Abstracts Schmerz Suppl 1 · 2009 · 23:1–136 DOI 10.1007/s00482-009-0848-8 © Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. Published by Springer Medizin Verlag – all rights reserved 2009
Deutscher Schmerzkongress 2009 Veranstalter Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. In Zusammenarbeit mit Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Schmerztherapie Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
Mit Netzwerken gegen den Schmerz Berlin, 7.–10. Oktober 2009 www.schmerzkongress2009.de
Tagungsort Maritim Hotel Berlin Stauffenbergstraße 26 10785 Berlin Kongresspräsidenten Prof. Dr. med. Ralf Baron Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie Klinik für Neurologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Haus 41 Arnold-Heller-Straße 3 24105 Kiel
Titelbild: © Bernd Hohlen, MEV Verlag GmbH
Dr. med. Volker Malzacher Gemeinschaftspraxis, Neurologischer Belegarzt Klinikum am Steinenberg Bismarckstraße 100 72764 Reutlingen Zusammensetzung des Wissenschaftlichen Komitees Heinz Basler, Marburg Hans-Raimund Casser, Mainz Steffi Förderreuther, München Gunther Haag, Königsfeld Winfried Häuser, Saarbrücken Tim Jürgens, Hamburg Thomas R. Kohlmann, Greifswald Andreas Kopf, Berlin Peter Kropp, Rostock Heinz Laubenthal, Bochum Gabriele Lindena, Kleinmachnow Jörn Lötsch, Frankfurt Walter Magerl, Mannheim Christoph Maier, Bochum Martin Marziniak, Münster Karl Messlinger, Erlangen Michael Pfingsten, Göttingen Esther Pogatzki-Zahn, Münster Lukas Radbruch, Aachen Hans-Georg Schaible, Jena Hardo Sorgatz, Darmstadt Andreas Straube, München Michael Strumpf, Göttingen † Monika Thomm, Köln Thomas R. Tölle, München Anne Willweber-Strumpf, Göttingen Michael Zenz, Bochum
Grußwort Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, im Namen des gesamten wissenschaftlichen Komitees möchten wir Sie ganz herzlich zum Deutschen Schmerzkongress 2009 in Berlin begrüßen. Die gemeinsamen Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft sind mittlerweile zum Kristallisationspunkt für den wissenschaftlichen Austausch sowie die schmerztherapeutische Fortbildung geworden. DieTagungen verbinden die zahlreichen neuen Entdeckungen aus der Grundlagenwissenschaft mit Innovationen der klinischen Forschung und praktischen Anwendung. Gerade diesem Aspekt widmet sich das diesjährige Motto des Deutschen Schmerzkongresses „Mit Netzwerken gegen den Schmerz“. Sowohl im Bereich der Forschung als auch in Praxis und Klinik ist die Arbeit innerhalb von Netzwerken heutzutage von entscheidender Bedeutung. Nur auf diesem Weg werden wir die Versorgung unserer Patienten in der Zukunft nachhaltig verbessern können. Wir hoffen, mit unserem Programm Ihren Geschmack getroffen zu haben und würden uns freuen, Sie in Berlin begrüßen zu dürfen. Besonders liegt uns ein reger Besuch der Poster-Präsentationen am Herzen, da sie die Plattform darstellt, auf der unser akademischer Nachwuchs sich und seine neuesten Forschungsdaten präsentieren kann. Wir wünschen Ihnen einen erfolgreichen Kongress und freuen uns darauf, dass Ihre aktive Teilnahme mit zahlreichen anregenden Diskussionen zum Gelingen unserer Jahrestagung beiträgt.
Prof. Dr. med. Ralf Baron
Dr. med. Volker Malzacher – Kongresspräsidenten –
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Herausgeber
Der Schmerz
Organ der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes der Österreichischen Schmerzgesellschaft der Schweizerischen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V., der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft und der Sertürner Gesellschaft Federführende Herausgeber / Editors-in-Chief Prof. Dr. L. Radbruch, Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Palliativmedizin, Aachen Assistenz: Prof. Dr. F. Elsner, Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Palliativmedizin, Aachen Prof. Dr. H.-G. Schaible, Universitätsklinikum Jena, Institut für Physiologie, Jena Herausgeber / Editors Prof. Dr. E. Alon, Praxis für Schmerztherapie, Facharzt FMH für Anästhesiologie, Zürich (Schweizerische Gesellschaft zum Studium des Schmerzes) Prof. Dr. M. Bach, Abteilung für Psychiatrie Steyr und Department für Psychosomatik Enns, Landeskrankenhaus Steyr (Österreichische Schmerzgesellschaft) Prof. Dr. E. Beubler, Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie, Graz Prof. Dr. A. Doenicke, Institut für Anästhesiologie, München Prof. Dr. G. Geißlinger, Klinikum der Joh. Wolfgang Goethe-Universität, Institut für klinische Pharmakologie, Frankfurt am Main Prof. Dr. H. Göbel, Schmerzklinik Kiel GmbH & Co., Kiel Dr. U. Hankemeier, Bielefeld Prof. Dr. M. Hasenbring, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Bochum Prof. Dr. J. H. Laubenthal, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsklinik für Anaesthesiologie am St. Josef Hospital, Bochum (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Schmerztherapie) Prof. Dr. R. Likar, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Palliativmedizin und Schmerztherapie, LKH Klagenfurt Prof. Dr. C. H. Maier, Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie, Bochum PD Dr. A. May, Universitäts-Krankenhaus Eppendorf (UKE), Neurologische Klinik, Hamburg Prof. Dr. W. Nix, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg Universität Mainz PD Dr. R. Sabatowski, Dresden
Prof. Dr. R.-D. Treede, Lehrstuhl für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg (Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes) Prof. Dr. V. Tronnier, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Klinik für Neurochirurgie, Lübeck Prof. Dr. M. Tryba, Städtische Kliniken, Kassel Prof. Dr. R. Wittenberg, St. Elisabeth Hospital, Herten Prof. Dr. M. Zenz, BG-Kliniken Bergmannsheil-Universitätsklinik, Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie, Bochum PD Dr. B. Zernikow, Universität Witten/Herdecke, Institut für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik, Datteln Prof. Dr. Dr. M. Zimmermann, Neuroscience & Pain Research Institute, Heidelberg Rubrikherausgeber / Section Editors Bild und Fall C. Maier, Bochum Für Sie gelesen / Journal Club Prof. Dr. W. Nix, Mainz • Prof. Dr. M. Tryba, Kassel Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung / Continuing Medical Education Prof. Dr. H. Göbel, Kiel • PD Dr. R. Sabatowski, Dresden Mitteilungen der DGSS / Notifications from the DGSS Prof. Dr. R.-D. Treede, Mannheim International Advisory Board: PhD S. M. Colleau, Madison, USA • MD R. K. Portenoy, New York, USA MD PhD N. Rawa, Örebro, Schweden • S. A. Schug, Perth, Australia MD M. Stanton-Hicks, Cleveland, USA • Dr. R. G. Twycros, Oxford, UK PhD D. Turk, Pittsburgh, USA
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Für Autoren Instructions for Authors Unsere ausführlichen Autorenleitfäden und Musterbeiträge finden Sie online unter / Author guidelines are available at: www.DerSchmerz.de/Autoren
Falls es sich bei Ihrem Beitrag um eine randomisierte kontrollierte Studie handelt, sollte sich Ihre Arbeit am sog. CONSORT-Statement orientieren! Dieses Statement, ein erläuternder Kommentar sowie – entscheidend für
Sie – die „Checkliste zur Publikation randomisierter Studien“ sind unter www.DerSchmerz.de abrufbar. Bitte reichen Sie Ihr Manuskript unbedingt zusammen mit der Checkliste beim federführenden Herausgeber ein:
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Der Schmerz
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Abstracts – Themenschwerpunkte Donnerstag, 08.10.2009
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Triggerpoints vs Tenderpoints – aktueller Stand Denken und Schmerz: wie Kognitionen Schmerz beeinflussen und wie sie für die Behandlung nutzbar sind Chronischer Schmerz – aktuelle wissenschaftliche Aspekte zum spirituellen, religiösen und ethnischen Lebenshintergrund und zur Prävention Genetik und Schmerz Neue Substanzen zur Therapie von Kopfschmerzen – ein echter Fortschritt? Elektronische Schmerzdokumentationssysteme im Vergleich Kalter Schmerz – Zusammenhänge zwischen Thermo- und Nozizeption Chronischer Rückenschmerz – Therapien auf dem Prüfstand Effektivität und Probleme einer Tumorschmerztherapie mit Opioiden Korrelate der Schmerzverarbeitung Palliativmedizin – Komplexe Aufgaben erfordern interdisziplinäre Lösungen Seltene Kopfschmerzformen pragmatisch gesehen Vom „gate control“ zu „gain control“: Somatosensorik beim neuropathischen Schmerz
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Freitag, 09.10.09
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Schmerztherapie: Wirkung, Wirksamkeit, Klinische Relevanz Deutscher Schmerzfragebogen, Stand und Ausblick Quantitativ Sensorische Testung: Von der Pathophysiologie zur klinischen Umsetzung Ist die Stärke postoperativer Schmerzen vorhersehbar? Prädiktoren für akute und chronische Schmerzen nach Operationen Mechanismen der Schmerzhemmung: Erfassung und Bedeutung Schmerz und Geschlecht Pflegesymposium Pain Out – Ein europäisches Netzwerk zur Optimierung der postoperativen Schmerztherapie BMBF – Neuropathischer Schmerz Physiotherapie bei chronischen Schmerzen Beeinflussung nozizeptiver Netzwerke: Neuromodulation bei Schmerzen Die Leitlinien der DMKG Teil 2: Querschnittsleitlinien Der Schmerzpatient und sein Partner
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Samstag, 10.10.2009
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Placebo-Analgesie Aktuelle Kopfschmerzforschung: das DMKG-Netzwerk Ischämieschmerz Kritik und Alternativen in der Versorgung älterer Menschen Opiode bei primären Kopfschmerzerkrankungen Psychosoziales Screening bei Rückenschmerzpatienten in der Arztpraxis – was leisten die verfügbaren Instrumente? Netzwerkkonzepte in der Palliativmedizin
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Aktuelle Schmerzforschung: das DFNS-Netzwerk Schmerzerfasssung bei Kindern – Akutschmerz, chronischer Schmerz und spezielle Schmerzsyndrome: Ein Update mit offenen Fragen Gemeinsame Symposium der Gesellschaften: DGSS, DGPSF, DMKG, DGAI, DGVM Von der Symptom-orientierten zur Syndrom-orientierten Therapie von Kopfschmerzerkrankungen Neue Einsichten zum Wirkungsmechanismus und den unerwünschten Arzneimittelwirkungen von rezeptfreien Analgetika Integrationsversorgung bei Rückenschmerzen – update Update Therapie Fibromyalgiesyndrom – Klinische Relevanz von Akupunktur, Pharmakotherapie und Balneo-Thalassotherapie Diagnostik von Risikofaktoren vermeidet Chronifizierung von Rückenschmerzen Schmerzedukation: Startpunkt für Veränderungen? Besonderheiten multimodaler Schmerztherapie in verschiedenen Altersabschnitten Erweiterte apparative Diagnostik des CPRS Der „schwierige“ Therapeut: Behindern Einstellungen und Überzeugungen der Behandler ein Arbeiten in Netzwerken?
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Praktikerseminare
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Studententag
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Poster
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P01 Tumorschmerz und Palliativmedizin I P03 Experimentelle Schmerzmodelle (Tier) P05 Multimodale und andere Therapieverfahren I P07 Pharmakologische Therapie des Schmerzes I P09 Kopfschmerz I P11 Psychologie und Psychotherapie des Schmerzes P13 Rückenschmerz und Bewegungsapparat P15 Neuropathischer Schmerz I P17 Akutschmerz I P19 Pflege
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P02 Tumorschmerz und Palliativmedizin II P04 Experimentelle Schmerzmodelle (Mensch) P06 Multimodale und andere Therapieverfahren II P08 Pharmakologische Therapie des Schmerzes II P10 Kopfschmerz II P12 Psychologie und Psychometrie des Schmerzes P14 Fibromyalgie P16 Neuropathischer Schmerz II P18 Akutschmerz II
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Autorenverzeichnis
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Abstracts
Mit Netzwerken gegen den Schmerz Berlin, 7.–10. Oktober 2009 Donnerstag, 08.10.2009 Rückenschmerz Triggerpoints vs Tenderpoints – aktueller Stand SY1 Sind Triggerpunkte und tender points ein Ausdruck desselben Phänomens? S. Mense Neuroanatomie, Universität Heidelberg, Fakultät Mannheim In dem Beitrag werden die neuen Entwicklungen auf dem Gebiet der Triggerpunkte (TrPs) des myofaszialen Schmerzsyndroms und der tender points (TePs) der Fibromyalgie kritisch beleuchtet. Ein allgemeines Problem in der Erforschung beider Phänomene besteht darin, daß meist nur eine Gruppe einen Datensatz publiziert hat, der noch nicht von anderen Gruppen bestätigt worden ist. Bei den Triggerpunkten gibt es einen Trend, die Abhängigkeit von neuromuskulären Endplatten bei der Entstehung zu lockern. Über kleine durch Überlastungen verursachte Lecks in der Muskelzellmembran kann eine ausreichende Menge an Kalzium-Ionen in die Zelle gelangen, um den Filament-Gleitmechanismus auszulösen. Grobe Traumen können über eine direkte Ca++-Freisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum denselben Effekt erreichen. Die relativ neuen Daten zum biochemischen Milieu im TrP werden von einigen Gruppen wegen der angewendeten Meßmethodik kritisch betrachtet. Die vereinzelt nachgewiesenen lokalen Kontrakturen im Muskelgewebe sind immer noch nicht zweifelsfrei in Muskelbiopsien nachgewiesen worden. Unstrittig sind dagegen die Existenz eines palpablen Knotens im Muskel und die Schmerzübertragung, die oft zu Fehldiagnosen führt. Diese Aspekte fehlen bei den tender points der Fibromyalgie weitgehend. Insgesamt liegt den TrPs wahrscheinlich ein peripherer Mechanismus zugrunde, der nach kurzer Zeit auch zu funktionellen Veränderungen im ZNS führt. In bezug auf die TePs ist immer noch unklar, ob die generalisierten Schmerzen primär peripher oder zentralnervös bedingt sind. Gravierende Unterschiede zu den TrPs bestehen darin, daß kein lokaler Palpationsbefund zu erheben ist und keine oder nur eine geringe Übertragung der Schmerzen vorliegt. Die TePs kommen per Definition multipel vor, darüber hinaus besteht eine Allodynie und Hyperalgesie auch an Stellen außerhalb der TePs. Im Gegensatz zu den TrPs spielen psychische Faktoren bei der TePs eine große Rolle. Insgesamt stehen zentralnervöse Störungen der Verarbeitung nozizeptiver Information im Vordergrund. Die Unterschiede zwischen TrPs und TePs sind insgesamt zu groß, als daß man eine gemeinsame Ätiologie und Pathophysiologie annehmen könnte.
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SY3 Triggerpoints und Tenderpoints – helfen sie in der Klinik? F. Petzke Schmerzzentrum, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Uniklinik Köln Chronische Schmerzen des muskuloskeletalen Systems haben vielfältige Ursachen. Neben gut definierten Krankheitsbildern kann bei einem großen Teil der Beschwerden keine spezifische Ursache oder Diagnose festgestellt werden. Oft besteht auch nur eine schlechte Korrelation zwischen objektiven Befunden und Ausprägung der klinischen Sympto matik. Dies trifft sowohl für lokal begrenzte Schmerzprobleme als auch für generalisierte Schmerzen zu. Entsprechend stehen diese Beschwerde bilder im Spannungsfeld zwischen somatischen und psychosomatischen Erklärungsansatz und führen zu entsprechend kontroversen klinischen Einschätzungen. Tenderpoints wurden zuerst im Kontext generalisierter Schmerzen be schrieben und als Klassifikationskriterien für das Fibromyalgiesyndrom definiert. Sie sind rein anatomisch definiert und ein Maß für eine generalisierte Erhöhung der Druckschmerzempfindlichkeit. Es ist un klar, ob die Tenderpoints lediglich mit dem Fibromyalgiesyndrom asso ziiert sind oder ob sie einen Erklärungsansatz für die Entstehung der spontanen Schmerzen des Fibromyalgiesyndroms darstellen. Aufgrund ihrer Korrelation mit Distress und der fraglichen Reliabilität und Objek tivität wird der Stellenwert zur Diagnosestellung des Fibromyalgie syndroms aktuell kontrovers diskutiert. Andererseits finden sich auch bei anderen chronischen Schmerzsyndromen eine vermehrte Zahl von Tenderpoints. Tenderpoints könnten somit eher ein indirektes Maß für Schmerzempfindlichkeit und Disstress darstellen und gerade aufgrund der Einfachheit der Untersuchung einen durchaus relevanten Baustein der klinischen Diagnostik darstellen. Triggerpoints fußen auf einem spezifischen pathophysiologischen Kon zept für die Entstehung lokaler Schmerzen, das bis heute, trotz breiter klinischer Anwendung und zunehmender wissenschaftlicher Erforschung noch nicht bewiesen ist. Ungeklärt ist auch die Diagnosestellung be züglich Reliabilität und relevanten klinischen Kriterien. Auch deuten neuere Studien auf eine Rolle zentraler Sensibilisierungsvorgänge in der Entstehung von Triggerpoints, z.B. beim Spannungskopfschmerz hin. Therapeutisch wird eine Vielzahl lokaler und zum Teil invasiver Be handlungsmaßnahmen empfohlen, die sich weiterhin auf nur mäßige Evidenz stützen könne. Triggerpoints sind somit ein klinisch oft gut nachvollziehbares Konzept, deren allgemeiner diagnostischer und thera peutischer Stellenwert noch weiterer Klärung bedarf.
Psychologische Verfahren Denken und Schmerz: wie Kognitionen Schmerz beein flussen und wie sie für die Behandlung nutzbar sind SY4 Schmerzlinderung oder Dissonanzreduktion? H. Sorgatz Technische Universität, Institut für Psychologie, Darmstadt Die Theorie der kognitiven Dissonanz beschreibt im Kern einen selten hinterfragten psychologischen Glaubenssatz, die positive Bewertung eines selbst erzeugten Handlungsergebnisses hinge von der Größe der vorher zu überwindenden Hindernisse ab. Die Wirkung einer schlecht schmeckenden „bitteren Medizin“ ließe sich dissonanztheoretisch dadurch erklären, dass angesichts des widerlichen Geschmacks mit Wirkungs-„konsonanten“ Empfindungen die kognitive Dissonanz zwi schen „geringer Heilwirkung“ und „unangenehmer Geschmack“ redu ziert werden kann. Ebenso könnten unangenehme Nebenwirkungen von Analgetika leichter ertragen werden, je stärker die Schmerzlinderung eingestuft wird. Der Patient müsste dann nicht den inneren Widerspruch weiter aushalten, ein widerlich schmeckendes aber wirkungsloses Medi kament wiederholt einzunehmen. Dissonanzreduktion könnte sich daher als ein nicht pharmakogener Faktor erweisen, der Wirkungsunterschiede zwischen Verum- und (nicht-aktiv)Plazebo Gruppen vergrößert. Dissonanzreduktion könnte auch schmerztherapeutisch eingesetzt werden, z. B. wenn die Teilnahme an einer bestimmten Behandlung von der vorherigen Lösung unangenehmer Aufgaben abhängig gemacht würde. Dies zu installieren setzt jedoch den Nachweis einer nachhaltigen klinischen Bedeutung von Dissonanz reduzierenden Prozessen voraus. Dies zu prüfen wurden publizierte experimentelle wie klinische Arbeiten zum Thema Dissonanzreduktion einem metaanalytischen Verfahren (vgl. LONTS) unterzogen. Überraschend fielen die meisten experi mentalpsychologischen Studien mangels korrekter Befunddarstellung methodisch durch. Klinische Studien überwiegend bei essgestörten Pa tienten zeitigten dagegen Effektindizes, die durchaus mit denen aus Lang zeitanwendungen von Opioiden vergleichbar sind, diese sogar numerisch übertreffen. Um die sehr schmale experimentelle Datenbasis der Dissonanztheorie schmerzzentriert zu erweitern, wurde Ende 2008 mit Untersuchungen zur Dissonanzreduktion bei experimentellen Schmerzen begonnen. Erste Befunde und therapeutische Handlungsmöglichkeiten werden im Vortrag erörtert. SY5 Selbstwirksamkeitserwartung, Beeinträchtigung und beobachtbares Verhalten. Wie sind die Zusammenhänge? A. Wendt Göttingen In einer Vielzahl von Studien zeigte sich, dass das Ausmaß der Beein trächtigung bei chronischen RückenschmerzpatientInnen sowohl für den Krankheitsverlauf als auch für die Prognose des Behandlungs erfolges eine wesentliche Bedeutung hat. Jedoch wird der Begriff der Beeinträchtigung vielfach sehr uneinheitlich verwendet und beinhaltet sowohl Selbsteinschätzungen der PatientInnen als auch Fremdbeobachtungsmaße. Die Zusammenhänge und Unterschiede zwischen diesen beiden Erhebungsebenen sollen hier gezielt untersucht werden. Zunächst werden die Zusammenhänge zwischen subjektivem Beeinträchtigungserleben und beobachtbarer Beeinträchtigung analy siert. Weiterhin werden Tendenzen zur Über- bzw. Unterschätzung betrachtet, in dem die Übereinstimmung von Beeinträchtigungserleben und beobachtbarer Beeinträchtigung untersucht wird und geprüft wird, ob sich chronische SchmerzpatientInnen und Rückengesunde darin
unterscheiden. Hierzu führten 71 chronische RückenschmerzpatientInnen und 48 Rückengesunde einen standardisierten Hebetest durch und gaben Selbsteinschätzungen ab (verbal, sowie mit dem Funktionsfragebogen Hannover Rückenschmerz (FfbH-R)), weiterhin werden die Selbstw irksamkeitserwartung und sowie mögliche weitere Einflussfaktoren, wie schmerzbezogene Ängste, Depressivität und biosoziale Faktoren erfasst. Die Untersuchungsergebnisse zeigen neben einem unerwartet deutlichen Zusammenhang zwischen beobachtbarer Beeinträchtigung und dem Beeinträchtigungserleben auch substantielle Unterschiede, so dass die Forderung nach einer separaten Erhebung unterstützt werden kann. In Bezug auf Über- und Unterschätzungstendenzen weist bei der Mehrheit der RückenschmerzpatientInnen das Beeinträchtigungserleben und die beobachtbare Beeinträchtigung eine große Übereinstimmung auf. Im Vergleich zu den Rückengesunden gelingt ihnen sogar eine korrektere Einschätzung. Zur Erklärung dieser unerwarteten Ergebnisse wird auf eine verstärkte Aufmerksamkeit der PatientInnen auf rücken schmerzrelevante Inhalte (hier: das Heben einer Kiste) verwiesen. Für den Behandlungsalltag lässt sich aus diesen Ergebnissen die Warnung ableiten, dass eine Diskrepanz zwischen geschilderter Beeinträchtigung und beobachtbarer Beeinträchtigung weder als eindeutiges Zeichen für Chronifizierung noch für Aggravationstendenzen gewertet werden kann. SY6 Selbstwirksamkeit stärken – warum und wie? J. Schneider MediClin Reha-Zentrum am Hahnberg - Fachklinik für Psychosomatik und Verhaltensmedizin, Bad Wildungen Einleitung: Selbstwirksamkeit ist nach Bandura eine Kognition, welche die Erwartung einer Person beschreibt, in einer bestimmten Situation ein bestimmtes Verhalten ausführen zu können. Selbstwirksamkeit wird als wichtige Voraussetzung dafür angesehen, dass eine Person in einer Problemsituation überhaupt den Versuch unternimmt, mit einem bestimmten Copingverhalten die Situation zu meistern. Die Selbstwirksamkeit beeinflusst dann weiterhin, wie viel Anstrengung für dieses Verhalten aufgewendet wird und wie lange es trotz Hindernissen und aversiven Erfahrungen aufrechterhalten wird. Nach Bandura sind persönliche Erfolgserlebnisse, Beobachtungen der erfolgreichen Leistungen anderer, verbale Überredung oder Überzeugung sowie der physiologische Zustand und die wahrgenommenen Emotionen wichtige Quellen zur Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartungen. Patientengut und Methode: Es wurden Daten von N=319 Patienten mit der Hauptdiagnose somatoforme Schmerzstörung (ICD-10) ausge wertet, die sich in einem stationären psychosomatischen Heilverfahren befanden. Den Patienten wurden zu Beginn und am Ende des statio nären Aufenthaltes verschiedene Fragebogen zu den Bereichen Selbst wirksamkeit, Schmerzbewältigung sowie schmerzbedingter und allge meiner Beeinträchtigung ausgeteilt. Die Daten wurden multivariat mittels linearer Strukturgleichungsmodelle (LISREL) analysiert. Ergebnisse: Die Analysen zeigen, dass die Selbstwirksamkeit signifikant positiv auf den Einsatz von Schmerzbewältigungsstrategien und signi fikant negativ auf die Beeinträchtigung wirkt. Auf der anderen Seite führt die erfolgreiche Verbesserung der Schmerzbewältigung und die Reduktion der Beeinträchtigung zu einer Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartungen. Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass Selbstwirksamk eitserwartungen bei Patienten mit somatoformer Schmerzstörung eine wichtige Rolle für die Schmerzbewältigung und die von den Patienten erlebte Beeinträchtigung im emotionalen und behavioralen Bereich spielen. Außerdem unterstützen die Ergebnisse die Annahme, dass sich die Selbstwirksamkeitserwartungen in Abhängigkeit von Veränderungen der erlebten Beeinträchtigungen und Schmerzbewältigungsstrategien ändern.
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Abstracts Transfer von Grundlagenforschung in die Klinik Chronischer Schmerz – aktuelle wissenschaftliche Aspekte zum spirituellen, religiösen und ethnischen Lebenshintergrund und zur Prävention SY7 Schmerz und Religion: Neuronale Mechanismen K. Wiech Oxford Centre for Functional Magnetic Resonace Imaging of the Brain (FMRIB), John Radcliff Hospital, Headington, United Kingdom Eine Vielzahl von chronischen Schmerzpatienten gibt an, dass Religiosität und Spiritualität wichtige Ressourcen im Umgang mit ihren Schmerzen sind. Die wissenschaftlichen Grundlagen des Einflusses religiösen Er lebens auf die Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung sind jedoch unklar. Erleben religiöse Personen Schmerzen tatsächlich anders als Nicht-Gläubige? Finden sich Unterschiede in der Verarbeitung schmerzhafter Reize im Gehirn zwischen beiden Gruppen? Und inwieweit unterscheiden sich die neuronalen Mechanismen religiösen Copings von anderen Phänomenen wie Plazeboanalgesie oder Ablenkung? Es werden Studien vorgestellt, die die Interaktion zwischen Religion und Schmerz untersuchen und erste Einblicke in die zugrundliegenden neuronalen Prozesse geben. SY8 Achtsamkeit und Spiritualität – ein wichtiger Faktor für die Wahrnehmung von psychischer Belastung? Ergebnisse einer Beobachtungsstudie in chronisch kranken Patienten N. Kohls Humanwissenschaftliches Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Bad Tölz 111 zufällig ausgewählte chronische kranke Patienten (CFS, Migräne und Reizdarm), die in einer Klinik in Südwestengland mit Konzepten der integrativen Medizin behandelt wurden, wurden in einer Fragebogenstudie zu Spiritualität, Religiosität, Achtsamkeit und psychischer und physi scher Belastung befragt. Es stellte sich heraus, dass Achtsamkeit und Spiritualität einen erheblich größeren Einfluss auf die empfundene psychische Belastung haben als Aspekte der Religiosität: Bei Patienten die einen höheren Grad an Achtsamkeit aufweisen (operationalisert als Median-Split), wird vor allem die negative Wirkung von dekonstruktiven Erfahrungen des Ich-Verlusts auf psychische Belastung aufgehoben, während diese bei Patienten mit geringeren Achtsamkeitswerten in einem deutlich höheren Zusammenhang mit psychischer Belastung stehen: Während die für chronische Schmerzpatienten typischen dekon struktiven Erfahrungen in den Patienten mit hoher Achtsamkeit nur 20% der Varianz in psychologischer Belastung erklären können, sind dies für Patienten mit niedriger Achtsamkeit 50% der Varianz. Wenn dieses Resultat repliziert werden kann, könnte Mangel an Achtsamkeit bei chronischen Schmerzpatienten als ein spezifischer Risikofaktor für psychische Belastung interpretiert werden. SY9 Ethnizität, Gene und Kultur: Kennen Indianer auch Schmerzen? U. Stamer Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn Die Schmerzempfindlichkeit eines Individuums wird als komplexe Interaktion zwischen genetischen Variablen, Geschlecht, Ethnizität und psychologischen Faktoren bewertet (1). So werden 50% des MigräneKopfschmerzes, zwischen 5–68% der Rücken-/ Kreuzschmerzen, 50%
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des Schulter-Armschmerzen und 40% der Schmerzen im Rahmen eines Karpaltunnelsyndroms über vererbliche Faktoren erklärt. Für die verbleibende Varianz spielen auch Umgebungseinflüsse (z.B. soziales Umfeld) und Interaktionen zwischen genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle (2). Für die Art der Kommunikation von Schmerze und auch die Bereitschaft (medizinische) Hilfe anzunehmen bzw. zu suchen, spielt Erziehung, Kultur und soziales Umfeld eine entscheidende Rolle (Schmerzäußerung eines tapferen Indianers sozial nicht erwünscht). Die ethnische Zugehörigkeit eines einzelnen Patienten beeinflusst jedoch auch Effektivität und Nebenwirkungen einer Pharmakotherapie. So können genetische Varianten, die z.B. spezifisch für Bevölkerungsgruppen aus bestimmten geographischen Regionen der Erde sind, Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Medikamenten / Analgetika verändern. Polymorphismen metabolisierender Enzyme führen zu einer schnelleren, langsameren oder auch fehlenden Transformation entsprechender Substrate. Patienten mit fehlender Enzymaktivität von CYP2D6 (Poor Metabolizer, PM) erfahren keine Analgesie durch Codein und eine reduzierte Analgesie mit höherem Analgetikaverbrauch unter Tramadol verglichen mit Patienten, die mindestens ein funktionelles Allel besitzen. Davon sind 10% der Kaukasier betroffen, während bei Asiaten diese PM-assoziierten Polymorphismen selten sind. Patienten mit einer Genduplikation, sind durch rasche und intensive Transformation von Tramadol, und Codein in ihre aktiven Metabolite gefährdet für eine Opioid induzierte Atemdepression. Trizyklische Antidepressiva und 5-HT3-Rezetorantagonisten werden bei erhöhter Enzymfunktion so schnell abgebaut, dass keine suffizienten Spiegel erreicht werden. Diese genetische Variante betrifft nur ca. 4% der Menschen in Mitteleuropa. Im Mittelmeerraum steigt die Häufigkeit der UM auf 10%, in Saudi-Arabien und Äthiopien auf bis zu 29%. Obwohl in den USA mittlerweile ein nur für Schwarzafrikaner zuge lassenes Antihyperten-sivum auf dem Markt ist, müssen zukünftige Untersuchungen zur Pharmakogenetik zeigen, in wieweit eine indi vidualisierte medikamentöse Therapie realistisch und kosteneffektiv ist. Literatur 1. Kim, H. et al. Pain 2004,109:481-89 2. Pain Clinical Updates 2005, XIII,3
Transfer von Grundlagenforschung in die Klinik Genetik und Schmerz SY12 Die Gene bestimmen ... das Schmerzsymptom A. Berthele Neurologische Klinik der TU München Auch wenn neuropathische Schmerzen im Allgemeinen keine klas sischen Erbkrankheiten sind, ist eine genetische Komponente bei der pathologischen Schmerzverarbeitung und der Entstehung chronischer Schmerzkrankheiten unbestritten. Bewiesen ist dies bei den sehr seltenen tatsächlich erblichen Schmerzsyndromen wie zum Beispiel der erblichen Form der Erythromelagie. Dass in der breiten Masse der Patienten mit neuropathischen Schmerzen bisher keine validen Schmerzrisikogene identifiziert worden sind, kann an den bisher verfolgten methodischen Ansätzen liegen, die überwiegend die Ätiologie des Schmerzsyndroms in den Mittelpunkt stellen. Eine gleiche zugrunde liegende Ätiologie bedeutet jedoch nicht immer eine gleiche Phänomenologie des zu beo bachtenden Schmerzsyndroms, sodass hier die Gefahr besteht, Äpfel mit Birnen zu vermischen. Konzentriert man sich dagegen auf die Schmerzsymptome selbst, so lassen sich aus deren Pathomechanismen Kandidatengene identifizieren, deren Untersuchung auch in relativ kleinen Patientenkohorten sinnvoll erscheint.
Kopfschmerz Neue Substanzen zur Therapie von Kopfschmerzen – ein echter Fortschritt? SY13 Bekannte Substanzen mit neuer Indikation: Studienergebnisse zu Botulinumtoxin und AT-1-Rezeptor-Antagonisten in der Migräneprophylaxe L. Neeb Klinik für Neurologie & Experimentelle Neurologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Trotz der verfügbaren, zur Migräneprophylaxe zugelassenen Medika mente gelingt bei vielen Migränepatienten keine suffiziente Prophy laxetherapie. Limitiert wird die Therapie durch mangelndes individu elles Ansprechen des Patienten auf die Therapie und/oder durch die unerwünschten Wirkungen des Medikaments. Deshalb ist die Ent wicklung neuer spezifischer wirksamer und nebenwirkungsärmer Prä parate zur Migräneprophylaxe notwendig. In der klinischen Praxis wird bei Patienten, die auf eine herkömmliche vorbeugende Behandlung nicht ansprechen, häufig auch ein Therapie versuch mit Medikamenten unternommen, die keine Zulassung für die Indikation Migräneprophylaxe besitzen („off-label use“). Zu diesen Medikamenten gehören Botulinumtoxin und AT-1-Rezeptor-Anta gonisten. Die AT-1-Rezeptor-Antagonisten Candesartan (Trovnik et al., 2003) und Telmisartan (Diener et al., 2009) haben sich in plazebokontrollierten Studien zur Migräneprophylaxe als effektiv erwiesen. Während die Anwendung von Botulinumtoxin zur Vorbeugung der episodischen Migräne anhand der Studienlage umstritten ist, zeigten die ersten präeliminären Daten der PREEMPT Studie zur Prophylaxe der chronischen Migräne mit Botulinumtoxin eine Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo. In dem Vortrag werden die wichtigsten Studien für diese Medikamente in der Migränetherapie vorgestellt und die Evidenz für deren Einsatz diskutiert.
Diagnostische Procedere Elektronische Schmerzdokumentationssysteme im Vergleich SY16 QUAST Chr. Maier1 , U. Gockel2 1 Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Bochum; 2 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie Maxvorstadt, München Das EDV-Programm „Qualitätssicherung in der Schmerztherapie“ (QUAST) wurde 1998 im Auftrag der DGSS programmiert und stabil in inzwischen mehr als 160 schmerztherapeutischen Einrichtungen bei über 180.000 Patienten zur laufenden Dokumentation und Qualitätssicherung eingesetzt (1). Die Anbindung der Fragebogenauswertung, der ärztlichen, physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Eintragungen an ein System zur Arztbrieferstellung ist ebenso selbstverständlich wie die Exportfähigkeit (u.a. in HOPE, für den DGSS-Kerndatensatz und alle Statistikprogramme) Durch seine Verbreitung erlaubt umfassende Analysen einzelner Instrumente und der Versorgungsqualität in deutschen Schmerzkliniken (2,3). QUAST wird als Standard in nationalen und zukünftig auch in europaweiten Netzwerken z.B. zur standardisierten QST-Auswertung verwendet. Neben der Fragebogenauswertung erlaubt QUAST, auch die Auswirkungen Interventionen und Medikamente auf
den Therapieverlauf zu erfassen. Neue Module zur Verlaufsbewertung der stationären Schmerzbehandlung und für palliativmedizinische Behandlungen haben sich bei mehr als 3000 Patienten bereits bewährt und sind daher auch Teil von SPAV-Verträgen geworden. Der nächste Schwerpunkt der von DGGS gewünschten Weiterentwicklung von QUAST wird die Einbindung von Internet-basierten Erfassungstools u.a. für Verlaufsfragebögen zur Nachbeobachtung und der Austausch mit pain-detect sein. Literatur –
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Gockel H, Maier C. QUAST – Ein auswertungsorientiertes EDV-System zur Dokumentation und Qualitätssicherung in der Schmerztherapie. Der Schmerz 2000;14:401-415. Frettlöh J, Maier C, Gockel H, Hüppe M. Validität des Mainzer Stadienmodells der Schmerzchronifizierung bei unterschiedlichen Schmerzdiagnosen. Schmerz 2003; 17:240-251. Frettlöh J, Maier C, Gockel H, Zenz M, Hüppe M. Patientenkollektiv deutscher schmerztherapeutischer Einrichtungen – Kerndaten von mehr als 10.000 Patienten. Schmerz, eingereicht
SY17 AC-STB K. Strick SchmerzNetzNRW e.G., Köln „Das SchmerzNetzNRW eG ist der Zusammenschluss von zur Zeit 44 schmerztherapeutischen Schwerpunkteinrichtungen in NordrheinWestfalen. Wir verfolgen das Ziel, schmerztherapeutische Arbeit qualita tiv abzusichern und Synergien bei Organisationsfragen zu nutzen. Das SchmerzNetzNRW eG betrachtet es als wichtige Aufgabe, die Qualität der Schmerztherapie trotz der drastischen Einschränkungen durch die Gesundheitsreformen zu verbessern. Die Erhebung, Auswertung und Analyse der notwendigen Daten, lässt sich wirtschaftlich nur elektronisch erreichen. Vor diesem Hintergrund wurden die im Markt befindlichen Softwarelösungen für die elektronische Schmerzdokumentation hin sichtlich der Eignung für die schmerztherapeutische Praxis untersucht. Hierzu wurden zunächst die für die effiziente Arbeit mit einer Software lösung relevanten Bewertungs- und Entscheidungskriterien definiert. Anhand dieser Kriterien wurden die Softwarelösungen analysiert und die Ergebnisse in einer Bewertungsmatrix gegenübergestellt. Das SchmerznetzNRW eG hat sich für AC-STB als eindeutigen Testsieger der geforderten Leistungskriterien entschieden. AC-STB bietet die Möglichkeit Fragebogen auf verschiedenen Eingabe medien wie Palm Handhelds, Papier oder PCs durch den Patienten schon im Wartezimmer ausfüllen zu lassen. Die Kompatibilität zu allen gängigen Klinik- und Praxissystem garantiert die Redundanzfreitheit der Daten. AC-STB verfügt über eine Bibliothek aller wichtigen Fragebogen und Checkliste, wie zum Beispiel den Deutschen Schmerz- und Verlaufs fragebogen. Zusätzlich wurden eigene Fragebogen implementiert und allen Mitglieder zur Verfügung gestellt. Über die Exportfunktionen werden die erhobenen Daten der Mitglieder in einem zentralen Datenpool anonymisiert eingespeist und unter verschiedensten wissenschaftlichen Aspekten ausgewertet. Im Vortrag werden dem Fachpublikum die Entscheidungskriterien, der Leistungsvergleich und die Ergebnisse präsentiert sowie bei Bedarf technische Detailfragen beantwortet.“ SY18 IMC – PainDocPro T. Nolte Schmerz- und Palliativzentrum Wiesbaden, Facharztzentrum MEDICUM, Wiesbaden IMC – PainDocPro ist ein hochentwickeltes elektronisches Datener fassungs-/Verwaltungs- und Analysesystem für die schmerztherapeutische Versorgung in Praxis und Klinik. In der aktuellen Version erlaubt IMC – PainDocPro nicht nur eine systematische Dokumentation, Be Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts wertung und Interpretation individueller Krankheitsverläufe, sondern auch gruppenspezifische Übersichtsanalysen (z.B. definierter Schmerz syndrome) und Benchmarkingevaluationen (z.B. im Rahmen integrierter Versorgungsprojekte). Ausgehend vom Deutschen Schmerzfragebogen und zahlreichen ergänz enden Instrumenten kann IMC – PainDocPro jederzeit um individuelle Fragebogen erweitert und entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen umfangreichst ausgebaut werden. Die Fragebogen sind digital im System hinterlegt und erlauben es den Patienten, verschiedenste Medien als Schnittstelle zu IMC – PainDocPro zu nutzen. Dabei stehen neben tra ditionelle Papierfragebogen insbesondere elektronische Lösungen wie stationäre Desktop-PCs, mobile Tablet-PCs, eBooks oder auch eine systemunabhängige Nutzung über das Internet optional zu Verfügung. Somit kann jeweils individuell auf die Bedürfnisse des Patienten und die jeweilige Behandlungssituation reagiert werden, wodurch eine maximale Flexibilität für Arzt und Patient gewährleistet werden kann! Da der wichtigste Teil einer Software die Schnittstelle zwischen Software und Benutzer ist, gibt es IMC – PainDocPro jetzt mit einer neu gestalteten intuitiv nutzbaren Benutzeroberfläche, die sich am aktuellen Stand der Technik orientiert. Diese bietet dem Anwender ein breites Spektrum vielfältigster Möglichkeiten wie z.B. eine einfache und automatisierte Datenverwaltung, zeitpunktbezogene Auswertungen aller Kompo nenten des Deutschen Schmerzfragebogens, frei wählbare Übersichts analysen über verlaufsspezifische Zustandsänderungen, eine symptom-/ beschwerdespezifische ICD-10 Kodierung, individuell adaptierbare, vollautomatisierte Berichterstellung unter Berücksichtigung aller elektronisch erfassten Parameter. Neben lokalen Einzel-/Mehrplatzlösungen erlauben Web-basierte Kom plexlösungen darüber hinaus sektorübergreifend systematische, um fangreiche, aussagekräftige und jederzeit punktgenau verwertbare Doku mentation und Behandlungsanalysen. Technische Grundvoraussetzungen für die Nutzung von IMC – PainDocPro ist lediglich ein haushaltsübliches MS-Vista bzw. MSWindows XP Computersystem. Je nach Anforderung sind weitere Ergänzungen hilfreich bzw. notwendig, wie z.B. hochwertige DuplexScanner, Tablet-PCs mit berührungsempfindlichem Display und Draht losnetzwerkfähigkeit, schnelle Internetverbindungen, gesicherte Inter netportale, eBook, ftp-Server, etc. Unabhängig von der letztendlich technisch zugrunde liegenden Ausgestaltung vor Ort gewährleistet IMC PainDocPro in der stand-alone Lösung den Benutzern einen maximalen Datenschutz und die vollumfängliche Hoheit über die Datennutzung! SY19 painDETECT ein multidimensionales Erhebungstool für die tägliche Praxis R. Freynhagen¹ , U. Gockel², T. R. Tölle³, T. R. Kohlmann⁴, R. Baron⁵ ¹Zentrum für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Schmerztherapie & Palliativmedizin, Benedictus Krankenhaus Tutzingen; ²Projektmanager Schmerz, Pfizer Pharma GmbH Berlin; ³Neurologische Klinik und Poliklinik und Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie, Universitätsklinikum Rechts der Isar München; ⁴Klinik für Neurologie, Campus Kiel, Sektion für Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; ⁵Institut für Community Medicine, Universitätsklinikum Greifswald Seit 5 Jahren führen der DFNS und die Pfizer Pharma GmbH das painDETECT-Projekt durch. Das Projekt dient dazu, Anhaltszahlen über die Häufigkeit und den Schweregrad von (neuropathischen) Schmerzen bei verschiedenen Erkrankungen zu gewinnen. Im Laufe dieser Zeit wurde so eine der weltweit größten epidemologischen Schmerzdatenbanken geschaffen. (> 500 Teilnehmer, > 100 Kliniken, > 100. 000 Patienten) Die Datenerhebung im painDETECT-Projekt hat sich von Beginn an die technische Entwicklung zunutze gemacht. So erfolgte die Daten erhebung seit Projektstart über elektronische Medien in Form von
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PalmHandhelds. Ca. 80 % der Patienten finden die Benutzung der Geräte einfach 11 % habe Mühe und nur 9 % benötigen permanente Hilfe durch die Schwester oder Arzthelferin. Durchgeführte Validierungsstudien zeigten, dass kein signifikanter Unterschied zwischen dem Gebrauch klassischer Papierskalen und moderner elektronischer Methoden be steht. Der Vorteil der elektronischen Dokumentation liegt in der ein fachen weiteren Nutzung der erhobenen Daten. Einerseits können die Daten lokal vom Teilnehmer zur Schmerzdiagnose, Dokumentation, Weiterleitung genutzt werden. Andererseits können die anonymisierten Pooldaten zur Qualitätssicherung verwendet werden. Eine automatisierte Weiterverarbeitung des Datenpools erlaubt jedem Teilnehmer ein ano nymes, fachübergreifendesn Benchmarking. Obgleich die Studie von der Firma Pfizer unterstützt wird, möchten wir betonen, dass es sich um ein produktunabhängiges Vorhaben handelt. Die Firma wird diese Daten nicht dazu benutzen, eine gezielte Marktforschung zu betreiben, schon deshalb nicht, weil keine Medika mente erfragt werden. Die Koordination der Erhebung erfolgt durch den Deutschen Forschungs verbund Neuropathischer Schmerz, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt wird und sich Fragen der Patho physiologie, Prävention und Therapie neuropathischer Schmerzen widmet. Die Daten werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke in streng anonymisierter Form unter Wahrung der Interessen aller Be teiligten ausgewertet und. publiziert werden. Es ist unmöglich, aus Publi kationen oder internen Verlautbarungen Rückschlüsse auf einzelne Pa tienten oder Ärzte zu ziehen. Ein großer Erfolg des Projektes ist die Entwicklung von Screeningtools z. B. des painDETECT-Questionaires. Dieser erlaubt auch fachfremden Ärzten einfach Hinweise auf neuropathische Schmerzkomponenten zu finden. Parallel zur wissenschaftlichen Entwicklung erfolgt auch die technische Evolution. Ein Beispiel hierfür sind die elektronischen Tagebücher. Während in anderen Indikationen elektronische Langzeitmessgeräte (z.B. EKG oder Blutdruckmessgeräte) schon zur klinischen Routine gehören, gab es für Schmerzpatienten kaum einsatzfähige Langzeitmessgeräte zur Schmerzmessung in der klinischen Routine. Ein idealer Einsatz der Geräte ist in der Qualitätssicherung, z. B. im Reha-Bereich. Elektronische Schmerztagebücher, die auch Fragen nach Komorbitäten (z.B. Schlaf- oder Angstörungen) beinhalten, können helfen frühzeitige Fehlentwicklungen der Schmerztherapie zu erkennen. SY20 iSuite „Chronischer Schmerz“ – Ein Wissensbanksystem zur Dokumentation und Qualitätssicherung K. Gastmeier¹, U. Petersohn², S. Guhlemann² ¹Ambulantes Operationszentrum, Potsdam-Babelsberg; ²Institut für Künstliche Intelligenz, Fakultät Informatik, TU Dresden Fragestellung: Im Rahmen der Qualitätssicherung langfristiger Behand lungen ist eine computergestützte Dokumentation und Evaluierung von Anamnesen, Krankheitsverläufen, Diagnosen, Befunden und Therapien sinnvoll. Aus dieser Motivation heraus wurde in einer Kooperation des Interdisziplinären Arbeitskreises Brandenburger Schmerztherapeuten e.V. (IABS) mit der Fakultät Informatik der TU Dresden das Wissensbankund Informationssystem iSuite „Chronischer Schmerz“ entwickelt. Material und Methoden: Aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz wurden die Methoden des Fallbasierten und konzeptbasieren Schliessens sowie der Prädikatenlogik in einem Wissensbanksystem umgesetzt. Umfangreiches schmerzmedizinisches Wissen wurde eingebaut, um eine hochwertige Evaluierungs- und Entscheidungsunterstützung zu ermöglichen. Ergebnisse: Das iSuite-System gibt dem Arzt Hilfestellungen in Form von automatisierten Dialogen, Dokumentationen, Recherchen, Be rechnungen, Auswertungen, grafischen Darstellungen und Vorschlägen in jeder Situation der Behandlung eines konkreten Patienten. Darüber
hinaus sind statistische Auswertungen und fallbasiertes Schliessen über dem gesamten Patientenstamm möglich. Diskussion: Das iSuite-System enthält unter dem Shell einer einfach handhabbaren Oberfläche einzeln aufrufbare Funktionen. Diese Funk tionen greifen auf im System gespeicherte, generische Wissensbestände, sowie in einer Datenbank abgelegte spezifische Patientendaten zurück. Damit wird es möglich, Wissen und Dialoge leicht an neue Erkenntnisse oder Bedürfnisse anzupassen. Eine dieser Funktionen ist eine generische Patienteneingabekompo nente. Hier gibt der Patient autonom in einer multimedialen Oberfläche seine Anamnese ein. Ein qualitativer Fortschritt einer strukturierten Anamnese mit iSuite „Chronischer Schmerz“ besteht auch darin, dass bestimmte medizinische Termini und Begriffe, die für eine Diagnostik Relevanz besitzen, über multimediale Techniken dem Patienten genauer erklärt werden können. Die Antworten des Patienten können aufgrund des dadurch erzielten besseren Frage-Verständnisses mit einer höheren Verlässlichkeit gewertet werden. Weiterhin können generisch beliebige Auswertungen zu einem kon kreten Patienten durchgeführt werden. Ebensolche Auswertungen über dem gesamten Patientenstamm einer Praxis oder sogar mehrerer Praxen ermöglichen die gezielte Suche nach Patienten mit ähnlichen Krank heitsbildern und deren Behandlung. Ausserdem werden so statistische Zusammenhänge offenbar. Schlußfolgerung: Das System führt in den meisten Fällen zu einer deutlichen Zeit- und Aufwandsersparnis und gewährleistet einen konti nuierlichen, umfassenden und jederzeit auswertbaren Dokumentations standard. Dabei werden der Arzt und das medizinische Personal von der täglichen Praxis notwendiger Routinedokumentationsaufgaben ent lastet. Da das Programmsystem, wissensbasiert aufgebaut ist, besteht jederzeit die Möglichkeit, sich auf schwerpunktmäßige Fragen – je nach Aktualität – zu konzentrieren. Damit ist dieses Programmsystem auch für nicht schmerzbezogene Fragestellungen interessant und soll mittelfristig in anderen Teilgebieten der Medizin eingesetzt werden.
Neuropathischer Schmerz Kalter Schmerz – Zusammenhänge zwischen Thermo- und Nozizeption SY22 Schmerz ohne Kälte – was ist Morbus Fabry? D. Naleschinski Neurologie Uni Kiel Bei der x-chromosomalen genetischen Speichererkrankung des Morbus Fabry kommt es durch eine Mutation im a-Galaktosidase-A-Gen zu Globotriaosylceramid Einlagerungen in den Zellen verschiedenster Organe, wobei die klinischen Hauptorgane Herz, Niere, Gehirn und das periphere Nervensystem sind. Seit mehreren Jahren steht eine kau sale Therapie, der Enzymersatz, zur Verfügung. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann nach Initiierung der Enzymersatz-Therapie noch eine Stabilisierung des Krankheitsprozesses erreicht werden. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnosestellung wichtig. Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass der M. Fabry häufig (zu) spät diagnostiziert wird. Zu den Frühsymptomen beim M. Fabry gehören neuropathische Schmerzen. Typischerweise leiden die Patienten schon als Kleinkinder an anfallsweise auftretenden heftigen Brennschmerzen vor allem in den distalen Extremitäten, die meist durch fieberhafte Infekte, Temperaturbelastungen, emotionale oder körperliche Belastungen aus gelöst werden und als „Fabry-Krisen“ bezeichnet werden. In einer von uns durchgeführten Studie konnten wir bei männlichen M. Fabry Patienten mittels der Quantitativen Sensorischen Testung (QST) ein somatosensorisches Profil darstellen, das im Vergleich mit
Polyneuropathien anderer Ätiologie eine reine Polyneuropathie der dünnen Nervenfasern, eine sogenannte Small-Fiber-Polyneuropathie, mit besonders schwerwiegender Kältehypästhesie zeigte. Auch bei weiblichen M. Fabry Patientinnen scheint sich ein ähnliches Profil zu finden, jedoch nicht in dieser schweren Ausprägung. Die quantitative sensorische Testung ist jedoch sehr zeitaufwendig. Aufgrund des spezifischen Profils der M. Fabry Patienten konnten wir die Testparameter zu einem einfachen und schnellen Bedside-Test reduzieren. Aus den von den Patienten übereinstimmend ähnlichen anamnestischen Angaben, z.B. zu schmerzbedingten Einschränkungen der sportlichen Aktivitäten und Schmerzverstärkung durch Wärme, haben wir einen Fragebogen erstellt. In der Kombination des Bedside-Tests mit dem Frage bogen hoffen wir eine Methode zu erhalten, die den klinischen Verdacht auf einen Morbus Fabry erhärten und in der frühen Erkrankungsphase den Morbus Fabry von häufigen Differentialdiagnosen wie der schmerz haften Polyneuropathie unklarer Ätiologie und rheumatologischen Er krankungen abgrenzen kann, um die Patienten frühzeitig einer Therapie zuzuführen und sie damit vor Lebenszeit-limitierenden Folgen zu schützen. SY23 Kälte und Schmerz – vom Symptom zum Mechanismus G. Wasner Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Der Kälteschmerz, eine Form der thermischen Hyperalgesie, ist ein wichtiges Symptom neuropathischer Schmerzen. Humane experimentelle Schmerzmodelle geben Hinweise auf zugrunde liegende Mechanismen der Schmerzentstehung. Einerseits lässt sich ein Kälteschmerz durch topische Applikation von Menthol auslösen. Ursächlich ist hierbei eine Sensibilisierung peripherer kältesensibler C-Nozizeptoren über sogenannte TRPM8-Kanäle, die auf den Nervenfasern lokalisiert sind. Andererseits lässt sich ein Kälte-induzierter Schmerz auch durch Blockade von A-Faser-Afferenzen auslösen, die spezifisch nicht-schmerzhafte Kälte leiten. In diesem Fall wird eine zentrale Disinibition der Kälte schmerzfasern als Ursache diskutiert. Anhand dieser Mechanismen soll der pathologische Kälteschmerz bei Patienten, beispielsweise nach einem Hirninfarkt oder einer Chemotherapie, diskutiert werden.
Rückenschmerz Chronischer Rückenschmerz – Therapien auf dem Prüfstand SY38 Funktionelle Therapien des Bewegungssystems J. Dries DRK Schmerz-Zentrum Mainz Es gibt ein großes Spektrum an krankengymnastischen Techniken. Wie steht es um die Evidenzen der einzelnen Verfahren? Beziehen sich die Maßnahmen, die in Reviews und Guidelines beschrieben werden auf monokausale Befunde oder können damit auch komplexe Störungen, wie wir sie beim chronischen Rückenschmerz finden können, behandelt werden?
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Abstracts SY39 Psychologische Verfahren M. Pfingsten Schmerztagesklinik und -Ambulanz, Universitätsmedizin Göttingen Die Effektivität psychologischer Schmerztherapie bei Patienten mit chronischen Schmerzen ist inzwischen hinreichend belegt. Dabei haben sich insbesondere kognitiv-behaviorale Ansätze als erfolgreich erwiesen. Sowohl im Vergleich zu unbehandelten Kontrollgruppen als auch im Vergleich mit medikamentösen Monotherapien konnte die Überlegenheit der interdisziplinären Schmerztherapie bzgl. Schmerz reduktion, Analgetika-Verbrauch, Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsleistungen, Rückkehr an den Arbeitsplatz und Beendigung sozialmedizinischer Verfahren nachgewiesen werden. Für den (chro nischen) Rückenschmerz hat eine Arbeitsgruppe aus Schweden in zwei aufwändigen prospektiven Studien nachgewiesen, dass durch eine frühzeitige Identifikation und Berücksichtigung psychosozialer Risiko faktoren, die eine spezifische kognitiv-behaviorale Intervention nach sich ziehen, enorme Kosten eingespart werden können. Bei chronischen Rückenschmerzen gibt es klare Evidenz dafür, dass insbesondere sog. multimodale Verfahren erfolgreich sind: Als „Inter disziplinäre multimodale Schmerztherapie“ wird dabei die gleichzeitige, inhaltlich, zeitlich und in der Vorgehensweise aufeinander abgestimmte, umfassende Behandlung bezeichnet, in die verschiedene somatische, körperlich übende, psychologisch übende und psychotherapeutische Verfahren nach vorgegebenem Behandlungsplan mit identischem, unter den Therapeuten abgesprochenem Therapieziel eingebunden sind. Die Behandlung wird von einem Therapeutenteam aus Ärzten einer oder mehrerer Fachrichtungen, Psychologen bzw. Psychotherapeuten und weiteren Disziplinen wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Mototherapeuten in Kleingruppen von maximal 8 Patienten erbracht. Unter ärztlicher Leitung stehen die beteiligten Therapieformen und Disziplinen gleichberechtigt nebeneinander. Obligat ist eine gemeinsame Beurteilung des Behandlungsverlaufs innerhalb regelmäßiger vorge planter Teambesprechungen unter Einbindung aller Therapeuten. Zent rales Behandlungsziel ist die Wiederherstellung der objektiven und sub jektiven Funktionsfähigkeit („functional restoration“) mit Steigerung der Kontrollfähigkeit und des Kompetenzgefühls der Betroffenen; die Vorgehensweise ist ressourcenorientiert. Grundpfeiler sind die drei Behandlungsteile: Trainings-(Bewegungs-)Therapie, Work-Hardening und (Gruppen-)Psychotherapie auf der Basis verhaltenstherapeutischer Prinzipien. Neben medikamentöser Therapie gehören: – eine intensive Information und Schulung der Patienten auf Basis eines biopsychosozialen Krankheitsmodells, – eine konsequente Steigerung der körperlichen Aktivität (Bewegungstherapie, Sporttherapie) mit Motivierungs- und Beratungselementen für Alltagsaktivitäten, sowie – psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen zur Veränderung des maladaptiven, auf Ruhe und Schonung oder Durchhalten ausgerichteten Krankheitsverhaltens, zur Stärkung von eigenen Ressourcen im Umgang mit Schmerz und Beeinträchtigung sowie zum Erlernen von Entspannungs- und Stressbewältigun gstechniken, Bewältigungsstrategien (ggf. findet zusätzlich eine störungsorientierte Einzeltherapie statt) zum Behandlungskonzept. Verhaltenstherapeutische Prinzipien werden auf alle Behandlungs¬anteile angewendet und betreffen die spezifische Art des Trainings, das Therapeutenverhalten, den Umgang mit Schmerz sowie die Übertragung der Inhalte auf den Alltagsbereich.
Tumorschmerz Effektivität und Probleme einer Tumorschmerztherapie mit Opioiden SY44 „Führt Symptomkontrolle zu Symptomen?“ S. Wirz CURA-Krankenhaus, Abteilung für Anästhesie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, Bad Honnef Die Effektivität einer ansonsten effizienten Tumorschmerztherapie wird regelmäßig durch das Auftreten von Symptomen eingeschränkt. Diese lassen sich ätiologisch in tumorbedingte bzw. tumorassoziierte oder therapiebedingte Symptome unterteilen. Nach ihrer Bedeutung können lebensbedrohliche Komplikationen von nicht-lebensbedrohliche Komplikationen, – nach „Lokalisation“ als zentrale, gastrointestinale oder sonstige NW –, unterschieden werden. Eine hohe Rate opioiddbedingter Nebenwirkungen wird deutlich in einer Metaanalyse von 15 randomisierten, plazebokontrollierten Studien, nach der 80% der Patienten betroffen sind. So treten am häufigsten eine Obstipation mit 41%, Übelkeit mit 32% und Sedationseffekte mit 29% auf. Dadurch ergeben sich hohe Abbruchraten: Nur 44% von 388 offen nachbeobachteten Patienten nahmen nach 7- bis 24-monatigem Followup noch Opioide ein. Dies unterstreicht den Stellenwert einer effizienten Symptomkontrolle mit Beginn einer Opioidtherapie. So ist unter einer Opioidtherapie mit dem nicht betäubungsmittelpflichtigen Tramadol insbesondere die Interaktion mit Antidepressiva eine häufige Ursache zentraler Nebenwirkungen. Diese können durchaus gravierenden Charakter einnehmen und bis zu einem Serotoninsyndrom führen Die Obstipation als häufiges gastrointestinales Symptom sollte nach einem abgestuften und eskalierenden Schema behandelt werden. Die Auswahl der geeigneten Substanzen ist dabei allerdings essentiell, denn bestimmte Laxanzien wie Laktulose oder Senna-Extrakte erzeugen wiederum gastrointestinale Symptome oder abdominelle Schmerzen, wodurch es zu einem Abbruch der Schmerztherapie kommen kann. Besonders evident ist die nicht ausreichend beachtete Erzeugung einer Obstipation durch Antiemetika. Dabei kommen fast alle empfohlenen Substanzen außer dem propulsiv wirkenden Metoclopramid in Betracht. Die inhibierende Wirkung von 5-HT3A-Rezeptorantagonisten zur Emesis-Kontrolle im Verlauf einer Opioidtherapie bewirkt eine sekundär verstärkte Propulsionshemmung. Ebenso verstärken auch niedrig dosierte Neuroleptika eine Obstipation. Unter Neuroleptika kommt es über deren Blockade von gastrointestinalen Muskarinrezeptoren. Ins gesamt resultiert eine Slow-Transit-Obstipation Auch Opioide sind indirekt in serotonerge Mechanismen der Auslösung von Nausea und Emesis involviert, denn sie hemmen den menschlichen 5-HT3 Rezeptor in Korrelation mit ihrer analgetischen Potenz. Diese bedingt wiederum einen verstärkten Einsatz von Antiemetika, – mit dem sekundären Effekt einer verstärkten Obstipation. Dies konnte auch in klinischen Untersuchungen an Tumorschmerzpatienten gezeigt werden Um das Nebenwirkungsrisiko im Verlauf einer Schmerztherapie mit Opioiden möglichst gering zu halten und den Therapieerfolg zu steigern, ist eine Risikostratifizierung der Patienten vor Behandlungsbeginn obli gat. Als Parameter erfasst werden sollten Alter, Größe, Geschlecht und Organinsuffizienzen. Bei allen Patienten sollte direkt zu Beginn einer Opioidtherapie eine symptomorientierte Obstipationsprophylaxe initiiert werden, da dieses das häufigste therapiebedingte Symptom darstellt. Dabei sollte man vor allem mögliche Interaktionen in Erwägung ziehen. Bei anhaltenden Beschwerden kann eine Opioidrotation erfolgen. Literatur –
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Cash BD, Chey WD. The role of serotonergic agents in the treatment of patients with primary chronic constipation. Aliment Pharmacol Ther. 2005;22(11-12):1047-60.
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Kalso E, Edwards JE, Moore RA, McQuay HJ. Opioids in chronic non-cancer pain: Systematic review of efficacy and safety. Pain 2004;112:372-380 Roughead EE, Gilbert AL, McDermott B. Antidepressants: prevalence of duplicate therapy and avoidable drug interactions in Australian veterans. Aust N Z J Psychiatry. 2007,41(4):366-70 Trescott AM et al. Opioid Pharmacology. Pain Physician 2008; Opioids Special Issue:11: S133-S153 Wirz S, Wartenberg HC, Nadstawek J. Less gastrointestinal symptoms comparing hydromorphone and morphine? A prospective open-labeled investigation on cancer pain. Supp Care Cancer 2008;16(9):999-1009 Wirz S. Opioid-induzierte Obstipation, Unimed 2009 Wittmann M, Schaaf T, Peters I, Wirz S, Urban BW, Barann M. Effects of fentanyl-like opioids and hydromorphone on human 5-HT3A receptors Anesthesia Analgesia 2008;107(1):107-12
Grundlagenforschung Korrelate der Schmerzverarbeitung SY45 Wie beeinflussen Antizipation und Emotionen die Schmerzverarbeitung bei Patienten mit BorderlinePersönlichkeitsstörung? I. Klossika, M. Bohus, Chr. Schmahl Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Klinik für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin, Mannheim Fragestellung: Die reduzierte Schmerzwahrnehmung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist ein mehrfach replizierter Befund. Viele dieser Patienten wenden darüber hinaus selbstverletzendes Verhalten zur Reduktion aversiver Anspannung an. Da diese Phänome ne offenbar nicht auf eine veränderte sensorische Verarbeitung zurück zuführen sind, wurde in einem weiteren Schritt der Einfluss kognitiver und emotionaler Prozesse auf die Schmerzverarbeitung bei BPS-Pa tienten untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem Mechanismus der Schmerzantizipation. Material und Methoden: Bei 29 unmedizierten BPS-Patienten und 32 gesunden Kontrollprobanden wurden Hitze- und Kälteschmerz schwellen unter verschiedenen Bedingungen (Baseline, Schmerzanti zipation, Emotionsinduktion) erfasst. Neuronale Korrelate der Schmerz wahrnehmung (fMRT) unter entsprechenden Bedingungen wurden bei 20 BPS-Patienten und 25 gesunden Kontrollprobanden erhoben. Schmerzantizipation wurde durch die Ankündigung eines intensiven Schmerzreizes erzeugt, für die Emotionsinduktion wurden standardisierte IAPS-Bilder (International Affective Picture System) verwendet. Die Schmerzreize wurden mit einer Kontaktthermode appliziert (MEDOC, 2001). Ergebnisse: Die Antizipation eines intensiven Schmerzreizes erhöhte die Hitzeschmerzschwellen bei den BPS-Patienten, nicht aber bei den gesunden Kontrollprobanden. Zudem zeigte sich im fMRT nur in der Patientengruppe eine Deaktivierung der rechten Amygdala in der Antizipationsbedingung. Die Emotionsinduktion bewirkte in beiden Gruppen eine signifikante Steigerung der Hitzeschmerzwellen, differentielle Effekte waren jedoch nicht zu beobachten. Diskussion: Da die Schmerzantizipation nur bei den BPS-Patienten mit erhöhten Hitzeschmerzschwellen verbunden war und auch nur in dieser Gruppe neurophysiologische Korrelate der Antizipationsbedingung beobachtet werden konnten, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Mechanismus bei diesem Störungsbild eine besondere Rolle spielt. Möglicherweise findet sich hier ein zentraler Mechanismus für die reduzierte Schmerzwahrnehmung bei diesen Patienten, der für die Affektregulation relevant sein könnte. Positive und negative Emotionen scheinen dagegen einen unspezifischen Einfluss auf die Schmerzschwellen zu haben, der für beide Gruppen vergleichbar ist.
Schlussfolgerung: Die Auswirkungen der Antizipation auf die Schmerz wahrnehmung bei BPS-Patienten bieten eine Erklärung für die klinisch oft häufig zu beobachtende Analgesie während selbstverletzenden Verhaltens. Möglicherweise spielt dieser Mechanismus darüber hinaus generell eine wichtige Rolle für die Affektregulation bei BorderlinePatienten. SY46 Affektive und kognitive Modulation der Schmerzverarbeitung bei Schmerzpatienten und Masochisten S. Kamping, I. C. Bomba, E. Diesch, H. Flor Institut für Klinische Psychologie und Neuropsychologie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim Ziel unserer Studie ist es, ein besseres Verständnis des Zusammenspiels zwischen sensorischen, emotionalen und kognitiven Modulatoren der Schmerzwahrnehmung und deren Verarbeitung im Gehirn zu er langen. Zu diesem Zweck untersuchten wir Personen, bei denen die Schmerzwahrnehmung verändert ist: Patienten mit der chronischen Schmerzerkrankung Fibromyalgie und Personen mit masochistischen Neigungen. Während bei der ersten Personengruppe ist eine gesteigerte subjektive Schmerzempfindung zu beobachten ist, scheint die zweite Personengruppe in der Lage zu sein, sich von den unangenehmen Aspekten des Schmerzes – zumindest in bestimmten Situationen – zu distanzieren. Hier interessiert uns besonders, inwieweit sich die Schmerzverarbeitung im Gehirn bei diesen beiden Gruppen unterscheidet. Wir untersuchten den Einfluss von emotionalem Bildmaterial auf die Schmerzwahrnehmung bei 14 Patienten mit Fibromyalgie (FMS), 14 Personen mit masochistischen Neigungen (MN) und 28 Kon trollprobanden (KP). Mit einem Nd:YAP Laser wurden individuell angepasste schmerzhafte Stimuli auf den linken Handrücken appliziert. Der emotionale Hintergrund der schmerzhaften Stimuli wurde durch die Präsentation von negativen, neutralen und positiven Bildern aus dem International Affective Picture System (IAPS) realisiert. Zusätzlich wurden Bilder mit masochistischem Inhalt präsentiert. MR-Bilder wurden an einem 3T TRIO Siemens Tomographen erhoben. Es fanden sich keine Unterschiede in der subjektiven Schmerzhaftigkeit sowie Unangenehmheit der schmerzhaften Laserstimuli zwischen den Fibromyalgiepatienten und Kontrollprobanden. Bei den Personen mit masochistischen Neigungen fand sich ein signifikanter Unterschied in der Bewertung der Unangenehmheit der Schmerzreize bei masochistischen Bildern. In der fMRT Untersuchung konnten wir zeigen, dass Laserstimuli im Vergleich zu einer Baseline zu einer deutlichen Aktivierung der Schmerz matrix bei allen Probanden führten. Für die Fibromyalgiepatienten fanden wir keine Aktivierungsunterschiede bei der Betrachtung des emotionalen Bildmaterials. Signifikant verringerte Aktivierungen bei schmerzhafter Reizung und gleichzeitiger Betrachtung positiver Bilder fanden sich im anterioren cingulären Cortex (ACC) und im linken orbitofrontalen Kortex bei Fibromyalgiepatienten verglichen mit Kontrollprobanden. Bei der Betrachtung von Bildern mit masochistischem Inhalt fanden wir bei den Kontrollprobanden eine erhöhte Aktivierung der linken Amygdala im Vergleich zu Personen mit masochistischen Neigungen. Wenn zusätzlich Schmerzreize appliziert werden fanden sich erhöhte Aktivierungen in den somatosensorischen Areale bei Personen mit masochistischen Neigungen im Vergleich zu Kontrollprobanden. Für die Fibromyalgiepatienten weisen die Ergebnisse darauf hin, dass sie weniger in der Lage sind die Schmerzreize in einer emotional positiven Situation zu modulieren. Die Ergebnisse der Personen mit masochistischen Neigungen legen die Schlussfolgerung nahe, dass die veränderte Wahrnehmung der Schmerzreize bereits während der frühen Verarbeitungsschritte der sensorischen Information passiert.
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Abstracts SY47 Sensorisch-diskriminative Schmerzverarbeitung bei Patienten mit Major Depression N. Hausenblas¹, N. Trautmann², U. Baumgärtner³, M. Breimhorst⁴, G. Bleichhardt⁵, W. Hiller⁶, R.-D. Treede⁷ ¹Lehrstuhl für Neurophysiologie, Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim; ²Klinische Psychologie und Psychotherapie Mainz am Psychologischen Institut, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; ³Lehrstuhl für Neurophysiologie, Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim; ⁴Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der JohannesGutenberg-Universität Mainz; ⁵Klinische Psychologie und Psychotherapie, Philipps-Universität Marburg; ⁶Lehrstuhl für Neuropysiologie, Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Mannheim, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; ⁷Lehrstuhl für Neurophysiologie, Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Depressionen stellen eine der häufigsten psychischen Störungen dar. Über 75% von Patienten mit Depressionen leiden an chronischen oder rezidivierenden Schmerzen (1); bei 30–60% von Patienten, die unter chronischen Schmerzen leiden, wurde über eine Komorbidität mit Major Depression (MD) berichtet (2). Gleichzeitig ist die Befundlage zur Sensitivität bei MD-Patienten auf experimentelle Schmerzreize (verglichen mit gesunden Probanden) uneindeutig. Fraglich ist, ob die heterogenen Befunde durch aufmerksamkeitsspezifische Faktoren bei der Verarbeitung experimentell induzierter Schmerzreize erklärt werden können. Daher wurden in dieser Studie aufmerksamkeitsspezifische Faktoren (Fokussierung auf den Schmerzreiz, Ablenkung vom Schmerz reiz) manipuliert. Um die kortikalen Verarbeitungsschritte reliabel und adäquat zu erfassen, wurde während der Applikation von noxischen Hitzereizen mittels Festkörperlaser ein Elektroenzephalogramm (EEG) abgeleitet und die Laser-evozierten Potentiale (LEP) analysiert. Zwanzig MD-Patienten und zwanzig alters- und geschlechtsentsprechende ge sunde Probanden wurden untersucht. Klinisch strukturierte Interviews (SKID-I) und Fragebögen zum Schweregrad der Depression (Beck Depression Inventar, Allgemeine-Depressions-Skala-Kurzform) wurden als Screening-Instrumente eingesetzt, um sowohl das Ausmaß der Depression bei MD-Patienten zu bestimmen, als auch depressive Ten denzen in der Kontrollgruppe auszuschließen. Vor der Durchführung der Untersuchung wurden sowohl Laser-Wahrnehmungsschwellen als auch Laser-Schmerzschwellen bestimmt. Das experimentelle Design bestand aus zwei Versuchsbedingungen (Kopfrechnen – Ablenkung vom Laserreiz, Intensitätsdiskrimination – Fokussierung auf den Laserreiz) mit jeweils sechs alternierenden Blöcken (á 20 Reize). Noxische Laserreize (Thulium YAG-Laser) wurden den Teilnehmern auf den rechten Handrücken appliziert. Simultan erfolgte eine 32-Kanal EEG-Ableitung. Nach jedem Block innerhalb der jeweiligen Versuchsbedingung wurde eine visuelle Analogskala (VAS) mit den Ankerpunkten: ‚kein Schmerz‘ vs. ‚stärkster vorstellbarer Schmerz‘ erhoben. Die Ergebnisse der Fragebögendaten (BDI, ADS-K) zeigten signifikant höhere Werte bei MD-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen (p>.001). Wahrnehmungs- und Schmerzschwellen unterschieden sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen (Wahrnehmungsschwelle: p=.636, Schmerzschwelle: p=.873). Bezogen auf die Schmerzratings in den beiden Versuchsbedingungen gab es keine signifikanten Unterschiede im Gruppenvergleich zwischen MD-Patienten und gesunden Probanden (F1/38=.002, p=.964). In der Bedingung der ‚Intensitätsdiskrimination‘ zeigten sich signifikant höhere LEP-Amplituden in den Komponenten N1, N2P2 und P3 gegenüber der Bedingung ‚Kopfrechnen‘ (F1/38= 6.1; p=.018). Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Gruppenvergleich ‚MD-Patienten‘ und ‚gesunde Probanden‘ hinsichtlich
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der erfassten LEP-Komponenten. Aufmerksamkeitsspezifische Effekte zeigten sich gleichermaßen bei MD-Patienten und gesunden Probanden zwischen den Bedingungen Kopfrechnen (Ablenkung vom Schmerzreiz) und Intensitätsdiskrimination (Fokussierung auf den Schmerzreiz). Heterogene Literaturangaben zur Schmerzverarbeitung bei depressiven Patienten lassen sich auf der Basis unserer Daten nicht allein auf aufme rksamkeitsspezifische Faktoren zurückführen. Unterstützt durch: BMBF 01 GW 0532 Literatur 1. Lepine JP, Briley M. The epidemiology of pain in depression. Hum Psychopharmacol. 2004. 19 (Suppl 1):S3–S7. 2. Bair MJ, Robinson RL, Katon W, Kroenke K. Depression and pain comorbidity: a literature review. Arch Intern Med. 2003. 163 (20):2433-45. 3. Miron D, Duncan GH, Bushnell MC. Effects of attention on the intensity and unpleasantness of thermal pain. Pain. 1989. 39 (3):345-52. 4. Petrovic P, Petersson KM, Ghatan PH, Stone-Elander S, Ingvar M. Pain-related cerebral activation is altered by a distracting cognitive task. Pain. 2000. 85: 19-30 5. Valet M, Sprenger T, Boecker H, Willoch F, Rummeny E, Conrad B, Erhard P, Tolle TR. Distraction modulates connectivity of the cingulo-frontal cortex and the midbrain during pain-an fMRI analysis. Pain. 2004. 109(3):399-408. 6. Beydoun A, Morrow TJ, Shen JF, Casey KL. Variability of laser-evoked potentials: attention, arousal and lateralized differences. Electroencephalogr Clin Neurophysiol. 1993. 88 (3):173-81.
Palliativmedizin Palliativmedizin – Komplexe Aufgaben erfordern interdisziplinäre Lösungen SY48 Palliativmedizin bei dementen Patienten – Herausforderungen und Lösungsansätze K. M. Perrar Zentrum für Palliativmedizin Uniklinik Köln Mit dem dramatischen Anstieg der Zahl der Demenzkranken steigt auch die Notwendigkeit der palliativmedizinischen Versorgung dieses Personenkreises. Im Unterschied zu onkologischen Patienten ist der Krankheitsverlauf in der letzten Lebensphase jedoch weit weniger vorhersehbar. Durch die neuropsychiatrischen Veränderungen sind Ge spräche über die Symptome und deren Therapie mit den Betroffenen kaum noch möglich. Der Vortrag wird Verläufe in der letzten Lebensphase Demenzkranker darstellen. Im Weiteren werden die Besonderheiten einer palliativmedizinischen Begleitung bei fortgeschrittener Demenz erläutert und Lösungsansätze bezüglich der Problematik von PEG-Anlagen, der Behandlung von Infekten sowie der Erfassung und Behandlung von Schmerzen skizziert. Abschließend werden generelle Erfordernisse einer Behandlung von Demenzkranken im palliativmedizinischen Kontext dargestellt. SY49 Der Wunsch nach vorzeitigem Lebensende: Was steht dahinter? S. Stiel Klinik für Palliativmedizin, RWTH Aachen Ziel der palliativmedizinischen Versorgung ist die Behandlung des Menschen in seiner Gesamtheit zum Erhalt seiner Lebensqualität. Was aber bleibt zu tun, wenn trotz palliativmedizinischer Behandlung der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe entsteht oder aufrecht erhalten bleibt? Dieses Phänomen wird auf Palliativstationen selten erlebt, lässt Behandlerteams jedoch an ihre Grenzen stoßen. Daher ist mehr Wissen über die Bedeutung von und dem Umgang mit dem Sterbewunsch von Palliativpatienten nötig.
In einer qualitativen Interviewstudie in den Palliativkliniken Aachen, Bonn und Köln wurden von Januar 2007 bis März 2009 zwölf Patienten mit einem Wunsch zu sterben, das Sterben zu beschleunigen oder mit einer Frage nach aktiver Sterbehilfe zu ihren Motivationen sowie Erwartungen an Behandlerteams befragt. Demografische und krankheitsbezogene Daten wurden aus der Basisdokumentation für Palliativstationen „Hospiz- und Palliativ Erhebung“ (HOPE) entnommen. In einer Auswertung des Datenmaterials mittels Grounded Theory wurden anhand eines induktiven Kodierungsprozesses Hypothesen und eine theoretische Annahmen formuliert, die das Entstehen und die Funktionen des Sterbewunsches zu erklären versuchen. Patienten mit einem Sterbewunsch nehmen sich in ihrer Zukunft wahr und antizipieren Leid durch bestehende individuelle Leidensbilder, was vordergründig Unsicherheit bedeutet. Die Veränderungen im Leben durch die Erkrankung bringen einen Verlust von Autonomie und Kon trolle mit sich, was einen Wunsch nach Sicherheit mit sich bringt. Die Option der Sterbehilfe verspricht eben diese Sicherheit. Dabei schließen sich Palliativmedizin und Sterbewunsch aus Patientenperspektive nicht gegenseitig aus. Auf der Grundlage dieser Studienergebnisse können folgende Strategien für den klinischen Alltag zum Umgang mit Patienten mit einem Sterbewunsch empfohlen werden: 1. Patienten wünschen sich, dass sie ihre Wünsche aussprechen und ihren Gedanken Ausdruck verleihen dürfen ohne dass dies eine Wertung durch Behandler nach sich zieht. Patienten erwarten und wünschen sich Akzeptanz für ihre Gedanken und Empfindungen. Emotionale Reaktionen von Behandlern im Sinne des Anerkennens und Aushalten sind erwünscht, jedoch kein Aktionismus. 2. Patienten liefern mit dem Sterbewunsch implizit die Frage nach Alternativen der Behandlung des Leidens. Das Angebot von Maßnahmen wie Therapieverzicht, veränderte Schmerztherapie und Symptomkontrolle oder palliativer Sedierung könnten einen Ausweg bedeuten. 3. Da auf der Ebene der von den Patienten gewählten Sprache Leidensbilder besonders eindrücklich und mit elaborierten Adjektiven beschrieben werden, sollten diese Beschreibungen von Leidensbildern in eine angemessene Sprache transferiert werden. Im Fokus steht hier auch die Etablierung von alternativen Sterbebildern durch beschreibende Vorbereitungen auf den Sterbeprozess. SY50 Neue tumorspezifische Therapien und ihr Einsatz in der Palliativmedizin B. Alt-Epping, F. Nauck Abteilung Palliativmedizin, Universitätsklinik Göttingen In der Behandlung weit fortgeschritten erkrankter Tumorpatienten galten die Therapieziele einer längeren Überlebenszeit einerseits und einer verbesserten Symptomkontrolle andererseits lange Zeit als kon kurrierende oder gar widersprüchliche Patienteninteressen („Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben“), ein gedenk des nebenwirkungsträchtigen Wirkpotentials zytotoxischer Chemotherapeutika. Seit Mitte der 1990-er Jahre vollziehen sich jedoch weitreichende, paradigmatische Veränderungen in der internistischen Onkologie, die beide genannten therapeutischen Zielbereiche zusammen führen und auch aus palliativmedizinischer und schmerztherapeutischer Perspektive Beachtung verdienen. Neben den Verbesserungen der die Chemotherapie flankierenden Sup portivmaßnahmen und neben veränderten Tumortherapiekonzepten, die neben zyklischen, dosisintensiven Behandlungen auch niedrig dosierte, kontinuierliche (metronomische) Chemotherapiegaben mit reduzierter Toxizität umfassen, stellt die Fülle an neuen, zumeist nicht zytotoxischen Substanzen die augenfälligste Veränderung onkologischer Therapiekonzepte dar. Diese neuen Substanzen umfassen unter anderem Antikörper oder chemisch uneinheitliche, kleine Moleküle
(„small molecules“), die ihre antitumoröse Wirkung weniger aufgrund konventioneller zytotoxischer Wirkmechanismen, sondern vielmehr aufgrund zellbiologischer Mechanismen wie Signaltransduktionshemmu ng oder Apoptoseregulation gezielt entfalten („targeted therapies“). Eine Anzahl dieser Substanzen zeichnet sich eher durch eine klinisch relevante, symptomkontrollierte Tumorstabilisierung als durch eine morphometrisch fassbare Tumorgrößenreduktion aus, so dass die in der Onkologie gebräuchlichen Therapiezielkrierien und Studienendpunkte wie z.B. die Gesamtüberlebenszeit („overall survival“) oder die mediane Überlebenszeit ergänzt werden durch klinisch geprägte Zielkriterien wie „time to progression“, „clinical benefit response“ oder „time to deterioration of symptoms“. So wurde zum Beispiel in der placebokontrollierten Zulassungsstudie des EGF-Rezeptorantagonisten Erlotinib in der Zweitlinientherapie des lokal fortgeschrittenen / metastasierten nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms moderate Verbesserungen der medianen Überlebenszeit von 4,7 auf 6,7 Monaten gefunden; eindrücklicher fielen jedoch die symptom kontrollierenden Effekte auf Schmerzen, Husten und Luftnot aus (ge messen als Zeit bis zum neuerlichen Symptomprogress). Dies wirkte sich auch auf globale Funktions- und Lebensqualitätsparameter aus. Neuere chemotherapeutische Substanzen mit konventionellem zyto toxischen Wirkmechanismus (z.B. Docetaxel) zeigten bei Patienten mit hormonrefraktärem metastasierten Prostatakarzinom ebenfalls deutliche schmerzreduzierende Effekte, neben einer Verlängerung der medianen Überlebenszeit. Die „analgetischen Effekte von Chemotherapie“ wurden auch für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom offen disku tiert. Insofern gewinnen tumorspezifische Therapien auch bei der palliativmedi zinischen und schmerztherapeutischen Versorgung unter dem Aspekt der Symptomkontrolle eine zunehmende therapeutische Relevanz, und Begriffe wie „tumorspezifische Therapie“ und „symptomkontrollierende Maßnahme“ gewinnen zunehmend an Überschneidungsbereichen. Dieser Beitrag zum Schmerzkongress 2009 soll den aktuellen Stand der onkologischen Entwicklungen zusammenfassen, die Bedeutung pa tientenorientierter Zielkriterien für die onkologische Therapie anhand von Patientenbeispielen herausarbeiten, eigene Forschungsergebnisse zum Einsatz tumorspezifischer Substanzen in der Palliativmedizin zu sammenfassen, und die zukünftigen Perspektiven und Auswirkungen auf die onkologische, palliativmedizinische und schmerztherapeutische Zusammenarbeit skizzieren.
Kopfschmerz Seltene Kopfschmerzformen pragmatisch gesehen SY52 Cervicogener Kopfschmerz: wann ist ers und wann nicht T. Jürgens Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik und Institut für Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum HamburgEppendorf, Hamburg Es gibt wohl kaum eine mystischere Region in der Pathophysiologie von Kopfschmerzen als die Halswirbelsäule. Die meist unspezifischen Beschwerden bei posttraumatischen Schmerzsyndromen und „Schleuder traumata“ dürfen nicht davon ablenken, daß der cervicogene Kopfschmerz eine gut abgrenzbare Entität darstellt. Er zeichnet sich durch streng einseitige Kopfschmerzen mit meist occipitalem Beginn aus und geht oft mit einem eingeschränkten Bewegungsumfang der Halswirbelsäule einher. Der cervicogene Kopfschmerz kann typischerweise durch un physiologische Stellungen des Nackens und durch occipitalen Druck provoziert werden. Häufig treten auch ipsilaterale Schulter- und Arm schmerzen auf. Pathophysiologisch relevant ist hier die Konvergenz von trigeminalen und occipitalen Afferenzen im Hirnstamm. Im Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Rahmen des Vortrages soll neben den diagnostischen Kriterien auch auf Differentialdiagnosen und apparative Zusatzdiagnostik eingegangen werden. Zudem werden die aktuellen Behandlungsoptionen vorgestellt. SY53 Sexualkopfschmerz: Diagnose und erfolgreiche Therapie A. Frese Facharzt für Neurologie, Akademie für Manuelle Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Der Kopfschmerz bei sexueller Aktivität (KSA) ist ein idiopathischer Kopfschmerz, der durch das Auftreten meist beidseitiger und okzipital oder holozephal lokalisierter Schmerzen während sexueller Aktivität gekennzeichnet ist. Kommt es dabei mit steigender Erregung zu langsam zunehmenden Schmerzen, wird der Kopfschmerz als Präorgasmus kopfschmerz bezeichnet (KSA Typ 1). Tritt der Kopfschmerz hingegen explosionsartig während des Orgasmus auf, wird er als Orgasmuskopf schmerz bezeichnet (KSA Typ 2). Die Lebenszeitpävalenz in der Gesamtbevölkerung beträgt ca. 1%. Männer sind weitaus häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis ca. 3 zu 1). Starke Schmerzen halten für Minuten bis wenige Stunden lang an, niemals länger als 24 Stunden. Ein leichterer Nachschmerz ist häufig und kann bis maximal 72 Stunden lang anhalten. Eine Bewusstseinsänderung, Erbrechen oder visuelle, motorische und sensible Ausfälle sind beim KSA nicht anzutreffen und weisen auf einen symptomatischen Kopfschmerz, meist verursacht durch eine Subarachnoidalblutung hin, die bei Erstmanifestation des KSA durch weitere Diagnostik ausgeschlossen werden muss. Etwa drei Viertel der Patienten leiden unter einem episodischen Verlauf der Erkrankung. Hierbei treten Attacken das KSA in Phasen auf, die wenige Tage bis mehrere Monate lang anhalten. Nach oft jahrelangen Remissionsphasen können erneut aktive Erkrankungsphasen auftreten. Das andere Viertel der Patienten leidet unter einem chronischen Er krankungsverlauf, der durch fehlende Remissionen für mehr als 1 Jahr Krankheitsdauer gekennzeichnet ist. Ein Übergang zwischen diesen Verlaufsformen ist sehr selten, auch bei chronischen Verläufen kommt es oft zu spontanen Remissionen. Randomisierte, placebokontrollierte Studien zur Therapie des KSA gibt es nicht. Dennoch können aufgrund umfangreicher Therapieerfahrungen empirische Therapieempfehlungen formuliert werden. An erster Stelle steht die Aufklärung über die Gutartigkeit und günstige Prognose der Erkrankung. Es sollte sexuelle Inaktivität angeraten werden, solange leichtere Nachkopfschmerzen bestehen, eine passivere Rolle während der sexuellen Aktivität kann prophylaktisch wirken. Zur Akuttherapie für längere Attacken kann Indometacin empfohlen werden, als Me dikamente zweiter Wahl kommen subkutan oder intranasal applizierte Triptane in Betracht. Als Kurzzeitprophylaxe ist Indometacin 30–60min vor geplanter sexueller Aktivität bei ca. 90% der Patienten wirksam, Medikamente zweiter Wahl zur Kurzzeitprophylaxe sind oral verab reichte Triptane. Als längerfristige Prophylaxe über Wochen oder Monate haben sich Betablocker bewährt, die meisten Erfahrungen liegen für Propranolol vor. Aufgrund der häufigen Spontanremissionen sollte eine erfolgreiche prophylaktische Therapie nach spätestens 3 Monaten probatorisch beendet werden.
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Neuropathischer Schmerz Vom „gate control“ zu „gain control“: Somatosensorik beim neuropathischen Schmerz SY56 Quantitative sensorische Testungen bei Schmerzen: sensible Ausfälle sind häufig! F. Birklein Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg Universität Mainz Patienten mit chronischen Schmerzen berichten oft über ein Taubheits gefühl der schmerzhaften Körperpartie, oder in klinisch-experimentellen Studien werden in mit Hilfe der quantativ-sensorischen Testung (QST) Minussymptome (Verlust an Sensibilität) nachgewiesen. Wenn diese sensiblen Ausfälle zusammen mit anderen klinisch-neurologischen Befunden (Reflexstörungen, Paresen, plausible anatomische Muster) oder objektiven und dazu passenden Befunden (Nervenleitgeschwindigkeit, MRT) vorkommen, liegen diesen sensiblen Defiziten in der Regel periphere oder zentrale strukturelle Schädigungen des somatosensorischafferenten Systems zugrunde – es handelt sich um neuropathische Schmerzen im engeren Sinne. Sensible Defizite werden aber auch von Schmerzpatienten berichtet und lassen sich mit QST demonstrieren, bei denen keine plausible neuronale Schädigung nachweisbar ist. Typische Beispiele wären Fibromyalgie, CRPS I, myofasziale Extremitätenschmerzen oder somatoforme Störungen. Während bei letzteren die Sensibilitätsstörungen auch Zeichen einer psychosomatischen Pathologie sein können, sind zumindest bei den anderen Patientengruppen, sofern die Diagnose stimmt, neurophysio logische Veränderungen nachweisbar. Diese sind Hemmung der nichtnozizeptiven Somatosensorik auf Rückenmarksebene oder im Cortex durch maladaptive Neuroplastizität. Diese Phänomene lassen sich bei Gesunden im Schmerzexperiment nachvollziehen. Die Kenntnis der Entstehung von Sensibilitätsstörungen bei chronischen Schmerzen – egal welcher Art – erlaubt die richtige diagnostische Ein ordnung der Symptomatik und die Auswahl der richtigen Therapie. SY57 Zentrale Komponenten von sensorischen Ausfallserscheinungen: Ergebnisse von psychopysischen und bildgebenden Studien Chr. Maihöfner Universität Erlangen-Nürnberg, Klinik für Neurologie/Institut für Physiologie und experimentelle Pathophysiologie, Erlangen In bisherigen Studien über neuropathische Schmerzen wurde insbe sondere die Verarbeitung von sensiblen Reizerscheinungen, d.h. von Schmerz und Hyperalgesie erforscht. In dem aktuellen Vortrag soll dagegen v.a. die Pathophysiologie von Schmerz- induzierten sensiblen Ausfallserscheinungen näher betrachtet werden, d.h. die Ursachen von zentral vermittelter Hypästhesie und Hypalgesie. Beide Phäno mene sind bisher wenig beachtet worden, sind aber regelmäßig bei chronischen Schmerzpatienten zu finden. Das Muster dieser sensiblen Störungen (nicht- dermatomal verteilt) lässt prinzipiell an eine zentrale Pathogenese denken, Untersuchungen dazu existieren allerdings nur wenige. Funktionelle Bildgebungsstudien haben in den letzten Jahren die fehlgeleitete zentrale Verarbeitung bei sensiblen Ausfallserscheinungen untersucht, sowohl in Schmerzmodellen, als auch bei Schmerzpatienten. Dabei wird zunehmend klar, dass zentral generierte sensorische Aus fallserscheinungen mit maladpativen neuroplastischen Veränderungen beim chronischen Schmerz einhergehen können.
Freitag, 09.10.09 Mit Netzwerken gegen den Schmerz Schmerztherapie: Wirkung, Wirksamkeit, Klinische Relevanz SY70 Zur klinischen Relevanz von RCT-Befunden H. Reinecke TU-Darmstadt, Institut für Psychologie, AG Klinische Psychologie und Psychotherapie, Darmstadt Statistische Signifikanz wird in Befunden von RCT-Studien traditionell stärker hervorgehoben als Faktoren zur Beurteilung der klinischen Be deutsamkeit der Befunde (Chan et. al. 2001). Dabei sagt ein klinisch signifikanter Wert noch nichts darüber aus, ob die Unterschiede aus reichend sind um für Schmerzpatienten klinisch bedeutsam zu sein. Unter dem Aspekt, dass viele chronische Schmerzpatienten keine ausreichende Schmerzlinderung oder inakzeptable Nebenwirkungen durch eine Be handlung erfahren (Dworkin et.al. 2005), sind auch Leitlinienautoren zunehmend bemüht, Erfolgskriterien für therapeutische Maßnahmen zu beschreiben und quantitative Kriterien als Richtwerte für ResponderAnalysen festzuschreiben (vgl. VA/DoD Clinical Practice Guideline for the Management of Opioid Therapy for Chronic Pain, 2003). Leit linienempfehlungen zielen somit immer häufiger nicht nur auf eine Behandlungsoption für eine eng umschriebene Patientengruppe ab, sondern legen neben Aussagen zu Behandlungs- und Erfolgskontrollen zusätzlich Abbruchkriterien fest. Gibt es demnach ein Maß für die klinische Relevanz einer therapeutisch induzierten Schmerzlinderung? Bisher konnten sich Forderungen an das Design von Effektivitätsstudien nicht durchsetzen, mittels derer sich klinische Bedeutsamkeit von Befunden direkt aus RCT-Studien zur Wirksamkeit von Analgetika bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen (CNTS) ableiten ließe (Barrett, 2005). Die wenigen zur Interpretation notwendigen Parameter werden weder regelhaft ermittelt noch dokumentiert. Somit muss die klinische Relevanz einer Maßnahme in einem zweistufigen Prozess beurteilt werden. Neben den Wirksamkeitsstudien werden solche herangezogen, die unabhängig von einer speziellen Behandlungsmethode, die Einstellung zur erzielten Schmerzlinderung infolge einer Behandlung in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stellen. Diese in Bezug auf die Behandlungsmethode unspezifischen Untersuchungen ermitteln einen Grenzwert, der auch zur Interpretation der Wirksamkeitsstudien beitragen soll. In zahlreichen Publikationen werden verschiedene Methoden für die Berechnung einer klinisch bedeutsamen Schmerzverminderung verwendet, wobei die Art des Verfahrens Einfluss auf deren Größe hat (Kovacs et al., 2007; Kovacs et al., 2008; van der Roer, 2006). In einer Metaanalyse wurden 15 Studien zur Bestimmung klinischer Relevanz von Schmerzbehandlungen ausgewertet und – aufgrund der Varianz im methodischen Vorgehen – hierarchisch analysiert. Die Ergebnisse dieser Metaanalyse werden dargestellt und diskutiert und auf Ergebnisse verschiedener Wirksamkeitsstudien zur Behandlung von CNTS übertragen. Dabei stehen neben der Frage nach einem quantitativen Maß für eine klinisch bedeutsame Schmerzlinderung auch der oben beschriebene zweistufige Prozess und das methodisches Vorgehen der einzelnen Studien sowie die Spezifität einzelner Studien ergebnisse (z.B. Abhängigkeit vom Ausgansschmerzniveau) zur Beur teilung klinisch Relevanz einer schmerztherapeutischen Maßnahme im Mittelpunkt.
SY71 Kriterien klinischer Wirksamkeit H. Sorgatz Technische Universität, Institut für Psychologie, Darmstadt Die Wirkung von Behandlungselementen stellt sich bei Patienten mit chronischen Schmerzen komplexer dar als bei akutem bzw. post-opera tivem Schmerz. Bei langzeitiger Anwendung von Analgetika werden neben der Schmerzlinderung als Zielvariable die bekannten funktio nellen und psychosozialen Parameter zu selten erhoben und dann je doch nur selektiv publiziert. Nach kurzem Überblick über verbreitete Wirkungsindikatoren wird an wenigen Beispielen aufgezeigt, wie sie zu divergierenden Prognosen über den klinischen Behandlungserfolg führen können. In einem weiteren Schritt wird auf die Grenzen der klinischen Interpretation innerhalb eines Wirkungsindex eingegangen, wie sie von Herausgebern der S3-Leitlinie LONTS für chronische Schmerzen vor genommen wurde. Am Beispiel von Konsumentenbefragungen wird ein anderer Zugang zur Frage der klinischen Wirksamkeit aufgezeigt, der nur auf den ersten Blick unwissenschaftlich erscheint. Die Konsequenzen für die Evaluation schmerztherapeutischen Handelns und dabei zu verwendender Mess- und Erhebungsmethoden werden erörtert. SY72 Nutzung von Plazebowirkungen in der Schmerztherapie A. Kopf Charité-Universitätsmedizin Berlin CBF, Schmerzzentrum, Berlin Die herkömmliche Vorstellung von Plazebowirkungen ging davon aus, dass es sich bei Plazebowirkungen um einen – durch Suggestion vermittelten – rein psychologischen Effekt handeln würde. Unter suchungen mit dem fMRI konnten jedoch zeigen, dass der PlazeboEffekt tatsächlich ein komplexes System endogener Schmerzhemmung ist, an dem – teilweise – die Endorphine beteiligt sind. Eine systematische Nutzung von Plazeboeffekten außerhalb von Studiensituationen scheint nur begrenzt realisierbar. Die Nutzung von Scheinmedikamenten würde nur unter Inkaufnahme eines Vertrauensverlustes in der ArztPatienten-Beziehung möglich sein. Allerdings gäbe es andere Optionen, Präkonditionierungen von Patienten zumindest zur Verminderung des Analgetikaverbrauches zu benutzen. Mit einer gezielten Anamnese wäre es vorstellbar, Präkonditionierungen hinsichtlich bekannter Anal getikawirkungen, Schmerztherapieverfahren und des therapeutischen Settings zu identifizieren und das Ergebnis im Arzt-Patienten-Gespräch für die Edukation zu nutzen. Beispiele kognitiver, affektiver, verhaltens therapeutischer und sozialer Strategien dafür werden vorgestellt und diskutiert.
