Z LebensmUnters Forsch (1993) 197:353-357
Zeitschrift for
9 Springer-Verlag 1993
Originalarbeit Herstellung und Charakterisierung yon zellstrukturiertem Apfelmaterial mit untersehiedliehem Peetingehalt Herbert Kunzek, Britta Loewe, Simone Renger Technische Universit/it Berlin, FachbereichLebensmittelwissenschaftund Biotecbnologie, Invalidenstrasse 42, D- 10115Berlin, Deutschland Eingegangen am 19. April 1993 Preparation and characterization of materials with a cellular structure and different pectin contents from apple Abstract. Alcohol-insoluble substances in the form of light (colourless) materials with a cellular structure and two different pectin contents have been prepared from apple parenchyma. Except for the water-binding capacity, the pectin content was found to have only a small effect on the functional properties of the materials. The water-binding capacity of the materials was decreased by a step of pectin extraction. However, in all cases the water-binding capacity was higher than 50 g/g. It was found that the depectinization of the materials with a cellular structure by acid one-step pectin extraction can be combined with the isolation of a highly methoxylated, high-molecular-mass pectin. Considerable amounts of water-soluble, highly methoxylated but low-molecularmass pectins are released from rehydrated materials with a cellular structure when subjected to autoclave treatment. Both autoclaving and storage at room temperature decrease the lightness and the flow limit value of the rehydrated materials. Zusammenfassung. Ausgehend von Apfelparenchymgewebe wurden alkoholunl6sliche Substanzen als hellfarbige Materialien mit cellularer Struktur und unterschiedlichem Pectingehalt hergestellt. Die Materialien haben unabhingig vom Pectingehalt vergleichbare funktionelle Eigenschaften und besitzen ein hohes Wasserbindeverm6gen fiber 50 g/g. Jedoch wird das Wasserbindeverm6gen bei den pectinarmen Materialien durch den Schritt der Pectinextraktion herabgesetzt. Die Herstellung des zellstrukturierten Materials mit niedrigem Pectingehalt kann fiber den Schritt einer einstufigen sauren Pectinextraktion mit der Isolierung yon hochverestertem, hochmolekularem Pectin verknfipft werden. Beim Autoklavieren yon rehydratisierten zellstrukturierten Materialien werden betrichtliche Mengen an wasserl6slichem, hochCorrespondence to:
H. Kunzek
verestertem, niedermolekularem Pectin freigesetzt. Das Autoklavieren und nachfolgende Aufbewahren der Proben bei Raumtemperatur fiihrt zu sinkenden Werten der Helligkeit und der FlieBgrenze.
1 Einleitung Die Herstellung von alkoholunl6slicher Substanz aus Obst und Gemiise ist eine gingige Methode der Probenvorbereitung fiir die Untersuchung von Ballaststoffen sowie der Zellwandger/istsubstanz einschliel31ich der Anteile an polymeren Kohlenhydraten [1, 2]. Alkoholisch getrockuete Obst- und Gemiiseprfiparate k6nnen vielf/iltig als Quell- und Dickungsmittel sowie als Medienstabilisator [3] in der Zell- und Gewebekultur eingesetzt werden. Aus Apfelparenchymgewebe hergestellte alkoholunl6slithe Substanz weist therapeutische Eigenschaften [4] sowie eine hohe selektive Kationenaustauscherkapazit/it [4, 5] auf und 1/igt sich effektiv als Medienstabilisator in der Gewebekultur verwenden [3]. Die funktionelle Eigenschaft der Kationenbindungs- und -austauscherkapazit/it hingt neben dem Veresterungsgrad maggeblich vom Pectingehalt der alkoholunl6slichen Substanzen ab. Auch die Eignung yon Parenchymmedienstabilisatoren k6nnte entscheidend von deren Pectingehalt beeinflugt werden, da Pectine bei der in vitro-Vermehrung yon Pflanzen eine vitrifikationshemmende Wirkung ausiiben [6]. Neuere Untersuchungen zeigen, dab das Wasserbindeverm6gen alkoholisch getrockneter Partikel des Apfelparenchymgewebes insbesondere von dem Erhalt der cellularen Strukturen und deren Wasserbeladung sowie durch in Haufwerkshohlr/iumen gebundenes Wasser bestimmt wird [7, 8]. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollten nunmehr ausgehend von Apfelparenchymgewebe zellstrukturierte Materialien mit untersehiedlichem Pectingehalt hergestellt und charakterisiert werden. Die Herstellung der pectinarmen Materialien war dabei im Sinne einer riickstandsarmen Aufarbeitung mit der Pectinisolierung zu verknfipfen.
