:wIo (1930/32), JACOBJ (1931, 1935) und FR]~E~KS~ (1933) wurde der Nachweis gefiihrt, dab auch die Zellkerne der Nervenzellen dem Verdopplungsgesetz gehorchen. Wenn nun neuerlich G . L~vI im Anschlul] an den HER~wcmsehen Vortrag 1938 auf dem internationalen ZellforseherkongreB in Ziirieh in seiner Diskussionsbemerkung (a. O. 1938, S. 214) meint: ,,Ich halte es fiir sehr zweifelhaft, dab die Ganglienzellen in den Rahmen der JAOOB~-H~TwlGsehen Theorie eingefiigt werden k6nnen" und zur Begriindung seines Zweifels darauf hinweist, da~ ,,bei der Kern- und Zellgr6~e der Ganglienzellen sehr andere Faktoren (Ausdehnung des Innervationsgebietes) eine groBe Rolle spielen ~', so mfissen ihm meine diesbeziiglichen Ausfiihrungen von 1935 unbekarmt geblieben sein. Denn damals wies ich im AnsehluB an meine Messungen der Spinalganglienzellkerne in einem besonderen Kapitel (1935, S. 210ft., 237) darauf hin, ,,4nwie/ern das Auftreten des als Cytochromatln funktionierenden Tigroids bei den Nervenzellen (Neuronen) eine biolog~sche Notwendigkeit darstellt, nm bei diesen Zellen deren Cytoplasma einerseRs entspreehend dem K6rperwaehstum ,stetlg' zunimmt, w~hrend gleichzeitig ihre Kerne trotzdem das ,rhythm~sche' Verdopplungswachstum streng beibehalten ~ die Konstanz der Kernplasmarelation sicher zu gew~hrleisten". Zusammenfassung zu Ka~p. VI. Die zu Beginn dieses Kapitels auf S. 674 aufgestellte Frage, ob dem Gesetz des rhythmischen Zellwachsturns eine grundsi~tzliche Bedeutung zukomme, k6nnen wir nach eingehender Priifung in bejahendem Sinne beantworten. Die vorliegenden Ausfiihrungen haben n~mlich dnerselts gezeigt, dab eine fiberaus groBe Zahl yon genauen Untersuehungen der Verschiedensten Forscher an den verschiedenartigsten Objekten (bei Mensch, Tier und Pflanze) die Gi~ltlgkeit eines Gesetzes des rhythmischen Zellwaehstums best~tigt. Andererselts liegen demgegeniiber keine Befunde vor, welche die Allgemdnbedeutung einer solehen Gesetzmdfligkeit - - die der Ausdruck tines gesetz-
mi~'flig geordneten, inneren Bauplans der Zelle und i~berhaupt der lebendlflen Masse ist - - widerlegen. Die vereinzelten Befunde, welehe in letzterem Sinne ausgelegt wurden, lassen sich - - wie unsere Ausfiihrungen auf S. 681ff. zeigen - - als ebenfalls gesetzm~Big festgelegte, auf physiologischen Sonderzust~nden beruhende Abarten (Modifikationen)unschwer dem Rahmen der a]lgemeinen Gesetzm~Bigkeit eingliedern. Damit soll keineswegs in Abrede gestellt werden, dal3 unter ganz besonderen physiologischen wie pathologischen Bedingungen und Umst~nden die MSglichkeit zu einer aus dem Rahmen der fiblichen Gesetzm~Bigkeit herausfallenden -~nderung der KerngrSBe einmal gegeben sein kann, welche bei genauerem Nachforschen sich vermutlich auf eine Ab~nderung des gew(ihnlieh kons~antenKernsaftgehaltos (s. S. 680ff.) oder des iiblichen Chromosomensatzes (s. S. 682f.) od. dgl. wird zurfickfiihren lassen. Solche - - unter Umstanden auch mit tieferen .~nderungen im
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Wa|ther Jacobj :
feineren Kerngefiige (Struktur) oder in der Zusammensetzung des Genoms (Erbmasse) verbundenen - - als Ausnahmefglle gekennzeiehneten Vorkommnisse k6rmen aber in keiner Weise als Widerlegung des iibliehen normalen Geschehens und seiner gesetzmgBigen Grundlagen angesehen werden, es sei denn, dab ein mephis~phelischer Widerspruchsgeist in der belebten Natur lieber ein Chaos als einen Kosmos entdecken m6chte, was abet bei Naturforsehern wohl hie der Fall sein wird. F i i r d e n F o r s e h e r aber, welcher sich voll E h r f u r e h t in d e n W u n d e r b a u des L e b e n s m i t seiner - - bei aller M a n n i g f a l t i g k e i t u n d F r e i h e i t - - so groBartigen inneren G e b u n d e n h e i t u n d O r d n u n g zu ver~iefen sucht, w e r d e n einwandfreie A b w e i c h u n g e n y o n d e r iiblichen GesetzmgBigkeit n i c h t zu Steinen des AnstoBes, sondern zu W e g s t e i n e n werden, welche seine A u f m e r k s a m k e i t auf noch zu erforschendes N e u l a n d lenken. ~berbliek.