Diagnostische Procedere Deutscher Schmerzfragebogen, Stand und Ausblick SY73 Bio-psycho-soziale Beeinträchtigung und Chronifizierung J. Korb DRK Schmerz-Zentrum Mainz Im Deutschen Schmerzfragebogen sind verschiedene Instrumente und Fragebögen integriert, mit deren Hilfe sich die schmerzbedingte Beein trächtigung und Chronifizierung einschätzen lassen. Depressivität und Angst zählen zu den häufigsten psychischen Belastungen in Zusammenhang mit chronischen Schmerzen. Diese werden im Schmerzfragebogen durch die Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS; Hermann, Buss et al. 1995) mit insgesamt 14 Items erfasst. Der Fragebogen ist speziell als Screening-Instrument für den Einsatz in medizinischen Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Einrichtungen entwickelt worden. So wurde bewusst auf somatische Depressions-Items (z.B. Schlafstörung, Müdigkeit) verzichtet, die in vielen Depressionsinventaren bei Patienten mit somatischen Erkrankungen zu einer Konfundierung führen. Zur Erfassung der schmerzbedingten Beeinträchtigung lässt sich anhand verschiedener Angaben der Schmerzintensität und Einschätzung der disability der Schweregrad nach v. Korff (von Korff, Ormel at al. 1992) berechnen. Die Graduierungsstufen von 0 bis 4 erweisen sich als änderungssensitiv und sollten sich Verlauf der Behandlung verbessern. Der Marburger Fragebogen zum habituellen Wohlbefinden (MFHW; Herda, Scharfenstein et al. 1998) erfasst mit 7 Fragen positive Fähigkeiten und Ressourcen der Patienten. Neben der einfachen und schnellen Auswertbarkeit hat er sich als sehr sensitiv zur Messung von Veränderung durch Interventionen erwiesen. Als Zusatzmodul lässt sich mit dem SF12, einer Kurzform des SF36, die gesundheitsbezogene Lebensqualität als wichtiges Outcome-Maß erfassen. Es werden eine physische und mentale Dimension unterschieden. Literatur – – – –
Herda C., Scharfenstein A. et al. (1998). Marburger Fragebogen zum habituellen Wohlbefinden. Marburg. Hermann C.H., Buss U. et al. (1995). Hospital Anxiety and Depression Scale – Deutsche Version. Bern, Huber. Von Korff M., Ormel J. et al. (1992). Grading the severity of chronic pain. Pain 50: 133-149. Ware J.E., Kosinski M. et al. (1996). A 12-item short-form health survey. Medical Care 34: 220-234.
SY75 „Nutzung, technische Umsetzung und Ausblick“ T. Graf-Baumann Geschäftsstelle DGSS , Teningen Nach Abschluß der Validierungsphase des neuen Deutschen Schmerz fragebogens und der Erstellung eines Nutzer-Handbuches durch Frau Dr. Lindena (CLARA) wurde zunächst in einer Arbeitsgruppe der so.Kerndatensatz KeDoQS erarbeitet und konsendiert. Wichtig war in dieser Phase die Frage nach der Einbindung aller bereits bestehenden Datenbanksysteme z.B. QUAST oder Pain Detect. Mit der Erstellung und Verfügbarkeit des Deutschen Schmerzfragebogens (DSF) hat die DGSS die Voraussetzungen für eine gemeinsame Datensammlung zur Schmerzdiagnostik Und Schmerztherapie geschaffen. Der Einsatz des DSF gilt als Qualitätskriterium für schmerztherapeutische Einrichtungen und kann von diesen als Instrument in der Qualitätssicherung ein gesetzt werden. Die DGSS kann mit diesen Daten die Qualität der Schmerztherapie von schmerz-therapeutischen Einrichtungen in Deutschland belegen und ggf. Lücken aufzeigen und damit zur Entwicklung der Schmerztherapie beitragen. Der Fragebogen ist Standardinstrument für die Anamnese, Bezugsgröße für die Verlaufsmessung und Verlaufsbeurteilung sowie zur Einschätzung der Schmerztherapie nach Abschluß einer Behandlungseinheit. Der o.g. Kerndatensatz ist als Ergänzung der Fragebogendaten zu sehen, um etwa einrichtungsbezogene Angaben sowie weitere Patienten- und Therapiedaten zu ermöglichen und damit eine sinnvollere Nutzung des DSF zu gewährleisten. Nach Abschluß dieser Vorarbeiten wurde das Projekt Datenerfassung in der Schmerztherapie, Datenspeicherung und -haltung für die DGSS ausgeschrieben und mit den möglichen Vertragspartnern Gespräche geführt. In Ihrer Präsidiumsitzung am 10. Juni 2009 wurden die eingegangenen Angebote nach vorher auf gestellten Beurteilungskriterien kritisch geprüft und letztendlich in einem gemeinsamen Beschluß entschieden, dass der Geschäftsführer der DGSS weitere Vertragsverhandlungen mit CLARA aufnimmt. Zur Frage der Nutzung des DSF soll ein Beirat etabliert werden, der zu einen die Verlaufsdaten als Ergänzung zum DSF entwickelt und zum anderen das DGSS-Präsidium künftig in allen Fragen der Datenauswertung und -nutzung berät.
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Transfer von Grundlagenforschung in die Klinik Quantitativ Sensorische Testung: Von der Pathophysiologie zur klinischen Umsetzung SY76 Welche Pathophysiologie ist durch QST beweisbar? A. Binder¹, J. Koroschetz² ¹Klinik für Neurologie, Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel; ²Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Kiel Chronischen (neuropathischen) Schmerzen unterliegen viele ver schiedene Mechanismen der Schmerzentstehung. Um eine zielgerichtete, mechanismen-basierte Therapie, die zukünftig möglich ist bzw. heute schon zum Teil verfügbar ist, durchzuführen, ist die Darstellung des einzelnen pathophysiologischen Mechanismus am Patienten notwendig. Mittels der Quantitativen Sensorische Testung (QST) lassen sich ver schiedene Symptome an der Haut und am Muskel darstellen. Ziel dieses Vortrags ist es, den aktuellen Wissenstand hinsichtlich des Zusammenhangs von QST-Befunden und der vermuteten Existenz korrespondierender pathophysiologischer Schmerzmechanismen bei unterschiedlichen Schmerzsyndromen darzustellen. SY77 Bei welchen Verdachtsdiagnosen ist QST hilfreich? A. Scherens Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Bochum Die QST wurde als wissenschaftliches Messinstrument entwickelt, der Einsatz zur individuellen Diagnostik ist jedoch umstritten. Die DFNS Datenbank erlaubt anhand der bestehenden Normdaten eine altersund geschlechtsspezifische Auswertung der sensorischen Profile. Im Vordergrund steht hierbei der Ausschluss von Minussymptomen (sensorische Defizite). Allerdings wird die QST mittlerweile bei bestimmten neurologischen Erkrankungen zur Diagnostik herangezogen. Hilfreiche Zusatzinformationen werden u.a. in der Diagnostik des M. Fabry, der Small-fiber Neuropathie oder der Frühdiagnostik einer Neuropathie, besonders in den Fällen, in denen aufgrund der Beschwerdesymptomatik die Frage nach einer Nervenverletzung besteht, geliefert. Die Aussagekraft der Hyperalgesieformen (Plussymptome) hingegen ist spekulativ. Die sensorischen Profile der QST können in verschiedenen Fällen zum besseren Verständnis der beschriebenen Symptome beitragen und helfen diese einzuordnen (z.B. Allodynie vs. Dysästhesie). QST erlaubt hierbei eine Differenzierung der vom Patienten teils identisch geschilderten Beschwerden. Auch können bei Patienten mit scheinbar unklarem Schmerzsyndrom die sensorischen Profile der QST zur Diagnosefindung beitragen und durchaus nozizeptiven Schmerz (z.B. Arthrose) von neuropathischen Schmerzen im Einzelfall abgrenzen. Da eine Differenzierung zwischen Funktionsstörungen der einzelnen Nervenfasertypen und Störungen der Schmerzverarbeitung möglich ist, kann sich eine Rationale für die Behandlung ergeben, z.B. wenn die geplante Medikation (z.B. topische Applikation) intakte Nervenfasern voraussetzt.
SY78 QST als Instrument zum Nachweis neuropatischer Schmerzen am Beispiel des Gesichtsschmerzes D. Pfau, W. Magerl, R.-D. Treede Lehrstuhl für Neurophysiologie, Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Die quantitative sensorische Testung (QST) nach den Kriterien des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS) stellt eine umfassende standardisierte Prüfung des somatosensorischen Systems mit Testung thermischer und mechanischer Parameter dar (Rolke et al. Pain 2006). Durch QST können somatosensorische Plusund Minusphänomene nachgewiesen werden. Während Plusphänomene auf eine periphere oder zentrale Sensibilisierung hinweisen können, bzw. auf eine Störung deszendierender inhibitorischer Systeme, können somatosensorische Minuszeichen Hinweise liefern, ob und welche Ner venfasersysteme strukturell und/oder funktionell beeinträchtigt sind. Defizite zeigen sich dabei entweder im Seitenvergleich oder im Vergleich zu alters- und geschlechtsgewichteten Normdaten. Konventionelle klinische sensorische Testungen nach Verletzungen des N. trigeminus zeigen nur moderate Reproduzierbarkeit, sowie niedrige Sensitivität und Spezifität. QST ist daher auch im trigeminalen Bereich ein potentielles Instrument zur quantitativen Untersuchung, Die Leistungsfähigkeit von QST im Kopfbereich lässt sich besonders bei atypischem Gesichtsschmerz kritisch beurteilen, da hier durch konventionelle klinische diagnostische Verfahren kaum abnorme Befunde feststellbar sind. Zudem stellt dieses Krankheitsbild eine therapeutische Herausforderung dar, da pathophysiologische Mechanismen bislang wenig erforscht sind. Bei Patienten mit atypischem Gesichtsschmerz oder Trigeminusneuropathie konnten bisher durch die Testung thermischer Detektionsschwellen und Hitzeschmerzschwellen Minuszeichen in Form thermischer Hypästhesien, in geringerem Ausmaß auch Hitzehyperalgesien fest gestellt werden (Forsell et al. Neurology 2007). Patienten mit trige minalem Schmerz in der Datenbank des DFNS liefern Hinweise auf unterschiedliche Verteilungsmuster von thermischen und taktilen Hypästhesien, sowie von thermischen und mechanischen Hyperalgesien. Der Symposiumsvortrag behandelt darüber hinaus Hinweise auf neuropathische Komponenten bei Patienten mit Trigeminusneuralgie und -neuropathie sowie bei atypischem Gesichtsschmerz.
Akutschmerz Ist die Stärke postoperativer Schmerzen vorhersehbar? Prädiktoren für akute und chronische Schmerzen nach Operationen SY79 Weicheier und Hartgesottene nach Operationen – alles psychisch? M. Hüppe Universität Lübeck, Klinik für Anästhesiologie, Lübeck Akute postoperative Schmerzen als auch die potenzielle Entwicklung chronischer Schmerzen nach einer Operation weisen Zusammenhänge zu psychologischen Patientenmerkmalen auf. Die Beeinflussung post operativer Schmerzen (Akutschmerz) durch psychologische Faktoren ist bislang allerdings nur unzureichend für einzelne psychologische Personenmerkmale untersucht (vgl. Hüppe, 2007). Die vorliegenden Befunde machen dabei deutlich, dass durch die ausschließlich Be rücksichtigung von zeit- und situationsunabhängigen stabilen Persön lichkeitsmerkmalen (z.B. Emotionale Labilität) nur ein geringer Teil der postoperativen Schmerzintensität erklärt werden kann. Weitere Varianz aufklärung erfolgt durch aktuelle Zustandsmerkmale des Patienten (z.B. präoperativer Angstzustand) und durch kognitive Vorgänge (z.B. Schmer
zkatastrophisierung; Stressverarbeitung). Der Beitrag gibt eine Übersicht zu psychologischen Patientenmerkmalen und zu psychologischen Merk malen der perioperativen Situation, die mit postoperativen Schmerzen in Beziehung stehen. Literatur –
Hüppe, M. (2007). Zum Einfluss psychologischer Faktoren auf postoperativen Schmerz: ein narratives Review. Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizinn, 28: 386-397.
SY80 Akute postoperative Schmerzen – spielen genetische Faktoren eine Rolle? U. Stamer Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität, Bonn Genetische Faktoren werden als Variablen, die sowohl die Schmerz empfindlichkeit, die Entwicklung von chronischen Schmerzen als auch das Ansprechen auf eine Schmerztherapie mitbestimmen, diskutiert. Eine reduzierte Schmerzempfindlichkeit / weniger Schmerzen wurden z.B. assoziiert mit genetischen Varianten des µ-Opioidrezeptor (OPMR1), des Melanocortin 1-Rezeptors (MCR1), der Catechol-OMethyltransferase (COMT), der Guanosin- Triphosphate Cyclohydrolase (GCH1) oder auch des Vanilloidrezeptors TRPV1. Für die Entwicklung chronischer Schmerzen tragen u.a. Gene bei, die im Rahmen einer Inflammation eine Rolle spielen (IL-1Ggenlocus, IL6) oder auch solche, die für die Signalübertragung wichtig sind (z.B. GCH1, COMT, OPMR1, MCR1, TRPA1-Kanal) Pharmakogenetik: Varianten der Medikamentenwirkorte, vor allem von Rezeptoren und Ionenkanälen, aber auch Transportern (z.B. PGlykoprotein ABCB1) und Unterschiede auf der Ebene der Resorption, Metabolisierung und Exkretion von Pharmaka können die Arznei mittelwirkung beeinflussen. Eine entscheidende Rolle kommt dabei den metabolisierenden Enzymen zu, die abhängig von ihrer Aktivität Medikamente oder endogene Substanzen mehr oder weniger gut ver stoffwechseln. Polymorphismen (genetische Varianten mit einer Allel häufigkeit von >1%), z.B. der Cytochrome, haben Auswirkung auf die Wirksamkeit von Analgetika und Ko-Analgetika. Eine besondere Rolle kommt dabei CYP2D6 (Metabolisierung von Tramadol, Codein, 5HT₃Rezeptorantagonsiten, TCA) und CYP2C9 (NSAID) zu. Für die Analgesie wichtiger Angriffspunkt sind die Opioidrezeptoren. Für sie sind zahlreiche Mutationen und Polymorphismen, die zum Teil auch mit einer Änderung in der Aminosäuresequenz einhergehen, beschrieben. Am häufigsten untersucht wurde der A118G Polymorphismus. Bis jetzt konnte jedoch nur in kleinen, homogenen Patientenkollektiven eine Assoziation zum Opioidverbrauch hergestellt werden. Insgesamt scheint jedoch der Einfluss dies A118G SNPs, wie auch der ABCB1 Variante relativ gering zu sein. Zahlreiche weitere genetische Varianten von anderen so genannten „Kandidatengenen“ werden wegen ihres möglichen Einflusses auf die Schmerzentstehung und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die pharma kologische Therapie der Schmerzen diskutiert. Die Definition von in dividuellen Risikoprofilen sowie die damit verbundene diagnostische Genotypisierung würde es in Zukunft evtl. ermöglichen, Risikogruppen einer gezielten Prävention zuzuführen. SY81 Prädiktoren chronischer Schmerzen nach Operationen – was wissen wir? E. Pogatzki-Zahn Universitätsklinikum Münster, Klinik für Anäasthesiologie und postoperative Intensivmedizin, Münster Bis vor wenigen Jahren war die Chronifizierung postoperativer Schmer zen ein klinisch und wissenschaftlich wenig thematisiertes Problem. Nicht mehr wegzudiskutieren ist heute, dass – abhängig von der Art Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts der Operation – eine Vielzahl von Patienten nach einer Operation pro longierte Schmerzzustände zeigen, die sowohl für den Patienten als auch sozioökonomisch z.T. weitreichende Konsequenzen haben. . Die Frage, die Kliniker und Wissenschaftler beschäftigen ist: Welche Ursache hat die Chronifizierung von Schmerzen nach einer Operation und wie kann der Chronifizierungsprozess aufgehalten werden? Ein wichtiger Aspekt hierzu ist, dass nicht alle Patienten nach einer Operation chronische Schmerzen entwickeln und dass die Patienten, die chronische Schmerzen entwickeln, Gemeinsamkeiten aufweisen. Diese Gemeinsamkeiten können möglicherweise helfen, schon vor einer Operation die Patienten herauszufiltern, die für die Entwicklung chronischer Schmerzen nach einer Operation besonders prädistiniert sind. In der Tat konnten kürzlich verschiedenen Prädiktoren identifiziert werden, die zu einem prolongierten Schmerzverlauf nach Operationen führen und ggf. sogar eine Chronifizierung zumindest mitbestimmen. Ganz entscheidend scheint auch die Therapie akuter Schmerzen in der postoperativen Phase die Entwicklung chronischer Schmerzen nach einer Operation zu beeinflussen. Erste Hinweise für spezifische Therapiemaßnahmen, die primär für die Prophylaxe chronischer Schmerzen nach Operationen bei bestimmten Patienten ei gesetzt werden können, existieren ebenfalls. Der Vortrag soll eine Übersicht über mittlerweise bekannte Faktoren geben, die als Prädiktoren für eine Chronifizierung postoperativer Schmerzen angesehen werden können. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, diese Prädiktoren im klinischen Alltag zu erkennen, um mittels geeigneter Therapiemaßnahmen den Chronifizierungsprozess zu verhindern.
Grundlagenforschung Mechanismen der Schmerzhemmung: Erfassung und Bedeutung SY84 Spinale pro- und antinociceptive Systeme H. U. Zeilhofer Universität Zürich, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Zürich , CH Plastische Veränderungen der Signalverarbeitung im Hinterhorn des Rückenmarks sind Schlüsselelemente bei der Entstehung und/oder Aufrechterhaltung von pathologischen Schmerzen. Je nach Situation kann das neuronale Netzwerk im Hinterhorn sowohl als Schmerzfilter als auch als Schmerzverstärker wirken. Die neurobiologische Basis dieser Filter- oder Verstärkerfunktion bildet ein Netzwerk von primär-afferenten Nervenfasern, lokalen Interneuronen und Projektionsneuronen. Spinale Synapsen zwischen C-Faser Nociceptoren und Projektionsneuronen (A) sind wichtige Angriffspunkte für endogene Modulatoren oder therapeutische Wirkstoffe, wie etwa für Opioide, die die nociceptive Signalübertragung hemmen. Umgekehrt tragen plastische Veränderungen, wie die Langzeitpotenzierung dieser Synapsen, wesentlich zu chronischer Hyperalgesie bei. Eine Verminderung der spinalen Schmerzkontrolle durch inhibitorische GABAerge oder glycinerge Neurone (B) wird sowohl bei Entzündung als auch nach peripherer Nervenläsion beobachtet. Diese Enthemmung der spinalen Signalübertragung führt nicht nur zu Hyperalgesie, sondern ist vor allem auch für die Allodynie (schmerzhafte Wahrnehmung taktiler Reize) verantwortlich. Neben GABAergen und glycinergen Interneuronen finden sich im Hinterhorn auch zahlreiche erregende (glutamaterge) Interneurone (C), deren Bedeutung bisher nicht im Detail bekannt ist. Verschiedene Befunde, etwa die Expression von Proteinkinase Cg, legen jedoch nahe, dass auch sie zu plastischen Veränderungen und zu pathologischen Schmerzzuständen beitragen. . Abb
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SY85 Funktionelle Bildgebung pro- und antinozizeptiver Systeme im zentralen Nervensystem Chr. Maihöfner Universität Erlangen-Nürnberg, Klinik für Neurologie/Institut für Physiologie und experimentelle Pathophysiologie, Erlangen Neben psychologischen Faktoren stellt eine eingeschränkte endogene Schmerzhemmung vermutlich einen Risikofaktor für chronische Schmer zen dar. In dem Vortrag wird basierend auf Ergebnissen von bildgebenden Studien die zentrale Organisation von schmerzhemmenden und schmerzfördernden Systemen erläutert. Hier haben sich in den letzten Jahren neue Einblicke in die erstaunliche Plastizität der menschlichen Schmerzwahrnehmung ergeben. Zum einen können Sensibilisierungs prozessen im peripheren oder zentralen Nervensystem zu einer ver stärkten Schmerzwahrnehmung (Hyperalgesie) führen. Während die zugrunde liegenden pathophysiologischen Vorgänge am Nozizeptor und die relevanten spinalen synaptischen Prozesse mittlerweile besser ver standen werden, sind die zerebralen Areale, die für die Vermittlung von Hyperalgesie relevant sind noch Gegenstand kontroverser Diskussion und sollen in dem Vortrag kurz skizziert werden. Zum anderen kann über spezialisierte Gehirnareale die zentrale Schmerzverarbeitung ge hemmt werden. Wichtige Elemente des Schmerzhemmsystems sind insbesondere die Insel, das Frontalhirn und der Hirnstamm. Dieses zentrale Netzwerk kann durch kognitive Variablen nachhaltig moduliert werden und hat offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Chronifizierung von Schmerzsyndromen. SY86 Eingeschränkte endogene Schmerzhemmung: Ein möglicher Mechanismus für persistierende postoperative Schmerzen B. Rehberg Klinik für Anaesthesiologie CCM/CVK, Berlin Defizite in der endogenen Schmerzhemmung können bei vielen chronischen Schmerzsyndromen nachgewiesen werden, untern anderem bei der Fibromyalgie (Julien 2005, Lautenbacher 1997). Unklar ist bisher jedoch, ob diese Defizite als Folge chronischer Schmerzen entstehen oder als kausale Faktoren an der Entstehung der Schmerzerkrankung beteiligt sind. Hier könnte die Untersuchung persistierender postoperativer Schmerzen wegweisend sein, da für diese Form einer chronischen Schmerzerkrankung Längsschnittstudien relativ einfach durchführbar sind und Patienten noch in einem schmerzfreien Zustand präoperativ untersucht werden können. Die Inzidenz persistierender postoperativer Schmerzen ist abhängig von der Art der Operation, nach einigen Oper ationen (Leistenhernien, Cholecystektomie, Thorakotomie und -skopie,
Mastektomie) entwickeln Patienten in über 10% persistierende Schmer zen. Dementsprechend existiert hier ein Kollektiv von Patienten mit einem hohen Risiko der Schmerzchronifizierung, für das zudem eine Prädiktion des individuellen Risikos wünschenswert wäre. Der bislang am sichersten identifizierte Risikofaktor für die Entwicklung persistierender postoperativer Schmerzen sind überdurchschnittlich starke akute postoperative Schmerzen (Kehlet 2006). Die Datenlage bezüglich der präoperativ ermittelten individuellen Schmerzempfindlichkeit als Risi kofaktor ist jedoch uneinheitlich (Granot 2009). Vor kurzem konnte erstmals gezeigt werden, dass das Ausmaß endogener Schmerzhemmung tatsächlich mit dem Auftreten persistierender Schmerzen nach Thora kotomien korreliert (Yarnitzky 2008). Als Methode der Messung der endogenen Schmerzhemmung wurde dabei die Bestimmung der sog. „diffuse noxious inhibitory controls“ DNIC angewendet, in diesem Fall mittels Nachweis der Erhöhung der Schmerzschwelle für einen ex perimentellen Hitzeschmerzreiz durch einen konditionierenden Hitze schmerzreiz an der kontralateralen Hand. Bislang ist unklar, ob dieser Zusammenhang zwischen DNIC-Defizit und Risiko persistierender postoperativer Schmerzen auch bei persistierenden Schmerzen nach anderen Operationen existiert. Fraglich ist zudem, ob neben dem prädiktiven Wert der eingeschränkten endogenen Schmerzhemmung für persistierende postoperative Schmerzen auch ein Kausalzusammenhang existiert. Dies wird man erst durch Studien nachweisen können, in denen dieses Defizit bereits präoperativ bereits therapiert wird und diese Prophylaxe auch tatsächlich die Inzidenz persistierender postoperativer Schmerzen senkt. Literatur – – – – –
Granot M. Can we predict persistent postoperative pain by testing preoperative experimental pain? Curr Opin Anaesthesiol. 2009;22(3):425-430. Julien N, Goffaux P, Arsenault P, Marchand S. Widespread pain in fibromyalgia is related to a deficit of endogenous pain inhibition. Pain. 2005;114(1-2):295-302. Kehlet H, Jensen TS, Woolf CJ. Persistent postsurgical pain: risk factors and prevention. Lancet. 2006;367(9522):1618-1625. Lautenbacher S, Rollman GB. Possible deficiencies of pain modulation in fibromyalgia. Clin J Pain. 1997;13(3):189-196. Yarnitsky D, Crispel Y, Eisenberg E, u. a. Prediction of chronic post-operative pain: pre-operative DNIC testing identifies patients at risk. Pain. 2008;138(1):22-28.
Grundlagenforschung Schmerz und Geschlecht SY87 Psychophysiologische Grundlagen von Geschlechtsunterschieden beim Schmerz S. Lautenbacher Physiologische Psychologie, Universität Bamberg Geschlechtsunterschiede lassen sich im gesamten nozizeptiven und Schmer zverarbeitungssystem mit entsprechenden Methoden (Elektrophysiologie, Psychophysik, vegetative und endokrine Messungen, etc.) verfolgen. Die experimentelle Schmerzforschung ist daher mittlerweile in der Lage, auch beim Menschen die beteiligten Wirkungsmechanismen untersuchbar zu machen. Nur die Zusammenschau der Geschlechtsunterschiede in diesen Wirkungsmechanismen verspricht, verständlich zu machen, wo der Faktor „Geschlecht“ in die Entstehung von Schmerzen eingreift. Isolierte Betrachtungen führen hingegen zu unnötigen Diskussionen um die Existenz von Geschlechtsunterschieden. Der Autor stellt eige ne experimentelle Untersuchungen zum nozizeptiven R-III-Reflex, zur Kortisol-Response, zu Schmerzschwellen, zur zeitlichen Schmerz summation und zu den Diffuse Noxious Inhibitory Controls (DNIC) bei Frauen und Männer vor und versucht sich an einer Integration der vorliegenden eigenen und fremden Befunde.
SY88 Biologisches Geschlecht und die psychosoziale Geschlechtsrolle − Sind beide Moderatoren der Schmerzreaktivität B. Kröner-Herwig Klinische Psychologie u. Psychotherapie, Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie, Göttingen Wir untersuchten die Hypothese, dass das biologische und psychosoziale Geschlecht (erfasst mit dem Bem Sex Role Inventory) die Reaktiviät auf experimentell induzierten Druckschmerz moderiert. Des Weiteren wurden verschiedene potentielle Mediatorvariablen erfasst. Es nahmen 74 Studierende an dem Experiment teil, in dem Schmerzschwelle (SS), -intensität (SI) und -unangenehmheit eines standardisierten Druck schmerz-Stimulus bestimmt wurden, ebenso dessen sensorische und affektive Qualität (mittels SES ). Eine Varianzanalyse zeigte einen signifikanten Effekt des biologischen Geschlechts auf alle Schmerzparameter. Frauen zeigten eine niedrigere Schmerzschwelle, bewerteten die Intensität des Schmerzes höher und unangenehmer und zeigten höhere sensorische und affektive Scores. Entgegen unserer Hypothese gab es keinen Effekt der psychosozialen Geschlechtsrolle. Die erhobenen Mediatorvariablen „Furcht vor Schmerz“, gemessen durch den FPQ wie den PASS, genauso wie die Variable Katastrophisieren zeigten signifikante Korrelationen mit allen Schmerzvariablen außer der Schmerzschwelle, Die Variable „Depressivität“ zeigte keinen Zusammenhang, wohingegen „Bewältigungsstile“ eine Korrelation aufwiesen. In einer multiplen Regressionsanalyse, in die neben den Merkmalen biologisches und psychosoziales Geschlecht alle signifikanten potentiellen Mediatorvariablen eingingen, zeigte sich, dass das biologische Geschlecht und Furcht vor Schmerz die Ausprägung aller Schmerzparamteer (außer SS) signifikant voraus sagten. Zusammenfassend konnten wir die häufig beobachtete höhere Schmerzreaktivität von Frauen insbesondere bei Druckschmerz ein drucksvoll bestätigen, auch hinsichtlich von Schmerzparametern, die bisher nur selten untersucht worden sind. Im Wesentlichen scheint Furcht vor Schmerz diesen Effekt zu mediieren. Entgegen unserer Hypothese hatte das psychosoziale Geschlecht keinerlei Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung. Ein möglicher Grund könnte in der eher androgynen Ausprägung der Geschlectrolle der weiblichen studentischen Probanden dieser Studie liegen
Pflegewissenschaft Pflegesymposium SY102 Was gibt es Neues in der Schmerztherapie? M. Thomm Schmerzzentrum der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln In zahlreichen epidemiologischen Studien hat sich gezeigt, dass Schmerzen eines der Hauptgesundheitsprobleme der Bevölkerung darstellt. Ins besondere chronische Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen und Nervenschmerzen gehören zu den aktuellen Gesundheitssorgen. Sogar die Versorgung der Tumorschmerzpatienten ist heutzutage nach wie vor problematisch. Trotz fortgeschrittener Therapiemöglichkeiten erhält ein großer Teil dieser Patienten keine adäquate und effektive Schmerztherapie. In den vergangenen Jahren wurden durch die gemeinsamen Bemühungen der Schmerztherapeuten und der engagierten Pflege weit reichende Inno vationen erzielt. Im Akutschmerz z. B. hat sich seit 2007 ein wissenschaftliches Projekt „Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie“ (Quibs) etabliert mit derzeit 110 beteiligten Kliniken. Damit steht erst Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts malig deutschlandweit ein System zum Vergleich der postoperativen Schmerztherapie zwischen verschiedenen Kliniken zur Verfügung, dass sich durch eine standardisierte Datenerhebung, eine zeitnahe Analyse sowie ein webbasiertes Feedback auszeichnet. Die Pflege hat bei der Durchführung dieses Projektes einen hohen Stellenwert. Sie führt nach eingehender Schulung und Beratung des Patienten die Datenerhebung mittels eines standardisierten Fragebogens durch und ist für die elektro nische Dateneingabe zuständig. In der medikamentösen Therapie akuter und chronischer Schmerzen – Rückenschmerzen, Schmerzen bei Osteoarthritis der Hüfte und des Knies – wird voraussichtlich ab 2010 ein neuer Wirkstoff Tapentadol in Deutschland zur Verfügung stehen. Tapentadol hat einen 2-fachen Wirk mechanismus, der µ-Opioid Rezeptor- Agonismus und NoradrenalinWiederaufnahmehemmer. Der Wirkstoff wird als schnellfreisetzende sowie als retardierte Tablette entwickelt. In der postmenopausalen Osteoporosebehandlung verringert – nach einer im New England Journal of Medicine publizierten Studie – das Bisphosphonat Zoledronsäure als einmalige jährliche Gabe das Frak turrisiko. Das Medikament Ziconotid (Prialt®) ist eine aus dem Gift einer Meeresschneckenart gewonnene Substanz, die bei starken chronischen Schmerzzuständen als langsame kontinuierliche Infusion mittels eines intrathekalen Katheters unter Einsatz einer Infusionspumpe appliziert wird. Diese Therapieform sollte jedoch nur als „ultima ratio“ Anwendung finden. Bei neuropathischen Schmerzen, insbesondere bei der Postzosterneuralgie hat sich der Wirkstoff Lidocain in Form eines Pflastersystems etabliert, der jedoch ausschließlich für dieses Krankheitsbild eine Zulassung hat. Es kann jedoch als „Off label use“ bei anderen neuropathischen Schmerzsyndromen eingesetzt werden. Bei der Therapie von Rückenschmerzen deutet sich ein regelrechter Richtungswechsel an. Die beste Therapie ist nicht die Bettruhe, sondern die aktive Bewegung. Wissenschaftlich betrachtet haben sich die meisten Verfahren wie z. B. Injektionen, Bäder, Akupunktur, Kälte-, Wärmetherapie zur Behandlung akuter und chronischer Rückenschmerzen als nicht effektiv erwiesen. In der Therapie akuter und chronifizierter Stumpf- und Phantomschmerzen sowie bei dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (Synonym: Morbus Sudeck) kommt die in Vergessenheit geratene Spiegeltherapie mit großem Erfolg zum Einsatz. In der Tumorschmerztherapie stehen seit Anfang des Jahres zwei Medi kamente mit dem Wirkstoff Fentanyl bei Durchbruchsschmerzen (break through pain) in der Tumorschmerztherapie als buccale und sublinguale Applikationsform zur Verfügung. Ein erster selektiver subkutan applizier barer µ- Opiod- Rezeptor- Antagonist Methylnaltrexon (Relistor®) hat Mitte letzten Jahres die europäische Zulassung zur kausalen Therapie schwerer opioidinduzierter Obstipation bei Tumorpatienten erhalten. Trotz dieser Innovationen ist die Therapie akuter und chronischer tumorund nichttumorbedingter Schmerzen zwar ein faszinierendes, aber auch ein sehr mühevolles und zeitaufwändiges medizinisches Aufgabengebiet. Schmerzkrankheiten können nicht durch eine „Blickdiagnose“ erfasst werden. Schmerzpatienten benötigen keinen medizinischen Minutentakt, sondern „Sprech-Stunden“ mit besonderer Expertise von Seiten der Ärzte und der Pflege. SY103 Der Alltag einer „Algesiologischen Fachassistenz“ in einer Schmerzambulanz D. Grünewald Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Schmerzambulanz, Universitätsklinikum Charité, Berlin Der Schmerz als chronisches Problem hat in den letzten Jahren eine umfangreiche Neubewertung erfahren. So auch die Schmerzambu lanzen, die seit den siebziger Jahren in Deutschland bestehen. Viele Therapieformen konnten schematisiert, erweitert oder neu eingeführt
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werden. Der Praxischarakter, die Mitverantwortung für den post operativen Schmerzdienst, sowie den Konsiliardienst für stationäre Schmerzpatienten und die Betreuung eigener stationärer Betten erfor dern einen strukturierten Ablauf und vielfältige Kenntnisse über das Schmerzmanagement. Im Jahr 2008 wurden in der Charité insgesamt 1252 chronische Schmerzpatienten behandelt, wobei 60% davon Tumor schmerzpatienten waren. Von diesen 1252 wurden 517 ambulant und 735 stationär betreut. Ebenfalls wurden auf der Schmerzstation 59 Patienten behandelt. Das bedeutet für das Tätigkeitsspektrum der Algesiologischen Fachassistenz ein umfangreiches Wissen in folgenden Bereichen, die in der täglichen Routine verschmelzen: – Organisation (z.B. Terminabsprachen, Koordination der Behandlungsabläufe ) – Dokumentation (z.B. Schmerzerfassung, telefonische Beratung von Schmerzpatienten, Abrechnung, Korrespondenz) – Patientenbetreuung (z.B. Beratung und Schulung der Patienten und deren Angehörigen) – Medizinischer Aufgabenbereich (z.B. TENS-Einweisungen, Assistenz und Überwachung der Blockadetherapien) – Fortbildung/Schulung des Pflegepersonal (z.B. Vermittlung von Schmerzstandards, Pumpen- und Geräteeinweisungen) – Mitarbeit bei klinischen Studien Weiterhin ist es die Aufgabe der Algesiologischen Fachassistenz auf Besonderheiten der Schmerzpatienten einzugehen und eine dynami sche, vertrauensvolle Beziehung zwischen den Patienten, seinen Ange hörigen oder den Bezugspersonen, den stationär Pflegenden und den Mitarbeitern der Schmerzambulanz, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten, bewusst mitzugestalten. Denn nur durch kon struktive interdisziplinäre Zusammenarbeit aller an der Behandlung und Pflege Beteiligten, kann der Patient mit seinem problematischen Schmerz geschehen eine adäquate der Situation entsprechende Therapie erhalten. SY104 Schmerz und Pflegeforschung J. Osterbrink Institut für Pflegewissenschaft, Paracelsus Medizinische Privatauniversität, Salzburg, Österreich Schmerzfreiheit, individuelle Lebensqualität und Wohlbefinden ist primäres Ziel einer interprofessionellen Schmerztherapie. Jährlichen Kosten der Schmerztherapie von 25 Milliarden Euro stehen Forschungs ausgaben von 8 Millionen € entgegen (DGSS, 2007). Der Schmerz standard entwickelt durch den DNQP legt die Aufgabenfelder der Pflege für die Bundesrepublik Deutschland fest (DNQP, 2005) diese sind: Systematische Schmerzerfassung und Dokumentation der nicht medikamentösen/medikamentösen Schmerztherapie (Bell, et al. 2009, Osterbrink 2006), Assessment der Begleitsymptomatik der medika mentösen Therapie (Palos 2008), Schulung und Beratung (Nestler, 2008, Polomano, et al. 2008). Das im Jahre 2007 beendete Projekte „Schmerzfreies Krankenhaus“ (SfK) zeigte, die Versorgung der akuten und chronischen Schmerzen stellt ein Problem dar. Die demographische Entwicklung, wird dieses Problem verstärken (Schneider, et al. 2006). Hier werden die Aufgabenfelder der Pflegeforschung liegen (Prowse 2007). Nichtmedikamentösen Schmerztherapie deren präventiver Einsatz bei Pflegeinterventionen, sowie deren Effektivität sind zu künftige Pflegeforschungsfelder, allerdings stellt die Studienqualität ein Problem dar (Jane, et al. 2008 Qin et al. 2008). Ein weiteres liegt in der Wissenserweiterung und -entwicklung in der Dömane Pflege, dieses setzt der Fernlehrgang der „Pain-Nurse um. Die Gründung der Zertifizierungsgesellschaft Certkom e.V. stellt einen Meilenstein in der Entwicklung eines interprofessionelle Schmerzmanagement dar und wurde auf der Grundlage der Studiendaten des SfK entwickelt. In den zertifizierten Kliniken hat dies zu einer messbaren Verbesserung der Patientenversorgung geführt.
Literatur – – – –
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(DGSS), D. G. z. S. d. S. (2007) Schmerz in Deutschland - Ethik-Charta der DGSS. In Deutscher Schmerzkongress 2007 DGSS, Berlin. (DNQP), D. N. f. Q. i. d. P. (2005) Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten oder tumorbedingten chronischen Schmerzen. DNQP, Osnabrück. Bell, L. and Duffy, A. (2009) Pain assessment and management in surgical nursing: a literature review. Br J Nurs, 18(3), 153-6. Jane, S. W., Wilkie, D. J., Gallucci, B. B. and Beaton, R. D. (2008) Systematic review of massage intervention for adult patients with cancer: a methodological perspective. Cancer Nurs, 31(6), E24-35. Nestler, N. (2008) Chronische Schmerzen in der Klinik. klinikarzt, 37(11), 543-45. Osterbrink, J. (2006) Schmerzmanagement in der Pflege. Österreichische Pflegezeitung, 12, 8-11. Palos, G. R. (2008) Opioids and cancer survivors: issues in side-effect management. Oncol Nurs Forum, 35 Suppl, 13-9. Polomano, R. C., Dunwoody, C. J., Krenzischek, D. A. and Rathmell, J. P. (2008) Perspective on pain management in the 21st century. J Perianesth Nurs, 23(1 Suppl), S4-14. Prowse, M. (2007) Postoperative pain in older people: a review of the literature. J Clin Nurs, 16(1), 84- 97. Qin, R., Titler, M. G., Shever, L. L. and Kim, T. (2008) Estimating effects of nursing intervention via propensity score analysis. Nurs Res, 57(6), 444-52. Schneider, N. and Schwartz, F. W. (2006) [High need for improvement and many open questions in health care for palliative patients]. Med Klin (Munich), 101(7), 552-7.
SY105 Ist postoperativer Schmerz 2009 noch ein Thema? A. Ewers Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich Problemdarstellung und Relevanz: Schmerz ist ein weltweit verbreitetes und gravierendes Problem in allen Bereichen des Gesundheitswesens. Jeder operative Eingriff ist mit akuten Schmerzen verbunden und verursacht je nach Ort, Umfang und Schnittführung unterschiedlich intensive Schmerzen (Kehlet & Dahl 2003). Die stärksten postoperativen Schmerzen werden in den ersten 48 – 72 Stunden beschrieben (Coll & Ameen, 2006). In diesem Zeitraum klagen auch heute noch etwa 40 – 80% der Patienten über moderate bis starke Schmerzen (Brennan et al. 2007, Pschowski & Motsch, 2008). Vielen Patienten in Kliniken könnten vor allem starke postoperative Schmerzen erspart bleiben, wenn die bisherigen Erkenntnisse der modernen Schmerztherapie im Klinikalltag konsequent umgesetzt würden. Den Pflegenden kommt dabei aufgrund ihres häufigen und engen Kontaktes zum Patienten eine zentrale Bedeutung zu. Fragestellung: Im Fokus steht die Frage, ob und in wieweit die im Prätest ermittelte Schmerzprävalenz und Schmerzintensität bei chirurgischen Patienten am ersten postoperativen Tag durch die Optimierung des Schmerzmanagements der Pflegenden in Anlehnung an die Kriterien des Expertenstandards „Schmerzmanagement in der Pflege“ im Posttest gesenkt werden kann. Methodik: Die vorliegende Arbeit wurde auf der Grundlage eines Prä-/ Posttestdesigns mit quantitativen und qualitativen Erhebungsmethoden bei chirurgischen Patienten am ersten postoperativen Tag und ihren Pflegenden durchgeführt. Die Auswertung der Daten erfolgte deskriptiv, der Prä-/Posttestvergleich der Ruhe- und Belastungsschmerzen auf Signifikanz anhand des Mann-Whitney-U-Tests und des Vierfelder ChiQuadrat-Tests. Ergebnisse: Im Posttest konnte eine signifikante Senkung der Belastungsschmerzen der Patienten in der gesamten Stichprobe sowie in der Subgruppenanalyse bei Patienten nach Gelenkeingriffen erreicht werden. Ebenso wurde eine Optimierung der Schmerzeinschätzung, medikamentöse Schmerztherapie und Beratung der Patienten zum Thema Schmerz bei den Pflegenden erreicht. Eine signifikante Senkung der Schmerzprävalenz konnte nicht realisiert werden. Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt, dass durch die Umsetzung zentraler Kriterien des Schmerzmanagements, die individuell auf die Bedürfnisse einer Klinik abgestimmt wurden, eine Optimierung des postoperativen
Schmerzmanagements in einem überschaubaren Zeitraum erreicht werden kann. Literatur – – – –
Coll, A.M., & Ameen, J. (2006). Profiles of pain after day surgery: Patients experiences of three different operation types. Journal of Advanced Nursing, 53 (2), 178-187. Brennan, F., Carr, D.B., & Cousins, M. (2007). Pain Management: A Fundamental Human Right. International Anesthesia Research Society, 105 (1), 205-221. Kehlet, H., & Dahl, J.B. (2003). Anaesthesia, surgery and challenges in postoperative recovery. Lancet, 362, 1921-1928. Pschowski, R., & Motsch, J. (2008). Die postoperative Schmerztherapie. Wiener Medizinische Wochenschrift, 158, 603-609.
SY106 Wie kann der Schmerz beim Patienten mit Lungenkarzinom reduziert werden? N. Nestler Certcom e.V., Bochum Schmerzen treten häufig im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen auf, 30–45% aller Krebspatienten haben Schmerzen bei Diagnosestellung und Beginn der Therapie (Gaston-Johannson and Fall.Dickson 1995), im Endstadium der Erkrankung sogar 75%–90% (Allard, Maunsell et al. 2001). Dabei erscheint sowohl die Tumorart als auch die psychosozialen Situation des Betroffenen von Bedeutung. Der Schmerz kann unter schiedliche Ursachen haben, „tumorbedingten Schmerzen“ treten zu sechzig bis neunzig Prozent auf. Es können auch therapiebedingte Schmerzen (10–25%) und tumorassoziierte Schmerzen (5–20%) vor handen sein. Der Betroffene selber setzt allerdings in der Regel jegliche Schmerzen mit einer Verschlechterung der Erkrankung und einem weiteren oder erneuten Tumorwachstum in Verbindung. Die Erfahrungen der Betroffenen mit tumorbedingten Schmerzen sind in der Regel vielfältig und stellen ein „ein multi-dimensionales komplexes Phänomen (dar), das sich auf jeden Aspekt im Leben eines Menschen auswirken kann.“ (Lubkin and Jeffrey 2002). Betroffene können häufig ihre Schmerzen nicht abgelöst von anderen Gefühlen beschreiben . Auch kommen häufig Funktionseinschränkungen aufgrund des Schmerzes vor. Hinzu kommt, dass krebserkrankte Menschen häufig nicht ausreichend mit Schmerzmedikamenten versorgt werden oder selber Vorbehalte gegenüber einer medikamentösen Schmerztherapie haben (Chang et al. 2002). Schumacher et al. führen hierzu aus, dass vor allem negative Erfahrungen mit einer Schmerztherapie und dem Umgang mit ihrer Situation dazu führen, dass weitere medikamentöse Optionen abgelehnt werden (Schumacher, West et al. 2002). Es bedarf einer umfassenden Beratung und Anleitung zur medikamentösen Therapie, um schädigende Folgen durch Schmerzen zu minimieren bzw. zu verhindern (Allard, Maunsell et al. 2001; Devine 2003). Aufgrund der Häufigkeit von Schmerzen im Kontext einer Tumorer krankung und der Bedeutung für die Lebensqualität der Betroffenen gilt es pflegerische Interventionen zu finden, die Schmerzen reduzieren und eine Verarbeitung im Kontext der Erkrankung ermöglichen. Besonders die Beratung und Schulung der Patienten zur Schmerzerfassung, mög licher medikamentöser wie nicht-medikamentöser Strategien sollte hier im Fokus stehen und so eine gezielte pflegerische Betreuung dieser Patien tengruppe ermöglichen.
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Abstracts Akutschmerz Pain Out – Ein europäisches Netzwerk zur Optimierung der postoperativen Schmerztherapie SY108 PAIN-OUT: Projektüberblick W. Meißner Abteilung für Palliativmedizin/KIM II, Schmerzambulanz /KAI, Universitätsklinikum der FSU Jena
– Die „Wissensbibliothek“ bereitet vorhandene Evidenz (Metaanalysen, Guidelines) fallspezifisch auf. Ein Pharmakoökonomiemodul sowie Analysen zu Einfluß von Alter und Geschlecht ergänzen das Projekt. Nach Fertigstellung der einzelnen Module ist die Teilnahme zusätzlicher Institutionen möglich. Weitere Informationen: www.pain-out.eu
Neuropathischer Schmerz BMBF – Neuropathischer Schmerz SY113 Klassifikation neuropathischer Schmerzen Chr. Maier¹, H. Richter¹, R. Baron² ¹Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Ruhr Universität, Bochum; ²Christian-Albrechts-Universität Kiel, Klinik für Neurologie, Kiel
Abb. 1 Projektüberblick
Abb. 2 Projektpartner
PAIN-OUT ist ein nicht-kommerzielles, webbasiertes Projekt zur Quali tätsverbesserung und Unterstützung bei klinischer Entscheidungsfindung im Bereich der postoperativen Schmerztherapie. Es basiert auf den Erfahrungen des deutschen QUIPS-Projektes sowie der IASP-Task-Force “International Pain Registry”. PAIN-OUT wird vom 7th EU Framework Programme gefördert und hat im Januar 2009 mit 16 europäischen Part nern begonnen. Das Projekt basiert auf der stichprobenhaften Sammlung von Er- gebnis-, Prozess- und ökonomischen Parametern („Kerndatensatz“) nach Operationen. Diese Daten bilden die Grundlage eines großen Schmerzregisters mit drei verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten: – Das „Feedback- und Benchmark-Modul“ ermöglicht den teilnehmenden Institutionen eine vergleichende, externe Qualitätskontrolle durch Rückmeldung der eigenen Qualitätsindikatoren und denen der Gesamtheit. – Das „Clinical Decision Support System“ unterstützt auf der Basis der vorhandenen Daten konkrete klinische Entscheidungsprozesse („Welche Erfahrungen wurden in vergleichbaren Situationen mit Medikament A gemacht?“).
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Auf der Grundlage der Ergebnisse des Deutschen Netzwerkes (DFNS) wird ein Klassifikationsvorschlag erörtert, der sich ausschließlich an den objektivierbaren Befunden („signs“) orientiert. Das wichtigste Ergebnis der DFNS-Datenbankanalyse ist, dass bei jeder klinischen Diagnose (z. B. periphere Nervenverletzungen oder Polyneuropathie) sehr verschiedenartige Muster mit und ohne beeinträchtigte Sensorik, mit und ohne gleichzeitige Schmerzsensibilisierung auftreten können. Die klinischen Diagnosen unterscheiden sich untereinander lediglich durch die Häufigkeit der Muster, (z. B. Hyperalgesien vermehrt bei der postzosterischen Neuralgie, gemischte thermisch-taktile Hypästhesie ohne Hyperalgesie bei der Polyneuropathie). Der erste entscheidende Schritt im Einzelfall ist die Prüfung mittels validierter Techniken, ob ein sensorisches Defizit vorliegt oder nicht, zweitens ob oder ob keine Form der Hyperalgesie oder Allodynie vorliegt. Daraus lässt sich dann die konkrete Individualpathologie des Patienten beschreiben und z.B. Patienten mit einer Polyneuropathie mit und ohne Hyperalgesie zu unterscheiden. Insgesamt existieren ca. 10 verschiedene Muster, deren therapeutische Relevanz es jetzt zu prüfen gilt. Dieser Klassifikationsansatz ist ein erster Schritt sein, die schillernde klinische Entität „Neuropathischer Schmerz???“ in diagnostisch reliable, d.h. nachvollziehbare und klinische relevante Subgruppen einzuteilen, nicht zuletzt auch, um diese Be schwerdebilder von psychosomatischen Mustern valide unterscheiden zu können
Rückenschmerz Physiotherapie bei chronischen Schmerzen SY114 Organisationsformen der Therapie: Einzeltherapie vs. Gruppe, monodisziplinär vs. interdisziplinär D. Seeger Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität, Schmerzklinik/ BE Physiotherapie TL 112, Göttingen In der Therapie von Schmerzen am Haltungs- und Bewegungsapparat gibt es inzwischen zwei große Richtungen. Die eine: „Standardbehandlung“ ist die physiotherapeutische Einzeltherapie nach dem aktuell geltenden Heilmittelkatalog. Hierunter fallen akute, subakute und im Allgemeinen auch chronische Beschwerdebilder. Die andere: die „Evidence based“ Behandlung im Sinne des „Functional Restoration“, besser bekannt als „Multidisziplinäre, multimodale“ Behandlungsprogramme. Diese werden gestuft und als Gruppenbehandlung meist interdisziplinär
angeboten. Diese Behandlungsform wird bei vorwiegend leicht bis schwer chronifizierten Beschwerdebildern, bei besonders schweren Formen auch als tagesklinische Behandlung eingesetzt. Sind beide Richtungen kompatibel? Schließen sie sich aus? In diesem Vortrag werden beide große Richtungen gegenübergestellt, die Vor- und Nachteile herausgearbeitet und, nach eigenen Erfahrungen, Nuancen der Übergänge und Variationen diskutiert. Eine sehr er folgreiche Form der Therapie ist inzwischen die monodisziplinär physiotherapeutische aber multimodale Behandlungsform als Gruppen konzept für Beschwerden an der Halswirbelsäule in der Physiotherapie im Hinblick auf „Functional restoration“ in Anlehnung an die aktuelle Forschung in der Physiotherapie durchgeführt wird. SY115 Dysfunktionen des vegetativen Nervensystems – Ein therapeutischer Ansatz in der Behandlung von chronischen Schmerzen J. Dries DRK Schmerz-Zentrum Mainz Neben den Schmerzen, die den Patienten zum Arzt oder Therapeuten führen, stellt auch das Befinden und die Befindlichkeit eine wichtige Komponente dar. Nicht umsonst sind Irritationen des vegetativen Nerven systems Bestandteil der Diagnostik (s. auch DGSS Fragebogen). Begleitsymptomatiken wie z.B. Hyperhidrosis, kalte Akren, Globusgeühl, Obstipation und/oder Herzrasen werden häufig beim chronischen Schmerzpatient in der Anamnese eruiert, aber eher selten in die Behand lung des komplexen Geschehens einbezogen. Dazu bieten sich Reflextherapieverfahren wie z.B. die Bindegewebsmassage oder Fußreflexzonentherapie an. SY116 Psychische Komorbiditäten – Kontraindikationen für passive Physiotherapien bei chronischen Rückenschmerzen K. Niemier Sana Kliniken Sommerfeld, Klinik für Manuelle Medizin, Kremmen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen haben oft eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Schmerzentstehung und Chronifizierung. Funktionsstörungen im Bewegungssystem und des vegetativen Nerven systems scheinen Risikofaktoren für die Entwicklung von chronischen Schmerzen zu sein. Bei vielen Patienten besteht eine psychische Ko morbidität oder eine Psychopathologie scheint der entscheidende Faktor für das Schmerzsyndrom zu sein. Hier stellt sich die Frage ob und wenn ja wie vorhandene funktionelle Befunde behandelt werden sollten. Dies soll in diesem Beitrag vor dem Hintergrund der vorhandenen Literatur und aus der Praxis diskutiert werden
Diagnostische Procedere Beeinflussung nozizeptiver Netzwerke: Neuromodulation bei Schmerzen SY117 Warum es wirkt: Neurophysiologische Grundlagen der Schmerzmodulation T. Klein Lehrstuhl für Neurophysiologie, CBTM, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim
kutane elektrische Nervenstimulation (TENS) oder die elektrische Hinterstrangstimulation, aber auch die elektrische Aktivierung von Kortexarealen wie den primären Motorkortex eine zunehmende Rolle. Die diesen Therapieverfahren zugrundeliegenden Mechanismen sind vielfältig und reichen von der Aktivierung endogener schmerzhemmender Mechanismen wie der lokalen und deszendierenden Hemmung im Rückenmark (TENS, Hinterstrangstimulation) über eine andauernde neuroplastische Modulation nozizeptiver Signalverarbeitung durch Lang zeitdepression (LTD) und Langzeitpotenzierung (LTP) der synaptischen Übertragung (‚acupuncture-like’ TENS) bis hin zur Beeinflussung der bei der Schmerzentstehung beteiligten supraspinalen nozizeptiven Netz werke (Tiefenhirnstimulation, Motorkortexstimulation). Ziel des Vortrages ist es, einen Überblick über die neurobiologischen Mechanismen der oben genannte nicht-pharmakologischen Therapie verfahren zu geben und den rationalen Einsatz dieser Therapieverfahren im Rahmen einer mechanismen-basierten Schmerztherapie zu disku tieren. Gefördert durch das DFNS (BMBF-Förderkennzeichen 01EM0506) SY118 Operation vermeiden; Nicht-invasive Verfahren der Schmerzmodulation T. Jürgens Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik und Institut für Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum HamburgEppendorf, Hamburg Beschränkte sich die Therapie chronischer Schmerzsyndrome bislang vor allem auf medikamentöse Verfahren und – als Ultima ratio – operative Eingriffe, so stehen zunehmend nicht-invasive Techniken zur Verfügung, die die Erregbarkeit nozizeptiver Systeme beinflussen. So stellen neben der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) und die repetitive transkranielle Magnet stimulation (rTMS) neue und vielversprechende Verfahren für eine nicht-invasive Modulation nozizeptiver Netzwerke dar. Im Rahmen dieses Symposiums soll – basierend auf den zuvor ver mittelten Grundlagen – der aktuelle Stellenwert der teils jungen nicht invasiven Verfahren bei der mechanismenbasierten Therapie chronischer Schmerzen kritisch beleuchtet werden und und künftige Entwicklungen aufgezeichnet werden. SY119 Wenn Medikamente versagen: Invasive Verfahren der Schmerzmodulation V. Tronnier Neurochirurgische Universitäts-Klinik Lübeck Als invasive Verfahren der Schmerzmodulation gelten heute Stimulations verfahren wie die epidurale Rückenmarkstimulation (SCS), die periphere Nervenstimulation (PNS), die Tiefenhirnstimulation (DBS) und die kortikale Stimulation (MCS) mittels chronisch implantierbarer Sonden und Impulsgeber und die Implantation von Medikamentenpumpen mit der intrathekalen Applikation von Opiaten oder Ziconotid. Die Modula tion des afferenten Inputs oder der Schmerzverarbeitung findet auf ver schiedenen Ebenen des nozizeptiven Netzwerks spinal oder cerebral statt. Funktionelle Bildgebung (f-MRI, PET), elektrophysiologische Unter suchungen (SSEP, LEP) aber auch die quantitativ sensorische Testung (QST) zeigen die Modulation dieser Netzwerke bei den verschiedenen invasiven Verfahren auf. Eine Übersicht und eigene klinische Daten zur funktionellen Bildgebung bei SCS, DBS und MCS werden vorgestellt sowie Veränderungen in der QST unter therapeutische Stimulation und intrathekaler Ziconotidapplikation.
Neben der pharmakologischen Therapie spielen zunehmend nichtpharmakologische, apparative Schmerztherapieverfahren wie die trans Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Kopfschmerz Die Leitlinien der DMKG Teil 2: Querschnittsleitlinien SY120 Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen S. Evers Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster Kopfschmerzen bei Kindern treten fast so häufig auf wie bei Erwachsenen, alle verschiedenen Kopfschmerzarten sind auch im Kindesalter bekannt. Die Therapie der Migräne erfolgt auf drei Ebenen. Für die Akuttherapie sind Ibuprofen (10 mg/kg Körpergewicht) und Paracetamol (15 mg/kg) Mittel der ersten Wahl. Bei schweren Attacken können auch Sumatriptan 10–20 mg Nasenspray oder orale Triptane gegeben werden. Für die medikamentöse Prophylaxe werden Flunarizin 5 mg und Propranolol 40–80 mg empfohlen. Die nicht-medikamentöse Prophylaxe erfolgt am besten mit verhaltenstherapeutischen Gruppenprogrammen incl. Entspannungsverfahren. Für den Kopfschmerz vom Spannungstyp und für andere Kopfschmerzarten wie z.B. Clusterkopfschmerz können nur Analogieempfehlungen zum Erwachsenenalter gemacht werden. Es ist zu beachten, das auch Kinder durch den Übergebrauch von Schmerzmitteln einen Dauerkopfschmerz entwickeln können, der durch einen Entzug behandelt werden muss. SY121 Behandlung der Migräne und anderer Kopfschmerzen in Schwangerschaft und Stillzeit U. Bingel Department of Neurology, University Medical Center Hamburg Eppendorf, Hamburg In diesem Vortrag wird der aktuellen Wissensstand der wechselseitigen Beeinflussung von Migräne und Schwangerschaft sowie die Behandlungs optionen der Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit dar. Die Migräne betrifft überwiegend Frauen während ihrer reproduktiven Jahre und gehört zu den häufigsten Erkrankungen von Frauen in dieser Phase überhaupt. Da eine medikamentöse Behandlung häufig nötig ist, um eine Migräne suffizient zu behandeln, ergibt sich die Frage nach einer verträglichen und vor allem sicheren Therapie der Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit. Da die Migräne selbst in den meisten Fällen kein relevantes eigenständiges Risiko für das ungeborene Leben darstellt, ist bei jeder medikamentösen Maßnahme eine sorgfältige Güterabwägung zwischen der Symptomlinderung und einem möglichen negativen Einfluss zu treffen. Zusätzlich wird auch auf die Behandlung weiterer idiopathischer Kopfschmerzen eingegangen. Die Empfehlungen in diesem Vortrag orientieren sich an der bestehenden, evidenz-basierten Leitlinie der DGN und DMKG zur Behandlung primärer Kopfschmerzen unter Berücksichtigung des bekannten teratogenen Risikos der einzelnen Substanzen. SY122 Kopfschmerzen bei älteren Menschen A. Straube, Chr. Schankin Neurologie, Klinikum der Universität München, Großhadern, München Bedingt durch die demographischen Entwicklungen der westlichen Gesellschaften ist es unausweichlich, dass ein immer größerer Teil der Patienten älter als 70 Jahre ist. In dieser Altersgruppe gibt es bezgl. der Kopfschmerzen einige Besonderheiten, wobei auffällt, dass in der Literatur dieses Thema bisher relativ wenig beachtet wurde: – Primäre Kopfschmerzen werden eher seltener und zeigen in ihrer klinischen Symptomatik auch einen Wandel, so nehmen vegetative Begleitsymptome bei der Migräne ab, chronische Kopfschmerzen
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aber eher zu. Einzige Ausnahme ist der idiopathische schlafgebundene Kopfschmerz, der typischerweise erst ab dem 55 Lebensjahr auftritt. – Insgesamt nehmen die sekundären Kopfschmerzen zu, hier besonders die vaskulär- und tumor-bedingten Formen. Die Arteriitis cranialis kommt faktisch nur bei älteren Menschen vor, der Zoster oticus bzw. ophthalmicus nimmt im Alter deutlich an Häufigkeit zu. – Therapeutische Maßnahmen müssen die häufige Polychemo therapie und Multimorbidität der älteren Patienten berück sichtigen. Hier gilt insbesondere Vorsicht bei der Gabe von NSAR (Nierenfunktion!) und der möglichen kardio-vaskulären Nebenwirkungen von Triptanen. SY123 Posttraumatischer Kopfschmerz I. W. Husstedt UK Münster, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Münster Der akute und chronisch posttraumatische Kopfschmerz (PTKS) nach mittlerer oder schwerer Kopfverletzungen ist mit ca. 400/100.000 auch in Deutschland ein häufiges Problem. 6 Monate nach einem Unfall leiden noch 33 % an einem PTKS, 3 Jahre später liegt die Prävalenz des PTKS im gleichen Bereich wie Kopfschmerzen der Normalbevölkerung. Die Klassifikation der internationalen Kopfschmerzgesellschaft unterscheidet den akuten und chronischen posttraumatischen Kopfschmerz bei leichter und schwerer Kopfverletzung. In den Kommentaren wird ausgeführt, dass leichte Kopfverletzungen ein Symptomkomplex mit Störungen der Kognition, des Verhaltens und des Bewusstseins zur Folge haben können. Die Ergebnisse dieser technischen Untersuchungen haben jedoch keinen Einfluss auf die Prognose. Chronische posttraumatische Kopfschmerzen sind häufig Teil eines posttraumatischen Syndroms, wobei der Zusam menhang zwischen Rechtsstreitigkeiten und ausstehender Regelung von Kompensationsansprüchen und dem zeitlichen Verlauf des PTKS noch nicht eindeutig geklärt ist. Der posttraumatische Kopfschmerz gleicht semiologisch bei 85 % dem Kopfschmerz vom Spannungstyp. Oft entwickeln sich dazu Kopf schmerzen durch Medikamentenübergebrauch. Die Stärke des PTKS ist bei 30 % leicht, bei 52 % mäßig und bei 18 % schwer, die Lokalisation bei 51% okzipital, bei 44 % frontal und bei 11 % generalisiert. Untersuchungen weisen Veränderungen nach, die man auch bei Patienten mit Migräne oder depressiven Episoden findet. Noch nach 4 Jahren wird in der Litera tur bei bis zu 24 % ein PTKS diagnostiziert. Untersuchungen an Patientenkollektiven in verschiedenen Ländern ergaben, dass die Erwartung Kopfschmerzen nach einem Unfall zu be kommen, einen wesentlichen Einfluss auf die Beschwerdepersistenz be sitzt. Die Kofaktoren für ein schlechtes Outcome stellen höheres Alter, weibliches Geschlecht und idiopathische Kopfschmerzen vor dem Trauma dar. Untersuchungen weisen z.T. inverse Korrelationen zwischen der Stärke des Traumas und der Stärke der posttraumatischen Kopf schmerzen nach. 34 % der hospitalisierten Patienten sind nach 3 Monaten nicht an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt, 25 % kehren auf Dauer nicht wieder in den Arbeitsprozess zurück. An nicht medikamentösen Maßnahmen ist die kontrollierte Führung der Patienten, keine oder kurze Immobilisation und Krankschreibung sowie rascher Beginn physikalischer Therapien notwendig um die Pro gnose zu verbessern. Um den Problemen des Kopfschmerzes durch Me dikamentenübergebrauch entgegenzusteuern, ist eine Analgetikagabe maximal zu limitieren verbunden mit dem frühestmöglichen Beginn einer thymoleptischen Schmerztherapie und einer Psychotherapie. Die rasche Klärung forensischer Fragen und psychosozialer Probleme sowie die personelle Trennung von Behandlung und Begutachtung sind wesentliche Kofaktoren, die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess günstig beeinflussen Trotzdem bleiben viele Aspekte des PTKS unge klärt.
SY124 Selbstmedikation bei Migräne und beim Kopfschmerz vom Spannungstyp H. Haag Michael-Balint-Klinik, Königsfeld Die ersten „evidenzbasierten Empfehlungen zur Selbstmedikation bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp“ legte die DMKG im Jahr 2004 (Nervenheilkunde 2004; 23:415-430) vor. Aufgrund neuer Behandlungsalternativen und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren wurde es notwendig, die Empfehlungen von 2004 zu aktualisieren. Diesen Therapieempfehlungen kommt auch insoweit eine besondere Bedeutung zu, als sie zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) der Österreichischen
Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG) und der Schweizerischen Kopfwehge sellschaft (SKG) erarbeitet worden sind. Diese wurden in ausführlicher Fassung im Juniheft der „Nervenheilkunde“ (2009; 28:382-397) veröffent licht. Wesentliche Neuerungen sind, dass erstmals auch die Substanzen Diclo fenac, Naratriptan, Phenazon sowie die Kombination aus Paracetamol und Coffein als Medikamente erster Wahl empfohlen werden und dass die fixe Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein auf Basis der analysierten Vergleichsstudien innerhalb der Gruppe „Mittel der 1. Wahl“ eine hervorgehobene Empfehlung erhielt. . Tab. 1 und 2
Tab. 1 Empfehlungen der DMKG, DGN, ÖKG und SKG zur Selbstmedikation akuter Migräneattacken mit und ohne Aura Wirkstoff oder Wirkstoffkombination
Qualität der wissenschaftlichen Evidenz
Wissenschaftliche Evidenz
Klinischer Eindruck der Wirksamkeit
Klinischer Eindruck der Verträglichkeit
Kommentar
Empfehlung zur Selbstmedikation
2 Tabletten der fixen Kombination: (250-265mg) Acetylsalicylsäure + (200-265mg) Paracetamol + (50-65mg) Koffein
A
+++
++
+++
hervorgehobene Empfehlung auf Basis der analysierten Vergleichsstudien
Mittel der 1. Wahl
Acetylsalicylsäure (900-1000mg)
A
+++
++
++
als Tablette und als Brausetablette
Mittel der 1. Wahl
Ibuprofen (400mg)
A
+++
++
+++
Mittel der 1. Wahl
Naratriptan (2,5mg)
A
++
++
+++
Mittel der 1. Wahl
Paracetamol (1000mg)
A
++
+
+++
Mittel der 1. Wahl
Phenazon (1000mg),
A
++
++
++
Mittel der 1. Wahl
Tab. 2 Empfehlungen der DMKG, DGN, ÖKG und SKG zur Selbstmedikation von Kopfschmerzen vom Spannungstyp Wirkstoff oder Wirkstoffkombination
Qualität der wissenschaftlichen Evidenz
Wissenschaftliche Evidenz der Wirksamkeit
Klinischer Eindruck der Wirksamkeit
Klinischer Eindruck der Verträglichkeit
Kommentar
Empfehlung zur Selbstmedikation
2 Tabletten der fixen Kombination: Acetylsalicylsäure (250-265 mg) + Paracetamol (200265 mg) + Koffein (50-65 mg)
A
+++
++
+++
hervorgehobene Empfehlung auf Basis der analysierten Vergleichsstudien
Mittel der 1. Wahl
Acetylsalicylsäure 1000mg
A
++
++
++
als Tablette und als Brausetablette
Mittel der 1. Wahl
Diclofenac 12,5 mg
A
++
++
++
Diclofenac 25 mg
A
++
++
++
erst seit 2007 in D verschreibungsfrei
Mittel der 1. Wahl
Ibuprofen 400 mg
A
++
++
+++
für 200 mg Ibuprofen kein Wirksamkeitsbeleg
Mittel der 1. Wahl
2 Tabletten der fixen Kombination: Paracetamol (500 mg) + Koffein (65 mg)
A
++
++
+++
Mittel der 1. Wahl
Paracetamol 1000mg
B
+
+
+++
Mittel der 2. Wahl
Mittel der 1. Wahl
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Abstracts Multimodale Therapie des Schmerzes Der Schmerzpatient und sein Partner SY125 Der Schmerzpatient und sein Partner R. Sabatowski Schmerzambulanz, USC - UniversitätsSchmerzCentrum, Dresden Der Einfluss besorgter Angehöriger auf Schmerzverhalten wurde mehr fach nachgewiesen. Dabei sind vor allem enge Angehörige von wesent licher Bedeutung, die mit dem Patienten den Alltag teilen und für ihn eine wichtige Bezugsperson darstellen. Familiäre Normen prägen in vielfältiger Weise den Umgang mit einer Krankheit. Die Familie ist das Umfeld, in dem Gewohnheiten entstehen, die Gesundheit fördern oder aber behindern können. Angehörige haben mit dem Patienten deutlich mehr zu tun als Therapeuten, weshalb ihr Einfluss auf das Bestehen des Schmerzes in der Regel stärker ist und oftmals trotz kurzfristiger Therapieerfolge im stationären/teilstationären Setting zur Rückkehr zum Ausgangszustand beiträgt. Gezeigt hat sich im Verlauf der letzten Jahre, dass die Behandlung von Patienten in interdisziplinären Zentren erfolgreicher ist, je mehr diese Patienten von ihren Familien unterstützt wurden. Im Beisein besonders fürsorglicher Angehöriger zeigten sich die Schmerzpatienten jedoch häufig klagsamer und zeigten stärkere funktionale Einschränkungen als ohne ihre Partner. Erlebte soziale Un terstützung von Familienmitgliedern ist nach Jamison und Wirts ein Prädiktor für bessern Therapieerfolg bei Schmerzpatienten. Insgesamt kann man festhalten, dass besorgte, stark fürsorglich und ausschließlich physisch unterstützende Partner Schmerzverhaltensweisen in ungünstiger Weise verstärken und Patienten vom Aufbau günstiger Verhaltensweisen abhalten können. Im Rahmen dieses Symposiums sollen verschiedene Aspekte der Patienten-Partner-Interaktion vorgestellt und diskutiert wer den. SY126 Die Bedeutung des Partners in der Schmerzbewältigung K. Thieme Center for Neurosensory Disorders, Thurston Arthritis Research Center, The University of North Carolina at Chapel Hill, Chapel Hill, USA Ausgehend von verschiedenen Stilen der psychosozialen Adaptation an die Erkrankung weisen die Partner von Patienten mit Fibromyalgie und chronischem Rückenschmerz verschiedene Reaktionen auf den chro nischen Schmerz auf, die entscheidend zur Aufrechterhaltung und Ver stärkung von Schmerzverhalten und der damit verbundenen Schmerz wahrnehmung beitragen. Der Vortrag präsentiert Studien zum Schmerzverhalten und seinen Prädiktoren, die zeigen konnten, dass das Schmerzverhalten von Pa tienten mit dysfunktionaler Krankheitsadaptation zu 45.2% von der reduziert ablenkenden und übermässig zuwendenden, schmerzver stärkenden Reaktion des Partners prädiktiert wird, sowie zum Auftreten von Angsterkarnkungen bei 67.6% der Patienten. Im Unterschied zur dysfunktionalen Gruppe, weisen Partner von Patienten mit interperso nell-beeinträchtigter Krankheitsadaptation vorwiegend bestrafendes Part nerverhalten auf, das aufgrund mangelnder sozialer Unterstützung zur Entwicklung depressiver Erkrankungen bei 80% der Patienten führt. Die 3. Gruppe der aktiven Verarbeiter berichtet über vorwiegend ablenkendes Partnerverhalten, zeigt sehr wenig Schmerzverhalten, mittlere Schmerz intensität und selten depressive und Angsterkrankungen. Als 2. Gesichtspunkt wird der Vortrag Studien zur Evaluation von kogni tiver und operanter Schmerztherapie zeigen, bei der die Beeinflussung des übermässig zuwendenden Partnerverhaltens und des Schmerzverhaltens des Patienten durch die operante Schmerztherapie zu einer klinisch signifikanten Schmerzreduktion bei 65% im stationären seeting und 53.5% im ambulanten Seeting führt. Die Beeinflussung des bestrafenden
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Partnerverhaltens und depressogener Kognitionen durch die kognitivbehaviorale Schmerztherapie führte im ambulanten Seeting zu einer klinisch signifikanten Schmerzreduktion von 45.2%, jeweils gemessen 12–15 Monate nach Therapie. Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass die Einbindung des Partners in den Behandlungsprozess, der Abbau von übermässig zuwendendem bzw. bestrafendem Partnerverhalten in Kombination mit dem Aufbau von gesundem Verhalten und aktiv verarbeitenden Kognitionen zur Reduktion von Schmerzwahrnehmung führt. SY127 SRI – ein Instrument zur Erfassung der Reaktion von Angehörigen auf Schmerzverhalten U. Kaiser UniversitätsSchmerzCentrum, Universitätsklinik, Dresden Der Einfluss besorgter Angehöriger auf Schmerzverhalten wurde mehr fach nachgewiesen (Lousberg et al. 1992, Block et al. 1980, Flor et al. 1995, Romano et al 1992). Dabei sind vor allem enge Angehörige von wesentlicher Bedeutung, die mit dem Patienten den Alltag teilen und für ihn eine wichtige Bezugsperson darstellen. Familiäre Normen prägen in vielfältiger Weise den Umgang mit einer Krankheit. Die Familie ist das Umfeld, in dem Gewohnheiten entstehen, die Gesundheit fördern oder aber behindern können. Insgesamt kann man festhalten, dass besorgte, stark fürsorglich und ausschließlich physisch unterstützende Partner Schmerzverhaltensweisen in ungünstiger Weise verstärken und Patienten vom Aufbau günstiger Verhaltensweisen abhalten können. In der Therapie mit chronischen Schmerzpatienten wird diesem Sach verhalt bisher wenig Beachtung geschenkt. Es besteht ein Mangel an Instrumenten, die alltagsnah, schmerzspezifisch und ökonomisch einen Überblick über die Partnerschaftssituation der Schmerzpatienten ermög lichen. Der Vortrag möchte einen kurzen Überblick über mögliche Verfahren im deutschen Sprachraum geben, an den sich die Präsentation von Ergebnissen aus drei Studien anschließen. In diesen Studien wurde der SRI (Spouse Response Inventory, Schwartz et al., 2005) aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen und evaluiert, sowie anhand zweier Populationen erstmals hinsichtlich kriteriumsbezogener, inkre menteller, sowie hinsichtlich konvergenter und diskriminanter Validität untersucht. Die Ergebnisse legen eine ausreichende Validität und Reliabilität des SRI nahe. Sie zeigen aber auch schmerzgruppenspezifische Unterschiede in den Partnerinteraktionen und deren Auswirkungen auf die Erkrankung. Zudem konnte die Notwendigkeit schmerzspezifischer Instrumente im Vergleich zu unspezifischen Partnerschaftsinstrumenten (inkrementelle Validität) nachgewiesen werden, so dass von einer Besonderheit der Schmerzinteraktion im Vergleich zu anderen Partnerschaftsinteraktion en ausgegangen werden kann. Die Ergebnisse der Studien sollen im Vortrag diskutiert und im Rahmen der bestehenden Literatur eingeordnet werden.
Samstag, 10.10.2009 Transfer von Grundlagenforschung in die Klinik Placebo-Analgesie SY132 Bedeutung von Plazebo/Nozeboeffekten in klinischen Studien von Schmerzmedikamenten P. Enck, S. Klosterhalfen Universitätsklinik Tübingen, Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen Die Symptome bessernde Wirksamkeit von Plazeboapplikationen in Rahmen von klinischen Doppelblindstudien neuer Schmerzmedikamente ist unbestritten, ebenso wie das Auftreten von Nebenwirkungen (Nozebo effekten) in den Plazeboarmen der Studien. Die Größe der Plazebo- und Nozebowirkungen ist dabei abhängig von einer Reihe von Faktoren der Studienplanung und -durchführung selbst (Patientenrekrutierung, Stichprobengröße, Art und Umfang der Symptomkontrolle), aber auch von Merkmalen der eingeschlossenen Patienten und der behandelnden Ärzte. Simulationen dieser „Plazeboanalgesie“ im Laborversuch haben darüber hinaus gezeigt, dass die Vermittlung der Plazebo- und Nozebowirkungen psychologischen Regeln folgt und neurobiologische Korrelate aufweist, die denen der medikamentösen Schmerzverarbeitung verwandt sind. Es hat sich jedoch auch gezeigt, dass in Laborexperimenten die Effektstärke der Plazebos um ein Vielfaches größer ist als in den klinischen Studien. Die Gründe dafür sind in den unterschiedlichen Informationen zu finden, sie Probanden im Laborexperiment und Patienten in Medikamentenstudien erhalten. Dies wirft die weitergehende Frage auf, wie groß denn die Plazebo- und Nozebowirkungen im klinischen Alltag außerhalb von klinischen Studien sind – dazu gibt es bislang keine Daten.
Nachwuchssymposium DMKG Aktuelle Kopfschmerzforschung: das DMKG-Netzwerk SY133 Genetische Assoziationsstudien und pharmakogenetische Untersuchungen des Serotoninmetabolismus bei Migräne A. Jung Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinik Münster & Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg/Saar Fragestellung: Migräne zählt zu den primären Kopfschmerzen mit einer multifaktoriellen, genetisch komplexen Form der Vererbung. Das serotonerge System spielt in der Migränegenese eine bedeutende Rolle. Um den Einfluss genetischer Varianten zweier wichtiger am Sero toninmetabolismus beteiligter Gene Tryptophanhydroxylase 2 (TPH2), Monoaminoxidase A (MAOA) auf die Pathogenese der Migräne und das Ansprechen auf Triptane zu untersuchen, wurden systematische Assoziationsstudien durchgeführt. Material und Methoden: Zur Charakterisierung des TPH2-Gens wurden 8 „tagging“ SNPs (single nucleotide polymorphism) ausgewählt, die 97,5% der genetischen Variation des TPH2-Gens abdecken. Aus dem MAOAGen wurden zwei funktionell wirksame Polymorphismen ausgewählt. 503 Patienten mit Migräne und 515 gesunde Kontrollprobanden wurden genotypisiert. Die Migränepatienten wurden stratifiziert in Migräne mit Aura und ohne Aura, Triptanresponder-/Non-responder und in Patienten mit Wiederkehrkopfschmerzen < 12 h, > 12 h und ohne Wiederkehrkopfschmerzen. Die Assoziationsanalyse erfolgte auf Basis
der einzelnen Polymorphismen und Haplotypen durch einen ?2-Test und durch logistische Regression. Ergebnisse: Die Analyse der Genotypen-Verteilung zeigte für zwei SNPs aus dem TPH2-Gen eine schwach signifikante Assoziation mit Migräne. Die Haplotypen-Analyse zeigte eine nach Korrektur noch signifikante Assoziation eines seltenen Haplotypen mit Migräne ohne Aura (p = 0,006, p < 0,05). Die aus dem MAOA-Gen untersuchten funktionellen Polymorphismen (VNTR und rs6323) zeigten keine signifikante Asso ziation mit Migräne. Weder die Analyse der Begleitsymptome der Migräne, noch die Auswertung der pharmakologischen Daten erbrachten eine Assoziation mit den untersuchten Polymorphismen der beiden Gene. Diskussion: Es konnte keine eindeutige Assoziation der genetischen Varianten des TPH2- und des MAOA-Gens mit Migräne, den Begleit symptomen oder des Ansprechens auf Triptane festgestellt werden. Es zeigte sich jedoch eine positive Assoziation für einen TPH2-Haplotypen mit Migräne ohne Aura. Ursächlich für ein solches Ergebnis kann die Studiengröße und zum anderen die Tatsache sein, dass die Migräne eine heterogene Erkrankung darstellt, in der viele genetische Varianten nur einen geringen Effekt auf den komplexen Phänotyp haben. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse sprechen gegen einen bedeutenden Einfluss der genetischen Varianten des TPH2-und des MAOA-Gens auf die Pathogenese der Migräne und auf das Ansprechen auf Triptane. Auf grund der Assoziation mit einem TPH2 Haplotypen erscheinen weitere Untersuchungen und eine Replikation sinnvoll. SY134 Zytokinexpression in Meningeomen und Hypophysentumoren: Relevanz fur die Pathophysiologie von Kopfschmerz bei Hirntumoren? Chr. Schankin Klinikum der Universität München - Großhadern, Neurologische Klinik und Poliklinik, München In der aktuellen Version der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (IHCD-II) der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) werden zwei Arten von Kopfschmerz bei Hirntumoren unterschieden, der Kopfschmerz bei erhöhtem Hirndruck (indirekte Tumorwirkung, IHS 7.4.1.) und der Kopfschmerz durch direkte Tumoreinwirkung (IHS 7.4.2). Beiden ist gemeinsam, dass die von der IHCD-II geforderte Symptomatik stark mit der typischen Hirndrucksymptomatik (Übelkeit, Erbrechen, Zunahme im Liegen, beim Husten, Pressen) überlappt und daher v.a. auf Hirntumoren zutrifft, die bereits zu einer Hirndruckerhöhung führen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich der Kopfschmerz bei Hirntumoren manifestiert, die noch zu keiner Erhöhung des intrakraniellen Drucks geführt haben. In diesem Vortrag stellen wir die Resultate von Studien zum Hirn tumor-assoziierten Kopfschmerz generell vor sowie insbesondere zum Kopfschmerz bei Meningeomen und Hypophysentumoren. Tumorkopf schmerz manifestiert sich oft sehr ähnlich den primären Kopfschmerzen, wobei die klassische Hirndrucksymptomatik in der Regel fehlt. Passend dazu haben Tumorgröße, -lage und Umgebungsödem keine signifikante Bedeutung für das Auftreten von Kopfschmerz bei intrakraniellen Raumforderungen. Vorbestehende primäre Kopfschmerzen und eine positive Familienanamnese für Kopfschmerzen sind dagegen bei allen untersuchten Tumorarten Risikofaktoren. Dies deutet darauf hin, dass Hirntumor-assoziierter Kopfschmerz eher nicht hirndruckabhängig ist, sondern pathophysiologisch mit primären Kopfschmerzen überlappt. Als weitere Risikofaktoren finden sich ein knocheninvasives Wachstum bei Meningeomen sowie Rauchen und ein rasches Tumorwachstum bei Hypophysenadenomen. Dies könnte Hinweise auf die Mechanismen des Tumor-Kopfschmerzes geben, wobei möglicherweise den für die Kopfs chmerzpathophysiologie relevanten Zytokinen eine wichtige Bedeutung zukommt.
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Abstracts SY135 Trigeminale Schmerzverarbeitung bei Migränepatienten: ein event-related f-MRT design A. Stankewitz¹, A. May² ¹Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Systemische Neurowissenschaften, Hamburg; ²Institut für systemische Neurowissenschaften, Kopfschmerzambulanz, Universitätsklinikum Hamburg (UKE), Hamburg Einleitung: Bis heute existiert kein einheitliches Ätiologiemodell der Migräne. Das trigeminale System fungiert jedoch offensichtlich als funda mentale Struktur, die im Schmerzprozess dieser Erkrankung involviert ist. Mittels moderner Bildgebungsmethoden konnte in den letzten Jahren wesentlich zu einem besseren Verständnis schmerzverarbeitender Strukturen beigetragen werden. Die Migräneforschung basiert jedoch hauptsächlich auf Arbeiten mittels Positronen-Emissions-Tomographie und Spektroskopie. Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) bietet als non-invasives Verfahren jedoch wesentliche Vorteile in räumlicher, und gekoppelt mit einem event-related design, eine bessere zeitliche Auflösung. Das Ziel dieser Studie besteht in der nozizeptiven Stimulation des trigeminalen Systems während einer fMRT-Messung. Methodik: Rekrutiert wurden Migränepatienten (mit und ohne Aura) in ihrer interiktalen Phase sowie hinsichtlich Alter und Geschlecht gematchte gesunde Kontrollpersonen, die während einer fMRT-Messung in einem event-related design einer randomisierten Abfolge von olfaktorischen Duftreizen sowie trigeminal nozizeptiven Reizen ausgesetzt wurden. Die Intensität des Schmerzes bzw. des Geruches wurde auf einer numerischen Rating-Skala (NRS) erfasst. Ergebnisse: Die Analyse der funktionellen Bildgebungsdaten zeigte, dass Migräniker und gesunde Kontrollprobanden während der trigeminalen Schmerzapplikation identische kortikale Areale aktivierten, die als „painmatrix“ aus der Literatur bekannt sind. Der einzige statistische Unter schied zwischen beiden Gruppen besteht in einem signifikant stärkeren BOLD-Signal der gesunden Kontrollprobanden im Hirnstamm. Interes santerweise zeigte eine Korrelationsanalyse, dass die Signalstärke bei den Migränepatienten in diesem Hirnstammareal signifikant zunimmt, je näher sie der nächsten Migräneattacke sind. Diskussion: Der Aktivierung der Hirnstammregion kommt ein prä diktiver Wert zu, der informiert, wie weit ein Patient von der nächsten Attacke entfernt ist. Trotz maßgeblicher Limitationen hinsichtlich der Lokalisation von Hirnstammkernen in fMRT-Bildern, kann dieser Bereich am ehesten dem Gebiet des spinalen trigeminalen Nucleus zugeordnet werden, wenngleich die Aktivität anderer Hirnstammkerne, die sich in räumlicher Nähe befinden (z. B. Raphe-Kerne), diskutiert werden muss. SY136 Contact heat evoked potentials in der Diagnostik von Schädigungen der A-delta Fasern M. Marziniak Klinik und Poliklinik für Neurologie, Uniklinikum Münster Kontakthitze-evozierte Potentiale (contact heat evoked potentials, CHEPS) bieten eine Möglichkeit, dünn myelinisierte A-delta-Fasern und unmyelinisierte C-Fasern zu untersuchen. Mittels eines Peltierelementes werden Hitzereize appliziert, welche über eine elektrische Hitzefolie binnen 250 s eine Erwärmung von 32°C auf 50°C bewirken. Nach diesem kurzen sensorischen Reiz, der über C- und A-delta-Fasern vermittelt wird, lässt sich ein kortikales Potential über dem sensorischen Kortex ableiten. Das durch A-delta Fasern geleitete Potential weist eine N2Latenz von ca. 430 ms nach Stimulation von Unterarm oder Handrücken auf und eine Latenz von ca. 280 ms nach Stimulation im Trigeminusinn ervationgebiet. Die C-Faser vermittelten Potentiale weisen Latenzen von ca. 1250 ms auf nach Reizung am Unterarm. Während die A-delta-Faser geleiteten Potentiale jedoch bei Gesunden fast immer (>98%) erhältlich
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sind, lassen sich die ultraspäten C-Faserpotentiale nur bei ca. 20% der Probanden reproduzierbar ableiten. Die Durchführung stellt sich vereinfacht gegenüber den Schutzvor kehrungen bei den Laser-evozierten Potentialen da und weist eine höhere Akzeptanz daher auch bei den Patienten auf. Patienten mit dem klinischen Verdacht auf eine Small-fiber Neuropathie weisen bei regelrechter Neurographie der dick-myelinisierten Nervenfasern zum Teil pathologische Latenzverlängerungen auf. Diese Diagnostik ergänzt daher die nichtinvasiven Optionen zum Nachweis der Small-fiber Neuropathie. Exemplarisch konnte bei Patienten mit nicht messbarer Neurographie des N. suralis eine Zuordnung über das kortikale CHEPSPotential zu einer demyelinisierenden oder axonalen Polyneuropathie erreicht werden. SY137 Funktionelle Messungen an meningealen Afferenzen der Dura mater im Gewebepräparat R. de Col Institut für Physiologie & Pathophysiologie, Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen Mechanische nozizeptive Reize werden überwiegend durch C- und Ad- Fasern vermittelt. Eine Veränderung der Eigenschaften solcher afferenter Fasern in der Dura mater encephali unter pathologischen Bedingungen könnte eine mögliche Ursache für die Entstehung primärer Kopfschmerzen sein. Die Messung der Schwellen und der Reizantwort kann jedoch insbesondere bei C- Fasern aufgrund von Adaptationsund Ermüdungsverhalten erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Ziel der Arbeit war es, einen mechanischen Reizparameter zu finden, mit dem sich zuverlässig mechanisch sensitive Afferenzen aktivieren lassen ohne dass der Reiz selbst die Messung beeinflusst. Zudem sollte die Messung eine Aussage erlauben, in welchem Bereich des peripheren Axons Veränderungen stattfinden. Material und Methoden: Der Schädel frisch getöteter adulter Wistar Ratten wurde vom Gewebe befreit, sagittal durchtrennt, das Gehirn wurde entnommen und die so gewonnene Schädelhälfte mit anhaftender Dura mater encephali in einer Kammer durch Agar fixiert. Das Präparat wurde während des gesamten Experiments mit physiologischer Lösung kontinuierlich umspült, die Temperatur durch ein Peltierelement konstant auf 34°C ± 0.5 gehalten. Für die elektrische Ableitung wurde eine Glaselektrode mit einer Öffnung von ca. 20 µm Durchmesser verwendet, an die der N. spinosus durch einen leichten Unterdruck seitlich angesaugt wurde. Einzelfasern wurden anhand ihrer Latenz nach elektrischer und mechanischer Reizung im rezeptiven Feld der Dura mater identifiziert und klassifiziert. Für die mechanische und elektrische Stimulation verwendeten wir einen eigens dafür entwickelten computergesteuerten Stimulator, dessen Spitze (150 µm Durchmesser) sowohl mechanische als auch elektrische Reize erzeugen kann. Ein in der Achse der Stimulationsspitze montierter Dehnungsmesstreifen zeichnete Druckänderungen in einer maximalen Auflösung von 0.1 mN während der mechanischen Reize auf. Ergebnisse: Die Untersuchung zeigt, daß die Verwendung hoch dynamischer mechanischer Reize Adaptations- und Ermüdungsverhalten weitgehend umgehen, dadurch die Präzision der Schwellenbestimmung erheblich gesteigert und somit auch die Untersuchung mechanisch sensibler C-Fasern verbessert wird. Die Bestimmung der durch mechanische Reize ausgelösten Latenz im direkten Vergleich mit der Latenzbestimmung unter elektrischer Stimulation ermöglicht zudem eine Aussage darüber, ob Veränderungen der Fasereigenschaft am rezeptiven Ende oder im Leitungsbereich auftreten.
Neuropathischer Schmerz
Mit Netzwerken gegen den Schmerz
Ischämieschmerz
Kritik und Alternativen in der Versorgung älterer Menschen
SY139 Charakteristika des chronischen Ischämieschmerzes bei pAVK – Ergebnisse von Quantitativ Sensorischer Testung und Fragebögen P. Lang Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität München-Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität , München Die periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK) stellt eine der häufigsten Erkrankungen des älteren Menschen dar. Damit zählen Ischämieschmerzen zu den häufigsten Schmerzen an der unteren Extremität. Behandelnde Ärzte sehen chronische Ischämieschmerzen bei pAVK als durchaus ernst zunehmendes Problem an. Die Charakterisierung der Ischämieschmerzen durch Patienten legt den Verdacht nahe, dass es dabei zu Veränderungen der sensorischen Funktion kommt. So war es das Ziel Ischämieschmerzen bei pAVK genau zu charakterisieren und der Frage nachzugehen, ob der chronische Ischämieschmerz neuropathische Anteile besitzt. Dies wurde mit Fragebögen und Quantitativ Sensorischer Testung (QST) untersucht. Der short-from McGill Pain Questionaire (SF–MPQ) beschreibt umfassend die Qualität der Schmerzen. Die Evaluation der Wörter ergab signifikant höhere Bewertungen für die Schmerzqualitäten stechend, heiss-brennend, empfindlich (sensorisch) und gemein-peinigend (affektiv) bei Patienten mit chronisch kritischer Ischämie (CLI, pAVKStadium III und IV nach Fontaine) im Vergleich zu Patienten mit Claudicatio (CI, pAVK-Stadium II nach Fontaine). Der S-LANSS wurde entwickelt, um Schmerz mit überwiegend neuro pathischem Ursprung zu identifizieren und von nozizeptivem Schmerz zu unterscheiden. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass Schmerzen bei CLI hauptsächlich neuropathischen Ursprungs sind (cutoff-Wert = 12). Dagegen überwogen bei CI nicht-neuropathische Schmerzen. Der Neuropathic Pain Symptom Inventory (NPSI) ist dazu ausgelegt, unterschiedliche Symptome neuropathischer Schmerzen zu differenzieren. Die deutlich erhöhten Werte für neuropathische Schmerzen (S-LANSS und NPSI) traten unabhängig von einem co-existenten Diabetes mellitus auf. Die QST stellt ein Werkzeug dar, um dünne Nervenfasern zu untersuchen. Bei Patienten mit pAVK konnte eine sensorische Neuropathie in Abhängigkeit von der Schwere der pAVK – unabhängig von einem begleitenden Diabetes mellitus – gezeigt werden. Zusätzlich konnte bei Patienten mit CLI eine Allodynie als Hinweis auf eine zentrale Sensibilisierung festgestellt werden. In einem kleinen Kollektiv wurde exemplarisch der Zusammenhang von QST und Fragebögen untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Subscore evozierter Schmerz des NPSI mit dem QST-Parameter Wind-up korrelierte. Weiterhin fanden sich Korrelationen von QST-Parametern mit einzelnen Wörtern des SF – MPQ, wie zwischen Allodynie und dem Wort empfindlich. Ob einmal eingetretene Veränderungen der sensorischen Funktion veränderbar sind, wurde an einer kleinen Patientengruppe untersucht, die sich einer perkutanen transluminalen Angioplastie unterzogen. Die mittels QST untersuchten Parameter scheinen durch eine Verbesserung der Hämodynamik nicht beeinflussbar zu sein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich der Charakter ischämischer Schmerzen mit der Schwere der Erkrankung ändert. Während bei CI ein nicht-neuropathischer Schmerztyp vorliegt, zeigte sich bei CLI ein überwiegend neuropathischer Schmerzcharakter. Durch die QST konnte bestätigt werden, dass der chronische Ischämieschmerz neuropathische Komponenten beinhaltet. Fragebögen stellen ein hilfreiches Instrument dar, um Ischämieschmerzen zu untersuchen und zu diagnostizieren. Eine mögliche neuropathische Beteiligung sollte bei der Therapie chronischer Ischämieschmerzen bei pAVK weiter berücksichtigt werden.