354
2 Material und Methoden
2.2.4 N a c h e x t r a k t i o n v o n sfiurelrslichem Pectin aus p e c t i n a r m e n z e l l s t r u k t u r i e r t e n M a t e r i a l i e n ( Z M )
2.1 Material und Probenvorbereitung Als Rohstoff ffir die Herstellung zellstrukturierter Apfelmaterialien (ZM) wurden folgende Apfelsorten eingesetzt: 1. Serie: Aurelia, Breuhahn, Gelber Krstlicher, Goldspur, Jonathan, Spartan und Star Krimson. 2. Serie: Boskoop, Breuhahn, Gelber Krstlicher, Kaiser Wilhelm, Landsberger und Ontario. Aus jeder Apfelsorte wurden in parallelen Versuchen pectinhaltige und pectinarme ZM sowie s/iurelrsliches Pectin hergeste.llt. Dazu wurden die gesch~ilten, entkernten und vorzerkleinerten Apfel in der 1. Serie mit einem Rohkostgerfit Typ RG 28 rein zerkleinert und anschlieBend per Hand fiber ein Filtertuch abgepreBt. In der 2. Serie kam ein Entsafterder Firma AEG zum Einsatz. Als Ausgangsmaterial ffir die weiteren Versuche diente das nach der Abtrennung von Apfelsaft entfeuchtete Apfelparenchymgewebe.
Die pectinarmen ZM, wie im Punkt 2.2.2 beschrieben, bei einem Masseverh~iltnis Extraktionsmittel zu Extraktionsgut von 20:1 mit Salpeters~ure extrahieren, und das Pectin analog zu Punkt 2.2.3 abtrennen und reinigen.
2.2.5 A u t o k l a v i e r e n von zellstrukturierten Materialien u n d I s o l i e r u n g v o n wasserl6slichem Pectin 3,5 g ZM mit 96,5 ml Nfihrlrsung ffir Gewebekulturen versetzen und 15 rain bei 121 ~ im Autoklaven behandeln. Nach dem Abkfihlen fiber ein Filtertuch abtrennen und das Pectin coagulieren sowie reinigen (vgl. Punkte 2.2.2 und 2.2.3). Berechnung der Ausbeute an wasserl6slichem Pectin unter Zugrundelegung des Volumens der gesamten flfissigen Phase.
2.2Me~o&n 2.2.1 H e r s t e l l u n g v o n p e c t i n h a l t i g e n zellstrukturierten Materialien
2.2.6 C h a r a k t e r i s i e r u n g der z e l l s t r u k t u r i e r t e n M a t e r i a l i e n ( Z M )
1. Versuchsserie: 300 g abgepreBtes Apfelparenchymgewebe mit 1200 ml 80%igem w~iBrigem Ethanol 10 min unter RfickfluB kochen und anschlieBend manuell fiber ein Filtertuch abpressen. 2. Sefie: Einsatzmenge des entfeuchteten Parenchymgewebes aufgrund des erh6hten Trockensubstanzanteilsteilweise bis auf 200 g reduzieren. Das Verh~iltnis von Masse Extraktionsmittel zu Masse Trokkensubstanz des Extraktionsgutes schwankte im Bereich von 22 bis 35. Abgepreflten Rfickstand zweimal 10 min mit 50 ml 80%igem w/igrigen Ethanol sowie zweimal 10 min mit je 50 ml 95%igem Ethanol waschen. Nach jedem Waschschritt per Hand abpressen. Das nach dem letzten Waschschritt erhaltene Material auf Filterpapier 2 h bei Raumtemperatur und danach 1 h bei 70 ~ im Trockenschrank trocknen.