N a c h d e m m i r in friiheren U n t e r s u c h u n g e n (1925, 1926, 1935) m i t t e l s v a r i a t i o n s s t a t i s t i s e h e r M e t h o d i k z u m e r s t e n Male dot genaue N a c h w e i s eines rhythmisehen Kern- bzw. Zellwachstums gelungen w a r - - welches d e r A u s d r u c k einer grundlegenden, das Zelleben zahlenm~Big (quantit a t i v ) b e h e r r s c h e n d e n , biologlsehen Gesetzm~ifllgkeit ist - - u n d n a c h d e m s e i t d e m sehr viele d e u t s c h e wie ausl~ndische F o r s c h e r in zahlreichen U n t e r s u c h u n g e n (s. S. 673f.) die Giiltigkeit eines solchen W a e h s t u m s gesetzes in w e i t e m U m f a n g e bei Mensch, Tier u n d P f l a n z e b e s t ~ t i g t u n d a n e r k a n n t haben, erscheint n u n die Zeit g e k o m m e n , d e m Gesamtproblem der Zel[- und ZellkerngrS[3e in seinen wlchtigsten naturgegebenen ZusammenMingen n a c h z u g e h e n unter Beri~cksichtigung d e r verschiedenen, d a s Z e l l w a c h s t u m beeinflussenden, physiologisehen und pathologischen
Bedingungen. Die vorliegende Arbeit stellt einen ersten derartigen Versneh dar. Sie geht dabei jeweils yon eigenen Befunden aus, ist aber weiterhin immer bestrebt, aueh die einschl~gigen Befunde und Ergebnisse anderer Forseher in dem immer starker anwachsenden diesbeziigliehen Sonderschrifttum zu beriicksichtigen und auszuwer~en. Denn so grundlegend und unentbehrlieh zum Ausbau der Wissenschaf~ auch die eingehende Behandlung eng umsehriebener Einzelfragen ist, so miissen doch ab und zu aueh Arbeiten erseheinen, die mSgliehst viele Einzelbefunde und Sonderfragen zu einer gemeinsamen Sehau vereinigen. KSnnen doeh groBe naturgegebene Zusammenh~nge oft nur dann erfaBt werden, wenn der Rahmen der Untersuchung und der Betraehtung mSgliehst weR gespannt'wird. Dabei bleib~ man einerseits vor l)berwertung mancher Einzelbefunde bewahr~ und kann so manchen einseltigen FehlschluB rechtzeitig ausmerzen, und andererseits kommt man in unmittelbarere Beriihrnng mit der Mannig[altigkeit der lebendigen Natur, wodurch die verst~ndnisvolle Einfiihlung in sie erleichtert wird. Indem wir aber einen Fragekreis wie den der ZellgrSBe yon den versehiedensten Richtungen aus angehen, werden bei dem hierbei gewonnenen, umfassenderen ~berblick nieht nur manche in ihrer Ents~ehung und Bedeu~ung bisher unklare Einzelbefunde - - wie z.B. das eigenartige Kerngrfl3enverhalten bei den meisten malignen Geschwiilsten (s. Kap. III, S. 640ff.) ~ in vorher nieht geahnter Weise aufgehellt und versti~ndlieh, sondem es springen weiterhin aueh die Liieken unserer jeweiligen Kenntnisse um so vordringlieher ins Auge und ergeben Anregungen fiir neue Untersuchungen. ~Vas n u n In~alt u n d Hauptergebnisse der vorliegenden A r b e i t b e t r i f f t , so w i r d n a c h k u r z e r Ein]i~rung in die Fragestellung (S. 585) zun~c~st
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noeh in einem methodologlschen Forkapitel (S. 588) das von mir seit 1924 angewandte und seitdem weitverbreitete variationsstatistische Kernmeflver/ahren - - unt~r Berfieksichtigung auch der Stellungnahme des Schriftrums - - noehmals kritisch fiberpriift und seine auch Einw~nden gegenfiber sich best~tigende Zuverl~ssigkeit und Brauchbarkeit naehgewieseh. Nach dieser Sieherung der methodologisehen Grundlage wird in Kap. I (S. 592ff.) gezeigt, dab in einem funktionstfichtigen Organismus gestei-