SY141 Anforderungen und Realität der multiprofessionellen schmerztherapeutischen Versorgung von Pflegeheimbewohnern. Erste Ergebnisse der PAiN-Studie. K. Kopke, T. Fischer Charité - Universitätsmedizin Berlin, Pflegedirektion/Institut für Medizinische Soziologie, AG Pflegerische Versorgungsforschung, Berlin Zahlreiche Bewohner von Pflegeheimen in Deutschland sind von Schmer zen betroffen. Dabei handelt es sich vorwiegend um chronische mus kuloskeletale oder neuropathische Beschwerden, die eines umfassenden Versorgungs- und Behandlungsansatzes bedürfen. Neben einer alters angepassten medikamentösen Therapie sind auch pflegerische, thera peutische und psychologische Interventionen erforderlich. Diese machen ein koordiniertes Arbeiten in einem therapeutischen Team notwendig, das als Netzwerk stationäre Einrichtungen, niedergelassene Ärzte und Therapeuten sowie weitere Instanzen verbindet. Derzeit zeigen sich in der Versorgungsrealität große Defizite, die zu einer verbreiteten Unter- und Fehlversorgung von Pflegeheimbewohnern hin sichtlich der Schmerztherapie führen. Mit der Durchführung der durch das BMBF geförderten PAiN-Studie (Pain and Autonomie in the Nursing Home – Schmerzgeschehen und Schmerzgeschehen bei Pflegeheimbewohnern) werden erstmalig für Deutschland Daten zum aktuellen Stand der schmerztherapeutischen Versorgung von Pflegeheimbewohnern generiert. Diese beinhalten Aus sagen zum allgemeinen Schmerzgeschehen, zur Angemessenheit der Schmerzmedikation sowie darüber hinausführende schmerzreduzierende Interventionen. Eine Besonderheit dieser Studie liegt im bewussten Ein schluss von schwer demenziell erkrankten Personen, die üblicherweise von Forschungsarbeiten ausgeschlossen werden. Zur Datenerfassung wer den zwei unterschiedliche Zugangswege herangezogen. 1. Zur Darstellung und Bewertung schmerzbezogener Versorgungsleistungen wird eine Sekundärdatenanalyse von Routinedaten einer Krankenkasse durchgeführt und 2. werden mittels einer Primärdatenerhebung in den Bundesländern Berlin und Brandenburg in zufällig ausgewählten Pflegeeinrichtungen 1000 Bewohner befragt. Bei den kognitiv so stark beeinträchtigten Personen, die ihr Sprachver mögen verloren haben, werden analog zur Selbstauskunft Instrumente zur standardisierten Verhaltensbeobachtung sowie der Fremdauskunft durch das Pflegepersonal eingesetzt. Erste Ergebnisse der PAiN Studie bestätigen die Versorgungslücke zwi schen wissenschaftlichen Anforderungen und praktischer Umsetzung. Im Rahmen eines Pretests (Machbarkeitsanalyse) wurden die Kranken kassendaten exemplarisch anhand der drei schmerzrelevanten Diagnosen „Schmerzen, andernorts nicht klassifiziert“ (R52), „Koxarthrose“ (M16) und „Zosterneuralgie“ (G53.0) analysiert. Bei 1.275 (ca. 15%) Pflege bedürftigen wurde eine der drei ausgewählten schmerzrelevanten Diagnosen gestellt. Von den Betroffenen erhielten etwas mehr als die Hälfte (58,2%) eine medikamentöse Schmerzbehandlung mit peripheren oder zentralen Analgetika. 602 (ca. 7%) der insgesamt 8685 betrachteten Versicherten litten an Schmerzen (R52). Von den Betroffenen erhielten ca. ¾ (443 Personen) eine medikamentöse Schmerzbehandlung. Da es bei 159 der Versicherten mit festgestellten Schmerzen zu keiner medikamentösen Therapie kommt, ist zumindest für einen Teil von einer inadäquaten Behandlung auszugehen. Eine Koxarthrose wurde bei 745 Versicherten diagnostiziert, was einem Anteil von 8,6 % der Gesamtversicherten entspricht. Fast die Hälfte der Betroffenen (48,3%) bekommt eine schmerztherapeutische Behandlung. Dies entspricht Ergebnissen anderer Studien, bei denen etwa die Hälfte Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts der Betroffenen unter Schmerzen leiden. Obwohl bei der Zoster Neuralgie mit einem Anstieg im Alter zu rechnen ist, wurde ausschließlich bei einem Anteil von 0,1 %, was elf Versicherten entspricht, die Diagnose gestellt. Dies lässt möglicherweise einen Rückschluss auf falsche Klassifizierungen zu. Es liegt die Vermutung nahe, dass es eine Verschiebung der Co dierung hin zur Allgemeindiagnose Zoster (B02) gibt. Acht Betroffene erhielten eine Behandlung mit Schmerzmedikamenten, drei davon eine Kombinationstherapie aus peripheren und zentralen Analgetika. Eine ausschließliche Behandlung mit Opioiden (WHO Stufe II und III) konnte bei etwas mehr als 1/3 der Versicherten beobachtet werden. Eine Behandlung mit Antikonvulsiva oder trizyklischen Antidepressiva, wie sie in Therapieempfehlungen beschreiben wird, blieb ganz aus. Im Sinne von fehlenden Verordnungen und fehlender Leitlinienkonformi tät kann eine Unterversorgung mit Analgetika und eine fehlenden Durch gängigkeit der angemessenen Wahl geeigneter Medikationen geschluss folgert werden. Auch eine erste Sichtung der Primärdaten lässt das weitgehend vorhandene Versorgungsdefizit in der Schmerzbehandlung deutlich werden. Neben den allgemeinen Angaben zum Schmerzvorkommen werden im Vor trag auch die Beiträge unterschiedlicher Berufsgruppen in Form von durchgeführten schmerztherapeutischen Interventionen beleuchtet. Da rüber hinaus werden in der Präsentation die Daten durch Beispiele von Versorgungskonzepten ergänzt, die eine bessere multiprofessionelle Ver netzung in der Versorgung von Pflegeheimbewohnern ermöglichen. SY142 Sektorale Unterschiede in der Behandlung multimorbider Schmerzpatienten in höherem Lebensalter aus geriatrischer Sicht M. Schuler Diakonie Krankenhaus Mannheim GmbH, Mannheim Bei Älteren spielt bezüglich Schmerzdiagnostik und -behandlung der Hausarzt eine noch bedeutendere Rolle als bei Jüngeren. Es ist be kannt, dass mit zunehmenden körperlichen und kognitiven Beein trächtigungen die in Anspruchnahme spezialisierter Fachärzte (ärzt liche oder psychologische Schmerztherapeuten) deutlich abnimmt, obwohl die Schmerzprobleme keinesfalls als geringer einzustufen sind. Zudem sind nur wenige Schmerztherapeuten bereit, Patienten in Pflegeeinrichtungen oder zu Hause zu betreuen. Ein aus der Therapie persistierender Schmerzen gut bekanntes Phänomen „Arzt shopping“ ist bei multimorbiden und funktionell beeinträchtigten Älteren weitgehend unbekannt. Die Zielrichtung bei der Behandlung scheint sektoral ebenfalls unter schiedlich zu sein. Als Ziele können bei Älteren beispielsweise die Beeinflussung subjektiver Schmerzparameter wie Schmerzintensität bis zur Schmerzfreiheit, Zufriedenheit mit der erreichten Schmerz reduktion oder Verbesserung objektiver Lebensqualitätsmarker wie All tagskompetenz, Mobilität und Partizipation definiert werden. Gerade bei der Behandlung von persistierenden Schmerzen wird in den letzten Jahren die Behandlung eher an Dimensionen der Lebensqualität als an Intensitätsreduktion ausgerichtet. Im Vortrag werden Daten von 1700 geriatrischen Patienten vorgestellt, die zeigen, dass die analgetische Therapie bereits in den ersten Tagen stationärer geriatrischer Behandlung nicht nur durch die Schmerzintensität – wie in ambulanter und stationärer Vorbehandlung – sondern auch durch Funktionsparameter geleitet wird. Bei der medikamentösen Therapie werden in allen Versorgungsebenen (mit Ausnahme der unmittelbaren perioperativen Phase) die nichtinvasiven Möglichkeiten bevorzugt. Beim Einsatz der Opioide ist selbst in der geriatrischen Medizin eine rasante Zunahme vor allem der Dosis festzustellen, womit die Gefahr der Intoxikation – aus der persönlichen klinischen Beobachtung häufig wegen unsachgemäßer Verordnungs praxis – zunimmt. Es ist zu beobachten, dass ambulante Dienste und Pflegeheime Schmerzen systematischer erfassen wollen. Es bleibt abzuwarten, ob sich dadurch auch die Schmerzbehandlung verbessern lässt. In der
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geriatrischen Rehabilitation konnte der Autor zeigen, dass mehrfach am Tag durchgeführte Schmerzintensitätsmessungen mit einer hieran ausgerichteten Analgetikaverordnung die Zufriedenheit mit der Schmerz therapie eher verschlechtert. Möglicherweise trug eine zu schnelle Reduktion der Analgetika nach Erreichen einer guten Schmerzeinstellung dazu bei. SY143 Bewegungsängste und Schmerz im Alter – Notwendigkeit zur sektorenübergreifenden Vernetzung und interdisziplinären Zusammenarbeit C. Leonhardt¹, M. Laekeman² ¹Institut für Medizinische Psychologie, Philipps-Universität Marburg; ²Fachhochschule Münster Evidenzbasiertes Handeln verlangt nach körperlich-aktivierenden Thera pieverfahren bei der Behandlung muskuloskelettaler Schmerzen auch im Alter [1]. Bei älteren Menschen mit Schmerzerkrankungen muss in stärkerem Maße als bei Jüngeren mit einem Schonverhalten gerechnet werden; viele Ältere stehen Freizeitsportaktivitäten sehr skeptisch gegen über. Häufig sind Sturzängste im Alter, gerade nach osteoporotischen Frakturen oder bei Arthrose und vorangegangenen Stürzen. Die Einnahme zahlreicher Medikamente bei Patienten dieser Altersgruppe kann Gleichgewichtsstörungen verursachen und dadurch Angst vor Bewegung oder vor Stürzen provozieren. Psychologische Konzepte zur Chronifizierung des Schmerzes wie die sog. Angst-Vermeidungsmodelle gehen davon aus, dass Bewegungsängste bedeutsam sind hinsichtlich der erlebten Funktionseinschränkung. Aus der interdisziplinären Diskus sion stellt sich hiermit die Frage, ob bei älteren Schmerzpatienten die Bewegungsvermeidung eher durch Schmerzängste oder Angst vor Stürzen ausgelöst wird. Basler et al. (2006) fanden in einer Untersuchung an älteren Patienten unter physiotherapeutischer Behandlung, dass solche mit hohen Angst-Vermeidungsüberzeugungen ihre Funktion nach anfänglicher Verbesserung wieder verschlechterten, wenn die Behandlung beendet war. Nach Aussagen der Patienten lag die Ursache dafür in ihrer Angst, sich ohne Aufsicht durch den Therapeuten verletzen zu können [2]. In einer Längsschnittstudie von Hadjistavropoulos und Kollegen (2007) zeigten sich jedoch nur geringe Zusammenhänge zwischen Fallängsten, Schmerzängsten und selbstberichteten Aktivitätseinschränkungen [3]. Eine gute körperliche Fitness ist als Schutzfaktor auch im hohen Alter bei Rückenschmerz nachgewiesen [4]. Auch zum Erhalt von Lebensqualität und Autonomie bei Älteren gilt es, körperliche Aktivität bei selbständig Lebenden und Heimbewohnern zu fördern. Angesichts der Heterogenität der Studienlage sowie der Adressatengruppe der älteren Schmerzpatienten sind weitere vernetzte Forschungsaktivitäten notwendig. Vorschläge für interdisziplinäre aktivierende Therapiekonzepte, die Bewegungsängste von Älteren berücksichtigen, sind aus der bisherigen Studienlage nur vorsichtig formulierbar und werden im Vortrag dargestellt. Literatur 1. AGS Panel on Persistent Pain in Older Persons. The Management of Persistent Pain in Older Persons. J Am Geriatr Soc 2002; 50: S205-S224. 2. Basler HD, Quint S, Wolf U. Fear Avoidance Beliefs und Funktion bei älteren Personen mit chronischem Rückenschmerz. Schmerz 2006; 20: 189-197. 3. Hadjistavropoulos T et al. A longitudinal investigation of fear of falling, fear of pain, and activity avoidance in community-dwelling older adults. Journal of Aging and Health 2007; 19(6): 965-984. 4. Hartvigsen J, Christensen K. Active lifestyle protects against incident low back pain in seniors: a population-based 2-year prospective study of 1387 Danish twins aged 70-100 years. Spine. 2007; 32(1):76-81.
Kopfschmerz Opiode bei primären Kopfschmerzerkrankungen SY144 Opiate bei primären Kopfschmerzen in der Praxis: Gibt es eine Evidenz? S. Förderreuther Neurologische Klinik und Poliklinik der Universität München, Konsiliardienst am Standort Innenstadt, München Die Richtlinien der Dt. Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft und auch vieler anderer nationaler Fachgesellschaften empfehlen grundsätzlich keine Opiate zur Akuttherapie primärer Kopfschmerzattacken. Diese Therapieempfehlung kann sich allerdings nicht auf eine breite Datenbasis stützen. Modernere, kontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Opioiden bei primären Kopfschmerzerkrankungen gibt es nicht. In älteren Studien wurde teilweise gezeigt, dass Opiate in der Behandlung der Migräne signifikant besser sind als Placebo, gleichzeitig jedoch mit einem höheren Nebenwirkungspotenzial einhergehen. Das in Deutschland nicht erhält liche Butorphanol Nasenspray hat sich beispielsweise als effektiv in der Behandlung der akuten Migräneattacke erwiesen, allerdings führt es zu mehr Nebenwirkungen, weniger Besserung vegetativer Begleitsymptome und weniger Besserung der funktionellen Leistungsfähigkeit als ein Mischpräparat, das Butalbital, Koffein, Aspirin und Kodein enthält. Placebo kontrollierte Studien mit Mischpräparaten, die unter anderem ein Opiat– meist Kodein – enthalten, belegen ebenfalls eine dem Placebo signifikant überlegene Wirkung. In Vergleichsstudien mit Nicht-OpioidAnalgetika sind Opiat-haltige Mischpräparate jedoch nicht überlegen. Studien zu anderen primären Kopfschmerzerkrankungen fehlen ganz. Eine amerikanische Analyse zum Gebrauch von Opiaten bei Nicht-Tumor schmerzen belegt, dass in der Praxis chronische Kopfschmerzpatienten immer wieder − auch langfristig − mit hochpotenten Opiaten behandelt werden. In der Analyse dieser Patientengruppe fiel auf, dass mit Opiaten behandelte Kopfschmerzpatienten häufiger begleitende Angststörungen und Depressionen aufwiesen als Patienten, die wegen anderer NichtTumorschmerzen mit Opiaten behandelt wurden. Opiate können Kopfschmerzen chronifizieren – möglicherweise, weil sie eine Opiat-induzierte Hyperalgesie induzieren können. Es gibt zudem Daten, die nahe legen, dass Opiate das Ansprechen auf Nicht-OpioidAnalgetika in der Migränetherapie ungünstig beeinflussen können. Opiate können darüber hinaus depressive Symptome verstärken und bergen ein erhebliches Risiko der Suchtentwicklung. Risiken, die unter Berücksichtigung der typischen Komorbiditäten (Depressionen, Angst erkrankungen) chronischer Kopfschmerzpatienten eine besondere Bedeutung erlangen. Die Datenlage zeigt, dass Opiate in der Therapie einer Migräne zwar durchaus eine gewisse analgetische Wirkung erzielen können, jedoch auf Grund ihrer Nebenwirkungen und des Risikos einer Schmerz chronifizierung keinen Stellenwert in der Kopfschmerztherapie haben. SY146 Opioide bei primären Kopfschmerzen Chr. Maier Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Ruhr Universität, Bochum Nahezu alle internationalen Leitlinien empfehlen die Verwendung von Opioiden bei primären Kopfschmerzerkrankungen nicht oder sehen hier eine relative Kontraindikation Es gibt allerdings einige unkontrollierte Beobachtungsreihen, an denen ein analgetischer Effekt von Opioiden z. B. beim posttraumatischen Kopfschmerz beschrieben wird. Randomisiert kontrollierte Studien fehlen. Allerdings zeigen andere Berichte, dass Opioide auch für die Generierung von medikamenteninduzierten Kopfschmerz Bedeutung haben. Angesichts dieser Datenlage sollte
die Verschreibung von Opioiden bei primärem Kopfschmerz nur hochspezialisierten Zentren überlassen bleiben. Die Erfahrungen aus der Schmerztherapie insgesamt geben ohnehin Anlass zu besonderer Vorsicht, da speziell bei Patienten mit nicht-opioid-sensiblem Schmerz eine Opioid-induzierten Hyperalgesie führen kann. Die hierbei dann vom Patienten beklagte Zunahme der Schmerzintensität führt dann leicht zur Dosiseskalation und zur Entstehung einer Opioidabhängigkeit und Suchterkrankung von klinischer Relevanz.
Rückenschmerz Psychosoziales Screening bei Rückenschmerzpatienten in der Arztpraxis – was leisten die verfügbaren Instrumente? SY147 Psychosoziales Screening bei Rückenschmerzpatienten in der Arztpraxis – was leisten die verfügbaren Instrumente? M. Schiltenwolf Orthopädische UNI-Klinik, Abt. Schmerztherapie, Heidelberg Fragebögen sind im klinischen Alltag bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen ein fester Bestandteil der ärztlichen Anamnese. Die Wahrnehmung von Schmerzen und das Leiden werden von psychosozialen Faktoren beeinflusst. Turk und Okifuji (1999) folgerten deshalb, dass nicht nur der körperliche Zustand von Schmerzpatienten untersucht werden soll, sondern auch deren psychische und soziale Dimensionen, um sie verstehen und behandeln zu können. Standardisierte Fragebögen ermöglichen die Untersuchung dieser Merkmale und bieten für die primärärztliche Diagnostik Ressourcen sparende Hilfe der Befunderhebung. Diese Fragebögen sollen die Wahrscheinlichkeit der Chronifizierung vorhersagen, sie dienen nicht der diagnostischen Fassung psychischer Gesundheitsstörungen (HADS, PHQ, SOMS) der Lebensqualität (SF 36 oder SF 12) oder Arbeitszufriedenheit (Boos et al.), die der spezialisierten Befunderhebung vorbehalten sind. Im deutschen Sprachraum hat der HKF-R 10 große Verbreitung in all gemeinärztlichen und orthopädischen Praxen gewonnen, wird auch im Rahmen integrierter Versorgungsmodelle eingesetzt, um die Notwendig keit psychosozialer Unterstützung und multimodaler Therapieprogram me einzuschätzen. Im angelsächsischen und skandinavischen Bereich ist dagegen der „Örebro“ bevorzugt. Für die Ärzte in der Primärversorgung dient der Einsatz der Fragebögen zur Entlastung durch Grundkenntnisse psychosozialer Bedürftigkeit, Patienten können hierdurch schneller angemessene therapeutische Unterstützung erlangen. Sie ersetzen weder die tragfähige Arzt-PatientBeziehung und somit auch nicht das therapeutische Erstgespräch. Sie können also nur Wege ebnen. SY148 Screeninginstrumente im Vergleich – Ergebnisse einer Längsschnittstudie G. Lindena¹, C. O. Schmidt², M. Pfingsten³, T. R. Kohlmann² ¹CLARA Clinical Analysis, Research and Application, Klinische Analyse, Forschung und Anwendung, Kleinmachnow; ²Institut für Community Medicine, Universität Greifswald; ³Georg-Auguste-Universität, Schmerzambulanz, Göttingen Einleitung: Rückenschmerzen sind häufiger Anlass zu einem Arzt besuch, wobei die betroffenen Patienten bezüglich der körperlichen und psychosozialen Befunde und des sich daraus ergebenden Be handlungsbedarfs sehr heterogen sind. Seltene somatische Problem situationen (red flags) stehen vielen psychosozialen Risikofaktoren (yellow flags) gegenüber. Daher sollten Patienten leitliniengemäß früh Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts zeitig, zuverlässig und wenig aufwendig untersucht und das Chroni fizierungsrisiko durch ein Screening erfasst werden. Methoden: Nach einer Querschnittuntersuchung zur Risikoklassifikation bei Patienten mit Rückenschmerzen in 15 Allgemein-, orthopädischen Praxen sowie interdisziplinären Einrichtungen erfolgte eine Längsschnitt untersuchung zur prognostischen Aussagekraft der Instrumente. Neben der Schmerzsituation (Intensität, Lokalisation, Dauer, Beeinträchtigung), Begleiterscheinungen und -erkrankungen (red flags) füllten die Patienten zu Beginn und nach 3 Monaten folgende Fragebögen zur Beurteilung der „yellow flags“ aus: (1) „Heidelberger Kurzfragenbogen“ (27 Fragen, HKF-R10; Neubauer et al. 2006), (2) Örebro-Fragebogen (20 Fragen; Linton et al. 2003). Zielkriterien für den Verlauf waren, bezogen auf die drei Monate vor der Befragung, die Schmerzintensität und die Beeinträchtigung (niedrig 0–4 / hoch 5–10 auf der NRS) sowie die Tage mit Beeinträchtigung (0–7 Tage / >7 Tage). Ergebnisse: 260 Patienten konnten in die Querschnittsanalyse, 162 in die Längsschnittanalyse einbezogen werden. Patienten bei Allgemein medizinern unterschieden sich wenig von orthopädischen Patienten, hatten aber auch Hinweise auf red (30/32%) und/oder yellow flags nach HKF 57%/57%, nach Örebro etwa 26/28% der Patienten. Die inter disziplinären Patienten mit länger andauernden Rückenschmerzen wurden häufiger als Risikopatienten mit yellow flags eingestuft (HKF: 75%, Örebro 54%). Die Instrumente korrelierten mit Schmerz- und Beeinträchtigungswerten zum ersten Messzeitpunkt, wiesen aber erhebliche Unterschiede im zeitlichen Verlauf auf. Der HKF-Wert fiel im Verlauf der drei Monate auch bei den Patienten mit weiterhin erhöhten Schmerzwerten deutlich, während dies für den Örebro Score nicht der Fall war. Die Instrumente wiesen eine Sensitivität von 60% (HKF) bzw. 68% (Örebro) und eine Spezifität von 67% bzw. 65% auf. Schlussfolgerung: Die Instrumente sind begrenzt geeignet, Personen mit einem ungünstigen Verlauf von solchen mit einem günstigen Verlauf zu unterscheiden. Generell scheint ein Screening bei Rückenschmerzen schwierig in den Alltag umzusetzen zu sein. Schwierigkeiten macht auch das Mischbild bei Patienten mit roten und gelben Flaggen. Die Ergebnisse sprechen mit Einschränkungen für den Örebro-Fragebogen gegenüber dem HKF-R10. Literatur Neubauer, E., et al., Screening for predicting chronicity in acute low back pain. Eur J Pain, 2006. 10: p. 559-66. Linton, S.J. and K. Boersma, Early identification of patients at risk of developing a persistent back problem. Clin J Pain, 2003. 19: p. 80-6.
SY149 Epidemiologische Modellrechnungen zum psychosozialen Screening bei Rückenschmerzpatienten C. O. Schmidt¹, G. Lindena², M. Pfingsten³, R. Fahland⁴, T. R. Kohlmann¹ ¹Institut für Community Medicine, Universität Greifswald; ²CLARA Clinical Analysis, Research and Application, Kleinmachnow; ³Universitätsmedizin Göttingen, Schmerzklinik, Göttingen; ⁴Dresden Hintergrund: Leitlinien und Versorgungspfadmodelle heben die Be deutung psychosozialer Risikofaktoren für den Verlauf von Schmerz problemen hervor. Dazu zählen beispielsweise schmerzbezogene Kognitionen oder Depressivität. Vernachlässigt wird jedoch der In formationsgewinn, der durch Berücksichtigung psychosozialer Faktoren über Schmerzparameter hinaus im Rahmen eines Screenings erreicht werden kann. Diesem Problem wird auf Basis eines epidemiologischen Datensatzes nachgegangen. Verglichen wird dabei die Leistungsfähigkeit von den Vollskalen zu psychosozialen Risikofaktoren und daraus ausgewählten Items, wie sie im Rahmen laufender Screeningstudien verwendet werden. Dabei wurde auch die Leistungsfähigkeit der Items in verschiedenen Subgruppen (Patienten, Berufstätige) berücksichtigt. Methode: Datengrundlage ist die multizentrische epidemiologische Längsschnittstudie des Deutschen Forschungsverbundes Rücken-
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schmerz (DFRS). Berücksichtigt wurden 2038 Personen, die eine positive 3-Monats-Rückenschmerzprävalenz zur Baseline aufwiesen, und an einer kurz darauf folgenden Risikofaktorbefragung sowie an der 1-Jahres Follow-Up Befragung teilgenommen hatten. Depressivität wurde mit der CES-D erhoben, Fear-Avoidance mit dem FABQ. Ergänzend wurdem auch schmerzbezogene Kognitionen mit der KSI erhoben. Zielgrößen waren die Entwicklung von intensiven Rückenschmerzen (=5 auf der NRS) oder von Beeinträchtigungen durch Rückenschmerzen (=5 auf der NRS) zum Follow-Up. Ergebniss und Schlussfolgerung: Psychosoziale Prädiktoren erwiesen sich im Wesentlichen als statistisch signifikante Prädiktoren für die Entstehung intensiver oder beeinträchtigender Rückenschmerzen, waren aber von geringerem prognostischen Wert als schmerzbezogene Prädiktoren. Mittels ROC Kurven wurde untersucht, welche Cutoff Scores zu einer geeigneten Gruppierung von Risikopatienten auf Basis von psychosozialen Indikatoren führen. Hierbei ergaben sich im Wesentlichen nur geringe Trennschärfen mit einer Area under the Curve von zumeist deutlich unter 0,7. Die Ergebnisse verdeutlichen die Komplexität, psychosoziale Kriterien im Rahmen eines Screenings bei Schmerzpatienten vorteilhaft einzusetzen. Die Studie wurde gefördert aus Mitteln des BMBF (FöKz: 01 EM 0111)
Mit Netzwerken gegen den Schmerz Netzwerkkonzepte in der Palliativmedizin SY155 Netzwerkkonzepte in der Palliativmedizin F. Nauck Direktor Abteilung Palliativmedizin, Georg-August-Universität Göttingen Mitmenschlicher Umgang mit Leben, Sterben und Tod, sowie der Erhalt von Autonomie und Würde Schwerstkranker und Sterbender, waren und sind zentrale Themen der modernen Hospizbewegung und Palliativmedizin. Die bis heute anhaltende beeindruckende Entwicklung der Palliativmedizin darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass zur Gestaltung der Zukunft zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen sind. Das betrifft Fragen der Umsetzung in besonderer Weise durch Netzwerke im und zwischen ambulantem und stationärem Bereich, mit der Notwendigkeit, Barrieren des sektoralen Versorgungsdenkens zu überwinden, der Sicherung der Finanzierung, Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie der Entwicklung der Forschung. Aktuell stehen die ambulante Palliativversorgung und ihre zukünftige Finanzierung im Mittelpunkt des Interesses, dabei spielen die Bildung und Organisation unterschiedlicher Netzwerke, die teilweise auch von den Landesregierungen unterstützt werden wie die sog. Palliativstützpunkte in Niedersachsen, eine große Rolle. Durch die Etablierung von hoch qualifizierten Palliative Care Teams (PCT), die die erforderliche Ver netzung der bestehenden Anbieter in einer Region sicherstellen, sollen gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten und ambulanten Pflegediensten im Rahmen der SAPV Palliativpatienten hauptamtlich im ambulanten Bereich betreut werden und somit ein Leben bis zuletzt im häuslichen Bereich ermöglicht werden. Diese Betreuung im Sine einer qualitativ hochwertigen Palliativversorgung kann jedoch nur gelingen, wenn neben einer Qualifizierung der Ärzte und Pflegenden bei der Bildung zukünftiger Netzwerke der multiprofessionelle Ansatz durch die Integration der psycho-sozialen Berufsgruppen, Seelsorge, etc., sowie Ehrenamtlichen Hospizdiensten ebenso gelingt, wie die ausreichende Be rücksichtigung der Zusammenarbeit zwischen allgemeiner und speziali sierter Palliativversorgung. Ohne eine rasche Umsetzung einer ausreichenden, an den Bedarf adaptierten Finanzierung, sowie der weiteren Qualifizierung der Palliative Care Teams, sowie aller Mitwirkenden in den neu entstehenden
Netzwerken, besteht die Gefahr, dass sich die bisherigen, meist über Spenden finanzierten PCT´s, die zum Teil seit mehr als 10 Jahren aktiv schwerkranke und sterbenden Menschen und ihre Familien zu Hause auf hohem Niveau betreuen, ihre Arbeit entweder nicht fortführen können oder die ursprünglich gelebte Idee der Palliativversorgung verloren geht.
Nachwuchssymposium DGSS Aktuelle Schmerzforschung: das DFNS-Netzwerk SY157 Modulation spannungsabhängiger Ionenkanäle im nozizeptiven System T. Hagenacker¹, A. Wissmann¹, Chr. Czeschik², D. Büsselberg³, M. Schäfers¹ ¹Neurologische Klinik, Universität Duisburg-Essen; ²Institut für Physiologie, Universität Duisburg-Essen; ³Department of Medical Education, Texas Tech University, El Paso, USA Zahlreiche Studien zeigen, dass proinflammatorische Zytokine wie Tumor-Nekrose Faktor-a (TNF) primär afferente Neurone sensibilisieren können und über die Entwicklung von Spontanaktivität an der Genese neuropathischer Schmerzsyndrome beteiligt sind. Eigene Vorarbeiten konnten nachweisen, dass TNF in Spinalganglionneuronen über Stimu lation der TNF Rezeptoren Spontanaktivität und schmerz-assoziiertes Verhalten induzieren kann. Die genauen molekularen Mechanismen sind jedoch unklar. Erste Pilotstudien deuten an, dass TNF über Modulation von Ionenkanälen zur Entwicklung von Spontanaktivität beitragen könnte. Eigene Studien zur TRPV-1-vermittelten Modulation von spannungsaktivierten Calciumkanälen zeigten eine spannungs abhängige Induktion/Reduktion von Calciumkanalströmen durch Lund N-Typkanäle. Da TNF zu einer vermehrten Expression von TRPV-1 in nozizeptiven Neuronen führt, ist eine Änderung der Modulation spannungsaktivierter Calciumkanäle möglich. Unsere aktuelle Studie untersucht mit Hilfe von Ganzzell-Patchclamp Ableitungen an Spinal ganglienneuronen die Wirkung von TNF auf spannungsaktivierte Kalium, Calcium- und Natriumkanalströme sowie auf die TRPV-1 ver mittelte Modulation von Calciumkanalströmen. TNF (100 ng/ml) führte zu einer spannungsabhängigen Abnahme von Calciumkanalströmen (-7.73 ±6%), wohingegen Natriumkanalströme zunahmen (+5.62 ±4%). Spannungsabhängige Kaliumkanalströme wurden durch TNF nicht moduliert. Die TRPV-1 vermittelte Modulation von spannungsaktivierten Calciumkanalströmen wurde durch TNF selektiv inhibiert. So zeigt sich sowohl eine Verminderung der durch Capsaicin vermehrt-induzierten Calciumkanalströme im niedrig-depolarisierenden Spannungsbereich, als auch eine Verstärkung der Inhibition von Calciumkanalströmen im hohen Spannungsbereich. Die Aktivierung der TNF Signalkaskade ist an der Sensibilisierung primär afferenter Neurone nach Nervenläsionen beteiligt. Ein zugrunde liegender Mechanismus könnte die TNF-induzierte Modulation von Natriumströmen sein. Capsaicin zeigt unter TNFEinfluss eine verstärkt inhibierende Wirkung auf Calciumkanalströme. Dies könnte zur analgetischen Wirkung von TRPV-1-Agonisten bei neuropathischen Schmerzen beitragen.
SY158 Opiatrezeptoren im zentralen Nervensystem von Mensch und Ratte K. Meier¹, H. Buchholz², J. Tillmanns², R. Schirrmacher², E. Schirrmacher², U. Baumgärtner³, W. Magerl³, W. Greffrath³, M. Schreckenberger², P. Stoeter⁴, R.-D. Treede³ ¹bio.logis GmbH, Zentrum für Humangenetik Frankfurt; ²Department of Nuclear Medicine, Johannes Gutenberg-University, Mainz; ³Center for Biomedicine and Medical Technology (CBTM), Medical Faculty Mannheim,University of Heidelberg, Mannheim; ⁴Department of Neuroradiology, Johannes Gutenberg-University, Mainz Opiate bilden das Rückgrat der zentralnervös wirksamen pharmako logischen Schmerzhandlung. Die Wirkung von Opiaten wird dabei der Wirkung auf den emotional-motivationalen Aspekt der Schmerz wahrnehmung zugeschrieben. Unsere vergleichenden bildgebenden Untersuchungen an Gehirn der Ratte und des Menschen legen jedoch nahe, dass Opiate auch im primär sensorisch-diskriminativen System von Bedeutung sind. Das Bindungspotential für den langwirksamen Opiatrezeptorliganden (18F-Diprenorphin) wurde mithilfe der Positronenemissionstomogr aphie (PET) am Gehirn der Ratte und des Menschen untersucht. Es zeigte sich, dass im menschlichen Gehirn eine signifikante Bindung in Teilen der Projektionsbahn zu finden war (Thalamus, primärer somatosensorischer Cortex, Inselrinde und Operculum). Die höchsten Bindungspotentiale fanden sich im Thalamus und periaquäduktalen Grau, gefolgt von der Amygdala und den Basalganglien (Putamen, Nucl. caudatus). Vergleichbare hohe Bindungspotentiale fanden sich in der Inselrinde und dem vorderen Gyrus cinguli (ACC). Signifikant geringere Bindung bestand im spezifisch mit Schmerzwahrnehmung assoziierten mitteleren Gyrus cinguli (MCC) und im Operculum. Die geringsten, aber dennoch hoch signifikanten Bindungspotentiale fanden sich im Bereich des sensomotorischen Cortex (SM I). Eine Faktorenanalyse der Bindungspotentiale ergab vier Gruppen (Faktoren) von Hirnarealen, denen wir unterschiedliche Funktionen zuordnen konnten: I. ACC, Operculum und Inselrinde und Putamen (Kernareale der nozizeptiven Aktivierung)¸ II. Amygdala (emotionaler Aspekt des Schmerzes), III. Nucl. Caudatus (kognitive Aspekte) IV. SM I (Aufmerksamkeit und Orientierungsreaktion auf noxische Reize). Der Thalamus als Zugang zu den kortikalen Kerngebieten wurde dabei zu Faktor II und III zugeordnet, der MCC zu Faktor I und IV. DieBindungspotentialeimGehirnderRattewarendurchgehendsignifikant höher als beim Menschen. Wenn die Bindungspotentiale jedoch auf eine gleiche Referenzregion bezogen wurden (okzipital, visueller Cortex – diese Region zeigt bei der Ratte eine signifikante Opiatbindung, nicht jedoch beim Menschen) zeigte sich eine grundsätzlich Vergleichbarkeit in der regionalen Verteilung der Bindungspotentiale in den Gehirnen von Mensch und Ratte. Eine eingehendere Analyse ergab eine relative Verschiebung zwischen subkortikalen und kortikalen Hirnarealen; beim Menschen fanden sich signifikant niedrigere relative Bindungspotentiale in subkortikalen Arealen (Thalamus, Basalganglien), jedoch höhere relative Bindungspotentiale in den kortikalen Arealen. Wir interpretieren dies als eine Veränderung im Rahmen der stärkeren Kortikalisierung der Hirnfunktionen beim Menschen mit einer entsprechenden Verschiebung des Opiatbindungsmusters. Basierend aus diesen vergleichenden Untersuchungen schließen wir, dass Opiate sowohl im emotional-motivationalen System, als auch dem sensorisch-diskriminativen System der Schmerzwahrnehmung wirksam sein können. Darüberhinaus erwarten wir Effekte auf Funktionen, die nicht primär nozizeptiver Natur sind, wie Kognition, Aufmerksamkeit und reizbezogene Orientierungreaktionen. Die Arbeiten wurden unterstützt durch die Deutsche Forschungs gemeinschaft (Tr 236/11-3) und dem Neurowissenschaftliches Gra duiertenkolleg (GRK 1044/1 Projekt C3).
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Abstracts SY159 Quantitative sensorische Testung (QST) bei Kindern M. Blankenburg¹, H. Boekens¹, T. Hechler¹, Chr. Maier², E. Krumova², A. Scherens², W. Magerl³, B. Zernikow¹ ¹Vodafone Stiftungsinstitut und Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke; ²Klinik für Anaesthesiologie, Intensiv-, Palliativ- und Schmerzmedizin, Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH, Ruhr University Bochum; ³Lehrstuhl für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Die quantitative sensorische Testung (QST) erfasst alle somato-sen sorischen Modalitäten und die Funktion unterschiedlicher peripherer Nervenfasertypen (Aß, Ad, C), sowie zentraler Mechanismen. Ziel unserer Studie war 1. die Durchführbarkeit der QST bei Kindern zu untersuchen, 2. den Einfluss von Alter, Geschlecht und Körperseite zu ermitteln und 3. Referenznormwerte für die QST bei Kindern und Jugendlichen zu generieren. Dafür wurde das QST Protokoll des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerzen (DFNS) mit leichten Modifizierungen der Untersuchungsinstruktionen und des Schmerzratings bei 176 gesunden Probanden zwischen 6–17 Jahren an 6 Körperregionen angewendet. QST war bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr durchführbar. Die ANOVA zeigte Alters- und Geschlechtsunterschiede der somatosensorischen Wahrnehmung wie bei Erwachsenen. Bei Kindern (6–9 Jahre) war die Schwelle aller thermischen und mechani schen Berührungsreize höher und bei allen thermischen und mecha nischen Schmerzreizen niedriger als bei Jugendlichen (10–17 Jahre). Geschlechtsunterschiede waren statistisch gering, bei Mädchen war nur die Schwelle für thermische Berührungsreize und Schmerzreize niedriger als bei Jungen. Am Gesicht waren alle Schwellen niedriger als an der Hand und/oder dem Fuß. Die Referenznormwerte unterschieden sich deutlich von denen bei Erwachsenen (Rolke et al., 2006), deren statistischen Verteilungseigenschaften (Normalverteilung, Varianz, Seitendifferenzen) aber nicht. Nach unseren Ergebnissen ist das QST Protokoll des DFNS bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr anwendbar und valide. Nur die Referenznormwerte unterscheiden sich von den Daten bei Erwachsenen, nicht ihre statistischen Eigenschaften. Zusammen fassend ist die QST bei Kindern unter Berücksichtigung eigener Referenznormwerte anwendbar. Literatur –
Rolke R, Baron R, Maier C, Tolle TR, Treede RD, Beyer A, Binder A, Birbaumer N, Birklein F, Botefur IC, Braune S, Flor H, Huge V, Klug R, Landwehrmeyer GB, Magerl W, Maihofner C, Rolko C, Schaub C, Scherens A, Sprenger T, Valet M, Wasserka B. Quantitative sensory testing in the German Research Network on Neuropathic Pain (DFNS): Standardized protocol and reference values. Pain 2006;123:231-243.
SY160 Körperschemastörung bei CRPS und Phantomschmerz Patienten A. Reinersmann, G. Sung-Haarmeyer, Chr. Maier Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum Beim Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) sind somato sensorische Reorganisationsprozesse mit klinischer Veränderung der taktilen Diskriminationsfähigkeit gesichert (2). Auch finden sich beim CRPS Hinweise auf eine Körperschemastörung, erkennbar in der verzögerten Erkennung der Lateralität von auf Bildern gezeigten Händen (1;3). Die vorliegende Studie prüfte (i) die Spezifität der Störung der Handlateralisationserkennung (ii) ob und inwiefern beide Patientengruppen sich von gesunden Probanden unterscheiden (iii) ob die Lateralisationserkennung (LEK) trainierbar ist und (iv) ob die gestörte Erkennung der Handlateralisation zusammenhängt mit Schmerzempfinden sowie mit der Dauer der Erkrankung. Methodik: Die Stichprobe der Studie umfasste 38 gesunde Probanden (36.5 ±12.1 Jahre), 12 Patienten mit CPRS (46.5 ± 13. 5 Jahre) und 12
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Patienten mit Phantomschmerzen (PLP; 51,4 ±10,9 Jahre). Für das LEKTraining wurden über ein Computerprogramm aus einem Bilderpool von 1000 Händen automatisch verschiedene Ansichten und Seiten einer Hand generiert. Jede Trainingssitzung umfasst drei Durchgänge à 56 Bilder. Die Spezifität der gestörten LEK für das CRPS wurde anhand der Reaktionszeiten von korrekt erkannten Bildern am ersten Trainingstag mittels MANOVA untersucht. Die Trainierbarkeit der LEK (prozentuale Abnahme nach 4 Trainingstagen) wurde bei gesunden Probanden und CRPS Patienten mittels ANOVA mit Messwiederholung erfasst. Außerdem wurden die Reaktionszeiten zwischen Bildern der erkrankten und nicht-erkrankten Seiten geprüft. Die Schmerzintensität für die vergangenen vier Wochen sowie vor und nach jeder Trainingssitzung wurden mittels NRS-11 erhoben. Ergebnisse: Die Quote der falsch erkannten Bildern war gegenüber gesunden Probanden (6%) bei PLP (11,8%) doppelt so hoch und bei CRPS (17,3%, p<0,01) dreifach erhöht (17,3%). In der ersten Trainingssitzung hatten gesunde Probanden (1826,5 ± 516.9 msec) eine signifikant kürzere LEK Zeit (p= 0.23) als sowohl CRPS Patienten (2278 ± 735.7 msec) wie auch Phantomschmerzpatienten (2301,3 ± 809, 3 msec). Ein Unterschied in den LEK Zeiten beider Patientengruppen war nicht erkennbar (p>0,05). Es bestand kein Unterschied in der LEK von Handbildern von der erkrankten und nicht-erkrankten Seite (p>0,05), ebenso war für beide Patientengruppen kein Zusammenhang zwischen aktuellem Schmerz oder Erkrankungsdauer und Reaktionszeit (p>0,05) feststellbar. Nach vier Trainingssitzungen verbesserte sich bei Gesunden und bei CRPS (hier ohne Veränderung der NRS) die LEK (p<0, 001), allerdings war sie auch am 4. Tag beim CRPS noch signifikant länger. Diskussion: Die Studie bestätigt die Körperschemastörung beim CRPS, aber erstmals auch bei Phantomschmerz. Im Gegensatz zu anderen Gruppen zeigten sich bilaterale Störungen (sowohl für betroffene als auch nicht betroffene Seite) der LEK. Diese Störung ist begrenzt durch Training reversibel, allerdings führt das Training nicht zu einer Schmerzreduktion an sich. Literatur 1. Moseley et al., 2004 Neurology; 62 2. Pleger et al.,2005 Ann. Neurol; 51 3. Schwoebel et al., 2001; 61
SY161 Nozizeptive Langzeitpotenzierung (LTP) der Schmerzwahrnehmung und schmerzabhängige Depotenzierung L. Bürck¹, T. Klein², R.-D. Treede², W. Magerl² ¹Institut für Physiologie & Pathophysiologie, Universität Mainz und Lehrstuhl für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mainz/Mannheim; ²Lehrstuhl für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim Die Plastizität nozizeptiver synaptischer Übertragung kann beim Men schen indirekt auf der Ebene der Wahrnehmung mit Hilfe humaner Surrogatmodelle untersucht werden (Klein et al. Pain 2005). In einem dieser Modelle kann eine Langzeitpotenzierung nozizeptiver Übertragung beim Menschen durch hochfrequente elektrische Stimulation (HFS) induziert werden (Schmerz-LTP), Langzeitdepression (LTD) durch niederfrequente elektrische Stimulation (LFS; Klein et al. J. Neurosci 2004). Im Fokus der vorgestellten Experimente standen die Stabilität dieser Plastizitätsphänomene und die potenzielle Revidierbarkeit eta blierter Schmerz-LTP durch LFS als Operationalisierung der leicht schmerzhaften Form niederfrequenter transkutaner Nervstimulation (TENS). Schmerz-LTP wurde durch hochfrequente elektrische Stimulation oberflächlicher nozizeptiver Afferenzen der Haut des Unterarms (HFS; 100 Hz 5 × 1s) induziert. Die Ausprägung nozizeptiver LTP wurde durch die Applikation einzelner elektrischer Testreize am Ort der Kon ditionierung (homotop; Testreizstärke = 10 × Detektionsschwelle T durch die konditionierende Elektrode) und in der Umgebung durch
nadelstich-ähnliche mechanische Reize (heterotop; Pin Prick) vor und nach Konditionierung quantifiziert. Die Schmerzhaftigkeit der Testreize wurde auf einer numerischen Ratingskala (NRS 0–100) geschätzt. Nach Etablierung von Schmerz-LTP an zwei Reizorten wurde an einem dieser Orte 1h nach Konditionierung ein- bzw. dreimal (in 30Minutenintervallen) elektrisch niederfrequent stimuliert (LFS; 1000 Pulse, 1Hz, 10×T). HFS induzierte bei allen Versuchspersonen einen lang andauernden Anstieg der homotop (195% der Kontrolle) und heterotop getesteten Schmerzempfindlichkeit (174% der Kontrolle). Beide Formen der Schmerz-LTP waren zwischen beiden Reizorten signifikant korreliert. LFS reduzierte spezifisch die homotope Schmerz-LTP um mehr als die Hälfte (-57%, p<0.002; Depotenzierung). Die Analyse der unterschiedlichen interindividuellen Effekte von LFS – sie reichten von weitgehender Depotenzierung bis zu einer weiteren Potenzierung – ergab eine hochsignifikante negative Korrelation zwischen der Schmerzhaftigkeit von LFS und der dadurch induzierten Schmerzreduktion (r=-0.67). Die Abnahme der Schmerzempfindlichkeit durch stimulationsbasierte Modulation scheint daher selbst ein schmerzabhängiger Prozess zu sein. Wiederholte LFS eliminierte die vorher induzierte Schmerz-LTP vollständig. Interessanterweise hatte LFS jedoch keinerlei Einfluß auf die heterotope LTP. Wir schlussfolgern, dass die Induktion von Schmerz-LTP intraindividuell eine sehr stabile Eigenschaft ist. Die niederfrequente LFS führt zu einer signifikanten Schmerzreduktion und Aufhabung von Schmerz-LTP und wird von uns als rationale Grundlage der transkutanen elektrischen Nerv stimulation (TENS) interpretiert.
Mit Netzwerken gegen den Schmerz Schmerzerfasssung bei Kindern – Akutschmerz, chronischer Schmerz und spezielle Schmerzsyndrome: Ein Update mit offenen Fragen Gemeinsame Symposium der Gesellschaften: DGSS, DGPSF, DMKG, DGAI, DGVM SY166 Schmerzerfassung bei akuten Schmerzen im Kindes- und Jugendalter E. Pogatzki-Zahn Universitätsklinikum Münster, Klinik für Anäasthesiologie und postoperative Intensivmedizin, Münster Kinder erfahren in ihrem Leben in vielfältigen Situationen akute Schmer zen, die fast immer assoziiert sind mit Angst, Abwehrverhalten und anderen somatischen Symptomen so wie Reaktionen der Eltern mit weiterer Beeinflussung des kindlichen Schmerzerlebens. Häufige Ursache von starken akuten Schmerzen bei Kindern sind akzidentelle Verletzungen, Operationen und medizinische Prozeduren (Blutabnahme etc). Obwohl wir heute wissen, dass frühkindliche und kindliche Schmerzerfahrungen einen großen Einfluss auf das Kind und auch die weitere Entwicklung des Kindes haben können, ist die Therapie der Schmerzen häufig sehr unzulänglich. Dazu kommt eine meist unzulängliche (bis fehlende) Erfassung des Schmerzerlebens bei Kindern, auch dann wenn bekannt ist, dass Schmerzen sehr wahrscheinlich auftreten werden (z.B. nach einer Operation). Schmerzerfassungsinstrumente im Rahmen akuter Schmerzen bei Kindern sind teilweise zwar vorhanden; ihre Anwendbarkeit, u.a. auch im deutschsprachigem Bereich, ist z.T. aber schlecht bis gar nicht validiert. Probleme bieten hierbei u.a. Selbstein schätzungsinstrumente hinsichtlich der Stärke und vor allem auch der Qualität von Schmerzen so wie ihre Validierung in verschiedenen Altergruppen. Darüber hinaus fehlen (deutschsprachige validierte) Instrumente zur Erhebung von schmerzassoziierten Symptomen bei
Kindern und Eltern. Wichtig ist dies zum einen für die klinische Praxis, um die Kinderschmertherapie z.B. nach Operationen zu verbessern. Darüber hinaus sind solche Erhebungsbögen ausgesprochen wichtig, um klinische Studien zur Wirksamkeit von therapeutischen Maßnahmen und Substanzen in der Akutschmerztherapie durchführen zu können. Dieser Beitrag soll bereits vorliegende Messinstrumente zur Erfassung von Schmerzen und schmerzassoziierten Faktoren/Symptomen für Kindern (und für ihre Eltern) vorstellen, ihre Anwendungsbereiche im klinischen Alltag darstellen und noch fehlende Lücken aufzeigen, die in den nächsten Jahren durch geeignete Studien in diesem Bereich geschlossen werden sollten.
Kopfschmerz Von der Symptom-orientierten zur Syndromorientierten Therapie von Kopfschmerzerkrankungen SY168 Migräne und die den Verlauf bestimmenden Komorbiditäten M. Marziniak Klinik und Poliklinik für Neurologie, Uniklinikum Münster Relevante Komorbiditäten der Migräne können die Wahl der akuten oder prophylaktischen Therapie der Migräne beeinflussen. Die Grund lage der Komorbidität kann genetischen Ursprungs sein oder auf Umwelt einflüssen beruhen. Das Risiko, einen Hirninfarkt zu erleiden, beträgt für Patienten mit Migräne mit Aura das 2,3-fache, für Patienten mit Migräne ohne Aura das ca. 1,8-fache und für weibliche Migränepatientinnen, die ein orales Kontrazeptivum einnehmen etwa das 8,7-fache. Für die Behandlung der Migränepatienten bedeuten diese epidemiologischen Daten, dass eine sorgfältige Anamnese der kardiovaskulären Risikofaktoren und bei Vorliegen z.B. einer arteriellen Hypertonie bevorzugt eine Migräne prophylaxe mit einem Betablocker erfolgen sollte oder alternativ ACEHemmer oder Angiotensinrezeptorblocker eingesetzt werden können, die in kleineren Studien ebenfalls eine Migräne-prophylaktische Wirkung aufwiesen. Die Datenlage bezüglich der Komorbidität von einem offenen Foramen ovale und der Migränefrequenz ergibt noch keine klare Aussage, eine therapeutische Konsequenz lässt sich bisher nicht ableiten; insbesondere sollte bis zum Abschluß weiterer Studien, die die Auswirkungen des Verschlusses des Foramen ovales auf die Migräne untersuchen, dieses Verfahren nicht durchgeführt werden. Die Komorbidität von Migräne und Epilepsie scheint mit einer reduzierten Wahrscheinlichkeit der Anfallsfreiheit bezüglich der Epilepsie nach einer 10-jährigen Beobachtungszeit einherzugehen, therapeutisch bieten sich die Migräneprophylaktika Topiramat und Valproat an. Eine Depression als Begleiterkrankung bei Migräne führt bei ca. 50% der Patienten zu einer Verschlechterung der Migräne in depressiven Episoden und ist assoziiert mit anderen chronischen Schmerzerkrankungen (z.B. Lumbago) und einem schlechteren Ansprechen der akuten Therapie. Trizyklische Antidepressiva sind bei dieser Konstellation Mittel der Wahl zur prophylaktischen Behandlung der Migräne. Weitere Komorbiditäten, wie z.B. Asthma bronchiale oder viel seltener der Morbus Osler, können ebenfalls einen Einfluss auf die Migränefrequenz und -charakteristik haben. Zusammenfassend stellen die Komorbiditäten bei Migränepatienten somit einen entscheidenden Faktor für die Behandlung der Migräne und zum Teil auch für den Verlauf oder die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Aura dar.
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Abstracts SY169 Kopfschmerz vom Spannungstyp und die den Verlauf bestimmenden Komorbiditäten C. Gaul Universitätsklinikum Essen Neuroloische Klinik; Westdeutsches Kopfschmerzzentrum, Essen Der sporadisch auftretende Kopfschmerz vom Spannungstyp ist sehr häufig. Die IHS unterscheidet weiterhin eine häufig auftretende Variante und bei mehr als 15 Kopfschmerztagen pro Monat (über mindestens drei Monate) einen chronischen Verlauf. Die populationsbasiert er hobene Einjahresprävalenz beträgt für den sporadischen 63,5%, den gehäuft episodischen 21,6% und den chronischen Verlauf 0,9% (Russel et al. 2006). Phänomenologisch wird eine Variante mit erhöhter Schmerzempfindlichkeit der perikraniellen Muskulatur bei 50–65% der Patienten abgegrenzt. Diagnostisch ist es bedeutsam die Varianten der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) mit myofaszialem Schmerz abzugrenzen, die dem klinischen Erscheinungsbild ähneln, jedoch zum Teil andere Therapiestrategien erfordern; somit erlangt diese Unterscheidung aus klinischer Sicht auch prognostische Bedeut ung. Myofaszialer Schmerz induziert und unterhält eine zentrale Sen sitisierung und ist somit ein wichtiger Aspekt der Chronifizierung beim Kopfschmerz vom Spannungstyp (Buchgreitz et al. 2008; Bendtsen 2009). Diese Prozesse lassen sich auch bildgebend als Veränderungen der zentralen Schmerzmatrix darstellen (Schmidt-Wilcke et al. 2005). Die Bedeutung des Kopfschmerz vom Spannungstyp als medizinisches und gesundheitsökonomisches Problem entsteht vor allem aus den chronischen Verläufen. Der chronische Verlauf ist durch einen etwa doppelt so hohen Anteil von Patienten mit hoher Schmerzintensität und etwa doppelt so häufigen Begleiterkrankungen gekennzeichnet wie der episodische Verlauf. Diese umfassen arterielle Hypertonie, Schlafstörung, Angst und Depression, hinzu kommen Patienten mit einem Analgetikaübergebrauch. 66% der Patienten leiden unter einem isolierten Kopfschmerz vom Spannungstyp, 34% unter eine komorbiden Migräne. Verknüpft mit einem Anstieg der Attackenzahl sind das weibliche Geschlecht, steigendes Lebensalter, schlechte Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes, Schlafstörung und Schwierigkeiten nach der Arbeit zu entspannen. Im 10-Jahres-Verlauf bleiben verbleiben 75% der Patienten episodisch, 25% konvertieren zum chronischen Verlauf, von den Patienten mit chronischem Verlauf wechselt etwa die Hälfte in einen episodischen Verlaufstyp, ein Drittel bleibt unverändert und ca. 20% entwickeln einen Analgetikaübergebrauch (Moerk et al. 2000). Die Kopfschmerzfrequenz korreliert mit dem Ausmaß des psychosozialen Stresses. Ungünstige Prognosefaktoren des Kopfschmerz vom Span nungstyp sind chronischer Verlauf (OR 6,1), komorbide Migräne (OR 5,3), Alleinstehende (OR3,8) sowie Schlafstörung (OR 2,7). Therapeutisch stehen an gesichert wirksamen Interventionen insbesondere trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin), NSRI (Mirtazapin) sowie Behandlung mittels Physiotherapie/Manueller Medizin und physikalische Therapie zur Verfügung. Von entscheidender Bedeutung sind Aufklärung der Pa tienten, Stressreduktion und Entspannungsverfahren wie PMR, EMG Biofeedback zeigt ebenso eine gute Wirksamkeit. Muskelrelaxantien sind nicht wirksam. SY170 Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz und seine Ursachen A. Straube, Chr. Schankin Neurologie, Klinikum der Universität München, Großhadern, München Der Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz (MOH) gehört mit einer 12-Monatsprävalenz von 1–2% der Bevölkerung zu den gesund heitsökonomisch wichtigsten Kopfschmerzerkrankungen. Dabei findet man den MOH in allen westlichen Industrienationen in einer ver gleichbaren Häufigkeit. Als Risikofaktoren für die Entwicklung gelten vor allem die Häufigkeit von Kopfschmerzen und die Häufigkeit einer Medikamenteneinnahme, wobei Triptane vermutlich schneller und auch
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nach einer kürzeren Zeit zu einem MOH führen als andere Analgetika. Ob NSAR-Übergebrauch ebenfalls zu einem MOH führen kann, wird nicht von allen Studien unterstützt, es ist aber wahrscheinlich sicher, dass er einen MOH unterhalten kann. Zur Ursache eines MOHs finden sich aber in der letzten Zeit neue Ansätze, die zeigen, dass möglicherweise eine Verbindung zu Suchtmechanismen besteht, so findet man unter den Angehörigen von MOH-Patienten gehäuft Suchterkrankungen, und auch die bildgebenden Befunde einer anhaltende Minderaktivierung des fronto-orbitalen Kortex deuten in diese Richtung. Darüber hinaus weisen epidemiologische Daten, die eine nicht gleichförmige Verteilung der Kopfschmerztage zeigen, so haben nur 15% aller Migräne-Patienten mehr als 6 Migränetage im Monat, auf einen biologischen Unterschied in den Patienten schon vor der Entwicklung eines MOHs hin. Andere in der letzten Zeit gefundene Risikofaktoren für einen MOH sind auch das Bestehen einer Depression. Diese Zusammenhänge sind bei der Behand lung eines MOHs mit einzubeziehen.
Neue Einsichten zum Wirkungsmechanismus und den unerwünschten Arzneimittelwirkungen von rezeptfreien Analgetika SY171 Rezeptfreie Analgetika: Neue Probleme mit alten Wirkstoffen B. Hinz Universität Rostock Metamizol und Paracetamol galten jahrzehntelang als „reine Schmerz mittel“. Neuere Untersuchungen zeigen, dass sie, wenn auch nur schwache, Zyklooxygenasehemmer sind. Daraus ergeben sich erhebliche Konsequenzen für die Anwendung: Auch diese Wirkstoffe können langfristig eingenommen – das Auftreten von Magen-/Darmblutungen und Herzinfarkten erhöhen. Die Zusatzmedikation zu anderen, stärker wirksamen Zyklooxygenasehemmern, wie Diclofenac oder Ibuprofen, ist in der Praxis wenig sinnvoll. Der einzige Vorteil, den diese Wirkstoffe haben, besteht darin, dass sie selten zu Blutgerinnungsstörungen und Asthmaattacken Anlass geben. SY172 Laien- und Leistungssport: Nichts geht mehr ohne Schmerzmittel M. Küster Schmerzzentrum Bonn Langstreckenläufe (Ironman, Marathon, Halbmarathon, 24-StundenLauf, Triathlon) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei alten und jungen, gesundheitsbewussten Bürgern. Gelegentlich kommt es zu schweren, meist passageren, manchmal auch lebensbedrohlichen oder letalen gastrointestinalen, renalen und kardialen Problemen. Diese Probleme sind typisch für bestimmte Schmerzmittel. Trotzdem liegen kaum Daten darüber vor, in welchem Umfang diese eingenommen werden. Eine kurz vor dem Start des diesjährigen Bonnmarathons durchgeführte Befragung von über 1.000 Teilnehmern (ausschließlich Freizeitsportler) zeigte, dass über 60% bereits vor dem Start Schmerz mittel eingenommen hatten. Nur wenige waren jedoch über mögliche Risiken der Schmerzmittelanwendung beim Ausdauersport informiert. Die meisten Teilnehmer verwendeten ungeeignete Wirkstoffe und/oder ungeeignete Dosierungen. Wir vermuten, dass die körperliche Höchst leistung die gastrointestinale, renale und kardiovaskuläre Toxizität von nicht-Opioid-Analgetika deutlich erhöht.
SY173 Neue Einsichten bedingen behördliche Maßnahmen für die Anwendung von rezeptfreien Analgetika. K. Brune Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass auch Paracetamol, Phenazon und Metamizol Zyklooxygenasehemmer sind. Akutberichte und Langzeituntersuchungen belegen die besonderen Gefahren des Paracetamols: akute und chronische Leberschädigungen, Blutdruck erhöhungen, Herzinfarkte. Die Aufsichtsbehörden haben bereits be schlossen bzw. erwägen: – Begrenzung der Packungsgröße – Warnhinweise – Marktrücknahme von Paracetamol-Opioid-Kombinationen (USA). Für alle anderen rezeptfrei verwendeten Analgetika ist eine Begrenzung der Packungsgröße auf ca. 10 Tagesdosen zu erwarten. Die beschlossenen und geplanten Maßnahmen werden zu intensiven Beratungsgesprächen auch in der ärztlichen Praxis führen.
Versorgungsstrukturen und Gesundheitsökonomie Integrationsversorgung bei Rückenschmerzen – update SY174 Ich bin 2 Netzwerke U. Marnitz Leitender Arzt, Orthopäde und Unfallchirurg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Rückenzentrum im Markgrafenpark, Berlin Im Rückenzentrum am Markgrafenpark wird der aktuelle wissen schaftliche Erkenntnisstand in Diagnostik und Therapie chronischer Rückenbeschwerden umgesetzt. Das abgestufte ganzheitliche Ver sorgungskonzept, bestehend aus multi-disziplinärer Diagnostik und interdisziplinären Behandlungsprogrammen, ist vornehmlich akti vierend und verhaltensmedizinisch ausgerichtet. Bereits vor Einführung der Integrierten Versorgung wurden seit 2001 in Hamburg und dann in Berlin Direkt-Verträge mit gesetzlichen Krankenkassen gelebt. Zusätzlich versorgt nun das Berliner Rückenzentrum Patienten aus zwei Netzwerken der Integrierten Versorgung Rücken: Techniker Krankenkasse/IMC und Deutsche Angestellten-Krankenkasse/BerlinBrandenburger-Rückennetz. Konzeptionelle Unterschiede: bundesweiter Versorgungsansatz versus lokalem Netzwerk, Umsetzung von er fahrungsgemäß guten Prozessen in tagesklinischer Gruppentherapie versus schwerpunktgemäßer Einzeltherapie. Aktuelle Ergebnisse beider Netzwerke werden verglichen. SY175 Fallmanagement mit Assessment und Tagesklinik im Vergleich G. Lindena¹, G. Müller² ¹CLARA Clinical Analysis, Research and Application, Kleinmachnow; ²Rückenzentrum Am Michel, Hamburg Einleitung: Im Rahmen des Projekts bei der Deutschen BKK sollten Ver sicherte von ihrer Krankenkasse telefonisch interviewt und ihnen im Fall definierter Einschlusskriterien ein Assessment (A) und ein tagesklinisches Programm (TK) angeboten werden. Diese Gruppe von Versicherten (1) sollte verglichen werden mit (2) einer Kontrollgruppe ohne Angebot aus derselben Region, (3) einer Gruppe mit Assessment und Therapie in einer Reha-Einrichtung und (4) Patienten ohne Angebot. Dabei ging es
auch um die Umsetzung eines gemeinsamen Fallmanagements zwischen Krankenkasse und Leistungsanbietern. Methoden: Von den Fallmanagern der Kasse wurde ein 4seitiges Interview geführt mit Fragen zu Arbeitsunfähigkeit (bisherige Dauer, Aussteller der Bescheinigung, Arbeitgeber, Rentenabsicht, F-Diagnosen, voraussichtliche Dauer), Schmerzen (Schmerzintensität, Lokalisation der Schmerzen, Prognose), Diagnostik und Behandlung (Behandler, Bildgebung, medikamentöse und nichtmedikamentöse Behandlung, Zufriedenheit), beruflichem und sozialem Umfeld sowie Nachbereitung vom Fallmanager. Ergänzend werden Kostendaten aus dem Zeitraum jeweils 6 Monate vor und nach dem Interview ausgewertet. Ergebnisse: Hier werden zunächst die Interviewdaten der Gruppen 1 und 2 vorgestellt, die gesundheitsökonomischen Daten werden patienten bezogen zusammen gestellt. 183 interviewte Versicherte waren im Mittel 46,2 Jahre alt und zu 62,1% weiblich. Sie waren zum Zeitpunkt des Interviews 57,7 Tage arbeitsunfähig und hatten seit fast 5 Monaten Rückenschmerzen. 97 Versicherte erfüllten die definierten Kriterien für das Angebot eines Assessments (F-Diagnosen in letzten 3 Jahren und/oder skeptisch bezüglich der Prognose und/oder Unzufriedenheit mit der Behandlung). Weitere 74 hatten keinen konkreten Termin für die Arbeitsaufnahme im Blick, sollten beraten und erneut kontaktiert werden. 58 Versicherte erhielten ein Assessment im Rückenzentrum, 44 ein Programm. Schlussfolgerungen: Es gab nur wenige Versicherte, die der Befragung zurückhaltend gegenüber standen. Die Fallmanager schilderten die Patienten als motiviert und offen für neue Angebote, auch wenn die meisten mit der bisherigen Therapie eher zufrieden waren. Nach Assessment und Therapiemodul waren die Patienten „richtig froh“. Damit ist ein gemeinsames Fallmanagement zwischen Kasse und Leistungsanbietern möglich: Das Interview durch die Kasse soll Angemessenheit und Notwendigkeit eines Assessments herausarbeiten, das Assessment durch die Leistungsanbieter vertieft die Informationen und erarbeitet Therapieempfehlungen, ggf. ein tagesklinisches Programm, was natürlich auch ein entsprechendes Therapieangebot voraussetzt. Nach dem Pro gramm erfolgt wieder das Follow-up durch die Krankenkasse, das den weiteren Therapieverlauf und auch die gesundheitsökonomischen Daten ergänzt. SY176 „Versorgungsstrukturen und Gesundheitsökonomie − Überregionales Konzept Vor- und Nachteile“ H.-R. Casser DRK Schmerz-Zentrum Mainz Das IGOST-FPZ-IV-Rückenschmerz-Modell stellt ein integriertes Ver sorgungsnetz dar, das mehr als 13.000 eingeschriebene Patienten, 1.220 teilnehmende Ärzte und 15 teilnehmende Krankenkassen umfasst. Insgesamt sind über das Bundesgebiet verteilt 123 Rücken-Zentren bzw. Netzwerke existent. Sie basieren sämtlichst auf dem „IGOST-Be handlungsalgorithmus“ mit dreistufigem Aufbau und Steuerung durch Krankheitsdauer, Arbeitsunfähigkeit und Screeninginstrumenten sowie diagnostischen Kriterien. Durch dieses von der Expertenkommission der Bertelsmann-Stiftung bestätigte Drei-Ebenen-Modell mit klaren medizinischen wie organisatorischen Schnittstellen besteht ein struk turierter Behandlungspfad, der überregional durch ein IT-System mit dazugehörigem Datenportal koordiniert und überwacht wird. Es besteht desweiteren eine einheitliche Dokumentation in den jeweiligen Behandlungsebenen, in dem sämtliche teilnehmenden Ärzte und wei tere Berufsgruppen regional geschult werden. Jährlich finden Rezerti fizierungskurse statt, um die Qualität anhand der kontrollierten Daten und Erfahrungen der Beteiligten weiter zu verbessern. In vielen Regionen hat sich infolge des IV-Projektes erstmalig wieder ein enger interdisziplinärer Kontakt und Austausch unter den Kollegen und Therapeuten entwickelt, von dem nicht nur die Rückenschmerzpatienten profitieren.
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Abstracts Multimodale Therapie des Schmerzes
Rückenschmerz
Update Therapie Fibromyalgiesyndrom – Klinische Relevanz von Akupunktur, Pharmakotherapie und Balneo-Thalassotherapie
Diagnostik von Risikofaktoren vermeidet Chronifizierung von Rückenschmerzen
SY179 Efficacy of hydrotherapy and of acupuncture in fibromyalgia syndrome – systematic reviews with meta-analysis of controlled clinical trials J. Langhorst Universität Duisburg-Essen, Alfried Krupp von Bohlen und HalbachStiftungsprofessur für Naturheilkunde, Innere Medizin V, Naturheilkunde und Integrative Medizin, Kliniken Essen-Mitte, Knappschaftskrankenhaus, Essen Objectives: To systematically review the efficacy of hydrotherapy and of acupuncture in fibromyalgia syndrome (FMS). Methods: We screened MEDLINE, PsychInfo, EMBASE, CAMBASE and CENTRAL (through December 2008) and the reference sections of original studies, reviews and evidence-based guidelines on non-phar macological therapies as well as acupuncture in FMS. Randomized con trolled trials (RCT’s) on the treatment of FMS with hydrotherapy (spa-, balneo- and thalassotherapy, hydrotherapy, packing and compresses) were analyzed. Controlled trials (CT’s) of acupuncture in adult FMSpatients were analyzed. Results: In hydrotherapy 10 out of 13 RCT’s with 446 subjects with a median treatment time of 200 minutes were included into the metaanalysis. Effects were summarized using standardized mean differences (SMD). There was moderate evidence for a reduction of pain (SMD -0.92, 95% CI -1.56,-0.28; p=0.005) and improved HRQOL (SMD -1.67, 95% CI –2.91, -0.43; p=0.008) at the end of treatment. There was moderate evidence that the reduction of pain (SMD -1.27, 95% CI -2.15,-0.38; p=0.005) and improvement of HRQOL (SMD -1.16, 95% CI -1.96, -0.33; p=0.005) could be maintained at follow-up (median 14 weeks). In acupuncture seven CT’s with a median treatment time of 7 weeks and 337 subjects were included into the systematic review. The outcomes of six studies were suitable for meta-analysis. Standardized mean differences (SMD) comparing verum and sham acupuncture medical treatment respectively were calculated. We found conflicting evidence of the efficacy of verum compared with sham acupuncture in reducing pain (SMD= -0.25, 95% CI -0.80,0.10, p=0.28) and fatigue (SMD= 0.08, 95% CI -0.55, 0.71, p=0.81) and improve sleep (SMD= 0.04, 95% CI -0.80, 0.89, p=0.92) at the end of the treatment. We found moderate evidence that verum acupuncture combined with medical therapy was superior to medical therapy without acupuncture to reduce pain at the end of the treatment (SMD= -1.18, 95% CI -1.67, -0.68, p<0.001). In addition, we found strong evidence that the positive effects of all kinds of acupuncture declined with time. Conclusions: There is moderate evidence that hydrotherapy has shortterm beneficial effects on some key domains of FMS. Due to heterogeneity and methodological shortcomings of existing controlled trials there is inconclusive evidence for the efficacy of acupuncture in FMS. There is a need for high quality studies with larger sample sizes to confirm these results.
SY181 Diagnostik von Risikofaktoren vermeidet Chronifizierung von Rückenschmerzen? M. Pfingsten¹ , G. Lindena² ¹Schmerztagesklinik und -Ambulanz, Universitätsmedizin Göttingen; ²CLARA Clinical Analysis, Research and Application, Kleinmachnow Bei (nicht spezifischen) Rückenschmerzen hat die Mehrzahl der in den letzten Jahren durchgeführten prospektiven Studien gezeigt, dass psycho soziale Faktoren für den Krankheitsverlauf und für den Übergang vom akuten zum chronischen Schmerz eine entscheidende Rolle spielen. Sowohl für kognitive, wie auch für emotionale und Verhaltensfaktoren zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zur Entwicklung von chroni schen Verläufen. Zur Verhinderung kostenintensiver chronischer Verläufe ist es daher sinnvoll, Patienten mit derartigen Risikofaktoren möglichst frühzeitig (innerhalb der ersten 14 Tage ab Beginn der akuten Phase) zu erfassen und sie gezielt auf diese Risikofaktoren hin zusätzlich zu behandeln. Am besten gelingt die Erfassung dieser Risikofaktoren durch eine aus führliche psychologische Exploration. Andererseits sind langwierige Untersuchungsgänge oder lebensgeschichtliche Explorationen aller Patienten mit Rückenschmerzen in der Erstversorgung i.d.R. nicht durchführbar und nicht ökonomisch, so dass im Sinne eines Screenings auf ein Fragebogenverfahren zurückgegriffen werden muss. Das Screening sollte die für das Risiko einer Chronifizierung relevanten Faktoren zuverlässig erfassen (Sensitivität), es sollte aber auch eine aus reichende Spezifität aufweisen, damit Patienten mit geringem Chroni fizierungsrisiko hinreichend genau identifiziert werden können, so dass sich die Behandlung bei dieser Gruppe zum ökonomischen Umgang mit den Kosten auf einfache Maßnahmen beschränken kann. Das Screening sollte vom Umfang her kurz gestaltet, ökonomisch einsetzbar und möglichst einfach auswertbar sein. Darüber hinaus sollten die Ergebnisse möglichst konkrete Hinweise auf die in existierenden Leitlinien em pfohlenen Behandlungsoptionen geben und die Wahl entsprechender diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unterstützen. Im Rahmen einer BMBF-Studie wird von unserer Arbeitsgruppe ein kurzes Verfahren mit 11 Items eingesetzt, dessen Einsatz sich bereits in einer internationalen Studie bewährt hat; es geht auf das Örebro Musculoskeletal Pain Screening Questionnaire (MPSQ) von Steven Linton (Schweden) zurück. Nach Berechnungen aus einer Vorstudie ist in ca. 30% aller akuten Fälle damit zu rechnen, dass das Risiko einer Chronifizierung besteht, wobei noch in eine Gruppe mit mittlerem und eine Gruppe mit hohem Chronifizierungsrisiko unterschieden wird. Für beide Gruppen werden fokussierte, kurze therapeutische Interventionen je 2 mal 3 Std. angeboten, mit denen die Chronifizierung ihrer Schmerzen verhindert werden soll. Erfahrungen aus der internationalen Literatur bestätigen den Erfolg solcher Maßnahmen, die jedoch nach unserer ersten Erfahrung mit einer Fülle organisatorischer und logistischer Pro bleme behaftet sind. SY182 Rückenschmerz – Zeitliche Dimension und Patientenpfade in der Praxis R. Schürer Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, spezielle Schmerztherapie/ Chirotherapie/ Akupunktur, Praxisgemeinschaft, Potsdam Obwohl die meisten unspezifischen Rückenschmerzen selbstlimitierend sind, kommt es häufig zu Rezidiven und etwa 10 – 15 % chronifizieren, was zu einer erheblichen individuellen und gesellschaftlichen Belastung
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wird. Schon in der Primärversorgung müssen die Weichen gestellt werden, in welche Richtung die Behandlung organisiert wird, um eine Chronifizierung möglichst zu vermeiden. Dazu gehört eine effektive Untersuchung des Patienten unter Vermeidung einer Überdiagnostik und einer potentiellen Iatronisierung durch Katastrophisieren der Befunde durch den Therapeuten, die frühzeitige Erfassung einer psychiatrischen Komorbidität sowie sog. „yellow flags“ und die Erkennung von Patienten mit „red flags“, die einer sofortigen fachärztlichen Mitbehandlung bedürfen. Die Empfehlungen in verfügbaren Leitlinien sind inkonsistent und reichen beispielsweise hinsichtlich der Überweisung zum Spezialisten von nur bei möglicher ernsthafter Erkrankung (Finnland, Malmivaara et al., 1999) über nach 6 Wochen konservativer Therapie (z.B. Israel, Borkan et al., 1996, BRD, AMK 1997) bis zur Empfehlung der aktuellen AMK – Leitlinie (2007), nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit eine interdisziplinäre Evaluation durchzuführen. Eine aktuelle Untersuchung von Jensen et al. (Pain 142 (2009)2002 -8) zeigt, dass das Risiko einer Frühberentung steigt, wenn vor Beginn einer multidisziplinären Rehabilitation mehr als 60 Tage Arbeitsunfähigkeit bestehen. In unserer auf die Behandlung von Rückenschmerzen und anderen eher orthopädischen Schmerzuständen spezialisierten allgemeinmedizinischen Praxisgemeinschaft mit etwa 800 – 1000 neuen Rückenschmerzpatienten pro Jahr werden bei allen Patienten bei der Erstkonsultation anamnestisch und durch körperliche Untersuchung sog „red flags“ ausgeschlossen, ggf. wird eine entsprechende Diagnostik eingeleitet. Patienten mit einer erstmaligen Rückenschmerzepisode werden anschließend nach manualtherapeutischen bzw. osteopathischen Prizipien untersucht und behandelt, je nach Intensität der Beschwerden kommen medikamentöse, neuraltherapeutische oder physikalische Therapien zum Einsatz. Die meisten Patienten, aber alle Arbeitsunfähigen, werden spätestens nach 1 Woche wiederbestellt, bei blanden Beschwerden und Arbeitsfähigkeit nach 2 – 3 Wochen. Bei der WV wird reevaluiert und die Therapie angepasst. Bei inadäquatem Verlauf erfolgt eine weitergehende Diagnostik, wobei sowohl bildgebende Verfahren als auch psychometrische Verfahren zum Einsatz kommen können. Bei Patienten mit chronischen oder chronisch – rezidivierenden Beschwerden oder Patienten, die uns wegen Therapieresistenz von Haus- oder Fachärzten zugewiesen werden, erfolgt primär eine gründliche Untersuchung der Statik, speziell des Beckengürtels. Bei Befunden, die eine Ursache für die Persistenz der Beschwerden darstellen können, werden diese primär therapiert, eine kurzfristige Verlaufskontrolle erfolgt nach 1 – 2 Wochen. Bei inadäquatem Verlauf werden vorliegende Fremdbefunde nochmals evaluiert und ggf. ergänzt, außerdem erfolgt eine Diagnostik hinsichtlich psychologischer/ psychiatrischer Komorbiditäten und „yellow flags“, wobei neben einer ausführlicheren Anamnese die computergestütze Diagnostik iSuite, in die der DGSS – Fragebogen eingearbeitet wurde, genutzt wird. Je nach Befund und Compliance des Patienten werden entsprechende Fachärzte bzw. Psychotherapeuten in die Bereuung einbezogen, wobei die Koordination laufender Maßnahmen über uns läuft. Zusätzlich kommt bei Patienten mit subchronischen und chronischen Rückenschmerzen Rückenschulen und/oder eine Krankengymnastik, meist mit Gerät zum Einsatz. Die (wenigen) Patienten, die weiterhin therapieresistent sind, werden nach spätestens 6 Wochen in einer interdisziplinären Schmerzkonferenz vorgestellt und/oder einer multimodalen Therapie in einer geeigneten Fachklinik zugeführt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch in der Ebene der ärztlichen Grundbetreuung eine effektive Behandlung von Rückenschmerzen möglich ist, wenn der Arzt über ausreichende Fachkompetenz verfügt, geeignete Diagnoseverfahren zur Verfügung stehen und eine gute Kooperation mit entsprechenden Fachärzten und Psychotherapeuten mit der Möglichkeit einer kurzfristigen Konsultation und eines guten Informationsaustausches besteht.
Psychologische Verfahren Schmerzedukation: Startpunkt für Veränderungen? SY183 Wie sag ich es meinen Patienten? Schmerzedukation als pädagogische Herausforderung H.-G. Nobis MEDIAN-Klinikum für Rehabilitation Bad Salzuflen, Orthopädische Psychosomatik/Interdisziplinäre Schmerztherapie, Bad Salzuflen Stellvertretend für so viele wissenschaftliche Bestätigungen zur Be deutung von Edukation in der multimodalen Schmerztherapie sei auf eine Veröffentlichung der „American Geriatrics Society“ (AGS) im Jahr 2002 hingewiesen. So heißt es u.a. in den evidence geprüften Leitlinien („General Principles“):„Patient education programs are integral com ponents of the management of persistent pain syndromes“. „The im portance of patient education cannot be overemphasized“ (JAGS, 50, 2002). Der Beitrag gibt zunächst eine Übersicht zu standardisierten „(Schmerz)Edukations-Programmen“ (u.a. Pfingsten, Basler, Kröner-Herwig, Egle). Diese heben jeweils je nach therapeutischer Fachrichtung unterschiedliche Aspekte einer Edukation hervor. Danach werden pädagogische Aspekte der edukativen Arbeit problematisiert. Schmerzen zu haben, ist das eine – psychische Probleme zu haben, das andere. Diese, nicht nur von Schmerzpatienten häufig gemachte Trennung von „Leib und Seele“, oft nur als Widerstand gedeutet, ist auch eine Folge unzureichenden „Begreifens“ psychosomatischer Zusammenhänge. Dieses „Begreifen“ des „Leib-Seele-Zusammenhangs“ kann auch an einer „pädagogisch“ unzureichenden Vermittlung scheitern. Die dem Schmerzpatienten zu vermittelnden Zusammenhänge sollten über Lebensnähe und Plausibilität zu einem „persönlich Betroffensein“ führen. Die „Identifikation“ mit dem “bio-psycho-soziale Schmerz“ schafft erst die Basis für schmerzpsychologisches Handeln. Zusammenhänge auch „auf Höhe des Patienten“ erklären zu können, heißt, Schmerzedukation auch als eine „pädagogische“ Herausforderung anzuerkennen. SY184 „Work-Hardening bei chronischen Rückenschmerzpatienten: Ein psychoedukativer Ansatz K. Hafenbrack Rückenzentrum Am Michel, Hamburg Ausgehend vom functional-restoration-Ansatz in der Behandlung chro nischer Rückenschmerzpatienten, stellt das Behandlungsmodul „Alltagsund berufsbezogenes Training“ (Work-hardening) eine besondere Herausforderung für die Patienten und das interdisziplinäre Team dar. Der Beitrag von K. Hafenbrack zeigt neben den zugrundeliegenden lerntheoretischen Konzepten (u.a. fear-avoidance-Modell nach Waddel und Pfingsten), die Rolle der Schmerzpsychotherapeuten in diesem Behandlungsmodul auf und vermittelt praktische Einblicke in die diesbezügliche Psychoedukation des Rückenzentrum Am Michel in Hamburg. Hieraus können sich – auch außerhalb einer tagesklinischen oder statio nären Behandlung – Ansätze für eine Arbeit in der psychotherapeutischen Einzelpraxis mit chronischen Rückenschmerzpatienten ableiten lassen. Literatur American Geriatrics Society (AGS), (2002), The Management of Persistent Pain in Older Persons, JAGS 50: 205-224
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Abstracts SY185 Postoperativer Schmerz: Funktion und Effekte von Patientenedukation M. Hüppe Universität Lübeck, Klinik für Anaesthesiologie, Lübeck Die Beeinflussung postoperativer Schmerzen (Akutschmerz) durch psychologische Faktoren ist bislang nur unzureichend untersucht (vgl. Hüppe, 2007). Die S3-Leitlinie zur Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen empfiehlt, dass Patienten präoperativ Informationen über den wahrscheinlichen postoperativen Schmerz verlauf angeboten werden sollten, und dass Patienten über Möglichkeiten der somatischen und psychologischen Schmerzlinderung und -beein flussung informiert werden sollten (DIVS, 2008). Der Beitrag zeigt die empfohlenen Informationsinhalte und ihre Vermittlung in bislang durchgeführten Untersuchungen. Bei der Darstellung von Wirkungen der Patientenedukation wird deutlich, dass diese von Merkmalen des Patienten abhängig ist. Das bedeutet, dass neben der „Allgemeinen Patientenedukation“ „Differenzielle Patientenedukation“ angemessen ist. Literatur – –
DIVS (Hrsg.) (2008). Behandlung acuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag. Hüppe, M. (2007). Zum Einfluss psychologischer Faktoren auf postoperativen Schmerz: ein narratives Review. Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizinn, 28: 386-397.
Multimodale Therapie des Schmerzes Besonderheiten multimodaler Schmerztherapie in verschiedenen Altersabschnitten SY187 Gut Ding braucht gut Weil: Wirksamkeit multimodaler Schmerztherapie bei Erwachsenen (30 – 70 Jahre) B. Nagel Leiter der Tagesklinik, DRK Schmerz-Zentrum Mainz Die nachhaltige Wirksamkeit und auch Kosteneffektivität multimodaler Schmerztherapieprogramme ist bei Erwachsenen in kontrollierten Studien und systematischen Reviews gut belegt. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Evidenzlage und stellt die Konzeption der in dikationsspezifischen Therapieprogramme der Tagesklinik des DRK Schmerz-Zentrum Mainz dar. Präsentiert werden zudem die Ergebnisse der 12-Monats Katamnese der Patienten 2001 bis 2006 (N = 1254). Die Patienten beklagten als Hauptschmerzlokalisation überwiegend Rücken- (N=598) und Kopfschmerzen (N=474). 865 Patienten (69,0 %) konnten nach 12 Monaten zum subjektiven Behandlungserfolg befragt werden. 59,1 % beurteilten ihn als „sehr gut“ oder „gut“, weitere 24,6 % als „zufriedenstellend“. Die Verbesserung der Schmerzintensität hatte eine Effektstärke von 1,51, für die Verringerung der schmerzbedingten Beeinträchtigung (Pain Disability Index) lag der Wert bei 1,02. Die Häufigkeit von schmerzbezogenen Arztkontakten und die Anzahl von Behandlungen nahm signifikant ab. Bei berufstätigen Rücken schmerzpatienten konnten die Arbeitsunfähigkeitstage in 6 Monaten von 41,9 vor Therapie auf 15,8 Tage ein Jahr nach der Behandlung reduziert werden. Literatur –
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Guzmann J, Esmail R, Karjalainen K, Malmivaara A, Irvin E, Bombardier C. Multidisciplinary rehabilitation for chronic low back pain: systematic review. The Cochrane Database of Systematic Reviews. 2002; Issue 4 Karjalainen K, Malmivaara A, Van Tulder M, Roine R, Jauhiainen M, Hurri H, Koes B. Multidisciplinary rehabilitation for fibromyalgia and musculoskeletal pain in working age adults. The Cochrane Database of Systematic Reviews. 2002; Issue 2
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SY188 Was lange währt, wird endlich gut: Wirksamkeit multimodaler Schmerztherapie im höheren Lebensalter P. Mattenklodt Schmerzkongress 2009, Universitätsklinikum Erlangen Hintergrund: Multimodale Therapiekonzepte auf der Grundlage des psychosozialen Schmerzmodells haben sich als wirksame Therapie methode erwiesen und werden auch für die Therapie älterer Schmerz patienten empfohlen [1, 2]. Patienten im höheren Lebensalter sind jedoch in derartigen Therapieprogrammen unterrepräsentiert, obwohl der Anteil alter Menschen an der Bevölkerung ständig steigt und die Prävalenz chronischer Schmerzen sich mit dem Alter erhöht. Zur Wirksamkeit multimodaler Schmerztherapieprogramme liegen für den deutschsprachigen Raum bisher kaum Daten vor. Methode: Seit Juni 2005 bieten wir ein multimodales Gruppenprogramm an, welches sich speziell an über 70-jährige, gehfähige chronische Schmerz patienten richtet (10 Wochen/20 Behandlungstage; tagesklinisch). Zur Evaluation haben wir klinische, psychometrische und sportmedizinische Daten der Patienten zu Beginn und am Ende der Therapie erhoben [3], die klinischen und psychometrischen Daten zusätzlich erneut zum Follow up-Zeitpunkt nach 6 Monaten. Als Kontrollgruppe für den PräPost-Verlauf erhoben wir bei Patienten der Warteliste zu Beginn und Ende eines zehnwöchigen Beobachtungszeitraums die Schmerzstärke sowie ADS, PDI, FESV und SF-36. Ergebnisse: Von Januar 2006 bis Juni 2007 konnten 24 Patienten (75,08 ± 5,63 Jahre, MW ± SD) in die Auswertung einbezogen werden. Als Hauptschmerzdiagnose hatten 19 Patienten muskuloskelettale Schmerzen, 4 Patienten Nervenschmerzen und 1 Patient Kopfschmerzen. Im Verlauf der Therapie verringerte sich die durchschnittliche Schmerzintensität von 6,8 ± 1,78 (MW ± SD) auf 5,1 ± 1,8 (p < 0.001), die Depressivität (ADS, T-Wert) sank von 60,1 ± 7,99 auf 52,8 ± 9,54 (p < 0.01), auch die subjektive Beeinträchtigung durch den Schmerz (PDI) reduzierte sich (Gesamt-MW: 4,7 ± 2,0 vs. 3,7 ± 1,6; p < 0.05). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-36, psychische Summenskala) verbesserte sich von 39,2 ± 12,0 auf 46,5 ± 9,6 (p < 0.05). Die Patienten griffen bei Therapieende signifikant häufiger als bei Therapiebeginn auf Schmerzbewältigungsstrategien zurück (FESV). Die Mehrzahl der Parameter der körperlichen Leistungsfähigkeit verbesserte sich von Therapieanfang zu Therapieende signifikant. Die Effektstärken der erreichten Verbesserungen lagen überwiegend im mittleren bis hohen Bereich (Tab. 1). In der Wartelistenkontrollgruppe kam es im Vergleichzeitraum zu keinen signifikanten Veränderungen. Zum Follow up-Zeitpunkt nach 6 Monaten erwiesen sich die bei Therapieende gemessenen Verbesserungen überwiegend als stabil. Schlussfolgerung/Ausblick: Eine an die Bedürfnisse älterer Menschen (über 70 Jahre) angepasste multimodale Schmerztherapie ist eine effektive Therapieoption, um auch bei älteren Patienten die Schmerzintensität und die Beeinträchtigung durch die Schmerzen zu verringern, die Lebensqualität zu verbessern und die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. . Tab. 1 Literatur – –
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Marcus D.A, Scharff L, Mercer S, Turk D.C. Nonpharmacolongical treatment for migraine: incremental utility of physical therapy with relaxation and thermal biofeedback. Cephalalgia 1998; 18: 266-271 Scharff L, Marcus D.A. Interdisciplinary Outpatient Group Treatment of Intractable Headache. Headache. 1994; 73 - 78 Schonstein E, Kenny D.T, Keating J. Koes B.W. Work conditioning, work hardening and functional restoration for workers with back and neck pain: Review. The Cochrane Database of Systematic Reviews. 2002; Issue 4 Turk D.C, Okifuji A, Sinclair J.D, Starz T.W. Interdisciplinary treatment for fibromyalgia syndrome: clinical and statistical significance. Arthritis-care-res. 1998; 11:186-195
American Geriatrics Society Panel on Persistent Pain in Older Persons (2002): The management of persistent pain in older persons. J Am Geriatr Soc 50: S205 - S224. Australian Pain Society (2005): Pain in residential aged care facilities: Management strategies. Sydney: Australian Pain Society.
KE (Kompetenzerleben) MA (Mentale Ablenkung) GSA (Gegensteuernde Aktivitäten) RE (Ruhe und Entspannung) Schmerzbedingte Beeinträchtigung (PDI)
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0,48
0,36
Mattenklodt et al. (2008): Multimodale Gruppentherapie bei Senioren mit chronischen
Schmerzen. Konzept undLebensqualität Ergebnisse im Prä-Post-Vergleich. 22:551-561. Gesundheitsbezogene 0,240,62 Der Schmerz 0,220,60 (SF-36) Körperliche Summenskala (PCS) Psychische Summenskala (MCS)
Jamar-Hand-Dynamometer-Kraft-Test rechts links
0,270,33
Keine Daten
Nacken-Schürzen-Griff (OEX-Beweg lichkeit) rechts über links links über rechts
0,830,54
Keine Daten
¹ Inter-Gruppenvergleich: Behandlungs- vs. Kontrollgruppe, ² Intra-Gruppenvergleich: Behandlungsgruppe vor Therapie vs. nach 6 Monaten
Diagnostische Procedere Erweiterte apparative Diagnostik des CPRS SY194 Inflammationsdiagnostik beim CRPS N. Üceyler Neurologische Klinik der Universität Würzburg Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS), das für gewöhnlich nach einem Trauma mit oder ohne Nervenverletzung entsteht, ist ein Beispiel für lokalisierte neuropathische Schmerzen. Der für das CRPS typische Symptomenkomplex ähnelt sehr den Kardinalsymptomen einer Entzündung und es wird schon lange eine pathophysiologische Verbindung zwischen dem CRPS und dem wesentlichen Baustein von Entzündung, nämlich dem Zytokinsystem angenommen. Pro- und anti-inflammatorische Zytokine sind körpereigene Mediatoren, die in sehr vielen physiologischen Regelkreisen von wesentlicher Bedeu tung sind. Ihre Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzen konnte in zahlreichen tierexperimentellen Ansätzen nach gewiesen werden. Beispielsweise lässt sich durch die Gabe von proinflammatorischen Zytokinen Schmerz induzieren, die Applikation von anti-inflammatorischen Zytokinen bzw. die Hemmung pro-in flammatorischer Zytokine wirkt analgetisch und Schmerzinduktion z.B. durch Nervenläsion verändert Zytokinprofile. Klinisch-experimentelle Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass auch bei chronischen Schmerzerkrankungen die systemische und lokale Zytokinexpression im Vergleich zu Gesunden verändert sein kann. Ein pro-inflammatorisches Zytokinprofil scheint eher schmerzfördernd, während ein Überwiegen anti-inflammatorischer Zytokine eher analgetisch wirken kann. Auch bei Patienten mit CRPS wurden in den letzten Jahren lokale und systemische Zytokinprofile in unterschiedlichen Körperflüssigkeiten und mit verschiedenen Untersuchungstechniken analysiert. Auch wenn die bisherigen Studienergebnisse widersprüchlich sind gibt es deutliche Hinweise darauf, dass Patienten mit einem CRPS lokal und systemisch ein eher pro-inflammatorisches bzw. weniger anti-in flammatorisches Zytokinexpressionsprofil haben. Die Bestimmung individueller Zytokinprofile ist noch nicht als Routinediagnostikum beim CRPS etabliert, wäre aber ein vielsprechender Ansatz, v.a. zur Prognoseabschätzung und zum Therapiemonitoring bzw. auch zur Therapieplanung. In diesem Vortrag sollen die bislang verfügbaren Ergebnisse zu lokalen und systemischen Zytokinveränderungen beim CRPS dargestellt und der praktische Nutzen dieser Daten kritisch diskutiert werden. Eine Hauptfrage ist, wie sich diese Erkenntnisse in die Diagnostik und Therapie des CRPS integrieren lassen könnten.
SY195 Analyse der Temperaturregulation – Funktionsstörung im CRPS im Vergleich zu anderen Erkrankungen E. Krumova Klinik für Anaesthesiologie, Intensiv-, Palliativ- und Schmerzmedizin, Ruhr-Universität Bochum Problem: Trotz der weiteren Entwicklung der diagnostischen Kriterien durch die Internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes ist die differentialdiagnostische Abgrenzung des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) klinisch schwierig, da alle Symptome, ein schließlich die der autonomen Dysfunktion, inter- und intraindividuell sehr variabel ausfallen. Eine maximale Hauttemperaturseitendifferenz über 2°C galt bisher als diagnostischer Beweis für ein CRPS. Sie wurde jedoch entweder durch einmalige Hauttemperaturmessung oder mittels aufwändiger apparativer Verfahren wie z.B. während kontrollierter Änderung der sympathischen Aktivität erfasst (1,2,3). Methodik: Angesichts der eingeschränkten Anwendbarkeit aufwendiger apparativer Untersuchungen in der klinischen Praxis wurden die Hauttemperatu rveränderungen bei Patienten mit CRPS in einminütigen Abständen für mehrere Stunden unter Alltagsbedingungen mit Veränderung der Umgebungstemperatur gemessen und nachfolgend mit Patienten mit Extremitätenschmerzen anderer Genese (non-CRPS: neuropathischen Schmerzen, posttraumatischer Arthrose, somatoformer Schmerzstörung) und mit gesunden Probanden verglichen. Die Seitenunterschiede in der Hauttemperatur (z.B. die mittleren Seitenunterschiede von mehr als 2°C: ?T2), in der Anzahl der Temperaturoszillationen über 2°C (QOscill) sowie das Bestimmtheitsmaß der individuellen Regression zwischen beiden Extremitäten (r2id) wurden anhand Mann-Whitney-U-Test zwischen den Gruppen verglichen. Ein Summenscore (2*QOscill+r2id+?T2) wurde berechnet, basierend auf einer Diskriminanzanalyse und auf den 95%-Konfidenzwerten der gesunden Probanden. Ergebnisse: Patienten mit CRPS unterscheiden sich signifikant in fast allen Parametern von gesunden Probanden. Auch bei Patienten mit Extremitätenschmerzen anderer Genese kann jedoch zeitweise eine Hau ttemperaturseitendifferenz auftreten. Eine komplexe Regulationsstörung mit Seitenunterschieden sowohl in der Hauttemperatur, als auch in der Anzahl von Temperaturschwankungen trat nur in der CRPS-Gruppe auf. Die Berechnung eines Summenscores bestehend aus mehreren Para metern, die die dynamischen Hauttemperaturveränderungen charakter isieren, erlaubt die Diagnose eines CRPS vs. non-CRPS mit einer Spezifität von 67% und einer Sensitivität von 73% (vs. gesunden Probanden: 79% bzw. 94%). Schlussvolgerung: Die Seitenunterschiede der dynamischen Hauttemperaturveränderungen während einer Langzeiterfassung unter Alltagsbedingungen mit wechselnder Umgebungstemperatur kann bei der Diskriminierung zwischen CRPS und Extremitätenschmerzen anderer Genese hilfreich sein, wohingegen ein Seitenunterschied der Hauttemperatur allein für die Diagnose eines CRPS nicht ausreicht (4). Durch die Berücksichtigung der Temperaturverlaufsanalyse, wie z.B. der Zahl der Temperaturausschläge und die Korrelation zwischen den Werten ipsi- und kontralateral, zusätzlich zu der mittleren Hauttemperaturseitendifferenz, kann die autonome Dysfunktion in CRPS besser charakterisiert werden. Eine solche Hauttemperaturanalyse kann in den klinischen All tag implementiert und somit als ein neues hilfreiches diagnostisches Instrument bei der schwierigen Diagnostik des CRPS benutzt werden, welches jedoch in prospektiven Studien überprüft werden muss. Literatur Wasner G et al. (2002) Pain 98: 19-26; Niehof SP et al (2006) Biomed Eng Online 5:30; Sherman RA et al. (1994) Clin J Pain. 10:71-7; Krumova EK et al. (2008) Pain 140:8-22
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Abstracts Mit Netzwerken gegen den Schmerz Der „schwierige“ Therapeut: Behindern Einstellungen und Überzeugungen der Behandler ein Arbeiten in Netzwerken? SY196 Einfluss einer kinesiophobischen Denkweise von Physiotherapeuten auf Aktivitätsempfehlungen M. Laekeman¹, S. Zirke² ¹Fachbereich Pflege und Gesundheit, Fachhochschule Münster & Schule für Physiotherapie der St. Elisabeth-Stiftung Bochum, Münster/Bochum; ²Institut für Wirbelsäulenforschung an der Ruhr-Universität Bochum Fragestellung: Oft bewegen sich chronische Rückenschmerzpatienten wenig, aus Angst vor erneuten Schmerzen. Eine kinesiophobische (d.h. bewegungsängstliche) Einstellung des Therapeuten bezüglich Aktivitäten von Rückenschmerzpatienten könnte dieses Verhalten verstärken. Es wird untersucht ob die Höhe der Punktwerte in der für Therapeuten mo difizierten Tampa Skala für Kinesiophobia sich in ihren Aktivitäts- und Arbeitsempfehlungen bezüglich Rückenschmerzpatienten widerspiegelt. Methodik: Eine Sekundäranalyse von Daten aus einer früheren Quer schnittstudie wurde durchgeführt. Dabei handelte es sich um eine postalische Befragung von Physiotherapeuten (N=424); n= 353 berufs tätigen Physiotherapeuten und n=71 Physiotherapeuten im Bachelor studium. Es wurden drei Instrumente eingesetzt: – Eine modifizierte deutsche Version der Tampa Scale of Kinesiophobia (TSK) [1] – Patientenfallvignetten aus dem Englischen übersetzt [2] – Die deutsche Version der Pain Attitudes and Beliefs Scale for Physiotherapists (PABS-PT) [3] Die statistischen Analysen wurden mit SPSS 14 durchgeführt. Ergebnisse: Fragebögen von 271 Physiotherapeuten lagen zur Auswertung vor. Der TSK Skalenwert variierte zwischen 20 und 67. Der Medianwert (45) teilte die Gruppe in „TSK Hochscorende“ (>45; N= 145) und „TSK Niedrigscorende“ (< 45; n=126) Die Korrelationsanalyse zeigt einen, wenn auch geringen Zusammenhang, zwischen der kinesiophobischen Einstellung des Therapeuten und seinen Aktivitätsempfehlungen auf einem Niveau von p<0.001. Je geringer die Bewegungsängste waren, desto häufiger gab es die Empfehlungen zu Aktivität. 69% der Studenten und 40% der Physiotherapeuten erzielten niedrige Punktwerte auf der TSK. Die gering kinesiophobischen Therapeuten zeigten signifikant höhere Punktwerte auf dem biopsychosozialen Faktor der PABS(p <0.001). Im Vergleich zu den amerikanischen Ärzten der Originalstudie [2] stuften die befragten Physiotherapeuten die in den Patientenfallvignetten ge schilderten Symptome und die Pathologie gravierender ein, dennoch war ihr Antwortverhalten bezüglich Aktivitäts- und Arbeitsempfehlungen ähnlich. Schlussfolgerung: Die Resultate deuten auf die Validität der modifizierten TSK hin. Die Schulung der Studenten in leitliniengerechtem Schmerz management scheint einen positiven Einfluss auf die Reduzierung von Bewegungsängsten bei der Patientenaktivierung zu bewirken. Literatur 1. Rusu, A.C, Nigbur, K., Hallner, D. & Hasenbring, M. (in prep). Factor structure and preliminary validation of the German version of the Tampa Scale of Kinesiophobia. 2. Rainville J, Carlson N, Polatin P, Gatchel RJ, Indahl A (2000) Exploration of physicians’ recommendations for activities in chronic low back pain. Spine 25 (17): 2210-2220 3. Laekeman M., Sitter H., Basler H.-D. (2008) The Pain Attitudes and Beliefs Scale for Physiotherapists (PABS-PT-G): psychometric properties of the German version. Clinical Rehabilitation: Jun;22(6):564-75
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SY197 Sind Einstellungen von Hausärzten zur aktivierenden Behandlung bei Patienten mit Rückenschmerzen beeinflussbar? C. Leonhardt¹, G. Sacher¹, A. Becker², E. Baum³, N. Donner-Banzhoff³, M. Pfingsten⁴, J. Hildebrandt⁴, J.-F. Chenot⁵, M. M. Kochen⁵, H. Basler¹, S. Keller⁶ ¹Institut für Medizinische Psychologie, Philipps-Universität Marburg; ²Institut für Medizinische Psychologie, Philipps-Universität Marburg und Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive- und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg; ³Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive- und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg; ⁴Algesiologie/ Schmerzambulanz, Georg-August-Universität Göttingen; ⁵Abteilung für Allgemeinmedizin, Georg-August-Universität Göttingen; ⁶Department of Public Health & Epidemiology, University of Hawaii at Manoa , Honolulu, USA Einleitung: Eine körperlich-aktivierende Therapie bei unspezifischem Rückenschmerz wird von evidenzbasierten Leitlinien empfohlen, aber dennoch nicht immer in der Praxis umgesetzt. Dabei werden AngstVermeidungsüberzeugungen auf Seiten des Patienten u.a. durch Ein stellungen der Behandler im Gesundheitssystem beeinflusst [1, 2]. Evidenzbasierte Konzepte zur Änderung ärztlicher Überzeugungen sind bisher noch nicht zahlreich [3, 4]. Fragestellung und Methode: Im Rahmen einer randomisierten Leit linien-Implementierungsstudie (BMBF-Förderkennzeichen: 01 EM 0113) wurden Hausärzte in Qualitätszirkeln (QZ) im bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell, Diagnostik und aktivierender evidenzbasierter Beratung und Therapie geschult. Insgesamt 122 Ärzte wurden zu Beginn der Studie sowie fünf Wochen nach dem letzten QZ (im Kontrollarm fünf Wochen nach lediglich postalischem Versenden der Leitlinie) schriftlich zu ihren Einstellungen mittels Fragebogen und Fallvignetten befragt. Untersucht wurde, ob die Schulung die Akzeptanz der Leitlinie wie auch die Bereitschaft zu Beratung und aktivierender Behandlung der Patienten veränderte. Ergebnisse: Ergebnisse von beiden Messzeitpunkten liegen von 76% (63 Ärzte mit QZ-Schulung, 30 aus dem Kontrollarm) der beteiligten Ärzte vor. Die geschulten Ärzte zeigten eine signifikant deutlichere leitlinienkonforme Änderung ihrer Einstellung im Vergleich zu den Kontrollärzten. In der Selbstwirksamkeit sowie wahrgenommenen Voroder Nachteilen bezüglich aktivierender Beratung unterschieden sich die Ärztegruppen nicht. Bei den Fallvignetten zeigten sich Unterschiede zwischen Geschulten und Nicht-Geschulten hinsichtlich des empfohlenen Aktivitätsniveaus, jedoch nicht in der Gesamtschwereeinschätzung der Patientenfälle. Zusammenfassung: QZ resultieren allenfalls in geringfügigen Ver änderungen in Wissen/ Einstellungen zu aktivierender Behandlung, jedoch nicht in Veränderungen wahrgenommener Kompetenzen oder Barrieren für die Beratung. Eine Beeinflussung der Einstellungen aller Behandler bei unspezifischem Rückenschmerz sollte auch Umsetzungs kompetenzen in klinisches Handeln fokussieren. Literatur 1. Ostelo RW, Vlaeyen JW. Attitudes and beliefs of health care providers: extending the fear-avoidance model. Pain 2008; 135(1-2):3-4. 2. Coudeyre E, Rannou F, Tubach F, Baron G, Coriat F, Brin S, Revel M, Poiraudeau S. General practitioners‘ fear-avoidance beliefs influence their management of patients with low back pain. Pain 2006; 124(3):330-337. 3. Fullen BM, Baxter GD, O‘Donovan BG, Doody C, Daly L, Hurley DA. Doctors‘ attitudes and beliefs regarding acute low back pain management: A systematic review. Pain 2008; 136(3):388-396. 4. Buchbinder R, Jolley D. Improvements in general practitioner beliefs and stated management of back pain persist 4.5 years after the cessation of a public health media campaign. Spine 2007; 32(5):E156-162.