Bestimmung yon Veresterungsgradund Galakturonangehalt (modifizierte Methode naeh [9]. Zur Probenvorbereitung die pectinhaltigen
2.2.2 H e r s t e l l u n g v o n p e c t i n a r m e n zellstrukturierten Materialien
ZM dutch Waschschritte reinigen: zweimal waschen mit 70%igem salzsaurem Ethanol, s~iurefrei waschen mit 70%igem Ethanol und zweimal waschen mit 95%igem Ethanol. 1 g bzw. bei stark quellenden Proben 0,5 g ZM mit 5 ml 95%igem Ethanol benetzen, mit 100 ml dest. Wasser und 1 g Natriumchlorid versetzen, 15 min rfihren und dann die Bestimmung nach [9] durchffihren.
Bestimmung des Wasserbindevermrgens (modifizierte gravitatische Methode [10, 19]. 0,2500 g der ZM-Probe mit 50 ml auf 80 ~ erw~irmtes, dest. Wasser versetzen und anschlieBend 2 h i m Thermostaten bei 80 ~ quellen lassen. Nach dem Abkfihlen die Probe quantitativ auf ein kleines mit Leinenstoffausgelegtes Sieb fiberffihren. 10 min Ablaufen lassen und dann die Masse des Siebes mit dem gequollenen Gut ermitteln. Wasserbindeverm6genWBV in g Wasser/g ZM: (m1- m2) - e e ;
Jeweils 300 g (1. Versuchsserie) bzw. 200 bis 300 g (2. Versuchsserie) abgepreBtes Apfelparenchymgewebe (vgl. Punkt 2.2.1) mit 1200 ml Salpetersfiure bei einer Temperatur von 85 ~ _+ 2 K und einem pHWert von 1,9 30 min unter Rfihren extrahieren. Nach dem Abkfihlen die Extraktionsl6sung fiber ein Filtertuch abtrennen, den verbleibenden Rfickstand mit 1200 ml dest. Wasser bei 35 bis 40 ~ waschen und die Waschflfissigkeit fiber ein Filtertuch abpressen. Rfickstand, wie im Punkt 2.2.1 beschrieben, mit 80%igem Ethanol kochen trod entsprechend aufarbeiten. Bei parallelen Versuchen gleiche Masseverh/iltnisse von Extraktions- bzw. Waschl6sung zu Trockengut anwenden.
wie in [11] beschrieben, mit 10 mg gesiebter Probe (315 bis 500 gm) bei 20 ~ durchffihren.
2.2.3 I s o l i e r u n g der sfiureextrahierten Pectine
Bestimmung der FlieJ3grenzeyon gequollenemzellstrukturiertem Material (ZM). Bestimmung der FlieBgrenze ffir gequollene ZM bei ei-
Die nach Punkt 2.2.2 erhaltenen Pectinextraktionsl6sungen nach Abkfihlen unter 30 ~ im Volumenverh~iltnis 1 : 1 mit salzsaurem 95%igem Ethanol (10 ml konz. Salzs/iure pro 1000 ml 95%iges Ethanol) versetzen. Nach 1 h Stehen das coagulierte Pectin fiber ein Filtertuch abpressen und waschen. Waschschritte: zweimal je 10 min mit 70%igem salzsaurem Ethanol (50 ml konz. Salzs~iure auf 1000 ml 70%iges w/iBriges Ethanol), mit 70%igem w~iBrigem Ethanol bis zur S/iurefreiheit und zweimal je 10 min mit 95%igem Ethanol. Pro Waschschritt etwa 50 ml L6sung einsetzen. Das gewaschene und abgepreBte Pectin im Trockenschrank bei 50 ~ trocknen.
WBV =
m a Masse des Siebes mit gequollenem Gut in g, m2 Leergewicht des Siebes mit dem Leinenstoff nach Anfeuchten mit 50 ml dest. Wasser und 10mintitigem Ablaufen in g, e Einwaage an ZM-Probe in g.