gerte /unktionelle Leistungsbeanspruchung (Arbeitsbelastung) bel organspezi/isch ausgebildeten (di//erenzierten) Zellen den Anreiz zu einem als funktionelle Zellhypertrophie sich ~uBernden ,,Leistungswachstum" der Zelle bildet. Dieses Zellwaehstum kann entspreehend den jeweiligen besonderen Verhi~ltnissen - - wie sie Organau/bau (z. B. der Leber, S. 595), Blutversorgung, S. 606, Ern~ihrung, z. B. S. 602, 624 usw. bedingen--unter Umst~nden eine ausgesproehen 6rtliche Bevorzugung zeigen und verl~uft in allen daraufhin genau untersuchten typisehen F~llen in' Form des ,,rhythmlschen Zellwachstums" mit zahlenm~ifliger Gesetzlichke~t. ' D i e genannten fSrdernden Bedingungen der gebesserten Blutversorgung und Erni~hrung bewirken, wenn sie nieht spezifisch ausdifferenzierte sondern jugendliehe oder indifferent gebliebene Zellen betreffen, bei diesen - soweit keine anderweitigen Hemmungen vorliegen - - a u f dem Wege der fibliehen mitotischen Zellteilung eine lebhafte Zellvermehrung (S. 607). Bezfiglich der bekannten pathologisehen Begriffe der ,,trophischen" und ,,]ormatlven" Reize ist daher zu sagen, dab es - - zum mindesten in sehr vielen F~llen - - nicht von der besonderen Art der Einwirkung als vielmehr von dem jeweiligen Bereitscha/tszustand der Zellen abh~ngt, ob dieselbe Wirkungsgrundlage das eine Mal ,,trophiseh" zu einem Zellwachstum, oder ein ander Mal ,,formativ" zu einer Zellvermehrung ffihrt (S. 608). Werden in dieser Weise jeweils die besonderen Umst~nde berficksiehtigt, so linden manche lebhaft umstrittenen Widerspriiche des Sehrifttums fiber Seltenheit oder H~ufigkeit yon Mitosen in verschiedenen Organen ihre naturgem~Be Aufkt~rung. - - Im Rahmen der Frage des /unktionellen Organau/baus wird die morphologisehe und /unk. tionelle Eigenart des radi~ir gebauten Leberl~ippchens - - unter Berfieksichtigung gewisser Einzelheiten der Leberpathologie --n~her (S. 595 u. 599ff.) behandelt und unter anderem gezeigt (S. 598f.), dab zwisehen die.~er Radi~rstruktur einerseits und andererseits der relativen LebergrSBe sowie den Gesamtstoffweehselbediirfnissen des betreffenden Organismus bemerkenswerte Wechselbeziehungen bestehen. - - An Hand yon Versuehen wird in Kap. I, S. 609ff., weiterhin der Frage naehgegangen, inwlewelt ~iuflere und ,,~nnere" Umweltseintliisse (Temperatur S. 610, Domestikation S. 620, Sehwangersehaft S. 621, Ern~hrung S. 622, Kastration S. 625), die Kerngr6flenvariation beeinllussen oder sie unverdndert lassen. Dabei trat in manchen F~llen eine weitgehende Beharrlichkeit, zum mindesten der RegelzellkerngrSBe, in Erseheinung (z. B. S. 612f.), ws sich in andern F~llen (z. B. S. 622, 625) eine deutliche Ab~tnderung der Kerngr(~i~envariation ergab, wobei jedoch
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das rhythmische Wachstumsgesetz stets eingehalten wurde. Im Rahmen dieses Abschnittes wird auch auf die Bedeutung hingewiesen, die dem Entwicklungsgeschehen (S. 615) fiir die KerngrSSenvariation zukommt und auBerdem Ans~tze zu neuen Fragestellungen gegeben. Des weiteren wird an Hand tier Befunde a u f S. 625 besonders vermerkt, dab unter physiologischen Bedingungen die absolute artspezi/ische Zellkerngr6fie homologer Kernklassen sich ziemlich gleichbleibt (konstant ist). DaI~ fibrigens bei ungleiehen Stoffweehselbedingungen dieselbe Zellkernart aueh eine auffallende Verschiedenheit ihrer Nucleolengr6/3e und im Zusammenhang damit eine entspreehende geringe Kernvolumenanderung aufweisen kann, wird auf S. 611f. veranschaulicht unter gleichzeitigem Hinweis auf die Exkretnatur der Nucleolensubstanz. - - In Abschnitt