SY198 Vorstellungen vom Wesen des Schmerzes – ihre Bedeutung für die Schmerztherapie U. Frede Öhningen Ungeachtet der Fortschritte in Medizin, Pharmazie und Psychologie bei der Diagnostik und Behandlung von Schmerzen konfrontieren uns manche Schmerzarten nach wie vor mit den Grenzen therapeutischer Möglichkeiten. Insbesondere der chronische Schmerz scheint sich „welt weit zu einem schwerwiegenden Problem der modernen Medizin zu entwickeln“ (Traue 2008, S. 5). Lösungsversuche nach dem Prinzip „mehr desselben“ (Kombination unterschiedlicher Verfahren und Suche immer neuer Bewältigungsstrategien) führen bei vielen Schmerzen nicht weiter. Vielleicht ist es an der Zeit, eine andere Perspektive einzunehmen, d.h. die Vorstellungen zu überprüfen, die wir uns vom Wesen des Schmerzes machen. Denn diese Vorstellungen sind es, die unsere Reaktionen auf Schmerz entscheidend beeinflussen. Das Schmerzbewusstsein unserer Zeit und Kultur (in den westlichen Industrieländern) ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass Schmerzen als zu vermeidendes Übel betrachtet werden, als etwas, das eigentlich nicht sein dürfte, deshalb mit allen Mitteln bekämpft und nach Möglichkeit besiegt werden sollte. Nicht selten werden chronische Schmerzen auch als „böse“ Schmerzen bezeichnet (Göbel 2006, S. 89). Das Motto vieler Schmerztherapeuten „Kampf dem Schmerz“ basiert zum einen auf diesem negativen Schmerzverständnis, zum anderen auf der Überzeugung, Schmerz sei „eine von Verhalten, Gefühlen und Kognitionen beeinflusste und damit veränderbare Erfahrung“ (Flor & Hermann 2007, S. 606). Mit diesem Ansatz wird eine Illusion persönlicher Kontrollierbarkeit geschaffen, die bei vielen Schmerzen keineswegs hilfreich ist, das Leiden am Schmerz sogar noch verstärken kann. Das ständige Bemühen um Kontrolle kostet nicht nur viel Kraft, es bindet auch an den Schmerz, macht ihn mehr und mehr zum Mittelpunkt des Lebens. Zudem besteht die Gefahr, dass im Falle unzureichender Schmerzlinderung nicht die Kontrollprämisse, wohl aber Einstellungs- und Verhaltensweisen der Patienten hinterfragt und als Ausdruck dysfunktionaler Bewältigungsstrategien pathologisiert werden. Die Patient-Therapeut-Beziehung wird beeinträchtigt, die Kom munikation zwischen Vertretern verschiedener Fachrichtungen eher erschwert. Als für Patienten und Therapeuten entlastender erweist sich eine Einstellung, wonach der Schmerz als unabdingbares Merkmal des Lebens betrachtet wird – vergleichbar anderen existentiellen Gegebenheiten wie Krankheit, Alter und Tod. Von dieser Perspektive ausgehend sind anhaltende Schmerzen keine doppelte Katastrophe mehr: Sie tun zwar immer noch weh, stellen aber nicht die Person des Patienten, sein Denken, Fühlen und Handeln in Frage. Der Schwerpunkt therapeutischer Interventionen liegt auf den Ressourcen des Betroffenen, auf seinen seelisch-geistigen Kräften ebenso wie auf Personen und Dingen in seinem Umfeld, die für ihn von Wert und Bedeutung sind. Die Vorstellung vom Schmerz als eine Erfahrung jenseits von Sieg oder Niederlage bewahrt vor einer Überschätzung medizinischer, psycho logischer und persönlicher Einflussmöglichkeiten, befreit von Ver sagensängsten und Schuldzuweisungen. Die Beziehung zwischen Patient und Therapeut bleibt erhalten: Statt sich enttäuscht voneinander ab zuwenden oder sich gegenseitig für die mangelnde Schmerzlinderung ver antwortlich zu machen, können sich beide miteinander solidarisieren – bei der gemeinsamen Trauer über vorhandene Grenzen, bei der gemeinsamen Suche nach Möglichkeiten, den verbliebenen Spielraum zu nutzen. Die Zusammenarbeit von Therapeuten unterschiedlicher Fachbereiche wird sich vermutlich verbessern, wenn nicht mehr der Schmerz und seine Bekämpfung im Vordergrund stehen, sondern der Patient und die Frage, wie ihm dabei geholfen werden kann, mit seiner Situation bestmöglich zu leben. Chronische Schmerzen sind belastend, mitunter bis an die Grenze dessen, was ein Mensch aushalten kann. Deshalb sollte alles getan werden, dem Betroffenen nicht noch zusätzliche Lasten aufzubürden, z.B. die Last, im Kampf gegen den Schmerz versagt zu haben, z.B. das Leid, als noncompliant, depressiv, ängstlich, vermeidend, usw. pathologisiert zu werden. Entscheidend im Rahmen einer Schmerztherapie ist nicht die
Frage: Akzeptiert der Patient? Die vordringliche Frage lautet: Akzeptiert der Therapeut? Akzeptiert der Therapeut, dass nicht jedes Leid lösbar, nicht jeder Schmerz kontrollierbar ist? Literatur –
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Flor H & Hermann Ch (2007) Kognitiv-behaviorale Therapie. In: Kröner-Herwig B, Frettlöh J, Klinger R, Nilges P (Hrsg), Schmerzpsychotherapie: Grundlagen, Diagnostik, Krankheitsbilder, Behandlung (S. 603-616). 6., aktual. u. überarb. Aufl. Springer Verlag. Berlin/Heidelberg/New York/Tokio Göbel H (2006) Weil ich mit Schmerzen leben muss... Interviews mit Schmerzpatienten. Therapiewege bei chronischen Beschwerden. Südwest Verlag, München Traue H C (2008) Gedanken zur Schmerzpsychotherapie: Theorie und Praxis der Schmerzpsychotherapie. Eröffnungsvortrag anlässlich der Jahrestagung der DGPSF in Nottwil/Schweiz vom 29.-31. Mai 2008
Praktikerseminare PS1 Diagnostik und Therapie von Rückenschmerzen J. Hildebrandt Schmerzklinik, Universitätsmedizin Göttingen Rückenschmerzen sind ein komplexes Beschwerdebild, bei dem nicht nur viele verschiedene medizinische Ursachen eine Rolle spielen, sondern auch psychologische und soziale. Dieser Kurs soll aus interdisziplinärer Sicht den aktuellen Stand des Wissens darlegen und praxisnah vermitteln, um einen besseren und rationellen Zugang zu den Patienten zu vermitteln, so dass die Teilnehmer danach in der Lage sind, diese in ihrem Berufsfalltag umzusetzen. Dieses Praxis-Seminar hatte bei den letzten beiden Schmerzkongressen jeweils ca. 80 Interessenten. Es wurde jeweils am Mittwoch, dem ersten Kongresstag von 10-16:00 durchgeführt. Überblick über das Problem Prof. Dr. Jan Hildebrandt, Göttingen (Vorsitz) Körperliche Untersuchung Dr. Joachim Strube, Göttingen Diagnostische Radiologie Dr. Werner Pennekamp, Bochum Diagnostische und therapeutische Nervenblockaden Prof. Dr. Jan Hildebrandt, Göttingen Medikamentöse Verfahren N.N. Physio-, Trainings- und Ergotherapie Frau Dagmar Seeger, Göttingen Psychologische Diagnostik, Multimodale Verfahren Prof. Dr. M. Pfingsten, Göttingen PS2 Biofeedback bei Kopfschmerzen P. Kropp¹, S. Darabaneanu² ¹Institut für Medizinische Psychologie, Rostock; ²Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie im Zentrum für Nervenheilkunde, Medizinische Fakultät der Universität Rostock Neben Entspannungsverfahren, operanten und kognitiv-verhaltens therapeutischen Behandlungsansätzen hat sich in den letzten Jahren zunehmend die Biofeedback-Therapie zur Behandlung chronischer Schmerzzustände und funktioneller Störungen etabliert. Das Grund Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts prinzip dieser Behandlung ist einfach: Grundsätzlich können alle auto nom oder zentral ablaufenden Körperfunktionen über Biofeedback wil lentlich beeinflusst werden. Sie müssen nur bewusst wahrgenommen werden. Dadurch lassen sich diese Funktionen steuern und so in die gewünschte Richtung verändern. Dies gilt in besonderem Maße auch für die bei Schmerzzuständen beteiligten physiologischen Prozesse. Im Praktikerseminar werden die Grundlagen der Biofeedbacktherapie vorgestellt und es folgen einige Fallbeispiele bei der Anwendung im Bereich chronischer Schmerzzustände. Abgerundet wird das Seminar mit praktischen Übungen der Teilnehmer an verschiedenen Biofeedback geräten. PS3 Physiotherapie Behandlungsstrategien J. Dries¹, K. Niemier² ¹Physiotherapie, DRK Schmerz-Zentrum Mainz; ²Sana Kliniken Sommerfeld, Kremmen/Sommerfeld Die Zahl von physiotherapeutischen und anderen funktionellen Behand lungsverfahren ist extrem groß und unübersichtlich. Der einzelne Schmerzpatient stellt somit in jeder physiotherapeutischen Praxis eine Herausforderung in Bezug auf die „richtige“ Auswahl des Be handlungsverfahrens dar. Im Rahmen einer Behandlungsserie soll ihn der Therapeut möglichst umfassend therapieren. Dazu muss er, neben der somatischen Diagnose, jedoch wissen mit welcher Persönlichkeitsstruktur er es zu tun hat. Handelt es sich um einen Patienten mit Fear avoidance? Ist er eher in die Kategorie des Überforderers einzuordnen? Ist der Patient für die Therapie mit Hands on geeignet oder sollte Hands off gearbeitet werden? Wenn der Therapeut eine Zuordnung treffen kann, welche Behandlungstechniken, bzw. vielmehr welche Behandlungsstrategien sollten dann sinnvoller Weise eingesetzt werden? In diesem Praktikerseminar werden befundabhängige Behandlungs strategien besprochen und diskutiert. Fallbeispiele mit Lösungsansätzen dienen als Basis für die Diskussion. PS4 Organisation der Akutschmerztherapie – So erstelle ich ein Konzept für mein eigenes Krankenhaus A. Wiebalck Universitätsklinik für Anaesthesiologie, Intensiv-, Palliativ- und Schmerzmedizin, BG-Kliniken Bergmannsheil, Bochum Akutschmerztherapie ist eine ethische, medizinische und rechtliche Notwendigkeit. Aus vielen Studien ist bekannt, dass eine gute Schmerz therapie insbesondere bei großen Eingriffen Vorteile bringt: die Patienten erholen sich rascher, der Krankenhausaufenthalt wird verkürzt, und die Behandlungskosten gesenkt. Der Patient hat ein Anrecht auf eine adäquate Schmerzbehandlung. Die Akutschmerztherapie stellt also einen wichtigen Bestandteil der Behandlung dar. Und nur dasjenige Krankenhaus kann sich im Zeitalter der DRGs gut positionieren, das die aktuellen Konzepte zur Akutschmerztherapie kennt und optimal um setzt. In diesem Praktikerseminar werden eine Organisationsstruktur vor gestellt und Anleitungen gegeben, wie man im eigenen Krankenhaus eine systematische und effiziente Akutschmerztherapie einführen kann. PS6 Neurologische Basisdiagnostik V. Lindner Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel Vorsitz: Dr. Volker Lindner Einleitung: Als didaktisches Kursziel wird zunächst inhaltlich die Ver mittlung des neurologischen Untersuchungsganges in seinen praktischen
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Aspekten spezifiziert. Ferner wird der Bedeutungsgehalt der erhobenen Befunde speziell für die Erstellung einer multiaxialen Schmerzdiagnose dargelegt. Hauptteil: Darstellung der einzelnen neurologischen Untersuchungs schritte in ihrem praktischen Vollzug mit Beschreibung häufig ent stehender Fehler bei Durchführung und Befundeinschätzung. Erläuterung des Bedeutungsgehaltes erhobener Befunde für den syndro malen Zuordnungsprozess unter besonderer Berücksichtigung neuro logisch-topischer Gesichtspunkte und Beschreibung der Wertigkeit gefundener Störungen schwerpunktmäßig für die diagnostische Ein schätzung algesiologischer Erkrankungsbilder. Schlussteil: Beantwortung von Fragen aus dem Zuhörerkreis, Vertiefung praktischer Einzelaspekte des Untersuchungsganges. PS7 Begutachtung von Schmerzen A. Kopf¹, P. Marx¹, W. Petruschka² ¹Charité-CBF, Berlin; ²Sozialgericht Mannheim Von der Begutachtung von Schmerzen im engeren Sinne ist zu sprechen, wenn chronifizierte, nicht monokausal erklärbare Schmerzen im Vor dergrund der geklagten Beschwerden stehen, und die Einschätzung der Diagnose, der hierdurch bedingten Funktionsbeeinträchtigungen sowie der prognostischen Bewertung umfassende und vielschichtige differenzialdiagnostische Erwägungen unter Berücksichtigung einer eingehenden sowohl somatischen als auch psychopathologischen Befunderhebung erfordert. Die Begutachtung von Schmerzen ist in der Regel eine primär ärztliche Aufgabe, da bei deren diagnostischer Einschätzung sowohl körperliche als auch psychische Ursachen differenziert werden müssen. Psychologen und psychologische Psychotherapeuten können ggf. im Rahmen der psychiatrischen oder psychosomatischen Begutachtung nach Klärung mit dem Auftraggeber aufgrund ihrer speziellen Kom petenz mit der Erstellung eines weiteren bzw. ergänzenden Gutachtens beauftragt werden. Die Begutachtung chronischer Schmerzen ist eine interdisziplinäre Aufgabe und erfordert Kompetenz sowohl zur Beurteilung körperlicher als auch psychischer Störungen. An erster Stelle soll durch geeignete Gutachter der Anteil durch Schädigungen des Nervensystems und anderer Gewebearten erklärbarer Schmerzen beurteilt werden. Diese Gutachter sollen über Grundkenntnisse psychisch verursachter Schmerzen im Sinne der psychosomatischen Grundversorgung verfügen und aufgrund dieser Kenntnis Aussagen machen, ob Anhaltspunkte für eine psychische Komorbidität vorliegen. Bildgebende oder neurophysiologische Verfahren sind bislang nicht geeignet, das Ausmaß von Schmerzen darzustellen, wenngleich sie für den Nachweis von Gewebeschädigungen unverzichtbar sind. Dem Nachweis körperlicher und/oder psychischer Beeinträchtigungen im Alltags- und beruflichen Leben kommt daher bei der Begutachtung von Schmerzen überragende Bedeutung zu. Apparativ gewonnene Zufallsbefunde ohne Relevanz für die beklagten Schmerzen sollen als nicht Schmerz erklärend benannt werden. Das Praktikerseminar soll dem Interessierten Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen übersichtsartig vermitteln. Thema: Praktische Hinweise zur Gutachtenerstellung Dr. Andreas Kopf (Vorsitz) Klinik für Anaesthesiologie und operative Intensivmedizin Charité-CBF, Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin Thema: Leitlinienerstellung für die Begutachtung von Schmerzen Prof. Dr. Peter Marx Prof. em., Klinik für Neurologie, Charité-CBF, Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin Thema: Begutachtung von Schmerzen aus sozialgerichtlicher Sicht Wolfgang Petruschka, Richter Vizepräsident, Sozialgericht Mannheim
P 6, 20-21 (Planken), 68161 Mannheim PS13 Sekundäre Kopfschmerzen: Diagnostisches Vorgehen, Differentialdiagnosen und Therapie Chr. Schankin, A. Straube Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität München Großhadern, München In der täglichen Praxis gibt es immer wieder Fälle, bei denen sich ein Kopfschmerzsyndrom nicht als klassischer primärer Kopfschmerz prä sentiert. Handelt es sich bei dem chronischen Kopfschmerz wirklich um einen Spannungskopfschmerz, oder liegt ihm nicht doch eine möglicherweise bedrohliche Erkrankung zugrunde? Wann liegt ein Notfall vor? Welche diagnostischen Möglichkeiten gibt es neben der Routinebildgebung und wie setzt man sie sinnvoll ein? Wie geht man konkret bei der Therapie des Analgetika-induzierten Kopfschmerzes vor? Wie bei der idiopathischen intrakraniellen Hypertension? Eingeleitet durch einprägsame, z.T. videounterstützte Fälle soll in dem Seminar eine algorithmische Vorgehensweise für die typischen Probleme und Therapiekonstellationen in der täglichen Praxis vermittelt werden. PS10 Therapie neuropathischer Schmerzen– an Fällen verdeutlicht! S. Rehm¹, A. Berthele² ¹Sektion für Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Kiel; ²Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Inhalt: Die Therapie neuropathischer Schmerzen gilt bis heute als eine der größten Herausforderungen für Arzt und Patienten. Auch wenn in den letzten Jahren viele grundlegende Fragen durch intensive Forschung geklärt werden konnten, ist es bis heute noch in vielen Fällen schwierig, den einzelnen Patienten zufriedenstellend zu behandeln. Dieses Seminar soll exemplarische Therapiepläne für einige häufige neuropathische Schmerzsyndrome liefern, um eine mögliche Vorgehens weise praxisnah bereitzustellen. Darüber hinaus werden Fälle aus der Praxis präsentiert und daran verschiedene therapeutische Optionen und mögliche Komplikationen aufgezeigt. Es besteht auch die Möglichkeit, eigene Fälle vorzustellen und zu diskutieren. PS9 Schmerzdiagnostik mit Skalen und Fragebögen P. Nilges DRK Schmerz-Zentrum, Mainz Zur Anwendung von Fragebögen und Skalen in der Schmerzdiagnostik bemerkt Williams: „Die Verwendung zuverlässiger, valider und sinnvoller Verfahren ist keineswegs schwieriger als die Anwendung uninterpretierbarer oder ungeeigneter Methoden“ (Williams 1995, S. 55). Die Erfassung von Schmerzmerkmalen wie Intensität, Dauer, Maximum, Minimum und Qualität ist inzwischen weitgehend diagnostischer Standard. Die verwendeten Skalenformen, -formate und Instruktionen variieren dagegen noch immer erheblich. Themen des Praktikerseminars sind Grundlagen, Auswahl und Anwendung der Verfahren im klinischen Alltag. Kriterien für „gute“ und „schlechte“ Verfahren werden diskutiert. Besprochen und praxisnah vermittelt werden die derzeit üblicherweise verwendeten – Verfahren zur Schmerzmessung (VAS, NRS, Schmerztagebücher, Fragebögen zur Schmerzqualität) – Verfahren zur Bestimmung der Chronifizierung (MPSS, Graduierung nach von Korrff) sowie – bereichsspezifische Instrumente zur Erfassung psychischer
Belastungen (depressive Symptome und Angst). Die Auswertung und Interpretation werden praxisgerecht erarbeitet. Dabei werden häufige Fehlerquellen, Probleme (z.B. Auswertung bei fehlenden Werten) und Entscheidungen für oder gegen bestimmte Formate sowie die Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen beim Einsatz von Fragebögen bei Patienten mit körperlichen Beschwerden erläutert. Besonderen Stellenwert hat in diesem Praktikerseminar das Gespräch mit Patienten: Bei der Einführung der Verfahren, der Beantwortung von Fragen und Zweifeln und bei der Vermittlung der Ergebnisse. PS11 Tanzen statt kämpfen – motivierende Gesprächsführung bei chronischen Schmerzpatienten C. Derra Klinik Taubertal, RehaZentrum Bad Mergentheim Vorsitz: Claus Derra (Bad Mergentheim), Benno Eberhardt (Frankfurt) Motivierende Gesprächsführung – Prinzipien und praktische Anwendung Benno Eberhardt (Frankfurt) Motivierende Gesprächführung – Prinzipien und praktische Anwendung Claus Derra (Bad Mergentheim) Motivierende Gesprächsführung (MG) ist ein Beratungskonzept, das Patienten helfen kann, problematisches Verhalten zu verändern. Ur sprünglich wurde das Konzept für Menschen mit Suchtproblemen ent wickelt (Miller und Rollnick 2004). Der Schmerztherapeut ist bei seinen Patienten im Therapieverlauf oft mit hohem Leidensdruck bei gleichzeitig geringer Motivation und passiver Versorgungserwartung konfrontiert. Unsere Reaktion führt beim Patienten häufig zu Missverständnissen und Auseinandersetzungen mit der Folge von verstärktem Widerstand, denn Schmerzpatienten haben eine feine Wahrnehmung für Kränkungen. Motivierende Gesprächsführung greift daher insbesondere Misstrauen und Widerstand in akzeptierender Weise auf, versucht Ressourcen zu erfassen und die Autonomie des Patienten zu stärken. Ziele werden vereinbart und ein Veränderungsplan festgelegt, Optionen werden erarbeitet, wie die Ziele erreicht werden können. MG eignet sich besonders gut für eine Betreuung von Patienten im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung. An Kasuistiken wird der Unterschied zwischen der konventionellen Ärztlichen Gesprächsführung und der MG diskutiert. Insbesondere sollen Ideen für das konkrete Vorgehen bei „schwierigen“ Schmerzpatienten erarbeitet werden. Literatur Miller WR, Rollnick S. Motivierende Gesprächsführung. Lambertus-Verlag Freiburg 2004
PS19 Kopfschmerzen und Halswirbelsäule - Pathophysiologie und Therapiemanagement M. Marziniak¹, M. Schilgen² ¹Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster; ²Akademie für Manuelle Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Die differentialdiagnostische Abgrenzung des zervikogenen Kopf schmerzes vom Kopfschmerz vom Spannungstyp bereitet häufig Schwierigkeiten. Patienten mit diesen Erkrankungen haben durch die meist täglich bestehenden Kopfschmerzen einen hohen Leidensdruck. Auch die Therapie dieser beiden Kopfschmerzentitäten gestaltet sich häufig schwierig. Kopfschmerzen, die ursächlich mit myofaszialen Tenderpunkten assoziiert sind, werden nach der 2. Internationalen Klassifikation von Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Kopfschmerzerkrankungen (IHS) als Kopfschmerz vom Spannungstyp assoziiert mit perikranialer Schmerzempfindlichkeit klassifiziert. Zu sätzlich ist die Häufigkeit des Auftretens: sporadisch (<12 Tage/Jahr), häufig auftretend (1–14 Tage/Monat) und chronisch (> 15 Tage/Monat) anzugeben. Der zervikogene Kopfschmerz ist nach den IHS Kriterien ein Schmerz, der von einem zervikalen Ursprung in einen oder mehrere Bereiche des Kopfes und/oder Gesichtes projiziert wird. Der klinische, laborchemische oder radiologische Nachweis einer Störung oder Läsion der Halswirbelsäule ist zu fordern und die nachfolgenden Kriterien müssen u.a. erfüllt sein: Nachweis klinischer Zeichen, die eine zervikale Schmerzquelle nahe legen oder Beseitigung des Kopfschmerzes nach diagnostischer Blockade einer zervikalen Struktur bzw. des versorgenden Nervens unter Verwendung einer Plazebokontrolle. Weiterhin werden die diagnostischen Kriterien der Cervikogenic Headache International Study Group (CHISG) vorgestellt und ihre Verwendbarkeit im klinischen Alltag diskutiert. In der Mehrzahl sind Bildgebende Verfahren aufgrund einer Vielzahl von unspezifischen Befunden nicht weiterführend, Nervenblockaden oder neurophysiologische Untersuchungen können in einigen Fällen zu einer Diagnosesicherung beitragen. Untersuchungen von biochemischen Markern, wie z.B. dem Calcitonin gene-related peptide, haben bisher keinen Hinweis auf eine relevante pathophysiologische Bedeutung ergeben. Beim zervikogenen Kopfschmerz scheint Manuelle Therapie in Kom bination mit Bewegung bzw. Training besonders wirksam zu sein, operative Verfahren spielen keine Rolle, und Placebo kontrollierte Studien zur medikamentösen Therapie fehlen. PS26 Praktische Tumorschmerztherapie S. Wirz¹, M. Schenk², H.-Chr. Wartenberg³ ¹Abteilung für Anästhesie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, CURA-Krankenhaus, Bad Honnef; ²Anästhesie, Schmerztherapie, Palliativmedizin, Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin; ³Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Unikliniken Bonn Oftmals scheitert eine an sich erfolgreiche Tumorschmerztherapie gemäß dem WHO-Stufenschema an Anwendungsbeschränkungen, Nebenwirkungen oder psychosozialen Komplikationen. Dieses inter aktive Seminar soll an Hand von Falldarstellungen Lösungen für diese Probleme erarbeiten. Michael Schenk (Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Anästhesie, Schmerztherapie, Palliativmedizin) „Psychosoziale Aspekte bei Tumorschmerzen – ein Beispiel aus der Praxis“ Stefan Wirz (CURA-Krankenhaus, Abteilung für Anästhesie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, Bad Honnef) „Fallbeispiel Abbruch einer effektiven Tumorschmerztherapie wegen Nebenwirkungen“
PS26.3 Behandeln oder nicht? Ethische Fragestellungen in Extremsituationen Hans-Christian Wartenberg Unikliniken Bonn, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Bonn Reaktionen von Tumorschmerzpatienten auf unsere gut gemeinte Therapie sind für uns häufig nur allzu unverständlich. Jeder Palliativmediziner hat vergleichbare Situationen bereits erlebt. Patienten lehnen unser Angebot einer Therapie ohne Gesprächsbereitschaft ab. Verordnete Opioide werden trotz stärkster Schmerzen oder dem Auftreten von Entzugssymptomen nicht wie verordnet genommen. Opioide werden nur bei stärksten Schmerzen genommen und nicht wie verordnet „by the ladder, by the clock, by the mouth“ (Twycross). Tumorschmerzpatienten werden von uns häufig als „schwierig“, „unvernünftig“ oder „undankbar“ empfunden, wenn sie von uns nicht behandelt werden wollen. Diese und eine Vielzahl von Reaktionen werden nur zu verständlich, wenn man die Extremsituation in Betracht zieht, in der sich Tumorpatienten befinden. Tumorpatienten befinden sich immer in einer besonderen Situation und der nähergerückte Tod muss immer als Extremsituation angesehen werden. Tumorschmerzen treten unter der alles bestimmenden neuen Wirklichkeit des nahen Todes ganz in den Hintergrund. William Faulkner (1897–1962) hat das beispielhaft ausgedrückt: „Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, dann wähle ich den Schmerz“. Trotzdem sind Schmerztherapeuten fest davon überzeugt, dass erst eine effiziente Schmerztherapie es dem Patienten ermöglicht, sich mit seiner Lebenssituation auseinanderzusetzen – leidensfrei und mit einer möglichst hohen Lebensqualität. In den Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbe begleitung (2004) heißt es: „Die Aufgabe des Arztes ist es, unter Beachtung des Selbstbestimmungs rechts des Patienten Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wieder herzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen.“ Die ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung ist daher kein be dingungsloses Diktum und das Lindern von Leiden, das die Tumor schmerztherapie ja wesentlich ist, wird als ethisch gleichrangiges Gut gewertet. Dies Einstellung, dass die Erhaltung des Lebens nicht unum stritten immer oberste Gut ist, hat sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr durchgesetzt. In der letzten Zeit ist allerdings ein weitere Aspekt in den Vordergrund gerückt – das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Die Debatten und schließlich die Beschlüsse des Deutschen Bundestags zu Patienten verfügungen und ihrer Rechtsgültigkeit unterstreichen das auf dra matische Weise. Nun ist dieses Selbstbestimmungsrecht des Patienten bereits in den Verlautbarungen der Deutschen Ärzteschaft enthalten und Palliativmediziner haben immer schon die weitestgehende Erhaltung der Autonomie des Patienten in allen therapeutischen Maßnahmen gefordert. Die aktuelle Debatte sollte aber auch für uns Schmerztherapeuten Anlass sein, die ethischen Aspekte einer patientenorientierten Tumor schmerztherapie zu bedenken. In dem Praktikerseminar werden zwei Fallbeispiele vorgestellt und diskutiert, an denen dieses therapeutische Problem des „Behandelns oder nicht?“ exemplarisch deutlich wird. Dabei werden medizinische, ethische und rechtliche Aspekte, vor allem auch unter der Wirkung der zu erwarteten neuen Rechtssprechung beleuchtet. PS23 Differentialdiagnostik des Schulter-Nackenschmerzes H.-R. Casser¹, M. Graf², S. Seddigh¹ ¹DRK Schmerz-Zentrum Mainz; ²Praxis Dr. Graf, Trier Schulter-Nacken-Schmerzen stellen eine differentialdiagnostische Her ausforderung dar.
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Spezielle Erkrankung der Schultergelenkes wie das SubacromialSyndrom als Ausdruck einer Bursitis subacromialis, einer Rota torenmanschetten- oder Bizepssehnenruptur oder einer Tendinosis calcarea, aber auch Beschwerden aufgrund einer Omarthrose oder einer rheumatischen Synovitis des scapulothorakalen Gelenkes bis hin zur Acromioclavikulargelenksarthrose lösen chrarakteristische Beschwerden bzw. Funktionsstörungen auf, die in erster Linie durch die klinische Untersuchung zu differenzieren sind. Davon abzugrenzen sind die neuralgische Schulteramyotrophie, die Capsulitis adhaesiva („Frozen Shoulder“), Radikulopathien der unteren Halswirbelsäule (C5–8) und das Quadrantensyndrom als Ausdruck einer vegetativen Schmerzsymptomatik bis hin zu myofasciellen Schmerzsyndromen der Schulter- Nackenmuskulatur mit Triggerpunkten vorzugsweise im Trapezius, Sternocleidomastoideus oder den Scaleni, die ebenfalls eine Domäne der klinischen Untersuchung, orthopädisch-manualdiagnostisch sowie neurologisch-elektrophysiologisch, sind. Schulterschmerzen als Leitsymptom neurologischer Erkrankung kön nen aufgrund von Paresen der Schultermuskulatur entstehen, die zur Desintegration der Schulter-Nacken-Arm-Region führen. Die Läsion nozizeptiver Fasern dagegen kann ein neuropathisches Schmerzsyndrom auslösen. Häufig liegen nozizeptive und neuropathische Schmerz komponenten gemeinsam vor. Ein weiteren Aspekt stellen sympathisch unterhaltende Schmerzen dar. Unter Einbeziehung orthopädischer, manualdiagnostischer, neuro logischer und schmerztherapeutischer Kompetenz soll ein praxis orientiertes Konzept aufgezeigt werden, relevante anamnestische und klinische Zeichen einschließlich bildgebender Befunde zu erkennen, kompetent zu interpretieren und für das therapeutische Vorgehen entsprechend zu verwerten. PS12 Diagnostik und Therapie neuropathischer Schmerzen K. Arning, R. Maag Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Im Rahmen des Seminars werden die einzelnen neurologischen Unter suchungsschritte in der Diagnostik neuropathischer Schmerzen dargestellt. Insbesondere wird auf die Bedeutung der erhobenen Befunde im Hinblick auf die zugrunde liegende Pathophysiologie eingegangen. Hierzu wird die Bedeutung und Wertigkeit der quantitativen sensorischen Testung (QST) dargestellt und diskutiert. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die in der Routinediagnostik verwandten elektrophysiologischen Verfahren sowie die elektrophysiologische Diagnostik von Nervenengpasssyndromen gelegt. Abschließend wird auf die Evidenz-basierten Therapieoptionen neuropathischer Schmerzen eingegangen. PS16 Analgetika-induzierte Kopfschmerzen: Diagnostik und Therapie S. Förderreuther Neurologische Klinik und Poliklinik der Universität München, Konsiliardienst am Standort Innenstadt, München Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Kopfschmerz-Akutmedi kation treten praktisch ausschließlich auf dem Boden einer primären Kopfschmerzerkrankungauf.SiegehörenzudensekundärenKopfschmerz syndromen. Kopfschmerzen bei Medikamentenübergebrauch sind chronisch und treten an mindestens 15 Tagen im Monat auf. Meist lässt sich die Einnahme von Analgetika oder Ergotamin-Präparaten an 15 Tagen oder mehr monatlich für mindestens drei Monate erfragen. Unter Einnahme von Triptanen kann es schon bei Einnahme an mehr als zehn Tagen pro Monat zu chronischen Kopfschmerzen kommen. DiemeistenPatientenmitKopfschmerzenbeiMedikamentenübergebrauch sind primär an einer Migräne erkrankt, gefolgt von Patienten mit Spannungskopfschmerzen und Patienten mit anderen primären Kopf
schmerzerkrankungen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Kopf schmerzen bei Medikamentenübergebrauch entwickeln sich oft erst, wenn die primäre Kopfschmerzerkrankung über viele Jahre besteht. Werden einfache Analgetika, nicht steroidale Antirheumatika oder ErgotaminPräparate missbraucht, so entwickelt sich meist ein Kopfschmerz, der die Charakteristika eines Spannungskopfschmerzes trägt. Bei Übergebrauch von Triptanen entwickelt sich eher ein migräneähnlicher täglicher Kopf schmerz bzw. eine erhebliche Zunahme der Migräneattackenfrequenz. In spezialisierten Kopfschmerzambulanzen liegt der Anteil von Patienten mit Kopfschmerzen bei Medikamentenübergebrauch bei bis zu 60 %. Risikofaktoren für die Entwicklung von Kopfschmerzen bei Medika mentenübergebrauch sind Missbrauch auch anderer Medikamente, niedriger sozioökonomischer Status, psychologische Faktoren und das Auftreten von Entzugskopfschmerzen beim Versuch den AnalgetikaKonsum einzugrenzen. Die Pathophysiologie des Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerzes ist noch nicht verstanden. Tierexperimentellen Untersuchungen haben gezeigt, dass es möglicherweise zu einer veränderten Expression des 5-HTRezeptors und einer Abnahme der 5-HT-Synthese im Hirnstamm kommt. Auch mehren sich die Hinweise, dass eine zentrale Sensibilisierung für die Entwicklung chronischer Kopfschmerzen ursächlich sein könnte. Therapeutisch muss eine ambulante oder stationäre Entzugsbehandlung durchgeführt werden. Das abrupte Absetzen der missbrauchten Medika mente führt bei Migränepatienten schneller zu einer Abnahme der Attackenfrequenz als bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen und Patienten mit Kombinationskopfschmerzen. Bei Übergebrauch von Mischpräparaten, die Benzodiazepine oder Barbiturate enthalten, darf nicht abrupt entzogen werden, da sonst schwerwiegende Entzugs symptome (Krampfanfälle) auftreten können. Der Verlauf einer Ent zugsbehandlung wird auch davon bestimmt, welche Substanzklasse missbraucht wurde. Triptan-induzierte Kopfschmerzen bilden sich rascher zurück als Kopfschmerzen auf dem Boden eines Übergebrauchs von einfachen Analgetika oder nicht-steroidalen Antirheumatika. Ab setzphänomene treten typischerweise innerhalb von zwei bis zehn Tagen auf in Form von Entzugskopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, niedrigem Blutdruck, Tachykardien, Schlafstörungen, Unruhe, Angst und vermehrter Nervosität. Parallel zur Entzugstherapie sollte bereits eine auf die ursprünglich zugrunde liegende primäre Kopfschmerzerkrankung zugeschnittene Prophylaxe eingeleitet werden. Der Erfolg der Entzugsbehandlung wird auch durch eine gute Schulung und Aufklärung des Patienten verbessert. Rückfälle treten meist innerhalb des ersten Jahres bei ca. 30 – 40 % der Patienten auf. Ein anhaltender Erfolg einer Entzugstherapie kann in der Regel nur durch enge Bindung des Patienten an eine spezialisierte Kopfschmerzambulanz mit entsprechender Schulung und engmaschiger Weiterbetreuung erreicht werden. PS15 Quantitativ Sensorische Testung bei „Problempatienten“ – Tipps, Tricks und Typische Fallstricke A. Scherens, S. Klauenberg Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum Vorsitzende: Andrea Scherens (Bergmannsheil Bochum) Co-Chair: Sabrina Klauenberg (Bergmannsheil Bochum) Die Quantitativ Sensorische Testung (QST) ist ein zunehmend in Schmerz zentren eingesetztes diagnostisches Verfahren. Die Durchführung wie die Befundinterpretation sind jedoch bei Patienten mit ausgeprägter oder diffuser Schmerzhaftigkeit sowie bei Allodynie oder Hyperalgesie und gravierender psychischer Komorbidität und/oder erheblichen Ziel konflikten (Gutachten) erschwert. Auch Ärzte, die nicht selbst QST durchführen, müssen die Aussagen und deren Grenzen bei derartigen Patienten interpretieren lernen. Zunächst wird praxisnah dargestellt, mit welchen Strategien man die Kohärenz und die Validität der Messung verbessern kann und welche Modifikationen des DFNS-Protokolls in Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts einzelnen Fällen in Abhängigkeit von der Indikationsstellung möglich sind. Bereits bei der Messung sollten Inkonsistenzen als Problem erkannt werden, in vielen Fällen sind Wiederholungsuntersuchungen notwendig. QST wird aber auch zunehmend für Gutachten eingesetzt (z.B. zum Nachweis von Nervenschädigungen). Die hieraus resultierenden Probleme hinsichtlich der Validität von QST sind bislang aber erst wenig bekannt. Anhand typischer Beispiele wird die Abgrenzbarkeit von neuropathischen Schmerzen von somatoformen Störungen und auch das Problem der Aggravation anschaulich demonstriert, darüber hinaus werden die Teilnehmer generell in der Befundung und Interpretation von QST-Profilen geschult. Refererentinnen: Scherens /Klauenberg PS8 Psychiatrische Erkrankungen und Schmerz, Klinische Basisdiagnostik V. Lindner Klinik für Neurologie, Universtiätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel Die Erfahrung einer Komorbidität zwischen seelischen Störungsmustern und Schmerzerkrankungen ist im medizinischen Betreuungsbereich allgemein weit verbreitet und erstreckt sich auf nahezu sämtliche Fach richtungen. In dem zu o.g. Thema vorbereiteten Seminar soll daher dieser Themen komplex sowohl aus schmerztherapeutischer als auch psychiatrischer Sicht beleuchtet werden. Vorsitz: Dr. Volker Lindner Einleitung: Orientierende Erläuterung der Erlebnisprozesse zur Schmerz entstehung und -verarbeitung in ihrer Beziehung zu psychiatrischen Er krankungsbildern. Hauptteil: Darstellung der Beurteilungskriterien für eine psychiatrische Statusevaluation und der hieraus erkennbar werdenden Charakteristika zu den Integrationsabläufen der Schmerzwahrnehmung in die Erlebnisund Handlungsstrukturen der jeweiligen Patienten. Beleuchtung der Begegnungssituation zwischen Arzt/Psychologe und Patient als Ausgangspunkt für eine Erhellung des seelischen Belastungs spektrums bei den Betroffenen. Schlussteil: Ausführliche Vertiefung praktischer Einzelaspekte an Hand von Beispielen PS5 Entspannungsverfahren bei chronischem Schmerz A. Diezemann DRK-Schmerz-Zentrum Main, Tagesklinik für interdisziplinäre Schmerztherapie, Mainz Entspannungsverfahren spielen eine wichtige Rolle in der Schmerztherapie. In dem Seminar sollen verschiedene Formen der Entspannung (Progres sive Muskelentspannung, Imaginationen, Atementspannung) vorgestellt und praktisch durchgeführt werden. Darüber hinaus wird thematisiert, wie man dem Patienten die Bedeutung der Entspannung im Rahmen der Schmerztherapie vermitteln kann und welche Strategien es im Umgang mit Motivationsproblemen gibt. Schwierigkeiten, wie Unruhe oder Schmerzverstärkung, die beim Training auftreten können und der Transfer in den Alltag sollen anhand von praktischen Beispielen besprochen werden. Das Seminar bietet die Möglichkeit, Fragen und Probleme aus der Praxis zu diskutieren.
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PS24 Physiotherapie – Grundlagen für befundgerechte Verordnung W. Seidel¹, K. Niemier² ¹Sana Kliniken Sommerfeld, Klinik für Manuelle Medizin, Fachkrankenhaus für nichtoperative Orthopädie und Schmerzmedizin, Kremmen; ²Kremmen Physiotherapie ist neben der Medikation die am häufigsten in der Be handlung chronischer Schmerzerkrankungen des Bewegungssystems eingesetzte Therapieform. Die Datenlage ist ebenso wie die Vielfalt der Therapiemöglichkeiten nicht übersichtlich und erschwert den effektiven und gezielten Einsatz. In dem Praktikerseminar wird Grundlegendes zur Verschreibung von Physiotherapie und weiteren funktionellen Be handlungsverfahren im Rahmen der Schmerztherapie vermittelt und diskutiert. Schwerpunkte sind Physiotherapie, z.B. Hydrotherapie und Massagen, Manuelle Medizin und Krankengymnastik bis hin zu trainings therapeutisch aktivierenden Verfahren. In dem Seminar wird auf die klinische Befunderhebung von muskuloskeletalen Funktionsstörungen, Gewebsbefunden und vegetativen Störungen sowie deren Wertung und Relevanz für eine gezielte Anwendung von Physiotherapie orientiert. PS18 Behandlung myofaszialer Triggerpunkte D. Irnich Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität München, Innenstadt, München Myofasziale Schmerzen treten mit einer Prävalenz von bis zu 85% bei akuten und chronischen Beschwerden des Bewegungssystems auf. Damit stellt die Behandlung primärer oder sekundär bedingter myo faszialer Triggerpunkte eine wichtige Behandlungssäule in der Akut schmerztherapie und im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte für Patienten mit chronischen Schmerzen am Bewegungssystem dar. Dabei haben Studien gezeigt, dass es für den Erfolg der Behandlung wesentlich ist, relevante Triggerpunkte mittels funktionell-anatomischer Untersuchung exakt zu identifizieren. Für deren effektive Behandlung stehen verschiedene Techniken zur Ver fügung. Dazu gehören die Injektion von Lokalanästhetika, die trockene Nadelung (Dry Needling), verschiedene manuelle Techniken, physikalische Verfahren sowie die unterstützende Anwendung medikamentöser Thera pie und die Vermittlung effizienter Dehntechniken und unterstützender Maßnahmen. In diesem Workshop wird die Technik der Lokalisation der wichtigsten Triggerpunkte an HWS, Schulter/Arm, Hüfte und Wirbelsäule eingeübt und deren umfassende Behandlung dargestellt. PS21 Der „schwierige“ Schmerzpatient: Lösungsansätze im interdisziplinären Team H.-R. Casser, T. Müller, S. Seddigh, J. Dries DRK Schmerz-Zentrum Mainz Es gibt immer wieder Schmerzpatienten, die von einem interdisziplinär arbeitenden Team übereinstimmend als „schwierig“ bezeichnet werden. Einerseits wirken sie demotiviert (‚Widerstände‘) und scheinen sich einer auf Eigenaktivität ausgerichteten Schmerztherapie zu verweigern, andererseits können sie die interaktiven Ressourcen des Teams erheblich belasten. Diesen Schwierigkeiten können verschiedene Faktoren zugrunde liegen. Dies können Zielkonflikte (z.B. laufendes Berentungsverfahren) oder Multimorbidität sein, weiterhin extreme Persönlichkeitsakzentuieru ng oder im Extremfall Persönlichkeitsstörungen sowie Verhaltensweisen (‚Agieren‘, Inaktivität oder Vermeidungsverhalten etc.), die hieraus oder aus anderen psychischen Störungen, z.B. Angsterkrankungen oder depressiven Störungen resultieren. Ein Lösungsansatz für dieses Dilemma
kann sein, die Motive des Patienten zu verstehen und das eigene Inter aktionsverhalten komplementär zu gestalten. Anhand von Fallbeispielen sollen die Faktoren, die einen Schmerzpatienten als schwierig erscheinen lassen, dargestellt werden; weiterhin wird ein interdisziplinäres Team Lösungsansätze aus dem Klinikalltag darstellen und diskutieren. Hans-Raimund Casser(Vorsitz) (DRK Schmerz-Zentrum Mainz) Susann Seddigh (DRK Schmerz-Zentrum Mainz) „Was verstehen wir unter einem schwierigen Patienten?“ PS21.2 Psychische Komorbidität – Konsequenzen für die Therapie Thomas Müller DRK Schmerz-Zentrum Mainz Ein Schmerzpatient wird in der täglichen Praxis von einem interdis ziplinär arbeitendem Team dann als schwierig erlebt, wenn Vorstellungen über die Durchführung der Therapie konfligieren. Die Behandlung verläuft in diesem Fall für das Behandlungsteam (und den Patienten) oftmals frustran und führt zu negativen Emotionen – die dann auch dem Patienten gegenüber empfunden und/oder gezeigt werden – da Hilfsangebote nicht so wie erwartet angenommen werden und so einem Behandlungskonzept, das auf einer aktiven Mitarbeit des Patienten ausgerichtet ist, Grenzen aufgezeigt werden. Häufig wird der Patient dementsprechend als nicht motiviert oder widerständig wahrgenommen. Grundlegend hierfür können verschiedene psychische Komorbiditäten oder Mechanismen sein. So kann beispielsweise Inaktivität aufgrund von depressiven Störungen entstehen oder Angststörungen ein massives Ver meidungsverhalten bedingen, das wiederum einen aktiven Umgang mit der Schmerzerkrankung verunmöglicht. Weiterhin relevant erscheinen ‚Zielkonflikte‘, etwa bei einem parallel zur Behandlung laufenden Berentungsverfahren oder ‚Multimorbidität’, schwierige, teilweise parallel auftretende funktionelle und strukturelle Differentialdiagnosen. Besonders belastend für die interaktiven Ressourcen des Behandlungsteams kön nen ausgeprägte Persönlichkeitsakzentuierungen oder im Extremfall Persönlichkeitsstörungen sein. Aufgrund dieser verschiedenen Fak toren resultiert in der Regel ein gestörter Interaktionsprozess, in dem der Patient in einem bestimmten situativen Kontext (etwa einer Klinik) mit seinen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen und Motiven als ‚schwierig‘ wahrgenommene Verhaltensweisen darbietet und auf Be handler trifft, die wiederum selbst verschiedene Persönlichkeitsanteile und Motive aufweisen und verschiedene Handlungen durchführen, die möglicherweise dann vom Patienten als ‚schwierig‘ erlebt werden. Die psychologischen Mechanismen dieses Prozesses sollen anhand von konkreten Beispielen dargestellt und Lösungsmöglichkeiten dieses Dilemmas aufgezeigt werden, die zuerst ein Verstehen der verschiedenen Aspekte dieses Prozesses als Grundlage haben und auf deren Basis dann eine komplementäre Gestaltung der Interaktion von Behandlerseite re alisiert werden kann. Anhand von Fallbeispielen sollen die Faktoren, die einen Schmerzpatienten als schwierig erscheinen lassen, dargestellt werden; weiterhin werden Vertreter eines interdisziplinären Teams Lösungsansätze aus dem Klinikalltag darstellen und diskutieren. Joachim Dries (DRK Schmerz-Zentrum Mainz) „Aktion, Reaktion und Interaktion: Wie agiert und reagiert der Therapeut?“
PS20 Volunteering: Eine Chance für die Schmerztherapie in Nicht-OECDLändern ? A. Kopf¹, R. Sittl², B. Hünten-Kirsch³ ¹Schmerzzentrum, Charité-Universitätsmedizin Berlin CBF, Berlin; ²Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum Erlangen; ³Ärzte für die Dritte Welt, Frankfurt/Main In den letzten Jahrzehnten haben sich die Kenntnisse über Physiologie und Pathophysiologie von Schmerzen vervielfacht, das Recht auf Schmerztherapie wird inzwischen als selbstverständlich angesehen, und Schmerzspezialisten stehen in wachsender Zahl zur Verfügung, um Patienten auch mit komplexen Schmerzsyndromen adäquat behandeln zu können. Vor allem die westeuropäischen und nordamerikanischen Länder sind bei der Entwicklung, Verbreitung und Anwendung schmerz therapeutischer Erkenntnisse führend. Andere Regionen in der Welt haben diese Entwicklung jedoch vollständig verpasst, beispielsweise ist das subsaharische Afrika nur mit 2 Chapters in der IASP vertreten (Republik Südafrika und Kenia). In Anbetracht der Tatsache, dass insbesondere Tumor- und HIV/AIDS-Patienten in den meisten Entwicklungsländern mindestens mittelfristig keine adäquaten kausalen Therapieangebote erhalten werden, ist es notwendig, zumindest palliative Therapieansätze der Symptomkontrolle zur Verfügung zu stellen. Während über die Notwendigkeit einer verbesserten Schmerztherapie – auch bei Ärzten in Entwicklungsländern – Einigkeit besteht, gibt es bislang nur einige wenige Initiativen, die praktikable Wege aufzeichnen und auch erfolgreich beschreiten konnten, um in ihren Ländern zumindest eine Basisversorgung sicherzustellen. Erfahrungen bei anderen medizinischen Defiziten in Entwicklungsländern haben gezeigt, daß Entwicklungshilfeprogramme häufig keine nach haltige Wirkung entfalten können. Ziel von Hilfsininitiativen sollte daher die Stärkung lokaler medizinischer Institutionen durch Fort bildungsmaßnahmen sein. Dem „externen Fortbilder“ käme dabei die Aufgabe zu, durch Motivation, Beratung und Kenntnisvermittlung den „Gastgeber“ zu unterstützen. In dem Praktikerseminar soll – angeregt durch vorgetragene Beispiele – eine Diskussion über die Wege und Mittel zu einer strukturierten Fortbildung zum Thema Schmerzmanagement in Entwicklungsländern geführt werden. Vortragsthema: Struktur eines Volunteer-Service Dr. Andreas Kopf (Vorsitz) Klinik für Anaesthesiologie, Charité-CBF, Berlin Vortragsthema: Kursstruktur für Entwicklungsländer Dr. Reinhard Sittl Klinik für Anaesthesiologie, Universitätsklinikum, Erlangen Vortragsthema: Realisationsmöglichkeiten unter einfachen Bedingungen Dr. Barbara Hünten-Kirsch Ärzte für die Dritte Welt e.V., Frankfurt/Main PS22 (Schmerz)-Edukation: Zusammenhänge verständlich erklären – aber wie? H.-G. Nobis Orthopädische Psychosomatik/Interdisziplinäre Schmerztherapie, MEDIANKlinikum für Rehabilitation Bad Salzuflen Vorsitz: H.-G. Nobis (Bad Salzuflen) Hintergrund der Thematik: Stellvertretend für so viele wissenschaftliche Bestätigungen zur Bedeutung von Edukation in der multimodalen Schmerztherapie sei auf eine Veröffentlichung der „American Geriatrics Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Society“ (AGS) im Jahr 2002 hingewiesen. So heißt es u.a. in den evidence geprüften Leitlinien („General Principles“):„Patient education programs are integral components of the management of persistent pain syndromes“. „The importance of patient education cannot be over emphasized“ (JAGS,50,2002). Die Autorinnen Kröner-Herwig/Frettlöh (2004) geben der Edukation den 1. von 16 formulierten Zielbereichen einer psychologischen Schmerz therapie. Inzwischen sind eine Reihe von standatisierten „(Schmerz)-EdukationsProgramme“ veröffentlicht (u.a. Pfingsten, Basler, Kröner-Herwig, Egle) die bei näherer Betrachtung und je nach therapeutischer Fachrichtung unterschiedliche Aspekte einer Edukation hervorheben und in wissen schaftlichen Studien positive Behandlungseffekte erzielten. Auch deshalb wird, in einem multimodalen Behandlungskonzept, der Schmerzedukation eine Schlüsselrolle zugestanden. Das Begreifbarmachen des „Leib-Seele-Zusammenhangs“ („bio-psychosoziales Schmerzverständnis“) kann auch an einer „pädagogisch“ unzu reichenden Vermittlung scheitern. Die „Identifikation“ des Patienten mit dem „bio-psycho-soziale Schmerz“ schafft erst die Basis für eine schmerz psychologische Akzeptanz. Lernziele: Den Schmerz und besonders den chronische Schmerz als bio-psycho-soziales Phänomen für den Patienten „begreifbar“ machen. Zusammenhänge „auf Höhe des Patienten“ erklären zu können heißt, Schmerzedukation auch als eine „pädagogische“ Herausforderung anzu erkennen. Inhaltlicher Ablauf: Die Bedeutung der (Schmerz)-Edukation wird zunächst anhand von klinischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Daten untermauert. Auszüge aus der sich in der Praxis bewährten Edukationsmodelle zum Thema „Schmerz und Psyche“ und „Wie wird aus Schmerz – chronischer Schmerz?“ des Bad Salzufler-Curriculum werden vorgestellt und deren Umsetzung in Einzel- und Gruppensettings diskutiert. Teilnehmerkreis: Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten und Pflege kräfte Literatur Schmerzpsychotherapie, Hrsg. Kröner-Herwig u.a., Springer-Verlag, 2007
PS17 Akzeptanz und Achtsamkeit in der Schmerztherapie J. Korb DRK Schmerz-Zentrum Mainz Kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren mit dem Ziel, die Selbst wirksamkeit des Patienten zu erhöhen, haben sich als sehr effizient erwiesen. Andererseits zeigt sich in vielen Studien, dass auch eine Haltung der Schmerzakzeptanz mit verringerter körperlicher und psychischer Beeinträchtigung einhergeht. In diesem Zusammenhang wird oft ein gewandt, dass wiederholte Versuche der Schmerzbeeinflussung und Kontrolle die Aufmerksamkeit des Patienten verstärkt auf die Schmerz thematik lenken und damit wesentliche Energie von anderen wichtigen Lebensbereichen abziehen können. Doch wie lässt sich die protektive Wirkung der Schmerzakzeptanz therapeutisch vermitteln, ohne dabei Widerstände beim Patienten auszulösen („Ich will nicht lernen mit den Schmerzen zu leben, ich will ohne Schmerzen leben!“)? Bereits 1985 hat Jon Kabat-Zinn seine Therapie der mindfulness based stress reduction (MBSR) auf chronische Schmerzpatienten angewandt. Ein jüngerer Ansatz kommt aus der Richtung der Akzeptanz- und Commitment Therapie (Hayes et al., 2004), der inzwischen auch für die Behandlung chronischer Schmerzpatienten konkretisiert wurde (McCracken, 2005; Dahl et al., 2005). Beide Therapieansätze werden kurz vorgestellt. Anhand praktischer Beispiele sollen Interventionen zur Förderung einer Haltung der Akzep tanz und Übungen zur Achtsamkeit gezeigt, jedoch auch Schwierigkeiten und Grenzen der Verfahren diskutiert werden.
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Literatur Dahl, J., Wilson K.G., Luciano C. (2005). Acceptance and Commitment Therapy for chronic Pain. Context Press. Hayes, S.C., Strohsahl, K.D., Wilson K.G. (2004). Akzeptanz und Commitment Therapie. CipMedien. Kabat-Zinn (1985). The Clinical Use of Mindfulness Meditation for the Self-Regulation of Chronic Pain. Journal of Behavioral Medicine 8: 163-190. McCracken, L.M. (2005). Contextual-behavioral Therapy for chronic pain. Intl Assn for the Study of Pain.
PS25 Physiotherapeutisches Assessment bei Patienten mit Rückenschmerzen S. Lüder¹, I. Scheimann² ¹Schmerzambulanz, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Göttingen; ²BE Physiotherapie, Orthopädie, Universitätsmedizin Göttingen Rückenschmerzen sind eine interdisziplinäre Herausforderung. Dabei kann innerhalb einer leitlinienorientierten Versorgung die frühzeitige Anwendung physiotherapeutischer Assessments eine sinnvolle Ent scheidungshilfe für eine differenzierte Diagnostik und Therapie von Patienten mit Rückenschmerzen bieten. Gleichwohl kann nur der Einsatz standardisierter Untersuchungsverfahren in der Praxis, der Klinik und im Bereich der Forschung eine zukunftsweisende Entwicklung von qualitätssichernder Netzwerkarbeit gewährleisten. Es werden standardisierte Untersuchungsverfahren in den ICF-Ebenen vorgestellt. Die Teilnehmer werden miteinander Tests für körper liche Strukturen und ihre Funktionsfähigkeit und alltagsrelevante Bewegungsaufgaben zur Ermittlung der Aktivitätskapazität durch führen. PS14 Apparative Diagnostik bei Kopfschmerzen: was und wann? T. Jürgens Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik und Institut für Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum HamburgEppendorf, Hamburg Gerade bei Kopfschmerzerkrankungen kommt es aus Furcht vor ge fährlichen Differentialdiagnosen wie Hirnblutungen oder Tumoren oft zu einer diagnostischen „Schrotschuss“-Strategie. Neben den immen sen Kosten kann dies auch für den Patienten nachteilig sein, wenn bei spielsweise Zufallsbefunde erhoben werden, die dann Anlass für eine weitere diagnostische Eskalation sind. Auf der anderen Seite kann die verspätete Diagnostik von symptomatischen Kopfschmerzen verheerende Folgen für den Patienten haben. Dem neurologischen Untersuchungsbefund kommt – neben einer sorgfältigen Anamneseerhebung eine entscheidende Rolle zu. Ist er normal und die Vorgeschichte typisch, so ist die Wahrscheinlichkeit eines klinisch nicht relevanten Zufallsbefundes höher als die, eine behandlungsbedürftige Erkrankung zu entdecken. Anders ist dies bei Warnzeichen für einen symptomatischen Kopfschmerz (sogenannten „red flags“), wie z.B. eine atypische Erstmanifestation, ein pathologischer neurologischer Untersuchungsbefund oder Auftreten von Fieber oder epileptischen Anfällen. Das Spektrum der in diesen Fällen verfügbaren Diagnostik ist weit: es reicht von der kraniellen Kernspintomographie als häufigster Maßnahme über die Liquorpunktion, bis hin zur Neurosonologie und Laboruntersuchungen. Ziel des Vortrages ist es, anhand von Fallbeispielen die aktuelle leitliniengerechte apparative Zusatzdiagnostik an konkreten Krankheitsbildern praktisch zu vermitteln.
PS27 Schmerztherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit H. Kaube Interdisziplinäres Schmerzzentrum, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg Vorsitz: H. Kaube, Freiburg Inhalt: In diesem Symposium soll auf die Besonderheiten der medika mentösen und nicht medikamentösen Therapie bei schwangeren Patien tinnen eingegangen werden. Spezielle Aufmerksamkeit wird dabei auf die große Gruppe der Kopfschmerzerkrankungen, die gerade jüngere Frauen oft betreffen, sowie Rückenschmerzen, die gerade in der Schwangerschaft neu auftreten können, gelegt. Kopfschmerzen in Schwangerschaft und Stillzeit Ulrike Bingel, Hamburg Rückenschmerzen bei Schwangeren Holger Kaube, Freiburg, Vorsitz Akutschmerztherapie in der Schwangerschaft Shahnaz Christina Azad, München PS28 Multimodales Behandlungskonzept des CRPS I und II S. Seddigh, T. Müller, U. Hartstang, D. Schumann DRK Schmerz-Zentrum Mainz Das Komplexe Regionale Schmerzsyndrom kann man als eine Kompli kation nach Traumata, operativen Eingriffen oder auch Nervenläsionen verstehen, welches typischerweise eine Symptomtrias aus verschiedensten sensorischen, motorischen und vegetativen Symptomen darstellt. Auch wenn die Diagnose klinisch zu stellen ist, können technische Unter suchungsverfahren wie 3-Phasen Skelettszintigraphie, Röntgen oder die Magnet Resonanz Tomographie typische Veränderungen aufweisen. Auch wenn die Sinnhaftigkeit eines multimodalen Therapiekonzeptes unbestritten ist, findet sich in Abhängigkeit von Erkrankungsstadium und -schwere sowie von relevanten psychologischen und medizinischen Komorbiditäten eine Symptomvielfalt, die im Rahmen des allgemeinen Therapiekonzeptes ein individualisiertes Vorgehen erforderlich macht. Erkenntnisse aus dem diagnostischen Prozess der einzelnen Fach richtungen fließen in das therapeutische Procedere im interdisziplinären Team ein. Im Rahmen des workshops soll zum einen der theoretische Hintergrund dargestellt und zum anderen die Umsetzung in der Praxis anhand von Einzelfalldarstellungen verdeutlicht werden.
Studententag ST6 Interdisziplinäres Schmerzassessment beim chronischen Rückenschmerz U. Marnitz¹, Chr. Michel² ¹Leitenden Arzt, Orthopäde und Unfallchirug, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Rückenzentrum im Markgrafenpark, Berlin; ²Rückenzentrum am Markgrafenpark, Berlin Im Rückenzentrum am Markgrafenpark wird der aktuelle wissen schaftliche Erkenntnisstand in Diagnostik und Therapie chronischer Rückenbeschwerden umgesetzt. Ein abgestuftes ganzheitliches Versorgungskonzept, bestehend aus spezieller Diagnostik und spe ziellen Behandlungsprogrammen, ist vornehmlich aktivierend und verhaltensmedizinisch ausgerichtet. Das interdisziplinäre Team des Rückenzentrums besteht aus Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten
und Sportlehrern. Hierbei wird sicher gestellt, dass nicht nur Wirbel säulenbefunde, sondern auch die funktionellen, psychischen und sozialen Faktoren des Rückenschmerzes berücksichtigt werden. Anhand von Patientenbeispielen wird in diesem Vortrag das interdisziplinäre Schmerzassessment im Rückenzentrum veranschaulicht, welches anhand medizinisch-funktioneller und psychologisch-sozialer Diagnostik in eine Risikobewertung und differentielle Indikationsstellung mündet. ST8 Schmerzpraxis – wie geht das? O. Emrich Schmerzzentrum DGS Ludwigshafen In Deutschland stehen einer sehr hohen Anzahl von Patienten mit gravierenden Schmerzproblemen eine immer noch relativ kleine Anzahl speziell schmerztherapeutischer Einrichtungen gegenüber. Man schätzt die Anzahl der Schmerzpatienten auf etwa 10 Prozent der Bevölkerung, davon wiederum 10 % mit schwierigen Schmerzproblemen, die wiederum spezieller multimodaler Behandlung (spezielle Schmerztherapie, ggf. Psychotherapie, Physiotherapie, medizinische Trainingstherapie) be dürfen. In diesem Seminar sollen Medizinstudenten auf die Möglichkeiten der ambulanten speziellen Schmerztherapie aufmerksam werden, denn hier ist eine frühe Weichenstellung zur Ausbildung im klinischen und niedergelassenen Setting erforderlich, die später nach eigener Nieder lassung kaum noch nachgeholt werden kann. Dies liegt darin begründet, dass für die Zusatzbezeichnung „spezielle Schmerztherapie“ und für den Zugang zu zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten eine 12 monatige ganztägige Ausbildung zusätzlich zur Facharztausbildung in einer anerkannten speziell schmerztherapeutischen Einrichtung notwendig ist. Unter welchen Bedingungen sich dann die tatsächliche Praxis gestalten lässt, ist Gegenstand für diese für Medizinstudenten eminent wichtigen Darstellung der aktuellen Rahmenbedingungen.
Poster Donnerstag, 08.10.09 P01 Tumorschmerz und Palliativmedizin I P01.1 Klinische Wirksamkeit physiotherapeutischer Interventionen zur Schmerzreduktion bei Palliativpatienten mit Lymphödem P. Nieland1, E. Klaschik2, K. E. Clemens2 1 Abteilung für Physiotherapie und Rehabilitation, Malteser Krankenhaus Bonn; 2 Lehr- und Forschungsstelle, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn, Universität Bonn Fragestellung: Physiotherapie spielt eine bedeutende Rolle bei der adjuvanten Behandlung vieler Symptome bei Palliativpatienten. Der Physiotherapeut nimmt im multidisziplinären Palliative-Care-Team eine Schlüsselfunktion bei der palliativen Rehabilitation und der Behandlung von Patienten mit Tumorerkrankrankungen oder neurologischen Er krankungen wie ALS ein. Das Ziel der Studie war, die Häufigkeit und die Wirksamkeit physiotherapeutischer Interventionen bei Palliativpatienten mit Lymphödem zu evaluieren. Methode: In einer retrospektiven Studie wurden die Daten der 208 Patienten, die im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2007 auf unserer Palliativstation aufgenommen worden waren, analysiert. Demographischer und krankheitsbezogene Daten wie Diagnose, Symp tome, Karnofsky Index und Wirksamkeit der physiotherapeutischen
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Abstracts Interventionen in Bezug auf die Schmerzreduktion wurden erfasst und verglichen. Statistik: Mittelwert±SD, Median. Ergebnisse: Von den 208 Patienten wurden 90 eingeschlossen, die unter lymphödem-induzierten Symptomen litten; 67 (74.4%) hatten Schmerzen, für 23 (25.5%) war Dyspnoe aufgrund eines progredienten Rumpfödems dokumentiert. Das Alter betrug im Mittel 65.5±13.0 Jahre; 33 (36.7%) waren männlich; der Karnofsky-Index: Median 50% (30–80%), die durchschnittliche Liegedauer betrug 15.6±8.0 Tage. Die Anzahl der physiotherapeutischen Interventionen während des stationären Aufenthalts lag bei 7.0±5.8. Manuelle Lymphdrainagen wurden von 83 (92.2%) Patienten gut toleriert; 63 von 67 (94.0%) Patienten zeigten eine klinisch relevante Verbesserung der Schmerzintensität und 17 von 23 (73.9%) der Intensität der Dyspnoe. Im Bereich der Schmerzen wurde bei bereits proliferierten Ödemen besonders die Reduktion des Hautspannungsschmerzes angegeben. Alle Patienten erhielten zusätzlich eine systemisch-medikamentöse Schmerztherapie, u.a. mit Opioiden und Koanalgetika. Diskussion: Die manuelle Lymphdrainge kann bei Palliativpatienten zu einer deutlichen Reduktion von lymphödem-induzierten Symptomen bei tragen. In unserer Studie wird dies gezeigt für Schmerzen und Dyspnoe. Schlussfolgerung: Die große Mehrheit der Patienten zeigte eine klinisch relevante Verbesserung der Intensität ihrer Symptome nach manueller Lymphdrainage. Adjuvante physiotherapeutische Interventionen sind ein wesentlicher Bestandteil bei der Schmerztherapie und Symptomkontrolle von Palliativpatienten, auch im weit fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung. P01.2 Ergebnisse der Krebspatientenbefragung am „Aktionstag gegen den Krebsschmerz“ Eine Initiative des IABS – Netz Spezielle Schmerztherapie Brandenburg e. V. K. Gastmeier Zentrum für ambulantes Operieren und Schmerztherapie, PotsdamBabelsberg, Potsdam Hintergrund: Der Arbeitskreis Tumorschmerz der DGSS hatte bundes weit den 11.03.2009 zum Aktionstag gegen Krebsschmerz ausgerufen. Die Brandenburger Schmerztherapeuten hatten diesen Aufruf in ihre Initiative „Krebsschmerz in Therapie“ integriert und beschlossen an diesem Aktionstag eine möglichst umfassende Befragung von Krebs patienten vorzunehmen. Es sollte so auf Krebspatienten in Branden burg aufmerksam gemacht werden. Zusammen mit dem regionalen Arbeitskreis Brandenburg der DGSS wurde ein Fragebogen entwickelt, der Probleme von Krebspatienten im Alltag erfasst. Methode: In Zusammenarbeit mit der KVBB wurde der Fragebogen an ca. 3000 niedergelassene Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg verschickt. Der Bogen sollte allen Krebspatienten ,die am Aktionstag in der Praxis waren, ausgehändigt werden, und von den Patienten ausgefüllt an die Geschäftsstelle zurückgeschickt werden. Weiterhin bestand die Möglichkeit auf der Web-Seite des IABS-Netz den Bogen auszufüllen. Auf diese Möglichkeit wurde von Seiten der LÄKBB und der LAGO hingewiesen. Ergebnisse: 128 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 63,2 Jahren. Sie entsprechen ca. 0,8 % aller in Brandenburg erfassten Krebspatienten. Die Patienten litten an 15 verschiedenen Krebsarten. Dabei lag das Mammakarzininom (23,4%) vorn, gefolgt vom Lungen- (11,7%) und Darmkarzinom (8,6%). Bei 69.8% der Patienten bestand das Krebsleiden weniger als 3 Jahre. 83 (64,8%) Patienten bejahten die Frage nach Schmerz, die sie in 49,5% auf das Krebsleiden zurückführten und bei 54% der Patienten über 5 VAS lagen. 14,8% der Patienten gaben eine Schmerzdauer von mehr als 3 Jahren an. Die Schmerzmittel wurden in 48,4% vom Hausarzt, in 18% vom Schmerztherapeuten und in 14 % vom Onkologen, verschrieben. Die Zufriedenheit mit der Schmerztherapie bejahten 50% beim Onkologen, 53,2% beim Hausarzt und 82,6% beim Schmerztherapeuten. 36,7% der Patienten erhalten innerhalb von 3
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Monaten eine wirksame Schmerztherapie. 26,6 % befanden sich in einer Psychotherapie. 41,3% der Patienten verloren mehr als 10% vom Ausgangsgewicht. Bei 25,7% erfolgte der Gewichtsverlust innerhalb von 6 Monaten. 62,7% der Patienten mit Gewichtsverlust hatten Schmerzen, 34,9% der gaben diesen ohne Schmerzen an. Beim erfragten Appetitverlust gaben 53% der Patienten eine Assoziation mit Schmerz an. Nur 18,6% der unter Appetitlosigkeit leidenden Patienten gaben an, keine Schmerzen zu haben. Schlussfolgerung: Obwohl während dieser Studie nur ein kleiner Anteil der Krebspatienten erfasst wurde, liefert die Untersuchung doch interessante Daten zum Auftreten von Schmerzen und anderen Problemen bei Tumorpatienten, die durch umfangreichere Studien näher untersucht werden sollten. P01.3 Bildwandler-gezielte und CT-kontrollierte Blockade am Plexus Coelicus zur Therapie von Oberbauchschmerzen maligner Genese J. Blunk1, J. Scharf2, J. Benrath1 1 Schmerzzentrum, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinik Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim; 2 Abteilung für Neuroradiologie, Universitätsklinikum Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Fragestellung: Die Alkoholneurolyse am Plexus coeliacus ist eine effektive Methode der interventionellen Schmerztherapie zur Behandlung starker, medikamentös nur unzureichend behandelbarer Oberbauchschmerzen bei malignen Tumoren. Es liegen keine Studien vor, die technisch und personell aufwändige, aber als sicherer angesehene CT-gezielte Punktion mit der Bildwandler-gezielten Blockade direkt miteinander vergleicht. Ziel dieser Studie war es, die Ausbreitung des Neurolytikums der mit Hilfe des Bildwandlers durchgeführten Blockaden anschließend im CT zu kontrollieren. Methoden: Daten von insgesamt 5 Patienten mit tumorbedingten Schmerzen des Oberbauches und einer Patientin mit Pankreatitis wurden ausgewertet. Die Alkoholneurolyse wurde Bildwandler-gezielt von dorsal in Analgosedierung durchgeführt. Nach der Neurolyse wurde ein Spiral-CT zur Verifizierung der Ausbreitung des Alkohol-Kontrast mittel-Gemisches aufgenommen. Die jeweiligen Bilddokumente wurden unabhängig voneinander von zwei Untersuchern hinsichtlich der Ausbreitung des kontrastierten Neurolytikums in den anatomischen Räumen um den Plexus coeliacus herum, sowie vor und hinter den Zwerchfellschenkeln beurteilt. Die Effektivität der Blockade wurde mittels NRS-Werte (0 „kein Schmerz“, 10 „maximal vorstellbarer Schmerz“) dokumentiert. Ergebnisse: Übereinstimmung zeigte sich in der Beurteilung der retro cruralen Ausbreitung. Bei zwei der sechs Patienten zeigte sich keine Ausbreitung im retrocruralen Raum, wohingegen der anterocrurale Raum immer erreicht wurde. Die Übereinstimmung zwischen den Untersuchungsmethoden war im Falle des anterocruralen Raumes jeweils 5 von 6 Patienten. Bis auf einen Patienten mit Pankreaskarzinom, bei dem keine Ausbreitung des Neurolytikums innerhalb des retrocruralen Raumes weder mittels Bildwandler noch im Spiral-CT nachzuweisen war, profitierten fünf der sechs Patienten von der Intervention. Diskussion und Schlussfolgerung: Vorteil der Bildwandler-gestützten Blockade am Plexus coeliacus ist dessen allgemeinen Verfügbarkeit, sowie der niedrigere Aufwand bei Personal, Zeit und Kosten. Die CTgestützte Blockade ist zwar aufwändiger, bietet aber den Vorteil, die Ausbreitung des Neurolytikums in allen Ebenen beurteilen zu können. Wahrscheinlich können dadurch die Effektivität der Blockade gesteigert und mögliche Komplikationen reduziert werden. Zur Beurteilung der mittels Bildwandler dokumentierten Ausbreitung ist eine größere Erfahrung notwendig. Weitere Nachteile der Bildwandlermethode liegen in der allgemeinen Sicherheit für den Patienten bei höherer Strahlendosis bei längerer Durchleuchtung, der Gefahr der Gefäß- und Organverletzung bei fehlender Sichtbarkeit der Organe. Zusätzlich kann die CT-Aufnahme Verzerrungen der Anatomie postoperativ, nach einer
Radiochemotherapie, sowie durch lokales Tumorwachstum sichtbar machen. P01.4 Integrative Tagesambulante Spezielle Schmerztherapie für KrebsSchmerzpatienten K. Gastmeier1, H. Jopke2, H. Warnholz2 1 Zentrum für ambulantes Operieren und Schmerztherapie, Potsdam-Babelsberg, Potsdam; 2 Zentrum für ambulante Krebsschmerz- und Schmerztherapie, Potsdam-Babelsberg, Potsdam Hintergrund: Die Integrative Tagesambulante Spezielle Schmerztherapie für KrebsSchmerzpatienten (ITASSK) hat sich aus dem jahrelang be währten Dysfunktionsmodell für chronisch schmerzkranke Patienten entwickelt und wurde von uns speziell für Krebsschmerzpatienten in der ambulanten Therapie angepasst. Dies erfolgte im Rahmen der Brandenburger Initiative: „Krebsschmerz in Therapie“ und wird von der DGSS unterstützt. Bis 80 % der Krebspatienten leiden im Verlauf ihrer Krankheit an Schmerzen. Die Schmerzprophylaxe wird oft während der Krebstherapie wegen anderer Prioritäten vernachlässigt und bedingt dann eine hohe Rate an Krebsschmerzproblempatienten im weiteren Krankheitsverlauf. Durch konsequente Prophylaxe und integrative Bewegungs- und Verhaltenstherapie im Sinne von A d h e r e n c e sind Krebsschmerzen jedoch zeitnah und langfristig reduzierbar. Diese effektive Schmerztherapie ist die Voraussetzung für eine hohe individuelle bio-psycho-sozialespirituelle Lebensqualität, eine effektive Ernährungstherapie und die notwendige Edukation von Patienten und ihren Bezugspersonen. Eine sich wechselseitig bedingende und beeinflussende Abhängigkeit dieser Faktoren ist bekannt und muss in Krebsschmerztherapiekon zepten berücksichtigt werden. Dies ist bei der ITASSK explizit der Fall. Gerade sogenannte „austherapierte“ Patienten können von ihr profitieren – im Sinne einer kostenschonenden und ambulanten lösungsorientierten Kurztherapie. Neben dem o.g. Aspekt auf die Lebensqualität lässt sich eine deutliche zeitliche Verzögerung bzw. eine deutliche Verkürzung einer aufwendigen und kostenintensiven speziellen ambulanten/stationären Palliativen Versorgung belegen. Unser Therapiekonzept kann damit wesentlich zur Kostensenkung bzgl. Medikamenten und Betreuungskosten in der Palliativmedizin beitragen. Sie lässt sich gut im Praxisalltag interdisziplinär mit speziell geschulten Physio- und Integrationstherapeuten flächendeckend in Brandenburg durchführen. Methode: Dank des bio-psycho-sozialen-spirituellen Ansatzes und den Erkenntnissen der aktuellen Hirnforschung gliedert sich die Therapie in Screening, spezielle Anamnese, Education, kognitiv-verhaltenstherapeu tische, aktiv-funktionale Übungen und eine intensive strukturierte Körper- und Atem-Wahrnehmung. Bewährt hat sich die Durchführung in einer gleichbleibenden Kleingruppe (6–8 Patienten) die für diese intensive Therapie einen stützenden und motivierenden Rahmen schafft. In diesen gleichbleibenden Kleingruppe hat es sich als wechselseitig positiv erwiesen, diese Integrative Speziell Schmerztherapie gemeinsam mit Krebsschmerzpatienten und anderen Patienten durchzuführen. Zur Verlaufsdokumentation setzen wir aus Praktikabilitätsgründen den WHO-Fragebogen zur Lebensqualität („Wellbeing Five“) Ergebnisse: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen innerhalb von 2 Monaten einen deutlichen Sprung bei der Verbesserung der Lebensqualität. Diese stieg bei Krebsschmerzpatienten von 28% auf 43% und bei den chronischen Schmerzpatienten von 38% auf 46,2% an.
P01.5 Ossäre Schmerzreduktion durch Bondronat@ oral und i. v. bei Patienten mit Mammakarzinom und Knochenmetastasen in der klinischen Praxis H.-B. Sittig1, J. Seraphin2, A. Kurth3, I. J. Diel4 1 Schmerztherapie & Palliativmedizin am MVZ-Buntenskamp, Geesthacht; 2 Hämatologisch-Onkologische Schwerpunktpraxis, Northeim; 3 Orthopädische Klinik und Poliklinik , Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 4Institut für gynäkologische Onkologie, Mannheim Fragestellung: Bei Brustkrebspatienten im fortgeschrittenen Stadium kommen besonders häufig Komplikationen durch Knochenmetastasen hinzu, die mit pathologischen Frakturen und zunehmenden ossären Schmerzen einhergehen. Bisphosphonate werden bei Knochenmetastasen zur Prävention von skelettalen Komplikationen eingesetzt und können die starken Knochenschmerzen lindern. In klinischen Studien zeigte Bondronat® (i.v. und oral) bereits eine effektive Wirksamkeit bei metas tasenbedingten Knochenschmerzen. Eine fortlaufende nicht-inter ventionelle Studie untersucht derzeit die Wirkung von intravenösem und oralem Bondronat® auf die Knochenschmerzen bei Patienten mit Mammakarzinom und Knochenmetastasen in der klinischen Praxis. Material und Methode: Beobachtungsdaten von 1897 Brustkrebs patientinnen mit Knochenmetastasen im Durchschnittsalter von 63,3 + 11,9 Jahren, die über 24 Wochen entweder Bondronat® i.v. 6mg/4-wöchent lich oder 50 mg/täglich erhielten, wurden ausgewertet. Für eine detailierte Subgruppenanalyse wurde das Gesamtkollektiv in drei Gruppen, entsprechend der Vorbehandlung mit Bisphosphonaten, eingeteilt: Bisphosphonat-naiv (n=1219), Bondronat®-vorbehandelt (n=213), vorbe handelt mit anderen Bisphosphonaten (n=465). Der Schmerzstatus wurde anhand einer 10-stufigen visuellen Analogskala (VAS: von 0 – kein Schmerz bis 10 – maximaler Schmerz) alle 4 Wochen erhoben. Zusätzlich wurde der Bedarf an Analgetika ermittelt. Ergebnisse: Ein Rückgang des Schmerzscores war übergreifend in allen drei Subgruppen zu beobachten. Bei 66% der in die Studie eingeschlossenen Patienten konnte abhängig von der Bisphosphonat-Vorbehandlung eine Abnahme der Schmerzsymptomatik von 10–40% erreicht werden, wobei der größte Benefit in der Bisphosphonat-naiven-Gruppe (69%) erzielt wurde. Der durchschnittliche Schmerz-Ausgangswert war mit 3,5 ± 2,4 bei den Bisphosphonat-naiven Patientinnen am höchsten, gefolgt von Patientinnen, die mit sonstigen Bisphosphonaten vorbehandelt wurden(3,2 ± 2,5) sowie Patientinnen mit Bondronat®-Vorbehandlung (2,8 ± 2,2) und nahm mit jeder Visite ab. Der niedrigste Wert wurde am Studienende erreicht. Der Schmerzmittelbedarf ging um 9,2% zurück und der Patientenanteil, der ohne Schmerzmittel auskam, konnte um 5% erhöht werden. Zusammenfassung: Die unter Praxisbedingungen erhobenen Studien daten zeigen, dass Bondronat® intravenös sowie oral die Knochen schmerzen bei Brustkrebspatienten mit ossären Metastasen deutlich und nachhaltig reduziert. Die vorliegende Zwischenanalyse bestätigt die Ergebnisse früherer klinischer Studien. P01.6 Reduktion von metastasenbedingten therapierefraktären Knochenschmerzen durch Bondronat® – Loading Dose bei Patienten mit weit fortgeschrittenem Mammakarzinom H.-B. Sittig Schmerztherapie & Palliativmedizin am MVZ-Buntenskamp, Geesthacht Fragestellung: Ossäre Metastasen treten häufig als Folge einer fortge schrittenen Tumorerkrankung auf und werden von typischen skelettalen Komplikationen begleitet, die mit heftigen Knochenschmerzen einher gehen können und die Lebensqualität der betroffenen Patienten massiv einschränken. Die zur Verfügung stehenden Analgetika (einschließlich Opioide und Strahlentherapie) reichen meistens nicht aus und sind darüber hinaus mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Eine intravenöse Ibandronat-„Loading Dose“-Therapie zeigte in Phase-IIDer Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Studien eine effektive Schmerzlinderung schon nach wenigen Tagen bei Patienten mit urogenitalen Tumoren. Ist eine bessere Schmerzkontrolle auch bei Brustkrebspatienten mit therapierefraktären Knochenschmerzen im Endstadium mit diesem Therapiekonzept zu erzielen? Materialien und Methoden: Beobachtungsdaten von 6, bereits im Hospiz stationierten Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Mammakarzinom und ossären Metastasen werden nachfolgend vorgestellt. Alle 6 Patient innen befanden sich in einer rein palliativen Situation und litten trotz Opioidgabe unter stärksten Schmerzen. Nach der Ablehnung allen anderen Therapieoptionen wurden die Patientinnen über den „Off-labeluse“, die Risiken, Wirkungen und Nebenwirkungen der „Loading Dose“Therapie mit Ibandronat aufgeklärt und willigten in die Behandlung ein. Daraufhin erhielten sie 6 mg Ibandronat i.v. als Kurzinfusion jeweils über 15 Minuten an 3 aufeinander folgenden Tagen (Tag 0 – Tag 2). Die Daten zur Schmerzintensität und zur Schmerzerträglichkeit wurden mittels visueller Analogskalen (VAS: von 0 – bis 10) mehrfach täglich erhoben. Ergebnisse: Bereits am ersten Tag nach der Ibandronat-„Loading Dose“Therapie konnte ein deutlicher Rückgang der Schmerzsymptomatik bei allen 6 Patientinnen erzielt werden. Bis Tag 6 ging der anfangs mit 9,8 bewertete mittlere Maximal-Schmerzwert auf 4 zurück. Die vor Therapiebeginn mit 9,7 im Durchschnitt dokumentierte Schmerz erträglichkeit betrug 2 VAS-Punkte am Tag 3 und 1,5 am Tag 6. Der Bedarf an täglicher Opioid Rescue-Medikation konnte ebenfalls gesenkt werden. Unerwünschte Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Ibandronat-„Loading Dose“ wurden bei keiner Patientin beobachtet. Zusammenfassung: Ibandronat- „Loading Dose“ zeigte eine hervor ragende Wirkung auf die therapierefraktären Knochenschmerzen bei Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Mammakarzinom und ossären Metastasen. P01.7 Hochdosierte Bondronat® – „Loading Dose“ lindert Knochenschmerzen bei Patienten mit neu diagnostizierten ossären Metastasen rasch und effektiv A. Kurth1, M. Pilz2, U. Stumpf2, A. Müller2, C. Eberhardt2 1 Orthopädische Klinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg Universitätsklinikum, Mainz; 2 Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim gGmbH, Frankfurt/Main Einleitung: Knochenschmerzen treten bei einem Großteil der Patienten mit ossären Metastasen auf und sind in vielen Fällen das erste Symptom, weswegen die Patienten einen Arzt aufsuchen. Eine bereits in den ersten Wochen nach der Diagnose von Knochenmetastasen eingesetzte effektive und nachhaltige Schmerztherapie kann einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Lebensqualität der betroffenen Patienten leisten. Die verfügbaren Schmerzmittel reichen für die meisten Patienten nicht aus und werden teilweise mit schweren Begleiterscheinungen assoziiert. Mit Standarddosierungen von Bisphosphonaten konnte in mehreren klinischen Studien bei verschiedenen Tumorentitäten eine gute Schmerzreduktion über einen längeren Beobachtungszeitraum erzielt werden. Diese Pilotstudie untersucht die analgetischen Effekte der Bondronat®-„Loading Dose“ bei Patienten mit neu diagnostizierten ossären Metastasen und Knochenschmerzen. Patienten und Methoden: 16 Patienten mit Knochenschmerzen infolge neu diagnostizierter Knochenmetastasen (Mammakarzinom n = 12, Bronchialkarzinom n = 2, Nierenzellkarzinom n = 2), die sich bereits in symptomatischer Schmerztherapie mit NSAR, Analgetika und/ oder Opioiden befanden, wurden einer Bondronat®-Loading DoseBehandlung (6 mg i.v. in 60 Minuten an drei aufeinander folgenden Tagen) unterzogen. Anhand einer 10-stufigen visuellen Analogskala (VAS) von 0 (kein Schmerz) bis 10 (maximaler Schmerz) ermittelten die Patienten täglich den Schmerzverlauf. Die Tumortherapie (Bestrahlung, Chemotherapie, Operation) wurde entsprechend den individuellen Therapieplänen fortgesetzt. Ergebnisse: Unabhängig von der Tumorentität konnte eine deutliche Schmerzlinderung innerhalb der ersten 5 bis 7 Tage erreicht werden. Der
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am Tag 0 mit 6,9 dokumentierte durchschnittliche Schmerzwert ging bis Tag 7 auf 3,5 Punkte zurück. Alle Patienten haben die Behandlung mit der Bondronat® -“Loading Dose“ gut vertragen, eine Zunahme des Analgetikabedarfs wurde nicht beobachtet. Schlussfolgerung: Eine hochdosierte Therapie mit Bondronat® bei neu diagnostizierten ossären Metastasen ermöglicht eine effektive Reduktion der Knochenschmerzen innerhalb eines kurzen Zeitraums. Die bereits nachgewiesene analgetische Wirkung von Bisphosphonaten, die wohl auf die Hemmung der pathologischen Osteoklasten-assoziierten Knochen destruktion zurückzuführen ist, wird durch das angewandte Dosierungs schema intensiviert. P01.8 Perioperative Multidisziplinäre Therapie bei Basallzellkarzinom– Eine Fallbeschreibung R. Krüger¹, A. Zimmer², W. Meißner² ¹Anästhesie/Intensivtherapie, Waldkrankenhaus“Rudolf Elle“ Eisenberg; ²Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena Einleitung/Hintergrund: Am folgenden Fallbericht soll über die Be deutung der multidisziplinären und multimodalen, perioperativen Be handlung und Schmerztherapie bei einer rezidivierenden, semimalignen Tumorerkrankung der Haut berichtet werden. Kasuistik: Bei einem 60-jährigen, männlichen Patienten wurde 1997 die Diagnose eines Basalzellkarzinoms prästernal und dextrolateral der Thoraxwand gestellt. Als Ursache des Basalzellkarzinoms wird eine Radiatio bei Narbenkelloid durch Verbrühungstrauma aus der Kindheit diskutiert. Der Patient leidet additiv an einer Psoriasis. Operativer Verlauf/Radiatio: Von 2001 bis 2006 erfolgten insgesamt sechs Operationen bei fünf Rezidiven. Bis 12/06 erfolgte eine Radiatio der Narben, einschließlich der ventralen und rechts lateralen Thoraxwand. Am 25.04.07 Sternumnachresektion mit Omentum-majus-Plastik Am 16.05.07 Schwartensackresektion mit Pleurektomie und Dekortikation bei Pleuraempyem rechts. Am 09.02.09 erneutes Rezidiv sternal von 3cm Durchmesser, Brustwandteilresektion ohne plastische Deckung und Vacusealanlage. Am 01.04.09 Latissimus-dorsi-Plastik beidseits, an schließend wiederholte Vacusealwechsel und Wunddebruitments. Psychologische Betreuung (häufige lange Krankenhausaufenthalte, ent stellende Narben, Schmerzverarbeitung ) Schmerztherapie bei gemischtem Schmerz: tägliche konsilliarische Mit betreuung durch das Team der Schmerzambulanz und situativ angepasste Schmerztherapie, bei vor bestehender Therapie mit Fentanyl- TTS 75 µg/ h zusätzlich Metamizol 4g täglich und Pregabalin in steigender Dosierung, Bedarfsmedikation mit Morphin nicht retard p.o, perioperativ i.v. PCAPiritramid, bzw.zusätzlich perioperativ Ketamin via Perfusor bis 6 mg/h, im weiteren Verlauf zweimalige Anlage eines thoraklen PDK`s mit Reduk tion der Opioidbasismedikation, Entlassungsmedikation: Fentanyl TTS 75µg/h, Mirtazapin 45 mg z. N., Gabapentin 600mg–300mg–600mg, Metamizol 4g tgl., b.B. Morphin nicht ret. 20mg p.o. Diskussion: Der hier vorgestellte Fallbericht bei einem Patienten mit einer Basalzellkarzinomerkrankung stellte eine große Herausforderung an das gesamte Behandlerteam unterschiedlichster Fachrichtungen (Kollegen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Psychologen, Anästhe sisten) dar, weil es bei dem infiltrativem Wachstum des Hauttumors, dem das Malignitätskriterium der Metastasierung fehlt, zu einer mas siven Mitbeteiligungen der Cutis, der Subkutis, von knöchernen Struk turen und der Muskulatur sowie multipler peripherer, neuronaler Strukturen kam. Gleichfalls wurde ein erhebliches Augenmerk auf die Mitbehandlung der psychischen Begleiterscheinungen gelegt, die bei dem Patienten aufgrund der langen Hospitalisation, mehrfacher Opera tionen, den augenscheinlichen, kosmetischen Veränderungen und der polypragmatischen Pharmakotherapie auftraten.