Bestimmung des Wasseraufnahmevermrgens (Capillarsaugmethode oder Baumann-Methode [11]. Die Bestimmung mit einer Apparatur,
nem Masseverh~iltnis von Wasser zu Trockengut von 30 : 1 in einem Rotationsviscosimeter, wie in [12] beschrieben.
Bestimmung der Farbe. Mit einem sensorischen Prfifverfahren fiber eine bewertende Prfifung mit Skale [13] nach einem ffir die Aufgabenstellung angepaBten, spezifischen Bewertungsschema (Tabelle 2). - Farbbewertung mit FarbmeBgerfiten, die nach dem Dreibereichsverfahren arbeiten: Momcolor-D der Firma MOM, ungarische optische Werke Budapest, bzw. ein Gerfit vom Typ ChromaMeter CR 300 der Firma Minolta. Messungen mit dem MomcolorD nach Angaben in [14] und mit dem Chroma-Meter fiber Dreifachbestimmungen nach Prospekt.
355 2.2.7 Charakterisierung der Pectine Bestimmung yon Veresterungsgrad und Galakturonangehalt der Pectine nach der titrimetrischen Methode, vgl. [15]. Bestimmung der Grenzviscositfit bei einer Pectinkonzentration von 12,5.10-5 g/ml mit einem Ubbelohde-Viscosimeter bei 20 ~ L6sungsmittel: 0,155 mol Natriumchloridl6sung mit einem pH-Wert von 4,0. 3 Ergebnisse und Diskussion
3.1 Herstellung und Charakterisierung yon zellstrukturierten Materialien und Pectin Die Herausl6sung des Pectins zur Herstellung von pectinarmen ZM ist durch eine einmalige saure Extraktion nach dem Prinzip der Hochtemperatur-Kurzzeitextraktion aus frischem Pflanzenmaterial erreichbar [15, 16, 20]. Auf diesem Wege (vgl. Punkt 2.2.2 und 2.2.3) k6nnen Ausbeuten fiber 90% des sauer extrahierbaren Gesamtpectins erzielt werden (Tabelle 1). Das dutch saure Nachextraktion aus pectinarmen ZM in geringer Ausbeute abtrennbare Pectin ist von minderer Qualit/it und weist reduzierte Werte des Veresterungsgrades, des Galakturonangehaltes sowie der Grenzviscositfit auf (P-- 99%), vgl. [15, 20]. Die Ausbeuten an pectinhaltigen und pectinarmen ZM wurden bezogen auf die Trockensubstanz der Prel3-
rfickst/inde, die nach der Saftabtrennung aus der Maische anfielen, berechnet. Die h6heren Ausbeuten der 2. Serie bei pecfinhalfigem ZM (Abb. 1) ergaben sich aus der im Vergleich zur 1. Serie vollstfindigeren Saftabtrennung aus der Maische und dem daraus resulfierenden geringeren Gehalt an 16slicher Trockensubstanz in den Prel3riickstgnden. Das Wasserbindeverm6gen (WBV) liegt fiir pecfinhaltiges ZM eindeufig h6her als ffir pectinarmes Material ( P = 9 9 % ; vgl. Abb. 1). Dabei wird das reduzierte Wasserbindeverm6gen der pectinarmen ZM bei Verwendung der gravitafischen Methode (Abnahme 2 = 25 %, 1. Serie) besser sichtbar als bei entsprechenden Messungen mit der Capillarsaugmethode (Abnahme 2 = 10%, 1. Serie; WBV ffir pectinhalfiges ZM: 2 = 1 6 , 3 g/g). Somit besitzt die gravitatische Methode im Vergleich zur Capillarsaugmethode in diesen F/illen die gr6Bere Empfindlichkeit (P = 95%). Die generell besseren Ergebnisse des Wasserbindeverm6gens ffir die ZM der 2. Serie ( P = 9 9 % , Abb. 1) k6nnten durch die optimierte Herstellung, aber auch durch Unterschiede in der Rohstoffqualit/it bedingt sein. Es zeigt sich, dab bei Einsatz geeigneter Rohware mit dem angewandten Verfahren sowohl pectinhaltiges als auch pectinarmes ZM mit einem guten Wasserbindeverm6gen fiber 50 g/g hergestellt werden kann.