I, 6 (S. 626) wird - - unter Eingehen auf das spezielle Verhalten der versehiedensten Zellarten (wie Drfisenzellen, Nervenzellen, Muskelfasern, Megakaryozyten, Ostoklasten, FremdkSrperriesenzellen und andere derartige pathologisehen Riesenzellbildungen, Deciduazellen, Chorionsyncytium usw.) - - gezeigt, dab das Au/treten yon Grofl- und Riesenzellen unter den versehiedensten physiologlschen wie pathologischen Bedingungen in der Mehrzahl der F/~lle der Ausdruek des oben gekennzeichneten ,,Leistungswachstums" ist, welches auf hoehgradig gesteigerter spezifischer Zellfunktion beruht. - - Von dieser Wachstumsart ist das ,,St6rungswachstum" (Kap. II, S. 632) abzutrennen, das im wesentlichen krankhafter Natur ist und darauf beruht, dab eine in Mitose befindliche Zelle gestSrt und an ihrer Zelleibsdurchsehniirung gehindert .wird, was nach durchgefiihrter mitotischer Chromosomenspaltung ein entsprechendes Waehstum yon Chromatin- und Zellmasse zur Folge hat, so lange die Zelle hierzu noch lebenskr/s genug ist. In demselben Kapitel wird (S. 634) ganz kurz auch das Wesen der eigenartigen ,,Wucheratrophie" beriieksiehtigt. Von diesen bis jetzt behandelten Wachstumsarten der ZeUen unterscheidet sich grundsditzlich das Verdopplungswachstum tier Geschlechtszellen (in ihrer bekannten ,, Wachstum "- oder 1. ,,Reifungsperiode") und das Verdopplungswachstum der b6sartigen Geschwulstzellen. Beide letztgenannten Wachstumsarten sind - - wie in Kap. III, S. 635ff., eingehend nachgewiesen wird - - einander insofern wesensgleieh, als beide auf einer paarweisen syndetischen Verklebung (Konjugation) der - - bei der iibliehen somatischen Mitose immer voneinander isoliert bleibenden - - EinzelChromosomen beruhen. Diese besondere Mitoseform - - welche im Schrifttum ihrer chromosomalen Eigen- oder Abart wegen ganz allgemein als ,,hereto". oder ,,alloty~sche Mitose" gekennzeichnet wird - - ist in typischer Weise eingebaut in den regelreehten Ablauf der Geschleehtszellenreifung bei Pflanze, Tier und Mensch. Wie in Kap. III, 2 (S. 639) gezeigt wird, kfnnen a b e r auch unspezi]ische Reize der verschiedensten Art eine gew6hnliche Mitose iiber den Vorgang der Chromosomenverk~ebung (Chrom0somensyndese) in eine heterotypische 2]litose umwandeln. Da mi~ solchen fiir die Geschlechtszellenreifung wie die Geschwulstzellbildung
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charakteristischen ,,heterotypischen" Chromosomenverklebungen auch die Bedingungen /iir einen sto//lichen Austausch (Erb/aktorenaustausch oder Crossing-over der Genetik) zwischen den sich paarenden Chromosomen und damit nach der neuzeitlichen Vererbungsforschung auch die Grundlagen ]i~r Genmutation gegeben sind, so liefert uns : - w i e in Kap. I I I , 3 (S. 640 ft.) n/iher ausgefiihrt wird - - die Beriick~ichtigung des Wachstums wie des Chromosomenverhaltens der b6sartigen Geschwulstzellen induktive Handhaben fiir ein Verst~ndnis der Entstehung ,,unrei/er", ,,b6sartiger" Geschwiilste 1 auf Grund einer somatischen Genmutation im Anschlufl an eine reizbedingte heterotypische Chromosomenverklebung. - - Dabei wird des weiteren gezeigt, dab diese auf induktivem Wege gewonnene Auffassung der ,,heterotyp-genmutativen" Geschwulstentstehung mit keinerlei Tatsachen der Geschwulstforschung in Widerspruch steht, sondern vielmehr die verschiedensten, bislang isoliert stehenden typischen Einzelbefunde der Krebsforschung (s. S. 649ff.) als Teile eines sinnvollen urs/~chliehen Zusammenhanges verstehen 1/s - - Diese neue