P01.9 Abnahme des Blockadeintervals bei multiplen Blockaden des Plexus zöliakus bei einem Patienten mit Pankreas- und Gallengangskarzinom J. Blunk, A. Wagner, M. Dusch, J. Benrath Schmerzzentrum, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Mannheim Fragestellung: Im Frühjahr 2007 wurde ein 68-jähriger Patient in reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand mit in Leber und Lunge metastasiertem Gallengangs-Karzinom erstmalig mit starken Oberbauchschmerzen in palliativer Situation vorstellig. Die nach dem WHO-Stufenschema eingeleitete medikamentöse Therapie mit Nicht opioidanalgetika und hochdosierten Opioiden konnte nur unzureichend das Schmerzgeschehen beherrschen, so dass die Indikation für eine Blockade am Plexus zöliakus gestellt wurde. Trotz des fortschreitenden Stadiums der metastasierten Erkrankung wurden jeweils bei erneutem Auftreten der Schmerzen die Indikation zu weiteren Blockaden gestellt. Methoden: Es wurde im März 2007, Februar 2008, Oktober 2008 und im April 2009 jeweils unter Analgosedierung mit Midazolam und S-(+)Ketamin, minimalinvasiv eine CT-gezielte Blockade mit 50% Ethanol durchgeführt, wobei bei den ersten 3 Blockaden eine direkte Blockade am Plexus zöliakus durchgeführt werden konnte. Bei der im April 2009 durchgeführten Blockade konnten aufgrund des Tumorprogresses die anatomischen Zielstrukturen nicht sicher dargestellt werden, so dass die Blockade der Nn splanchnici beidseits erfolgte. Ergebnisse: Alle Blockaden, auch die alleinige Blockade der Nn. splanchnici führte beim Patient zu einer deutlichen Schmerzreduktion sowie zur Reduktion der benötigten Opiatmenge. Interessanterweise verkürzten sich die schmerzfreien Intervalle von 11 auf 8 und schließlich auf 6 Monate. Innerhalb dieser Zeit war der Patient mit der angepassten Opiattherapie nahezu schmerzfrei. Bei Zunahme der Schmerzen wurde der Patient selbst wieder in der Schmerzambulanz vorstellig und äußerte den Wunsch nach einer erneuten Blockade. Diskussion und Schlussfolgerungen: Die Blockade am Plexus zöliakus führte bei diesem Patienten zu einer deutlichen Schmerzreduktion die zu einer Opiatreduktion zwischen 40 und 100% führte und gleichzeitig die Schmerzsymptomatik sowie das vom Patienten angegebene All gemeinbefinden verbesserte. Den Eingriff selbst empfand der Patient aufgrund der Analgosedierung nicht als belastend, so dass er sich bei Wiederauftreten der Schmerzen selbst zur erneuten Blockade vor stellte. Die immer kürzer werdende Wirkdauer der Blockade könnte einerseits in der Tumorprogression liegen, andererseits ist aber auch eine schnellere Regeneration der blockierten Nervenstrukturen durch aus dem Tumor sekretierten NGF denkbar, welches dazu führt, das der Tumor schneller und aggressiver in die Nervenstrukturen einwächst. Auch nach der vierten Blockade, der Blockade der Nn.splanchnici konnte ein deutlicher klinischer Erfolg festgestellt werden, so dass es sinnvoll erscheint unserem Patienten auch weiterhin diese diese Form der interventionellen Schmerztherapie anzubieten. P01.10 Tumorschmerzen in der Terminalphase junger Menschen – Zwei Fallberichte G. Itting Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Thüringen-Kliniken Saalfeld/ Rudolstadt, Saalfeld/Saale Hintergrund: Die Tumorschmerztherapie wird in der Terminalphase der Patienten immer wieder vor Herausforderungen gestellt. Je nach Krankheitsstadium leiden 30–90 % der Tumorpatienten an therapiebedürftigen Schmerzen. Eine ausreichende Schmerzlinderung durch Einsatz der verschiedenen Therapieoptionen nach einfachen Standards kann in 80–90 % der Fälle erreicht werden. Ein wichtiger Bestandteil des Therapieerfolges ist die Akzeptanz der medikamentösen Schmerztherapie durch den erkrankten Patienten. Je nach Tumorstadium
und Schmerzausprägung kommt das WHO-Stufenschema in Kombi nation mit Koanalgetika zur Anwendung. Eine ausreichende Schmerz reduktion mit Verbesserung der Lebensqualität kann bei ca. 80–90 % der Patienten erreicht werden. In 10–20 % der Tumorpatienten kann es zu schwerbeherrschbaren Schmerzen kommen. Hier macht es sich erforderlich spezielle Medikamentenkombinationen in Pumpensystemen zum Einsatz zu bringen. Kasuistik I: Ein 27-jähriger junger Mann mit einem metastasierenden Weichteiltumor vom Typ eines DSRCT mit Erstdiagnose 10/04. Es er folgte die Anlage eines Anus praeters 11/04 bei chronischen Subileus und die Anlage eines Cystofix 04/05 bei Harnblasenkompression durch den Tumor. In mehreren ausführlichen Gesprächen konnte der Patient nur von der bedarfsweisen Einnahme eines Nichtopioids der WHO-I überzeugt werden. Im weiteren Krankheitsverlauf kam es unter Chemotherapie zur Tumorprogredienz. Der Patient war mit der Einstellung der medikamentösen Schmerztherapie im Rahmen des WHO-Stufenschemas einverstanden. Die Zunahme der abdominellen Schmerzen machte eine rasche Steigerung der Dosierung des intravenösen starken Opioids notwendig. Als Ultimeratio erfolgte der Zusatz von Ketamin. Es konnte dadurch eine nochmalige Schmerzlinderung in der Terminalphase erreicht werden. Kasuistik II: Ein 11-jähriges Mädchen, die aktive Leichtathletin war, klagte seit dem Frühjahr ´03 nach Wettkämpfen zeitweise über Schmerzen im linken Kniegelenk. Im 06/03 erfolgte die Vorstellung bei einem Chirurgen. Klinisch zeigten sich keine Auffälligkeiten. Es wurde eine Röntgenaufnahme des Kniegelenkes mit den proximalen Anteilen von Tibia und Fibula veranlaßt. Die Tibia zeigte im proximalen Anteil eine tumoröse Aufhellung. Die Biopsie ergab ein Osteosarkom. Auf Grund der Größe des Tumors wird primär eine Chemotherapie eingeleitet, die sie mit Nebenwirkungen nur sehr schlecht toleriert. Im November des gleichen Jahres zeigten sich unter laufender Chemotherapie Hautmetastasen an der Thoraxwand. Die Patientin klagte zunehmend über Schmerzen im Bereich der Umstellungsosteotomie und der Thoraxwand. Es erfolgte die Einstellung der medikamentösen Schmerztherapie nach dem WHOStufenschema. Die orale und transderamle Medikation wurde von der Patientin nicht toleriert. Es erfolgte bei weiteren Wachstum der Metastasen und Zunahme der Beschwerden die Umstellung auf ein Opioid in intravenöser Applikationsform in einem externen Pumpensystem über den liegenden Port. Die Durchbruchsschmerzen könne durch Bolusgabe über das Pumpensystem gekappt werden. Schlußfolgerungen: Die Tumorschmerztherapie bei jungen Menschen erfordert ein individuelles Therapiekonzept mit besonderen Einfühlungs vermögen. Die Einstellung der medikamentösen Schmerztherapie auf externe Pumpensysteme mit verschiedenen Analgetikakombinationen kann eine Schmerzlinderung und Verbesserung der Lebensqualität er bringen. P01.11 Therapie Progredienter Tumorschmerzen: ein Fallbeispiel K. E. Clemens, E. Klaschik Lehr- und Forschungsstelle, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn, Universität Bonn Einleitung: Hauptkriterien für die Auswahl der Analgetika bei Tumor schmerzen sind Art und Intensität der Schmerzen. Dabei kommen bevorzugt und starke Opioide (WHO-Stufe III) in Kombination mit nichtopioidhaltigen Analgetika (WHO-Stufe I) zum Einsatz, wobei die Opioide schrittweise gegen den Schmerz titriert werden. Voraus setzung für den optimalen Einsatz von Opioiden ist die Auswahl der richtigen Substanz und des richtigen Applikationsweges sowie eine individuelle Dosistitration bei begleitender Prophylaxe bzw. Be handlung von Nebenwirkungen. Bei rascher und kontinuierlicher Zu nahme der Schmerzen im Verlauf der Erkrankung, z.B. aufgrund einer schnellen Tumorprogredienz oder rascher bzw. multilokulärer Metas tasierung, ist eine Dosisanpassung der starken Opioide erforderlich. Gelenknahe Tumore bzw. Metastasen oder Druck auf Nerven, z.B. Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Wirbelkörperkompression, können eine plötzliche und anhaltende Schmerzexazerbation verursachen. Methode: Fallbeispiel eines Patienten mit chronischen, progredienten und starken Tumorschmerzen. Ergebnisse: 76 jähriger, männlicher Patient. Diagnosen: Prostatakarzinom (ED 05/2003) mit Rezidiv (ED 01/2004), multiple Knochenmetastasen im Os sacrum. Schmerzanamnese: seit 3 Wochen kontinuierlich zunehmende starke somatische Schmerzen mit neuropathischen Komponenten. Schmerzqualität: anhaltend, dumpf, zeitweise einschießende Schmerzen. Schmerzintensität auf NRS in Ruhe und unter Belastung bei Aufnahme 10/10. Therapie: Opioidwechsel von hoch dosiertem Fentanyl TTS (500µg/h) auf Hydromorphon bei unzureichendem, analgetischen Effekt und Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Müdigkeit und Juckreiz. Neutitration bis 6×36mg p.o., danach Umstellung auf 3×72mg Hydromorphon retard. Koanalgetika: Ibuprofen, Flupirtin und Amineurin. Schmerzintensität bei Entlassung auf NRS 1/3. Therapiedauer bis zum Tod des Patienten 3 Monate; viermalige Dosisanpassung. Diskussion: Rasche Schmerzreduktion durch Umsteigen auf orales Hydromorphon, bei wahrscheinlich gestörter transdermaler Resorption von Fentanyl aufgrund starken Schwitzens. Patient wurde mit einer Tagesgesamtdosis von 216mg Hydromorphon (entspricht 1620mg oralem Morphin, Umrechnungsfaktor 1:7,5 HM:M) mit guter Symptomkontrolle und guter Verträglichkeit nach Hause entlassen. Keine opioidinduzierte Übelkeit durch prophylaktische Gabe von Haloperidol als Antiemetikum. Zur Therapie und Prophylaxe der opioidinduzierten Obstipation wurden Natriumpicosulfat und Macrocol zur oralen Einnahme verabreicht. Schlussfolgerung: In der Regel lassen sich progrediente Tumorschmerzen durch eine Dosissteigerung der bisher verwendeten Opioide gut lindern. Bei nicht ausreichender Analgesie trotz deutlicher Dosissteigerung bzw. bei Auftreten anhaltender, belastender Nebenwirkungen trotz ausreichender Prophylaxe ist ein Opioidwechsel in Erwägung zu ziehen. Der Wechsel auf Hydromorphon bewirkte bei unserem Patienten eine bessere Schmerzreduktion bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen.
P03 Experimentelle Schmerzmodelle (Tier) P03.1 Der Kv7-Kaliumkanalöffner Flupirtin verändert die elektrische Erregbarkeit peripherer myelinisierter Axone R. Sittl1, R. W. Carr1, J. R. Schwarz2, P. Grafe1 1 Lehrstuhl Physiologische Genomik, Physiologisches Institut, LudwigMaximilians-Universität, München; 2 Abteilung für Neuronale Signaltransduktion, Zentrum für Molekulare Neurobiologie, Universität Hamburg Fragestellung: Flupirtin wird als Analgetikum mit muskelentspannenden Eigenschaften eingesetzt. Es aktiviert Kv7 (KCNQ/M) Kaliumkanäle (Miceli et al., 2008), welche an Ranvier-Schnürringen zu finden sind (Devaux JJ et al., 2004; Schwarz JR et al., 2006). Wir haben untersucht, wie eine Verstärkung der nodalen Kaliumleitfähigkeit durch Flupirtin die Erregbarkeit peripherer myelinisierter Axone verändert. Material und Methode: An 16 Suralisnerven von Ratten wurden nach Entfernung des Perineuriums elektrophysiologische Messparameter axonaler Erregbarkeit (elektrischer Schwellenstrom, Refraktärität, Ver änderungen des „recovery cycle“) bestimmt. Die Aufzeichnung erfolgte mittels eines Computer-gesteuerten „Threshold tracking“ Programms. Ergebnisse: Unter Einwirkung von Flupirtin (3 – 30 microM) war eine erhöhte Stromstärke zur Auslösung eines Aktionspotentials nötig. Zudem ergaben sich Veränderungen des „recovery cycle“ (Änderungen axonaler Erregbarkeit nach einem oder mehreren Aktionspotentialen). Die einem Aktionspotential folgende Phase der Refraktärität wird reduziert, wohingegen die sich anschließende Übererregbarkeit gesteigert wird. Die Untererregbarkeit, die nach ca. 30ms auftritt und nach einer Serie von Aktionspotentialen besonders ausgeprägt ist, wird durch Flupirtin
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signifikant vergrößert und verlängert. Die Effekte konnten durch XE991, einen Kv7-Antagonisten blockiert werden. Diskussion: Einige der Effekte von Flupirtin (Zunahme des Schwellen stroms, Abnahme der Refraktärität, Zunahme der Übererregbarkeit) sind am ehesten als Folge einer transienten Hyperpolarisation der Membran durch eine Steigerung der Kaliumleitfähigkeit zu sehen. Die Vergrößerung und Verlängerung der späten Untererregbarkeit können mit einer Verstärkung des langsamen Kaliumausstroms erklärt werden. Damit einher geht die Verminderung der Fähigkeit von Axonen Serien von Aktionspotentialen weiterzuleiten, was eine entscheidende Kom ponente der analgetischen und muskelentspannenden Effekte von Flupir tin sein könnte. Schlussfolgerung: Die durch Flupirtin hervorgerufene Hyperpolarisation der Axone, sowie die Verminderung der Fähigkeit von Axonen Serien von Aktionspotentialen weiterzuleiten, könnten bei der Behandlung von Erkrankungen und Schmerzzuständen, die mit einer erhöhten Erreg barkeit von peripheren Axonen einhergehen, hilfreich sein. Literatur 1. Devaux JJ, Kleopa KA, Cooper EC, Scherer SS (2004) KCNQ2 is a nodal K+ channel. J Neurosci 24: 1236-1244. 2. Miceli F, Soldovieri MV, Martire M, Taglialatela M (2008) Molecular pharmacology and therapeutic potential of neuronal Kv7-modulating drugs. Curr Opin Pharmacol 8: 65-74. 3. Schwarz JR, Glassmeier G, Cooper EC, Kao TC, Nodera H, Tabuena D, Kaji R, Bostock H (2006) KCNQ channels mediate IKs, a slow K+ current regulating excitability in the rat node of Ranvier. Journal of Physiology 573: 17-34.
P03.2 Die Fascia thoracolumbalis – eine potentielle Schmerzquelle für den unspezifischen Rückenschmerz? U. Hoheisel1, T. Taguchi2, S. Mense1 1 Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik Universitätsmedizin Mannheim; 2 Department of Neuroscience, Nagoya University, Nagoya, Japan Fragestellung: Die Mechanismen des unspezifischen chronischen Rücken schmerzes sind weitgehend unbekannt. In letzter Zeit wird vermehrt die Rückenmuskulatur als Ursprung der Schmerzen diskutiert. Daten über eine Beteiligung der Fascia thoracolumbalis (FT) an der Entstehung von unspezifischem Rückenschmerz existieren bislang nicht. Ziel der Untersuchung war es, im Tierexperiment erste neurophysiologische Ergebnisse zur Rolle der FT als potentielle Schmerzquelle bei Rücken schmerzpatienten zu gewinnen. Material und Methode: Neurophysiologische Untersuchungen wurden an tief narkotisierten Ratten durchgeführt. In diesen Experimenten wurde die Impulsaktivität einzelner sensorischer Neurone des lumbalen Rückenmarks (Segmente Th 13-L5) registriert, die Antrieb von den Weich teilen des kaudalen Rückens erhielten. Zum Aufsuchen der rezeptiven Felder der Neurone in der FT wurden abgestufte mechanische Druckreize und die Applikation hypertoner (5%) Kochsalzlösung eingesetzt. In einem Teil der Experimente wurde durch Injektion von komplettem Freunds Adjuvans eine experimentelle chronische Entzündung in der Rückenmuskulatur (M. multifidus) ausgelöst. Ergebnisse: Die elektrophysiologischen Ableitungen zeigten, dass durch Reizung der FT eine ähnlich große Zahl von Hinterhornneurone erregt wurde wie durch Reizung der paraspinalen Muskulatur. Die Neurone mit Antrieb von der FT in Höhe der WK L4-S1 waren ausschließlich in den spinalen Segmenten Th 13,L1 und L2 zu finden. Besonders auffällig war die ausgeprägte Konvergenz des Antriebs: Viele Hinterhornneurone mit rezeptiven Feldern in der FT hatten zusätzlichen Antrieb aus anderen Geweben des lumbalen Rückens (Muskel, Haut). Das Ausmaß der Konvergenz und der Anteil der Hinterhornneurone mit Antworten auf Reizung der FT stiegen signifikant an, wenn experimentell eine chronische Entzündung des M. multifidus erzeugt wurde. Hinterhornneurone mit Antrieb aus der FT waren bei einer Muskelentzündung auch im Rückenmarksegment L3 zu finden, das normalerweise keinen Antrieb aus der FT erhält.
Schlussfolgerungen: Die tierexperimentellen Daten zeigen, dass die FT aus neurophysiologischer Sicht als wichtige potenzielle Schmerzquelle bei Patienten mit Rückenschmerzen in Betracht kommt. Sie deuten zudem an, dass Hinterhornneurone bei pathologischen Veränderungen im lumbalen Rückenbereich verstärkt auf nozizeptive Informationen aus der FT reagieren. Die unter diesen Umständen stattfindende Ausbreitung der entzündungsbedingten Erregung im Rückenmark auf benachbarte Segmente könnte die Grundlage für die subjektive Schmerzausbreitung bei chronischen Patienten darstellen.
P03.4 Der hochpotente Glycin-Rezeptor Agonist Chloropropofol zeigt antinociceptive Eigenschaften in vivo J. Ahrens1, J. de la Roche1, N. Foadi1, S. McMahon2, K. Sillar3, M. Leuwer4, G. Haeseler5 1 Klinik für Anästhesiologie, Medizinische Hochschule Hannover; 2 Kings College, London, United Kingdom; 3 University of St. Andrews, United Kingdom; 4 Division of clinical sciences, University of Liverpool, United Kingdom; 5 Klinik für Anästhesie, Krankenhaus Dorsten
P03.3 Die Fascia thoracolumbalis – tierexperimentelle Daten zur Innervation J. Tesarz, U. Hoheisel, S. Mense Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik, Universitätsmedizin Mannheim
Zielsetzung: Glycin-Rezeptoren sind neben den GABA-Rezeptoren die wichtigsten inhibitorischen Rezeptoren auf Rückenmarksebene. Ihre wichtige Rolle bei der spinalen Verarbeitung von Schmerzreizen macht sie zu interessanten Zielstrukturen für potenziell analgetisch wirksame Substanzen [1]. Die Halogenierung von Propofolderivaten bewirkt eine deutlich wirksamere Modulation von Glycin-Rezeptoren [2]. In dieser Untersuchung sollten die möglicherweise günstigen in vivo und in vitro Effekte von Chloropropofol evaluiert werden. Methodik: Die Aktivierung von α1β-Glycin-Rezeptoren exprimiert in HEK293 Zellen und in Xenopus Oozyten wurde in vitro mit Hilfe der PatchClamp-Technik untersucht. Die Beeinflussung des Schwimmverhaltens von Kaulquappen ermöglichte es, in einem einfachen in vivo Modell zu bestimmen, ob der Effekt von Chloropropofol über GABA- oder GlycinRezeptoren vermittelt wird. Nach Ligatur des Ischiasnervs in SpragueDawley Ratten (Bennett-Modell) und nachfolgender intrathekaler Applikation von Chloropropofol wurde die analgetische Wirkung beim neuropathischen Schmerz mittels Verhaltenstests untersucht. Ergebnisse: Chloropropofol potenziert im Patch-Clamp-Experiment den Effekt einer submaximalen Glycin-Konzentration (10 µM) bereits im niedrigen nanomolaren Bereich (EC50 von 6,6 ± 3,8 nM / 1000fach niedriger als durch Propofol). Es verlängert im Kaulquappenversuch die Dauer der zirkulierenden Schwimmbewegungen signifikant um 20%. Dieser Effekt war vollständig blockierbar durch den Glycin-RezeptorAntagonisten Strychnin. Chloropropofol bewirkt im in vivo Modell für neuropathischen Schmerz eine signifikante Abnahme der Empfindlichkeit gegenüber mechanischen und thermischen Reizen annähernd bis auf das Ausgangsniveau vor Ligatur des Nerven. Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass durch Halogenierung des Anästhetikums Propofol eine wirkungsvolle und auch selektive Aktivierung von Glycin-Rezeptoren bereits im subanästhetischen Kon zentrationsbereich möglich ist. Im in vivo Modell des neuropathischen Schmerzes zeigt sich eine gute analgetische Potenz ohne Anzeichen toxischer Nebenwirkungen. Diese Erkenntnisse über halogeniertes Pro pofol könnten die Grundlage für die Entwicklung neuer und erstmals selektiver Modulatoren der glycinergen Inhibition zur Verwendung als Analgetika liefern.
Fragestellung: Die Fascia thoracolumbalis (FT) spielt eine wesentliche Rolle bei der aufrechten Körperhaltung und bei Rumpfbewegungen. Sie ist nicht nur ein passiver Vermittler der mechanischen Kräfte in der Lumbosakralregion, sondern sie besitzt selbst kontraktile Eigenschaften. Einige Techniken der Manuellen Medizin und der Osteopathie richten sich auf die FT (z.B. fascial release, Massage). Inwieweit die Faszie als potentielle Schmerzquelle bei unspezifischen Rückenschmerzen in Frage kommt, ist unbekannt, weil bislang kaum Daten über die Innervation der FT vorliegen. Die vorhandenen Ergebnisse sind dürftig und teilweise widersprüchlich. Ziel der Untersuchung war es, systematische Daten über die Innervation der FT zu erhalten. Material und Methode: Untersuchungsgegenstand war die FT der Ratte. Die Innervation wurde immunhistochemisch mit Antikörpern gegen das Strukturpeptid PGP 9.5 (Protein Gene Product 9.5), gegen die Neuropeptide Calcitonin gene-related peptide (CGRP) und Substanz P (SP) sowie gegen Tyrosinhydroxylase (TH) untersucht. PGP 9.5 gilt als universeller Marker für alle Nervenfasern, CGRP und Substanz P sind Marker für eine Untergruppe afferenter (sensorischer) Fasern. TH wird als Enzym für die Synthese von Noradrenalin benötigt; es gilt als Marker für postganglionäre sympathische Fasern. Ergebnisse: Die FT der Ratte ließ 3 Schichten unterscheiden: 1. Äußere Schicht aus lockerem Bindegewebe in direkter Nachbarschaft mit dem subkutanen Gewebe. 2. Mittlere Schicht aus massiven Kollegenfaserbündeln. 3. Innere Schicht aus lockerem Bindegewebe an der Grenze zur paraspinalen Muskulatur. Die Untersuchungen mit dem PGP9.5-Antikörper zeigten eine allgemein hohe Innervationsdichte der FT vor allem in der äußeren und inneren Schicht. Auch das subkutane Gewebe war dicht innerviert. Generell war die Innervationsdichte der Faszie höher als die des darunterliegenden Muskels. Die sensorischen (CGRP- und SP-positiven) Fasern machten etwa 15% der Gesamtinnervation aus. Interessanterweise fehlten die vermutlich nozizeptiven SP-positiven Fasern in der mittleren Schicht vollständig. Nach unseren Ergebnissen muss ein großer Teil der FTInnervation aus sympathischen Fasern bestehen. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass die FT ähnlich dicht innerviert ist wie z.B. die Achilles-Sehne, die ebenfalls sehr schmerzhaft sein kann. Die Faszie kommt daher als potentielle Schmerzquelle bei Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen in Betracht. Das hohe Ausmaß der sympathischen Innervation könnte von Bedeutung bei solchen Patienten sein, die eine Abhängigkeit ihrer Rückenschmerzen von psychischen Stressoren angeben.
Literatur 1. Laube B, Maksay G, Schemm R et al. ������������������������������������������������� Modulation of glycine receptor function: a novel approach for therapeutic intervention at inhibitory synapses? ��������������������� Trends Pharmacol Sci 2002;23(11):519-527. 2. Haeseler G., Ahrens J., Krampfl K. et al. ������������������������������������������������ Structural features of phenol derivatives determining potency for activation of chloride currents via a1 homomeric and a1b glycine receptors. British Journal of Pharmacology 2005 Aug;145(7):916-25
P03.5 Spontanaktivität langsam leitender Nervenfasern von normalen und entzündeten Kniegelenken der Ratte vor und nach mechanischer und chemischer Gelenkreizung M. Pawlak1, R. F. Schmidt2 1 Katedra Fizjologii, Biochemii i Higieny, AWF Poznan, Polen und Physiologisches Institut der Universität Würzburg; 2 Physiologisches Institut der Universität Würzburg Einleitung: Somatische nozizeptive Afferenzen sind normalerweise selten spontan aktiv. Während einer Entzündung oder während Regenera
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Abstracts tion nach Durchtrennung entstehen jedoch in einem Teil der langsam leitenden Fasern spontane Aktionspotentiale. Fragestellung: Mit Einzelfaserableitungen wurde die Spontanaktivität (SA) langsam leitender Nervenfasern von normalen und entzündeten Kniegelenken der Ratte vor und nach mechanischen und chemischen Reizen untersucht um festzustellen, ob solche Reize Spontanaktivität induzieren oder, falls vorhanden, modifizieren. Methodik: Primär sensible Nervenfasern (n=304) mit Leitungsge schwindigkeiten von 0,61 bis 12,7 m/s (C- und Aδ- Fasern) wurden einzeln extrazellulär abgeleitet. Zum Feststellen einer evtl. vorhandenen Spontanaktivität wurden die Fasern am Anfang für 20 bis 30 Minuten beobachtet. Danach wurden Reize appliziert und die Registrierung des Entladungsverhaltens bis zum Erreichen des alten oder eines neuen stabilen Niveaus fortgesetzt. Die mechanische Stimulation umfasste drehmomentkontrollierte Außen- und Innenrotationen des Gelenks innerhalb und außerhalb seines normalen Arbeitsbereichs. Bradykinin (BK) und Substanz P (SP) 10–4 M wurden über einen dünnen Katheter retrograd in die A. saphena appliziert. Eine experimentelle Entzündung wurde durch intraartikuläre Injektion von Kaolin und Carrageenan induziert. Die Auswertung der SA erfolgte mittels mrate Software. Die Versuche wurden von der Bezirksregierung Unterfranken genehmigt und das gesamte Vorgehen entsprach dem international üblichen Standard. Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Mehrheit der untersuchten Fasern aus normalen und entzündeten Kniegelenken zeigte keine Spontan aktivität. Lediglich 8% von 162 Afferenzen aus den normalen und 11,8% von 142 Fasern aus entzündeten Kniegelenk wiesen eine Spontanaktivität auf. Weitere 24 Fasern (7,9% der Gesamtpopulation) entwickelten eine Spontanaktivität nach mehreren Bewegungszyklen oder erst nach der Applikation von Testsubstanzen. Die Frequenz der spontanen Aktions potentiale lag bei 0,1 bis 3 Hz. Im Verlauf der Ableitung fand sich bei 53,8% der spontan aktiven Fasern aus dem normalen Kniegelenk keine Änderung der SA, 30,8% der Fasern zeigten eine Zunahme und 15,4% eine Abnahme. Die entsprechenden Ergebnisse im entzündeten Kniegelenk betrugen 29,4% bzw. 58,8% und 11,8%. Die Entladungsfrequenz der Faser aus entzündeten Gelenken lag in der Regel höher als bei denen aus normalen Gelenken. Die Durchschnittswerte betrugen 0,46 Hz (Kontrolle entzündet) und 0,39 Hz (Kontrolle normal) in den ersten 20 Minuten und 0,57 bzw. 0,5 Hz während der gesamten Ableitungszeit. Die Gabe des Entzündungsmediators SP in der Konzentration von 10–4 M erhöhte die Spontanfrequenz von 0,35 Hz auf 0,42 Hz in normalen (n=11) und von 0,29 Hz auf 0,35 Hz in entzündeten Kniegelenken (n=6). P03.6 Potential involvement of tetrodotoxin-insensitive sodium channel Nav 1.8 in muscle pain S. Hahnenkamp, N. Üceyler, C. Sommer Neurologie, Neurologische Klinik und Poliklinik der Universität Würzburg Background: Muscle pain is a disorder of poorly understood pathophysiology. ��������������������������������������������������������������� Different studies could show that the tetrodotoxin-insensitive sodium channel Nav 1.8 is involved in inflammatory and possibly in neuropathic pain. Our aim was to analyze the involvement of Nav 1.8 channels in the development of muscle pain and to detect a cytokine cascade occurring in mice having muscle pain. Methods: Wildtype mice and NaV 1.8 knockout (ko) mice received a single intramuscular (i.m.) injection of either tumor necrosis factor-alpha (TNF��������������������������������������������������������������� α�������������������������������������������������������������� ), Complete Freund’s Adjuvant (CFA) or sodium chloride (NaCl). Motor deficiencies were monitored with rotarod. Spontaneous pain behavior was observed using Attal-Score. With a remodeled Randall-Selitto test, pressure pain was measured at the hindlimb muscles. All behavioral tests were performed between 3hours (h) and 14 days after injection. Muscle tissue was sampled at the time of maximal pain (24h after i.m. injection). Luminex was used to measure the protein levels of several cytokines, calcitonin gene-related peptide and nerve growth factor. Results: The pressure pain test showed that TNF and CFA, but not NaCl, caused pressure hyperalgesia in the wildtype mice 6h, 9h and
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24h after i.m. injection. Whereas in the Nav 1.8 ko mice less pressure hyperalgesia could be observed (p<0.05). No motor deficiencies or spontaneous pain behavior in both mice groups could be detected. Luminex showed altered protein levels. Conclusion: TNF as well as CFA i.m. injections can be used as a mouse model of muscle pain. Nav 1.8 ko mice do not evolve muscle pain after TNF respectively CFA i.m. injection. Our results suggest that Nav 1.8 channels are probably involved in the pathophysiology of muscle pain. P03.7 Die Aktivierung peripherer KATP-Kanäle sowie die Inhibition von COX-1 vermindert mechanische Hyperalgesie nach Inzision im Tiermodell S. Reichl, P. K. Zahn, M. Augustin, E. Pogatzki-Zahn Klinik für Anästhesiologie und postoperative Intensivmedizin, Uniklinikum Münster Fragestellung: Bei der Entstehung von Hyperalgesie nach einer oper ativen Schnittinzision kommt es zu einer Sensitisierung nozizeptiver Afferenzen (A-delta/C-Fasern, [1]); die zugrundeliegenden Mechanismen sind bisher weitgehend ungeklärt Kürzlich konnte in einer klinischen Studie ein signifikanter Effekt einer lokalen Wundinfiltration mit dem nicht-selektiven COX-Inhibitor Diclofenac auf postoperative Schmerzen gezeigt werden [2] In der vorliegenden tierexperimentellen Studie sollen einzelne zugrunde liegende Mechanismen postoperativer Nozizeption untersucht werden. Methode: Männliche Sprague-Dawley-Ratten (n=86) erhielten einen Schnitt (1cm) in Haut/Faszie der rechten Fußsohle. Vor und zwei Tage nach Inzision wurde die mechanische Reaktionsschwelle (RS) mittels vonFrey Filamente bestimmt. Anschließend wurden folgende Substanzen lokal in die Inzisionswunde appliziert und die RS im Zeitverlauf bestimmt: Diclofenac (100µg, 200µg, 600µg und Vehikel; n=6/Gruppe), SC560 (selektiver COX1-Inhibitor 600µg, 1000µg und Vehikel; n=6/ Gruppe), NS398 (selektiver COX2-Inhibitor 100µg, 200µg, 400µg und Vehikel; n=4/Gruppe), Pinacidil (selektiver KATP-Kanal-Agonist 60µg und Vehikel; n=6/Gruppe) und Glibenclamid (selektiver KATP-KanalAntagonist und Vehikel; 50µg; n=5/Gruppe). Kontralaterale Injektionen der höchsten Dosierungen dienten zum Ausschluss einer systemischen Wirkung. In einer separaten Gruppe von Tieren wurde 10 Minuten vor Gabe von Pinacidil der KATP-Kanal Inhibitor Glibenclamid (n=6) injiziert und die RS gemessen . Ergebnisse: Diclofenac erhöhte dosisabhängig die nach Inzision reduzierte RS von 65mN auf 148mN (100µg) und 236 mN (200µg) 60 Min nach Injektion (p<0,05 versus Kontrolle). Nur 600µg Diclofenac erhöhte nach kontralateraler Injektion die RS und lies einen systemischen Effekt vermuten. Nach Gabe von 1mg SC560 konnte die RS von 35mN auf 111mN (p<0,05) angehoben werden. Die Gabe von NS398 hatte keinen Effekt. Pinacidil konnte die RS von 35mN auf 106mN nach Inzision anheben (p<0,05). Dieser Effekt konnte durch die Gabe von Glibenclamid aufgehoben werden. Die alleinige Gabe von Glibenclamid hatte keinen Einfluss auf die RS nach Inzision. Diskussion: Wir konnten zeigen, dass eine selektive periphere COX1Hemmung, nicht aber eine selektive COX2-Hemmung mechanische Hyperalgesie nach Inzision signifikant reduziert. Ebenfalls führt die Aktivierung ATP-abhängiger Kalium-Kanäle zu einer Verminderung mechanischer Hyperalgesie nach Inzision. Schlussfolgerung: Unsere Untersuchungen weisen auf zwei wichtige periphere Mechanismen für mechanische Hyperalgesie nach Inzision hin: 1. die Hemmung von KATP-Kanälen auf Nozizeptoren führt wahr scheinlich zu deren Sensitisierung und damit zu mechanischer Hyper algesie nach Inzision. 2. eine periphere Aktivierung der COX1, nicht aber der COX2 ist für periphere Sensitisierungsprozesse und mechanische Hyperalgesie nach Inzision mitverantwortlich. Literatur 1. Pogatzki EM, Gebhart GF, Brennan TJ. Characterization of Adelta- and C-fibers innervating the plantar rat hindpaw one day after an incision. J Neurophysiol 2002;87(2):721-731.
2. Lavandhomme P, Roelants F, Waterloos H, De Kock MF. Postoperative analgesic effects of continuous wound infiltration with diclofenac after elective cesarean delivery. Anesthesiology 2007;106:1220-1225.
P03.8 NGF bewirkt eine differenzielle Sensibilisierung der axonalen Erregbarkeit von mechano-insensitiven Nozizeptoren O. Obreja1, M. Ringkamp2, E. Forsch1, R. Rukwied1, M. Petersen1, M. Schmelz1 1 Klinische und Experimentelle Schmerzforschung, Klinik für Anästhesiologie, Mannheim; 2 Department of Neurosurgery, The Johns Hopkins Hospital, Baltimore, USA Nervenwachstumsfaktor (NGF) sensibilisiert Nozizeptoren und bewirkt klinisch eine Überempfindlichkeit. Eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Überempfindlichkeit bei Menschen spielen die sogenannte mech ano-insensitive C-Nozizeptoren (CMI), die durch ihre viel stärkere Aktivitätsinduzierte Verlangsamung der Leitgeschwindigkeit [engl. „activity-induced Slowing of conduction velocity“] von den polymodalen Nozizeptoren (CM) zu unterscheiden sind. Fragestellung: NGF moduliert die Expression von Natriumkanälen, inklusiv der axonalen Isoform Nav1.7. Es ist deswegen zu vermuten, dass NGF die axonalen Eigenschaften von Nozizeptoren beeinflussen könnte. Mittels elektrophysiologischen Verfahren haben wir festgestellt, dass identische Klassen von Nozizeptoren und Nicht-Nozizeptoren bei Men schen und Schwein existieren. Hier wurden die subakuten Effekte des Nervenwachstumsfaktors auf die axonalen Eigenschaften der Schweine Nozizeptoren untersucht. Methode: Die Tiere wurden in 4 Gruppen eingeteilt. Zwei Gruppen wurden mit NGF (2 bzw. 8µg) behandelt. Eine Kontrollgruppe bekam Kochsalzlösung und die zweite Kontrollgruppe blieb unbehandelt. Alle Testlösungen wurden intrakutan auf die mediale Seite beider Beine an jeweils 5 standardisierten Orten gespritzt. In vivo extrazelluläre Ab leitungen vom N. saphenus wurden 4 bis 7 Tage später durchgeführt. Die sensorischen und axonalen (das „Slowing“) Eigenschaften jeder abgeleiteten Einzelfaser wurden bestimmt. Dementsprechend wurden die afferente C-Fasern als mechano-sensitive (CM) oder mechanoinsensitive (CMi) klassifiziert. Ergebnisse: Die Vorbehandlung mit NGF reduzierte das Slowing von mechano-insensitiven C-Fasern signifikant. Die Wirkung war Dosis- und Zeitabhängig. Das total Slowing von CMi Fasern während der elektrischen Stimulation (2Hz, 3Min) sank von 30.7 ± 4.5% (Kontrolle; n=24) auf 23.7 ± 3.5% (NGF 2μg; n= 11) bzw. 20.2 ± 6.3% (NGF 8μg; n= 9). Im Gegensatz dazu blieb das total Slowing von CM Fasern unverändert (Kontrolle: 13.9 ± 1.1%; n= 42; NGF 2µg: 16.3 ± 1.6%; n= 20; NGF 8µg: 14.6 ± 1.9%). Die NGF-induzierte Abnahme des Slowings in CMi Fasern war zeitabhängig, sodass 7 Tage nach der NGF Injektion kein signifikanter Unterschied des Slowing mehr zwischen den CM und CMi Fasern bestand. Außerdem induzierte NGF eine sensorische Überempfindlichkeit in CM Fasern: die mechanische Schwellen sanken von 100mN (Kontrolle, n= 17) auf 60mN (NGF 8µg; n= 10). Unabhängig vom Fasertyp, beeinflusste die KochsalzKontrolle weder die sensorischen noch die axonalen Eigenschaften der Nozizeptoren. Schlussfolgerung: Wir konnten zeigen, dass NGF nicht nur eine Über empfindlichkeit der nozizeptiven Endigungen, sondern auch eine dif ferenzielle Sensibilisierung der axonalen Erregbarkeit von mechanoinsensitiver Nozizeptoren bewirken kann. Dadurch könnte das NGF eine zentrale Rolle spielen für die Entwicklung und Erhaltung der Überempfindlichkeit und chronischen Schmerzen.
P03.9 Die Rolle spinaler GABA-A und GABA-B Rezeptoren auf Hyperalgesie nach Inzision im Tiermodell S. Reichl, P. K. Zahn, M. Augustin, D. Evers, E. Pogatzki-Zahn Klinik für Anästhesiologie und postoperative Intensivmedizin, Uniklinikum Münster Fragestellung: Der inhibitorische Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) und seine Rezeptoren sind bei der spinalen Transmission nozi zeptiver Information beteiligt. Ein Verlust spinaler GABAerger Effekte wird als mögliche Ursache für chronische inflammatorische und neuro pathische Schmerzen angesehen (1–3). Die Rolle von GABAA-und GABAB-Rezeptoren bei der Entwicklung von Hyperalgesie nach Inzision ist bisher völlig unbekannt. Methode: Bei Sprague-Dawley-Ratten (n=83) mit intrathekalem (IT) Katheter wurde am Tag der Inzision die mechanische Reaktionsschwelle (RS; kalibrierte von-Frey Filamente) und die thermale Reaktionszeit (RZ, Applikation eines Hitzereizes) bestimmt und ein Schnitt (1cm) in Haut, Faszie und Plantarismuskel der rechten Fußsohle durchgeführt. Nach erneuter Bestimmung der RS oder RZ erfolgte die IT-Gabe von: GABAAAgonist Muscimol (0,1µg,0,3µg;n=5–6/Gruppe), GABAB-Agonist Baclofen (0,1µg,0,3µg,n=6/Gruppe), GABAB-Antagonisten CGP35348 (30µg,n=4), GABAA-Antagonisten Bicuculline (0,3µg,2µg;n=4) oder Vehikel. Zwei weitere Gruppen erhielten erst den GABA-Antagonisten (Bic 0,3µg,CGP35348 30µg,n=5–7). und 15 Minuten später die jeweiligen Agonisten (Mus 0,3µg,Bac 0,3µg). Darüber hinaus wurden die beiden Agonisten Muscimol und Baclofen bei Ratten in die Inzisionswunde bzw. kontralateral in die Pfote injiziert. Desweiteren erfolgte die immunhistochemische Untersuchung der spinalen Expression (L4/5) der α-Untereinheiten des GABAA-Rezeptors 4h, 24h und 7d nach Inzision sowie in Kontrolltieren. Ergebnisse: Nach IT Gabe von Muscimol und Baclofen zeigte sich ein Anstieg der 2h nach Inzision reduzierten RS von 67mN (Pre) auf 176mN 90 Min und 69mN auf 145mN 60 Min nach Injektion (p<0,05 versus Kontrolle). Die Effekte beider Substanzen auf die Hitzehyperalgesie nach Inzision zeigte einen signifikanten Anstieg der RZ 60–120 Minuten nach IT Injektion (p<0,05 versus Kontrolle). Durch die vorherige Gabe des jeweiligen Antagonisten konnte die Wirkung des Agonisten signifikant aufgehoben werden. Die alleinige Gabe der Antagonisten steigerte das Schmerzverhalten nach Inzision. Die periphere Injektion von Muscimol und Baclofen führte zu keiner signifikanten Änderung der RS. Immunhistochemisch zeigte sich eine Reduzierung der α3-Dichte im Rückenmark von Ratten nach Inzision mit dem Maximum 24h nach Inzision. Diskussion: Die Aktivierung spinaler GABAA- und GABAB-Rezeptoren führt zu einem antihyperalgetischen Effekt nach Inzision im Tiermodell. Da die alleinige Gabe von GABAA- und GABAB- Antagonisten eine gesteigerte Hyperalgesie nach Inzision bewirkt, scheint die Verminderung der tonischen Inhibition des GABAergen Systems wichtig für die Hyperalgesie nach Inzision zu sein. Schlussfolgerung: Die Aktivierung spinaler GABAA- und GABABRezeptoren stellt einen möglichen Angriffspunkt bei der Behandlung postoperativen Schmerzen dar. Literatur 1. Moore KA, et al. Partial ����������������������������������������������������������������������� peripheral nerve injury promotes a selective loss of GABAergic inhibition in the superficial dorsal horn of the spinal cord. J. Neurosci. 22, 6724–6731 (2002). 2. Malan TP, Mata HP, Porreca F. Spinal GABAA and GABAB receptor pharmacology in a rat model of neuropathic pain. Anesthesiology 96, 1161–1167 (2002). 3. Patel S, Naeem S, Kesingland A, et al. The effects of GABA(B) agonists and gabapentin on mechanical hyperalgesia in models of neuropathic and inflammatory pain in the rat. Pain. 2001 Feb 15;90(3):217-26.
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Abstracts P03.10 Defining the role of the sensory neuron sodium channel Nav1.8 in cold and heat pain signalling: A fMRI study in genetically modified mice C. Heindl-Erdmann1, K. Zimmermann1, K. Brune2, P. Reeh1, A. Hess1 1 Institute of Pharmacology, FAU Erlangen-Nuremberg, Erlangen; 2 Doerenkamp Professorship, Innovations in Animal and Consumer Protection, FAU Erlangen-Nuremberg, Erlangen Pain fulfils a protection and warning function for living organism against noxious stimuli. Evolutionary, protective behaviour requires that nociceptive processing also works not only for heat at high but also at low temperatures. In our recent behavioural and electrophysiological studies on Nav1.8 deficient mice the tetrodotoxin-resistant voltage-gated sodium channel Nav1.8 proved to play an essential role for the sustained excitability of peripheral nociceptors in cold states. Hereby, Nav1.8 remains available as the sole electrical impulse generator in nociceptors that transmits nociceptive information from the periphery to the central nervous system. However, it is largely unknown, which cerebral brain areas are mainly affected by this entire mechanism of cold pain processing. On the other hand functional magnetic resonance imaging using the BOLD signal (fMRI) allows for the brain structure specific study of pain signalling and processing inside the CNS and thereby also for the definition of associated modulatory pathways. Here, we combined both leading edge technologies (transgenic animals and non-invasive imaging) by performing BOLD fMRI in WT and Nav1.8 deficient mice. Thereby, we aimed at visualizing and analyzing cerebral components and genetically driven alterations of cold versus heat pain processing. We applied cold (0–20ºC) or heat stimuli (45–60°C) to the dorsal surface of the right hindpaw of these mice via Peltier elements inside a 4.7T dedicated Bruker animal MRT with optimized data acquisition and analysis scheme. Actually, we were able to detect robust BOLD signals for peripheral cold or heat stimulation. The affected brain areas itself, however, were in both cases compatible with defined brain structures known to be involved in the processing of noxious signals and the pain pathway (e.g. thalamus, somatosensory and cingulate cortex, basal ganglia system). Pronounced differences could be observed between heat and cold stimuli. Strongest group differences were found for cold sensation in Nav1.8 deficient mice, which could be ascribed to changes in activated brain size and peak amplitude and time changes. No major differences were detected in left – right processing. This is consistent with the fact that this genetic modification caused less cold pain sensitivity in behavioural experiments. Hence, we were able to successfully distinguish and characterize pathways conducting painful cold and hot information in the CNS of transgenic mice by BOLD fMRI. SUPPORT: This work was supported by grants from the DFG (FG 661/ TP4), by BMBF (01EM0514, 01GQ0731, 0314102) and by the Doerenkamp Foundation for Innovations in Animal and Consumer Protection.
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P05 Multimodale und andere Therapieverfahren I P05.1 Der Deutsche Schmerzfragebogen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern (DSF-KJ) – Entwicklung eines multimodalen Fragebogens zur Diagnostik und Therapie chronischer Schmerzen im Kindes- und Jugendalter S. Schroeder, T. Hechler, H. Denecke, M. Müller-Busch, A. Martin, A. Menke, B. Zernikow Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Vodafone Stiftungsinstitut für Kinderschmerztherapie und pädiatrische Palliativmedizin, Datteln Fragestellung: Eine optimale und umfassende Diagnostik chronischer Schmerzen ist unabdingbar, um angemessene Therapieentscheidungen treffen zu können und damit nachhaltige Therapieerfolge zu erreichen. Eine multi-dimensionale Erfassung chronischer Schmerzen stellt da her das wichtigste Instrument für die Diagnostik und Therapie von chronischen Schmerzen dar. Während im Erwachsenenbereich der Deutsche Schmerzfragebogen standardmäßig eingesetzt wird, fehlt es an entsprechenden Fragebögen im Kindes- und Jugendbereich. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, die Entwicklung eines multimodalen Anamneseschema in Form eines Fragebogens mit allen relevanten Schmerzbereichen für Kinder und Jugendliche mit chronischen Schmerzen darzustellen, und dessen Güte und Praktikabilität in ff. Schritten zu untersuchen: 1) durch die Anwendung des Fragebogens an einer konsekutiv erhobenen Stichprobe aus Kindern und Jugendlichen (4 bis 18 Jahre), 2) durch die Analyse der fehlenden Items in einer Kind-, Jugendlichen- und Elternversion und 3) durch die Analyse der Experteneinschätzung zum Fragebogen. Material und Methoden: Der Deutsche Schmerzfragebogen für Kinder und Jugendliche (DSF-KJ) wurde auf der Grundlage des bio psychosozialen Schmerzmodells und in multiprofessionellen Experten gremien entwickelt. Der DSF-KJ erfasst soziodemographische Daten, Schmerzcharakteristika, schmerzauslösende und beeinflussende Fak toren, Voruntersuchungen und -behandlungen, schmerzbezogene Beein trächtigung und kognitiv-emotionale und behaviorale Auswirkungen durch die chronischen Schmerzen. Für die Analyse der fehlenden Items und für die Stichprobenbeschreibung bearbeiteten 284 Kinder und Jugendliche (4 bis 18 Jahre), die sich in einer tertiären Schmerzeinrichtung vorstellten, den DSF-KJ. Elf Experten bewerteten den Fragebogen hinsichtlich seiner Nützlichkeit und Handhabbarkeit. Ergebnisse: Der DSF-KJ wurde von den Kindern, Jugendlichen und deren Eltern sorgfältig und mit sehr wenigen fehlenden Items beantwortet. Die Kliniker beurteilten den DSF-KJ als nützlich und praktikabel für Diagnosestellung und Therapieempfehlung. Anhand des DSF-KJ erfolgte eine detaillierte Stichprobenbeschreibung des ambulanten Samples auf der Basis des biopsychosozialen Modells. So stellten sich mehr Mädchen als Jungen in der Ambulanz vor. Die Betroffenen litten vorwiegend unter Kopfschmerzen und waren bereits maßgeblich in ihrem Alltag beeinträchtigt. Kinder und Jugendliche zeigten deutliche Ähnlichkeiten in den Schmerzcharakteristika, jedoch bildete sich die zunehmende Chronifizierung der Jugendlichen durch eine stärkere Beeinträchtigung und mehr Behandlungsversuche ab. Schlussfolgerung: Der DSF-KJ ermöglicht eine standardisierte Erfassung und umfassende Darstellung der Schmerzproblematik von Kindern und Jugendlichen. Trotz seines Umfangs ist er leicht durchführbar und liefert eine profunde Basis für die ärztliche und psychologische Diagnosestellung und Therapieempfehlungen.
P05.2 Ambulante einwöchige intensive interdisziplinäre Therapie chronischer Rückenschmerzen an der Schmerzklinik Nottwil T. Reck, W. Dumat, A. Ljutow, S. Matter, K. Wild, S. Joerges, B. Meyer, A. Röder, W. Schleinzer Institut für Anästhesiologie und Schmerzmedizin, Schweizer Paraplegiker Zentrum, Nottwil, Schweiz Ziel: Chronische Rückenschmerzen stellen ein grosses medizinisches und sozio-ökonomisches Problem dar. Vor diesem Hintergrund etabliert sich die intensive multimodale Schmerztherapie als die Behandlungsform der Wahl. Die Effizienz multidisziplinärer schmerztherapeutischer Ansätze ist unbestritten. Allgemein werden in der ambulanten Therapie dreiwöchige (>100 Stunden) Programme durchgeführt. Wir präsentieren erste Ergebnisse einer einwöchigen ambulanten multi modalen Gruppentherapie. Methode: Acht Patienten werden nach fachübergreifendem Assessment in die Gruppentherapie eingeschlossen. Das einwöchige Therapieprogramm besteht massgeblich aus physiotherapeutischen Massnahmen wie Ver besserung der Körperwahrnehmung, Vermittlung von aktiven Coping strategien, Instruktion vegetativ stabilisierender Massnahmen (insgesamt 12,5 Stunden), Verhaltenstherapie, Entspannungstherapie (16 Stunden), interdisziplinärer Edukation (4 Stunden) sowie ergotherapeutischer Beratung (1 Stunde). Zusätzlich haben die Patienten die Möglichkeit, bei medizinischen Problemen entsprechende Unterstützung zu erhalten. Die Weiterbetreuung erfolgt durch ambulante Termine im 2-Wochen rhythmus über mindestens acht Monate, weitere Termine gegebenenfalls nach Absprache, sowie Instruktion und regelmässige Kontrolle eines Heimprogrammes. Zusätzlich erfolgt eine regelmässige Evaluation mittels kurzer Verlaufsfragebögen. Die Dokumentation des Behandlungsverlaufes erfolgt mittels Frage bogen zu den Zeitpunkten 1 (innerhalb zwei Wochen vor Beginn der Therapiewoche), 2 (unmittelbar nach der Therapiewoche) und 3 (3Monats Follow-up). Eingesetzt werden der Chronic Pain Acceptance Questionnaire (CPAQ-D) mit seinen Subskalen Aktivitätsbereitschaft und Schmerzbereitschaft, der multidimensionale Fragebogen zur Ein schätzung der Schmerzverarbeitung (FESV), der Oswestry Disability Index (ODI-D), die Allgemeine Depressions Skala (ADS), sowie die Beschwerdenliste nach von Zerssen (B-L). Ergebnisse: Es konnten insgesamt 25 Patienten in die Auswertung ein bezogen werden. Eine signifikante positive Veränderung zeigte sich in den beiden Skalen des CPAQ sowie in der Mehrzahl der Dimensionen des FESV. Die übrigen Parameter waren unverändert, sie zeigten allenfalls eine positive Tendenz (ODI). Diskussion: In der Literatur wird ein Therapieprogramm von mindestens 100 Stunden als notwenig für einen Therapieerfolg erachtet. Die hier präsentierten Daten sind erste Ergebnisse einer erst vor relativ kurzer Zeit eingeführten Therapieform. Es liegen noch wenige auswertbare Fragebögen vor. Nach kontinuierlicher Erhebung weiterer Daten wird sich zeigen, ob sich der positive Ersteindruck auch bei einer einwöchigen ambulanten Therapie bestätigen lässt. P05.3 Multimodale Gruppentherapie bei Senioren mit chronischen Schmerzen: Konzept und Ergebnisse nach 6 Monaten P. Mattenklodt1, A. Ingenhorst1, B. Flatau2, C. Wille1, K. Ulrich3, R. Sittl1, N. Grießinger4 1 Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen; 2 med train – Zentrum für Gesundheitssport, Erlangen; 3 Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen; 4 Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen Hintergrund: Auch für die Therapie älterer Schmerzpatienten wird die Integration medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapiever fahren im Sinne einer multimodalen Schmerztherapie empfohlen [1, 2].
Für den deutschsprachigen Raum liegen hierzu jedoch noch kaum Daten vor. Methode: Seit Juni 2005 bieten wir ein multimodales Gruppenprogramm an, welches sich speziell an über 70-jährige, gehfähige chronische Schmerz patienten richtet (10 Wochen/20 Behandlungstage; tagesklinisch). Zur Evaluation haben wir klinische, psychometrische und sportmedizinische Daten der Patienten zu Beginn und am Ende der Therapie erhoben [3], die klinischen und psychometrischen Daten zusätzlich erneut zum Follow up-Zeitpunkt nach 6 Monaten. Als Kontrollgruppe für den PräPost-Verlauf erhoben wir bei Patienten der Warteliste zu Beginn und Ende eines zehnwöchigen Beobachtungszeitraums die Schmerzstärke sowie ADS, PDI, FESV und SF-36. Ergebnisse: Von Januar 2006 bis Juni 2007 konnten 24 Patienten (75,08 ± 5,63 Jahre, MW ± SD) in die Auswertung einbezogen werden. Als Hauptschmerzdiagnose hatten 19 Patienten muskuloskelettale Schmerzen, 4 Patienten Nervenschmerzen und 1 Patient Kopfschmerzen. Im Verlauf der Therapie verringerte sich die durchschnittliche Schmerzintensität von 6,8 ± 1,78 (MW ± SD) auf 5,1 ± 1,8 (p < 0.001), die Depressivität (ADS, T-Wert) sank von 60,1 ± 7,99 auf 52,8 ± 9,54 (p < 0.01), auch die subjektive Beeinträchtigung durch den Schmerz (PDI) reduzierte sich (Gesamt-MW: 4,7 ± 2,0 vs. 3,7 ± 1,6; p < 0.05). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-36, psychische Summenskala) verbesserte sich von 39,2 ± 12,0 auf 46,5 ± 9,6 (p < 0.05). Die Patienten griffen bei Therapieende signifikant häufiger als bei Therapiebeginn auf Schmerzbewältigungsstr ategien zurück (FESV). Die Mehrzahl der Parameter der körperlichen Leistungsfähigkeit verbesserte sich von Therapieanfang zu Therapieende signifikant. Die Effektstärken der erreichten Verbesserungen lagen über wiegend im mittleren bis hohen Bereich. In der Wartelistenkontrollgruppe kam es im Vergleichzeitraum zu keinen signifikanten Veränderungen. Zum Follow up-Zeitpunkt nach 6 Monaten erwiesen sich die bei Therapieende gemessenen Verbesserungen überwiegend als stabil. Schlussfolgerung/Ausblick: Eine an die Bedürfnisse älterer Menschen (über 70 Jahre) angepasste multimodale Schmerztherapie ist eine effek tive Therapieoption, um auch bei älteren Patienten die Schmerzintensität und die Beeinträchtigung durch die Schmerzen zu verringern, die Lebensqualität zu verbessern und die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Es wird die Möglichkeit diskutiert, das Konzept um die systematische Erfassung und konfrontationstherapeutische Behandlung von fear avoidance beliefs mit Hilfe des AMIKA-Systems („Ältere Menschen in körperlicher Aktivität“) [4] zu ergänzen. Literatur 1. American Geriatrics Society Panel on Persistent Pain in Older Persons (2002): The management of persistent pain in older persons. J Am Geriatr Soc 50: S205 - S224. 2. Australian Pain Society (2005): Pain in residential aged care facilities: Management strategies. Sydney: Australian Pain Society. 3. Mattenklodt et al. ����������������������������������������������������������������� (2008): Multimodale Gruppentherapie bei Senioren mit chronischen Schmerzen. Konzept und Ergebnisse im Prä-Post-Vergleich. Der Schmerz 22:551-561. 4. Quint et al. (2007): AMIKA: Ältere Menschen in körperlicher Aktion. Schmerz 21:453461.
P05.4 Langzeiteffektivität der multimodalen tagesklinischen Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen A. Schütze1, K. Große1, U. Kaiser1, M. Schiller1, B. Konrad2, P. Gerhardt1, U. Ettrich3, R. Scharnagel1, G. Goßrau4, R. Sabatowski1 1 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Universitäts SchmerzCentrum, Dresden; 2 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Universitäts PhysiotherapieZentrum, Dresden; 3 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Dresden; 4 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Dresden Hintergrund: Chronischer Schmerz ist eines der am weitesten verbreiteten medizinischen Probleme, häufig wird die Symptomatik durch soziale und psychologische Kofaktoren beeinflusst. Die Effektivität multimodaler Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Behandlungsansätze konnte sowohl bezüglich kurzfristiger als auch mittelfristiger Therapieeffekte nachgewiesen werden. Dennoch gibt es bisher wenig Belege für langfristige Therapieeffekte. Unsere prospektive Studie analysiert Outcome-Werte der 1- und 2-Jahreskatamnesen bei Patienten mit chronischen Schmerzen, die in einem tagesklinischen, multimodalen Setting behandelt wurden. Methodik: Auf der Basis eines multimodalen Konzeptes, welches auf dem bio-psycho-sozialen Schmerzmodell beruht, wurden Patienten nach einem standardisierten Vorgehen zunächst über 4 Wochen, ge folgt von einer ergänzenden Therapiewoche (Boosterwoche) nach 3 Monaten, behandelt. Untersuchungen der Lebensqualität (SF-36), der Schmerzintensität (NRS), der schmerzbedingten Beeinträchtigung (PDI), Angst und Depression (HADS-D) sowie Coping Strategien (CSQ) fanden zu Beginn des Aufenthaltes (T1), nach 1 (T2), 3 (T3), 6 (T4), 12 (T5) und 24 (T6) Monaten regulär statt. In dieser Analyse wurden nur die Daten der Erhebungen T5 und T6 berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden auf einem Niveau von p≤0.05 als signifikant angesehen. Zusätzlich wurden Effektstärken (ES) berechnet. Die statistischen Analysen wurden mittels SPSS-15® durchgeführt. Ergebnisse: Insgesamt waren von 148 Patienten (mittleres Alter 51 Jahre; Geschlecht: 81% weiblich; Behandlungszeitraum 2006–2007) Fragebögen der Jahreskatamnese verfügbar, von 58 Patienten konnten die 2-Jahreskatamnesen ausgewertet werden. Alle untersuchten Para meter zeigten statistisch signifikante Verbesserungen nach einem bzw. zwei Jahren im Vergleich zu den Eingangsdaten (T1 vs. T5/T6). Die bemerkenswertesten Veränderungen fanden sich im CSQ auf der Skala der Katastrophisierung (T1-T5: p<0.001, ES 0.65; T1-T6: p<0.001, ES 0.61). Die durchschnittliche Schmerzstärke verringerte sich ebenfalls (T1-T5: p<0.001, ES 0.71; T1-T6: p=0.003, ES 0.58). Ein Jahr nach der multimodalen Behandlung (T1-T5) verbesserte sich der körperliche Summenscore des SF-36 signifikant (p<0.001) im mittleren Effektstärkenbereich (ES 0.50). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten mit chronischen Schmerzen selbst zwei Jahre nach Beendigung des multimodalen tagesklinischen Behandlungsprogrammes von diesem profitieren, was für einen langfristigen Therapieeffekt spricht. P05.5 Multimodale tagesklinische Therapie von Patienten mit Kopfschmerzen – Ergebnisse der 1-Jahreskatamnese A. Schütze¹, K. Große¹, U. Kaiser¹, M. Schiller¹, B. Konrad², P. Gerhardt¹, U. Ettrich³, R. Scharnagel¹, G. Goßrau⁴, R. Sabatowski¹ ¹Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Universitäts Schmerz Centrum, Dresden; ²Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Universitäts Physiotherapie Zentrum, Dresden; ³Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Dresden; ⁴Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Dresden Hintergrund: Chronischer Schmerz ist eines der am weitesten ver breiteten medizinischen Probleme, häufig wird die Symptomatik durch soziale und psychologische Kofaktoren beeinflusst. Die Effektivität multi modaler Behandlungsansätze konnte sowohl bezüglich kurzfristiger als auch mittelfristiger Therapieeffekte aufgezeigt werden. Dennoch gibt es bisher wenig Belege für langfristige Therapieeffekte. Unsere prospektive Studie analysiert Outcome-Werte der Jahreskatamnesen bei Patienten mit chronischen Kopfschmerzen, die in einem tagesklinischen, multimodalen Setting behandelt wurden. Methodik: Auf der Basis eines multimodalen Konzeptes, welches auf dem bio-psycho-sozialen Schmerzmodell beruht, werden unsere Patien ten nach einem standardisierten Vorgehen zunächst über 4 Wochen, gefolgt von einer ergänzenden Therapiewoche nach 3 Monaten, behan delt. Untersuchungen der Lebensqualität (SF-36), der Schmerzintensität (NRS), der schmerzbedingten Beeinträchtigung (PDI), Angst und
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Depression (HADS-D) sowie Coping Strategien (CSQ) finden zu Beginn des Aufenthaltes (T1), nach 1 (T2), 3 (T3), 6 (T4), 12 (T5) und 24 (T6) Monaten regulär statt. Hier wurden nur die Daten der Erhebungen zur Jahreskatamnese (T5) berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden auf einem Niveau von p≤0.05 als signifikant angesehen. Zusätzlich wurden Effektstärken berechnet. Die statistischen Analysen wurden mittels SPSS-15® durchgeführt. Ergebnisse: Insgesamt sind von 30 Patienten mit chronischen Kopf schmerzen (mittleres Alter 50; Geschlecht: 83% weiblich; Behandlungs zeitraum 2006–2007) Fragebögen der Jahreskatamnese verfügbar. Alle untersuchten Parameter zeigten statistisch signifikante Verbesserungen nach einem Jahr im Vergleich zu den Eingangsdaten (T1 vs. T5). Die bemerkenswertesten Veränderungen fanden sich im CSQ auf der Skala der Katastrophisierung (T1-T5: p<0.001, ES 0.88). Die durchschnittliche Schmerzstärke verringerte sich ebenfalls deutlich (T1-T5: p<0.001, ES 0.84). Ein Jahr nach der multimodalen Behandlung verbesserte sich der körperliche Summenscore des SF-36 signifikant (p<0.001) im mittleren Effektstärkenbereich (ES 0.62). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten mit chronischen Kopfschmerzen auch ein Jahr nach Beendigung des multimodalen tagesklinischen Behandlungsprogrammes von diesem profitieren, was für einen langfristigen Therapieeffekt spricht. P05.6 Multimodale Therapie des CRPS I bei Blockade des Os scaphoideum / Os capitatum re nach Reanimationsübung H. G. Parthey1, R. Dertwinkel1, K. Kieseritzky1, H. Brand2 1 Anästhesie, St. Joseph-Hospital, Bremerhaven; 2 Physiotherapie, St. Joseph-Hospital, Bremerhaven Einleitung: Komplexe Regionale Schmerzsyndrome sind nach Bagatell verletzungen, aber auch ohne erkennbares Trauma beschrieben. Ein persistiernder Schmerz kann ein CRPS unterhalten und sollte daher vermieden werden (Diener/Maier; Schmerztherapie 2.Auf, 2003; 149). Anamnese: Die 21 Jahre alte Patientin stellt sich in der Ambulanz unseres Schmerzzentrums vor. Ca. 2 Monate vorher sei sie am Tag nach einer Reanimationsübung morgens mit Schmerzen in der rechten Hand aufgewacht. Die Hand schwoll im Tagesverlauf an, der Schmerz strahlte zudem zum Ellenbogen rechts aus. Die im Verlauf durchgeführte Diagnostik (inkl. ENG; SSEP; RÖ-Hand, RÖ-Ellenbogen, MRT Kopf, Lumbalpunktion; MRT HWS/Oberer Thorax) ergab Normalbefunde. Bei weiter zunehmenden Symptomen erfolgt ca. 2 Monate nach Krankheitsbeginn die Vorstellung in unserer Ambulanz. Hier zeigt sich eine Patientin mit einem brennenden Schmerz NRS 3-7, belastungsabhängig, v.a. im Bereich des radialen Handgelenkes, zum Teil mit stechenden Anteilen, v.a. bei Belastung. Befund bei Vorstellung: Hand re abgekühlt, livide verfärbt, Schweiß bildung verstärkt, Faustschluss inkomplett, keine Allodynie oder Hyperalgesie, Hypästhesie radialer Handrücken und Handinnenfläche, Bewegungsumfang HG deutlich vermindert (Dorsalextension DE/PF 20°/0°/60° schmerzhaft eingeschränkt), DS über den Fingergrund, mittel und Endgelenken Dig II/III sowie im MHK-Bereich, Pulse seitengleich, Neglect-positiv, sonstiger körperlicher Befund altersentsprechend. Diagnostik: Dreiphasenskelettszintigraphie, seitengleich in den ver schiedenen Phasen Diagnose: CRPS I (nach Leitlinien S1 CRPS) Therapieverlauf: Unter Multimodaler stationärer Therapie mit KG, psychologischer (Schmerz/Stressbewältigung, Bio-feed-back, PMJ) und ärztlicher Betreuung mit täglichen, gemeinsamen Besprechungen ist die Patientin bei Entlassung nach 10 Tagen fast beschwerdefrei (NRS 1–3), der Bewegungsumfang der Hand re ist vollständig, die Schwellung nicht mehr vorhanden. Nach Entlassung kommt es zu einer Zunahme der Symptome (Schmerzverstärkung, Schwitzen). Eine Serie von Blockaden des Ganglion Stellatum bessert die brennenden Schmerzen im Bereich der Hand. Die initial geschilderten stechenden Schmerzen im Bereich des Handgelenkes persistieren. In der physiotherapeutischen Untersuchung
zeigte das Bild einer Blockade des Os scaphoideum zum Os capitatum re. Nach manualtherapeutischer Lösung der Blockade sistieren im Verlauf die stechenden Schmerzen und die CRPS-Symptomatik. Fazit: Durch den Multimodalen Therapieansatz konnte die knöchernen Blockade diagnostiziert und aufgehoben werden und damit eine Chroni fizierung vermieden werden. Die vorherige monomodale Therapie hätte aufgrund der fehlenden, engen Verzahnung zwischen Physiologen, Psychologen und Ärzten zu eine hohe Chronifizierung der Patientin geführt. P05.7 Multimodale tagesklinische Behandlung chronischer Rückenschmerzpatienten – Ergebnisse der 1-Jahreskatamnese K. Große1, U. Kaiser1, M. Schiller1, B. Konrad2, P. Gerhardt1, U. Ettrich3, R. Scharnagel1, G. Goßrau4, A. Schütze1, R. Sabatowski1 1 Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“, Universitäts SchmerzCentrum, Dresden; 2 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Universitäts PhysiotherapieZentrum, Dresden; 3 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Dresden; 4 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Dresden Hintergrund: Chronische Rückenschmerzen sind eines der am weitesten verbreiteten medizinischen Probleme in Deutschland, die häufig von Begleitfaktoren wie körperliche und psychische Einschränkungen, De pressivität und erhöhter Ängstlichkeit geprägt sind. Unsere prospektive Langzeituntersuchung beinhaltet die Ergebnisse der Jahreskatamnese chronischer Rückenschmerzpatienten, die eine multimodale Schmerz therapie (MST) in einer Tagesklinik absolviert haben. Methodik: Die chronischen Rückenschmerzpatienten absolvierten eine standardisierte MST über einen Zeitraum von 4 Wochen, die nach 10 Wochen von einer Wiederholungswoche ergänzt wurde. Die Daten erhebung fand zu Beginn der Therapie (T1), am Therapieende nach 4 Wochen (T2), zur Wiederholungswoche (T3), zur 6-Monatskatamnese (T4) und zur Jahreskatamnese (T5) statt. Es wurden Fragebogen zur Erfassung der Lebensqualität (SF-36), zur Schmerzintensität (NRS), zur Einschätzung der Beeinträchtigung durch die Schmerzen (PDI), zur Depressivität und Ängstlichkeit (HADS-D) sowie zu Schmerzbewältigun gsstrategien (CSQ) erhoben. Im Folgenden werden die Ergebnisse von T5 vorgestellt. Das statistische Signifikanzniveau wurde auf p≤0.05 festgelegt und die Effektstärken (ES) wurden berechnet. Die statistischen Analysen wurden mittels SPSS-17® durchgeführt. Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Jahreskatamnse lagen von 70 Patienten vollständige Fragebögen vor (Behandlungszeitraum 2006–2007, Durch schnittsalter 51 Jahre; Geschlecht: 82,9% weiblich; 56% der Patienten im Chronifizierungsstadium III). Bei allen untersuchten Parametern konnten statistisch signifikante Verbesserungen zum Zeitpunkt der Jahreskatamnese im Vergleich zum Beginn der Therapie gefunden werden. Hinsichtlich des CSQ zeigte sich in der Bewältigungsstrategie „Katastrophisieren” die deutlichste Verbesserung (T1–T5: p<0.001, ES 0.52). Die durchschnittliche Schmerzstärke sowie der körperliche Summenscore verbesserten sich zu T5 statitisch signigikant mit einer hohen (NRS: T1–T5: p<0.001, ES 0.80) bzw. mittleren Effektstärke (PCS: T1–T5: p<0.005; ES 0.42). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse belegen einen Langzeiteffekt auch ein Jahr nach multimodaler tagesklinischer Behandlung von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Die Verbesserungen beinhalten dabei sowohl körperliche als auch psychische Komponenten der gesund heitsbezogenen Lebensqualität.
P05.8 Evaluation einer multimodalen Schmerztherapie und der Einfluss der Schmerzakzeptanz H. Haller1, W. Meißner2, P. Storch3, T. Weiss1, M. Richter3 1 Klinische und Biologische Psychologie, Institut für Psychologie, Jena; 2 Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena; 3 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Jena Fragestellung: Die stationäre multimodale Schmerztherapie am Uni versitätsklinikum Jena ist ein gut etabliertes Konzept einer multimo dalen Versorgung chronischer Schmerzpatienten. Sie findet in klein en Therapiegruppen von durchschnittlich drei Personen statt und involviert ein interdisziplinäres Team der Klinik für Neurologie, der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, des Instituts für Physio therapie und des Instituts für Psychologie. Ziel der Untersuchung war die Einschätzung der Effektivität dieses Therapieansatzes hinsichtlich verschiedener schmerzspezifischer und psychologischer Parameter. Als zusätzliche Fragestellung wurde der Einfluss der Schmerzakzeptanz auf den Therapieerfolg untersucht. Material und Methode: Die Therapie besteht aus 7 bis 10 Behandlungstagen mit einem Minimum von 21 therapeutischen Behandlungseinheiten aus den Bereichen Psychotherapie, Physiotherapie/Sporttherapie und Ergotherapie. Zur Erfassung schmerzrelevanter Parameter wurde der Deutsche Schmerzfragebogen, der Chronic Pain Acceptance Questionaire (CPAQ-D, Nilges et al., 2006) und ergänzende Fragen zur Einschätzung der Selbstwirksamkeit, der Entspannungsfähigkeit und der körperlichen Fitness ausgewertet. Die standardisierte Erhebung erfolgte bei bisher 55 Patienten (v.a. Rückenschmerz und Kopfschmerz) zu vier Messzeitpunkten: Baseline, Prä, Post und 3-Monatskatamnese. Ergebnisse: Statistisch signifikante Verbesserungen zeigten sich für die Schmerzintensität, die schmerzbezogene Beeinträchtigung, die affektive Schmerzwahrnehmung, Depressivität, Ängstlichkeit, allgemeines Wohl befinden und Aktivitätsbereitschaft (niedrige bis mittelgroße Effekt stärken). Es wurde zudem eine signifikante, mittlere Korrelation zwischen der Schmerzakzeptanz zu Therapiebeginn, insbesondere bezüglich der Komponente Aktivitätsbereitschaft, und der Verbesserung der Schmerz intensität durch die Therapie gefunden. Diskussion: Durch die multimodale Schmerztherapie verbesserten sich das Schmerzintensität und das psychische Befinden der Patienten. Im Vergleich zu anderen Studien zeigen sich eher kleine Effekte, die für eine mäßige klinische Relevanz der Ergebnisse sprechen. Gründe dafür sind möglicherweise der vergleichsweise kurze Therapiezeitraum und die lange Krankheitsdauer bei den behandelten Patienten. Die Aktivitätsbereitschaft als Komponente der Schmerzakzeptanz beeinflusst die Effektivität der Schmerztherapie. Schlussfolgerung: Eine multimodale Schmerztherapie verbessert die Schmerzintensität und das allgemeine Funktionsniveau bei chronischen Schmerzpatienten. Möglicherweise könnte neben der Verlängerung des Therapiezeitraums ein frühzeitiges Fördern der Schmerzakzeptanz die Effektivität der Schmerztherapie steigern. P05.9 Vernetzte Versorgung von Schmerzen: Langzeitanalyse von Lebensqualität, Leistungsinanspruchnahme, Kosten, Arbeits- und Sozialsituation H. Göbel1, A. Heinze1, K. Heinze-Kuhn1, K. Henkel1, A. Roth2, H.-H. Rüschmann2 1 Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel; 2 Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen GSbG, Kampen (Sylt) Fragestellung: Vernetzte Versorgung und koordinierte Versorgungs strukturen zielen auf eine hohe und nachhaltige Effizienz bei signifikanter Kostenreduktion. Durch fortlaufende Evaluation und Spezialisierung müssen Behandlungspfade permanent weiterentwickelt und optimiert Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts werden. Die entstehenden medizinischen Behandlungsinnovationen müssen kontinuierlich integriert werden. Auf der Grundlage der Qua litätsorientierung sind alle Akteure auf definierte Behandlungsziele verpflichtet. Dies soll sich in einer Maximierung der Behandlungsqualität umsetzen. Im Rahmen einer unabhängigen externen wissenschaftliche Evaluation über einen kontinuierlichen Zeitraum von zwei Jahren prästationär und zwei Jahren poststationär sollte untersucht werden, ob ein vernetztes Behandlungskonzept für chronische Schmerzen diese Ziele erreicht. Methodik: Eine externe wissenschaftliche Begleitung durch die Ge sellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen und der AOK Schleswig-Holstein dokumentierte im Rahmen eines Modellvorhabens die Patientenkarrieren und analysierte die Wirkungen der modellhaften integrierten Intervention auf Leistungsinanspruchnahme, Kosten, Arbeits- und soziale Situation sowie auf die Lebensqualität chronisch schmerzkranker Patienten. Die Datenerfassung der Patientenkarrieren umfasste fünf Jahre. Grundlage waren patientenbezogene, anonymisierte Leistungsdaten über alle Sektoren (Krankenhaus akutstationär und rehabilitativ mit 500.000 Daten, Vertragsärzte mit 5 Millionen Daten, Arzneimittel mit 6 Millionen Daten, Sach- und Pflegeleistungen mit 800.000 Daten) sowie beitragsrelevante Sozialdaten (mit 700.000 Daten). Die sektorenübergreifende Leistungsinanspruchnahme wurde im Zeitverlauf analysiert, die verursachten Kosten über komplexe Kostenkalkulationen aufgezeigt. Zur Kontrolle der Modellintervention wurden Patienten mit Behandlungen in anderen Akutkrankenhäusern mit gleicher Diagnose, Alter und Geschlecht identifiziert und als Kon trollperson herangezogen. Ergebnis: Als Ergebnis zeigte die umfangreiche und mehrjährige Ana lyse, dass die Modellintervention alle aufgestellten und vereinbarten Ziele für die Versorgung schwer chronisch schmerzkranker Patienten erreichte: Langfristige Schmerzreduktion, Verbesserung der Arbeits fähigkeit, Strukturierung der Patientenkarriere bei gleichzeitiger Kostengünstigkeit. Die Behandlungsergebnisse waren signifikant höher, nachhaltiger und kostengünstiger als in der Regelversorgung. Schlussfolgerung: Die kontinuierliche wissenschaftliche Begleitforschung belegt fortlaufend die hohe Qualität der Behandlungsergebnisse und die nachhaltige Kostenreduktion. Es zeigte sich, dass eine wirksame und nachhaltige Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerz erkrankungen sektoren- und fachübergreifend signifikant effizienter als in der Regelversorgung erfolgen kann. P05.10 Multimodale Schmerztherapie und ihre Ergebnissse in einer universitären Schmerzambulanz M. Brinkers, T. Petz, A. Voigt, D. Hoffmeyer Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Uni Magdeburg AöR, Magdeburg Einleitung und Fragestellung: In der bisherigen Literatur zur Schmerz therapie gibt es zahlreiche Untersuchungen zu einzelnen Störungsbildern wie auch zu einzelnen Therapieverfahren. Gerade auch im Hinblick auf das kürzlich erschienene „Weißbuch Schmerz“ fehlen Überblicke über die jeweiligen Schmerzambulanzen: Welche Patienten mit welchen Diagnosen versorgen sie, welche Methoden verwenden sie, wieviele Patienten haben sie, welche Erfolgsraten haben sie? Material und Methoden: In der Magdeburger Schmerzambulanz arbeiten 2 Anästhesisten, 1 Liaison-Psychiater, 1 Reha-Psychologin, 1 Physiotherapeutin, 2 Schwestern. Die Uni-Ambulanz ist in die normale Regelversorgung eingebunden. Täglich findet eine Neuaufnahme statt, die von allen Mitarbeitern gleichzeitig in großer Runde gesehen wird. Als Störungsbilder werden alle denkbaren Schmerzbilder behandelt, von Tumoren über psychische Störungen bis somatische Krankheitsbilder (mit Ausnahme der Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises). Als Behandlungsformen stehen alle somatischen nichtoperativen Ver fahren zur Verfügung, ergänzt um Hypnotherapie, PMR, Autogenes
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Training, Psychotherapie.Die Daten beziehen sich auf die Auswertung der im Jahre 2008 behandelten Patienten. Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es wurden 277 Patienten neu auf genommen. Insgesamt wurden mit den Patienten aus den Vorjahren 463 Patienten im Jahr behandelt. Die Schmerzambulanz besteht seit 2001; die durchschnittliche Behandlungsdauer über alle Patienten seitdem beträgt 3,38 Jahre. Über 50% der Patienten hatten Wirbelsäulenbeschwerden (51,62%), gefolgt von Störungen des übrigen Muskel-Gelenk-Systems (16,2%). Die übrigen Störungen des MASK-Schemas waren mit jeweils unter 10% vertreten. Unter der multimodalen Therapie waren im Mittel über die verschiedenen Störungen 39,89+ 21,38% der Patienten zufrieden. Derzeit sind die verschiedenen Schmerzkliniken und Ambulanzen nur durch ihre teilweise sehr erfolgreichen Therapieergebnisse in der Diskussion. Bisher lassen sich aber die einzelnen Schmerztherapieteams nicht vergleichen, vor allem aufgrund der immer wieder von den einzelnen Behandlerteams vorgenommenen Einschränkungen der behandelten Grundgesamtheit. Eine Offenlegung der wichtigsten Eckdaten der einzelnen Teams – wie hier vorgenommen, wäre unserer Meinung nach ein erster Schritt auch zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit einer multimodalen Schmerztherapie. P05.11 Analyse der Patientenzufriedenheit im Rahmen der vernetzten Versorgung von chronischen Schmerzerkrankungen H. Göbel, A. Heinze, K. Heinze-Kuhn, K. Henkel, A. Nielson Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel Einleitung: Im Rahmen der Durchführung eines bundesweiten Ver trages nach § 140 f SGB zur integrierten Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Migräne, chronischen Kopfschmerzen, Neuralgien, neuropathischen Schmerzen und Rückenschmerzen soll Patienten eine zeitgemäße Versorgung bei hoher Qualität zur Verfügung gestellt werden. Die Belange der Betroffenen, deren optimierte Betreuung und deren zeitgemäße Behandlung stehen dabei im Mittelpunkt. In der vernetzten Versorgung soll in der nachfolgenden Analyse untersucht werden, wie die koordinierte Versorgung aus Sicht der Versicherten gewertet wird. Es soll in der Analyse die Frage adressiert werden, ob die Qualität der medizinischen Versorgung aus Sicht der Patientinnen und Patienten spürbar verbessert wird. Methodik: 428 konsekutiv behandelte Patientinnen und Patienten erhielten zur Auswertung ihrer individuellen Zufriedenheit einen stan dardisierten Fragebogen. Dieser analysierte die verschiedenen Themen bereiche der medizinischen Behandlung. Die Fragen zielten auch direkt auf die Therapiezufriedenheit und die klinische Wirksamkeit der Be handlung ab. Die Antwortkategorien konnten durch Ankreuzen des Fragebogens von den Patienten ausgewählt werden. Die verschiedenen Fragekategorien wurden anhand von Häufigkeitstabellen und Histo grammen ausgewertet. Ergebnisse: 85% der Versicherten beurteilen die Betreuung durch die Ärzte als ausgesprochen gut. 99% aller Versicherten beurteilen die Behandlungsqualität durch die Ärzte als ausgesprochen gut oder überwiegend gut. 87% der Versicherten geben an, dass sich die Ärzte ausgesprochen ausreichend Zeit für die Behandlung nehmen. 99% der Befragten geben an, dass sich die Ärzte entweder ausgesprochen ausreichend Zeit nehmen oder überwiegend ausgesprochen Zeit nehmen. Die Zusammenarbeit der Therapeuten beurteilen 76% der Versicherten als ausgesprochen gut. 97% beurteilen die vernetzte Zusammenarbeit entweder als ausgesprochen oder als überwiegend gut. 84% der behandelten Patienten geben an, dass die Erwartungen an den Behandlungserfolg entweder ausgesprochen sich erfüllt haben oder überwiegend sich erfüllt haben. 96% geben an, dass sie die Behandlung entweder ausgesprochen gerne oder überwiegend gerne weiterempfehlen werden. Diskussion: Die vernetzte Behandlung von chronischen Schmerzen wird aus Sicht der Patientinnen und Patienten insgesamt sehr positiv bewertet.
Die vertikale und horizontale Vernetzung steht dabei im Mittelpunkt der Optimierung. Schlussfolgerung: Die Ziele der integrierten Versorgung aus Patienten sicht, die Belange der Versicherten, deren optimierte Betreuung und deren zeitgemäße Behandlung in den Mittelpunkt zu stellen, können realisiert werden. P05.12 Reduktion der Arbeitsunfähigkeit durch vernetzte und koordinierte Schmerztherapie H. Göbel, A. Heinze, K. Heinze-Kuhn, K. Henkel, A. Nielson Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel Fragestellung: Chronische Schmerzen führen neben dem individuellen Leid zu hohen indirekten Kosten durch Arbeitsunfähigkeit. Diese be lasten die Versichertengemeinschaft und Arbeitgeber. Neue vernetzte Versorgungmodelle für chronische Schmerzerkrankungen zielen neben der Schmerzlinderung auch auf eine Reduktion der indirekten Kosten. Bonus-Malus-Regelungen im Rahmen der integrierten Versorgung können dabei Leistungserbringer und Kostenträger Behandlungseffizienz und Kosteneinsparung transparent machen. Im Rahmen eines integrierten Behandlungsvertrages zwischen der Schmerzklinik Kiel und der Techni ker Krankenkasse sollte untersucht werden, ob bei vorbestehender längerer Arbeitsunfähigkeit durch die vernetzte Behandlung nachhaltige Arbeitsfähigkeit erreicht werden kann. Methodik: 77 konsekutive Patienten mit chronischen Schmerzer krankungen, die wegen einer chronischen Schmerzerkrankung mehr wöchiges Krankengeld bezogen, wurden im Rahmen eines vernetzten Versorgungskonzeptes im Quartal I-2008 behandelt. Falls die Versicher ten innerhalb der nächsten 6 Monate nach Behandlungsende nicht wieder wegen derselben Einschreibungsdiagnose länger als 7 Tage ar beitsunfähig waren, wurde eine Bonus-Regelung vorgesehen, andern falls eine Malus-Regelung. Eine Auswertung erfolgte durch Analyse der Arbeitsunfähigkeitstage entsprechend der Krankenkassendaten. Ergebnis: Von den 77 konsekutiv behandelnden Patienten erreichten 70 die Bonus-Kriterien, sie waren also innerhalb der nächsten 6 Monaten nach stationärem Behandlungsende nicht wieder wegen derselben Einschreibungsdiagnose länger als 7 Tage arbeitsunfähig. 7 Patienten erreichten dieses Behandlungsziel nicht. Diskussion: Die nachhaltigen Behandlungsergebnisse sind für Patient innen und Patienten, aber auch die Versichertengemeinschaft, Arbeit geber und Leistungserbringer vorteilhaft. Schlussfolgerung: Die koordinierte vernetzte Versorgung führt trotz lange bestehender Arbeitsunfähigkeit vor der Behandlung bei 90% der Patientinnen und Patienten zu nachhaltiger Arbeitsfähigkeit. P05.13 Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-36) bei chronischen Rückenschmerzen wird durch Depression zusätzlich reduziert, multimodale Schmerztherapie zeigt Langzeiteffekte bei dieser Komorbidität C. Ahrens, H. Wang, M. Schiltenwolf Sektion Schmerztherapie, Stiftung Orthopädische Universitätsklinik, Heidelberg Fragestellung: Depression senkt signifikant die gesundheitsbezogene Lebensqualität chronischer Schmerzpatienten. Anhaltende Effekte einer multimodalen Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen sind nachgewiesen und können die Lebensqualität verbessern. Ziel dieser prospektiven Longitudinalstudie ist es, die Fragen zu klären, ob einerseits chronische Rückenschmerzpatienten mit einer gleichzeitigen Depression (CR+DE) über eine signifikant geringere gesundheitsbezogene Lebens qualität verfügen als solche ohne gleichzeitige Depression (CR) – gemes sen anhand des SF-36 Short Form Health Survey – und ob sie andererseits von einer multimodalen Schmerztherapie profitieren.
Material und Methoden: In beiden Patientengruppen (jeweils n=29) wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-36, 8 Subskalen, 2 Summenskalen) über 6 Monate und zu den Zeitpunkten Tag 0 (t0), Tag 21 (t2) und Tag 180 (t3) untersucht. Zu gleichen Zeitpunkten wurde die durchschnittliche Schmerzstärke der zurückliegenden 24 Stunden (Sm24h) und letzten 7 Tage (Sm7d) auf einer numerischen Analogskala (NAS, 0–10) sowie die Werte der Allgemeinen Depressionsskala (ADS) erhoben. Die SF-36 Skalen beider Gruppen wurden den Werten der gesamtdeutschen Normstichprobe gegenübergestellt sowie die Gruppen miteinander verglichen. Außerdem wurden Veränderungen im Verlauf untersucht. Auch bezüglich der Variablen Sm24h, Sm7d, ADS wurden die Gruppen miteinander verglichen und Veränderungen im Verlauf berechnet. Im Zeitraum zwischen t0 und t2 nahmen alle Patienten an einer stationären multimodalen Schmerztherapie im Umfang von 120 Stunden teil, zum Zeitpunkt t3 waren alle Patienten ambulant. Ergebnisse: Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen mit jeweils höheren SF-36 Werten der Gruppe CR bestanden nur zu den Zeitpunkten t0 und t2, zum Zeitpunkt t3 nicht mehr. Beide Gruppen verbesserten signifikant ihre SF-36 Skalenwerte im Verlauf: stationäre Phase: CR+DE: 5 Skalen, CR 7 Skalen; poststationäre Phase: CR+DE: 3 Skalen, CR: keine Skala; Gesamtzeitraum: CR+DE: 9 Skalen, CR: 3 Skalen. Die Gruppe CR+DE verbesserte sich in den durchschnittlichen Schmerzstärken (Sm24h, Sm7d) und der ADS in der stationären Phase sowie im Gesamtzeitraum signifikant, die Gruppe CR in den Schmerzangaben in der stationären Phase. Gegenüber der deutschen Normstichprobe bestanden in der Gruppe CR+DE immer signifikante Unterschiede, die Gruppe CR verlor im Verlauf den signifikanten Unterschied in 4 Skalen. Diskussion und Schlussfolgerung: Die komorbiden Schmerzpatienten sind im Vergleich zu denen ohne Depression schwerer von ihrer Er krankung betroffen, verbessern sich jedoch sehr konstant und die deutlichen Verbesserungen nach Entlassung lassen eine gute Langzeit prognose vermuten. Diese Studie unterstreicht die Wirksamkeit der stationären multimodalen Schmerztherapie in einem Umfang von min destens 100 Stunden bei chronischen Rückenschmerzen und zeigt darüber hinaus Langzeiteffekte bei einer zusätzlichen depressiven Komorbidität.
P07 Pharmakologische Therapie des Schmerzes I P07.1 Langzeiteffekte des Opioid-Entzugs bei chronischen NichtTumorschmerzen und Prädiktoren für einen dauerhaften Therapieerfolg D. Kindler, P. Bennemann, H. Richter, M. Zenz, Chr. Maier Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum Bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen behält eine Gruppe von Patienten persistierend eine hohe Schmerzintensität mit und ohne Symptome einer Suchterkrankung (3;4). Ein Opioidentzug kann kurz fristig das Schmerzniveau senken (2;5). Erstmals wurde geprüft, ob die Schmerzreduktion, die unmittelbar nach dem Entzug oder einer relevanten Dosisreduktion auftritt, auch die langfristige Erfolgsrate, definiert fallbezogen als anhaltende Opioidabstinenz oder Fehlen einer erneuten Dosissteigerung, beeinflusst. Methodik: Bei 102 konsekutiven Patienten (Frauen: 46 (46,1%), Alter 51 ±13 Jahre) mit neuropathischen (n=37) und nicht-neuropathischen Schmerzen (n=54, davon 35 nicht-radikulärer Rückenschmerz) wurden direkt vor Entlassung nach einer stationären Entzugsbehandlung sowie nach 12 bis 24 Monaten die Medikation, Schmerzintensität (NRS), Depressivität (ADS), schmerzbezogene Behinderung (PDI) und die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF36) anhand standardisierter Fragebögen der DGSS schriftlich und mittels Telefoninterview nach untersucht. Die statistische Analyse von verhältnisskalierten Variablen (Responder vs. Non-Responder (erneute Opioideinnahme oder Verdop pelung der Entlassungsdosis) erfolgte mit ANOVA, Chi²-Test.
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Abstracts Ergebnisse: Die mittlere Dauer der vorherigen Opioideinnahme betrug 42,3 Monate (±46,4). 95 Patienten (n=95) nahmen starke Opioide ein, die mittlere Dosis betrug 624 mg orales Morphinäquivalent (Bereich: 20–10.000). 78 Patienten (76,5%) wurden vollständig von Opioiden entwöhnt, 24 Patienten wurden mit einer signifikant niedrigeren Dosis eines retardierten starken Opioids entlassen. Nach dem stationären Entzug sanken die durchschnittlichen und maximalen Schmerzwerte signifikant von 7,1 (± 1,8) auf 5,4 (± 2,1 p<0,01), der PDI von 37.7 (±12.1) auf 26.7 (±16.0, p<0,00001), nicht aber die Werte von ADS und SF36. Die Misserfolgsquote nach zwei Jahren betrug 41,2% (n=42), wobei Patienten mit Neuropathie signifikant seltener einen Rückfall erlitten (10/37 [27,0%] vs. 32/55 [58,2%] p<0,05). Weibliche Patienten waren häufiger rückfällig (25/42 ♀ [59,5%] vs. 17/52 ♂ [32,7%] p<0,05). Die Patienten mit dauerhafter Abstinenz oder Dosiskonstanz wiesen bereits direkt nach dem Entzug signifikant niedrigere Schmerzwerte auf als die Patienten der „Rückfall“ - Gruppe (5,0 [±2,2] bzw. 5.9 [±2,1], p<0,05), und zeigten auch weiterhin signifikant geringere Schmerzwerte (5,5 [± 2,4] vs. 6,5 [±2,0], p<0,5) und geringere Beeinträchtigung (PDI 26.8 [±15.7] vs. 37.5 [±13.6] p<0.01) bei der Nachuntersuchung. Der Wert für die psychische Dimension des SF36 (MCS) verbesserte sich signifikant von 36.7 (±11.1) vor Entzug auf 41.9 (±12.5) zur Nachuntersuchung (p<0,01, kein Gruppenunterschied). PCS des SF36 sowie ADS blieben nahezu unverändert. Fazit: Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese einer Opioid-induzier ten Schmerzsteigerung [1;4] bei Opiod-Nonrespondern: Die Mehrzahl der Patienten mit vorheriger Therapieresistenz erleben eine Schmerz linderung durch den Entzug, deren Ausmaß auch die langfristige Pro gnose beeinflusst. Literatur 1. 2. 3. 4. 5.
Angst und Clark. Anesthesiology. 2006; 104:570-87; Baron et al. Journal of Opioid Management 2006 2;5 277-282 Jage J et al. Schmerz. 2005;19:434-440 Maier C Schmerz 2008; 22:639-643 Townsend, et al. Pain 2008 140 177-189.
P07.2 Therapie chronischer Schmerzen mit Oxycodon/Naloxon bei geriatrischen Patienten K. E. Clemens, I. Quednau, E. Klaschik Lehr- und Forschungsstelle, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn, Universität Bonn Fragestellung: Rund 20% der über 70-Jährigen in Deutschland bewerten den eigenen Gesundheitszustand als schlecht oder sehr schlecht. Dabei spielen Schmerzen neben Multimorbidität und Chronizität von Erkrankungen im höheren Lebensalter eine zentrale Rolle. Obstipation ist bei geriatrischen Patienten mit therapiebedürftigen chronischen Schmerzen ein häufiges Begleitsymptom, das von vielen Patienten gleichermaßen gefürchtet wird wie das Symptom Schmerz und das eine prophylaktische und/oder begleitende Therapie notwendig macht. Wir untersuchten die analgetische Wirksamkeit und Verbesserung der Darmfunktion bei geriatrischen Patienten mit einem chronischen Schmerzsyndrom und opioid-induzierter Obstipation, die Oxycodon (OX)/Naloxon (N) zur Schmerztherapie erhielten. Material und Methode: In einer explorativen, nicht-randomisierten pros pektiven Studie wurden geriatrische Patienten mit starken chronischen Schmerzen, die an einer opioid-induzierten Obstipation litten und im weiteren Verlauf mit Oxycodon/Naloxon therapiert wurden, untersucht. Während der Behandlungsphase wurde OXN bis zu einer maximalen Tagesdosis von 40/20 mg titriert, bis eine adequate Schmerzreduktion erreicht war. Die Bristol Stool Form Skala (BSFS) (Typ 1–7) und der Bowel Function Index (BFI) (0–100) wurden zum Assessment der Stuhlkonsistenz und -frequenz eingesetzt. Die Patientenzufriedenheit wurde anhand der Patient Global Impression of Change Skala (PGIC) (1–7) erhoben. Statistik: Mittelwert±SD, Signifikanz p < 0.05.