Tabelle 1. Ausbeutenund molekulareParameter (VeresternngsgradVG, GalakturonangehaltGG und Grenzviscosit~it[~]) von sauer extrahiertem Pectin bei der Herstellungvon pe,ctinarmen zellstrukturiertenMaterialien (ZM) bzw. bei der Nachextraktionaus pectinarmenZM (1. Serie); Probenzahl jeweils 7 Stichprobenparameter
Pectin Hauptextraktion Ausbeute in %
Spannweite R 4,6-7,7 Mittelwert Y 5,57 Standard- s 1,03 abweichung
Pectin-Nachextraktion
VG in %
GG in %
[~] in cm3/g Ausbeutein %
VG in %
GG in %
[~/] in cm3/g in % an Gesamtpectin
78-82 79,9 1,7
52-70 62,4 6,2
592-968 789,5 152,2
66-78 72,1 4,5
53-68 58,8 5,4
247-459 344,4 67,6
0,3-1,1 0,54 0,31
5-13 8,6 3,5
Veresterungsgrad in %
Wasserbindeverm6gen b in g/g Flieflgrenzen c in Pa u Ueuto~ in %
Galakturonangehalt in %
7o
Abb. 1. Ausbeute, funktionelle Eigenschaften und molekulare Parameter zellstrukturierter Materialien. Angabe Mittelwerte und in Klammern Standardabweichung; a bezogen auf Trockensubstanz der Prel3rfickst/indeaus Maische von Apfelparenchymgewebe;ber-
mlttelt fiber gravitatische Methode; c von gequollenem zellstrukturierten Material, vgl. Punkt 2.2.6. ( ~ ) Pectinhaltig 1. Serie;( ~ ) pectinhaltig 2. Serie;(~3) pectinarm 1. Serie;( ~ ) pectinarm 2. Serie
356 Veresterungsgrad in % 79 n 81,4 82,2 81,6
(1)~)(Lo)(z,3) "////
Restpectingehalte Pectinausbeute in %
in %
"////
19,6 (1,6) 14,4, ,6 9 (~,1)
3,4
fit
Gelierverm 6gen in ~
Z4
////
i
,5'~6 (0,6)
Grenzviscosit in m l / g 789 (152 740
24 L,~
UZ
I//A
21,9 (4,8)
Galakturonang e h a l t in % 78,9
"//i"/
222
i ,
' "///.d y//2
Abb.2. Ausbeuten und funktionelle Eigenschaften an sauer extrahierten Pecfinen sowiean wasserl6slichen Pectinen nach dem Autoklavieren und Restpectingehalte der zellstrukturierten Materialien.
@ ) Sauer extrahiert 1. Serie; ( ~ ) sauer extrahiert 2. Serie;(~]~) nach Autoklavieren pectinhaltig; (~)nach Autoklavieren pectin-
Im Gegensatz zum WasserbindevermSgen sind die rheologischen Eigenschaften der in Wasser gequollenen ZM bei pectinhaltigem und pectinarmem Material vergleichbar (kein signifikanter Unterschied in den Flieggrenzen), vgl. Abb. 1. Der Veresterungsgrad und Galakturonangehalt der Pectinkomponente im ZM zeigt, dab das Pectin sowohl im pectinreichen als auch im pectinarmen ZM hochverestert ist und dab auch in pectinarmem Material, in Ubereinstimmung mit den Angaben fiir entpectinisierte Apfeltrester [17], noch ein betr/ichtlicher Galakturonangehalt nachweisbar ist (Abb. 1). Das bei der Herstellung von pectinarmem ZM extrahierte Pectin wurde isoliert und charakterisiert (Abb. 2). Bei den beiden unabhfingig durchgeffihrten Versuchsserien ergaben sich statistisch signifikant unterschiedliche Ausbeuten ( P = 99%). Die besseren Ergebnisse der 2. Serie werden auf die geeignetere Rohstoffbasis zurfickgeffihrt. Die molekularen Parameter der aus beiden Versuchsserien erhaltenen Pectine waren vergleichbar, und in der Mehrzahl der Ffille konnte qualitativ ansprechendes Pectin isoliert werden. Die erzielten Ergebnisse belegen, dab es auf verh/iltnism/igig einfachem Wege m6glich ist, sowohl pectinreiche als auch pectinarme ZM mit guten funktionellen Eigenschaften zu erhalten. Gleichzeitig kann beim Einsatz geeigneter Rohware die Herstellung yon pectinarmen ZM mit der Isolierung von qualitativ hochwertigem hochverestertem Pectin in ansprechender Ausbeute verknfipft werden. Die vorgelegten Befunde sind somit ein Beitrag zur rfickstandsarmen Apfelverarbeitung unter Herstellung von Apfelsaft bzw. Apfelsaftgetr/ink, ggf. Pectin und von zellstrukturierten Materialien,