Geschwulstauffassung wird in Kap. I I I , 5 (S. 651) - - an H a n d tier altbekannten ,,klassischen" Geschwulsttheorien wie der yon anerkannten Spezialforschern aufgestellten neueren und neuesten Theorien und der ihnen zugrunde liegenden Befunde - - einer besonderen kritischen Nachpriifung unterzogen. Letztere best/~tigt die Berechtigung unserer oben entwickelten Auffassung, welche in bezug auf ihre naturgem/s einfache und zwanglos einheitliche Erkl/~rung der verschiedelmn typischen Tatsachenbefunde durch keine der bisherlgen Theorien fibertroffen wird, noch yon ihnen ersetzt werden kann. Dabei stellt unsere neue ,,heterotyp-genmutative" Geschwulstau//assung nichts anderes daf a]s die - - entSprechend den neuzeitlichen Befunden und chromosomenbiologischen wie genetischen Erkenntnissen - - zeitgem/iB weiterentwickelte klassische Reiztheorie VI~c~ows. Unsere Beweisfiihrung war aber nut dadurch msglich, dal~ wir das Gesch.wulstproblem nicht gesondert fiir sich allein angingen, sondern dab w i r e s vielmehr in Beziehung brachten zum Gesamtproblem 2 des Zellwachstums unter Beriicksichtigung der hiermit verbundenen zahlen. m~i/3igen Gesetzlichkeiten. - - So fiihrt also auch hier - - wie schon so oft in der Forschung - - eine folgerichtig durchgefiihrte quantitative Untersuehungs- und Betrachtungsweise auch zu qualitativ neuen Fragestellungen und Erkenntnissen. 1 Im Sehrifttum linden wir diese ,,bSsartigen", ,,malignen" Geschwiilste auch als ,,unreife", ,,atypische", ,,heterologe" oder ,,heterotypische" Geschwfilste (Carcinome bzw. Sarkome) gekennzeichnet (s. S. 648). 2 Das mSge zugleich als Entschuldigung dienen far ~en mir selbst peinlichen grollen Gesamtumfang dieser VerSffentlichung, in welcher das Geschwulstkapitel ja nur eine Unterabteilung darstellt. Aber ein nachtr/~gliches Zerlegen dieser als Einheit entstandenen Arbeit ist nieht mSglich, wenn nicht das Verst/~ndnis ffir die naturgegebenen inneren Zusammenh~nge- deren ~berslchtlichkeit jeweils auch durch Seitenhinweise erteichtert wird - - ganz unzweekmi~l~ig ersehwert werden soll.
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Walther Jacobj :
Nachdem in der geschilderten Weise in den 3 ersten Kapiteln Einblicke in die verschiedenen Arten des Zellwachstums und ihre jeweilige Bedeutung gewonnen wurden, wird in den folgenden 3 Kapiteln auf einige bislang noch ungekl~rte oder umstrittene, grunds~itzliche Fragen der Kernbiologie eingegangen, wdche mit dem Kernwachstum und der Kerngr6[3e in Zusammenhang stehen und auf Grund unserer neuen Befunde und Erkenntnisse zur Kl~rung gebraeht werden kSnnen. - - So werden in Kap. IV (S. 661) M~tose und Amitose in ihrer biologischen Eigenart und Bedeutung gegeneinander abgegrenzt und gezeigt, dab die regelrechte physiologische Entstehung der Groflkerne au/ ,,amitotischem" Wachstum beruht und nicht die Folge abortiver Mitosen ist, wie dies eine in neuester Zeit aufgestellte Hypothese annehmen mSchte, die auf S. 665 widerlegt wird. - - In Kap. V (S. 668) wird daxgestellt, welche Beziehungen zwischen Kern. ober/ltiche und Zelleistung bestehen, und welehe Bedeutung der zur Bildung ,,mehrkerniger" Zellformen fiihrenden amitotischen Kerndurchschniirung Ifir eine beschleunigte Zdlt~itigkeit zukomrat. Bemerkenswerte Aba'nderu~gen der Kern/orm (S. 672), wie des Kernsa/tgehaltes (S. 671) finden, in diesem Zusammenhang ihre notwendige Beachtung, aueh wird kurz a u f die unter physiologisehen Bedingungen nur ausnahmsweise vorkommende ,,ZeUverschmelzung" (S. 