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Ergebnisse: Insgesamt wurden 44 (11 (25,0%) männlich) Patienten in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 76.2±8.7 Jahre. Liegedauer: 24.0±12.7 Tage. Bei Aufnahme klagten alle Patienten über opioid-induzierte Obstipation. Die mittlere Tagesdosis von OX war 31.4±19.2 mg und von N 14.1±5.2 mg. Der BFI verbesserte sich signifikant bei allen Patienten (72.2±13.4 vs. 41.5±12.8) (p=0.0001); der BSFSTyp veränderte sich im Mittel von 2.0±0.7 zu 4.9±1.0 (p=0.0001). Die Patientenzufriedenheit (PGIC) betrug bei Entlassung im Mittel 1.9±0.7. Die spontanen Darmentleerungen erhöhten sich während der Therapie mit OXN: 0,8±0,6 / Woche vs. 3,6±0,8 / Woche (p<0.0001). Diskussion: Unsere Studie zeigt unter retardiertem OXN neben der guten analgetischen Wirksamkeit sowohl eine signifikant bessere Darm funktion als auch eine bessere Stuhlkonsistenz. Zudem erhöhten sich die kompletten spontanen Darmentleerungen pro Woche. Die Zunahme der Patientenzufriedenheit spiegelt sich wieder in der Verbesserung der Lebensqualität unter der Therapie mit OXN. Schlussfolgerung: Alle Studienergebnisse belegen eine klinisch rele vante Verbesserung der Darmfunktion unter Therapie mit OXN. Die Fix kombination OXN ist auch bei geriatrischen Patienten wirksam, sicher und gut verträglich. P07.3 Psychomotorische und kognitive Leistung unter Substitutionsbehandlung mit oralem Buprenorphin S. Shmygalev1, F. Petzke2, K. Weckbecker3, R. Sabatowski4 1 Universitätsklinik Dresden, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Dresden; 2 Universitätsklinik Köln, Klinik für Anästhesiologie, Köln; 3 Universitätsklinik Bonn, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bonn; 4 Universitätsklinikum Dresden, UniversitätsSchmerzCentrum, Dresden Fragestellung: Im Rahmen dieser Studie wurde untersucht, ob mit oralem Buprenorpin substitutierte ehemalige Drogenabhängige im Hinblick auf verschiedene psychomotorische Leistungen, die für die Alltagssicherheit – insbesondere die Fahrsicherheit – als bedeutsam angesehen werden, gesunden, nach Alter und Geschlecht gleichen Referenzpersonen (matched pairs) aus einer historischen Normstichprobe nicht unterlegen sind. Methodik: Prospektiv geplanter Vergleich zwischen 30 Patienten aus einem ärztlich kontrollierten Substitutionsprogramm, die seit mindestens 6 Monaten in stabiler Dosierung mit oralem Buprenorphin behandelt wurden, und 90 nach Alter und Geschlecht vergleichbaren gesunden Probanden aus einer Datenbank von conTest, Zentrum für Psychometrie der TÜV Kraftfahrt GmbH, Köln. Mit Hilfe des „Wiener Testsystems“ wurden Reaktionsvermögen (Determinationstest: DT), Aufmerksamkeit (Cognitrone: COG), Genauigkeit der Wahrnehmung (Tachistoskopischer Aufmerksamkeitstest: TAVT33), motorische Koordination (2HAND) und Vigilanz (VIGIL) überprüft. Solche Tests sind für die in der Fahr erlaubnisverordnung vorgesehene Überprüfung von Belastbarkeit, Orien tierungs-, Konzentrations-, Aufmerksamkeitsleistung und Reaktions fähigkeit von bestimmten Berufskraftfahrgruppen vorgeschrieben. Statistisch wurde die Nicht-Unterlegenheit von Patienten gegenüber den Normalpersonen überprüft. Hierfür wurde in Analogie zum Verkehrsrecht eine Effektstärke angenommen, wie sie bei den angewendeten Leistungs tests unter 0,5‰ Blutalkoholkonzentration auftritt. Es wurden die einzelnen Variablen der verschiedenen Tests und der Gesamtscore betrachtet, der als Summe der über alle Studienteilnehmer (Patienten und Referenzpersonen) z-transformierten vorrangigen Testwerte definiert wurde. Außerdem wurde die Testergebnisse beider Studiengruppe auf die Erfüllung der maßgeblichen Begutachtungskriterien für die Fahrsicherheit überprüft (Unterschreiten des Prozentranges 16). Ergebnisse: 120 Patienten erfüllten die Einschlußkriterien, davon stimmten 70 einer Teilnahme an der Studie zu, von denen insgesamt 30 zum vereinbarten Untersuchungstermin erschienen und die Testbatterie absolvierten. Von den 30 Patienten wurden 19 als Protokollverletzer aufgrund der Einnahme zusätzlicher psychotroper Substanzen identi
fiziert. Diese Patienten nahmen Eingang in die ITT (intention-to-treat)Analyse (n=30). 11 Patienten konnten in die PP (per protocol)-Analyse eingeschlossen werden. Eine statistisch signifikante Nicht-Unterlegenheit konnte für 5 von 18 Variablen (PP) bzw. 9 von 18 Variablen (ITT) nach gewiesen werden. Der Summenscore der relevanten Tests (DT, COG, TAVT) erwies sich ebenfalls den Ergebnissen der Kontrollgruppe als nicht-unterlegen. Der Anteil der Patienten mit einem Testergebnis ober halb der 16%-Perzentile unterschied sich nich signifikant (ITT, PP) von der Kontrollgruppe. Zwischen der Buprenorphindosis und den einzelnen Testergebnissen bestand keine Korrelation. Schlussfolgerungen: Buprenorphin-substituierte Patienten erwiesen sich hinsichtlich komplexer psychomotorischer und kognitiver Leistungen den Kontrollpersonen als nicht-unterlegen. Auffällig war jedoch der hohe Anteil von Patienten mit Beigebrauch illegaler Substanzen und der hohe Anteil von Patienten, die nicht zu den verabredeten Untersuchungen erschienen. P07.5 Wirksamkeit und Sicherheit eines Buprenorphin-haltigen 7-TagePflasters (Norspan®) bei chronischen opioidpflichtigen Schmerzen B. Heckes, I. Ritzdorf Medical Department, Grünenthal GmbH, Aachen Einführung: Norspan® ist eine transdermale Therapieoption zur Behand lung opioidpflichtiger chronischer Schmerzen. Dabei sprechen sowohl nozizeptive als auch neuropathische Schmerzen und mixed pain auf eine Behandlung mit dem Wirkstoff Buprenorphin an. Das 7-tägige Applikationsintervall des Pflasters wurde u. a. mit dem Ziel entwickelt, im Vergleich zu einer oralen Medikation die ärztliche Therapiekontrolle zu verbessern und den Anwendungskomfort für den Patienten zu erhöhen. Das Schmerzpflaster steht in den Dosisstärken 5 µg/h, 10 µg/h und 20 µg/h zur Verfügung und kann bis 2 × 20 µg/h (= 0,96 Buprenorphin/Tag) aufdosiert werden. Aufgrund seines Dosisbereiches kann es bei Patienten mit unzureichender Analgesie, Verträglichkeits- und Compliance-Pro blemen anstelle von anderen Opioiden, wie z.B. Tramadol oder Tildin/ Naloxon, eingesetzt werden. Zielsetzung: Ziel dieser Anwendungsbeobachtung war es, bei einem größeren Patientenkollektiv Dosierung, Behandlungsverlauf sowie Wirk samkeits- und Verträglichkeitsparameter für das Buprenorphin-Pflaster im praktischen Einsatz zu untersuchen. Methodik: Patienten mit chronischen opioidpflichtigen Schmerzen und Indikation für die Behandlung mit dem 7-Tage-Pflaster wurden in die BeobachtungsstudieaufgenommenundimweiterenUntersuchungsverlauf die Dosis individuell titriert. Sowohl bei Untersuchungsaufnahme, als auch bei einer ersten Therapieüberprüfung und bei Ende der Beo bachtung (Mean: 57 Tage) wurden Daten zu Schmerzenintensität und Verträglichkeitsaspekten im Vergleich zur Vortherapie dokumentiert. Zusätzlich erfolgte die Bewertung der Beeinträchtigung von Parametern der Selbstständigkeit, der Schlafqualität und der Beweglichkeit mit Hilfe einer nummerischen 11-Punkte-Skala. Ergebnisse: In die Dokumentation wurden mehr als 3000 Patienten mit chronischen Schmerzen, hauptsächlich im Bereich des Bewegungs apparates eingeschlossen (Alter: Mean 71,3 Jahre). Bei 93,1 % Patienten bestand bereits zuvor eine analgetische Dauertherapie, davon in 49,7 % der Fälle mit Tramadol oder Tilidin/Naloxon. Bei Dokumentationsende zeigte sich im Mittel eine signifikante Schmerzreduktion von 7,3 unter Vortherapie auf 3,6 unter Norspan® bei Belastung bzw. von 5,6 auf 2,7 für den Schmerz in Ruhe (11-Punkt-NRS). Die durchschnittliche Beeinträchtigung alltagsrelevanter Parameter durch den Schmerz nahm deutlich ab. So verbesserten sich die mittleren NRS-Werte (0 = keine Beeinträchtigung; 10 = stärkste vorstellbare Beeinträchtigung) für die Schlafqualität von 5,5 auf 2,5, für die allgemeine Beweglichkeit von 6,1 auf 3,4. Die finale Dosierung lag in 46,3 % der Fälle bei Norspan® 10 µg/h, in 22,3 % bei >10 µg/h. Als Therapienutzen für den Patienten wurden vom behandelnden Arzt neben der Verbesserung von Schlaf und Alltagskompetenz, die durch die transdermale 7-Tage-Applikation bedingte gleichmäßigere Analgesie
und die Reduktion der Tablettenanzahl gewertet. Die im Rahmen der Erfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen beobachteten Symp tome gelten als typisch für Opioide. Schlussfolgerung: Norspan® hat sich im ärztlichen Alltag in dieser Untersuchung aufgrund seiner Effektivität und seines Verträglichkeits profils als Therapieoption bei chronischen opioidpflichtigen Schmerzen bewährt. Die umfassende Schmerzlinderung trägt dazu bei, die Beein trächtigung von Schlaf, Beweglichkeit oder Alltagsaktivitäten zu redu zieren und so die Lebensqualität zu verbessern. P07.6 Veränderte Schmerzschwellen während und nach Opioidentzug bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen H. Wang, N. Weinsheimer, M. Schiltenwolf Tagesklinik, Stiftung Orthopädische Universitätsklinik, Heidelberg Fragestellungen: Quantitative sensorische Testung (QST) als neues Testverfahren für neuropathische Schmerzen wird zunehmend häufiger eingesetzt. Um die Einflüsse von Opioiden auf die Schmerzempfindung zu erfassen, wurden in der vorliegender Studie die Temperatur- sowie Schmerzschwellen von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen unter Opioideinnahme und nach Opioidentzug gemessen und mit denen von opioidnaiven Patienten verglichen. Methoden: Alle Patienten, die einen Opioidentzug durchführten, wurden zudem über 3 Wochen multimodal (ärztliche, psychotherapeutische und physiotherapeutische Intensivtherapie unter einem gemeinsamen Störungskonzept) behandelt. Vor (T0) und unmittelbar nach (T1) Therapie sowie 6 Monate später (T2) wurden QST Messungen an dem nicht dominanten Handballen und im Lendenbereich beidseits durchgeführt (Medoc Ltd. Advanced Medical System, Ramat Ishai, Israel). 34 Opioid-positive Patienten und 35 opioid-naive Patienten sowie 24 gesunde Kontrollpersonen wurden nach Alter und Geschlecht kontrolliert in die Studie aufgenommen. Die Ergebnisse wurden statistisch analysiert (SPSS 16. for Windows: Mann-Whitney-Test für Gruppen- und Seitenunterschiede, Wilcoxon-Test für kinetische Veränderung, correlation-coefficient after Pearson and Spearman-Rho für verschiedene Korrelationen). Ergebnisse: Zu T0 zeigten die opioid-positive Patienten verzögerte Reaktionen auf Kälte (p = 0,022 Rücken rechts, p = 0,017 Rücken links gegenüber opioid-naiven Patienten) und Wärme (p = 0,001 für Rücken rechts, p = 0,008 Rücken links). Dieser Unterschied verschwand zu T1 und T2. Beide Patientengruppen zeigten niedrigere Schmerzschwellen für Kälte- und Wärmereize als die Kontrollpersonen, aber sie unterschieden sich unter einander nicht. Die herabgesetzte Schmerzschwelle normal isierte sich zu T2 bei den opioid-naiven, aber nicht bei opioid-positiven Patienten. Es gab zu keinem Zeitpunkte Seitenunterschieden für Schmerzwahrnehmung und Schmerzschwellen. Ältere und weibliche Patienten waren empfindlicher für die Temperaturreize. Je länger die Patienten unter Schmerzen litten, desto schmerzempfindlicher waren sie. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der täglich ein genommenen Opioidmenge und den Kälteempfindungsschwellen. Zu T2 waren 85 % der Patienten opioidfrei, somit kann man annehmen, dass die positiven Veränderungen des Opioidentzugs innerhalb multimodaler Therapie bei Patienten mit chronischen Nicht-Tumorschmerzen auch nach 6 Monaten noch anhalten. Diskussion und Schlussfolgerung: 1. Opioideinnahme führt zu einer verlangsamten Reaktionszeit im Sinne einer zentralen Sedierung bzw. inhibiert die Leitfähigkeit vor allem afferenter C-Fasern. 2. Dieser Prozess ist unmittelbar nach erfolgreichem Opioidentzug rückläufig. 3. Chronische Rückenschmerzen bedingen eine Sensibilisierung. 4. Opioide begünstigen diesen Sensibilisierungsprozess, anstatt ihn zu bekämpfen. 5. Opioidentzug führt zu einer Demaskierung der Sensibilisierung und verzögert den Normalisierungsprozess. Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts 6. Multimodale Schmerztherapie wirkt der Sensibilisierung durch chronische Rückenschmerzen nachhaltig entgegen. P07.7 Verträglichkeit und Therapiezufriedenheit mit OROS® Hydromorphon 4mg im Vergleich zu höheren Initialdosierungen bei Patienten mit starken chronischen Arthrose- und Osteoporoseschmerzen K. Lipperheide, M. Djelani, T. Giesecke Janssen-Cilag GmbH, Neuss Fragestellung: Ziel dieser Analyse war der Vergleich der Verträglichkeit und Therapiezufriedenheit einer Therapie mit OROS® Hydromorphon in verschiedenen Initialdosierungen bei Patienten mit starken chronischen Arthrose oder Osteoporose bedingten Schmerzen. Methode: Kombinierte Analyse von Daten der initialen Behandlungsphase (erste 15 Tage, Visiten an Tag 1 (V1) und 15 (V3)) von drei prospektiven, offenen, nicht-interventionellen Studien mit OROS® Hydromorphon unter Alltagsbedingungen (OROSANA4001/ 4002: Therapiestart mit 8mg; OROSANA4003: Therapiestart mit 4mg). Dokumentiert wurden u.a. die Zufriedenheit mit der Schmerzkontrolle und die Therapiezufriedenheit (Beurteilung durch Arzt/Patient) sowie unerwünschte Ereignisse (UEs). Veränderungen zwischen V1 und V3 wurden mit dem Wilcoxon-RankSum Test analysiert, fehlende Werte mittels LOCF ersetzt. Ergebnisse: Bei 420 Patienten erfolgte eine Therapieinitiierung mit OROS® Hydromorphon 8mg (OROSANA4001/4002), bei 210 Patien ten mit OROS® Hydromorphon 4mg (OROSANA4003). Daten von jeweils 407 (OROSANA4001/4002) und 202 (OROSANA4003) Patien ten standen für die Wirksamkeitsanalyse zur Verfügung. Da in den Studien OROSANA4001/4002 V2 nicht obligatorisch persönlich, sondern auch als Telefonvisite durchgeführt werden konnte, liegen teils nur Daten von weniger Patienten der ITT-Population vor. In der OROSANA4001/4002 verbesserten sich jeweils bei 58% bzw. 62,3% der Patienten und bei 66,5% bzw. 64,6% der Ärzte die Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle im Vergleich zur Vortherapie signifikant (jeweils p<0,0001). Im Vergleich dazu verbesserten sich unter einem Therapiestart mit OROS® Hydromorphon 4mg in der OROSANA4003 jeweils bei 72,8% bzw. 76,7% der Patienten und bei 77,7% bzw. 78,7% der Ärzte die Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle signifikant (jeweils p<0,0001). In der OROSANA4001/4002 wurden bei 54% der Patienten UEs dokumentiert, 1,9% erlitten ein Schwerwiegendes UE (SUE). In 44,5% gab es einen mindestens „möglichen“ Zusammenhang zur Studienmedikation, 19,8% der Patienten brachen die Studie aufgrund eines UEs vorzeitig ab. In der OROSANA4003 wurden bei 40,5% der Patienten UEs dokumentiert, 1,4% erlitten ein SUE. In 36,2% gab es einen mindestens „möglichen“ Zusammenhang zur Studienmedikation, 12,9% der Patienten brachen die Studie aufgrund eines UEs vorzeitig ab. Die häufigsten UEs waren gastrointestinaler Art. Im Vergleich zu OROS® Hydromorphon 8mg traten bei einem Therapiestart mit 4mg Obstipation nur in 11,4% vs. 17,9%, Erbrechen in nur 1,0% vs. 4,5% und Müdigkeit in nur 6,7% vs.10,5% auf. Übelkeit war mit 14,8% in allen Studien gleich häufig. Schlussfolgerung: Eine Therapieinitiierung mit OROS® Hydromorphon 4mg führte im Vergleich mit einer höheren Startdosis zu einer besseren Verträglichkeit und weniger Therapieabbrüchen aufgrund von UEs bei einer mindestens ebenso guten Schmerzkontrolle und Therapiezu friedenheit.
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P07.8 Erfolgreiche analgetische Therapie mit Levomethadon bei Calciphylaxie: eine Kasuistik. M. Poels1, R. Joppich1, K. Gerbershagen2, F. Wappler1 1 Krankenhaus Köln-Merheim, Universität Witten/Herdecke, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Köln; 2 Krankenhaus Köln-Merheim, Klinik für Neurologie und Palliativmedizin, Köln Einführung: Die Calciphylaxie ist eine seltene Erkrankung mit hoher Morbidität und Mortalität, die vorwiegend bei Patienten mit dialyse pflichtiger Niereninsuffizienz auftritt. Das klinische Bild ist gekenn zeichnet durch äußerst schmerzhafte, ischämische, nekrotisierende Haut ulzerationen. Methode: Fallbericht über eine Patientin mit schwersten Schmerzen bei Calciphylaxie. Ergebnisse: 79-jährige Patientin mit seit 10 Jahren bestehender dialyse pflichtiger Niereninsuffizienz und prätibialen Ulzerationen an beiden Beinen bei Calciphylaxie. Die Therapie umfasste tägliche Dialyse, Gabe von Natriumthiosulfat und Vitamin K sowie die chirurgische Wundversorgung. Die Patientin beschrieb schwerste kontinuierliche, nozizeptive Schmerzen von NRS 10 (Numerische Rating Skala 0–10) mit einem attackenförmigen neuropathischen Anteil. Wegen unzureichender Schmerzlinderung unter der bestehenden Medikation mit Fentanyl TTS 100µg/h und zur vereinfachten Opioidtitration, erfolgte die Rotation auf orales retardiertes Hydromorphon. Im Rahmen des ersten Titrationsversuchs wurden 80mg Morphin über 60min intravenös injiziert. Darunter wurde die Patientin leicht schläfrig, die Attackenfrequenz nahm nur wenig ab und die Schmerzintensität wurde lediglich von NRS 10 auf NRS 7 gesenkt. Zur weiteren Dosisfindung wurde eine Hydromorphon PCIA (3mg alle 10 Min.) installiert und 96mg/d orales retardiertes Hydromorphon gegeben. Parallel dazu wurde Duloxetin zur Behandlung der neuralgieformen Beschwerden eingesetzt. Trotzdem konnten nur minimale NRS-Werte von 7 erreicht werden und die Patientin verfiel aufgrund der hohen Schmerzstärke in Agonie. Der zusätzliche Einsatz von niedrig dosiertem S-Ketamin verbesserte die Analgesie deutlich (Fremdbeurteilung NRS 3), musste allerdings wegen intolerabler psychotroper Nebenwirkungen abgebrochen werden. In einem interdisziplinären Gespräch mit den Angehörigen, fasste man den Entschluss zur Reduktion der Dialysefrequenz und zur Übernahme auf die Palliativstation. Nachdem die NMDA- Rezeptorblockade analgetisch wirksam war, wurde die gesamte Opioidmedikation auf Levomethadon rotiert. In der Einstellphase bestanden auch hierunter extreme Schmerzzustände, Verwirrtheit und Halluzinationen, die sich jedoch nach 7 Tagen beruhigten. Mit einer Erhaltungsdosis von 3 mal 7,5mg Levomethadon pro Tag war die Patientin annähernd schmerzfrei (NRS 3) und ohne relevante kognitive Einschränkungen. Diskussion: Der Schmerz bei Calciphylaxie ist neben den sichtbaren Hautulzerationen das Kardinalsymptom und war im geschilderten Fall nicht mit konventionellen Analgesiekonzepten beherrschbar. Die zusätzliche Behandlung mit S-Ketamin war analgetisch wirksam, aber unzureichend steuerbar. Schlussfolgerung: Levomethadon kann wegen seiner außergewöhnlichen Pharmakokinetik an Opiat- und NMDA-Rezeptoren eine erfolgver sprechende Therapieoption zur Analgesie bei Calciphylaxie sein.
P07.9 Reduzierter Bedarf an Akutmedikation sowie Outcome assoziierter patientenrelevanter Parameter unter OROS® Hydromorphon bei Patienten mit starken chronischen Osteoporose- und Arthroseschmerzen J. D. Ringe1, M. Djelani2, T. Giesecke2 1 Medizinische Klinik 4, Klinikum Leverkusen; 2 Janssen-Cilag GmbH, Neuss Fragestellung: Ziel dieser zwei Studien war die Dokumentation der Schmerzkontrolle und Therapiezufriedenheit mit OROS®-Hydromorphon während einer 3-monatigen Therapie bei Patienten mit durch Osteoporose oder Arthrose bedingten Schmerzen unter Routinebedingungen. Methode: In diese 2 prospektiven, offenen, nicht-interventionellen Studien mit OROS® Hydromorphon wurden 219 (OROS-ANA-4001) und 208 (OROS-ANA-4002) Patienten eingeschlossen. Die Doku mentation erfolgte vor Behandlungsbeginn an Tag 0 (V1), und weiter an Tag 6 (V2) und 15 (V3) sowie am Ende des ersten (V4), zweiten (V5) und dritten Monats (V6). Behandlung und Dosierung oblag dem behandelnden Arzt. Dokumentiert wurden u.a. die Anzahl der Patienten mit Bedarf an Akutmedikation sowie offene Fragen zum Komfort der Arzneimitteleinnahme (Patientenfragebogen, 6 Fragen an V1 und V6). Veränderungen zwischen V1 und V6 wurden mit dem Wilcoxon-RankSum Test analysiert, fehlende Werte mittels LOCF ersetzt. Ergebnisse: 420 Patienten wurden mit OROS® Hydromorphon behandelt, Daten von 407 Patienten standen für diese Analyse zur Verfügung. 73,6% weiblich, Durchschnittsalter 68,0 Jahre. Der Prozentsatz der Patienten, die Bedarf an Akutmedikation hatten, nahm im Verlauf beider Studien um 10,2% bzw. 13,4% ab. (von 36,0% bzw. 32,8% auf 25,8% bzw. 19,4%). Für vier der sechs Fragen des Patientenfragebogens konnte eine signifikante Verbesserung gegenüber Baseline gezeigt werden (alle p<0,001). 56,8% und 68,2% der Patienten hatten gegenüber Baseline ein höheres Vertrauen in die Schmerzmedikation. 64,4% und 76,0% der Patienten empfanden jeweils einen besseren Schutz vor wiederkehrenden Schmerzen und 52,1% und 58,4% gaben jeweils eine größere Unabhängigkeit bei der Planung täglicher Routineaufgaben an. 51,7% und 56,8% aller Patienten bewerteten an V6 den Komfort der Arzneimitteleinnahme unter OROS® Hydromorphon als besser, obwohl für die Anzahl der eingenommen Tabletten pro Tag und den Gebrauch von Remindern keine signifikanten Unterschiede zwischen V1 und V6 dokumentiert wurden. Bei 269 Patienten wurden 799 unerwünschte Ereignisse (UEs) dokumentiert, dies entspricht einer Inzidenz von 64%. 5% der Patienten erlitten schwerwiegende UEs. Insgesamt entsprachen die UEs in Art und Häufigkeit dem typischen Profil stark wirksamer Opioide. Schlussfolgerung: OROS® Hydromorphon senkt den Bedarf an Akut medikation und erhöht das Vertrauen in die Schmerzmedikation. Somit ist OROS® Hydromorphon eine wertvolle Behandlungsoption bei Patienten mit chronischen Arthrose- bzw. Osteoporoseschmerzen. P07.10 Erhöhte transdermale Fentanylresorption durch berufsbedingte Hitzeexposition. Fallbericht einer ungeplanten, schleichenden Dosissteigerung. U. Limper, R. Joppich, M. Poels, F. Wappler Krankenhaus Köln-Merheim, Universität Witten/Herdecke, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Köln Einführung: Transdermale therapeutische Systeme für Fentanyl sind weltweit stark verbreitet. Dabei ist die Resorption von verschiedenen Faktoren des Pflastersystems, der Haut sowie Umwelteinflüssen abhängig. So wird bei einer Erhöhung der Körpertemperatur auf 40°C von einer Steigerung der transdermalen Resorption um ein Drittel ausgegangen. In Einzelfällen wurde von akzidentellen akuten Überdosierungen bei Hitzeexposition berichtet. Bislang lag jedoch kein Bericht zu steigendem Opioidbedarf bei wiederholter oder kontinuierlicher Hitzeexposition vor.
Methode: Anhand eines Fallberichts wird aufgezeigt, dass eine arbeits tägliche Hitzeexposition durch vermehrte transdermale Resorption zur anhaltenden Steigerung der Fentanyldosis führen kann. Fallbericht: Ein 42-jähriger Mann mit schmerzhaftem Wirbelsäulen syndrom wird zur Opioidrotation bei wiederholten Entzugserfahrungen unter transdermaler Fentanyltherapie stationär aufgenommen. Seit 3 Jahren besteht eine Fentanylmedikation, die kontinuierlich bis auf 75µg/h gesteigert und das Wechselintervall gleichzeitig auf 24 h reduziert wurde. Beikonsum kann ausgeschlossen werden. Zunächst erfolgte die äquipotente Umstellung auf orales Hydromorphon (Fentanyl 75µg/h auf Hydromorphon 2×12 mg). Innerhalb von etwa 3 Stunden entwickelte der Patient Entzugssymptome, die mit 30 mg Morphin oral sowie Diazepam 8 mg i.v. nicht suffizient coupiert werden konnten. Erst die zusätzliche Titration von insgesamt 20 mg Morphin i.v. beendete den Entzug. Zu diesem Zeitpunkt berichtete der Patient von seiner beruflichen Tätigkeit an einem 200°C heißen Ofen mit einer geschätzten Umgebungstemperatur von 40–50°C. Die Umrechnung des zusätzlichen Morphinbedarfs und entsprechende Anpassung der Hydromorphondosis bestätigten die Hypothese einer temperaturbedingten vermehrten transdermalen Fentanylresorption. Letztlich blieb der Patient erst unter 2×30 mg Hydromorhon entzugsfrei. Dies entspricht etwa der dreifachen Fentanyldosis (225µg/h). Ver mutlich führte die Hitzeexposition am Arbeitsplatz zu einer extrem gesteigerten Fentanylresorption, die im Verlauf zur Gewöhnung an höhere Fentanyl-Plasmaspiegel und zu Entzugsphasen unter normaler Umgebungstemperatur führten. Diskussion: Hitzeexposition bei transdermaler Fentanylapplikation kann zur verstärkten Opioidresorption und akuten Überdosierung führen. Erstmals konnte nachvollzogen werden, dass die wiederholte Hitzeexposition den Opioidbedarf auch kontinuierlich erhöhen kann. Entzugsphasen trotz verkürzten Wechselintervalls sind wegweisende anamnestische Hinweise. Fazit: Bei der Verordnung transdermaler Medikamentensysteme ist die Anamnese und Aufklärung hinsichtlich gelegentlicher und regelmäßiger Hitzeexposition unerlässlich. Im Zweifelsfall sollte alternativ einer enteralen Gabe der Vorzug gegeben werden. P07.11 Quantitative sensorische Testung und Genotypisierung für Varianten des OPRM1 und COMT Gens bei M. Crohn Patienten mit erhöhtem postoperativen Opioidverbrauch S. Leis1, K. Hühne2, T. Münster3, A. Wehrfritz3, S. Winter4, Chr. Maihöfner4, T. Förtsch5, R. Croner5, A. Reis2, A. Winterpacht2, R. Bernd6 1 Universitätsklinik für Neurologie, Christian-Doppler-Klinik, Salzburg, Österreich; 2 Humangenetisches Institut, Erlangen; 3 Anästhesiologische Klinik, Erlangen; 4 Neurologische Universitätsklinik, Erlangen; 5 Chirurgische Universitätsklinik, Erlangen; 6 Medizinisch Genetisches Zentrum, München Fragestellung: Der M. Crohn ist eine schmerzhafte entzündliche Darm erkrankung, für die eine genetische Prädisposition gesichert ist. Es konnte ein – im Vergleich zu Patienten mit ähnlichen abdominellen Eingriffen – erhöhter intraoperativer Analgetikaverbrauch gezeigt werden. Die Erkrankung könnte also ein geeignetes Modell darstellen, um neue Schmerzsuszeptibilitätsgene zu identifizieren. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob bei Crohn Patienten ein erhöhter postoperativer Opioidverbrauch vorliegt, und ob diesem eine veränderte Funktion primär nozizeptiver Afferenzen oder bekannte „Schmerzvarianten“ der Gene des µ-Opioidrezeptors (OPRM1) oder der Katechol-OMethyltransferase (COMT) zugrunde liegen. Methoden: Für die Bestimmung des postoperativen Opioidverbrauchs wurden die PCA-Daten (patient controlled analgesia) der ersten 48 h nach Ileocoecalresektion von 61 Crohn Patienten (41.0 +/- 12.0 Jahre) mit denen von 34 Patienten (66.1 +/- 11.2 Jahre) nach Hemikolektomie Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts verglichen, und die Patienten danach als „Hoch-“, „Durchschnitts-“ oder „Niedrigverbraucher“ klassifiziert. Zur somatosensorischen Funktionsprüfung wurde bei 52 Patienten (38.5 +/- 12.0 Jahre) eine quantitative sensorische Testung (QST) mit Bestimmung thermischer und mechanischer Empfindungs- und Schmerzschwellen durchgeführt und mit den Ergebnissen 31 gesunder Freiwilliger (31.0 +/- 11.3 Jahre) verglichen. Schließlich wurden bei 145 Crohn-Patienten bekannte Varianten des OPRM1 und des COMT Gens untersucht und mit 163 Kontrollen verglichen. Ergebnisse: Der postoperative Opioidverbrauch war bei Crohn-Patienten signifikant erhöht (ANOVA, F=6.41, p<0.0005). In der QST zeigten sich bei Crohn-Patienten – abgesehen von altersabhängigen erhöhten Warm empfindungsschwellen – keine signifikanten Unterschiede, auch nicht in der Untergruppe der „Hochverbraucher“ (t-test, n.s.). Weder für den mit erhöhtem Opioidbedarf assoziierten OPRM1 A118G Polymorphismus noch für beschriebene COMT „Schmerzsuszeptibilitäts“ Haplotypen fand sich bei Crohn Patienten eine erhöhte Häufigkeit. Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse bestätigen einen erhöhten post operativen Opioidverbrauch bei M. Crohn. Sie deuten darauf hin, dass diesem erhöhten Opioidverbrauch keine Fehlfunktion des somato sensorischen Systems oder bekannte Varianten des OPRM1 oder COMT Gens zugrunde liegen. Möglicherweise handelt es sich eher um einen spezifischen, bisher unbekannten Mechanismus, der das Opioidsystem betrifft. P07.12 Chronische Opioid Therapie bei älteren Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion oder mit einem hohem Niereninsuffizienzrisiko in Deutschland. I. Biteeva, S. Kruse HE & P, Janssen-Cilag GmbH, Neuss Das Ziel: Ältere Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion oder mit einer beschleunigten Abnahme der Nierenfunktion als Folge eines Diabetes mellitus (DM) oder einer Hypertonie haben sowohl ein erhöhtes Risiko für die Akkumulation von analgetisch aktiven Metaboliten bestimmter Opioide als auch für Wechselwirkungen aufgrund ihrer Polymorbidität. Ziel der Analyse ist, die Anzahl Patienten in Deutschland mit Opioid therapie und einer Akkumulation potentiell toxischer, analgetisch aktiver Metabolite (z.B. Morphin) oder mit Wechselwirkungspotential über CYP 450 (z.B. mit Oxycodon, Tramadol) zu bewerten. Methodik: Diese Studie wurde mit retrospektiven longitudinalen Pa tientendaten (IMS Disease Analyzer) durchgeführt. Es wurden alle Patienten ab dem Alter von 65 Jahren analysiert, die mindestens eine der folgenden Diagnosen in 2008 aufwiesen: Diabetes mellitus (ICD 10 E10E14), Hypertonie (I10-I15), Niereninsuffizienz (N17-N19), Glomeruläre Krankheiten (N00-N08), Tubulointerstitielle Nierenkrankheiten (N10N16), sowie in 2008 mindestens zwei Verordnungen von retardiertem Morphin, Hydromorphon, Oxycodon oder Tramadol bekommen haben. Als Quelle für die Medikamente mit einem Wechselwirkungspotential wurde die “P450 Drug Interaction Table” der Indiana Universität ver wendet. Ergebnisse: 6.565 Patienten erfüllten die Selektionskriterien. 702 (10,7%) Patienten aus dieser Gruppe waren mit Morphin therapiert, 528 (8,0%) mit Hydromorphon, 1.603 (24,4%) mit Oxycodon, 3.732 (56,8%) mit Tramadol. 52% Patienten unter Oxycodon Therapie und 44% unter Tramadol hatten eine begleitende systemische Therapie mit einem hohen Wechselwirkungspotential. Die Schlussfolgerung: Die Mehrheit der Patienten wurde mit einem Opioid therapiert, das ein Risiko für eine Akkumulation analgetisch aktiver Metabolite aufweist oder potentielle Wechselwirkungen hat, was zu zusätzlichen Therapiekosten führen kann. Für diese Patientengruppe erspart die Verordnung von Hydromorphon möglicherweise potentielle Komplikationen und Kosten und könnte damit eine bessere Behandlungs option darstellen.
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P09 Kopfschmerz I P09.1 Ein neuer spezifischer 5-HT2B-Rezeptorantagonist für die prophylaktische Behandlung der Migräne D. Segelcke1, B. Schmitz2, C. Dey2, N. Wronkowitz1, K. Hemmer1, A. Popp2, A. Chan1, M. Andriske1, F. Paris1, X. Zhu1, H. Lübbert1 1 LS Tierphysiologie, Fakultät für Biologie und Biotechnologie, Bochum; 2 Biofrontera Bioscience GmbH, Leverkusen In der Literatur wird spekuliert, ob die Aktivierung des 5-HT2B-Rezeptors zu einer Migräneattacke führt. Die 5-HT2B-Antagonisten, Methysergid und Pizotifen, werden prophylaktisch gegen Migräne eingesetzt. Wegen ihrer starken Nebenwirkungen und niedriger Wirksamkeit ist der therapeutische Nutzen jedoch stark begrenzt. Für eine bessere Medikation der Migräne wurde eine Substanz gesucht, die eine hohe Affinität zum 5-HT2B-Rezeptor besitzt und nur geringe Affinität gegen die anderen Rezeptoren der 5-HT2-Familie aufweist. Bei einem Substanzenscreeing konnte die Substanz BF-1, ein Derivat des Pimethixins, gefunden werden. BF-1 zeigt auf Zellkulturebene eine hohe Affinität zum 5-HT2B-Rezeptor. Diese Affinität ist 100 mal größer als zu den 5-HT2A/2C-Rezeptoren. Um Substanzen auf ihren anti-Migräne Effekt zu testen, wurde ein Tiermodell im Meerschweinchen etabliert. Durch die Aktivierung des 5-HT2B-Rezeptors mit mCPP, einem partialen ,oder BW723C86, einem spezifischen 5-HT2B-Rezeptoragonist, kommt es in der Dura mater der Tiere zu einer erhöhten Ausschüttung von proinflammatorischen Mediatoren (SP, CGRP, NKA etc.) aus dem Nervus tirgeminus. Die Mediatoren führen sowohl zu einer Vasodilatation als auch einer Pla smaproteinextravasation (PPE). Letzteres kann quantitativ durch den Einsatz von Evans Blue (EB), welcher als Marker der Plasmaproteine dient, photometrisch gemessen werden. Durch die Verabreichung von mCPP und BW723C86 konnte eine Erhöhung von EB in der Dura mater festgestellt werden. Dieser Effekt konnte durch den Einsatz von 5-HT2BRezeptorantagonisten, wie Methysergid und Pizotifen fast vollständig blockiert werden. MitdiesemTiermodellistesmöglichschonetablierteMigränemedikamente (Methysergid, Pizotifen) im Vergleich zu einem neuen, nämlich BF-1 zu testen. Im Vergleich mit Methysergid und Pizotifen zeigt BF-1 eine viel höhere Potenz zur Inhibition der PPE im Tiermodell. Zusammen mit seiner höheren Selektivität gegen den 5-HT2B-Rezeptor scheint BF-1 ein sehr viel versprechender Wirkstoff gegen Migräne zu sein. P09.2 Chronische Kopfschmerzen bei Kindern – Evaluation eines ambulanten multimodalen Programms R. Pothmann, A. Doil Zentrum Kinderschmerztherapie, Hamburg Hintergrund und Zielsetzung: Chronischer Kopfschmerz bei Schul kindern stellt eine zunehmende therapeutische Herausforderung dar. Die Gründe hierfür sind weithin unklar. Die meisten Untersuchungen beschränken sich auf kleine Gruppen und beschäftigen sich überwiegend mit eindimensionalen Verfahren wie der medikamentösen Prophylaxe der Migräne. Anwendungsstudien unter ambulanten Alltagsbedingungen fehlen praktisch vollständig. Erst in den letzten Jahren lässt sich ein internationaler Trend erkennen, der sich auf funktionelle Aspekte der Kopfschmerzen bezieht und damit über die reinen Kopfschmerzparameter hinausgeht. Methodik: 1500 Kinder und Jugendliche im Alter von 4–18 Jahren mit chronischen Kopfschmerzen wurden einem multimodalen Be handlungskonzept unterzogen. Nach einer einstündigen Befragung, Untersuchung und Beratung erfolgten weitere Behandlungseinheiten im Monatsrhythmus. Dabei wurde neben anerkannten Verfahren eine lösungsfokussierte Strategie (n. S. de Shazer & I. Kim Berg) angewandt.
Ein Jahr nach Beendigung der Therapie erfolgte eine schriftliche Befragung einer Serie von 300 konsekutiv behandelten Kindern und Jugendlichen. Ergebnisse: 293 Kindern und Jugendlichen mit chronischen Schmerzen wurden erfasst. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer betrug 3 Jahre. Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt des Erstkontaktes lag bei 11 Jahren. Bei einem Aufwand von 4 Zeitstunden innerhalb von 4 Monaten betrug die durchschnittliche Besserung 73%, die über das nachfolgende Jahr stabil blieb. Die Lebensqualität, ablesbar an der Reduktion der sozialen Ausfallstage, nahm signifikant zu. Auch Analgetika wurden signifikant seltener eingenommen. Diskussion und Fazit: Die Ergebnisse der ambulanten Kopfschmerz therapie sind ausgesprochen effektiv und ökonomisch einzuschätzen. Der Vorteil der systemischen Rahmenbedingungen liegt im Ressourcen fokussierten Behandlungsansatz. Die Kombination mit Schmerzedu kation, Entspannung n. Jacobson, Lebensstilberatung und gezielter Zusatzmedikation stellt eine konkrete Chance für die Bewältigung der defizitären Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Kopfschmerzen in Deutschland dar. P09.3 Single Nukleotid Polymorphismen des Serotonintransportergens beeinflussen den Phänotyp der Migräne B. Bayerer1, H.-Chr. Diener2, V. Limmroth1 1 Neurologie, Kliniken der Stadt Köln; 2 Neurologie, Universitätsklinik Essen Einleitung: Gegenwärtige pathophysiologische und pharmakologische Konzepte erachten das serotonerge System als eine Schlüsselkomponente in der Migränepathophysiologie. Hierbei rücken besonders genetische Variationen des Serotonintransporter (5-HTT) Gens immer wieder in den Fokus, welche für die Ausprägung der Migränephenotypen von großer Bedeutung sein könnten. In der hier vorgestellten Arbeit wurde der Einfluss von Single Nukleotid Polymorphismen (SNPs) des 5-HTT Gens auf die Migräne ohne Aura (MO), Migräne mit Aura (MA) und Migräne mit und ohne Aura (MAO) sowie auf geschlechtsspezifische Unterschiede untersucht. Methode: Nach Zustimmung der Ethikkommission und schriftlichem Einverständnis der Probanden wurden von 251 unverwandten Migräne patienten (88,8% Frauen), davon 178 Patienten mit MO, 32 Patienten mit MA sowie 41 Patienten mit MAO und 192 unverwandten gesunden Kontrollen (49% Frauen) Blutproben entnommen und aus diesen die DNA isoliert. Die Genotypisierung erfolgte mittels Taqman RT-PCR. Detektiert wurden hierbei zwei SNPs, von welchen einer innerhalb des ersten Introns des 5-HTT Gens lokalisiert ist (rs2066713) und einer in der 3’ flankierenden Sequenz des Gens liegt. Ergebnisse: Die ermittelten Allelfrequenzen beider SNPs waren im Hardy-Weinberg Gleichgewicht. Zwischen Patienten mit MA und Kontrollen konnte für rs1979572 ein signifikanter Unterschied zwischen dem AA und dem GA Genotyp festgestellt werden [Odds Ratio (OR) 2.49, 95% Konfidenz-Interval (CI) 1.01-6.15; p=0.044]. Dieser Effekt erschien noch deutlicher bei dem Vergleich von ausschließlich weiblichen Patienten mit weiblichen Kontrollen. Hier konnte eine starke Assoziation mit dem A Allel und speziell dem AA Genotyp für Migräne mit Aura festgestellt werden [A vs. G; OR 2.03, 95% CI 3.68-1.12, p=0.02; AA vs. GA; OR 3.95, 95% CI 1.34-11.61, p=0.01]. Der GG Genotyp hingegen war assoziiert mit einer niedrigeren Prevalenz für MA [OR 0.27, 95% CI 0.090.80, p=0.02]. Für rs2066713 konnte eine signifikante Assoziation für das G Allel bei Frauen mit MA gefunden werden [A vs. G; OR 0.47, 95% CI 0.96-0.23, p=0.03]. Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie stützen frühere Resultate, welche bereits eine Beteiligung des 5-HTT Gens in der polygenetischen Ätiologie vermuten ließen. Weiterführend weisen unsere Daten darauf hin, dass Frauen durch genetische Variationen des 5-HTT Gens in der
klinischen Ausprägung der Migräne mehr beeinträchtigt werden als Männer. P09.4 Subkutane periphere Stimulation des Nervus occipitalis major zur Behandlung des chronischen Cluster-Kopfschmerzes D. Rasche, V. Tronnier Neurochirurgische Klinik, UK S-H, Lübeck Fragestellung: Der chronische Cluster-Kopfschmerz (CCH) zählt zu den trigemino-autonomen Kopfschmerzsyndromen und ursächlich wird eine Dysfunktion und Hyperaktivität des trigemino-vaskulären Systems sowie hypothalamischer Zentren vermutet. Invasive Behandlungsoptionen können bei Ineffektivität der medikamentösen Therapien den Patienten angeboten werden. Hier ist u. a. die periphere subkutane Stimulation des Nervus occipitalis major (ONS) möglich, da dieser im Bereich des oberen zervikalen Rückenmarks Verbindungen zu den spinalen Kerngebieten des Nervus trigeminus hat und hierdurch eine Neuromodulation durch geführt werden kann. Material und Methode: Bei ��������������������������������������������� fünf Patienten mit CCH erfolgte die unioder bilaterale Stimulation des Nervus occipitalis major mit Hilfe von subkutan platzierten Stabelektroden in Höhe des Wirbelbogens HWK 1/2. Durch die überschwellige Stimulation wurden angenehme Kribbelparästhesien am Hinterkopf, dem Ausbreitungsgebiet des Nerven entsprechend, evoziert. Mit externalisierten Verbindungskabeln wurde eine standardisierte postoperative Testphase durchgeführt. Ergebnisse: Im Rahmen der Testphase wurden verschieden Elektroden kombinationen und Stimulationsintensitäten programmiert. Durch ein Schmerztagebuch konnte bei allen Patienten ein positiver Effekt der überschwelligen Stimulation mit Reduktion der Attackenfrequenz, Intensität und Anfallsdauer dokumentiert werden. Es wurde entweder eine bedarfsorientierte oder eine zyklische Stimulation mit je einer Stunde aktiver und ausgeschalteter Stimulation angewandt. Bei allen Patienten wurde im Anschluss an die positive Testphase ein Neurostimulator implantiert. Während der Testphase wurden keine Komplikationen beobachtet. Im Verlauf von 6 Monaten kam es bei einem Patienten zu einer Elektrodendislokation mit sofortigem Wiederauftreten der Schmerzattacken wie präoperativ. Durch eine Elektrodenrevision konnte der positive Effekt wieder erzielt werden. Ein anhaltend positiver Effekt konnte im postoperativen Follow-Up von 4 Monaten bis zu drei Jahre nach Anlage der ONS beobachtet werden. Diskussion: Die periphere subkutane Stimulation des Nervus occipitalis major bietet für selektierte Patienten mit CCH eine technisch einfache und risikoarme Behandlungsoption, wenn konservative Verfahren in effektiv sind. Auch wenn keine Schmerzfreiheit erzielt werden kann ist eine signifikante Besserung des CCH in solchen Fällen möglich. Klinische Studien mit Darstellung der Ein- und Ausschlusskriterien, technischer Standards und Langzeiteffekten sollten durchgeführt und evaluiert werden. Schlussfolgerung: Die ONS sollte in den Behandlungsalgorhythmus für Patienten mit CCH integriert werden. Die wissenschaftliche Bedeutung und der Evidenzgrad sollten anhand von randomisierten prospektiven Studien ermittelt werden. P09.5 Aktivierung in Hirnstammareal korreliert mit Attackennähe bei Migränepatienten – ein event-related fMRT-Design A. Stankewitz, A. May Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Systemische Neurowissenschaften, Hamburg Einleitung: Wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass dem trigeminovaskulärem System bei der Entstehung des Migränekopfschmerzes eine ursächliche Bedeutung zukommt. In den letzten Jahren konnten moderne Bildgebungsmethoden zu einem besseren Verständnis schmerz verarbeitender Strukturen im Gehirn beitragen. Die Migräneforschung Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts basiert jedoch hauptsächlich auf Arbeiten mittels Positronen-EmissionsTomographie und Spektroskopie. Die funktionelle Magnetresonanztom ographie (fMRT) bietet jedoch als non-invasives Verfahren wesentliche Vorteile in räumlicher, und gekoppelt mit einem event-related design, eine bessere zeitliche Auflösung. Das Ziel dieser Studie besteht in der nozizeptiven Stimulation des trigeminalen Systems während einer fMRT-Messung. Methodik: Im ersten Untersuchungsabschnitt wurden 20 Migräne patienten (mit und ohne Aura) außerhalb ihrer akuten Attacke sowie 20 gesunde Kontrollpersonen rekrutiert. Eingeschlossen wurde weiterhin eine Gruppe von 10 Migränepatienten, die sich zum Messzeitpunkt ein bis fünf Tage vor ihrer Kopfschmerzattacke befanden. Patienten und Probanden wurden während einer fMRT-Messung in einem event-related Design einer randomisierten Abfolge von olfaktorischen Duftreizen sowie trigeminal nozizeptiven Reizen ausgesetzt. Die Intensität des Schmerzes bzw. des Geruches wurde auf einer numerischen Rating-Skala (NRS) erfasst. Ergebnisse: Der einzige statistische Gruppenunterschied besteht in einem signifikant stärkeren BOLD-Signal der gesunden Kontrollprobanden im Hirnstamm (rostrale Medulla Oblongata). Eine Korrelationsanalyse zeigte indes, dass die Signalstärke bei den Migränepatienten in diesem Hirnstammareal signifikant zunimmt, je näher sie der nächsten Migräneattacke sind. Eine weitere Analyse, die 10 Migränepatienten einschloss, die 1 bis 5 Tage vor ihrer nächsten Migräneattacke untersucht wurden, zeigte, dass diese Patienten statistisch signifikant stärker in diesem Hirnstammareal aktivierten. Diskussion: Die funktionellen Bildgebungsdaten zeigen, dass Migräniker und gesunde Probanden während der trigeminalen Schmerzapplikation identische kortikale Areale aktivieren. Migränepatienten, die über ihr schmerzfreies Intervall gemessen wurden, zeigen jedoch eine signifikant erniedrigte Aktivierung in Hirnstammarealen, die anatomisch am ehe sten den spinalen trigeminalen Kernen zuzuordnen ist. Das BOLDSignal steigt über das interiktale Intervall jedoch so weit an, dass die Migränepatienten einige Tage vor der nächsten Attacke im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen statistisch signifikant stärker aktivieren. Ein erhöhtes Signal in den spinalen trigeminalen Kernen spiegelt vermutlich die erhöhte Bereitschaft wider, eine Migräneattacke zu entwickeln. Der Aktivierung der Hirnstammregion kommt somit ein prädiktiver Wert zu, der informiert, wie weit ein Patient von der nächsten Attacke entfernt ist. P09.6 Ansprechen von chronischen Kopfschmerzen nach ischämischem Hirninfarkt auf niedrig dosiertes Gabapentin bei zwei Patienten C. Vogel1, P. Sandor2, W. Schleinzer1 1 Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Institut für Anästhesiologie und Schmerzmedizin, Schmerzklinik Nottwil, Schweiz; 2 Neurologische Klinik, Universitätsspital Zürich, Schweiz Fragestellung: Eine effektive Behandlung von Kopfschmerzen, die auf einen Hirninfarkt zurückführbar sind, ist in der Literatur wenig beschrieben. Aufgrund der Läsion innerhalb des zentralen Nervensystems ist eine zentrale neuropathische Schmerzkomponente wahrscheinlich. Material und Methode: Zwei Patientinnen stellten sich in unserer Klinik vor, mit seit mehreren Jahren bestehenden Kopfschmerzen, die nach ischämischem cortikalen Hirninfarkt neu aufgetreten waren. Verschiedene im Vorfeld verabreichte Analgetika der WHO-Stufe 1 waren ohne Nutzen. Fallbericht 1: Eine 75-jährige Patientin litt 2 Jahre lang unter täglich auftretenden und für mehrere Stunden andauernden, stechenden, Kopfschmerzattacken (NRS minimal 1, maximal 3/10), parietal links lokalisiert, die seit einem im MRT nachgewiesenen Mediainfarkt links, unverändert fortbestanden. Begleitend traten eine Gangunsicherheit und eine Schwellung der Oberlider auf. Residual nach Hirninfarkt zeigte sich ein rein motorisches Hemisyndrom rechts. Fallbericht 2: Eine 47-jährige Patientin litt 6 Jahre lang, unter einem z.T. holocephal, z.T. frontoparietal linksseitigem Dauerkopfschmerz ohne Begleitsymptome, der z.T. als
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drückend, z.T. als elektrisierend oder auch pulsierend beschrieben wurde (NRS durchgehend 3/10). Der Kopfschmerz bestand seit dem Tag, an dem sie einen im MRT nachgewiesenen Anteriorinfarkt erlitten hatte, weitgehend unverändert fort. Residual bestand keine neurologische Ausfallssymptomatik mehr. In beiden Fällen führte Gabapentin (NeurontinR) in einer niedrigen Dosis von täglich 600mg (Fall 1) bzw. 900mg (Fall 2) zu einer Kupierung der Kopfschmerzen (NRS 0/10). Medikamentöse Nebenwirkungen traten nicht auf. Eine Reduktion der Gabapentindosis mehrere Monate nach Beginn der Therapie war in beiden Fällen nicht möglich, da die Kopfschmerzen wiederauftraten. Diskussion: Die Fallberichte zeigen, dass Kopfschmerzen, die auf einen Hirninfarkt zurückführbar sind, vollständig durch niedrig dosiertes Gabapentin unterdrückt werden konnten. Die effektive Dosis war im Vergleich zur therapeutischen Dosis, zur Behandlung neuropathischer Schmerzen, niedriger (600 mg bzw. 900 mg). Schlussfolgerung: Die niedrige Gapapentindosis könnte darauf hin deuten, dass Mechanismen, die dem Kopfschmerz nach Hirninfarkt zugrunde liegen, andere sein könnten, als bei neuropathischen Schmerzen, die in der Regel durch höhere Dosen von Gabapentin gelindert werden. Systematische, radomisierte, kontrollierte Untersuchungen von niedrig dosiertem Gabapentin bei nach Hirninfarkt neu aufgetretenen, chronischen Kopfschmerzen erscheinen sinnvoll und sind notwendig, um unsere Beobachtungen zu bestätigen. P09.7 Trigeminal somatosensory evoked potentials in patients with different headache types and facial pain M. Ahlborn1, S. Dempewolf1, M. Lanz1, S. Bunten1, A. Bremerich2, S. Happe1 1 Institut für klinische Neurophysiologie Klinikum Bremen Ost, Bremen; 2 Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Klinikum Bremen Mitte, Bremen Objective: Somatosensory ������������������������������������������������������������� evoked potentials elicited by trigeminal nerve stimulation (TSEP) allow studying the peripheral and central portion of the trigeminal pathway. Until now this method is not a routine clinical testing in the diagnostic workup of headache. The aim of our study was to evaluate the yield of the TSEP in different headache types. Patients and methods: We retrospectively studied all TSEP of patients aged 17 years or older examined in our departments during October 1997 to February 2006 who complained of headache, facial pain or numbness (n=311): 94 with trigeminal neuralgia (TN), 30 with trigeminal neuropathy (NEURO), 34 with persistent idiopathic facial pain (PIFP), 65 with facial pain due to temporomandibular joint disorders (TMD), and 88 with impairment of trigeminal sensory pathways respectively sensory loss (SENS) as well as 25 healthy controls. Results: In TN, there was a significant delay of the N13 (14.05 +/- 1.58 ms) and P19 latencies (19.24 +/- 2.3 ms) of the affected side in comparison to the unaffected side (13.42 +/- 1.47 ms resp. 18.61 +/- 1.65 ms; p<0.001) and a total delay of the N13 wave in 25.5% of these patients as compared to the controls. In patients with NEURO, there was no significant delay of the N13 and P19 ipsilaterally (13.39 ms / 18.43 ms) and contralaterally (12.90 ms / 17.90 ms). However, compared to normal values, we found a large number of pathological side differences regarding peak latencies between the affected and the unaffected side in patients with NEURO (25% of N13 and 36% of P19). In patients with PIFP, we could not find any significant differences in the latencies of N13 or P19 regarding ipsilateral (13.23 ms / 17.88 ms) and contralateral latencies (12.98 ms / 18.04 ms) or in comparison to our own control group (12.35 ms / 18.85 ms). In pain due to TMD, there was a delay of the N13 and P19 wave after stimulating the affected side (13.14 ms / 18.42 ms) versus the unaffected side (12.84 ms / 18.10 ms; p<0.05), and in 10.9% of these patients a total delay after stimulation of the affected side of the N13 wave occurred. In patients with SENS, no significant differences between ipsilateral and contralateral latencies were found. Neither condition caused a significant difference in the amplitudes of N13 and P19 waves as compared between affected and unaffected side and to the control group.
Discussion: TSEP may offer a valuable tool in patients suffering from headache, particularly from TN and NEURO. In particular, the latencies of N13- and P19- waves are of great interest and vary in their expression regarding to the underlying condition. P09.8 Postpunktionelle Kopfschmerzen bei Patienten mit Idiopathischer Intrakranieller Hypertonie D. Müller, S. Förderreuther Neurologische Klinik der Universität München, Konsilardienst Standort Innenstadt, München Die Idiopathisch Intrakranielle Hypertonie (IIH) geht klinisch mit Kopf schmerzen, Sehstörungen und Tinnitus einher. Liquorentlastungspun ktionen (LEP) sind bei schwerwiegenden Beschwerden, insbesondere drohendem Visusverlust, als Notfallmaßnahme indiziert. In der Literatur finden sich bislang keine Studien zum Auftreten von postpunktionellen Kopfschmerzen (PPKS) bei IIH Patienten. Patienten und Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden die klinischen Parameter im Verlauf einer IIH anhand von Patientenakten der Jahre 2005–09 analysiert und das Auftreten von PPKS sowie deren Dauer, Stärke und Begleitsymptome bei Erstmanifestation mittels eines Fragebogens erfasst. Im Gegensatz zu den Kopfschmerzen als Ausdruck der intrakraniellen Hypertension mussten PPKS wie in den IHS Kriterien gefordert eine klare Lagerungsabhängigkeit aufweisen, mit vollständigem Sistieren des Schmerzes im Liegen. Ergebnisse: In die Studie gingen 46 Patienten ein, von denen fünf nicht an der Befragung teilnahmen. Im Verlauf wurden 36 der 41 Patienten mehrfach punktiert. Es wurden meist 20 ml Liquor (Range 5–30ml) entnommen. Nach der 1.LP gaben 26 Patienten (63,4%) PPKS an. Weitere 4 Patienten (9,7%) entwickelten erstmals bei späteren Ent lastungspunktionen PPKS. Die durchschnittliche Schmerzstärke der PPKS bei Erstmanifestation betrug 8,3 auf einer numerischen RatingSkala, die durchschnittliche Dauer der PPKS lag bei 7,6 Tagen. Bei 76% aller PPKS Erstmanifestationen (n=30) kam es zu Begleitsymptomen in Form von Übelkeit und Erbrechen (n=18/30), Lichtempfindlichkeit (n=10/30) oder Nackensteife (n=12/30). Bei 30,8% (n=8/26) der Patienten traten bei nachfolgenden Punktionen keine PPKS mehr auf. Die initialen lumbalen Liquoreröffnungsdrücke (LED) waren bei Patienten, die PPKS entwickelten, tendentiell höher als bei Patienten ohne PPKS (Mittelwerte 402vs.332mmH2O,p=0,09,Mann-Whitney-U-Test). Bei mehrfach punk tierten Patienten war der LED bei der 2.Punktion bei Patienten mit PPKS im Mittel deutlich niedriger als bei der ersten Punktion (365vs.407mmH O,p=0,051,Wilcoxon-Test), bei Patienten ohne PPKS leicht höher als bei 2 der ersten Punktion (357vs.340mmH2O,p=0,7,Wilcoxon-Test). Diskussion: Die Inzidenz von PPKS ist bei Patienten mit IIH höher und die Dauer länger als bei Patientengruppen, die aus anderer Indikation punktiert werden. Mögliche Ursache sind die deutlich höheren Liquor druckschwankungen zwischen zwei Punktionen, die zu stärkeren kompensatorischen Mechanismen führen. Die Pathogenese der IIH ist noch ungeklärt. Sie könnte auf einer Verschiebung des Sollwertes für den intracraniellen Druck nach oben beruhen. Das Ausmaß der Kompensationsmechanismen könnte mit den Abweichungen von diesem Sollwert korrelieren. P09.09 Autosomal dominante Occipitalis- und Intermediusneuralgie. Ein Fallbericht mit positiver Familienanamnese F. Riederer1, P. Sandor2, D. Ettlin1 1 Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universität Zürich, Schweiz; 2 Neurologische Klinik, Universitätsspital Zürich, Schweiz Einleitung: Gesichtsneuralgien treten zumeist sporadisch auf. Ein autosomal dominanter Erbgang kommt bei Trigeminusneuralgie in 1–2% der Fälle vor. In der Literatur ist eine Assoziation der familiären
Trigeminusneuralgie mit anderen Hirnnervenerkrankungen beschrieben: Bei einem Patienten trat eine familiäre Trigeminusneuralgie gemeinsam mit einem kontralateralen Spasmus hemifacialis auf. Auch Familien mit gehäuftem Auftreten von Trigeminus- und Glossopharyngeusneuralgie n wurden publiziert. Wir beschreiben eine Patientin mit kombinierter Occipitalis- und Intermediusneuralgie mit positiver Familienanamnese. Fallbericht: Eine 61-jährige Patientin stellte sich nach Überweisung durch eine allgemeinmedizinische Praxis in der interdisziplinären Sprechstunde für orofaziale Schmerzen der Universität Zürich mit rezidivierenden, plötzlich einschiessenden Schmerzen im rechten Ohr und rechts occipito-parietal vor. Einen lanzinierenden Schmerz in der Tiefe des rechten Ohres verspürte sie erstmals im Alter von 22 Jahren. Eine HNO-ärztliche Durchuntersuchung ergab damals keine Auffälligkeiten. Nach einigen Tagen kam es zu einer „Ausstrahlung“ des Schmerzes nach rechts occipito-parietal. Der Sekundenschmerz trat täglich mehrmals auf und verschwand nach einigen Wochen spontan. Es kam seither zu einem episodischen Wiederauftreten mit schmerzfreien Intervallen von Jahren bis Monaten. Im Verlauf entwickelten sich Triggerpunkte an der rechten Wange und rechts occipito-parietal. Eine vor Kurzem durchgeführte Schädel-MRI und ein EEG waren unauffällig. Familienanamnese: Der Vater der Patientin litt unter einer Gesichts neuralgie mit identischen Symptomen. Von den neun Geschwistern leiden vier Schwestern und ein Bruder an lanzinierenden Ohr- und Hinterkopfschmerzen. Vier Brüder sind asymptomatisch. Schlussfolgerung: Diese Familienanamnese ist mit einem autosomal dominanten Erbgang vereinbar. Eine erbliche Occipitalis- oder Inter medius Neuralgie wurde nach unserem Wissen noch nicht beschrieben. Eine klinische und genetische Evaluation der Familienmitglieder ist im Gange. Eine Erklärung für das gleichzeitige Auftreten einer Neuralgie des N. occipitalis major und des N. intermedius könnten sensorische Anastomosen zwischen Hirnnerven sein. Auch eine Konvergenz von Afferenzen aus dem N. intermedius, dem Tractus descendens N. trigemini und der C2 Wurzel – dem Ursprung des N. occipitalis major – wurde postuliert. Tierexperimentelle Befunde einer ausgeprägten Konvergenz von sensorischen Afferenzen vom Gesicht, den Zähnen, der Mundschleimhaut und vom Nacken im Nucleus caudalis N. trigemini unterstützen diese Hypothese. P09.10 Evaluation einer achtsamkeitsbasierten Intervention (MBSR) an Migränepatienten – eine randomisierte kontrollierte Pilotstudie K. Simshäuser, S. Schmidt, H. Kaube, M. Lüking, C. Schultz Universitätsklinikum Freiburg Fragestellung: Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte wurden zahlreiche klinische Studien zur Wirksamkeit der verhaltensmedizinischen Inter vention Mindfulness-Based-Stress-Reduction (MBSR, Achtsamkeits basierte Stressbewältigung) nach Jon Kabat-Zinn durchgeführt und u.a. bei chronischen Schmerzen mit Erfolg eingesetzt. In einer randomisierten und kontrollierten Studie untersuchten wir erstmals, ob sich ähnlich positive Effekte auch bei Personen finden lassen, die an Migräne leiden. Methode: 61 Migränepatienten wurden entweder auf das MBSRProgramm oder eine psychoedukative Kontrollgruppe randomisiert, 44 beendeten die Studie per protocol. Als direkte Migräneparameter wurden die Migränehäufigkeit sowie die Schmerzmedikation mittels Kopfschmerztagebüchern erhoben, die über einen viermonatigen Zeitraum (einen Monat vor bis einen Monat nach Kurszeitraum) ausgefüllt wurden. Psychologische Parameter waren schmerzbezogene Lebensqualität, psychische Beeinträchtigung, Selbstwirksamkeit, Schmerzempfinden, Schmerzakzeptanz sowie Achtsamkeit. Letztere wurden über Fragebögen zu Baseline und am Ende der Intervention erhoben. In der MBSR-Bedingung durchliefen die Probanden das achtwöchige Training nach Kabat-Zinn mit täglichen Hausaufgaben, in der Kontrollgruppe fanden innerhalb der acht Wochen drei Termine mit wöchentlichen Hausaufgaben statt. Hier wurde die Migräneerkrankung
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Abstracts mit ihren Entstehungsbedingungen und Umgangsweisen thematisiert und die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen eingeübt. Ergebnisse: Die Anzahl an monatlichen Migränetagen reduzierte sich über den viermonatigen Zeitraum um 25 % (MBSR) bzw. 24% (Psycho edukation), die Tage mit Schmerzmitteleinnahme verringerten sich deutlich nur in der MBSR-Bedingung (27% gegenüber 3,5%). Bezogen auf die psychologischen Parameter konnte im direkten Vergleich der beiden Interventionen eine statistisch signifikante Überlegenheit der MBSRGruppe für drei von sechs Fragebögen (psychische Beeinträchtigung, Selbstwirksamkeit und Schmerzerleben) festgestellt werden. Im Prä-Post-Vergleich zeigten sich innerhalb der MBSR-Bedingung in allen eingesetzten Fragebögen signifikante positive Veränderungen. Große Effektstärken wurden erzielt in Bezug auf schmerzbezogene Selbstwirksamkeit (d=0,95) sowie auf das affektive und sensorische Schmerzempfinden (d=0,81 bzw. 0,79); in den übrigen Variablen zeigten sich kleine bis mittlere Effekte. In der Kontrollgruppe fielen die Effektstärken abgesehen von der Schmerzakzeptanz durchgängig niedriger aus. Schlussfolgerung: Das MBSR-Training scheint im Einsatz an Migräne patienten erfolgversprechende Resultate zu erzielen, was sowohl den psychologischen Umgang mit der Erkrankung als auch direkte Migräneparameter anbelangt. Das noch ausstehende Ein-Jahres-FollowUp soll über die Stabilität der in den beiden Gruppen erzielten Ergebnisse Auskunft geben.
P11 Psychologie und Psychotherapie des Schmerzes P11.1 Körperliche Beschwerden, emotionale Belastung, Schmerzempfinden und -verhalten bei Patienten mit Multipler Sklerose im Vergleich zu Rückenschmerzpatienten D. Michalski1, S. Liebig1, E. Heß1, A. Hinz2, F. Then Bergh1 1 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Leipzig; 2 Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universität Leipzig Hintergrund und Fragestellung: Körperliche Beschwerden, Angst, Depression und Schmerzen sind häufige Phänomene bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS). Ihre Einordnung in ein multidimensionales Konzept erfolgte bislang jedoch nur ansatzweise. Die vorliegende Arbeit untersucht bio-psycho-soziale Aspekte bei Patienten mit MS im Vergleich zu Rückenschmerzpatienten, bei denen körperliche, soziale und emotionale Veränderungen als Resultat eines anhaltenden angstinduzierten Vermeidungsverhaltens diskutiert werden. Material und Methoden: Bei 49 Patienten mit MS (mittleres Alter 41,7 Jahre; 75,5% Frauen) wurden körperliche Beschwerden (GBB-24), Angst und Depression (HADS-D), Schmerzempfinden (SES) sowie Schmerzverhalten (FSR) erfasst. Als Vergleichsgruppe diente ein altersund geschlechtsadjustiertes Kollektiv von 454 Rückenschmerzpatienten (mittleres Alter 41,5 Jahre; 73,1% Frauen). Ergebnisse: Patienten mit MS zeigten gegenüber Rückenschmerz patienten signifikant mehr Erschöpfung (p<0,001) und Beschwerdedruck (p<0,01), sowie signifikant stärkere Ausprägungen von Vermeidung (p<0,01) und Resignation (p<0,05). Dagegen fanden sich für Glieder schmerzen, Herz-, Magenbeschwerden, Angst, Depression und Ab lenkung keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Summenskala Beschwerdedruck korreliert bei MS- sowie Rückenschmerzpatienten signifikant positiv mit Angst, Depression, Vermeidung und Resignation. Die Beziehung zwischen Angst und Depression existiert für MS- und Rückenschmerzpatienten in ähnlicher Weise (r=0,54 bzw. r=0,68; jeweils p<0,01). Schmerzen werden bezüglich der affektiven und sensorischen Qualität von beiden Gruppen in gleichem Ausmaß berichtet.
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Diskussion: Das erhöhte Erschöpfungsausmaß bei MS-Patienten ent spricht dem bekannten „Fatigue“-Syndrom. Die stärkere Ausprägung von Vermeidung und Resignation kann als krankheitsassoziierte Ver haltensweise von MS-Patienten interpretiert werden, weist auf ein angst induziertes Vermeidungsverhalten hin und stellt einen Ausgangspunkt für ein psychosoziales Rehabilitationskonzept dar. P11.2 Schmerzassessment bei Demenz im höheren Lebensalter H. D. Basler1, A. Lukas2 1 Institut für Medizinische Psychologie, Marburg; 2 Bethesda Geriatrische Klinik Ulm DGSS-AK „Schmerz und Alter“ Klinische Schmerzmessung bei nicht-kommunikativen Demenzkranken ist auf die Beobachtung des Schmerzverhaltens angewiesen. Die BESDSkala zur Beurteilung des Schmerzes bei Demenz ist eine deutsche Übersetzung der PAINAD-Scale mit den Beobachtungskategorien Atmung, negative Lautäußerungen, Gesichtsausdruck, Körpersprache und Reaktion auf Tröstung (Warden et al., 2003). Der AK „Schmerz und Alter“ der DGSS hat bisher 99 demenzkranke Bewohner aus acht Pflegeeinrichtungen mit einem Durchschnittsalter von 84 Jahren (SD = 7) in die Evaluation des Beobachtungsinstrumentes einbezogen. Als Maße für die interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha) ergaben sich bei der Beobachtung durch Pflegende Werte zwischen 0,85 und 0,86. Die Inter-Rater-Reliabilität beträgt zwischen r = 0,72 und 0,82. Die Wiederholungsreliabilität mit einem Abstand von zwei bis drei Wochen beläuft sich auf Werte zwischen 0,60 und 0,76. Die Beobachtung ist zuverlässiger in Situationen, in denen die Beobachteten mobilisiert werden, als in Ruhesituationen (Schuler et al., 2007). Erste Studien zur Validität zeigen, dass Personen, die als akut unter Schmerzen leidend eingestuft werden, sich hinsichtlich der BESD-Werte signifikant von denen unterscheiden, denen keine Schmerzen zugeschrieben werden. Weiterhin verringert sich das Schmerzverhalten unter analgetischer Medikation (Basler et al., 2006). Da die bisher durchgeführten Studien die Validität nur unzureichend belegen, führt der AK derzeit eine doppel-blind rando misierte, plazebo-kontrollierte Studie im Cross over Design durch. Menschen mit gesicherter Demenz und wahrscheinlich akutem Schmerz (BESD >4 beim Transfer, bekannter muskuloskelettaler Erkrankung, die häufig mit Schmerzen einhergeht) erhalten randomisiert entweder das Schmerzmittel Oxycodon (Verum) oder ein Plazebo (Kontrolle). Nach drei Stunden (T2) erfolgt ein Cross-over. Die Bestimmung möglichen Schmerzverhaltens mittels BESD erfolgt jeweils zum Zeitpunkt T1 (=vor der Intervention), T2 (= nach 3 Stunden) und T3 (=6 Stunden nach der primären Intervention). Es wird erwartet, dass die BESD-Werte mit der Art der Medikation kovariieren. Ziel ist es, das Design der Studie vorzustellen und zu diskutieren. Literatur –
Basler, H.D., Hüger, D. Kunz, R., Luckmann, J., Lukas, A., Nikolaus, T., Schuler, M.S. (2006). Beurteilung von Schmerz bei Demenz (BESD) – Untersuchung zur Validität eines Verfahrens zur Beobachtung des Schmerzverhaltens. Schmerz, 20, 519-26. – ����������������������������������������������������������������������������������������� Schuler, M., Becker, S., Kaspar, R., Nikolaus, Th., Kruse, A. & Basler, H.-D. (2007) Psychometric Properties of the German “Pain Assessment in Advanced Dementia Scale” (PAINAD-G) in Nursing Home Residents. J Am Med Dir Assoc, 8, 388-395. – ���������������������������������������������������������������������������������������� Warden, V., Hurley, A.C. Volicer, L. (2003). Development and Psychometric Evaluation of the Pain Assessment in Advanced Dementia (PAINAD) Scale. J Am Med Dir Assoc, 4, 9 – 15.
P11.3 NaSch – Ein ambulantes Nachsorgeprogramm für Patienten mit chronischen Schmerzen bei muskuloskelettalen Erkrankungen und psychosozialen Problemen J. Pönicke, I. Ehlebracht-König Rehazentrum Bad Eilsen der Deutschen Rentenversicherung BraunschweigHannover, Bad Eilsen Einleitung: Rehabilitationsmaßnahmen bewirken bei den meisten Schmerzpatienten eine Verbesserung des Gesundheitszustandes (Ehlebracht-König & Bönisch, 2005), welcher jedoch teilweise nur kurzfristig anhält (Hüppe & Raspe, 2005). Durch mangelnde soziale Unterstützung kann die Symptomatik weiter verstärkt bzw. die Ent wicklung von psychischen Störungen begünstigt werden. Ziel dieses Nachsorgeprogramms ist es, bei den Patienten durch psychoedukative, verhaltens- und schmerztherapeutische Maßnahmen die positiven Effekte nach der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme aufrechtzuerhalten bzw. weiter zu verbessern, mit den chronischen Schmerzen besser umzugehen und eine Rückkehr ins Berufsleben zu unterstützen. Methoden: Es wurde ein Curriculum entwickelt, das zusätzlich umfang reiche sozialmedizinische Elemente enthält. Zielgruppe sind Patienten mit chronischen Schmerzen (Dauer: >6 Monate) und psychosozialen Problemen, die eine somatische, medizinische Rehabilitationsbehand lung beendet haben und an einem Funktionstraining teilnehmen. Das Nachsorgeprogramm dauert 18 Wochen, die Termine finden wöchentlich statt. Für die Implementierungsphase sind 5–6 Durchläufe geplant. Als Kontrollbedingung wird ein Entspannungstraining durchgeführt. Die Zuweisung erfolgt randomisiert. Die Befragung der Patienten erfolgt zu 3 Messzeitpunkten (prae, post, 6 Monate später). Folgende Verfahren werden eingesetzt: Soziodemographischer Kerndatensatz, Würzburger Screening 2, Visuelle Analogskala, Avoidance-Endurance-Questionnaire, SF-36. Des Weiteren wird die Akzeptanz für das Nachsorgeprogramm erhoben. Bisherige Ergebnisse: Nach der Entwicklung des Curriculums wurden zwei Probeläufe im stationären Setting durchgeführt, die vorwiegend der Akzeptanzerhebung galten. Das Nachsorgeprogramm wurde von allen Teilnehmern als sehr gut oder gut verständlich beurteilt. 72% der Teilnehmer empfanden es als sehr hilfreich und 57% gaben an, auf jeden Fall ambulant an einem solchen Programm teilnehmen zu wollen. Weitere Ergebnisse der Akzeptanzbefragung (Dauer, günstigste Uhrzeit, Wichtigkeit der Themen) wurden zur Abstimmung der organisatorischen Rahmenbedingungen genutzt. Diskussion, Schlussfolgerung und Ausblick: Bei Schmerzpatienten besteht ein großer Bedarf an Nachsorge. Die Module des Nachsorge programms wurden durchweg als hilfreich empfunden. Für Juli 2009 ist der Beginn des ersten ambulanten Durchlaufs in Hannover geplant. Die Durchführung wird zunächst auf die Region Hannover begrenzt sein, nach Abschluss der Implementierungsphase und bei positiven Effekten ist eine Ausweitung auf weitere Regionen geplant. Literatur –
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Ehlebracht-König I. & Bönisch, A. (2005). Optimierung des Bewegungsverhaltens durch stationäre rheumatologische Rehabilitation. In F. Petermann (Hrsg.), Barrieren, Kosten und Optimierung in der medizinischen Rehabilitation (173-187). Regensburg: Roderer. Hüppe, A, Raspe, H (2005): Zur Wirksamkeit von stationärer medizinischer Rehabilitation in Deutschland bei chronischen Rückenschmerzen: Aktualisierung und methodenkritische Diskussion einer Literaturübersicht. Rehabilitation, 44, 24-33.
P11.4 Das Projekt www.krankheitserfahrungen.de: Wissenschaftliche Aufbereitung subjektiver Erfahrungen von Menschen mit chronischen Schmerzen bietet Unterstützung für Betroffene M. Breuning, G. Lucius-Hoene Abt. für Rehabilitationspsychologie, Institut für Psychologie, Universität Freiburg Fragestellung und Zielsetzung: Ziel des Projekts ist der Aufbau einer wissenschaftlich fundierten Website (krankheitserfahrungen.de), auf der Patienten mit chronischen Erkrankungen in Interviewausschnitten von ihren Erfahrungen mit der Erkrankung erzählen. Als eines der beiden ersten Krankheitsmodule wird das Modul „Chronischer Schmerz“ erstellt. Es soll Betroffenen und Angehörigen persönliche Erfahrungen zum Leben mit Schmerzen, zu Therapien und Unterstützungsmöglic hkeiten vermitteln und damit zum Empowerment und der Autonomie der Patienten beitragen. Im Gegensatz zu vielen Foren und Chatrooms für Patienten werden die Erfahrungen in diesem Projekt systematisch nach wissenschaftlichen Kriterien erhoben und ausgewertet. Nicht die häufigsten oder „populärsten“ Erfahrungen sollen präsentiert werden, sondern eine möglichst große Varianz, um unterschiedlichsten Patienten eine Möglichkeit der Auseinandersetzung zu bieten. Die Erzählungen werden auch als Datenbasis für wissenschaftliche Studien und in der Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal genutzt. Der Aufbau des Internetportals erfolgt nach dem Muster der Website www. healthtalkonline.org der Arbeitsgruppe DIPEx (DIPEx Research Group, Dpt. of Primary Care, Universität Oxford), mit der eine enge Kooperation besteht. Material und Methode: Die Krankheitserzählungen werden in qualitativen Interviewstudien (40–50 Interviews) nach den Kriterien der maximalen Variation von Merkmalen gesammelt, nach dem Ansatz der Grounded Theory mit Hilfe eines computergestützten Analyseverfahrens (ATLAS. ti) wissenschaftlich aufbereitet und in Texten, Video- oder Audioclips auf der Website präsentiert. Die Daten werden über Schlagworte ge ordnet und mit Links zu kontrollierten medizinischen Informationen und Versorgungsressourcen versehen. Nach Veröffentlichung der Web site wird eine Evaluation von Nutzungsparametern sowie Nutzer- und Bedienungsfreundlichkeit mit Personen aus dem Kreis Selbstbetroffener und Professioneller in mehreren Phasen durchgeführt. Ergebnisse: Bis Juni 09 wurden Erhebungstechnik und Auswertungs strategien erarbeitet; 20 der geplanten 40–50 Interviews wurden erhoben. Technische Planung und Umsetzung der Website und des Webdesigns sind fast abgeschlossen. Diskussion: Die ersten Daten aus den bisher erhobenen Interviews sind sehr vielversprechend. Es zeigt sich eine große Varianz an Er fahrungen sowohl hinsichtlich alltäglicher Auswirkungen als auch der unterschiedlichsten therapeutischen Maßnahmen. Die weitreichenden Folgen einer chronischen Schmerzerkrankung werden thematisiert und verschiedene Umgangsformen damit werden beschrieben. Schlußfolgerung: Die große Resonanz und Kooperationsbereitschaft sowohl bei Betroffenen als auch bei Professionellen und Akteuren im Gesundheitssystem bestätigt, daß ein solches Angebot auch im deutsch sprachigen Raum dringend benötigt wird und von vielen erwünscht ist.
Korrespondenzadresse: Dipl.-Psych. Julia Pönicke, Rehazentrum Bad Eilsen, Brunnenpromenade 2, 31707 Bad Eilsen, Tel.: 057228873209, E-Mail:
[email protected] Gefördert von der Deutschen Rentenversicherung BraunschweigHannover
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Abstracts P11.5 Psychodynamisch-Interaktionelle Gruppentherapie bei Somatoformen Schmerzpatienten im Multimodalen Tagesklinischen Setting (Erfahrungen und Ergebnisse der letzten fünf Jahre) B. Vill1, C. Haffner2, C. Wille2, Chr. Maihöfner2, M. de Zwaan3, R. Sittl2 1 Interdiszipl. Schmerzzentrum und Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen; 2 Interdiszipl. Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen; 3 Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen Nach jahrelanger Schmerzkrankheit und häufigen Arztkontakten finden sich viele Patienten mit der Diagnose „Somatoforme Schmerzstörung“ oder „Fibromyalgie“ in einem spezialisierten Schmerzzentrum ein, meist auf der weiteren Suche nach somatischer Abklärung und Therapie. Das Ziel: Das Ziel des interdisziplinären Teams ist es, die Patienten nach ausführlicher Anamnese und sorgfältiger Untersuchung sowie genauer Aufklärung über die Erkrankung zu motivieren, sich einer störungsspezifischen Therapie zu unterziehen um so einen Gewinn an Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit zu erzielen Methode: Über mindestens 6 Monate wurden in den letzten 5 Jahren insgesamt 34 Teilnehmer in 5 Gruppen (zu 5 bis 9 Patienten) an je 40 teil stationären Behandlungstagen multimodal behandelt. Den Kern bildete eine Psychodynamisch-Interaktionelle Gruppentherapie, angelehnt an das von U.T. Egle und R. Nickel erarbeitete ambulante Therapieprogramm, in dem sowohl bewältigungsorientierte als auch psychodynamische Be reiche (Trennung von Schmerz und Affekt, früher Stress, Selbstwertund Beziehungsstörungen) der Erkrankung berücksichtigt wurden. Entspannungstraining und Hypnose wurden ergänzend eingesetzt sowie Medizinische Trainingstherapie, Edukation und Arztsprechstunden. Ergebnisse: Die bisher behandelten Gruppenpatienten erreichten so wohl klinisch als auch psychometrisch eine deutliche Erhöhung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF36). Bei relativ unveränderter Schmerzstärke kam es zu einer signifikanten Reduktion der Schmerz beeinträchtigung (FESV- BE) und einer deutlichen Erhöhung der Schmerzbewältigung (BW) mit positiver Auswirkung auf den privaten, sozialen und beruflichen Bereich. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist die Reduktion (oder ein Absetzen) der Schmerzmedikamente. Bei einer Gruppe wurde zu Beginn der Therapie die Hitzeschmerzschwelle gemessen. Diese Patienten zeigten eine deutlich erniedrigte Schmerz schwelle im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Ergebnisse am Ende der Therapie werden im Poster diskutiert. Schlussfolgerung: Auch hoch chronifizierte somatoforme Schmerz patienten können von einer störungsspezifischen Therapie profitieren. P11.6 Bindung und Schmerzen M. Giulini, E. Neubauer, M. Schiltenwolf Tagesklinik Schmerz, Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg Schmerz als multidimensionales Phänomen, wird durch psychosoziale und biologische Variablen beeinflusst. Die bindungstheoretische For schung geht davon aus, dass Bindungsstile und damit verbundene men tale Modelle des Selbst, anderer und der sozialen Umgebung, durch frühe interpersonelle Erfahrungen geprägt sind. Sie können einen wichtigen Hinweis auf das Krankheitsverhalten, die Inanspruchnahme von Hilfe und den Behandlungserfolg von Schmerz über den gesamten Lebenslauf geben. Die vier Bindungsstile des Erwachsenenalters, ein sicherer Stil und drei unsichere; -verstrickt, abweisend/vermeidend, abweisend/ängstlichkönnen die Einstellung des Patienten zum Schmerz, die Motivation des Patienten für eine Therapie, die Effektivität von Schmerztherapieangeboten und den Umgang mit negativen Emotionen vorher sagen. Unter Berück sichtigung der theoretischen Bindungsperspektive wird untersucht wie die Beziehungen zwischen Bindungsorientierung des Patienten und die Unterstützung durch Ärzte und Therapeuten eine Schmerztherapie
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beeinflusst. Es wird angenommen, dass Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, und die überwiegend sicher gebunden sind, mehr Unterstützungsangebote annehmen, effektiver davon profitieren und über optimistischere Einstellungen verfügen, als unsicher Gebundene. Es wird untersucht wie sich der alltägliche Umgang und die Wahrnehmung des Schmerzes, die durch das jeweilige Bindungsmuster beeinflusst werden, durch ein sicheres therapeutisches Beziehungsangebot positiv verändern lassen. In einem interdisziplinären Therapiekonzept werden die Interventionen auf die speziellen Bedürfnisse des Patienten, der unter einer somatoformen Schmerzstörung mit der Leitsymptomatik chronischer Rückenschmerz leidet mit einbezogen um therapeutisch günstigen Einfluss auf die bereits erfolgte Chronifizierung zu nehmen. Erfasst und in Beziehung zum Bindungsstil werden die Wahrnehmung und Bewertung des Schmerzes, die Veränderung dessen im Verlauf der Behandlung und ein halbes Jahr nach Entlassung, zudem die Komorbidität psychischer Erkrankungen. P11.7 Medikamentenmissbrauch in Anästhesiologie und Intensivmedizin J. Lemke1, Chr. Maier1, J. Schüttler2, N. Scherbaum3, H. Bürkle4, U. X. Kaisers5, J. Soukup6 1 Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum; 2 Anästhesiologischen Klinik, Universitätsklinikum Erlangen; 3 Klinik für abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, LVR-Klinikum Essen Kliniken/ Institut der Universität Duisburg-Essen; 4 Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Klinikum Memmingen; 5 Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Leipzig; 6 Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Halle Das Risiko für Suchterkrankungen von Anästhesisten und Pflegekräften ist z.B. aus den USA seit langem bekannt (1,2). Ob und in welchem Maße der tägliche Umgang mit Medikamenten den Einstieg in Missbrauch und Abhängigkeit seitens der Mitarbeiter in deutschen Anästhesieabteilungen begünstigt, wurde daher von der DGAI/BDA-Arbeitsgruppe „Sucht risiken in der Anästhesiologie“ in einer internetbasierten Umfrage er mittelt. Methodik: Im Auftrag und mit Unterstützung der DGAI wurden 902 Leitende Ärzte von Anästhesieabteilungen postalisch gebeten, einen internetbasierten Fragebogen zu erlebten Suchtfällen bei Mitarbeitern/ Kollegen in den letzten zehn Jahren in eigener Abteilung oder in früherer Tätigkeit, Art und Einnahmeform des Suchtmittels, Folgen und Konse quenzen auszufüllen. Ergebnisse: Von den 439 (48,6% Rücklauf) antwortenden Abteilungen berichteten 157 (36%) von mindestens einem Fall in eigener Abteilung und 71 (16%) in früherer Tätigkeit. Insgesamt wurden 305 Fälle von Medikamentenmissbrauch berichtet, 207 in eigener Abteilung (Anäs thesisten 134 (65%), weitere Fachrichtungen 13 (6%), Pflegekräfte 60 (29%)). Fentanyl, Piritramid, Sufentanil, Diazepam, Propofol und Rohypnol waren neben Alkohol die am häufigsten genannten Substanzen. Bei den 34 Fällen(16%) mit tödlichem Verlauf waren Fentanyl (44%), Piritramid (29%) und Propofol (21%) sowie Morphin und Diazepam (beide 15%) am häufigsten. Die Sterblichkeit bei Einnahme von Propofol liegt bei fast 60%. Insbesondere der Diebstahl von Medikamenten und die Anzeige durch Dritte führten zum Bekanntwerden der Suchterkrankung. Persönliche und berufliche Probleme und Krisensituationen wurden als Hintergründe für die Erkrankung am häufigsten genannt. Fazit: Medikamentenmissbrauch und Suchterkrankungen unter Medi zinern sind auch in deutschen Kliniken keine Einzelfälle. Ausgehend von rund 23.000 in Deutschland tätigen Anästhesisten (etwa 5.000 noch in Weiterbildung befindlich), ergibt sich ein geringer Anteil Betroffener. Auch wenn durch die Umfrage nicht alle Anästhesisten erfasst sind, scheint die Zahl der Suchtkranken im unteren einstelligen Prozentbereich
zu liegen. Ein underreporting ist jedoch wahrscheinlich. Gleichwohl fordern insbesondere die Zahl tödlich verlaufender Erkrankungen sowie die aufgebrachte kriminelle Energie der Abhängigen eine schnelle Erarbeitung und Umsetzung sinnvoller Strukturen und Prozesse, die das Risiko für Patienten und Mitarbeiter minimieren und den Betroffenen schnell und effektiv helfen. Literatur 1. Ward CF. Substance abuse. Now, and for some time to come. ���������������� Anesthesiology. 1992;77:619-22 2. 2.Wischmeyer et al. ������������������������������������������������������������ A survey of propofol abuse in academic anesthesia programs. Anesth Analg. 2007;105:1066-71
P11.8 Symptomreduktion bei Response & Remission, Zufriedenheit zwischen Liaisonpsychiatrie und Schmerztherapie M. Brinkers, T. Petz, A. Voigt, D. Hoffmeyer Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Uni Magdeburg AöR, Magdeburg Einleitung: 1. In der Schmerztherapie ist nur wenig geklärt, woran eine erfolgreiche Behandlung erkennbar ist. Bei der Schmerzstärke (VAS) wird gemeinhin davon ausgegangen, dass eine Differenz von 2,5 Einheiten eine erfolgreiche Therapie bedeutet. Gleichzeitig streben Untersuchungen zur Wirksamkeit von Medikamenten eine Reduktion des Anfangswertes um 30% an. Aber sind die beiden Ziele deckungsgleich? 2. Auch in der Schmerztherapie gibt es komorbide psychische Störungen (>80%). Bei der Behandlung von Depressionen (und Schmerzen) spielt die Reduktion der Depressivität (etwa gemessen im HAMD) für die Definition des Therapieerfolgs eine entscheidende Rolle: Strenger als in der Schmerztherapie wird von einer Response erst ab einer Reduktion ab 50% ausgegangen. Erst bei Erfolgen darüber hinaus (so bei HAMD eine Reduktion auf einen Punkt-Wert<7) wird von einer Remission gesprochen. 3. In der vorliegenden Untersuchung wurde – die VAS nach schmerztherapeutischer Herangehensweise untersucht: wieviele zufriedene Patienten gibt es bei der einzelnen Schmerz-Reduktion? – Das subjektive Erleben im SCL-90-R untersucht: ab welcher Itemzahl bzw. Symptomreduktion kann von wievielen zufriedenen Patienten ausgegangen werden? Material und Methoden: Es wurden zwei verschiedene Grundgesamt heiten (n=172 und n=179) der Schmerzambulanz verwendet, um die beiden Parameter Schmerzstärke (VAS) und Symptomzahl des subjektiven Erlebens (PST) zu untersuchen. Da eine Differenz theoretisch bei einem beliebigen Ausgangswert vorkommen kann, wurden die Differenz werte auf den Ausgangswert bezogen (in%). Die %-Zahlen wurden in 3 Gruppen eingeteilt: bis 30% Reduktion, >30% und >50% Reduktion. In jeder dieser drei Gruppen wurde zuletzt der Anteil an zufriedenen Patienten bestimmt Ergebnisse: Entsprechend der VAS-Reduktion steigt der Anteil an zufriedenen Patienten. Bis 30% = 15,2% zufriedene >30% = 52,7% zufriedene >50% = 57,9% zufriedene. Die in Arbeiten zur Medikamentenwirksamkeit immer wieder ange strebte Reduktion von 30% bedeutet also, dass nicht einmal jeder zweite Patient danach auch zufrieden ist. Dies ist erst ab >50% der Fall. Auch beim PST-Wert ist erst ab einer Reduktion >50% mehr als jeder 2. Patient zufrieden In der Psychiatrie gibt es keine Daten zur Zufriedenheit bei Respondern oder remittierten Patienten. Dafür gibt es unseres Wissens für Patienten mit chronischen Schmerzen kein Pendant zur Remissionsschwelle aus der Psychiatrie.
Die Responderschwelle von 30% scheint uns nach dieser Untersuchung für ein vernünftiges Therapieresultat zu niedrig. Da aus der Psychiatrie bekannt ist, dass „Nur-Responder“ bei Depressionen eine höhere Rück fallrate als remittierte Patienten haben (75% zu 25%) sowie in den meisten Fällen dann immer noch und hauptsächlich körperliche Beschwerden klagen, sollte – auch in der Schmerztherapie nach einer solchen Remissionschwelle geforscht werden – auch in der Schmerztherapie verstärkt bei Schmerzen an Depressionen als Schmerzursache gedacht werden .
P13 Rückenschmerz und Bewegungsapparat P13.1 Analgetisches Potenzial von Uridinmonophosphat nach Bandscheibenoperationen U. Rückert1, G. Lärm1, M. Hedding-Eckerich2 1 Unfallchirurgie und Orthopädie, REHA Klinik Damp; 2 Med. Wissenschaft II, Trommsdorff GmbH & Co. KG Arzneimittel, Alsdorf Fragestellung: Bei traumatischen Nervenläsionen belegen Studien, dass der Bedarf an neurotropen Nähr- und Aufbaustoffen – insbesondere Pyrimidinnukleotiden – deutlich erhöht ist. Die vorliegende prospektive, referenzkontrollierte Beobachtungsstudie sollte die Frage klären, ob Patienten mit schmerzhafter Bewegungs- und Funktionseinschränkung bei Zustand nach Bandscheibenoperation von einer gezielten diätetischen Behandlung mit dem Nukleotid Uridinmonophosphat (UMP) sowie den neurotropen Vitaminen B12 und Folsäure profitieren können. Material und Methode: 83 REHA-Patienten mit schmerzhaftem Zustand nach Bandscheibenoperation erhielten 3 Wochen lang ergänzend zu den üblichen Therapiemaßnahmen eine ergänzende bilanzierte Diät (EBD) mit 50 mg UMP + 0,003 mg Vitamin B12 +0,4 mg Folsäure (1 Kapsel Keltican® forte/Tag). 40 weitere Postnukleotomie-Patienten mit vergleichbar aus geprägten Schmerzen blieben während des gleichen Prüfzeitraums diätetisch unbehandelt (Kontrollgruppe). Hauptzielkriterien waren die visuelle Analogskala (100 mm VAS) zur Quantifizierung der Schmerz intensität, der standardisierte Kurzfragebogen QLQ-C 30 zur Doku mentation der Lebensqualität und der klinische Gesamteindruck (CGI) durch Arzt und Patient. Die Erhebung der Studienparameter erfolgte zu Studienbeginn, nach 14 Tagen und zum Studienende. Ergebnisse: Die demographischen Daten und das Geschlechterverhältnis der Verum- und Kontrollgruppe waren vergleichbar; das mittlere Alter betrug 47 bzw. 48 Jahre. Die Schmerzintensität sank in der Verumgruppe im Median von 90 mm VAS (Visite 1) auf 24 mm (Visite 2) und schließlich auf 8 mm (Visite 3), und damit sowohl bei der Zwischenuntersuchung als auch zum Zeitpunkt der Abschlussuntersuchung signifikant stärker (p<0,005 bzw. p<0,001) als in der Kontrollgruppe (81-45-30 mm VAS). Die absolute Schmerzreduktion betrug in der EBD-Gruppe 91% vs. 63% in der Kontrollgruppe. Diese positive Entwicklung ging einher mit einer signifikant verbesserten Lebensqualität und einem günstigeren Gesamteindruck (CGI) der Studienteilnehmer gegenüber den Kontrollen (jeweils p<0,001). Die EBD wurde von den Studienteilnehmern gut akzeptiert und vertragen. Diskussion: Die Studienergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit trau matischen Nervenläsionen eine ergänzende bilanzierte Diät mit UMP, Vitamin B12 und Folsäure deutlich zur Schmerzlinderung beitragen und zudem die Lebensqualität sowie den allgemeinen Gesundheitszustand dieser Patienten positiv beeinflussen kann. Schlussfolgerung: Im Heilungsprozess von Läsionen des peripheren Nervensystems spielen nutritive Faktoren offenbar eine größere Rolle als bisher angenommen. Für Postnukleotomie-Patienten kann eine gezielte EBD als wirksame therapieunterstützende Maßnahme zur Beschleunigung der neuronalen Reparaturmechanismen beitragen.
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Abstracts P13.2 Aufrechterhaltung der Wirkung von Duloxetin bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen V. Skljarevski1, S. Zhang1, A. S. Chappell1, M. J. Detke1, I. Murray1, S. Wilhelm2, E. Schneider2, M. Backonja3 1 Lilly Research Laboratories, Indianapolis, USA; 2 Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg; 3 University of Wisconsin Medical School, Madison, Wisconsin, USA Fragestellung: Ziel war, die Aufrechterhaltung der Wirkung von Duloxetin (DLX) in der Behandlung chronischer Rückenschmerzen (CLBP) zu untersuchen. Methode: Nach Abschluss einer plazebokontrollierten Akutstudie über 13 Wochen wurden Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (n=181) während einer Verlängerungsphase über 41 Wochen täglich mit 60 oder 120 mg DLX behandelt. Patienten, die während der Akutphase DLX erhalten hatten, setzten die Therapie mit DLX in entsprechender Dosierung fort; Patienten aus der Plazebogruppe wurden auf DLX umgestellt. Die Aufrechterhaltung der Wirkung von DLX wurde bei 58 Patienten untersucht, die am Ende der Akutphase als Responder klassifiziert worden waren (≥30% Reduktion des 24hDurchschnittsschmerz-Score auf der Brief Pain Inventory (BPI) Skala). Als Aufrechterhaltung der Wirkung galt, wenn bezüglich der mittleren Änderung des 24h-Durchschnittsschmerz-Score am Ende der Akutphase die obere Grenze des 97,5% Konfidenzintervalls (KI) kleiner als die vordefinierte Grenze von 1,5 war. Sekundäre Zielgrößen schlossen den ‘Roland-Morris Disability Questionnaire’ (RDQ), die ‘Clinical Global Impressions of Severity’ (CGI-S) sowie den ‘BPI-Severity’ und ‘BPIInterference’ Score ein. Lebensqualität (QOL) sowie Sicherheits- und Verträglichkeitsparameter wurden ebenfalls erfasst. Ergebnisse: Die Daten zeigten, dass der Effekt von Duloxetin hinsichtlich der Schmerzreduktion während der Verlängerungsphase nicht nur er halten blieb (obere Grenze des 97,5% KI des 24h-DurchschnittsschmerzScore: -0,45), sondern sogar (innerhalb der DLX-Gruppe) weiter zunahm. Darüber hinaus wurden während der Verlängerungsphase innerhalb der DLX-Gruppe signifikante Verbesserungen von QOL, RDQ, CGIS, BPI-Severity und BPI-Interference Scores beobachtet. DLX war gut verträglich, die erhobenen Verträglichkeitsparameter ähnelten denen früherer Studien. Schlussfolgerung: In der vorliegenden Untersuchung konnte die an algetische Wirkung von DLX bei Patienten mit chronischen Rücken schmerzen über einen Zeitraum von mindestens 41 Wochen aufrecht erhalten werden. Unterstützt durch Eli Lilly und Boehringer Ingelheim. P13.3 Schmerz als Folge einer stressbedingten, vegetativen Reaktionsstarre und seine Behandlung mit Integrationsreflexen K. Kermani Praxis Dr. Kermani, Wilnsdorf Fragestellung: Wie ist der Zusammenhang von Stress und spannungs bedingten Schmerzen des Bewegungsapparates? Sind die hier vorgestellten Integrationsreflexe in der Lage stressinduzierte, vegetative Regulationsstörungen und die damit verbundenen Schmerzen aufzulösen? Material und Methode: Patienten mit Verspannung der Schulter- und Lendenmuskulatur insbesondere, bislang therapieresistenter Beschwerden wurden über 6 Wochen, nach einer kurzen Voruntersuchung, ohne weiteren Kommentar, in die Durchführung der Integrationsreflexe ange leitet. Sie behandelten sich selbst, füllten anschließend einen Fragebogen aus und wurden vier Wochen später nach ihrem Befinden befragt. Ergebnisse: Es zeigte sich eine Verbesserung des Schmerz- und Be wegungsscore auf einer Analogskala von 1–10 um durchschnittlich 4 nach
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der Erstbehandlung und bei 68% noch nach 4 Wochen, bei häuslicher Fortsetzung der Selbstbehandlung. Bei schmerzhaften Schultersteifen, akuter Lumbago und funktionellen Asymmetriemustern, insbesondere bei Kindern war in 80% keine zusätz liche, manuelle Behandlung erforderlich. Bei chronischen Rückenschmerzen, postoperativen und fibromyalgie formen Schmerzbildern wurde die manuelle Behandlung erleichtert und durch die häusliche Weiterbehandlung die Schmerzintensität signifikant reduziert. Diskussion: Stress kann durch eine Überlastung der körpereigenen Regulationsmechanismen im Bereich der Hypothalamus-HypophysenNebennierenrindenachse zu einer vegetativen Hypertonie führen mit Einschränkung der Relaxations-, Regulations- und Regenerationsfähigkeit des Gewebes. Diese kann lokal begrenzt sein, z.B. auf ein Gelenk, eine Muskel-Gelenk- oder Faszien-Kette oder generalisiert. Bei fast allen chro nischen, aber auch vielen akut erscheinenden Erkrankungen liegt bereits eine generalisierte Reaktionsstarre des vegetativen Nervensystems vor. Eine besondere Bedeutung bei der traumatisch- oder stressbedingten Begrenzung der individuellen Belastbarkeit haben die aus der Neural therapie bekannten Störfelder, insbesondere Narben, insbesondere der Nabel. Durch die Integrationsreflexe erfolgt ein manueller Spannungsausgleich zwischen Störfeld und Muskelverspannung. In der Folge lösen sich Muskel verspannung und häufig die damit verbundenen Gelenkblockaden, so dass eine Weiterbehandlung entweder nicht mehr nötig oder erleichtert ist. Schlussfolgerung: Mit den hier vorgestellten Integrationsreflexen ist es bei korrekter Durchführung möglich, bei vielen funktionellen, auch bislang therapieresistenten, orthopädischen Krankheitsbildern in wenigen Minuten eine Ursachen orientierte Verbesserung von Schmerzen, Beweg lichkeit, Allgemeinbefinden sowie der körpereigenen Regulationskräfte zu erzielen. P13.4 Schmerz und Lebensqualität bei Ehlers-Danlos-Syndrom C. Klein¹, D. Boujong², P. Mattenklodt¹, S. Scholz¹, B. Singler¹, R. Sittl¹, N. Grießinger¹ ¹Anästhesiologische Klinik - Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen; ²Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Bezirksklinikum Obermain, Ebensfeld Fragestellung: Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) beschreibt eine Gruppe von seltenen, hereditären Bindegewebserkrankungen, die durch eine Störung der Kollagenvernetzung gekennzeichnet sind. Klassische Symptome sind Hypermobilität, abnorme Dehnbarkeit der Haut und wiederholte Luxationen und Subluxationen. Erstsymptom sind nicht selten generalisierte Schmerzen, hauptsächlich des Bewegungsapparates. Nur ein Teil des Schmerzbildes lässt sich dabei als Folge rezidivierender Luxationen und Subluxationen auffassen. Möglicherweise spielen Weichteilverletzungen und neuropathische Läsionen, gelegentlich auch als Folge chirurgischer Eingriffe, eine Rolle. In dieser Studie sollte der Zusammenhang zwischen EDS und chronischen Schmerzen unter Ein beziehung der Auswirkungen auf die Lebensqualität untersucht werden. Methoden: Nach positiver Beurteilung durch die Ethikkommision wurde der Fragebogen durch das Büro der Ehlers-Danlos-Initiative Deutsch land (www.ehlers-danlos-initiative.de) verschickt. Die erhobenen Daten wurden anonymisiert in eine Tabelle eingegeben und mit den Werk zeugen der Software EXCEL und OpenOffice ausgewertet. Neben Schmerzwert, Lokalisation und Medikamenteneinnahme wurden die Symptome der Erkrankung abgefragt. Als psychometrische Testverfahren kamen die Schmerz Empfindungs Skala (SES), die Soziale Aktivität Selbst beurteilungs Skala (SASS), die Hospital Anxiety and Depression Scale Deutsche Version (HADS-D) und der Pain Disability Index (PDI) zum Einsatz.