bekultur, um eine sterile Pflanzenvermehrung zu gewfihrleisten. Die Autoklavierversuche dienten gleichzeitig als Modelluntersuchungen ffir die Stabilit/it der zellstrukturierten Materialien. Beim Autoklavieren (15 min bei 121 ~ von pectinhaltigen ZM in Wasser oder N/ihrl6sung fiir Gewebekulturen werden groge Anteile des Protopectins in wasserl6sliches Pectin umgewandelt (Abb. 2), vgl. [17]. Beim Autoklavieren von pectinarmem ZM in w/igrigem Milieu werden dagegen wesentlich geringere, aber immer noch merkliche Mengen an wasser16slichem Pectin freigesetzt. Die gebildeten wasserl6slichen Pectine sind hochverestert und relativ rein, jedoch verh/iltnismfigig niedermolekular (s. Grenzviscositfiten, Abb. 2). Erwartungsgem/iB ffihrt somit die hohe thermische Belastung beim Autoklavieren zu einem betr/ichtlichen Kettenabbau (Depolymerisation) des Pectins. Auch nach dem Autoklavieren verbleibt im ZM noch ein beachtlicher Protopectinrestgehalt. Der Protopectingehalt bei den hergestellten pectinarmen Materialien und bei allen autoklavierten ZM-Proben ist etwa vergleichbar (vgl. Abb. 2). Die ermittelten Veresterungsgrade der Pectinkomponente der pectinhal tigen und der pectinarmen ZM sowie der durch saure Extraktion bzw. beim Autoklavieren erhaltenen Pectine unterscheiden sich nicht statistisch signifikant (Abb. 1 und 2) und liegen in einem relativ engen und hohem Bereich von 77% bis 84%. Dementsprechend findet offenbar weder bei der Herstellung noch beim Autoklavieren der ZM-Proben eine merkliche Pectinentesterung statt. Dagegen ist das Ausmag der Depolymerisation des Pectins beim Vorgang des Autoklavierens und bei der sauren Pectinextraktion sehr unterschiedlich (vgl. Grenzviscositfiten in Abb. 2). Die beim Autoklavieren gebildeten wasserl6slichen Pectine sind, im Gegensatz zu den sauer extrahierten, hochmolekularen, verhfiltnism/iSig niedermolekular und in ihren funktionellen Eigenschaften als Geliermittel gemindert. Die an den Erhalt der gewachsenen biologischen Struktur gebundene funktionelle Eigenschaft der Wasserbindung zellstrukturierter Materialien bleibt bei allen Proben prinzipiell erhalten. Das Wasser-
3.2 Einflufl des Autoklavierens auf zellstrukturierte Materialien Das Autoklavieren von mit N/ihrl6sung versetzten Me:tienstabilisatoren ist eine g/ingige Methode in der Gewe-
aITIl
357 Tabelle 2. Merkmalseigenschaften for die sensorische Farbbewertung von zellstmkturierten Materialien
Tabelle 3. Flieggrenzen v0 von gequollenen zellstrukturierten Materialien ZM (2 h bei 80 ~ yon autoklaviertem ZM (15 min bei 121 ~ und von autoklaviertem ZM nach einer 24sttindigen Standzeit; Probenzahl jeweils 14
Merkmalseigenschaften
Punktzahl
Rein weir; (farblos), maximal schwach gelblich oder br~iunlich oder grau getSnt Weil3, schwach gelblich oder gelbbraun oder br~unlich oder schwach grau get6nt Schwach bis mittelstark gelb oder gelbbraun oder braun oder grau Mittelstark bis stark gelbbraun oder braun oder grau Stark grau bis grau schwarz Schwarz, unansehnlich, verbrannt
5 4 3 2 1 0
Stichprobenparameter
Spannweite Mittelwert Standardabweichung
bindevermSgen nimmt jedoch mit zunehmenden Prozegstufen, beispielsweise der Pectinextraktion (P = 99%; siehe oben) oder beim Autoklavieren ( P = 9 5 % ; Abnahme: 2 = 5 . 8 % , s - - 8 , 0 % ; n = 9 ) , nachweisbar ab. Dieser Befund stimmt mit den in [17] enthaltenen entsprechenden Angaben fiir Apfeltrester und entpectinisierte Apfeltrester iiberein.