673) eingegangen. - - Kap. VI (S. 673) schlieBlich behandelt die Gi~ltigkelt bzw. den Geltungsbereich des Gesetzes des rhythmischen Zell. und Kernwachstums unter Hinweis (S. 673f.) auf die tiberaus zahlreiehen bests Nachprfifungen der versehiedensten Forseher (Anatomen, Zoologen, Botaniker, Pathologen) bei n~herem Eingehen auf ganz vereinzelte Stimmen des Zweifels oder der Ablehnung, welehe an Hahd der Befunde zureehtgestellt werden. Weiterhin wird in diesem Kapitel gezeigt, dab die festgestellte zahlenm~Bige Gesetzlichkeit der KerngrSBe und des Zellwaehstums - - welche mit Recht fast jeden sie durch Messung best~tigenden Forscher in Staunen versetzt - - der Ausdruek einer den Aufbau der Zelle wie des Gesamtorganismus beherrsehenden, in der Natur der lebendigen Masse weitgehend verankerten morphologischen Gesetzma'fllgIceit eines ,,inneren Bauplans" (S. 678I.) ist, weleher auch ffir die Aufreehterhaltung der ,,genetischen Harmonie" (S. 679) im Gesamtorganismus eine grunds~tzfiche Bedeutung hat. Im Rahmen dieses Schlu~kapitels VI wird (S. 680ff.) noeh darauf eingegangen, inwiefern die KerngrS[3e auBer yon der Chromosomenzahl und Chromosomengr6[3e auch vom relati:ven Kernsa/tgehalt abh~ngig ist. Letzterer h~lt sieh zwar in der Mehrzahl der F~lle mit groBer Beharrliehkeit konstant, kann jedoch unter gewissen physiologisehen wie pathologisehen Bedingungen, die unsere besondere Beachtung verdienen, ab~ndern. - - Ein kurzer Hinweis auf das Vorkommen ,,trophischer Chromidier~" bei den Zellkernen der apokrinen Drii~en und auf die - - dureh die Eigenart des Nervenzellenwachstums bedingte M biologisehe UnentbeIirlichkegt des Cytochromatins (Tigroids) beendigt die speziellen Ausffihrungen.
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Sehlua-Zusammenfassung.
Entsprechend der groBen Bedeutung, welche dem Zellkern als Trdger der Erbmasse und als Regler des Zellebens zukommt, verdient auch sein quantitatives Verhalten allgemeinere Beachtung. Die Vers der Zell- u n d KerngrSi~e unter physiologischen wie pathologischen Bedingungen und Zusts k a n n aber nur d a n n sachgems ausgewertot werden, wenn die grundlegenden Gesetzm~i~igkeiten, welche W a c h s t u m , A b n a h m e und Festbleiben der ZellkerngrSBe beherrschen, u n d ihr Geltungsbereich mSglichst einwandfrei und fibersichtlich klar~elegt sind. I n diesem Sinne wurde die vorliegende Arbeit unternommen, welche den Fragelcreis der KerngrSfle in bewuBter Ber~c]csichtigung seiner Mannig]altlglceit y o n d e n verschiedensten biologischen (d. h. morphologischen, physiologischen, pathologischen und genetischen) Richtungen u n d Gesichtspunkten aus angeht unter gleichzeitiger Bezugnahme auch auf alas VerdoTTlungswachstum ~ler rei/enden Geschlechtszellen und der malignen Geschwulstzellen. Bei letzteren ffihrt die Beachtung des KerngrSl~en- und Chromosomenverhaltens sowie der fibrigen typischen Befunde zu der ~ die klassische Reiztheorie V I R c ~ o w s zeitgems ausb a u e n d e n - - Auf~fassung einer ,,heterotyp-genmutativen" Geschwulst. entstehung. - - Alles in allem versucht die vorliegende Arbeit dem biologischen Forschungsgebiet der Zell- und ZellkerngrS~e eine mSglichst gesieherte, b r e i t e u n d fibersichtliche Grundlage fiir die erfolgreiche Weiterforschung zu s c h a f f e n . Schrifttum. Abderhalden, E . : Scientia (Milano) 45, 249 (1939). Zit. nach Anat. Ber. 41, ~Nr. 398: - - Alverdes~ F.: Arch. Entw.mechan. 47, 375 (1921). - - Aneona, U. d':
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