Ergebnisse: Der Rücklauf betrug n=79 Fragebögen. Von den erfassten 79 Patienten litten 69 (85%) an chronischen Schmerzen. Die durch schnittliche Schmerzstärke wurde von 26% der Patienten auf der Numerischen Ratingskala (0−10) zwischen 1 und 3 angegeben, von 43% der Patienten zwischen 4 und 6 und von 26% der Patienten zwischen 7 und 10. 41 Patienten (52%) benötigten eine regelmäßige Schmerzmedikation, 11% gabe an, schwache Opioide und 13% starke Opioide einzunehmen. Die Wirksamkeit wurde insgesamt als gut bis befriedigend beurteilt. 16% der Patienten wiesen einen Wert über 11 Punkten im HADS-Depression auf. Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen einer reduzierten sozialen Interaktionsfähigkeit (SASS) und einem erhöhten Wert für Depressivität im HADS. Diskussion: Die vorliegenden Daten legen eine hohe Prävalenz von chronischen Schmerzen im Zusammenhang mit einem EDS nahe. Viel fach werden Schmerzmittel aus dem Bereich der Nichtopioide ange wendet, häufig auch verschiedenste Opioide. Eine klare Empfehlung für eine Substanzgruppe lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht ableiten, Opioide scheinen jedoch bei entsprechender Indikation gut bis befriedigend wirksam zu sein. Das Vorliegen einer depressiven Stimmungslage ist mit einer reduzierten sozialen Interaktion verknüpft. Hier kann die Teilnahme an einem multimodalen Gruppenprogramm sinnvoll sein. Hierfür existieren allerdings nur wenige Fallberichte. Auch bei seltenen Erkrankungen, bei denen Schmerzen ein Hauptproblem sind, müssen diese adäquat behandelt und auch erforscht werden. P13.5 Wirksamkeit von Thermacare® Wärmeumschlägen bei akuten Rückenschmerzen im Vergleich zur Analgetikatherapie mit Paracetamol und Ibuprofen T. Schettler1, A. Paredes-Diaz2 1 Whitehall-Much GmbH, Münster; 2 Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA Fragestellung: Verschiedene nicht-pharmakologische Therapien , wie z.B. die Wärmetherapie, stehen heute zur Behandlung von Rückenschmerzen zur Verfügung. Obwohl die Wärmetherapie bereits seit sehr langer Zeit therapeutisch genutzt wird, existieren erstaunlicherweise nur wenige Studien zur Wirksamkeit dieser Therapie. In neuen Studien konnte nun gezeigt werden, dass lokal applizierte Wärme bei akuten Kreuzschmerzen wirksamer als Placebo oder eine medikamentöse Behandlung mit Ibuprofen oder Paracetamol war (1). Wir führten eine post-hoc Analyse einer dieser Studien durch und bestimmten den kumulativen Anteil der Patienten, deren Schmerzreduktion vollständig bzw. mehr als 50 Prozent auf einer 6-stufigen verbalen Schmerzskala war. Methodik: Es handelte sich um eine kontrollierte, randomisierte, ein fach blinde (Prüfer), Multicenter Studie in die 371 Patienten mit mus kulärbedingten akuten Kreuzschmerzen eingeschlossen wurden. Die Patienten erhielten eine von fünf verschiedenen Therapien für zwei konsekutive Tage: einen Wärmeumschlag, der 8 Stunden am Tag getragen wurde (n=113), Paracetamol 4 g/Tag (n=113), Ibuprofen 1,2 g/Tag (n=106), Placebotabletten (n=20), und einen nicht erwärmten Wärmeumschlag (n=19). Die Dosis der Analgetika war die Tageshöchstdosis, die im Rahmen einer Selbstmedikation zulässig ist. Die Abnahme des Rückenschmerzes wurde mit Hilfe einer sechsstufigen Skala bewertet: 0 (kein), 1 (wenig), 2 (weniger als die Hälfte), 3 (mehr als die Hälfte), 4 (viel) und 5 (komplett). Die Bewertung durch den Patienten erfolgte zu Beginn und nach jeweils einer Stunde über den Zeitraum von 8 Stunden am Tag 1, nach 0, 2, 4, 6, 8 Stunden am Tag 2 der Therapie und 24 und 48 Stunden nach Abschluss der Therapie. Ergebnisse: Die Behandlung mit dem Wärmeumschlag führte bei einem signifikant höheren Anteil der Patienten zu einer kompletten Schmerz reduktion (24,8%) im Vergleich zur Behandlung mit Paracetamol (9,7%; p=0,002) und Ibuprofen (11,3%; p=0,008). Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass auch der Anteil der Patienten mit einer 50-prozentigen Schmerzreduktion (82,3%) unter der Wärmetherapie signifikant höher
war als mit Paracetamol (62,0%, p <0,001) und Ibuprofen (60,4%, p<0,001). Schlussfolgerung: In dieser post-hoc Analyse konnte gezeigt werden, dass die Wärmetherapie mit dem Wärmeumschlag Thermacare® neben einer durchschnittlich besseren Schmerzreduktion auch bei einem höher en Anteil der Patienten zu einer kompletten und 50-prozentigen Schmerz reduktion führt. P13.6 Auswirkungen von Levodopa und der tiefen Hirnstimulation auf die somatosensorische Verarbeitung und Nozizeption beim Morbus Parkinson J. Gierthmühlen1, P. Arning1, A. Binder1, J. Herzog2, G. Deuschl2, G. Wasner1, R. Baron1 1 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 2 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel Hintergrund: Sensorische Phänomene bei Patienten mit Parkinson sind häufig. Die tiefe Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus (STN-DBS) ist eine relative neue Behandlungsmöglichkeit des M. Parkinson. Ihr Effekt auf somatosensorische Symptome bei Parkinson-Patienten ist bislang nicht hinreichend untersucht. Auch ein möglicher Effekt der L-dopaTherapie auf das somatosensorische System bei Parkinson-Patienten ist oft nur anhand einzelner sensorischer Parameter untersucht worden. Ziel der Arbeit war es daher, den Effekt von L-dopa und der STN-DBS auf das Vorkommen somatosensorischer Symptome, die somatosensorische Verarbeitung und Nozizeption zu untersuchen. Methodik: 17 Parkinson-Patienten wurden 6 Monate nach Implantation von Tiefenhirnstimulationselektroden untersucht. Vorkommen und Charakteristika sensorischer Symptome, Assoziation der sensorischen Symptome mit motorischen Symptomen des M. Parkinson und analgetische Therapie wurden erfasst. Zur Untersuchung einer nozizep tiven oder neuropathischen Komponente von Schmerzen wurde der PainDetect® Fragebogen verwendet. 12 Patienten wurden zusätzlich auch prä-operativ nach dem Vorkommen von sensorischen Symptomen und deren Charakteristika gefragt und die Antworten vor und nach STN-DBS verglichen. Der Einfluss von L-dopa und STN-DBS auf das somatosensorische System wurde mit der quantitativ-sensorischen Test batterie des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS) untersucht. Ergebnisse: 7/17 Patienten mit STN-DBS berichteten über sensorische Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbelparästhesien oder Kältesen sationen. 12/17 Patienten berichteten über intermittierend auftretende Schmerzen in den letzten 4 Wochen vor der Untersuchung, die sich keiner anderen Erkrankung zuordnen liessen. Schmerzen und andere sen sorische Symptome waren bei etwa 30–40% mit motorischen ParkinsonSymptomen assoziiert und verbesserten sich bei den meisten Patienten durch Antiparkinson-Medikation. Nach Evaluation des PainDetect® Fragebogens waren die Schmerzen aller Patienten rein nozizeptiv. Die Schmerzstärke war nach STN-DBS geringer als vor der STN-DBS. L-dopa zeigte keinen Effekt auf Detektionsschwellen, wohingegen die STN-DBS thermische Detektionsschwellen verbesserte. Allerdings zeigten L-dopa und die STN-DBS keinen Einfluss auf thermische oder mechanische Schmerzschwellen. Beurteilung: Auch wenn einige Patienten eine Verbesserung ihrer sen sorischen Symptome durch L-dopa oder STN-DBS berichteten, zeigte sich in der quantitativ-sensorischen Testung nur eine Verbesserung der thermischen Schwellen durch die STN-DBS, nicht jedoch durch L-dopa. Der Benefit, den die Patienten durch eine Verbesserung der thermischen Detektionsschwellen erlangen, ist jedoch unklar. Weder L-dopa, noch die STN-DBS führten zu einer Veränderung der Schmerzschwellen, was darauf hindeutet, dass keine direkte Modulation der somatosensorischen Verarbeitung nozizeptiver Reize durch die Therapie erfolgt.
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Abstracts P13.7 Mehr Lebensqualität durch starke Wirksamkeit und überlegene Verträglichkeit von Oxycodon/Naloxon für Patienten mit Schmerzen durch Arthrose, Osteoporose oder degenerative Wirbelsäulen erkrankungen R. Drews1, U. Heinze2 1 Hilden; 2 Mundipharma GmbH, Limburg Fragestellung: Muskuloskelettale Schmerzen zeigen in Deutschland eine Prävalenz von 16% und verursachen jährliche Kosten in Milliardenhöhe. Ziel der Studie war die Untersuchung der Wirksamkeit, Verträglichkeit und Lebensqualität unter Therapie mit retardiertem Oxycodon/ Naloxon (OXN) im Vergleich zu unterschiedlichen Vortherapien bei Patienten mit starken durch Arthrose-, Osteoporose oder degenerative Wirbelsäulenerkrankungen (deg.WS) verursachten Schmerzen. Material und Methode: Im Rahmen einer 4-wöchigen prospektiven Beobachtungsstudie wurden analgetische Wirksamkeit und Lebens qualität (LQ) mittels Brief Pain Inventory Short Form (NRS, 0 – 10 = kein/e – stärkste/r vorstellbare/r Schmerz/Beeinträchtigung, Summen score der LQ (0 – 70) bestimmt. Der Therapieeffekt auf die LQ wurde berechnet. Die Darmfunktion wurde anhand des Darmfunktionsindex (BFI 0–100) bestimmt. Der Anteil Patienten mit gastrointestinalen Neben wirkungen und von Schwindel wurde ermittelt. Ärzte und Patienten bewerteten die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie mit OXN anhand einer 5-stufigen Skala. Ergebnisse: Patienten (n=2675, 1586, 5069 im Alter von ø 69,4 ± 12,5, 74,4 ± 10,2, 66,2 ± 13,6 Jahren mit Schmerzen durch Arthrose, Osteoporose oder deg.WS) mit / ohne analgetische Vortherapie erhielten zu Beginn der Untersuchung OXN zu 68,2%, 71,0%, 67,5% in einer Dosierung von 20mg/10 mg und in einer Dosierung von 40mg/20 mg in 19,7%, 17,0%, 20,5% der Fälle. Schmerzintensitäten verbesserten sich um ø 41,1%, (NRS 5,6±1,8 vs 3,3±1,8), 44,6% (NRS 5,6±1,8 vs 3,1±1,7), 41,1% (NRS 5,6±1,7 vs 3,3±1,8). Der Darmfunktionsindex normalisierte sich bei allen Patienten und reduzierte sich von ø 39,7±30,6, 44,1±30,1, 39,5±30,8 auf 15,1±18,3, 16,8±18,6, 15,6±18,9. Der Anteil Patienten mit gastrointestinalen Symptomen und Schwindel reduzierte sich signifikant. Der Summenscore des Therapieeffektes auf die LQ verbesserte sich um 58,1%, 63,5%, 57,1% von 29,1, 28,5, 29,4 auf 46,0, 46,6, 46,2 – entsprechend die Einzelparameter der LQ. In Bezug auf Schmerzintensität und Verbesserung der LQ profitierten insbesondere mit WHO I / II vortherapierte Patienten von einer OXN-Therapie. Mehr als 84% der Ärzte bewerteten die Verträglich keit von OXN als „besser“ oder „viel besser“ als jegliche Vortherapie. Mehr als 87% / 82% der Ärzte/Patienten bewerteten die Wirksamkeit und Verträglichkeit von OXN als „gut“ oder „sehr gut“. Diskussion: Die praxisrelevanten Daten der prospektiven Beobachtungs studie unterstreichen eindrücklich die Daten klinischer Studien zu Wirksamkeit und Verträglichkeit von OXN. Sie zeigen zudem die starke Analgesie und verbesserte Verträglichkeit bei verschiedenen Grund erkrankungen und gegenüber unterschiedlichen Vortherapien. Schlussfolgerung: Retardiertes Oxycodon/Naloxon ist stark wirksam und überlegen verträglich bei Patienten mit starken Schmerzen durch Arthrose, Osteoporose oder deg. WS. Die LQ verbessert sich deutlich. Am meisten profitieren mit WHO I-/ II-vortherapierte Patienten. P13.8 Effektivität und Prädiktoren einer standardisierten Rückenschulung für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen B. Seekatz, K. Meng, H. Vogel, H. Faller Arbeitsbereich Rehabilitationswissenschaften, Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Universität Würzburg Fragestellung: Rückenschulungen sind ist ein zentraler Bestandteil der orthopädischen Rehabilitation für Patienten mit chronischen Rücken schmerzen. Bislang liegen jedoch keine systematisch evaluierten Pro gramme vor. Das Curriculum Rückenschule aus dem Gesundheits
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trainingsprogramm der BfA (2005) wurde nach Qualitätskriterien für Patientenschulungen (Ströbl et al., 2009) überarbeitet. Eine theo retische Grundlage für die multimodale Rückenschule stellt das FearAvoidance-Modell dar, das Schmerzkognitionen eine wesentliche Rolle im Chronifizierungsprozess zuschreibt (Pfingsten & Schöps, 2004). Fragestellungen sind die Effektivität des Curriculums hinsichtlich schmerz relevanter Kognitionen sowie Prädiktoren für deren Veränderung. Methode: Die Überprüfung erfolgt in einem unizentrischen, randomi sierten Kontrollgruppendesign mit vier Messzeitpunkten (Reha-Beginn, -Ende, 6- und 12-Monats-Katamnese). In der Interventionsgruppe wurde das Curriculum Rückenschule, in der Kontrollgruppe die klinik interne Rückenschule durchgeführt. Die Stichprobe besteht aus 360 Rückenschmerzpatienten (64% Frauen, Durchschnittsalter 49 Jahre (SD=7,6)). Soziodemographische (Alter, Geschlecht, Arbeitsfähigkeit, Krankheitstage, Schwerbehinderung) und medizinische Parameter (Schmerzintensität), Depressivität (PHQ-D) sowie die Zielparameter Schmerzkognitionen (FABQ) und kognitive Schmerzbewältigung (FESV) wurden durch Fragebögen erfasst. Zur Prüfung der Effektivität werden im Längsschnitt Intergruppeneffekte (Interventions-/Kontrollgruppe) mittels Kovarianzanalyse geprüft. Sozio demographische, medizinische Parameter und Depressivität werden als potentielle Prädiktoren unter Korrektur des Ausgangswertes innerhalb der Interventionsgruppe durch lineare Regressionsanalysen untersucht. Ergebnisse: In der 6-Monats-Katamnese zeigen sich im Intergruppen vergleich kleine Effekte zugunsten der Interventionsgruppe für Schmerz kognitionen in den FABQ-Skalen „Arbeit als Ursache“ und „körperliche Aktivität als Ursache“ sowie in den drei Schmerzbewältigungsskalen „Handlungsplanungskompetenzen“, „kognitive Umstrukturierung“ und „Kompetenzerleben“. In der FABQ-Skala „Prognose Arbeit/Beruf “ unter scheiden sich die Gruppen nicht. Prädiktoren sind für die Skala „kognitive Umstrukturierung“ eine geringe Zahl an Krankheitstagen und für die Skala „Arbeit als Ursache“ niedrige Depressivität. Weitere Prädiktoren finden sich nicht. Diskussion: Es hat sich gezeigt, dass das Curriculum Rückenschule effektiv in Bezug auf die Veränderung von Schmerzkognitionen und kognitive Schmerzbewältigung ist. Systematische Prädiktoren konnten nicht festgestellt werden. Dieser Befund ist konsistent mit der Literatur, die heterogene Ergebnisse bzgl. Prädiktoren des Therapieerfolgs bei Rückenschulen berichtet (vgl. Van der Hulst et al., 2005). Schlussfolgerung: Die Effektivität der Rückenschule hinsichtlich schmerz relevanter Kognitionen konnte 6 Monate nach der Rehabilitation gezeigt werden. Die Ergebnisse der 12-Monatskatamnese stehen noch aus. P13.9 Validierung des Injektionseffektes der Iliosakralgelenkinfiltration mit Kortikosteroiden und Lokalanästhetika an zwei verschiedenen Inektionsorten G. Pavlakovic, J. Strube, R. Potthast, M. Strumpf, M. Pfingsten, J. Hildebrandt Schmerztagesklinik und -Ambulanz, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungsund Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen Das Iliosakralgelenk gilt als eine der potentiellen Ursachen in 10–25% von (chronischen) Rückenschmerzen. Neben der klassischen Schmerz mitteltherapie mit nicht-steroidalen Antiphlogistika und Kranken gymnastik hat sich intraartikuläre Injektion mit Glucokortikoiden und Lokalanästhetika als Therapiestandard etabliert. In der aktuellen Studie verglichen wir zwei unterschiedliche Zugangswege zum Gelenkspalt des Iliosakralgelenkes bei Patienten mit chronischer Iliosakralgelenksdysfunktion. Dabei handelte es sich zum einen um eine in der Literatur bekannte und vielfach beschriebene Technik zur Infiltration des Iliosakralgelenkspaltes (via sog. „unterem Zugang“). Eine alternative Methode, die unseres Wissens bisher in der Literatur nicht beschrieben wurde, wird in unserer Schmerzklinik ebenso häufig angewendet (der „mittlere Zugang“). Während durch die Blockadetechnik des unteren Zugangs der Gelenkspalt primär in seinen kaudalen Anteilen erreicht
wird, injiziert man mit Hilfe der anderen Methode mehr in die mittleren Anteile des Gelenkes hinein. Untersucht worden sind die Präzision der Injektion einerseits und die Schmerzlinderung nach der Behandlung andererseits. In beiden Fällen wird von dorsal punktiert und die gleichen Medikamente und Dosierungen werden verabreicht. Beide Zugangswege wurden unter Röntgenkontrolle durchgeführt. Schmerzniveau und subjektive Befindlichkeit der Patienten unmittelbar vor und 2 Wochen nach Injektion wurden mittels PDI und FFbH-R Fragebogen erhoben. 41 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen und entweder dem unteren oder dem mittleren Zugang randomisiert zugeteilt. Fluoro graphisch-kontrolliert konnte bei allen Patienten eine erfolgreiche intra artikuläre Injektion erreicht werden. Durch beide Methoden wurden vergleichbare Schmerzreduktionen (VAS-Messung, Reduktion von 64,6±14,5 auf 39,6±26,2 resp. von 55,5±22,3 auf 41,2±18,7 nach 14 Tagen) erzielt. Auch die subjektiv erlebte, körperliche Beeinträchtigung der Patienten (gemessen mittels PDI) war bei beiden Gruppen signifikant vergleichbar verbessert, wobei der untere Zugang eine statistisch nicht signifikante bessere Tendenz aufwies (33,4±15,2 auf 26,2±17,3 gegenüber 33,5±12,8 auf 30,4±13,2). Interessanterweise zeigte sich in der Einschätzung der subjektiven Funktionskapazität der Patienten für alltägliche Aufgaben (FFbH-R) keine Verbesserung nach den ISG-Blockaden. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, das der mittlere Zugang eine alter native zum unteren Zugang sein kann, insbesondere bei Patienten wo anatomische Verhältnisse den unteren Zugang zum Gelenk unmöglich oder extrem schwierig machen (z.B. bei Osteophytenbildung). P13.10 Die Reduktion von grauer Substanz bei chronischem Schmerz ist eine Konsequenz und nicht die Ursache der Chronifizierung R. Rodriguez-Raecke1, A. Niemeier2, K. Ihle1, W. Ruether2, A. May1 1 Systemische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg; 2 Orthopädie, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg Fragestellung: Mehrere Arbeiten zeigten unabhängig voneinander mor phometrische Veränderungen in der Schmerzmatrix, bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Obwohl diese Beobachtungen im Zusammen hang mit Atrophie und Neurodegeneration diskutiert wurden, bleibt die entscheidende Frage, ob eine Verringerung der grauen Substanz im Cingulum, Inselrinden, DLPFC etc. dem klinischen Prozess der Chroni fizierung des Schmerzes vorausgehen oder eine Folge desselben sind. Material und Methode: Wir haben 32 Patienten mit chronischen Schmerzen aufgrund einer unilateralen Coxarthrose mit voxelbasierter Morphometrie untersucht (durchschnittliches Alter: 66.8 ± 8.8, 19 weiblich), und fanden eine charakteristische Reduktion von grauer Substanz in der Patientengruppe im Vergleich mit einer Kontrollgruppe vergleichbaren Alters und Geschlechts. Daraufhin untersuchten wir eine Subgruppe dieser Patienten (n=10) erneut nach der Implantation einer Hüftprothese (und damit schmerzfrei) zu zwei Zeitpunkten ( 6 Wochen/ 4 Monate postoperativ). Ergebnisse: Bei der Patientengruppe (n=32) zeigte sich eine Minderung der grauen Substanz im Vergleich mit einer Kontrollgruppe vergleichbaren Alters und Geschlechts im anterioren Cingulum (ACC), dorsolateralen prefrontalen Cortex (DLPFC), S2, rechter Insula und Operculum, Amygdala, rechter orbitofrontaler Cortex und Hirnstamm. Nach der endoprothetischen Operation war die Subgruppe von 10 Patienten schmerzfrei und wir konnten bei dieser Gruppe eine Zunahme an grauer Substanz im ACC, rechten Putamen, linken Thalamus, Mesencephalon, dorsaler Pons und Hirnstamm zeigen. Diskussion: Die regional Zunahme der grauen Substanz muss nicht ausschliesslich Folge der Schmerzfreiheit sein. Obgleich die Depressions werte nicht im klinisch relevanten Bereich lagen, bleibt die Frage ob Verhaltensänderungen durch die Befreiung von den Schmerzen; beispielsweise vermehrte soziale Kontakte und mehr Mobilität die Ergebnisse zum Teil erklären. Ein weiterer Faktor der die Interpretation
unserer Daten beeinflussen könnte ist die Schmerzmedikation, die von den Patienten nach der Operation und Rehabilitation abgesetzt wurde. Insofern spiegeln unsere Daten den klinischen Alltag.und damit „real life“. Für Forscher und Kliniker ist es wichtig, dass eine Änderung des nozizeptiven Inputs zu kortikaler Reorganisation führt und dass diese Veränderungen reversibel sind wenn Schmerz effektiv therapiert wird. P13.11 Münchener naturheilkundliches Schmerzintensivprogramm-Rücken (MNS-R): Vorstellung eines intergrierten Versorgungsprogramms N. Wilming1, A. Winkelmann2, E. Weber1, T. Langer2, P. Lang1, L. Lehmeyer1, G. Harreus1, A. Stumvoll1, M. Häring1, M. Ahrendts1, P. Bäumler1, M. Fischer2, S. Bachmeier2, J. Wiedemann1, Chr. Irnich1, K. Gaida1, F. Evi1, G. Wallach1, B. Jopen-Wolff1, A. Karoll1, D. Irnich1 1 Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinikum der Universität München; 2 Klinik für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Klinikum der Universität München Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane sind die häufig ste Ursache für chronische Schmerzen und verursachen enorme volks wirtschaftliche Gesamtkosten. Die aktuellen Leitlinien verweisen auf die Identifizierung von Chroni fizierungsfaktoren bereits im Stadium akuter bzw. subakuter Schmerzen. Metaanalysen und systematische Reviews zeigen, dass langanhaltende Effekte bei chron. Schmerzpatienten i. Sinne einer Lebensqualitätsverbesserung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nur für multimodale interdisziplinäre Behandlungsmaßnahmen nachgewiesen werden konnten. Es zeigt sich, dass bis zu 74 % der Patienten und bis zu 80 % der Therapeuten die Anwendung von komplementären und alternativen Behandlungsmethoden (KAM) anwenden. Ziel dieses Pilotprojektes ist es, Patienten nach einem für Rückenschmerzen entwickelten Score in drei Risikostadien einzuteilen und in risikoadap tierten teilstationären multimodalen Schmerzprogrammen (Münchener Naturheilkundliches Rückenschmerzintensivprogramm, MNS-R) zu be handeln. In einem interdisziplinären Assessment werden Patienten mit Rücken schmerzen in drei Gruppen eingeteilt: ein 4-Wochenprogramm (MNS-R 120), ein 2-Wochenprogramm (MNS-R 60) und ein berufsbegleitendes Programm (MNSR-30), welche einem Dreistufenkonzept unterliegen und auf dem langjährig erfolgreichen Münchner naturheilkundlichen Schmerzprogramm, MNS basieren. Inhalte des Programms (Stufe 1) sind Information und Wissensvermittlung über die Entstehung von Schmerzen, Möglichkeiten und Grenzen der Therapie, Sicherheit im Umgang mit Therapieangeboten und Grundzüge der medikamentösen Schmerztherapie. Im Rahmen der verhaltenstherapeutischen, vorwiegend Körper-GeistSeele-orientierten Übungen kombiniert mit physiotherapeutischen Maß nahmen werden Möglichkeiten zur Schmerzdistanzierung vorgestellt. Entspannende und meditative Verfahren werden in ihren Grundzügen vermittelt und der Patient zu Selbstübungen angeregt. Durch die Behandlung mit ausgewählten naturheilkundlichen Verfahren werden dem Patienten sowohl nebenwirkungsarme Therapieoptionen im Falle einer Exazerbation der Schmerzen, als auch eine umfassenden Sichtweise der eigenen Beschwerden mit der Möglichkeit der Selbstbe handlung aufgezeigt. Nach Abschluss des Programms besteht die Möglichkeit eines der Be wältigungsverfahren in einer offenen Gruppe systematisch weiterzu führen (Stufe 2) und eine Selbsthilfegruppe, Seminare und Vorträge zum Thema „Schmerz“ zu besuchen (Stufe 3). Ziel ist es, dem Patienten Eigenverantwortlichkeit und Einflussnahme auf die Schmerzen und deren Auswirkungen zurückzugeben. Das vielfältige Angebot erlaubt darüber hinaus die individuelle Identifikation effektiver Therapieansätze. Die wissenschaftliche Evaluierung umfasst Intensität, Funktionsfähigkeit, Lebensqualität, Stressverarbeitung, Lebenszufrieden heit, AU-Tage und Kosten-Effektivität.
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Abstracts Die Ergebnisse könnten von besonderer Bedeutung sein mit dem Angebot eines risikoadaptierten multimodalen Therapieplans mit dem Ziel der Aufrechterhaltung/ Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion der gesundheitsökonomischen und sozialmedizinischen Kosten.
Von der Anwendung der standardisierten Verfahren erwarten wir eine präzisere Diagnostik, vor allem die Identifikation von Risikofaktoren der Chronifizierung bei noch nicht oder gering chronifizierten Patienten zu. Ziel ist eine bedarfsadaptierte Therapieplanung.
P13.12 Münchener naturheilkundliches SchmerzintensivprogrammRücken (MNS-R): Vorstellung der standardisierten Diagnostik und wissenschaftlichen Evaluation eines integrierten Versorgungsprogramms M. Häring1, A. Winkelmann2, T. Langer1, G. Harreus1, L. Lehmeyer1, P. Lang1, A. Stumvoll1, M. Ahrendts1, M. Fischer2, S. Bachmeier2, P. Bäumler1, J. Wiedemann1, Chr. Irnich1, G. Wallach1, F. Evi1, K. Gaida1, B. Jopen-Wolff1, A. Karoll1, N. Wilming1, D. Irnich1 1 Klinik für Anästhesiologie, Abteilung Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Universitätsklinikum der LMU München; 2 Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Universitätsklinikum der LMU München
P15 Neuropathischer Schmerz I
Bevor Patienten mit chronischen Schmerzen in ein multimodales Be handlungsprogramm eingeschlossen werden, durchlaufen sie eine umfassende Diagnostik unter Beteiligung ärztlicher, psychologischer und anderer Fachdisziplinen. Ziel ist es, die für den Patienten indi viduelle multidimensionale Bedingtheit seines chronischen Schmerz syndroms auf allen relevanten Ebenen zu erfassen und darauf die Therapieplanung abzustimmen. Neben der somatischen Ebene sind kognitiv-emotionale, behaviorale und soziale Aspekte zu beachten. Häufig beruht die multidimensionale Diagnostik überwiegend auf den im Patientengespräch und in der körperlichen Untersuchung gebildeten Expertenmeinungen der einzelnen Fachleute, was zu einem Mangel an Standardisierung des Vorgehens und einer damit einhergehenden geringen Objektivität, Reliabilität und Validität der Befunde führt. Dadurch unterliegt die Qualität der Beurteilung von Schmerzsyndromen großen Schwankungen und ist die Zuteilung von Patienten zu ver schiedenen Therapieprogrammen, mit verschiedenen Indikationen und/ oder Intensitäten, ungenau. Der Mangel an Standardisierung hat auch zur Folge, dass ein Therapieerfolg nicht messbar und die Wirksamkeit verschiedener Therapieprogramme nicht vergleichbar ist. Zwar findet der Deutsche Schmerzfragebogen (DSF) eine breite Anwendung bei multimodalen Therapieprogrammen, er muss unserer Ansicht nach aber um weitere standardisierte Verfahren ergänzt werden. Beim MNS-R, einem integrierten Versorgungsprojekt, welches in Zu sammenarbeit mit der Siemensbetriebskrankenkasse durchgeführt wird, setzen wir für die Diagnostik und für eine dem Chronifizierungs risiko adaptierte Zuweisung der Patienten zu einem unserer drei Behandlungsprogramme (MNS-R 120: 20 Tage à 6 Stunden, MNS-R 60: 10 Tage à 6 Stunden, MNS-R 30: 10 Abende über 30 Tage à 3 Stunden) neben dem DSF folgende Verfahren ein: (1) zur psychosozialen Diagnostik: Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung (FESV), Fear-Avoidance-Belief-Questionaire (FABQ-D), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ-M), Stress verarbeitungsfragebogen (SVF 120), Unsicherheitsfragebogen (UFB), Funktionsfragebogen Hannover-Rückenschmerzversion (FFbH-R) (2) zur somatischen Diagnostik: 6-Minuten-Gehtest, Pile-Test, ROM (3) einen von uns konstruierten, sich in der Entwicklung befindlichen Risikoscore, der auf den empirisch gesicherten Risikofaktoren für die Chronifizierung von Rückenschmerz basiert. Zur Evaluation unseres Therapieprogramms werden die unter (1) und (2) genannten Verfahren zu fünf Messzeitpunkten (vor dem Programm, direkt danach und 6,12, 24 Monate danach) durchgeführt. Zusätzlich erfolgt eine Erfassung der Kosteneffizienz anhand der Bereiche Arbeits unfähigkeit, Krankengeld, Arzneimittel, stationäre und ambulante Be handlung und Heilmittel. Eine Fall-Kontrollstudie ist in Entwicklung.
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P15.1 Bilaterale Disinhibition im somatosensorischen Kortex bei Patienten mit komplexem regionalen Schmerzsyndrom (CRPS Typ I) einer Hand M. Lenz1, M. Tegenthoff1, A. Reinersmann2, P. Stude1, O. Höffken1, S. Lissek1, J. Frettlöh2, Chr. Maier2 1 Neurologische Klinik und Poliklinik, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Bochum; 2 Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum Mittels Doppelpuls-evozierter motorischer Potentiale wurde eine bi laterale Disinhibition im Motorkortex von CRPS-Patienten beschrieben. Da beim CRPS auch Reorganisationsprozesse im somatosensorischen Kortex bekannt sind (z. B. Pleger et al. 2005), sollte in der vorliegenden Studie geklärt werden, ob die im motorischen System beschriebene Disinhibiton auch im somatosensorischen Kortex zu finden ist. Die Daten von 22 CRPS-I-Patienten mit einer klinischen Symptomatik an einer oberen Extremität (52,8±11 Jahre) wurden analysiert. Schmerz patienten (45,2±11,2 Jahre) mit Handschmerzen anderer Ursache (ohne Nervenläsion) dienten als Kontrollgruppe. Zusätzlich wurden die Daten der beiden Patientengruppen mit denen von gesunden Probanden (dominante Hand, 51,7±11,6 Jahre) verglichen. Die Exzitabilität im somatosensorischen Kortex wurde mit Hilfe Doppelreiz-evozierter somatosensorischer Potentiale (D-SEP) untersucht. Mittels einer Block elektrode wurde der rechte N. Medianus am Handgelenk stimuliert. Das Doppelpuls-Paradigma bestand aus zwei elektrischen Reizen im Abstand von 30ms (Pulsdauer=0,2ms, Wiederholungsrate=3Hz). Die D-SEP-Aufzeichnung erfolgte über dem kontralateralen somatosen sorischen Kortex bei CP3 bzw. CP4 (Referenz=Fz). Die Daten von 1000 stimulusbezogenen SEP-Segmenten wurden offline verarbeitet und gemittelt. Der Amplituden-Quotient der zweiten (A2) und ersten (A1) N20-P25 Antwort (A2/A1) beschreibt für Quotienten <1 eine intra kortikale Inhibition und für Quotienten >1 eine Fazilitierung. Bei den CRPS-Patienten fand sich bilateral ein erhöhter AmplitudenQuotient (A2/A1), verglichen sowohl mit den Kontrollpatienten als auch mit den gesunden Probanden (T-Test: betroffene Hand CRPS/Kontrolle, p=0,033; gesunde Hand CRPS/Kontrolle, p=0,021; betroffene Hand CRPS/ gesunder Proband, p=0,016; gesunde Hand CRPS/gesunder Proband, p=0,002). Der bds. erhöhte Amplitudenquotient bei CRPS-Patienten belegt eine bilateral verringerte Inhibition im somatosensorischen Kortex. Zwischen Kontrollpatienten und gesunden Probanden ließ sich kein Unterschied feststellen. Obwohl die klinischen Symptome des CRPS in der Regel nur einseitig auftreten, findet sich eine kortikale Disinhibition in beiden Hemisphären. Nach den entsprechenden Befunden für den motorischen Kortex (Schwenkreis et al. 2003) konnte dieses Phänomen in unserer Studie jetzt auch für den somatosensorischen Kortex nachgewiesen werden. Diese bilaterale Disinhibition des zentralen senso-motorischen Netzwerks scheint für CRPS-Patienten krankheitsspezifisch zu sein, da sie bei den hier untersuchten Kontrollpatienten mit nicht neuropathischen Schmerz syndromen, und auch bei Patienten mit definierten neuropathischen Schmerzsyndromen (Schwenkreis et al. 2005, 2007) nicht zu finden war. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verdeutlichen nochmals die Bedeutung zentralnervöser Faktoren in der Pathogenese des CRPS, die bei der Entwicklung neuer Therapieansätze Berücksichtigung finden sollten.
P15.2 Capsaicin-sensible vasoaktive C-Nozizeptoren – Der Schlüssel zum Verständnis der neuropathischen Schmerzen? D. Naleschinski, A. Binder, R. Baron, G. Wasner Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel Fragestellung: Neuropathische Schmerzen gehören zu den am schwersten zu therapierenden Formen der chronischen Schmerzen. Sie entstehen nach Läsionen innerhalb der nozizeptiven Leitungsbahnen. Bislang ist unklar ist, welche Bedeutung eine Läsion der nozizeptiven Leitungsbahnen für die Schmerzentstehung hat und warum nur ein Teil der Patienten Schmerzen entwickelt und ein anderer Teil nicht, obwohl sich beide Gruppen bis auf die Schmerzsymptomatik klinisch und in den zu erhebenden Befunden nicht sicher unterscheiden. Material und Methoden: Bei elf Patienten mit schmerzhafter peripherer Neuropathie wurde die Funktion nozizeptiver Afferenzen mittels quanti tativer Thermotestung und durch Messung des Einflusses von topisch appliziertem Capsaicin untersucht. Zum Vergleich wurden dieselben Untersuchungen bei neun Neuropathiepatienten ohne Schmerzen und bei 18 gesunden Kontrollen durchgeführt. Capsaicin ist der Inhaltsstoff der scharfen Paprika und aktiviert den hitzesensiblen TRPV1-Kanal, der auf einer Untergruppe von Schmerz fasern lokalisiert ist. Diese sogenannten „Silent Nociceptors“ spielen nach Untersuchungen aus der Grundlagenforschung eine entscheidende Rolle bei der Entstehung neuropathischer Schmerzen. Ergebnisse: Die Messung der Hitzeschmerzschwelle im betroffenen Areal vor Capsaicin zeigte bei beiden Patientengruppen signifikant er höhte thermische Empfindungsschwellen als Ausdruck der Läsion der nozizeptiven Afferenzen. Unterschiede zwischen den beiden Patienten gruppen fanden sich nicht. Nach topischer Applikation von Capsaicin zeigte sich in beiden Patientengruppen eine signifikante Erniedrigung der Hitzeschmerzschwelle als Ausdruck einer peripheren Sensibilisierung nozizeptiver Afferenzen ohne signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Interessanterweise fand sich bei den Schmerzpatienten eine signifikant größere Hautrötung nach Capsaicingabe. Diese sogenannte Flarereaktion ist Ausdruck einer Freisetzung von Neuropeptiden aus den Schmerzfasern und spiegelt die Anzahl der aktivierten Capsaicinsensiblen Nervenfasern wieder. Schlussfolgerungen: Diese Ergebnisse zeigen, dass die Subpopulation der Capsaicin-sensiblen vasoaktiven Nervenfasern bei den Schmerzpatienten relativ intakt sind im Gegensatz zu den schmerzlosen Patienten. Damit bestätigen sich die Hinweise aus der Grundlagenforschung, dass diese Nervenfasern beispielsweise über Hochregulation der TRPV1-Känale oder einer vermehrten Expression spannungsabhängiger Na-Kanäle wesentlich an der Entstehung neuropathischer Schmerzen beteiligt sind. Unterstützt durch: das BMBF( Netzwerk neuropathischer Schmerz, 01 EM 0504) P15.3 Erfolgreiche Spiegeltherapie bei dynamisch-mechanischer Allodynie – Ein Fallbericht Chr. Schön, C. Hafner, D. Maerkert, N. Grießinger, R. Sittl, Chr. Maihöfner Universitätsklinikum, Schmerzzentrum, Erlangen Einführung: Spiegeltherapie wird bisher bei Phantomschmerzen, CRPS und in der Schlaganfall-Rehabilitation eingesetzt. Man nimmt an, dass Spiegeltherapie eine maladaptive sensomotorische Plastizität bei diesen Krankheitsbildern beeinflusst. In diesem Fallbericht wird über den Einsatz der Spiegeltherapie bei dynamisch-mechanischer Allodynie im Rahmen eines territorialen Neuropathiesyndroms berichtet. Fallbericht: Wir berichten über eine 24-jährige Patientin, die nach einer traumatischen Durchtrennung und einer operativen Naht des N. ulnaris links unter einem brennenden Dauerschmerz und einer ausgeprägten Allodynie im Versorgungsgebiet des N. ulnaris litt (siehe Abbildung).
Im Vorfeld wurden multiple medikamentöse Therapieversuche mit Pregabalin, Metamizol, Diclofenac, Tramadol, Tilidin und Amitriptylin über einen Zeitraum von insgesamt 30 Monaten durchgeführt, welche zu keiner wesentlichen Schmerzlinderung führten und deswegen beendet wurden. Zu Beginn der Therapie in unserem Schmerzzentrum wendete die Patientin regelmäßig topisch Lidocain-Hydrogel und TENS an. Zum Schutz der Hand trug die Patientin einen speziell angefertigten, besonders weichen, Lederhandschuh. Bereits nach 6 Tagen (Mittwoch bis Montag) regelmäßiger Spiegeltherapie (2×/Tag jeweils 30 Minuten, Bewegen und Berühren der „gesunden Hand“), war die Allodynie fast komplett verschwunden und der Dauerschmerz deutlich reduziert. Nach insgesamt 5-wöchiger multimodaler teilstationärer Schmerztherapie war die Allodynie komplett verschwunden (siehe Abbildung) und der Dauerschmerz war von initial NRS 8 auf NRS 4 gesunken. vorher nachher
Abb.1 Allodynie-Bereich
Schlussfolgerung: Dieser Fallbericht demonstriert, dass eine Spiegel therapie bei einer dynamisch-mechanischen Allodynie zu einer deut lichen Schmerzreduktion führen kann. Literatur 1. Birklein F, Maihöfner C. Use your imagination. Neurology 2006;67:2115-2116 2. McCabe CS, Haigh RC, Ring EF, Halligan PW, Wall PD, Blake DR. A controlled pilot study of the utility of mirror visual feedback in the treatment of complex regional pain syndrome (type 1). Rheumatology (Oxford) 2003;42:97-101 3. Mosely GL. Graded motor imagery for pathologic pain: a randomized controlled trial. Neurology 2006:67:2129-2134 4. Ramachandran V.S, Altschuler E. The use of visual feedback, in particular mirror visual feedback, in restoring brain function. Brain 2009;132;1693-1710
P15.4 Reliabilität der Quantitativ Sensorischen Testung (QST) nach dem Protokoll des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS) – eine Multi-Center-Studie Chr. Geber1, T. Klein2, R. Baron3, Chr. Maier4, T. R. Tölle5, F. Birklein1, J. Gierthmühlen3, V. Huge6, M. Lauchart6, W. Magerl2, D. Nitzsche5, S. Azad6, M. Stengel3, M. Valet5, R.-D. Treede2 1 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Zentrum für Medizinische Forschung, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim; 3 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 4 Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum; 5 Neurologische Klinik und Poliklinik, Technische Universität, München; 6 Klinik für Anästhesiologie, Ludwig-Maximilians-Universität, München Einleitung: Die quantitativ sensorische Testung (QST) nach dem Protokoll des DFNS (1, 2) erlaubt sowohl sensorische Plus- als auch Minuszeichen quantitativ zu erfassen. Aus dem daraus resultierendem QST-Profil lassen sich Rückschlüsse auf mögliche zugrunde liegende Schmerzmechanismen ableiten. In dieser Multi-Center-Studie wurden die Test-Retest- (TRT) und die Interobserver-Reliabilität (IOR) dieser Untersuchungsmethode bei Patienten mit Sensibilitätsstörungen unter schiedlicher Genese evaluiert. Methodik: An 4 DFNS-Zentren (Kiel, Mainz, München (LMU, TU)) wurden insgesamt 60 Patienten mit klinischer Indikation für QST konsekutiv eingeschlossen. QST umfasst sowohl thermische (Kalt- und Warmdetektionsschwellen, Kälte- und Hitzeschmerzschwellen, die thermische Unterschiedsschwelle und paradoxe Hitzeempfindungen) als auch mechanische Submodalitäten (mechanische Detektionsschwelle, Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Vibrationsempfinden, mechanische Schmerzschwelle für Nadel- und stumpfe Druckreize, überschwellige Schmerzwahrnehmung und Schmerz summation für Nadelreize sowie dynamisch mechanische Allodynie). Die Testung erfolgte im klinisch am stärksten betroffenen Hautareal und einem Kontrollareal. QST wurde an zwei Folgetagen je einmal morgens und nachmittags von je zwei erfahrenen Untersuchern pro Zentrum balanciert durchgeführt (vier QST-Untersuchungen pro Patient). Korrelationsanalysen wurden mit Hilfe des Pearson`s Korrelations koeffizient bzw. mit Spearman´s Rangkorrelationskoeffizient berechnet. Ergebnisse: Über alle Zentren hinweg zeigte sich eine sehr gute TRT (r=0,86) wie auch IOR (r=0,83). Zentrumsunterschiede lagen nicht vor. Der Einfluss wechselnder Untersucher auf die QST-Erhebung ist gering (5% zusätzliche Fehlervarianz). Die Korrelation über alle QST-Parameter hinweg war im symptomatischen Areal signifikant höher (TRT: r=0,86; IOR: r=0,83) als in dem entsprechenden Kontrollareal (TRT: r=0,79; IOR: 0,72; je p<0,01). Schlußfolgerung: QST stellt ein diagnostisches Instrument mit guter Inter observer- und Test-Retest-Reliabilität dar und weist somit auf eine gute Reproduzierbarkeit von QST im Bereich von Tagen bei verschiedenen Untersuchern und an verschiedenen Zentren hin. Die Ergebnisse stützen die Bedeutung der vom DFNS eingeführten Qualitätssicherung. Die höhere mittlere Korrelation über dem symptomatischen Hautareal ist am ehesten auf das Vorliegen erkrankungsbedingt höherer systematischer Varianz zurückzuführen. Literatur 1. Rolke et al., European Journal of Pain (2006), 10, 77-88 2. Rolke et al., Pain (2006), 123(3), 231-43
Gefördert durch das DFNS (BMBF-Förderkennzeichen 01EM0506) P15.5 Welche Parameter beeinflussen die Schmerzstärke bei Neuropathien? M. Dusch1, M. Schley1, R. Rukwied1, Chr. Konrad ������2, J. Benrath1, Chr. Geber �����3, F. Birklein3, B. Hägglöf4, N. Sjögen4, F. Rice5, M. Schmelz1 1 Klinik für Anästhesie und Operative Intensivmedizin, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim; 2 Institut für Anästhesie, Kantonsspital Luzern, Schweiz; 3 Klinik für Neurologie, Johannes Gutenberg Universität, Mainz; 4 AstraZeneca R&D, Sädertälje, Schweden; 5Albany Medical College, Albany NY, USA Fragestellung: Bei chronischen neuropathischen Schmerzen ist bislang kein funktioneller oder struktureller Biomarker in den betroffenen Haut arealen bekannt, der mit der Schmerzstärke der Erkrankung korreliert. Methoden: Es wurden 38 Patienten mit neuropathischen Schmerzen und 12 gesunde Probanden in die Studie eingeschlossen. Die Anamnese der Patienten sowie die Genese des Schmerzes wurden durch einen Schmerzfragebogen, ein Patienteninterview und die klinische Unter suchung ermittelt. Die Minus- und Plussymptomatik des neuropathischen Schmerzes wurde durch eine Quantitative Sensorische Testung (QST) im betroffenen Areal sowie einem korrespondierenden Kontrollareal erhoben. Bei den Patienten wurden Hautbiopsien im betroffenen Areal und einem Kontrollareal gewonnen. Die Biopsien wurden auf die epidermale und dermale Nervenfaserdichte, auf neuronales CalcitoninGene-Related-Peptide (CGRP) sowie CGRP Färbung von epidermalen Keratinozyten untersucht. Ergebnisse: Ursächlich für den neuropathischen Schmerz waren ein traumatischer Nervenschaden (n=12), diabetische Polyneuropathie (n=7), chemotherapieinduzierte Polyneuropathie (n=4), CRPS (n=4), postherpetische Neuralgie (n=3), M. Fabry (n=3), periphere Neuropahie unklarer Genese (n=5). In der Quantitativ Sensorischen Testung imponierten die betroffenen Hautareale durch erhöhte Schwellen für Wärme- und Kältewahrnehmung (p=0.001, p=0.004) und Hitzeschmerz (p=0.002). Auch das elektrisch induzierte Axonreflexflare war in diesem Areal vermindert. In den Biopsien der betroffenen Hautareale konnte
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eine Reduktion der Nervenfaserdichte (p=0.003) und des neuronalen CGRP (p=0.016) nachgewiesen werden. Diskussion und Schlussfolgerungen: Die epidermale Nervenfaserdichte korrelierte positive mit den Temperaturwahrnehmungsschwellen, die dermale Nervenfaserdichte mit dem Schmerzrating für starke elektrische Reize. Dies bestätigt eine hautschichtspezifische Nervenfaserfunktion. Dagegen korrelierte keiner der untersuchten Biomarker mit der Intensität der neuropathischen Schmerzen. Die Studie belegt den Wert von QST und Hautbiopsie zur Bestimmung der Schwere einer Neuropathie von dünnen Nervenfasern. Zudem ermöglicht die Kombination von funktionellen und strukturellen neuronalen Mar kern die Lokalisation in unterschiedlich tiefen Hautschichten. Allerdings konnten wir keinen Biomarker identifizieren, der mit der klinischen Schmerzstärke korreliert. Damit bleibt weiterhin unklar, welcher Mecha nismus für die Schmerzhaftigkeit von Neuropathien verantwortlich ist. P15.6 Sensorische Funktion und Dichte intraepidermaler Nervenfasern bei Patienten mit chronischen Ischämieschmerzen bei pAVK E. Gröne1, N. Üceyler2, L. Rüger1, J. Fleckenstein1, M. Sadeghi3, U. Hoffmann4, C. Sommer2, D. Irnich1, P. Lang1 1 Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinik für Anaesthesiologie, Klinikum der Universität München-Innenstadt, LMU, München; 2 Neurologische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg; 3 Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität MünchenInnenstadt, LMU, München; 4 Gefäßzentrum Angiologie, Klinikum der Universität München Campus Innenstadt, München Hintergrund und Fragestellung: Die periphere arterielle Verschluss krankheit (pAVK) ist einer der häufigsten Gründe für chronische Schmerzen der unteren Extremität. Schmerzen bei Patienten mit einer pAVK treten zunächst unter Belastung (CI: Claudicatio intermittens) und später auch in Ruhe (CLI: Kritische Extremitätenischämie) auf. Neben sensorischen Funktionsverlusten konnte bei pAVK-Patienten eine zentrale Sensibilisierung festgestellt werden. Demnach ist anzunehmen, dass der Ischämieschmerz neuropathische Anteile beinhaltet (1, 2). Ob es im Verlauf der pAVK zu morphologischen Veränderungen der peripheren Nervenfasern kommt, ist bislang nicht untersucht. Wir sind der Frage nachgegangen, ob der Verlust sensorischer Funktionen in Zusammenhang mit einer Abnahme der intraepidermalen Nervenfaser dichte (IENFD) steht. Methodik: In die Untersuchung wurden Patienten mit symptomatischer pAVK (Fontaine Stadium II-IV) sowie gesunde Kontrollen einge schlossen. Nach Erteilung eines schriftlichen Einverständnisses wurde eine Quantitativ Sensorische Testung (QST) durchgeführt, um ein sensorisches Profil zu erstellen. Zusätzlich wurden standardisierte Schmerzfragebögen (VAS, S-LANSS, NPSI, SF-MPQ, PDI) ausgefüllt und eine Hautstanzbiopsie an der betroffenen unteren Extremität ent nommen. Ergebnisse: Bislang liegen vorläufige Ergebnisse von 25 Patienten (Alter: 68,4 ± 7 Jahre; 7 Frauen/18 Männer) vor. Die Schmerzintensität in Ruhe wird mit 0,6 ± 1 (VAS 0–10) bei Patienten mit CI und mit 3,6 ± 3,6 (VAS) bei CLI angegeben. Bei Belastung steigt die Schmerzintensität auf 8,2 ± 2,1 bei CI und 5,5 ± 3,6 bei CLI. Fragebögen zur Bestimmung des Anteils neuropathischer Schmerzen zeigen höhere Werte bei Patienten mit CLI als bei CI: S-LANSS-Ergebnisse für CLI liegen bisher bei 14,3 ± 7,5, für CI um 5,7 ± 5,5 (cutoff-Wert für Schmerzen neuropathischen Ursprungs von 12). Der NPSI-Score für CLI ist bei 37,3 ± 25,6 und für CI bei 12,5 ± 12,9. Ergebnisse der QST zeigen sowohl bei CLI als auch bei CI erhöhte thermische und mechanische Detektionsschwellen. Die vorläufige Betrachtung der Hautstanzbiopsien von sieben Patienten zeigt eine Reduktion der IENFD sowohl bei CI (2,4 +/- 2,1 Fasern/mm, n = 6) als auch bei CLI (0 Fasern/mm, n = 1) gegenüber Werten von gesunden Probanden (3).
Schlussfolgerung: Die vorläufigen Daten geben erste Hinweise, dass eine ischämische Neuropathie mit dem Verlust IENFD einhergehen kann. Literatur 1. Lang et al. Pain 2006; 124(1-2):190-200; 2. Rüger et al. Pain 2008; 139(1):201-8; 3. Vlckova-et al.. Muscle Nerve. 2008;37:50-60.
P15.7 Entwicklung eines Screening-Instruments zur Diagnostik des Morbus Fabry K. Arning1, D. Naleschinski1, P. Kropp2, A. Binder1, R. Maag1, R. Baron1 1 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 2 Institut für Medizinische Psychologie, Rostock Fragestellung: M. Fabry ist eine mögliche Ursache schmerzhafter Polyneuropathien, die Diagnose kann heute mittels Enzymtests bzw. genetischer Untersuchung eindeutig gestellt werden. Allerdings ist die Diagnostik aufwendig und teuer, so dass eine Screening-Methode für die diagnostische Weichenstellung von großer Bedeutung wäre. Wir haben ein Screening-Instrument aus einem klinischem Kurztest und einem Fragebogen entworfen und seine Sensitivität und Spezifität für die Diagnostik des M. Fabry geprüft. Material und Methode: Wir untersuchten 54 Patienten mit gesichertem Morbus Fabry sowie 26 Patienten mit einer schmerzhaften Polyneuro pathie anderer Genese. In die Analyse gingen 15 Fragen eines FabrySymptom-Fragebogens sowie drei klinische Tests ein. Die klinischen Tests erfolgten jeweils am Fußrücken bds. mittels Tiptherm® für das Temperaturempfinden, mit einem von Frey-Haar für das Berührungs empfinden sowie mit einer Stimmgabel für das Vibrationsempfinden. Die 15 Testfragen wurden einzeln mittels Varianzanalyse auf Gruppen unterschiede untersucht. Die Relevanz der drei Bedside-Tests für die Diagnosenzugehörigkeit wurde für jeden Test mit Chi-Quadrat-Test geprüft. Aus den signifikanten Variablen wurde im nächsten Schritt ein Fabry-Summenscore durch einfache Addition der Skalenwerte gebildet. Mit der logistischen Regression wurde schließlich überprüft, inwieweit sich das Vorhandensein einer Diagnose durch eine oder mehrere Kriter ien vorhersagen lässt. Ergebnisse: Die Varianzanalyse ergab signifikante Gruppenunterschiede für 7 der 15 Fragen. Mittels Chi-Quadrat-Test wurden signifikante Grup penunterschiede zwischen den drei Bedside-Tests und der Diagnosen zugehörigkeit nachgewiesen: jeder einzelne der Bedside-Tests trug zur Unterscheidung der Diagnosegruppen bei. Durch die Bildung des Sum menscores konnten die Unterschiede zwischen Studiengruppe und Kontrollgruppe vergrößert werden, so dass eine bessere Differenzierung als mit einzelnen Items möglich war. Die Regressionsanalyse ergab eine Sensitivität von 94,3% und eine Spezifität von 84,0% für die Erkennung des M. Fabry. Diskussion: Ein Screening-Test für M. Fabry muss eine hohe Sensitivität haben, da Fabry-Patienten insbesondere wegen der heute verfügbaren kausalen Therapiemöglichkeit nicht übersehen werden sollten. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen ist diese Forderung für die Unterscheidung von Polyneuropathie-Patienten mit und ohne M. Fabry erfüllt. Vor Ein satz im klinischen Alltag sollte der Screening-Test aber noch für weitere Differentialdiagnosen des M. Fabry geprüft werden. Schlussfolgerung: Wir konnten zeigen, dass dies Screening-Instrument für M. Fabry bestehend aus drei Bedside-Tests (Temperatur- Vibrationsund Berührungsempfinden) und einem Fabry-Symptom-Fragebogen eine gute und relativ einfache Möglichkeit darstellt, in einem Kollektiv mit schmerzhafter Polyneuropathie M. Fabry-Patienten zu identifizieren.
P15.8 Genetic polymorphisms in TRP channels are associated with the somatosensory function in neuropathic pain patients D. May1, A. Binder2, R. Baron2, Chr. Maier �����3, T. R. Tölle4, R.-D. Treede5, A. Berthele4, F. Faltraco1, H. Flor6, J. Gierthmühlen2, S. Haenisch1, Chr. Maihöfner7, A. Scherens3, I. Cascorbi1 1 Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie, Kiel; 2 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 3 Schmerztherapie, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum; 4 Department of Neurology, Technische Universität München; 5 Neurophysiology, Center for Biomedicine and Medical Technology Mannheim, Ruprecht-Karls-University Heidelberg, Mannheim; 6 Ruprecht-Karls-University Heidelberg, Institute of Clinical and cognitive Neuroscience, Central Institute for mental Health, Mannheim; 7 Department of Neurology, University of Erlangen Introduction: ��������������������������������������������������������� Transient receptor potential (TRP) channels are known to be important mediators of noxious and innocuous stimuli and their altered expression and/or activity are believed to contribute to neuropathic pain. The role of hereditary variants in the genes of TRP channels in the etiology of neuropathic pain however is currently unknown. In this study we investigated the role of genetic variability in TRPA1, TRPM8 and TRPV1 on the somatosensory function in neuropathic pain patients. Material and Methods: Within the Deutscher Forschungsverbund Neuro pathischer Schmerz (DFNS) a total of 371 neuropathic pain patients were phenotypically characterized using standardized quantitative sensory testing (QST). Additionally, hierarchical cluster analysis based on QST results identified two main cluster characterized by a predominantly preserved to hypersensitive (cluster 1) or impaired sensory function (cluster 2). Pyrosequencing was employed to determine 2 SNPS in TRPV1, 6 SNPs in TRPM8 and 4 SNPs in TRPA1. Differences in measured QST parameters between groups and within groups were estimated by χ�2 test and ANOVA (respectively T-test) and corrected for multiple testing by permutation tests and Bonferroni correction. Results: In the whole group of patients, one TRPA1 polymorphism was significantly associated with the presence of PHS. Wild type carriers exhibited 2-fold more frequently PHS than subjects carrying at least one variant allele (OD=0.438 (0.214-0.895); p=0.03). Within cluster 1, TRPV1 significantly influenced heat pain (HPT), mechanical pain sensitivity (MPS) and mechanical detection (MDT) thresholds. Variant carriers of TRPV1 displayed lower sensitivity to noxious heat (p=0.0006). In contrast, the presence of variant allele by heterozygous and homozygous carriers correlated significantly with the increased mechanical pain sensitivity (p<0.005) and decreased threshold for innocuous mechanical stimuli (p<0.0001). After correction for multiple testing, there was lack of evidence of an association for TRPM8 SNPs to any QST parameter. Discussion: The results of this study demonstrate the impact of genetic polymorphisms of TRP channels on the somatosensory function in patients suffering from chronic neuropathic pain. The association of the TRPV1 receptor with the perception of heat pain is in line with result of animal studies. However, the association of TRPA1 with PHS as well as TRPV1 with mechanical detection has not been substantiated before and might be a result of regulatory mechanisms between different TRP channels. Moreover, whether these polymorphisms have a regulatory effect on the quality of sensory function rather than being involved in generation of a symptom itself will be topic of further analysis. Conclusions: The findings emphasize the importance of genetic variability of human TRP genes in the extent of determination of specific somatosensory symptoms and functions in neuropathic pain patients.
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Abstracts P15.9 Pinprick-evozierte Potentiale als objektiver Parameter zur Detektion einer Hyperalgesie auf mechanische Reize U. Baumgärtner1, G. Iannetti2, I. Tracey3, W. Magerl1, R.-D. Treede1 1 Lehrstuhl für Neurophysiologie, Universitätsmedizin Mannheim, Centrum für Biomedizin und Medizintechnik (CBTM), Mannheim; 2 Department of Physiology, Anatomy and Genetics, Oxford University, Oxford, United Kingdom; 3 Department of Clinical Neurology, John Radcliffe Hospital, Oxford Fragestellung: Hyperalgesie, ��������������������������������������������������� eine Überempfindlichkeit für Schmerz reize, ist ein Symptom, welches häufig im Zusammenhang mit neuro pathischen Schmerzen vorkommt. Anders als die Hypalgesie, die mittels neurophysiologischer Methoden wie Laser-evozierter Potentiale objekti vierbar ist, gibt es eine objektive Methode für Plus-Symptome wie die Hyperalgesie bisher nicht. In dieser Studie stellen wir die neue Methode der Pinprick-evozierten Potentiale vor, die als neurophysiologisches Korrelat der mechanischen Hyperalgesie taugt. Methoden: An 10 gesunden Probanden wurden mittels eines modi fizierten 128 mN Pinprick-Stimulators Nadelreize auf beiden Handrücken appliziert und die dadurch evozierten Potentiale im EEG vor und nach intradermaler Injektion von Capsaicin registriert. Zusätzlich wurden Schmerzratings für die einzelnen Reize erhoben. Schmerzratings und evozierte Potentiale wurden mittels zwei-faktorieller ANOVA im Seitenvergleich und bezüglich Zeitpunkt (Messung vor bzw. nach In jektion) verglichen. Um einen Anhalt über die für die Übermittlung der mechanischen Schmerzreize beteiligten Bahnen zu erhalten, wurde eine Patientin mit unilateraler hoch-zervikaler Rückenmarksläsion mittels Standard-SEP, LEP und Pinprick-EPs untersucht. Ergebnisse: Schmerzratings vom Handrücken im Areal der sekundären Hyperalgesie waren bei Pinprick-Stimulation im Vergleich zur anderen Hand deutlich (um ca. 80%; p<0.001) gesteigert. Die biphasischen evozierten Potentiale waren im Seitenvergleich ebenfalls gesteigert (um ca. 50%; p< 0.05). Die topographische Verteilung der Oberflächenpotentiale war mit einer initial kontralateral zur Reizung beginnenden Negativität in temporalen Ableitungen, gefolgt von einem großen biphasischen Vertexpotential derjenigen von Laser-evozierten Potentialen ähnlich. Die Pinprick-evozierten Potentiale bei der Patientin mit unilateraler Rückenmarksläsion verhielten sich wie die Laser-evozierten Potentiale und waren auf der gleichen Seite deutlich amplitudengemindert. Standard Medianus-SEP zur Prüfung der nicht-nozizeptiven Funktion waren seitengleich normal. Schlussfolgerung: Pinprick-evozierte Potentiale spiegeln die psycho physisch bekannten Plus-Symptome der Hyperalgesie für mechanische Reize als objektives neurophysiologisches Korrelat wieder und kommen als sinnvolle diagnostische Methode zur Charakterisierung neuro pathischer Schmerzen in Betracht. Die Leitung erfolgt vornehmlich über den spinothalamischen Trakt.
und unzureichend wirkende Medikamente, Equipment oder Kosten verantwortlich. Unklar ist jedoch inwiefern inadäquate Organisation, Schulungsdefizite und mangelnde Verfügbarkeit von Personals für diesen Umstand in Betracht zu ziehen sind. Methoden: Im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.12.2008 wurden in einem unfallchirurgischen Schwerpunktkrankenhaus die mehrmals täglich erhobenen Schmerzangaben der stationären Patienten mittels NR-Skala (Numerischer Ratingskala) in der elektronischen Fieberkurve erfasst. Dabei wurden 139342 Schmerzprotokolle, der in dieser Zeit 8988 behandelten Patienten ausgewertet. Jede in die Untersuchung einbezogene Fachabteilung hatte ein schriftlich festgelegtes abgestuftes, aber nicht identisches Schmerzschema (Schema I oder Schema II). Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass in diesem Zeitraum in den zwei Abteilungen der aseptischen Unfallchirurgie (UC) 16483 bzw. 26860 Schmerzprotokolle angelegt wurden. Dies entspricht einer täglichen Erfassung der Schmerzangaben von 1,25 und 2,04 pro Patient und Be handlungstag. In der Septischen und Rekonstruktiven Chirurgie (SRUC) wurden 45518 Schmerzprotokollen angelegt, was einer Erfassung vom 3,46 entspricht und in der Allgemeinchirurgie (AC) wurden 50481 Protokolle angelegt (3,84). Die mittlere Schmerzangabe auf der UC ist mit 3,80 und 3,54 NRS deutlich höher als in der SRUC mit 2,76 und in der AC mit 2,85. Das subjektive Schmerzempfinden auf UC ist von 2006/2007 zu 2008 statistisch bedeutsam gesunken. Die statistische Schmerzauswertung auf der UC anhand der chirurgischen Therapiemaßnahmen: Arthroskopie, Endoprothese Plattenosteosynthese am Radius erfolgte für 316 Patienten. Das mittlere subjektive Schmerzempfinden bei der Plattenosteosynthese war 3,54, bei der Arthroskopie 3,42 und bei der Endoprothese 4,29. Somit unterscheiden sich die drei Gruppen signifikant in ihrem subjektiven Schmerzempfinden. Allerdings gibt keinen Unterschied zwischen der Plattenosteosynthese und der Arthroskopie.
P17 Akutschmerz I P17.1 Interdisziplinäres postoperatives Schmerzmanagement ODER: „Der Patient hat immer Recht“ Management mittels standardisierter, elektronischer Schmerzprotokolle L. Homagk, R. Stuttmann, A. Tiemann BG-Klinik Bergmannstrost, Halle Einleitung: Postoperative Akutschmerzen gehören mit 30–50% zu den häufigsten Beschwerden stationärer Patienten. Starke Schmerzen können ein Zeichen postoperativer Komplikationen sein, aber auch zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt, einer Mortalitätserhöhung und einem Anstieg der Behandlungskosten führen. Dafür sind selten zu wenig verfügbare schmerztherapeutische Behandlungsmethoden
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Abb.1 Behandlungsleitlinien
Fazit: Nach der Einführung eines anästhesiologisch geleiteten Schmerz dienstes am OP-Tag und Fortführung der Schmerztherapie durch die Stationsärzte nach den stationstypischen Schemata (siehe Abb.1), fortlaufender Schulung des medizinischen Personals und Leitlinien erarbeitung konnte im Betrachtungszeitraum die Zielsetzung von NRS-Werten zwischen 0 bis 3 bei 60 Prozent der Patienten auf der All gemeinchirurgie und der SRUC erreicht werden. Die Gründe für die noch unzureichende Schmerztherapie auf den anderen Stationen sind vielschichtig. Die ärztlichen und pflegerischen Handlungsvorgaben, eine regelmäßige Schmerzfassung sowie klare Behandlungsleitlinien, die an der Schmerzintensität orientiert sind, tragen zwar zu einer Verbesserung der Behandlung postoperativer Schmerzen bei, aber es bedarf einer intensiven multidirektionalen Kommunikation zwischen Patienten, Pflegekräften und Ärzten. P17.2 NRS-Grenzwerte für milden, moderaten und starken Schmerz am ersten postoperativen Tag nach verschiedenen operativen Eingriffen H. J. Gerbershagen1, J. Rothaug2, W. Meißner2 1 Klinik für Anästhesiologie, University Medical Center Utrecht, Niederlande; 2 Klinik für Anästhesie, Friedrich-Schiller Universität Jena Fragestellung: Eine Einteilung von akuten postoperativen Schmerz intensitäten in leicht, moderat und stark (NRS 0-10) in Bezug auf schmerz bedingte Beeinträchtigungen wurde bisher nicht untersucht. Material und Methode: Präoperativ wurden 435 Patienten nach ihrer Einschätzung einer „noch erträglichen“ Schmerzintensität gefragt (Ab teilungen: Allgemeinchirurgie, Traumatologie und Mundkiefergesichts chirurgie). Am folgenden Morgen wurde die durchschnittliche und stärkste Schmerzintensität, schmerzbedingte Beeinträchtigung von Bewegung, tiefem Durchatmen, Schlaf und Stimmung (NRS 0-10) er hoben und die Patienten gefragt, ob sie seit der Operation gerne mehr Analgetika bekommen hätten. Eine multivariate Varianzanalyse wurde zur Berechnung des optimalen Grenzwertes (GW) von durchschnittlichem und stärkstem Schmerz sowie dem Mittelwert aus durchschnittlichem und stärkstem Schmerz angewendet. Die optimalen GW wurden definiert als die Werte, die die höchsten F ratios der Zwischengruppeneffekte von Pillai trace, Wilks lambda und Hotelling trace F Statistik ergaben. Zusätzlich wurde die Patientenzufriedenheit (NRS 0-15) in Bezug auf die Schmerztherapie ermittelt und Gruppenvergleiche mittels univariater Varianzanlyse durchgeführt. Ergebnisse: Die Berechnung des Zusammenhangs zwischen Schmerz intensität und -beeinträchtigung ergab einen GW für durchschnittlichen Schmerzen von 3/5 (NRS: 1–3 leicht; 4–5 moderat; 6–10 stark). Optimale GW für starken Schmerz sowie gemitteltem durchschnittlichen und stärksten Schmerz waren 4/7 und 4/6. Präoperative Einschätzung von noch erträglicher postoperativer Schmerzintensität lag bei NRS 4,3±2.2. Patienten, die in den letzten 24 h seit der Op gerne mehr Analgetika bekommen hätten (Anteil 17,6%), gaben mit NRS 4,6 signifikant höhere Schmerzen an im Vergleich zu Patienten ohne diesen Wunsch (NRS 3,4). Signifikante Unterschiede bei der Patientenzufriedenheit konnten zwischen allen Schmerzintensitätsgruppen gefunden werden. Diskussion: Bei der Unterteilung akuter postoperativer Schmerzen muss beachtet werden, dass unterschiedliche Grenzwerte für durchschnittlichen, stärksten und gemitteltem durchschnittlichen und stärksten Schmerz bestehen. Unser statistisch ermittelter unterer GW von NRS ≥ 4 für den durchschnittlichen Schmerz konnte durch die präoperative Einschätzung „noch erträglicher“ Schmerzen (NRS 4,3) untermauert werden. Ebenso lag dieser Grenzwert exakt zwischen den ermittelten Schmerzwerten bei bestehendem oder fehlendem Wunsch nach mehr Analgetika (NRS 4,6 bzw. 3,4) und unterstreicht somit zusätzlich, dass dieser Wert in der akuten postoperativen Phase der optimalste sein könnte.
P17.3 Komedikation von Ondansetron und Tramadol: Ein klinisch relevanter Antagonismus? N. Rauers1, E.-H. Lee1, M. Kobilay1, L. Zhang1, F. Mußhoff2, F. Stüber3, U. Stamer1 1 Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn; 2 Institut für Rechtsmedizin, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn; 3 Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie, Inselspital Universität Bern, Schweiz Fragestellung: Widersprüchliche Befunde gibt es zur Komedikation von Ondansetron (O) und Tramadol (T). Die Kombination kann evtl. die analgetischen und antiemetischen Eigenschaften der Einzelsubstanzen aufheben. Konträre Wirkung am serotonergen System werden als Ursache diskutiert (1,2). Ein Teil der T vermittelten Analgesie erfolgt über 5HT (Serotonin) Reuptake-Hemmung, während Ondansetron Serotoninrezeptoren blockiert. In einer prospektiven, randomisierten, Placebo kontrollierten Studie wurden der T-Verbrauch und die Rate an Emesis untersucht. Methodik: Nach Genehmigung durch die Ethikkommission und schrift lichem Einverständnis wurden 189 Patienten (geplanter Baucheingriif, postoperative Analgesie mit Tramadol-PCA + Metamizol) eingeschlossen. Die Patienten erhielten T 3 mg/kg (max. 250 mg) plus 4 mg O oder 10 mg Metoclopramid (M) oder Placebo (P) vor OP-Ende. Zielkriterium waren der T-Verbrauch und die Rate an Emesis, (komplette Responder: keine Übelkeit, kein Erbrechen, keine Ausweichmedikation). Zusätzlich wurden Konzentrationen der T-Enantiomere, seiner M1-Metaboliten und von O im Plasma gemessen (LC-APCI-MS/MS)) sowie der CYP2D6 Genotyp bestimmt. Ergebnisse: Der T-Verbrauch unterschied sich nicht zwischen den drei Gruppen. Auch die Rate der kompletten Responder war in Gruppe O nicht niedriger als in Gruppe P, sondern nach 8 Std. sogar höher (O: 85,0%, M: 69,5%, P: 66,7%); p=0.04. Der CYP2D6 Genotyp, der wesentlich die katalytische Aktivität dieses metabolisierenden Enzyms bestimmt, konnte zwar die unterschiedlich hohen O-Demethyl tramadolspiegel erklären, jedoch nicht bei allen Patienten die Varianz der Ondansetron-Plasmaspiegel. Diskussion und Schlussfolgerung: Der von einigen Autoren beschrieb ene Antagonismus zwischen T und O konnte in dieser Studie nicht nachgewiesen werden. Eine höhere T-Initialdosis, aber auch weitere Unterschiede im Studienprotokoll könnten mögliche Ursachen sein. Neben CYP2D6 scheinen noch weitere Enzyme die Metabolisierung und somit die antiemetische Wirksamkeit von O zu beeinflussen. Auch ein enantiospezifischer Metabolismus des Ondansetrons vergleichbar dem T ist denkbar. Literatur 1. De Witte JL et al. Anesth Analg 2001;92:1319-21. 2. Arcioni R et al. Anesth Analg 2002;94:1553-7.
P17.4 Postoperative Schmerztherapie bei Patienten mit Peritonektomie: Anwendungsbeobachtungsstudie über 18 Monate E. K. Loeffler, S. Orso, K.-P. Ittner, M. T. Pawlik, N. Meyer, Chr. Schmidt, M. Bucher, B. M. Graf, Chr. H. Wiese Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg Hintergrund: Weltweit erkranken zahlreiche Patienten mit Tumor diagnosen im weiteren Verlauf an einer Peritonealcarcinose. Eine an wenigen Zentren in Deutschland angewandte Therapie zur Lebenszeitund Lebensqualitätverlängerung ist die offene Peritonektomie mit ggf. kombinierter „hyperthermic intraperitoneal chemotherapy“ (HIPEC). Ziel der Untersuchung ist es, die Bedeutung der suffizienten schmerz therapeutischen Betreuung dieser Patienten als einen Erfolgsparameter
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Abstracts im Rahmen dieser Operation und des therapeutischen Konzeptes dar zustellen. Methodik: Anwendungsbeobachtungsstudie (MEDLINQ Mobiler Schmerz Dienst Version 0.9.x™, Hamburg Deutschland) bei allen Patienten mit Peritonektomie (ggf. plus HIPEC), die an unserer Klinik vom 01.10.2007 bis 30.04.2009 akutschmerztherapeutisch (OPS 8-919: akute komplexe Schmerztherapie) betreut wurden. Erhoben wurden die Art der postoperativen Schmerztherapie („Patient controlled epidural analgesia“ – PCAE-Gruppe oder „Patient controlled intravenous analgesia“ – PCAI-Gruppe), die Therapiedauer, die durchschnittliche Schmerzstärke (NRS) sowie Komplikationen der Therapie. Ergebnisse: Es wurden insgesamt 104 Patienten [101x PCAE (♂51, ♀50; Alter im Mittel 53 Jahre, SD +12); 3x PCAI (♂2, ♀1)]. Die Therapiedauer betrug durchschnittlich 6,7 Tage (PCAE, SD +2,4) bzw. 3,9 Tage (PCAI, SD +0,5 Tage). Die mittlere Schmerzstärke nach NRS betrug in Ruhe 1,2 (PCAE, SD +0,8) / 2,3 (PCAI, SD +1) bzw. bei Belastung 2,5 (PCAE, SD +1) / 3,8 (PCAI, SD +0,8). Komplikationen in der PCAE-Gruppe waren Hyp-/Parästhesien (11x; keine Beendigung der Therapie) sowie 7x Rötungen/Druckschmerzen im Bereich der PDK Austrittsstelle mit Beendigung der Therapie. Ein Wechsel von PCAE auf PCAI fand 5x statt (3x PDK Unwirksamkeit/Okklusion; 2x Folgeschmerztherapie). Schlussfolgerungen: Die Peritonektomie (ggf. mit HIPEC) ist oftmals eine operative Therapie mit palliativem Ansatz. Deshalb muss den Patienten das bestmögliche schmerztherapeutische Verfahren angeboten werden, um somit a) den postoperativen intensivmedizinischen Aufenthalt so kurz wie möglich zu halten, aa) den größtmöglichen innerklinischen Patientenkomfort zu gewährleisten und aaa) zu einer höchstmöglichen postoperativen Verbesserung der Lebensqualität beizutragen. Wir empfehlen, die schmerztherapeutische Versorgung dieser Patienten mit einem präoperativ angelegten Periduralkatheter und anschließender PCAE (u.a. geringe Komplikationsrate, bessere Schmerzreduktion als bei PCAI). Weiterhin erscheint ein frühzeitiger Beginn einer parallelen oralen Schmerzmedikation sinnvoll, damit die Patienten schnellstmöglich nach dem Eingriff in die häusliche Umgebung entlassen werden können. Die postoperative Schmerztherapie kann daher entscheidend zum Erfolg des Eingriffs beitragen. Entsprechend früherer schmerztherapeutischer Ansätze kann eine PCAI als alleinige schmerztherapeutische Versorgung nicht mehr empfohlen. P17.5 Der Einfluss einer perioperativen Pregabalingabe auf den postoperativen Opioid-Verbrauch – Eine Metaanalyse der aktuellen Literatur H. Bornemann-Cimenti, M. Wejbora, T. Riedel, A. Sandner-Kiesling Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz, Österreich Fragestellung: Nach der Aufdeckung des Fälschungs-Skandals um Scott S. Reuben und der damit verbundenen Zurückziehung von 21 seiner Arbeiten geriet das von ihm vertretene Konzept der präemptiven Anal gesie in Misskredit. Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung einer Metaanalyse der bisher publizierten Daten über den Opioid-einsparenden Effekt durch die perioperative Gabe von Pregabalin während der akuten post operativen Schmerztherapie. Material und Methode: Zur Literatursuche benutzten wird PubMed, Medline (seit 1966) und das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL). Die Suchbegriffe waren dabei “pregabalin or Lyrica” und “postoperative pain”. Gesucht wurde nach kontrollierten, randomisierten Studien. Der primäre Zielparameter war der Opioidverbrauch in den ersten 24 Stunden postoperativ. Studien, die nur als Abstract oder Kon gressbeitrag vorlagen, wurden nicht berücksichtigt. Die letzte Suche wurde im Juni 2009 durchgeführt. Der Grenzwert für die Studienqualität wurde mit einem Jadad-Score von 3 definiert. Aufgrund der hohen klinischen Heterogenität durch unterschiedliche chirurgische Eingriffe und anästhesiologische Verfahren sowie durch uneinheitliche Verwendung von Opioiden und adjuvanten Analgetika wurde das „random effect model“ gewählt. Die Signifikanz wurde mit
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0.05 festgelegt. Unterschiedliche Dosierungen innerhalb einer Studie wurden als einzelne Gruppen ausgewertet. Ergebnisse: Fünf randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 7 Gruppen entsprachen unseren Einschlusskriterien. Der Opioid-ein sparende Effekt einer einzelnen Dosis von 75-600 mg Pregabalin in den ersten 24 Stunden nach der Operation bewegte sich zwischen 0 bis 55%. Der kombiniert, gewichtete Effekt einer Einzeldosis war äquivalent zu 7.7 ± 7.2 mg Morphium (Mean ± 95% CI) (siehe Abb. 1). Die Nebenwirkungsraten konnten aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns nicht miteinander verglichen werden.
Abb. 1 Forrest Plot des Effekts der einzelnen Studien
Diskussion: Es konnte gezeigt werden, dass die perioperative Gabe von Pregabalin einen eindeutigen Effekt auf den postoperativen Opioid verbrauch hat. Die statistische Auswertung der Nebenwirkungen war aufgrund von Unterschieden in den Studiendesigns (Definition von Übelkeit, ver schiedene antiemetische Therapien etc.) nicht möglich. Die Angaben über Inzidenzen waren in den einzelnen Studien divergent und ergaben kein schlüssiges Bild. Ein direkter Vergleich der Studien wird durch die hohe Heterogenität der chirurgischen Eingriffe (z.B. tageschirurgisch gynäkologische Eingriffe vs. totale Hüftendoprothetik) erschwert. Schlussfolgerung: Unserer Metaanalyse zu Folge bewirkt die peri operative Gabe einer einzelnen Dosis von Pregabalin eine Opioid-Ein sparung im postoperativen Schmerzmanagement. Eine klare Empfehl ung bezüglich der Effektivität verschiedener Dosierungen bzw. eine eindeutige Abschätzung der Nebenwirkungen kann momentan aller dings noch nicht getroffen werden. Weitere Studien zur Findung einer klaren Dosisempfehlung sind daher erforderlich.
P17.6 Postoperativer Narkosefragebogen – Interne Qualitätssicherung: Postoperative Symptome und Patientenzufriedenheit (Grenzen in einem Haus der Grund- und Regelversorgung) S. Esmaili, I. Kraus Anästhesie und operative Intensivmedizin, Dominikus-Krankenhaus GmbH Berlin Fragestellung: Der postoperative Narkosefragebogen (PONF) für Patienten ist ein Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung von post operativen Symptomen und der Patientenzufriedenheit. Der Fragebogen wurde im klinischen Alltag in einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung zur internen Qualitätssicherung eingesetzt. Methodik: In der ersten Phase beantworteten 500 Patienten nach einem elektiven chirurgischen Eingriff den postoperativen Narkosefragebogen. Hier wurden die für den Patienten postoperativ belastenden Symptome und die Patientenzufriedenheit erfasst. Nach Auswertung der Daten wurden symptombezogen Therapien und Prozessoptimierungen an aesthesiologisch und interdiziplinär erarbeitet, vereinbart und um gesetzt. Eingeführt wurden ein spezieller Schmerzdienst, die Anwendung von speziellen Schmerzkathetern und Schmerzpumpen sowie eine inter diziplinäre Basisschmerztherapie mit der chirurgischen Abteilung ver einbart. Im Weiteren wurden vermehrt Wärmegeräte eingesetzt, Tee und Wasser im Aufwachraum den Patienten angeboten. Nach Realisierung erfolgte in der zweiten Phase nach einer Auswertung von 3501 Fragebögen ein Vergleich mit den Ergebnissen aus der ersten Phase. Ergebnisse: 1. Phase Die Qualität der Symptombeschreibung variiert bei der ersten Phase. Für die postoperative Phase wird am häufigsten über Schmerz (36,5%) berichtet. Mit deutlichem Abstand folgen die Angaben von Angst (10,83%), Durst (9,59%), Frieren (9,2%), Übelkeit (4,26%) sowie Erbrechen (1,2%). Beschwerdefrei und zufrieden waren 27,7% der Patienten. 2. Phase Analysiert wurden nun die Daten aus 3501 PONF in Bezug auf Schmerzen, Angst, Durst, Frieren, Übelkeit und Erbrechen. In der postoperativen Phase wurden weiterhin, zwar mit einer geringeren Gesamthäufigkeit Schmerzen (19,08%) an erster Stelle genannt. Das Symptom Angst (14,3%) war zur ersten Phase gestiegen. Mit deutlichem Abstand erfolgte die Nennung von Durst (4,54%), Frieren (13,0%), Übelkeit (3,06%), Erbrechen (1,65%). Beschwerdefrei und zufrieden waren 40,25% der Patienten. Ausgewertet wurde weiterhin eine Subgruppe von 80 Patienten PONF, aus diesen 3501 PONF. Hier wurden Knie-TEP Operationen in Allgemein anästhesie kombiniert mit Schmerzkatheter (Ischiadikus- und Femoralis katheter) durchgeführt mit anschließender intensiver Schmerztherapie. In dieser Gruppe wurde das Symptom Schmerz mit nur 7,5% angegeben. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen die Anwendbarkeit des post operativen Narkosefragebogens zur Erfassung der Patientenzufriedenheit und postoperativer Smyptome als interne Qualitätskontrolle. Im Weiteren zeigt sich, dass der PONF als Regulierungselement zur Verbesserung von Prozessen eingesetzt werden kann und damit zur Steigerung der Patientenzufriedenheit führt.
P17.7 Schmerzstärkeerfassung mittels Numerischer Rating Skala im Aufwachraum – immer möglich? J. Kieserg1, W. Schmitt1, U. Wisser1, M. Höller1, A. Hotz1, M. Bruns1, H.-Chr. Wartenberg2, S. Wirz1 1 Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, CURA-Krankenhaus Bad Honnef; 2 Klinik und Poliklinik Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Universität Bonn Einleitung: Die Qualität der postoperativen Schmerztherapie ist ein wichtiger bench-marking Faktor von Anästhesiologischen Abteilungen. Etabliert ist die Schmerzerfassung über Numerische Rating Skalen (NRS). Ziel dieser Untersuchung war die Erfassung der Praktikabilität dieser NRS Skalen in der unmittelbar postoperativen Phase im Aufwachraum eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung. Methode In dieser prospektiven Untersuchung wurde nach Genehmigung durch die Ethikkommission der Anteil der postoperativen Patienten erfasst, bei denen die Schmerzintensität mittels der NRS ermittelt werden konnte. Es wurden Patientengruppen differenziert nach den Kriterien: 1. NRS anwendbar, 2. Schmerzerfassung nicht über NRS, sondern verbal-sensorisch erfassbar (kein – schwach – stark – sehr stark – extrem stark), 3. Schmerzerfassung nicht über NRS, sondern nur über ja-nein Antwort erfassbar, 4. keine Schmerzerfassung anwendbar bei ansonsten kontaktfähigem Patienten, 5. Sonstiges (Kinder, Demenzerkrankte). Der Untersuchungszeitraum reichte vom Jahr 2005 bis zum 2. Quartal 2009. Ergebnisse Sei dem Jahr 2005 wurden 16.024 Patienten in die Untersuchung involviert. Es handelte sich zumeist um abdominelle (23%), unfallchirurgische (22%), gynäkologische (22%), urologische (4%) und HNO-Eingriffe (25%). Die demographischen Daten waren gemäß des Klientels einer Klinik der Grund- und Regelversorgung variabel (Alter von 1 bis 98 Jahre, ASA 1 – 5). Bei 52% war die NRS unkompliziert (1.) anwendbar, bei 19% bedingt als Schweregrade (2.), bei 6% lediglich als ja/nein Antwort (3.) und bei 22% nicht (4.), trotz ansonsten uneingeschränkter Kontaktfähigkeit und Kooperativität. Bei 6 % handelte es sich um Kinder unter 5 Jahren und Demenzerkrankte (5.), bei denen die Schmerzerfassung über NRS wegen Kontaktierungsproblemen nicht möglich war. Fazit: Die Schmerzerfassung im Aufwachraum kann trotz validierter Erfassungswerkzeuge wie der NRS als nicht vollständig befriedigend an gesehen werden, da auf Grund eingeschränkter Patientenkooperativität keine ausreichenden Aussagen zu gewinnen sind. Neben der NRSErfassung sollten deshalb physiologische Parameter (Herzfrequenz, Blut druck, Muskeltonus, Agitation, etc.) mit in die Beurteilung der Schmerz stärke systematisch aufgenommen werden.
P19 Pflege P19.1 Weiterbildung „Schmerzexperte (Univ.)“ – Konzept zur Verbesserung der interdisziplinären Schmerzqualifikation in deutschen Kliniken K. Fragemann1, N. Meyer2, M. T. Pawlik2, S. Orso2, J. Bierner2, B. M. Graf2, Chr. H. Wiese2 1 Bildungszentrum, Universitätsklinikum Regensburg; 2 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg Hintergrund: Die Behandlung von Patienten mit akuten und chro nischen Schmerzen benötigt eine Qualifikation aller an der Betreuung dieser Patienten beteiligten Professionen. Das Universitätsklinikum Regensburg bietet seit 2009 eine Weiterbildung (Anerkennung DGSS) zum „Schmerzexperten (Univ.)“ an. Ziel des Kurses ist die Qualifi zierung medizinischer/psychologischer Fachberufe (z.B. Pflege, Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen) bezüglich spezieller Handlungs strategien in der Betreuung von Schmerzpatienten. Die Qualifikation ist definiert durch die Kompetenzbereiche „Fach-, Kommunikations-,
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Abstracts Informations-, Kooperations-, Interaktionskompetenz“, „Urteilsfähigkeit“, „Entscheidungshilfen“ sowie „Loyalität zum Schmerzpatienten“. . Abb. 1 und 2 Methodik: Der Kursinhalt unterteilt sich wie folgt: 80 Std. Unterricht (Anteile: 50% Präsenz, 50% Eigenstudium); 8 Std. Hospitation in einer, entsprechend der Kursordnung anerkannten, schmerztherapeutischen Einrichtung; 24 Std. Erstellung eines Fallberichtes; 2 Std. theoretische Prüfung. Formulierte Lernziele wurden mittels Lernzielkontrollen (schriftlicher Test, Fallbericht/Hospitation), die verschiedene Kompetenz ebenen ansprechen, überprüft. Die Evaluation der Teilnehmerzu friedenheit bezüglich Informationsgehalt, Struktur, Praxisbezogenheit und Inhaltsdarstellung erfolgte standardisiert. Die statistische Datenaus wertung erfolgte mit SPSS (Vs. 16.0). Ein positives Ethikvotum wurde zu Beginn der Untersuchung erteilt. Ergebnisse: Es nahmen 27 Teilnehmer (TN) am Kurs teil (24×Pflege, 2×Psychologie, 1×Arzt). 26 TN (1×Kursabbruch) konnten die Lernziele
des Kurses erreichen (MW: schriftlicher Test: 2,0; Fallbericht: 1,8). Bezüglich der Evaluation (n=522 Evaluationen der einzelnen Kursteile) bewerteten den Informationsgehalt 94% (MW 1,43 SD +0,63) als sehr gut/gut, die Kursstruktur 93% (MW 1,45 SD +0,66) als sehr gut/gut, die Praxisbezogenheit 84% (MW 1,67 SD +0,81) als sehr gut/gut und die Inhaltsdarstellung (Anteil theoretischer und praktischer Kursteile) 84% (1=viel zu theoretisch bis 5=viel zu praktisch orientiert; MW 2,86 SD +0,45) als ausgewogen. Für weitere Kurse wünschen sich die TN einen erhöhten Praxisanteil. Schlussfolgerungen: Die Weiterbildung „Schmerzexperte (Univ.)“ ist ein Konzept zur Verbesserung der Betreuung von Schmerzpatienten. Der Kurs beinhaltet die Vermittlung der Qualifikation „Schmerz“ (Kennzeichnung durch die regelgeleitete Anwendung differenzierten und spezifizierten Fachwissens; siehe auch Abbildungen 1 und 2). Diese wurde durch die erfolgreichen Leistungsergebnisse bestätigt und somit durch den Kurs erlangt. Für zukünftige Kurse erscheint es jedoch wichtig,
Abb.1 Entwicklung der „Kompetenz-Schmerz“
Abb.2 Wissenserwerb und Wissensvermittlung in der Weiterbildung „Schmerzexperte (Univ.)“
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den praktischen Anteil und die daraus folgende Handlungsreflexion zu erweitern. Dieses kann u.a. mit interaktiven Schmerzpatientensimulation en erfolgen. Ob sich aus dem Kurs bzw. dessen zukünftigen Änderungen und Erweiterungen eine verbesserte Patientenversorgung ergibt, muss in weiteren klinischen Studien untersucht werden. P19.2 Untersuchungen zur pharmakologischen Schmerztherapie bei Pflegeheimbewohnern in Deutschland M. Kölzsch1, K. Kopke2, T. Fischer2, W. Hofmann2, D. Dräger2, R. Kreutz1 1 Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Berlin; 2 Institut für Medizinische Soziologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Berlin Fragestellung: Ziel der Studie ist die Analyse und Bewertung der Qualität und Angemessenheit der Pharmakotherapie, speziell der Schmerzthera pie, bei Pflegeheimbewohnern in Deutschland. Material und Methoden: In diesem vom BMBF im Rahmen des AMA (Autonomie trotz Multimorbidität im Alter) Verbundes geförderten Projektes („PAiN – Autonomie trotz Schmerz“) werden Routinedaten der Deutschen BKK hinsichtlich der Verschreibung von Arzneimitteln über einen Zeitraum von einem Jahr systematisch analysiert. Der Schwer punkt wird auf der Verordnung von Analgetika, der Korrelation von schmerz-assoziierter Diagnose mit verschriebenen Analgetika und der Verschreibung von Co-Analgetika und Co-Medikationen liegen. Ebenso sollen die Angemessenheit der Verordnungen für alte Menschen sowie das Interaktionspotenzial systematisch geprüft werden. Dazu werden Arzneimittel, die nach derzeitiger Expertenmeinung für geriatrische Patienten ungeeignet sind, identifiziert und die Krankenkassendaten auf Verordnungen dieser überprüft. Ergebnisse: Die oben erwähnte Studie befindet sich momentan in der Phase der Datenziehung. Bis zum August 2009 werden die Datensätze mit den Informationen zur Verschreibung von Arzneimitteln aus dem Jahr 2008 von der kooperierenden gesetzlichen Krankenkasse geliefert. Damit werden Informationen von ungefähr 10.000 Pflegeheimbewohnern zur Verfügung stehen. Mit Hilfe dieser Daten werden Aussagen zu Verschreibungen risikobehafteter Medikamente und Medikamenten kombinationen sowie zur Angemessenheit in Bezug auf Alter und Diagnose – insbesondere im Hinblick auf die Schmerzmedikation – möglich. Diskussion und Schlussfolgerungen: Wir gehen davon aus, dass wie sich bereits in der Pilotstudie andeutete, eine Unterversorgung und teilweise inadäquate Verordnungspraxis hinsichtlich der Schmerztherapie in deutschen Pflegeheimen zeigt. Mit dieser Studie wird erstmals ein differenziertes Bild zum Stand der Schmerztherapie bei älteren Pflege heimbewohnern in Deutschland vorgestellt. P19.3 Evaluation des Fortbildungsbedarfs für Pflegende A. Parthum, D. Märkert, Chr. Geiß, G. Littschwager, N. Grießinger, R. Sittl Schmerzambulanz, Anästhesiologische Klinik, Erlangen Hintergrund: Der Akutschmerzdienst (ASD) am Universitätsklinikum Erlangen besteht seit 21 Jahren. Zum Aufgabenbereich gehören seit jeher Fortbildungen für Pflegende zum Thema Schmerztherapie. Diesbe zügliche Kenntnisse und Fertigkeiten der Mitarbeiter auf Station sind Voraussetzungen für Akzeptanz und sichere Anwendung moderner Analgesieverfahren. Alle fünf Jahre wird der Fortbildungsbedarf bei den Pflegenden evaluiert. Nachfolgend werden Daten der Erhebung von 2008 vorgestellt und diskutiert. Methodik: An die Pflegenden der vom ASD besuchten Stationen ver teilten wir insgesamt 300 Fragebögen. Diese enthielten unter anderem geschlossene Fragen zur Selbsteinschätzung der Kenntnisse sowie Test fragen zu unterschiedlichen Medikamenten. Die Daten wurden zunächst deskriptiv ausgewertet, zusätzlich erfolgte ein Gruppenvergleich
zwischen chirurgischen Stationen und den Stationen der nicht operativen Kliniken. Ergebnisse: Wir erhielten 148 Fragebögen zurück (49,3%). Je 74 (50%) stammten von Stationen der Chirurgie und der nichtoperativen Klinik en. Ihre Kenntnisse zu Analgetika bewerteten die Pflegenden überwiegend gut bis befriedigend. Unterschiede zwischen operativen und nichtoperativen Stationen bestanden hierbei nicht (Chi-Quadrat, p>0,05). Im Vergleich mit früheren Befragungen beurteilten die Pflegenden ihr Wissen etwas schlechter. Das Fortbildungsangebot zum Thema Schmerz schätzten 62,1% der Pflegenden als ausreichend ein. Dabei war für mehr Mitarbeiter der nichtoperativen Abteilungen das Angebot unzureichend (Chi-Quadrat, p=0,018). Bei sieben der 13 Testfragen waren richtige und falsche/keine Antworten signifikant unterschiedlich zwischen den Gruppen verteilt (Chi-Quadrat, p<0,05). Der Anteil richtiger Angaben war stets bei den Pflegenden der chirurgischen Stationen größer. Daraus ergibt sich eine insgesamt unterschiedliche Verteilung richtiger Antworten zugunsten der Pflegenden in der Chirurgie (Chi-Quadrat, p=0,001). Diskussion und Schlussfolgerung: Als Ursache für die gefundenen Gruppenunterschiede sehen wir die häufigere Anwendung patienten kontrollierter Analgesieverfahren bei chirurgischen Patienten und damit eine engere Zusammenarbeit der Pflegenden in der Chirurgie mit dem ASD. Unabhängig davon zeigen unsere Ergebnisse die Notwendigkeit, den Kenntnisstand bei Pflegenden außerhalb der Chirurgie zu verbessern. Hierzu wurden die ausgewerteten Daten den Pflegedienstleitungen der betreffenden Stationen präsentiert und gemeinsam ein Schulungs konzept für 2009 erarbeitet. Einmal monatlich werden im Rahmen einer Schmerzwerkstatt die wichtigsten Bereiche der Akut- und Tumor schmerztherapie von Mitarbeitern des ASD unterrichtet. Ziel ist es, Multi plikatoren auszubilden und somit das Wissen auf den vom ASD regel mäßig besuchten Stationen der nichtoperativen Kliniken zu steigern. P19.4 Verbesserungsspielraum: Einstellungen von Pflegekräften und Ärzten zur postoperativen Schmerztherapie A. Zimmer, Chr. Hartog, J. Rothaug, A. Göttermann, W. Meißner Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena Hintergrund: Die praktische Durchführung der postoperativen Schmerz therapie ist vielfach unbefriedigend. Eine mögliche Ursache dafür sind unterschiedliche Einstellungen von Pflegekräften und Ärzten zu dieser Thematik. Methodik: Ein qualitativer Fragebogen wurde allen Pflegekräften und Ärzten von neun chirurgischen Stationen (Allgemein-, Unfall-, HerzThorax-, MKG und Gynäkologie) zugesandt. Patientendaten wurden aus dem postoperativen Schmerzregister „QUIPS“ akquiriert. Ergebnis: 78 Ärzte und Pflegekräfte (23%) antworteten. Die postoperative Schmerztherapie hatte einen hohen personenbezogenen Stellenwert auf einer 11 Punkte-NRS (Mittel 9,08 ± 1,27 Standardabweichung), aber der Erfolg des Schmerzmanagements auf den Stationen wurde mit 7,3 ± 1,4 angegeben. Das Rating des Personals stimmte überwiegend mit den Patientenratings hinsichtlich aktueller Schmerzstärken überein. Schmerz therapeutisches Wissen wurde mit 6,9 ± 1,8 bemessen, wobei Pflegekräfte höhere Ratings abgaben als Ärzte. Die Belegschaft über- oder unterschätzte die Schmerzhaftigkeit typischer Eingriffe und Frauen bewerteten die Schmerzen stärker als Männer. Es herrschte große Unklarheit hinsichtlich Pflichten und Verantwortlichkeiten. 11% der Mitarbeiter beklagten zeitliche Verzögerungen zwischen Akutschmerzdienst-Konsultation und Medikamentengabe von über 6 Stunden. Aus den Kommentaren zeichnete sich der Wunsch nach Weiterbildung, Teamkoordination, Kommunikation mit dem Patienten und schnellerer Versorgung ab, um die Qualität der Schmerztherapie zu verbessern. Schlussfolgerung: Trotz der hohen Priorität unter der Belegschaft und gut etablierten Akutschmerzdiensten und Schmerztherapiemanage mentprogrammen besteht immer noch Verbesserungsspielraum. Die
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Abstracts Unklarheiten hinsichtlich Verantwortlichkeiten und Pflichten unter streicht die Wichtigkeit einer besseren Organisation. P19.5 Evaluierungsergebnisse des Weiterbildungskurses zur „Algesiologischen Fachassistenz“ der DGSS P. Paul1, D. Grünewald2, E. Löseke3, D. Märkert4, N. Schlegel5, M. Thomm5 1 Klinik für Schmerz-und Palliativmedizin, Klinikum St. -Marien-Hospital, Lünen; 2 Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Campus Charité Mitte, Berlin; 3 Schmerzzentrum der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Brüderkrankenhaus St. Josef, Paderborn; 4 Schmerzambulanz, Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum, Erlangen; 5 Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Uniklinik, Köln Der Arbeitskreis „Krankenpflege und medizinische Assistenzberufe“ der DGSS hat 1998 ein schmerztherapeutisches Curriculum für die inte grierte Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Pflege erarbeitet und im Jahr 2006 aktualisiert. Mit diesem Curriculum wurde ein Grundstein zur Erweiterung der pflegerischen Kompetenz und Qualitätssicherung in der Versorgung von akuten und chronischen Schmerzpatienten gelegt. Zum Erwerb der Qualifikation „Algesiologische Fachassistenz“ bietet der Arbeitskreis Krankenpflege und medizinische Assistenzberufe der DGSS seit 2001 unter Leitung von Frau Monika Thomm, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln, einen 5tägigen zertifizierten Weiterbildungskurs an.Dieser findet neben Köln in Celle, Sommerfeld, Erlangen, Paderborn, Hof und Baden-Baden statt. Daneben haben seit 2006 bundesweit verschiedene medizinische Einrichtungen diese Weiterbildung auf Grundlage des schmerztherapeutischen Curriculums durchgeführt, die von der Aus,Weiter- und Fortbildungskommission (AWFK) der DGSS zertifiziert wurden. Der Ak Krankenpflege und medizinische Assistenzberufe kommt dem gesetzten Ziel immer näher, diese Ausbildung flächendeckend zu vernetzen, um die schmerztherapeutische Versorgungspraxis auf pflegerischer Ebene zu standardisieren. Der Ak hat bis Juni 2009 insgesamt 1670 Pflegende im ambulanten und stationären Bereich zur „Algesiologischen Fachassistenz“ ausgebildet. Zur Qualitätssicherung wird jede Fortbildungsveranstaltung anhand des Evaluierungsbogens der DGSS gewichtet. Die Auswertung der 17 Fragen, die nach Schulnoten zwischen 1–6 eingestuft werden, erreichte einen Gesamtscore von 1,38. Durch eine bundesweite standardisierte und zertifizierte schmerz therapeutische Weiterbildung in der Krankenpflege und medizinischen Assistenzberufen kann dem Ziel Rechnung getragen werden, eine professionelle Versorgung der akuten und chronischen Schmerzpatienten und ihrer Angehörigen zu erreichen. P19.6 Qualitätssicherungsprojekt im Akutschmerz – Ergebnisse nach orthopädischen Eingriffen B. Wolff1, J. Eberitsch2 1 Abteilung für invasive und perioperative Schmerztherapie, Sana-Kliniken Sommerfeld, Kremmen; 2 Abteilung für Anästhesiologie, Intensivtherapie und Eigenblutspende, Sana-Klinken Sommerfeld, Kremmen Medizinische Möglichkeiten für eine adäquate Schmerztherapie nach operativen Eingriffen sind vorhanden und in den S3- Leitlinien zur Akut schmerztherapie festgelegt. Im Schmerzmanagement übernimmt die Pflege eine immer größere Rolle und Verantwortung für die schmerztherapeutische Versorgung der Patienten. Die Aufgaben der Pflegenden sind im Expertenstandard
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Schmerzmanagement in der Pflege und auch in den S3-Leitlinien beschrieben. Bestehende Defizite in der Akutschmerztherapie sind aber weiterhin bekannt und es sollte auch die Aufgabe der Pflege sein, daran mitzuarbeiten, diese Defizite zu erfassen und die postoperative schmerztherapeutische Versorgung zu verbessern. Das Projekt „Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerz therapie“ (QUIPS) des Universitätsklinikums Jena hat das Ziel, die Qualität der Schmerztherapie in medizinischen Einrichtungen zu verbessern. Durch eine standardisierte Patientenbefragung nach operativen Ein griffen werden Ergebnisparameter (Daten z.B. zur Schmerzintensität, zur Beeinträchtigung und zur Zufriedenheit) erfasst und anschließend elektronisch auf einen zentralen Benchmarkserver geleitet. Die teilnehmenden Einrichtungen erhalten zeitnah webbasierend ein Feedback der Ergebnisse. Diese Ergebnisse ermöglichen ein internes Benchmarking , d.h. die eigenen Stationen können gegenüber gestellt werden und ein externes Benchmarking, in dem die Ergebnisse anonymi sierter Krankenhäuser zum Vergleich der Qualität der postoperativen Schmerztherapie zur Verfügung stehen. Durch die zusätzliche Erhebung von Prozessparametern (Angaben z.B. zur Narkose, Operation, Schmerztherapie) können Defizite erkannt und die Auswirkungen von Interventionen zur Verbesserung der post operativen Schmerztherapie beurteilt werden. Eine direkte Zuordnung der schmerzbezogenen Fragestellungen auf die jeweiligen Fachbereiche wird durch das Projekt ermöglicht. Die Fachklinik für Orthopädie der Sana-Kliniken Sommerfeld ist seit März 2008 am Projektbeteiligt. Die erhobenen Daten geben den Ist-Zustand in der perioperativen Schmerztherapie der o.g. Fachklinik auf drei Stationen wieder und er möglichen eine Datenanalyse. Es wurden im Zeitraum von März 2008- August 2009 ca.1350 Patienten befragungen durchgeführt. Durch die Identifizierung von Defiziten und die Ermittlung der Patientenzufriedenheit kann das vorgestellte Projekt einen Beitrag zur Verbesserung der schmerztherapeutischen Versorgung aus Sicht des Patienten und aus der Sicht aller an der Patientenversorgung beteiligter Berufsgruppen leisten. P19.7 Wie kann die Umsetzung der postoperativen Schmerztherapie verbessert werden? – Ergebnisse einer Umfrage aus Sicht der Pflegekräfte A. Goettermann, Chr. Hartog, J. Rothaug, A. Zimmer, W. Meißner Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena Hintergrund: Die Umsetzung der postoperativen Schmerztherapie ist häufig noch unbefriedigend. Als mögliche Ursachen werden unter schiedliche Einstellungen der Pflegekräfte und Ärzte, aber auch organisa torische Probleme diskutiert. Methodik: Es wurde ein qualitativer Fragebogen entwickelt und an alle Pflegekräfte und Ärzte der chirurgischen Stationen ( Allgemein-, Unfall-, Herz-Thorax-, MKG und Gynäkologie ) versendet. Die zur Auswertung hinzugezogenen Patientendaten wurden aus dem postoperativen Schmerzregister „QUIPS“ (Qualitätssicherung der postoperativen Schmerztherapie) entnommen. Laut Schmerzmanagementprogramm dürfen die Pflegekräfte auf den Stationen in den ersten 24h nach OP gemäß Therapieanweisung auf dem postoperativen Überwachungsbogen schmerzlindernde Medikamente verabreichen. Ergebnisse: 78 Ärzte und Pflegekräfte (23%) haben geantwortet, davon waren die Mehrzahl Pflegekräfte (N=48). Die postoperative Schmerz therapie hat für die Pflegekräfte einen sehr hohen persönlichen Stellenwert, die Umsetzung auf Station wird jedoch als weniger erfolgreich wahrgenommen. Die Pflegekräfte sind gut ausgebildet und arbeiten nach dem Expertenstandard Schmerzmanagement. In der Allgemeinchirurgie erhalten 32,5% aller Patienten am 1. post-operativen Tag kein Opioid die durchschnittliche Piritramid-Dosis beträgt 8,3mg, diese Angaben liegen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Die mittlere vom Patienten
angegebene Schmerzstärke bei Belastung auf der 10-Punkte NRS Skala beträgt 4.2, welches über dem bundesweiten Durchschnitt aller teilnehmenden Kliniken liegt. 62% der Pflegekräfte haben jedoch Bedenken wegen der Verabreichung der maximal möglichen Dosis eines angeordneten Opioid und 31% wegen der Wirkungsdauer der Analgetika. Nur 10% haben keinerlei Bedenken, die angeordnete Maximaldosis zu verabreichen. Nur 25,5% der Pflegekräfte geben an, dass die Therapieanweisung auf dem postoperativen Überwachungsbogen immer vorhanden ist. Die Aussage über die Häufigkeit dieser Anordnung weicht von den Daten aus dem QUIPS- Registers ab. 80% der Pflegekräfte wünschen jedoch eher keine zusätzlichen Befugnisse. Schlussfolgerung: QUIPS-Daten zeigen, dass Patienten analgetisch unter versorgt sind, trotz hoher Motivation der Pflege, einem gut etablierten Akutschmerzdienst und Schmerzmanagementprogrammen. Die Be fragung zeigt, dass Weiterbildung für Pflegekräfte weiterhin wichtig bleibt, und dass die Organisation im Stationsablauf verbesserungsfähig ist. Dagegen wünschen Pflegekräfte keine zusätzlichen Befugnisse. P19.8 Aromatherapie als unterstützende Maßnahme bei Opiatreduzierung von chronischen nichttumorbedingten Schmerzen E. Löseke, N. Weskamp, A. Steffens Schmerzzentrum der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin am Brüderkrankenhaus St. Josef, Paderborn Einleitung: Am Brüderkrankenhaus Paderborn ist vor ca. einem Jahr eine stationäre Schmerztherapie zur Behandlung chronischer Schmerz patienten eingerichtet worden mit dem Ziel, eine Verbesserung der Lebensqualität für dieses Patientengut zu erreichen. Diese beinhaltet u. a. eine stufenweise Reduktion der Schmerzmedikamente und das Erlernen von individuellen Bewältigungsstrategien. Im Rahmen dieses multimodalen Schmerzkonzeptes kommen auch komplementäre Pflegemethoden zum Einsatz. Während des 14-tägigen stationären Auf enthaltes werden die Patienten von Pflegekräften unterstützend mit ätherischen Ölmischungen behandelt. Es handelte sich um chronische Schmerzpatienten, die unter einem multilokulären Schmerzsyndrom litten. Methodik: 50 Patienten wurden im Rahmen des 14-tägigen stationären Aufenthaltes begleitend mit 2 verschiedenen Ölmischungen behandelt. Bei 25 Patienten pro Gruppe wurden Schmerzmessungen mittels der Numerischen Rangskala (NRS) vor der Behandlung und nach 12 und 24 Stunden nach der Behandlung durchgeführt. Ebenfalls wurden die Patienten nach dem allgemeinen Wohlbefinden und nach Neben wirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Hautreaktionen oder ähnliches befragt. Fragestellung: „Ist durch den Einsatz von ätherischen Ölmischungen bei gleichzeitiger Opiatreduktion eine Schmerzreduktion möglich?“ Bei dem Aufnahmegespräch wurden die Patienten über das adjuvante Ther apieangebot informiert. Es kamen 2 verschiedene Ölmischungen zum Einsatz. Die Patienten wurden 2 × am Tag eingerieben und haben über 14 Tage ein speziell angefertigtes Schmerztagebuch geführt. Ölmischung A bestand aus 50 ml Johanniskraut Öl + 20 Trpf. Cajeput �������� + 5 Trpf. Rosmarin Cineol + 5 Trpf. �������������������������������� Lavendel fein. Ölmischung B war die fertige Ölmischung: Aconit® (Lavendelöl, Eisenhut und Kampher). Die Lokalisation der zu behandelnden Körperregion richtet sich nach dem jeweiligen Krankheitsbild der Patienten (z. B. Schulter, HWS, BWS, LWS und Knie). Die 14-tägige Behandlung mit komplementären Pflegemethoden wurde durch einen Vortrag über Naturheilverfahren abgerundet. Ergebnis: In der Gruppe A sanken die Werte im Durchschnitt um 2–3 Punkte auf der NRS. Die Gruppe B schnitt im Mittelwert wesentlich besser ab, dort sanken die Punkte um 4–6 auf der NRS. An sonstigen Begleiterscheinungen stellten wir keine signifikanten Änderungen in beiden Gruppen fest. Alle Patienten standen dem Angebot äußerst positiv gegenüber und wurden für die Zeit nach dem 14-tägigen Auf
enthalt nochmals eingehend beraten und geschult, um zu Hause die entsprechenden Verfahren weiter durchzuführen. Fazit: Das Ziel der Schmerzreduktion wurde in ca. 75% der Fälle er reicht. Ein weiteres Pflegeziel, den „ganzheitlichem Ansatz“ durch die komplementären Pflegemethoden zu verbessern, ist ebenfalls erreicht worden. Beim Einsatz der Ölmischungen wurden sowohl Erfolge auf der somatischen als auch auf der emotionalen Ebene der Schmerzverarbeitung erzielt. Der Einsatz komplementärer Pflegemethoden ist ein fester Baustein im multimodalen Schmerzkonzept am Brüderkrankenhaus Paderborn.