3.3 Aspekte der Farbbewertung und der rheologischen Charakterisierung Pectinhaltige und pectinarme Z M sind hellfarbige Materialien, deren Farbbeurteilung sowohl sensorisch (Tabelle 2) als auch mit Farbmel3ger/iten erfolgen kann, Die sensorische Farbbeurteilung der in parallelen Versuchen hergestellten pectinhaltigen und pectinarmen Z M ergab keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die sensorischen Farbbeurteilungen korrelieren gut mit objektiven Farbmessungen, die mit DreibereichsfarbmeBgediten durchgeffihrt und nach dem Cielab-System ausgewertet werden [18]. Die farblichen Qualit/itsanforderungen kann m a n als erffillt betrachten, wenn f/Jr die Farbmal3zahlen yon gesiebtem Z M im Gr613enbereich kleiner 500 gm folgende Werte erreicht werden: L > 86; a__<3; b < 17. Qualitativ hochwertige Pr/iparate zeichnen sich durch anspruchsvollere Kennwerte aus: L>91; a__<2; b<13. Beim Autoklavieren von Z M in w/il3rigem Milieu ergaben sich hellfarbige, relativ gleichm/igige homogene Proben. Alle Proben wiesen in geringem U m f a n g freies ungebundenes Wasser auf. Beziiglich Farbe und Aussehen zeigten pectinhaltige und pectinarme gequollene, autoklavierte Proben keine signifikanten Unterschiede. Alle Proben ffihrten jedoch beim Stehen sowohl zu farblichen als auch rheologischen Verfinderungen. N a c h einer Standzeit von 24 h wurde eine sichtbare Nachdunkelung der Proben und eine Z u n a h m e des freien ungebundenen Wassers beobaehtet. Eine Z u n a h m e an freiem ungebundenem Wasser ist gleichzeitig mit einer A b n a h m e der Flieggrenze To verbunden. U b e r den charakteristisehen Wert der FlieBgrenze konnte nachgewiesen werden (P =
"r0vor Autoklavieren % nach Autoklavieren TOnach Autoklavieren in Pa in Pa und 24 h Standzeit in Pa R ~ s
4-29 13,2 6,9
1-22 9,8 6,0
1-20 8,9 6,1
99 %), dab sich die rheologischen Eigenschaften gequollener Z M - P r o b e n beim Autoklavieren und beim nachfolgenden Stehen verschlechtern (Tabelle 3). Die farbliche Ver/inderung der Proben durch den Prozel3 des Autoklavierens kann auch anhand des aufgearbeiteten und getrockneten Z M bewertet werden. Es zeigt sich dabei, dab das Autoklavieren zu einer deutlichen A b n a h m e der Helligkeit (AL: 2=-5,5; s = 2 , 8 ; n = 6 ; P = 99%) und einer Z u n a h m e des Rotanteils (Aa = +0,7; s = 0,4; n = 6; P = 98%) der Proben ffihrt.
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