Freitag, 09.10.09 P02 Tumorschmerz und Palliativmedizin II P02.1 Palliative Situationen in der Notfallmedizin – Wie vorbereitet sind angehende Notärzte? Chr. H. Wiese1, J. Vormelker2, M. Strumpf3, S. Kazmaier3, M. Roessler3, K.-P. Ittner1, Y. A. Zausig1, A. F. Popov4, R. K. Meier1, B. M. Graf1, G. G. Hanekop3 1 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg; 2 Universitätsmedizin Göttingen; 3 Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen; 4 Thorax-Herz-Gefäß-Chirurgie, Georg-August-Universität Göttingen Hintergrund: 80% aller Tumorpatienten benötigen in der letzten Lebens phase wegen starker Schmerzen Medikamente gemäß des WHO-Stufen schemas. Der Ausbau ambulanter palliativmedizinischer Strukturen (SAPV entsprechend §37 SGB V) mit Betreuung der Patienten in häus licher Umgebung, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Konfrontation von Notärzten mit Palliativpatienten. Daher sind schmerztherapeutische Kenntnisse bei Notfallmedizinern unabdingbar. Methodik: Mithilfe eines standardisierten Fragebogens wurden die Kennt nisse von Teilnehmern (TN) mehrerer Notarztausbildungskurse (Inhalte gemäß der Empfehlung der Bundesärztekammer 2007) bezüglich des WHO Stufenschemas zur Schmerztherapie (Therapiestufen, Therapie prinzipien und Substanzgruppen) vor Beginn des Kurses prospektiv ermittelt. Für die Auswertung wurden retrolektiv zwei Gruppen (Gruppe 1: TN mit weniger als 5 Jahren Berufserfahrung; Gruppe 2: TN mit mehr als 5 Jahren Berufserfahrung) definiert. Ergebnisse: Insgesamt wurden 355 TN befragt. In die Untersuchung konnten 353 Fragebögen integriert werden (Gruppe 1: 293, 83%*, Gruppe 2: 60, 17%*). 246 TN (70%*) war das WHO Stufenschema bekannt (Gruppe 1: 211; Gruppe 2: 35; p>0,05); 90 TN kannten das WHO Stufenschema nicht (Gruppe 1: 68; Gruppe 2: 22; p>0,05) und 17 TN hatten schon einmal vom WHO Stufenschema gehört, kannten aber keine genauen Inhalte (Gruppe 1: 14; Gruppe 2: 3; p>0,05). Die richtige Anzahl der Therapiestufen waren 180 TN (51%*) bekannt (Gruppe 1: 151; Gruppe 2: 29; p>0,05). Die Therapieprinzipien (a. Applikation nach festem Zeitschema, b. Bevorzugung der oralen Applikation) konnten a. 213 (60%*) und b. 194 (55%*) TN richtig benennen. Signifikante Unterschiede zwischen beiden definierten Gruppen bestanden nicht (p>0,05). Bezüglich der Substanzgruppen konnten 245 TN (69%*) die Nicht-Opioid-Analgetika (Gruppe 1: 211; Gruppe 2: 35; p>0,05), 245 TN (69%*) die mittelstarken Opioid-Analgetika (Gruppe 1: 211; Gruppe 2: 34; p>0,05) und 251 TN (71%*) die starken Opioid-Analgetika (Gruppe 1: 211; Gruppe 2: 35; p>0,05) richtig zuordnen. Schlussfolgerungen:DieInhaltederTumorschmerztherapieentsprechend des WHO-Stufenschemas waren 30% der TN der untersuchten Kurse nicht bekannt. In Zusammenschau der Ergebnisse wird deutlich, dass das WHO Stufenschema allgemein nicht genügend bekannt ist, obwohl vermehrt Patienten mit Tumorerkrankungen notfallmedizinisch behan Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts delt werden. In diesem Zusammenhang erscheinen Änderungen in der Aus- und Weiterbildung sinnvoll. Ob hierdurch eine Verbesserung der Patientenversorgung resultiert, muss in weiteren klinischen Studien untersucht werden. Anmerkung Prozentangaben im Ergebnisteil beziehen sich immer auf alle Teilnehmer (N=353), die in die Untersuchung integriert wurden. *
P02.2 Klinische und somatosensorische Schmerzcharakteristika der Chemotherapie-induzierten Neuropathie Chr. Geber1, B. Burbach1, Chr. Egenolf1, J. Körber2, R.-D. Treede3, T. Vogt1, F. Birklein1 1 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Mainz; 2 Innere Medizin, Rehaklinik Nahetal, Bad Kreuznach; 3 Zentrum für Medizinische Forschung, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim Die Chemotherapie induzierte Neuropathie (CIN) ist eine häufige Nebenwirkung antineoplastischer Therapien. Neben sensiblen Ausfalls erscheinungen berichten Patienten auch über damit assoziierte Schmerzen. Die Bandbreite der berichteten Schmerzen umfasst neben Charaktersitika neuropathischer Schmerzsyndrome auch rein be lastungsabhängige Schmerzen, die zusammen mit myofasziellen Trigger punkten auf ein myofaszielles Schmerzsyndrom hindeuten. Anhand des Klassifizierungsschemas für neuropathische Schmerzen (1) und weiterer klinischer Kriterien untersuchten wir sensorische und elektro physiologische Charakteristika in diesen Subgruppen. 146 Patienten (fw 100; w: 46, Alter 56 Jahre) mit CIN wurden konsekutiv eingeschlossen. Aufgrund der Schmerzanamnese, neurologischer und manueller Untersuchung wurden 4 Subgruppen gebildet: Patienten ohne Schmerz (n=85), mit neuropathischen (n=25), myofasziellen (MYO=15) und kombiniert neuropathisch/myofasziellen Schmerzen (MIXED, n=21). Neben Fragebögen (HADS, McGill) wurden klinische, neurographische Parameter und die quantitative sensorische Testung zur Charakterisierung herangezogen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Varianzanalysen. Patienten mit schmerzhafter CIN hatten signifikant höhere Angst- und Depressionswerte (Angst: 8.5 vs. 6.4, p<0.01, Depression: 6.0 vs. 4.6, P<0.05). Die Schmerzsubgruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich Schmerzintensität und – deskriptoren, wiesen jedoch signifikante neuro graphische und quantitativ-sensorische Veränderungen auf: Patienten mit neuropathischem Schmerz waren neurographisch und in der QST am stärksten beeinträchtigt; so war die Kaltdetektion signifikant redu ziert (z-Wert: NP, -1.51 vs. MIXED -0.46; P<0.05). Bei Patienten mit myofasziellem Schmerz imponierte eine mechanische Hyperalgesie (zscore: MYO, +0.95 vs. NP, -0.38, p<0.01). Unsere Studie belegt, dass anhand klinischer Untersuchung, elektro physiologischer und quantitativ sensorischer Testung Subgruppen von Patienten mit CIN-assoziierten Schmerzen identifiziert werden können. Die unterschiedlichen Charaktersitika deuten auf unterschiedliche patho physiologische Mechanismen der Schmerzentstehung hin mit daraus resultierenden therapeutischen Implikationen. Literatur 1. Treede et al., 2008; 70(18), 1630-5
Unterstützt durch den DFNS (BMBF: 01EM0506) und die „Arbeitsge meinschaft für Krebsbekämpfung der Träger der gesetzlichen Krankenund Rentenversicherung NRW“
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P02.3 Hochdosierte intravenöse Hydromorphon-Therapie in der Palliativmedizin A. Roth-Daniek, T. Wagner Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin, Medizinisches Zentrum Kreis Aachen, Würselen Hintergrund: 1. Die kontinuierliche intravenöse Opiattherapie (Hydromorphon) mittels PCA (Patienten kontrollierte Analgesie) ist ein etabliertes Verfahren in der Schmerztherapie bei Palliativpatienten 2. Wir berichten über den Fall einer Patientin mit ambulanter intravenöser Hydromorphon-Therapie in Höchstdosen Kasuistik: Frau D., Alter: 70 Jahre, Aufnahme: 09.07.08, Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin, Einweisung durch behandelnde Schmerztherapeutin: 1. Therapieresistente Schmerzen unter hochdosierter WHO-III-Therapie (intravenöse Hydromorphon-Medikation über eine Medikamentenpumpe) 2. Ausgeprägtes Lymphödem mit starken Schmerzen im Bereich beider Beine maligne Grunderkrankung: Rezidiv eines Endometrium-Karzinoms mit Infiltration der Beckenwand sowie linksseitiger iliacaler Lymphknotenvergrößerung bei Z. n. Hysterektomie und Adnexektomie, Z. n. Radiatio im Jahre 2000. Aktuell Tumorprogress unter laufender Chemotherapie. Vorausgegangene WHO-III-Opiattherapie: Oxycodon, transdermales Buprenorphin sowie L-Polamidon, Wechsel auf intravenöse Hydro morphon-Therapie Juli 2007. Aktuelle Dosierung bei stationärer Aufnahme: Hydromorphon Injekt 20 mg/ h Basismedikation + Bolusfunktion 15 mg stündlich Pregabalin mg: 150-0-300 sowie Metamizol Basismedikation 4 g/ die. Hierunter regelmäßige Schmerzspitzen bis VAS 10 bei Mobilisation und Lagerung, die Patientin war bis wenige Tage vor Aufnahme am Rollator mobil. Bei Aufnahme zeigte sich ein massives Lymphödem beider Beine, proximal im Bereich des Körperstammes bis Höhe Th8 reichend, zusätzlich zeigt sich ein Erysipel im prätibialen Bereich des linken Unterschenkels. Arbeitshypothese: 1. Ausgeprägtes Lymphödem bei hochdosierter intravenöser Opiatmedikation als Nebenwirkung trotz ambulanter Lymphdrainagetherapie 2. Untere Einflussstauung bei Tumorrezidiv mit Lymphknotenmetastasen 3. Kombination beider Mechanismen Therapie: Bei stabiler Schmerzintensität, mäßig vorhandenem Leidens druck Reduktion der Hydromorphondosis um täglich 1 mg/h. Unter der genannten Reduktion zeigte sich zu keiner Zeit eine Schmerzexa zerbation oder Entzugssymptome. Insgesamt Dosisreduktion bis auf 2 mg/h, regelmäßig nachmittäglich auftretende Schmerzen im Bereich des lumbosacralen Überganges waren mittels Metamizol gut zu lindern. Komplette Abheilung des Erysipels unter antibiotischer Therapie. Unter täglicher Lymphdrainage zeigte sich das ausgeprägte Lymphödem rasch regredient, deutliche Verbesserung der Mobilität. Insgesamt deutliche Verbesserung des Allgemeinzustandes sowie Reduk tion der intravenös applizierten Hydromorphon-Dosis auf ein Zehntel der ambulant verabreichten Dosis, ohne Schmerzexazerbation. Diskussion: 1. Ursache des Lymphödems am ehesten Nebenwirkung einer sehr hohen Opiatdosis? 2. Psychosoziale Faktoren im Bereich der ambulanten Palliativversorgung, die dazu führten, bei augenscheinlich nur mäßigem Leidensdruck der Patientin die intravenöse Hydromorphondosis derartig hoch zu steigern? 3. Toleranzentwicklung unter Opiatlangzeittherapie?
P02.4 Vergleichende Untersuchung der Opioide Morphin, Hydromorphon, Fentanyl und Buprenorphin hinsichtlich des Lebensqualitätsquestion naires EORTC QLQ-C30 S. Wirz1, H.-Chr. Wartenberg2, M. Schenk3, F. Haase1, J. Nadstawek2 1 Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, CURA-Krankenhaus Bad Honnef; 2 Klinik und Poliklinik Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Universität Bonn; 3 Anästhesie, Schmerztherapie, Palliativmedizin, Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin Einleitung: Ziel dieser Untersuchung war der Einfluss der Opioid zubereitungen orales Hydromorphon, orales Morphin, transdermales Fentanyl oder transdermales Buprenorphin in Hinblick auf einzelne Lebensqualitätsparameter des EORTC QLQ-C30. Methode: In dieser prospektiven Untersuchung wurden nach Ge nehmigung durch die örtliche Ethikkommission Patienten unter einer bestehenden Opioidtherapie mit einer der o.g. Substanzen in die Untersuchung aufgenommen. Der in mehreren Ländern validierte Fragebogen EORTC QLQ-C30 wurde unter Aufsicht von den Patienten beantwortet. Es handelt sich um Vier-Punkt-Skalen zu verschiedenen Parametern und Symptomen. Die Daten wurden deskriptiv und kon firmatorisch (ANOVA, p=0,05) aufbereitet. Ergebnisse: 286 Patienten (67 Hydromorphon, 68 Morphin, 86 Fentanyl, 61 Buprenorphin) komplettierten die Questionnaires. Die demo graphischen und medizinischen Merkmale waren in allen Gruppen gleich verteilt. Häufigste Tumordiagnosen waren abdominale, pulmo nale und HNO-Tumore. Hinsichtlich der „subjektiven“ Parameter „Schmerzfreiheit“, „Beeinträchtigung durch Schmerz“, „Einschränkung täglicher Beschäftigungen“, „Konzentrationsschwierigkeiten“, „soziale Auswirkungen“ ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (p:0,74; 0,47;0,43;0,86;0,09), wobei die Mittelwerte insgesamt hohe Ausprägungen aufwiesen (2,7-2,8;2,7-3;2,9-3,1;1,8-2,2;2,7-3,1). Unterschiede bestanden beim Rating von Symptomen, wie z.B. Obstipation (p=0,004; Hm 1,8; M 2,1; F 1,9; B 2,5) oder Sedationseffekten (p=0,02; Hm 2,6; M 2,8; F 2,9; B 3). Fazit: Unter den untersuchten Opioidsubstanzen in den verschiedenen galenischen Zubereitungen zeigten sich bei Parametern, die einer sub jektiven Bewertung unterliegen, keine signifikanten Unterschiede, während einzelne Symptome durchaus differierten. Buprenorphin zeigte dabei eine höhere Symptomausprägung als Hydromorphon und Fentanyl. P02.5 „Leben retten – Sterben zulassen” Erfassung notärztlicher Einsätze bei Patienten in der Terminalphase R. Laufenberg-Feldmann1, B. Kappis1, M. Weber2, Chr. Werner1 1 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität, Mainz; 2 Interdisziplinäre Einrichtung für Palliativmedizin, Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz Fragestellung: Die Versorgung von Patienten in der Terminalphase einer unheilbaren Erkrankung kann jeden Notarzt im Einsatz betreffen. Die palliativmedizinische Situation beinhaltet die Unabwendbarkeit des baldigen Sterbens. Das Therapieziel verlagert sich damit von Lebens verlängerung auf eine möglichst sorgfältige und konsequente Linderung von Beschwerden. Deshalb sind palliativmedizinische Notfälle mit be sonders schwierigen und problematischen Entscheidungen verbunden. Ist der von Algorithmen geprägte Notarzt in Not? Methoden: Der gegenwärtige Status notfallmedizinischer Versorgung wurde prospektiv mit Hilfe des Notarztprotokolls sowie eines auf die spezielle Einsatzsituation zugeschnittenen Erfassungsbogens erhoben. Dieser enthält u.a. 7 Items, die dem Notarzt Hinweise für das Vorliegen einer Terminalphase ermöglichen.
Um die Besonderheit der palliativmedizinischen Situation zu be schreiben, wurden folgende Variablen untersucht: Einsatzmeldung, Häufigkeit und Dauer dieser Einsätze, Symptome und Probleme bei Eintreffen des Notarztes, Vorliegen einer Patientenverfügung und/oder Vorsorgevollmacht, Anteil der stationären Aufnahmen, Gründe der Einweisung. Ergebnisse: Im Zeitraum von 18 Monaten (Juni 2007 bis Dezember 2008) wurden von den notarztbesetzten Rettungsmitteln 7662 Patient en versorgt. Bei 55 Patienten (0,7% des Gesamtkollektivs) wurde ein Endstadium einer weit fortgeschrittenen Erkrankung festgestellt und der Erfassungsbogen ausgefüllt. 25 Patienten (45%) wiesen eine Tumor erkrankung auf. Die häufigsten Symptome und Problemstellungen vor Ort waren (Mehrfachnennungen möglich): Dyspnoe (28 Fälle), Über forderung der Angehörigen (18 Fälle) Unruhe (9 Fälle) und Angst (8 Fälle). Eine Patientenverfügung lag in 13, eine Vorsorgevollmacht in 16 Fällen vor, ein schriftlicher Notfallplan („palliativer Krisenbogen“) in keinem Fall. Bei zwei Drittel der Patienten lag trotz palliativer Situation keines der o.g. Dokumente vor. 21 Patienten (38%) starben am Tag des Einsatzes, 17 Patienten (31%) wurden stationär eingewiesen. Gründe für eine Einweisung waren in 11 Fällen der Patienten- und/oder Angehörigenwunsch und in 9 Fällen die fehlende Möglichkeit der Symptomkontrolle vor Ort (Mehrfachnennungen möglich). Schlussfolgerungen: Solange keine flächendeckende ambulante pal liative Versorgung der terminal erkrankten Patienten zur Verfügung steht, wird auch in Zukunft der Notarzt zu Sterbenden gerufen werden. Um eine optimale Versorgung dieser speziellen Patientengruppe zu ermöglichen ist es dringend erforderlich, palliativmedizinisches Wissen in der Ausbildung der Notärzte zu integrieren, um eine bestmögliche Versorgung der Patienten am Lebensende zu ermöglichen. Jedoch kann der Notarzt auch bei fehlender palliativmedizinischer Erfahrung mittels weniger Items vor Ort entscheiden, ob notfallmedizinische Maßnahmen mit dem Ziel der Lebensverlängerung oder Symptomlinderung indiziert sind. P02.6 Implikationen einer opioidinduzierten Obstipation und moderne Lösungsansätze (MNTX) bei multimorbider Erkrankung M. Zimmermann, K. Rolf, K. Zacharowski Schmerztherapie, Klinik für Anästhesiologie Intensivmedizin und Schmerztherapie, Frankfurt Main Hintergrund: Opioidbedingte NW können bei multimorbiden Patienten die Lebensqualität erheblich einschränken. In der palliativen Phase einer Tumorerkrankung ist die verbleibende Lebenszeit begrenzt. Daher sollten vorhersehbare NW einer Schmerztherapie effektiv behandelt bzw. vermieden werden. Kasuistik: Eine 74-jährige Patientin, 85 kg, 169 cm, stellte sich aufgrund multipler Schmerzen am gesamten Körper in unserer Schmerzambulanz vor. Diagnosen: – Sonstiger chronischer Schmerz (Thorax, Wirbelsäule, Beine) – Mammakarzinom rechts 1994 – Z.n. OP – Nierenzellkarzinom Z.n. Nephrektomie rechts 11/03 – Z.n. ACVB-Operation 2004 – Instabiler Thorax – Vorhofflimmern: Paroxysmal (Markumar) – Herzschrittmacher – Z.n. A. cerebri media-Infarkt rechtshemisphärisch 7/06 – Z.n. dorsaler Spondylodese lumbal – COPD – Z.n. Blasenschrittmacherimplantation 2001 – Periphere Gefäßkrankheit – Diabetes mellitus Typ 2 – Polyneuropathie – Obstipation Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts – Dyspnoe – Abhängigkeit vom Rollstuhl Aktuell führend waren Schmerzen im Bereich des Thorax, der LWS, des Abdomens und der Unterschenkel, die mit Oxycodon 3×160 mg, Morphin Lösung 50 mg b.B., Metamizol 4×1g, Amitryptilin 1×50 mg zufriedenstellend eingestellt waren. Die einzige NW bestand in OIC (ROM-II- Kriterien). Benutzte Laxantien (L): Macrogol 3×1 Btl., Bisacodyl 3×1 Drg., sowie intermittierend Klistiere. Andere L waren unwirksam. Klinischer Befund: Prominentes Abdomen, spärliche Darmgeräusche. Die Patientin war kontinuierlich O2 pflichtig, bei erschwerter Atmung durch das Abdomen einerseits und andererseits durch den instabilen Thorax, sowie die multiplen Begleiterkrankungen. Daher verordneten wir schriftlich und zur Sicherstellung der Verordnung mit telefonischer Rücksprache 12 mg Methylnaltrexon (MNTX) s.c. intermittierend zur Antagonisierung der peripheren Opioidrezeptoren, ergänzend zu den bisherigen L. Noch bevor diese Verordnung im Pflegeheim umgesetzt wurde, trat eine respiratorische Erschöpfung der Patientin ein, wodurch sie in tensivpflichtig wurde und zunächst beatmet und später auf einer All gemeinstation insgesamt 12 Tage behandlungspflichtig war. Hier kamen forcierte abführende Maßnahmen wie z.B. Gastrografin®, Prostigmin und Schwenkeinläufe mit geringem Erfolg zum Einsatz. Zuvor hatte sie 9 Tage lang keinen Stuhlgang. Nach dem Krankenhausaufenthalt klagte die Patientin über Schlaflosig keit und eine lumbale Schmerzzunahme. Amitryptilin und die Bedarfs medikation mit Morphin waren abgesetzt worden. Nach erneutem An setzen konnten die Beschwerden behoben werden. MNTX wurde dann s.c. injiziert und führte 5 h später zu intensivem Stuhlgang. Hierunter trat eine unproblematische Hämorrhoidalblutung auf, ohne Schmerz verstärkung bei deutlich erleichterter Atmung. Diskussion: Die Umsetzung von Therapieempfehlungen in Pflegeheimen ist auch unter präzisen schriftlichen Angaben nicht immer gewährleistet. Eine ausgeprägte Obstipation kann die Atmung bei multimorbiden Patienten bis hin zur Beatmungspflichtigkeit verschlechtern. Durch eine ineffektive unspezifische Behandlung der OIC kann es neben einer erheblichen Verschlechterung der Lebensqualität auch zu einer Verkürzung der aktiv gelebten Lebenszeit kommen. Moderne Behand lungskonzepte mit spezifischer Aufhebung der OIC stellen eine effektive Ergänzung in der Laxantientherapie dar. Literatur Thompson WG et al. Gut ������������������������������������������������ 45 1999, Thomas J, et al. NEJM, May 29, 2008
P02.7 Darstellung des Arbeitskreises Tumorschmerz der DGSS und seiner Aktivitäten in den vergangenen fünf Jahren S. Wirz1, M. Schenk2 1 Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, CURAKrankenhaus Bad Honnef; 2 Anästhesie, Schmerztherapie, Palliativmedizin, Klinik Havelhoehe, Berlin Ziel dieses abstract ist die Darstellung des Arbeitskreises Tumorschmerz der DGSS und seiner Aktivitäten in den vergangenen fünf Jahren. Methoden Befragung, „Auflistung“. Ergebnisse Zu den Zielen des Arbeitskreises Tumorschmerz gehört die Vertretung des Themas Tumorschmerz in nerhalb und außerhalb der DGSS. Er ist mit 46 Mitgliedern einer der stärksten Arbeitskreise in der DGSS. Ihm gehören größtenteils, so wie es auch dem Durchschnitt der DGSS-Mitgliederstruktur entspricht, Anästhesisten an, die in Schmerzeinrichtungen (Kliniken, Ambulanzen, Praxen) tätig sind. Es handelt sich fast durchweg um Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung „Schmerztherapie“, wobei bei den Kliniksangehörigen der Großteil Oberärzte bzw. Ärzte in leitender Funktion sind. Ein Drittel der Mitglieder ist gleichzeitig in der Deutschen Palliativgesellschaft aktiv. Ein besonderer Erfolg des Arbeitskreises stellte der Aktionstag Tumorschmerz dar, bei dem deutschlandweit die Mitglieder regionale Veranstaltungen und Medienpublikationen zum Thema Tumorschmerz initiierten. Über die Sprecher Dr. Wirz und Dr. Schenk beteiligte sich
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der Arbeitskreis Tumorschmerz 2009 in Arbeitsgruppen der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. In diesem Jahr gestaltet der Arbeitskreis zwei eigene Sitzungen während des DGSSSchmerzkongresses. Eine Beteiligung am Deutschen Krebskongress, zusammen mit der DGS und DGP, wird im Jahre 2010 stattfinden. Zur Verbesserung des allgemeinen Kenntnisstandes zum Tumorschmerz hat der Arbeitskreis bereits 2007 in Form einer Kurzanleitung Tumor schmerz und 2008 eines ca. 250 Diafolien umfassenden Curriculums Fortbildungsmaterialien zusammengestellt und öffentlich über seine homepage zugänglich gemacht. Publikatorisch fügen sich die Bücher „Opioid-induzierte Obstipation“, das „Kursbuch Palliativmedizin“ dem bereits veröffentlichtem „Tumorschmer“ zu. Mehrere Mitglieder sind ihren neben Vortragstätigkeiten oder der Organisation eigener Fortbildungen wissenschaftlich-publikatorisch (> 20 Publikationen/Liste unter email unten erhältlich) aktiv. Schlussfolgerung Der Arbeitskreis Tumorschmerz vertritt sein Thema engagiert sowohl innerhalb der Öffentlichkeit und der DGSS, als auch bei den Kollegen und in der Wissenschaft. Kontakt Dr. Stefan Wirz CURA-Krankenhaus Schülgenstr. 15 53604 Bad Honnef
[email protected] [email protected] P02.8 Alltagsautonomieförderung für onkologische Patienten mit anhaltendem Schmerz (Förderung durch BMBF, FKZ: 01GT0601, Laufzeit: 02/2007-01/2010) P. Jahn1, G. Blättermann1, M. Kitzmantel2, P. Renz1, A. Thoke-Colberg2, I. Horn3, M. Landenberger1 1 Institut fürGesundheits-und Pflegeswissenschaft, Med. Fakultät MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale; 2 Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München; 3 Universitätsklinikum Halle/ Saale, Martin-Luther-Universität HalleWittenberg, Halle/Saale Hintergrund: Trotz bestehender ärztlicher und pflegerischer Leitlinien stellen anhaltende Schmerzen für onkologische Patienten nach wie vor ein schwerwiegendes Problem dar. Studien zeigen eine Prävalenzrate von 30–92% bei Gastrointestinal-, Bronchial- und Mammakarzinom (Petzke, Radbruch et al. 1999).Vorurteile der Patienten gegenüber einer Schmerztherapie können zu einer reduzierten Adherence(Behandlungs treue) der Patienten und zu einer Unterversorgung mit Schmerzmitteln führen. Im Mittelpunkt der Studie steht die Frage: Lassen sich bei onkologischen Patienten durch eine strukturierte modulare Intervention bestehend aus Schulung, Anleitung und Beratung zu Schmerzbehandlung, Entspannungsmaßnahmen und einer strukturierten Entlassungsplanung die Barrieren gegen die Schmerzbehandlung abbauen? Design: Cluster-randomisierte kontrollierte Multicenterstudie mit 18 onkologischen Stationen an zwei deutschen Universitätsklinika. Die Stichprobe besteht gemäß Poweranalyse aus 240 Patienten mit einer Tumordiagnose (ICD-10 Kategorie C), anhaltendem Schmerz (länger als 3 Tage) und einer Schmerzintensität von mindestens 3/10 auf der Numerischen Rating Skala. Patienten in der Kontrollgruppe erhalten zur allgemeinen Schmerztherapie die klinikübliche pflegerische Versorgung. Patientn in der Interventionsgruppe erhalten zusätzlich zur allgemeinen Schmerztherapie eine modulare Beratung zu: 1. Schmerzmedikation, inkl.Management der Nebenwirkungen, Alarmzeichen zur professionellen Unterstützung, 2. Non-pharmakologische Maßnahmen inkl. Anleitung zur Entspannungsübung „Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson“ sowie 3. Nachstationäres Schmerzmanagement inkl. gemeinsame Entlassungsplanung und telefonische Nachbetreuung. Die Studienumsetzung erfolgt mit Hilfe einer Studienschwester (Study Nurse) mit der Spezialisierung zur pflegerischen Begleitung der Schmerzbehandlung. Als Expertin übernimmt sie das einführende Beratungsgespräch, die Entlassungsplanung und die telefonische Nach betreuung. Ebenso wirkt sie bei der Datenadministration, -erhebung und -eingabe mit. Sie unterstützt weiterhin die Pflegekräfte auf Station
und leistet Hilfestellung in der oftmals schwierigen Beratungsituation von onkologischen Schmerzpatienten. Der Schwerpunkt im Beratungs gespräch liegt darin, die Einstellungsbarrieren des Patienten gegenüber der Schmerzbehandlung (bspw. Angst vor Abhängigkeit und Sucht durch Opioide oder des Wirkverlustes der Medikamente über die Zeit) zu vermindern und dadurch die Behandlungstreue der Patienten nachhaltig zu verbessern. Erwartete Ergebnisse: Es wird erwartet, dass Patienten in der Inter ventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe eine Woche nach der stationären Entlassung geringere Schmerzbarrieren aufweisen, eine höhere Adherence zur Schmerzbehandlung aufweisen, eine geringere durchschnittliche Schmerzintensität erleben und somit eine höhere gesundheitsbezogene Lebensqualität erreichen. Erste Ergebnisse werden voraussichtlich 12/2009 vorliegen. P02.9 Praxiserfahrungen mit einem neuen sublingualen „fast acting“ Fentanyl-Präparat bei Tumorpatienten mit Durchbruchschmerz und psychischer Komorbilität J. Horlemann DGS Schmerzzentrum, Geldern/Kevelaer Fragestellung: Jede Schmerzerfahrung besitzt neben dem sensorischen stets auch einen affektiven Motivations- und Bewertungsanteil. Bei Patien ten mit Tumorerkrankungen und Tumorschmerz kommt es so häufig zur Ausprägung einer psychischen Komorbilität, meist als Angstsyndrom oder krankheitswertige Depression. Bei solchen Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen und Durchbruchschmerzen wird betrachtet, ob und wie die effektive Behandlung von Durchbruchschmerzen das Gesamt erleben des Patienten, unabhängig von vorbestehenden psychischen Er krankungen oder Begleitstörungen psychischer Natur, verändert. Material und Methode: 5 Patienten im Durchschnittsalter von 68,2 Jahren mit Durchbruchschmerzen aufgrund von unterschiedlichen Tumorenti täten (Bronchialkarzinom, Plasmozytom, Sigmarkarzinom, Prostata karzinom, Non-Hodgkin Lymphom) wurden unter ausschließlich am bulanter palliativmedizinischer Betreuung beobachtet. Alle 5 Patienten nahmen bereits regelmäßig Opiode gegen Dauerschmerzen ein und erhielten nun zusätzlich ein schnell anflutendes Fentanyl-Präparat (Abstral®, Sublingualtabletten) als Bedarfsmedikation bei Durchbruch schmerzen. Vor der Ersteinstellung mit Abstral® 200 oder 400 µg als Bedarfsmedikation bei einsetzenden Durchbruchschmerzen wurde vor dem Hintergrund der bestehenden Opioiddauertherapie ein Screening mit dem TSD-Fragebogen durchgeführt, der mit Hilfe numerischer Selbsteinstufungen des Patienten eine psychische Komorbilität, insbe sondere depressiver Natur, zu eruieren ermöglicht. Das Testergebnis gilt als auffällig, wenn der Gesamtscore 55 Punkte überschreitet. Die Ein stufung wurde 4 Wochen nach der Ersteinstellung wiederholt. Ergebnisse: Die plötzlich und mehrmals täglich auftretenden Durch bruchschmerzen konnten meist innerhalb von fünf bis zehn Minuten effektiv gelindert werden. Die anfangs mit 70 Punkten anhand des TSDFragenbogens im Durchschnitt dokumentierte psychische Komorbilität verbesserte sich nach 4 Wochen durchschnittlich um 11 Punkte. Die unkomplizierte und diskrete Anwendung von Abstral® empfanden die Patienten als vorteilhaft. Schlussfolgerungen: Die palliative Begleitung im ambulanten Bereich sollte krankheitswertige psychische Störungen auch als mögliche Aus drucksform und mögliche Folge einer Unterbehandlung von Durch bruchschmerzen bewerten. Die effektive Behandlung von Durchbruch schmerzen mit schnell freisetzenden Fentanyl-Sublingualtabletten verbessert nicht nur die Schmerzsituation der Patienten. Die Sicherheit, Durchbruchschmerzen effektiv und schnell kontrollieren zu können bewirkt offenbar eine erhebliche Entängstigung und Entalarmisierung der Betroffenen. Wichtig ist eine gute Kommunikation in der Vermittlung dieses Therapiekonzeptes.
P02.10 Auswertung der Evaluation aus über 5 Jahren qualifizierter Palliativfortbildung der Akademie Palliative Care Norddeutschland – PACE gemeinnütziger e.V. H.-B. Sittig1, S. Wirz2, M. Kayser3, H. Kayser4 1 AVZ – Buntenskamp, Geestacht; 2 CURA St. Johannes Krankenhaus, Bad Honnef; 3 MariPunktBremen Veranstaltungsorganisation, Bremen; 4 Bremen Die Akademie Palliative Care Norddeutschland – PACE gemeinnütziger e.V. wurde im April 2004 von Schmerztherapeuten und Palliativmedi zinern aus Norddeutschland gegründet. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, den Bekanntheitsgrad von Palliative Care und des palliativen Gedankens in der Öffentlichkeit und im professionellen Bereich zu verbessern und die palliativmedizinische und palliativpflegerische Aus-, Fort- und Weiter bildung insbesondere auf regionaler Ebene zu fördern. Neben anderen Aktivitäten bietet die Akademie interessierten Ärzten zertifizierte Ange bote im Bereich Palliativmedizin. Bei dem Beitrag handelt es sich um die erste Erhebung der Befragung von Palliativkursteilnehmern, wie sie schon seit Jahren vom Arbeitskreis Tumorschmerz der DGSS gefordert wird. Um die Qualität von Fort- und Weiterbildungskursen zu evaluieren und ständig weiter zu verbessern, werden alle Teilnehmer gebeten, ent sprechende Evaluationsbögen auszufüllen. Im Zeitraum von November 2004 bis Sommer 2009 wurden insgesamt 60 Kurse (Basiskurs, Modul 1, Modul 2, Modul 3) mit 1.254 TeilnehmerInnen nach den Richtlinien der BÄK und der DGP nach verschiedenen Kriterien ausgewertet. Wir erhielten von rund 92% der Befragten eine verwertbare Rückmeldung. Die restlichen 8% beantworteten die Fragebögen nicht. Aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht, Fachrichtung und Wirkungsstätte der Teilnehmer werden Aussagen zur Gesamtqualität der Kurse, Ausge wogenheit des Programms, Gelegenheit für Kontakte und Ermutigung zur aktiven Teilnahme und zum Nutzen für die eigene berufliche Situ ation ausgewertet. Zur Qualitätssicherung und -verbesserung empfehlen wir allen An bietern von palliativmedizinischen Fort- und Weiterbildungen im Ein klang mit dem Arbeitskreis Tumorschmerz der DGSS das Führen von aussagekräftigen Evaluationen, wie sie auf der Homepage von PACE unter www.pace-ev.de einzusehen sind.
P04 Experimentelle Schmerzmodelle (Mensch) P04.1 Do words hurt? Schmerzbezogene verbale Hinweisreize aktivieren die Schmerzmatrix M. Richter1, J. Eck2, W. H. R. Miltner2, T. Weiss2 1 Klinik für Neurologie/ Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Jena; 2 Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie, Institut für Psychologie, Jena Fragestellung: Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Regionen des schmerzassoziierten neuronalen Netzwerkes (Schmerzmatrix) während der Verarbeitung von verbalen schmerzbezogenen Hinweis reizen aktiviert werden. Dennoch ist bisher unklar, ob diese Aktivierung en auf die Schmerzrelevanz oder auf die negative Valenz der Wörter zurückzuführen sind. Die vorliegende Studie untersucht die neuronalen Mechanismen der Verarbeitung schmerzbezogener, negativer (nichtschmerzbezogener), positiver und neutraler Wörter unter zwei ver schiedenen Aufmerksamkeitsbedingungen. Die Hypothese, dass bei der Verarbeitung von schmerzbezogenen Wörtern spezifische Aktivierungen zu finden sind, wurde überprüft. Material und Methode: Die Wortstimuli wurden auf der Grundlage einer Voruntersuchung mit 28 gesunden Probanden ausgewählt. Die negativen Wörter und die Schmerzwörter wurden bezüglich ihrer Valenz Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts parallelisiert. Die positiven, negativen und die schmerzbezogenen Wörter wurden bezüglich ihres Arousals parallelisiert. 16 gesunde Probanden wurden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) untersucht, währen zwei Aktivierungsaufgaben zu erfüllen waren. Während der ersten Aufgabe war die Aufmerksamkeit auf den Wortinhalt fokussiert (Imaginationsaufgabe). Dazu wurden die Probanden gebeten, sich eine bildliche oder sensorische Vorstellung vom präsentierten Wort zu machen. Während der zweiten Aufgabe lag die Aufmerksamkeit nicht auf dem Wortinhalt, sondern die Probanden wurden aufgefordert, die Vokale der Wörter zu zählen (Ablenkungsaufgabe). Ergebnisse: Während der Imaginationsaufgabe fanden wir bei der Verar beitung von Schmerzwörtern erhöhte Aktivierungen im dorsolateralen prefrontalen Kortex (DLPFK), im inferioren parietalen Gyrus (IPG), und im Precuneus im Vergleich zu allen anderen Wortkategorien. Während der Ablenkungsaufgabe fanden wir für die Schmerzwörter eine Deaktivierung im dorsalen anterioren Cingulum (dACC) und eine relative Aktivierung im subgenualen anterioren Cingulum (sACC) im Vergleich zu den anderen Wortkategorien. Diskussion: Die Lokalisation der neuronalen Aktivierung durch Schmerz wörter ist abhängig vom Aufmerksamkeitsfokus. Ist die Aufmerksamkeit auf den Wortinhalt gerichtet, finden wir spezifisch für die Schmerzwörter höhere Aktivierungen in Regionen, die mit der kognitiven Komponente der Schmerzverarbeitung assoziiert sind. Ist die Aufmerksamkeit auf eine vordergründige, nicht schmerzbezogene Aufgabe gerichtet, zeigen sich erhöhte Aktivierungen in Regionen, die mit Aufmerksamkeitskonflikten bei konkurrierenden Aufgaben assoziiert sind. Schlussfolgerung: Die Verarbeitung von verbalen schmerzassoziierten Hinweisreizen führt zu Aktivierungen in aufmerksamkeitsbezogenen Regionen der Schmerzmatrix. Diese Aktivierungen sind nicht durch negative Valenz, sondern allein durch die Schmerzspezifität der Wörter erklärbar. Bei Schmerzpatienten sollten diese Prozesse weiterführend untersucht werden, da verbale Hinweisereizen im Chronifizierungsprozess möglicherweise eine wichtige Rolle einnehmen. P04.2 Entwicklung und Validierung des Schmerzempfindlichkeits fragebogens (SEF) – eine Alternative zur experimentellen Schmerzmessung beim Menschen R. Ruscheweyh, M. Marziniak, F. Stumpenhorst, J. Reinholz, S. Knecht Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster Fragestellung: Individuelle Unterschiede in der (experimentell gemessen en) Schmerzempfindlichkeit haben klinische und wissenschaftliche Bedeutung; z.B. für die Vorhersage von postoperativem Schmerz, für die Vorhersage von Therapieerfolg bei chronischen Schmerzpatienten, und für die Frage, ob eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit ein Risikofaktor für die Entwicklung von chronischen Schmerzerkrankungen ist. Die breite klinische und wissenschaftliche Anwendung der Schmerz empfindlichkeit wird allerdings dadurch behindert, dass die experi mentelle Schmerzmessung ein aufwendiges und teures Verfahren ist. Deswegen soll hier untersucht werden, ob die Selbsteinschätzung der Schmerzempfindlichkeit mittels eines kurzen Fragebogens ähnliche Ergebnisse liefert wie die experimentelle Schmerzmessung. Methode: In dem hier entwickelten Schmerzempfindlichkeitsfragebogen (SEF) bewerteten 47 gesunde Probanden die Schmerzhaftigkeit von 14 alltäglichen schmerzhaften Situationen auf einer Skala von 0–10. Das Ausfüllen des SEF nahm 5–10 min in Anspruch. Die Ergebnisse des SEF wurden mit den Ergebnissen einer umfassenden experimentellen Schmerzmessung sowie mit psychologischen Kofaktoren des Schmerzes verglichen. Ergebnisse: Das Ergebnis des SEF zeigte eine signifikante Korrelation mit experimentellen Schmerzintensitätsbewertungen (r=0.56, p<0.001; Gesamtscore gebildet aus den Ergebnissen der Bewertung von phasischen und tonischen Hitzereizen, tonischen Kältereizen und PinprickReizen), aber nicht mit den Ergebnissen der experimentell gemessenen Schmerzschwellen (r=0.03; Gesamtscore gebildet aus Hitze- und Kälte
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schmerzschwellen, Druckschmerzschwellen und Pinprickschmerz schwellen). Experimentelle Schmerzintensitätsbewertungen wurden besser durch den SEF vorhergesagt als durch psychologische Kofaktoren des Schmerzes (Depressivität, Ängstlichkeit, Katastrophisieren). Diskussion: Der SEF basiert auf Bewertung der Intensität von schmerz haften Alltagssituationen. Eine bessere Korrelation mit Intensitätsbe wertungen überschwelliger experimenteller schmerzhafter Reize als mit Schmerzschwellen war deshalb vorherzusehen. Sie war auch be absichtigt, da klinische Schmerzen per Definition überschwellig sind und Diagnostik und Therapie sich an Intensitätsbewertungen, nicht an Schmerzschwellen, orientieren. Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse zeigen, daß der neu entwickelte SEF eine schnelle und einfache Alternative zur experimentellen Schmerzempfindlichkeitsmessung sein kann, und bilden die Basis für die Testung des SEF in klinischen und wissenschaftlichen Anwendungen. P04.3 Differentielle Stimulation von C-Fasern in einem elektrischen Hyperalgesiemodell: Metaplastizität im nozizeptiven System F. Nickel1, R. DeCol2, Chr. Maihöfner1 1 Neurologische Universitätsklinik, Erlangen; 2 Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Erlangen Fragestellung: Hyperalgesie ist ein häufiges Symptom neuropathischer Schmerzen. Die niederfrequente (0,5 Hz) transdermale elektrische Stimulation mechanoinsensitiver C-Fasern führt bei gesunden Proban den zu einer mechanischen Hyperalgesie. Dagegen lässt sich nach hochfrequenter Reizung mit 20 Hz ein hypoalgetisches Areal nachweisen. Diese Effekte werden nicht durch einen Lidocain-Ring um den Reizort blockiert, sodass von einer zentral vermittelten Schmerzmodulation ausgegangen werden muss. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob eine simultane hochfrequente Stimulation mit 20 Hz die Ausbildung der Hyperalgesie nach Stimulation mit 0,5 Hz moduliert. Material und Methoden: Zehn Probanden wurden elektrisch trans dermal für 35 Minuten stimuliert. Die Stromstärke wurde gemäß Schmerzempfinden mit einem Zielwert von 5 von 10 Punkten auf der numerischen Rating-Skala eingestellt und nachreguliert. In vier Stimulationsparadigmen (Para1 bis Para4) wurde jeweils mit 0,5 Hz am volaren rechten Unterarm stimuliert. Dies erfolgte entweder mit 0,5 Hz alleine (Para1) oder simultaner zusätzlicher Reizung mit 20 Hz an folgen der Lokalisation: 5 cm proximal von 0,5 Hz (Para2), 10 cm proximal von 0,5 Hz (Para3), am kontralateralen linken Arm (Para4). Gemessen wurden die mechanischen Schmerzschwellen (MPT) 2 cm proximal der 0,5 Hz-Marke vor und nach Stimulation, also 3 cm (Para2) und 7 cm (Para3) distal der 20 Hz-Marke. Nach Stimulation wurde außerdem die Hyperalgesie-Fläche mittels Nadelstimulator (256 mN) planimetrisch bestimmt. Ergebnisse: Nach Stimulation mit 0,5 Hz alleine (Para1) sank die MPT signifikant, konsistent mit dem Vorliegen einer mechanischen Hyper algesie. Die Hyperalgesie ließ sich durch die lokale parallele Reizung mit 20 Hz (Para2) inhibieren. Bei 10 cm Abstand zwischen den Reizorten (Para3) fand sich ein antihyperalgetischer Trend, der jedoch nicht signifikant war (ANOVA, Fisher LSD post hoc Test). Bei beidseitiger Stimulation (Para4) zeigte sich kein Unterschied der MPT. Die Fläche der induzierten Hyperalgesie um 0,5 Hz war bei Para2, Para3 und auch Para4 signifikant kleiner verglichen mit Para1 (ANOVA, Fisher LSD post hoc Test). Diskussion und Schlussfolgerungen: Eine niederfrequente transdermale elektrische repetitive Reizung nozizeptiver Afferenzen führt zu einer sekundären mechanischen Hyperalgesie. Die lokale simultane hoch frequente Stimulation mechanoinsensitiver C-Fasern inhibierte die Ausprägung einer mechanischen Hyperalgesie nach niederfrequenter Reizung hinsichtlich MDT und Hyperalgesie-Fläche. Darüber hinaus war bei Stimulation mit 20 Hz am kontralateralen Arm die HyperalgesieFläche reduziert. Dieser Befund lässt die Beteiligung segmentaler spinaler Systeme vermuten. In diesem Modell lässt sich die zentrale
pronozizeptive Aktivierung schmerzmodulierender Systeme durch eine simultane hochfrequente Stimulation von mechanoinsensitiven C-Fasern mit 20 Hz hemmen. Unterstützt durch die DFG (KFO 130) und den Deutschen BMBFForschungsverbund „Neuropathischer Schmerz“ P04.4 Zuverlässigkeit von Schmerzeinschätzungen und Hautleitwertreaktionen M. Breimhorst1, S. Sandrock2, M. Fechir1, Chr. Geber1, F. Birklein1 1 Klinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität, Mainz; 2 Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, Düsseldorf Fragestellung: Bisher ist nicht bekannt, ob sowohl subjektive als auch peripher-physiologische Maße reliabel zwischen Stimulusintensitäten diskriminieren können. Daher wurde geprüft, wie zuverlässig zum einen die empfundene Schmerzintensität und zum anderen die Hautleit wertreaktion (SCR) in der Lage sind, zwischen verschiedenen Intensitäten von mechanischen und elektrischen Schmerzreizen zu differenzieren. Material und Methode: 14 Probanden (je sieben weiblich und männlich) wurden je zehn phasisch-mechanischen Stimulusintensitäten (6 m/s – 15 m/s) in zwei aufeinanderfolgenden Blöcken (Messwiederholung) in randomisierter Reihenfolge ausgesetzt (Interstimulusintervall 30 s). Weitere 14 Probanden (je sieben weiblich und männlich) wurden nach dem gleichen Design mit je zehn phasisch-elektrischen Reizen (2.5 mA – 25 mA) in zwei Blöcken stimuliert. Gleichzeitig wurde die Hautleit fähigkeit aufgezeichnet und daraus die SCRs für die jeweiligen Stimulus intensitäten bestimmt. Nach jedem Reiz wurde die empfundene Schmerzintensität mit einer visuellen Analogskala abgefragt. Die Be stimmung der Zuverlässigkeit von Schmerzeinschätzungen und SCRs erfolgte auf Basis der Generalisierbarkeitstheorie. Dabei wurden die zur Messwertvariabilität beitragenden Faktoren Person, Geschlecht, Intensi tät und Messwiederholung berücksichtigt. Ergebnisse: Im mechanischen Schmerzmodell trugen vorwiegend inter individuelle Unterschiede zur Variabilität der Schmerzeinschätzungen und der SCRs zur Diskrimination der Intensitäten bei. Die Reliabilität für die Schmerzeinschätzungen zur Unterscheidung der mechanischen Intensitäten betrug ρ2 = 0.84, für SCRs ρ2 = 0.81. Innerhalb des elek trischen Schmerzmodells trugen vorwiegend interindividuelle und geschlechtsspezifische Unterschiede zur Variabilität der Schmerzein schätzungen und der SCRs bei. Die Reliabilität für die wahrgenommene Schmerzintensität elektrischer Reize lag bei ρ2 = 0.91, die Reliabilität für die SCRs erreichte ρ2 = 0.45. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die subjektiven Einschätzungen zuverlässig zwischen den applizierten mechanischen und elektrischen Stimulusintensitäten diskriminieren. Der peripher-physiologische Para meter der SCR differenzierte zuverlässig zwischen den verwendeten mechanischen Stimulusintensitäten, nicht jedoch zwischen den elek trischen Intensitäten. Hierfür ist möglicherweise eine Dissoziation zwischen der subjektiven Wahrnehmung und dem sympathisch-inner vierten Parameter der SCR bei der Verarbeitung phasisch-elektrischer Reize verantwortlich. Schlussfolgerung: Einschätzungen der Schmerzintensität und SCRs sind zur Unterscheidung von mechanischen Stimulusintensitäten geeignet. Für die Einschätzung elektrischer Stimulusintensitäten scheinen subjektive Maße geeigneter als peripher-physiologische Maße zu sein. Unterstützt durch die DFG (GRK 1044).
P04.5 Einfluss des Befestigungsdruckes der Messthermode auf die Quantifizierung der Wärme- und Kälteempfindlichkeit der Haut G. Pavlakovic1, K. Züchner1, H. Pavlakovic2, C. Bachmann3, T. Crozier4, M. Pfingsten1, M. Strumpf1 1 Schmerztagesklinik und -Ambulanz, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungsund Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen; 2 Anatomie, Universitätsmedizin Göttingen; 3 Klinische Neurophysiologie, Universitätsmedizin Göttingen; 4 Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen Die Ergebnisse der quantitativen sensorische Testung (QST) sind stark von der intra- und interpersonellen Variabilität zwischen den Test personen beeinflusst, was die Akzeptanz der Testung limitiert. Um die Reliabilität und Reproduzierbarkeit der Testung zu verbessern, ist eine Beseitigung und/oder Reduzierung dieser Variabilität deswegen außer ordentlich wichtig. Die thermale sensorische Testung ist eine der wichtigsten Komponenten der QST-Testbatterie. In einer älteren Studie wurde angedeutet, dass der Befestigungsdruck der Thermode die Ergebnisse der Messung beeinflussen könnte. Um dieser Frage weiter nachzugehen, haben wir ein neues Thermotester-Gerät entwickelt, bei dem die Thermode auch einen Drucksensor beinhaltet. Die Ergebnisse der Messung mit dieser Thermode wurden mit den Ergebnissen der Messung mit der kommerziell verfügbaren Thermode (Medoc TSA-II) verglichen. Wärmeempfindungsschwelle, Wärmeschmerzempfindungsschwelle und Kälteempfindungsschwelle sind mit unserer Thermode im Vergleich zur Medoc Thermode etwas erhöht gewesen. Die Kälteschmerzempfindung sschwelle war zwischen beiden Geräten vergleichbar. Eine Analyse der Wärmeübertragungskapazität der beiden Thermoden zeigte, dass das Material der Kontaktoberfläche der Thermode die Empfindungsschwellen wesentlich beeinflussen kann. Die Änderung des Befestigungsdruckes der Messthermode hatte auf die durchschnittlichen thermalen Schwellenwerte der untersuchten Population keinen Einfluss. Weiterhin belegen die Ergebnisse, dass die intra-personelle Variabilität der Messungen (minimal-zu-maximal Breite der gemessenen Schwellenwerte bei einzelnen Probanden) vom Befestigungsdruck der Thermode nicht beeinflusst wird. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Druck, mit dem die Messthermode auf die Haut aufgebracht wird, die intra- und inter-personelle Reproduzier barkkeit der thermalen sensorischen Schwellenwerte nicht signifikant beeinflusst. P04.6 Der Einfluss der Geräte-bezogenen Geräuschentwicklung auf die Schwellenwerte der thermalen Emfpindung G. Pavlakovic1, K. Züchner1, H. Pavlakovic2, C. Bachmann3, T. Crozier4, M. Pfingsten1, M. Strumpf1 1 Schmerztagesklinik und -Ambulanz, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungsund Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen; 2 Anatomie, Universitätsmedizin Göttingen; 3 Klinische Neurophysiologie, Universitätsmedizin Göttingen; 4 Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Universitätsmedizin Göttingen Die Schwellenwerte der thermalen Empfindung können durch ver schiedene Faktoren beeinflusst werden und zur unerwünschten Variabili tät bei der Testung beitragen. Deswegen sollten diese Messungen unter strikt kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden. Die Identi fizierung der Faktoren, die diese Variabilität verstärken, und deren Eli mination würde die Reliabilität und Reproduzierbarkeit der Testung erhöhen. Aktuelle, kommerziell verfügbare Geräte zur Testung der thermischen Schwellenwerte produzieren ein kontinuierliches Geräusch von ca. 60 dB. Um zu analysieren, ob dieses Hintergrundgeräusch die Messung der Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts thermalen Schwellenwerte beeinflusst, haben wir ein Gerät entwickelt, dass während der Messung kein Geräusch generiert. Die Probanden wurden dann randomisiert mit unserem Thermotestergerät und dem kommerziellen Gerät (Medoc TSA-II) im Abstand von 7 Tagen untersucht. An beiden Sitzungen wurden die Wärme- und Kälteempfindungsschwelle sowie die Wärme- und Kälteschmerzempfindungsschwelle erfasst. Eine Bland-Altman Analyse der Resultate zeigte, dass die beiden Testgeräte vergleichbare Schwellenwerte darstellen. Darüber hinaus war die intrapersonelle Variabilität bei einzelnen Probanden bei dem geräuschlosen Gerät deutlich niedriger. Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass unser neu-entwickeltes, ge räuschloses Gerät vergleichbare thermale Schwellenwerte produziert. Unsere Daten zeigen darüber hinausgehend, dass ein geräuschloses Gerät in Studien mit wiederholten Messungen an Probanden kleinere Unterschiede der Behandlungseffekte darstellen könnte. Alternativ könnte ein solches Gerät bei vergleichbarer Sensitivität der Studie auch eine niedrigere Probandenzahl ermöglichen. P04.7 Wiederholte Schmerzreizungen beim Menschen können zu strukturellen Veränderungen des Gehirns führen – eine VBM Studie M. Valet1, A. Wöller2, T. Sprenger1, D. Vogel1, C. Zimmer3, M. Mühlau1, T. R. Tölle1 1 Neurologie, Klinikum r.d. Isar der TUM, München; 2 Psychiatrie, Klinikum r.d. Isar der TUM, München; 3 Neuroradiologie, Klinikum r.d. Isar der TUM, München Ziel dieser Studie war der Nachweis struktureller Veränderungen des Zere brums im Verlauf einer nahezu täglichen kurzen Hitzeschmerzreizung über 2 Wochen. Untersucht wurden n=28 männliche Probanden im mittleren Alter von 41,6 Jahren (30–65). Diese Probanden erhielten an 11 Tagen in Folge mit Ausnahme der Wochenenden eine Serie von aufeinanderfolgenden schmerzhaften und nichtschmerzhaften Hitzestimuli sowie thermisch neutralen Stimuli am rechten Unterarm (jeweils 8 Stimuli mit einer Länge von 40 Sekunden, Gesamtlänge der Stimulation ca. 16 Min.). Die Hitzeschmerzreizung erfolgte nach dem Lautenbacher Modell, bei der durch pulsierende Hitzeschmerzreize eine zeitliche Summation (Windup) erzeugt wird (Lautenbacher, 1995). Die Untersuchung struktureller Veränderungen des Gehirns erfolgte am 1. und 11. Tag an einem 1,5 Tesla Siemens Symphony MRT, bei dem mittels MPRAGESequenz hochaufgelöste T1 gewichtete anatomische Aufnahmen des Gehirns in isotroper Auflösung (1×1×1 mm3) aufgenommen wurden. Die longitudinale Auswertung erfolgte mittels der VBM2 Toolbox für SPM2 (C. Gaser). Die Verhaltensdaten bzgl. Schmerzintensität / -unangenehmheit weisen dabei zwei signifikant unterschiedliche Richtungen auf. Ein Teil der Gruppe (n=14) sensitiviert auf die wiederholte Schmerzreizung mit einer signifikante Zunahme der Schmerzempfindung (VAS 5,7 auf VAS 6,4; p<0.001), der andere Teil (n=14) habituiert mit einer signifikanten Abnahme (VAS 6,5 auf VAS 5,1; p<0.001). Bildmorphologisch zeigt sich für die schmerz-sensitivierte Gruppe eine signifikante Abnahme der Dichte grauer Substanz in der anterioren Insel, im perigenualen ACC und in der Amygdala (p<0.05 FDR corr.). Für die schmerzhabituierte Gruppe zeigen sich dagegen keine signifikanten Veränderungen. Werden die Bildergebnisse gepoolt (n=28), finden sich signifikante Abnahmen zusätzlich zu den o.g. Regionen im Bereich des Thalamus, ventromedialer und dorsolateraler präfrontaler Kortex (p<0.05 FDR corr.). Eine signifkante Grau-Dichte Zunahme wurde nicht gefunden. Sämtliche VBM Ergebnisse wurden zu einer Kontrollgruppe (n=18) kontrolliert, die ebenfalls longitudinal untersucht wurde, aber keine Schmerzreizung erhielten. Mit dieser Studie gelang uns der Nachweis, dass eine Schmerzsensitivierung mit strukturellen Veränderungen einhergeht. Diese Veränderungen sind dabei abhängig von der psychophysischen Schmerzwahrnehmung im Verlauf. Die Ergebnisse unterscheiden sich jedoch wesentlich von
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der Studie von Teutsch et al. 2008, die eine Habituation ihrer Unter suchungsgruppe feststellten und damit einhergehend Dichtezunahmen der grauen Substanz. Wir konnten demgegenüber eine Dichteabnahme bei Probanden mit Schmerzsensitivierung, jedoch keine signifikanten Veränderungen bei Probanden mit Habituierung finden. Wir führen diese Unterschiede auf die unterschiedliche Hitzeschmerzstimulation zurück, bei der wir tonische Hitzeschmerzreize mit zeitlicher Summations charakteristik verabreicht haben (40 Sekunden lang) im Vergleich zu eher phasischen Hitzeschmerzreizen (6 Sekunden lang) bei der anderen Studie. Literatur Teutsch S, Herken W, Bingel U, Schoell E, May A. Changes in brain gray matter due to repetitive painful stimulation. Neuroimage. 2008 Aug 15;42(2):845-9. Lautenbacher S, Roscher S, Strian F. Tonic pain evoked by pulsating heat: temporal summation mechanisms and perceptual qualities. Somatosens ������������������������� Mot Res. 1995; 12(1):59-70.
P04.8 Einfluss endogener Opioide auf die Stress-induzierte Analgesie M. Fechir, M. Breimhorst, S. Kritzmann, T. Schlereth, Chr. Geber, F. Birklein Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Fragestellung: Vorausgegangene Studien über den Einfluss mentaler Stressreize auf die Schmerzwahrnehmung an gesunden Probanden zeigten einen schmerzhemmenden Effekt. Die aktuelle Studie wurde durchgeführt, um den Einfluss des endogenen Opioidsystems auf die Stress-induzierte Analgesie in einem experimentellen Stromschmerzmodell näher zu charakterisieren. Material und Methode: Nach intravenöser Applikation von Naloxon oder Plazebo (NaCl) wurde bei 14 gesunden Probanden ein tonischer elektrischer Stromschmerz induziert. Nach Erreichen einer stabilen Schmerzstärke führten die Probanden einen Farb-Wort-Interferenz-Test (FWT) nach Stroop durch. Es wurde jeweils eine interferente (stressvolle) und eine kongruente (nicht-stressvoll, d.h. Farbe und Wort stimmen überein) Version des FWTs präsentiert. Die Dauer dieser Aufgaben betrug jeweils zwei Minuten. Auf einer visuellen Analogskala wurde jede Minute (bzw. vor und nach Durchführung der Stressreize) die Schmerzintensität abgefragt. Während des Versuches wurden kardio-vaskuläre Parameter als Maß der Aktivierung des autonomen Nervensystems registriert. Ergebnisse: In der Plazebobedingung zeigte sich eine signifikante Schmerzreduktion durch die eingesetzten Stressreize, die während der stressvollen (interferenten) Variante des FWT verstärkt war. Nach Ver abreichung von Naloxon fand sich kein Unterschied in der Schmerz reduktion durch den stressvollen und den nicht-stressvollen FWT. Auf Ebene der sympathischen Aktivierung bewirkte der stressvolle FWT in der Plazebobedingung einen signifikant stärkeren Anstieg des systolischen Blutdrucks, der Herzfrequenz sowie der Baroreflex-Sensitivität. Diskussion: Die Ergebnisse lassen auf eine Beteiligung des endogenen Opioidsystems bei der Stress-induzierten Analgesie bei gesunden Proban den schließen. Die aufgehobene Schmerzhemmung durch den mentalen Stressreiz nach Applikation von Naloxon war von einer verringerten Aktivierung der abgeleiteten sympathischen Parameter begleitet. Der beschriebene Effekt könnte durch eine Änderung des Zusammenspiels mehrerer beteiligter Neurotransmittersysteme zustande kommen. Schlussfolgerung: Um den auf behavioraler und sympathischer Ebene beobachteten Einfluss des endogenen Opioidsystems auf die stressin duzierte Analgesie genauer analysieren zu können, sollen weitere Unter suchungen durchgeführt werden. Unterstützt durch die DFG (DFG-Bi 579-1, GRK 1044)
P04.9 Transkranielle Magnetstimulation des primären somatosensorischen oder motorischen Kortex führt zu einem unspezifischen Anstieg laser-evozierter Schmerzwahrnehmung Chr. Ritter1, M. Köhler1, H. R. Siebner2, T. Bartsch1 1 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 2 Department of MR, Section 340, Danish Research Centre for Magnetic Resonance, Copenhagen University Hospital Hvidovre, Denmark Fragestellung: Derzeitige Konzepte gehen davon aus, dass der primäre somatosensorische Kortex (S1) an der Enkodierung sensorisch-diskrimi nativer Aspekte des Schmerzes beteiligt ist. In der vorliegenden Studie setzten wir die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ein, um lokal die Schmerzverarbeitung im linken S1 zu stören, nachdem ein schmerzhafter Laserreiz auf dem rechten Handrücken appliziert wurde. Wir nahmen an, dass die dem Schmerzreiz zeitlich nachgeordnete TMS des kontralateralen S1, aber nicht die des primären motorischen Kortex (M1), den Schmerz vorübergehend vermindern sollte. Methoden: Zwölf gesunde männliche Probanden nahmen an dieser Studie teil (Alter: 23 – 29 Jahre). In einem Vorexperiment leiteten wir laser-evozierte Potenziale (LEPs) ab, um die individuelle Latenzzeit der schmerz-relevanten N2-Kompo nente zu bestimmen. Schmerzreize wurden auf den rechten Handrücken appliziert. Diese zeitliche Information wurde dazu benutzt, um das Zeitintervall zwischen TMS und Schmerzreiz an das individuelle Maximum der N2-Komponente anzupassen. Das Hauptexperiment bestand aus zwei Sitzungen, in denen neuronavi gierte TMS über dem linken S1 oder M1 mittels einer Standardachter spule verabreicht wurde. Die Doppelpuls-TMS (dp-TMS) erfolgte in unterschiedlichen Interstimulusintervallen (ISIs: 0ms, N2-110ms, N2-90ms, N2-70ms, N2-50ms und P2+100ms) relativ zur schmerz haften Stimulation der rechten Hand. Außerdem gab es zwei Kontroll bedingungen, in denen entweder nur der Laserreiz oder nur die TMS appliziert wurden. Die Intensität der dp-TMS wurde auf 120% der aktiven motorischen Schwelle eingestellt. Das ISI zwischen dem ersten und zweiten Stimulus der dp-TMS betrug 34ms. Die Intensität jedes Schmerzreizes wurde von den Probanden auf einer kontinuierlich einstellbaren visuellen Analogskala (VAS) eingeschätzt, deren Ankerpunkte bei „kein Schmerz” und dem „schlimmsten vorstell baren Schmerz“ lagen. Die individuellen Beurteilungen wurden z-stan dardisiert und danach einer Varianzanalyse unterzogen (p<0.05). Ergebnisse: Es gab einen signifikanten Haupteffekt für den Zeitpunkt der TMS (F=3.975, p<0.05) aber nicht für den Ort der Stimulation. Die dp-TMS führte zu einer relativen Erhöhung der wahrgenommenen Schmerzintensität im Vergleich zur alleinigen Laserstimulation in den TMS Bedingungen, in denen die Stimulation vor der N2-Latenz der individuellen LEPs erfolgte. Diskussion: Die LEP-adjustierte dp-TMS ergab einen fazilitierenden Effekt auf die Schmerzwahrnehmung unabhängig vom stimulierten Areal, jedoch einen zeitlich abhängigen Effekt, wenn dp-TMS vor der N2-Latenz des individuellen LEP appliziert wurde. Wir führen diesen schmerzverstärkenden Effekt auf fazilitierende oder disinhibierende interkortikale modulatorische oder attentionale Mechanismen zurück. P04.10 Hitzestimulation mit unterschiedlicher Anstiegssteilheit der Temperatur – gibt es eine differentielle fMRT-Aktivierungen im Hirnstamm für Schmerz? A. Ritter, T. Weiss, W. H. R. Miltner Biologische und Klinische Psychologie, Institut für Psychologie, Jena Im Tierexperiment werden aktive und passive Bewältigungsstrategien für Adelta-Faser-vermittelten und C-Faser-vermittelten Schmerz berichtet, deren Koordination vom periaquäduktalen Höhlengrau Höhlengrau (PAG) und dem Hypothalamus (HT) ausgeht (Lumb, B.M. Inescapable and
escapable pain is represented in distinct hypothalamic-midbrain circuits: specific roles of Adelta- and C-nociceptors. Experimental Physiology, 2002, 87,281-286). Die Studien nutzten eine unterschiedliche Steilheit des Temperaturanstiegs zur präferentiellen Stimulation von Adelta- und CFasern. Anliegen der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob diese Methode auf den Menschenübertragen werden kann und zu überprüfen, welche Hirnareale bei dieser Form der Stimulation aktiviert werden. Insbesondere sollte geklärt werden, ob sich analog zum Tierexperiment eine differentielle Aktivierung von PAG und HT nachweisen lässt. 15 Versuchspersonen wurde auf der Handoberfläche in einer baselineBedingung die Temperatur von 30 auf 40°C, in der Schmerz-Bedingung von 39 auf 49°C erhöht, wobei die Temperatursteigerung jeweils mit 2,5°C* s-1 bzw. mit 7,5°C* s-1 vorgenommen wurde. Die fMRI-Messungen wurden mit einer in Hirnstammgebieten hochauflösenden Sequenz durchgeführt. FMRT-Aktivierungen zeigen sich für beide Anstiegssteilheiten der Tem peratur in der Schmerzbedingung bilateral im Inselkortex, dem supple mentär-motorischen Kortex und im sekundär-somatosensorischem Kortex. Im Gegensatz zum Tierexperiment konnte für die speziell betrachteten Regionen von PAG und HT keine (differentielle) Aktivierung gefunden werden. Die Untersuchung lässt 2 grundsätzliche Interpretationen zu. 1. Die tierexperimentell gefundene differentielle Aktivierung von PAG und HAT existiert human nicht. 2. Der Hitzestress bei unserer maximalen Stimulationstemperatur von 49°C (Lumb, 2002: 55°C) war zu niedrig, um die Vorbereitung von Rückzug oder Flucht/ Angriff für die Versuchspersonen als situative Bewältigung nötig werden zu lassen, weshalb die zentralen Mechanismen dafür ebenfalls inaktiv bleiben. Eine Übertragung der Befunde von der differenziellen Stimulation von Adelta- und C-Fasern durch Hitzereize und der damit verbundenen zentralen Aktivierungen vom Tiermodell auf den Menschen gelingt bei einer maximalen Stimulationshitze von 49°C nicht. Unterstützt durch BMBF Bernstein-Programm 01RQ0703 „Neuromatrix des Schmerzes“. P04.11 Selbstlernende Klassifizierung von fMRT Daten mit dem CLASSIF1Programmsystem am Beispiel von Patienten mit somatoformer Schmerzstörung M. Valet1, G. Valet1, T. Sprenger1, Chr. Sorg2, H. Gündel3, T. R. Tölle1 1 Neurologie, Klinikum r.d. Isar der TUM, München; 2 Psychiatrie, Klinikum r.d. Isar der TUM, München; 3 Klinische Pharmakologie, Medizinische Hochschule Hannover Mehrere bildgebende Studien zur Schmerzverarbeitung von Patienten mit funktionellen somatischen Syndromen (Fibromyalgie, IBS, Somato forme Schmerzstörung) konnten eine veränderte zerebrale Schmerz verarbeitung belegen. Während diese Studien hypothesenbasiert durchgeführt wurden, sollen hier mittels eines hypothesenfreien An satzes Unterscheidungsmerkmale von Patienten mit somatoformer Schmerzstörung im Vergleich zu Gesunden durch selbstlernende Matrixklassifizierung herausgearbeitet werden. Dazu wurde task-fMRTDaten einer bereits publizierten Studie (Gündel, Valet et al. 2008) heran gezogen, die die zerebrale Schmerzverarbeitung von experimentell induzierten Hitzeschmerzreizen bei Patienten mit einer somatoformen Schmerzstörung im Vergleich zu Kontrollen untersucht hatte. Aus 90 definierten Hirnregionen (Tzourio-Mazoyer et al. 2002) wurde der mittlere fMRT-BOLD-Signalverlauf der gesamten fMRT-Messung (90 Hirnregionen × 325 Zeitpunkte) jeweils bei n=13 Patienten und n=13 Kontrollen extrahiert und skaliert / normiert. Der zu klassifizierende Datensatz wurde zur Validierung in einen Lerndatensatz (n=20) und einen unbekannten Testdatensatz (n=6) unterteilt (hold-out validation). Zur Anwendung kam der CLASSIF1-Algorithmus (Valet et al. 1993). Dieser führt eine spalten-/kolonnenweise Auswertung (insg. 29250 Spalten aus 90×325 Zeitpunkten) der Messwerte durch. Zunächst werden spaltenweise Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts die 10% und 90% Perzentilwerte aller BOLD Signalwerteverteilungen von Gesunden bestimmt. Anschließend werden die Wertekolonnen von Gesunden und Patienten so in die Klassifizierungsmatrix überführt, dass Signalwerte innerhalb der 10% und 90% Perzentilen durch „0“ (=unverändert), unter der 10% Perzentile mit „-“ (=vermindert) und über der 90% Perzentile mit „+“ (=erhöht) ersetzt werden. In der entstandenen Tripelmatrix (-,0,+) werden mittels Kreuzvalidierung die Wertekolonnen sukzessive auf höchste Diskriminanz solange reduziert, bis üblicherweise 10–30 Wertekolonnen zur endgültigen Klassifizierungs matrix übrigbleiben. Die Klassifizierung wird dadurch optimiert, dass für Perzentilpaare 15–85%, 20–80%, 25–75% und 30–70% in gleicher Weise vorgegangen wird, wobei sich im vorliegenden Falle die höchste Diskriminanz für das 10–90% Perzentilpaar ergab. Mit dem CLASSIF1-Klassifizierungsalgorithmus konnte eine Richtig keit der Lern- und unbekannten Testsatzklassifikation von 95.0%/83.3% erzielt werden (1 Falschklassifikation jeweils im Lerndatensatz und im Testdatensatz). Die relevantesten fMRT-BOLD-Signale zur korrekten Diskrimination von Patienten und Gesunden wurden in gedächtnis relevanten Strukturen wie Amygdala L, Fusiformer Cortex L, Parahippo campus R, sowie dem Temporal Pole Mid R gefunden. Dies deckt sich mit früheren Ergebnissen der Studie, bei der signifikante Aktivierungs unterschiede zwischen Patienten und Gesunden in diesen Strukturen gefunden wurde. Zusammenfassend erweist sich der CLASSIF1-Algorithmus durch sein mathematisch hypothesenfreies und weitgehend richtiges Klassifikations ergebnis für die Klassifizierung von fMRT Zeitreihendaten geeignet. In den Ergebnissen treten regionale Unterschiede plausibel hervor, was weitere experimentellen Ansätze sowie die allgemeine Hypothesenbildung stimuliert. Es scheint für die Zukunft möglich, durch Analyse des fMRT Signalwerte Patienten von Kontrollen in einem automatisierten Ansatz zu unterscheiden. P04.12 Kortikale Konnektivität des insulären Kortex während thermischer Stimulation im menschlichen Gehirn – eine fMRI Studie E. Peltz1, F. Seifert1, R. DeCol2, A. Dörfler3, Chr. Maihöfner1 1 Neurologie, Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 3 Neuroradiologie, Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen Fragestellung: Die Rolle des insulären Kortex bei der Thermosensorik ist bisher nur unzureichend verstanden. Wir untersuchten die funktionelle Konnektivität der Insula bei der Verarbeitung noxischer und nicht-noxi scher thermischer Reize mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI). Methoden: Bei 11 gesunden Probanden wurden thermische Reize unterhalb und oberhalb der individuellen Schmerzschwelle am linken Unterarm während der fMRI- Messung appliziert. Die zerebralen Aktivierungen für 4 verschiedene Konditionen (Wärme-, Kälte-, Hitzeschmerz-, Kälte schmerzstimulation) wurden anhand des BOLD-Signals gemessen. In einer 2 × 2 faktoriellen Analyse wurden die Haupteffekte der Faktoren „Schmerz“ und „Temperatur“ sowie deren Interaktion errechnet. Bei der Auswertung wurde zwischen der anterioren und der posterioren Insula unterschieden. Anschließend wurde die funktionelle Konnektivität der insulären Aktivierungen untersucht, indem die Hirnareale mit jeweils signifikant korreliertem BOLD-Signalverlauf dargestellt und durch Kontraste miteinander verglichen wurden. Ergebnisse: Signifikant korrelierte BOLD-Signalverläufe zu dem in der anterioren Insula fanden sich bilateral im präfrontalen Kortex, im sekundären somatosensorischen Kortex (S II), im anterioren cingulären Kortex, im Thalamus sowie im ipsilateralen Operculum und in der kontralateralen anterioren Insula. Der BOLD-Signalverlauf in der posterioren Insula zeigte signifikante Korrelation zu dem im ipsilateralen
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primären somatosensorischen Kortex (S I) und dem im parietalen Assoziationskortex. Schlussfolgerungen: Die anteriore Insula hat signifikant mehr funk tionelle Konnektivität zum medialen Schmerzsystem, während die posteriore Insula vermehrt zum lateralen Schmerzsystem projiziert. P04.13 The Posterior Parietal Cortex in Normal Pain and Hyperalgesia: An fMRI Navigated rTMS Study F. Seifert, O. Fuchs, F. Nickel, M. Garcia, A. Dörfler, J. Kornhuber, W. Sperling, Chr. Maihöfner Universitätsklinikum Erlangen Noxious stimuli activate a complex cerebral network consisting of multiple cortical and subcortical brain regions. These areas are differentially involved in sensory-discriminative, affective–motivational, autonomic and attentional processes. During central sensitization to pain, activity in most of these areas is changed. One of these areas is the posterior parietal cortex (PPC). The PPC consists of the supraparietal lobule (SPL; BA 5/7) and the infraparietal lobule (IPL; BA 39/40). The intraparietal sulcus (IPS) is located in the PPC and divides IPL and SPL. Previous studies found activity in this region during normal painful stimuli; further activity increase was reported during noxious stimulation in the presence of central sensitization to pain (hyperalgesia and tactile allodynia). Although there are reports of involvement in spatial discrimination and attention to pain, the role of the PPC during processing of acute pain as well as hyperalgesia and tactile allodynia remains elusive. Therefore, we performed a functional magnetic resonance imaging (fMRI) based, neuro-navigated, repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS) study in 10 healthy volunteers. Firstly, pin-prick hyperalgesia was provoked on the right volar forearm, using the model of electrically-induced secondary mechanical hyperalgesia. FMRI was performed during pinprick stimulation inside and outside the hyperalgesic areas. Single subject and group fMRI analysis revealed pain-induced activity in the primary somatosensory cortex (S1), secondary somatosensory cortex (S2), insula, anterior cingulate cortex (ACC), prefrontal cortex (PFC) and the PPC in and around the IPS. Secondly, on four different experimental sessions, the left and right individual intraparietal BOLD peak-activations were used as targets for a sham-controlled inhibitory 1 Hz rTMS paradigm of 10 minutes duration. We measured psychophysically the (i) electrical pain stimulus intensity on an 11-point numeric pain rating scale (NRS, 0 – 10), the (ii) area of hyperalgesia, and the (iii) area of dynamic mechanical allodynia. Sham stimulation or rTMS was performed 16 minutes after induction of pin-prick hyperalgesia and tactile allodynia. Compared to sham stimulation, no significant effect of rTMS was observed on pain stimulus intensity and the area of allodynia. However, a reduction of the hyperalgesic area was observed for rTMS of the left PPC (P<0.05). We conclude that the PPC plays no critical role in perceived pain stimulus intensity, but that its activity may alter the area of pin-prick hyperalgesia. P04.14 Brain mechanisms of itch and pain imaginations H. Mochizuki1, U. Baumgärtner1, S. Kamping2, M. Ruttorf3, L. R. Schad3, H. Flor2, R.-D. Treede1 1 Department of Neurophysiology, CBTM, Medical Faculty Mannheim, University of Heidelberg, Mannheim; 2 Department of Clinical and Cognitive Neuroscience, Central Institute of Mental Health, University of Heidelberg, Mannheim; 3 Computer Assisted Clinical Medicine, Faculty of Medicine Mannheim, University of Heidelberg, Mannheim Itch and pain are complex somatic sensations accompanied with emotion. These sensations are evoked by not only actual stimuli but also imaginations. For example, you sometimes feel unpleasantness of itch or pain when you see others´skin with flare and wheel responses or that during blood drawing. The phenomena imply that the itch and pain
imaginations activate brain network associated with itch and pain and have some roles in modulation of itch and pain sensations. However, their mechanisms are little understood. For example, it is uncertain what unpleasantness the itch and pain imagination evoke, whether there are quantitative differences in unpleasantness between itch and pain and whether there are some differences in the brain mechanism between the itch and pain imagination. Thus, in this study, we investigated these issues. We performed the psychophysical experiment with ten healthy normal subjects. The subjects were asked to imagine itch and pain in their own body and evaluate the itch and pain intensities, desire to scratch, arousal and mood levels and emotional factors (disgust, fear, anger and sad) using visual analogue scales while the itchy, painful and control visual stimuli were presented. The itchy visual stimuli evoked an itchy and week painful feeling and also a desire to scratch. On the other hand, the painful visual stimuli evoked a painful feeling. The arousal level was not significantly different among three conditions (i.e., the itchy, painful and control visual stimuli). The itchy visual stimuli induced significantly more negative mood as compared to the control visual stimuli. The itch and pain imagination evoked a disgust and fear feeling in most of the subjects. In particular, the intensity of disgust feeling during the itchy visual stimuli was higher than during the painful visual stimuli, speculating that unpleasantness of itch may be slightly different from that of pain. We also measured brain activity during the subjects imagined itch and pain using functional magnetic resonance imaging (fMRI). Our preliminary data showed that the itch and pain imaginations activated several brain regions such as the prefrontal cortex, cingulate cortex, insula, visual cortex and parietal cortex. In addition, we also observed that the neural activities in the parietal cortex and subcortical areas were different between the itch and pain imaginations. The finding speculate that such differences in brain activity may partly be associated with difference in unpleasantness between itch and pain. Acknowledgement: Supported by the Alexander von Humboldt Founda tion and National Institutes of Health (Grant No.: NS38493).
P06 Multimodale und andere Therapieverfahren II P06.1 Evidenzbasierte Musiktherapiemanuale bei chronischen Schmerzen– Forschungsergebnisse und aktuelle Forschungsprojekte B. Baumgarth1, T. Hillecke2 1 Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung DZM e.V., Heidelberg; 2 Fakultät Musiktherapie, SRH Hochschule Heidelberg In diesem Beitrag werden Studien und Studienergebnisse der Heidelberger Schmerzforschung sowie die Ergebnisse des aktuellen klinischen Projekts „Entwicklung eines musiktherapeutischen Behandlungskonzepts bei chronischen, primären Kopfschmerzen im Jugendalter“ vorgestellt. Die interdisziplinäre Forschergruppe arbeitet seit acht Jahren auf dem Gebiet der Entwicklung verschiedener evidenzbasierter Musiktherapiemanuale in den Bereichen chronische, nicht-maligne Schmerzen bei Erwachsenen, Tumorschmerzen, Kindermigräne und primäre Kopfschmerzen im Jugendalter zusammen. Hieraus sind manualisierte, effiziente Musik therapieverfahrenentstanden,dieeineNotwendigkeitweitererForschungs bestrebungen in diesen Bereichen bestärken und für die Weiterführung evidenzbasierter Musiktherapieforschung und die multimodale Ver sorgung chronischer Schmerzpatienten vielversprechend erscheinen. Diese klinische Forschung zeigt eine eindeutige Wechselbeziehung zwischen somatischer und psychologischer Befindlichkeit, die eine biopsychosoziale Sichtweise von chronischen Schmerzerkrankungen erfordert und somit der Maßgabe von Interdisziplinarität folgt. In diesem Beitrag vorgestellte musiktherapeutische Behandlungsmodelle können hinsichtlich ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit diesem Ziel gerecht werden. Ermöglicht wurden diese standardisierten Behandlungs
konzepte durch langjährige Kooperationen mit dem Zentrum für Schmerz- und Palliativmedizin der Universität Heidelberg, der Fakultät für Musiktherapie der SRH Hochschule Heidelberg, der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Heidelberg, dem Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung DZM e.V., sowie der Musiktherapeutischen Ambulanz an der Fakultät für Musiktherapie. Bisher sind zu vier gesundheitspolitisch relevanten Krankheitsbildern wirksame Konzepte entwickelt und hinsichtlich ihrer Effizienz bezüglich Symptomreduzierung, psychologischen Ergebnisvariablen und Therapie zufriedenheit überprüft worden: – Chronische, nicht-maligne Schmerzen: Die Ergebnisse zeigen bei 71% der behandelten Patienten (n=31), die eine adjuvante Musiktherapie erhielten eine klinisch signifikante Verbesserung (Hillecke 2005). – Replikationsstudie zu chronischen, nicht-malignen Schmerzen (2008): Die Ergebnisse bestätigten mit einer Verbesserungsquote von 68% (n=22) die Effektivität der vorhergehenden Studie. – Migräne bei Kindern (Leins 2006): Die Reduktion der Attackenhäufigkeit und die Therapiezufriedenheit der Musiktherapiegruppe sind nach der Intervention dem Medikament und dem Placebo klinisch signifikant überlegen (n=58). – Tumorschmerzen (Wormit 2008): Die Studienergebnisse zeigen eine klinisch reliable Verbesserung des kombinierten Zielkriteriums bei 60% der Patienten (n=20). – Primäre Kopfschmerzen bei Jugendlichen (2009): Die subjektive, sensorische Schmerzstärke reduzierte sich während der Behandlungsphase bislang um bis zu 60% (n=18). P06.2 Pulsed radiofrequency treatment for postmastectomy pain A. Lukas1, R. Perez2 1 Pain Therapy, Netherlands Cancer Institute Amsterdam, Netherlands; 2 Anesthesiology, VU University Medical Center, Amsterdam, Netherlands Introduction: Postmastectomy pain (PMPS) is a neuropathic pain syndrome predominantly caused by a lesion of the intercostobrachial nerve (IBN), resulting in pain located in axilla and ventral chest-wall. The pain is accompanied by allodynia and typically exacerbated by arm movements and lying on the painful side. PMPS has a considerable impact on daily functioning and quality of sleep. The present study was designed to evaluate the effect of pulsed radio frequency (PRF) on PMPS with IBN lesion, in patients with insufficient response to conventional pain therapy. Methods: PMPS patients with IBN lesion who had undergone PRF treatment were identified retrospectively in the pain database DOLORES©. PRF treatment had been performed at the thoracic nerves TH1 in patients with pain in the axilla, and TH6 in patients with ventral thoracic wall pain below the mamilla. Patients with pain at both localizations had received both PRF at TH1 and TH6. The PRF procedure was performed as described by van Zundert et al. �������������������������������������� [1] (PRF current 45 V/ 140 mA, pulses 2 Hz/20 ms, duration 6 min). ����������������������������������������� Pre and post intervention pain-intensity NRS data were analyzed (Wilcoxon, p<0.05). Results: Between March 2006 and February 2009, 22 PRF treatments were identified in patients with chronic PMPS, of which 11 in 9 patients with IBN lesion (mean age 52.8 (SD 10.8) years, mean duration PMPS 44.8 (SD 22.4) months). Six women had received PRF of TH 1, and three of TH 1 and TH 6. A significant (p = 0.017) median pain reduction of 4 (IQR 1-5) was observed after TH 1 PRF, whereby 7 out of 9 patients experienced pain relief. For TH6 PRF, one patient experienced complete pain reduction (NRS change -4), and one patient experienced a slight increase (NRS change +1). For one patient only post intervention NRS was documented (NRS = 1). Conclusion: With all limitations of a retrospective analysis, PRF treatment of the thoracic nerves 1 and 6 seems to be an effective treatment option for refractory PMPS with IBN lesion. Long term outcome and true efficacy
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Abstracts of pulsed radio frequency treatment for this specific patient group has to be established in a prospective controlled trial. Literature 1. Van Zundert et al. Pain Pract. 2007;7:21-6
P06.3 Placebokontrollierte Studie: Mikro-TENS zur Behandlung der schmerzhaften diabetischen Neuropathie G. Goßrau1, M. Wähner1, M. Kuschke1, B. Konrad2, H. Reichmann3, B. Wiedemann4, R. Sabatowski1 1 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, UniversitätsSchmerzCentrum, Dresden; 2 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, UniversitätsPhysiotherapieZentrum, Dresden; 3 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Dresden; 4 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, Insitut für medizinische Biometrie und Statistik, Dresden Einleitung: Bis zu 1/5 der Patienten mit Diabetes mellitus leiden an schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie (PNP). Transkutane elek trische Nervenstimulation (TENS) wird häufig als adjuvante Schmerz therapie eingesetzt. Jedoch ist die Studienlage kontrovers. Methodik: Wir untersuchten die Wirksamkeit von Mikro-TENS in der Reduktion neuropathischer Schmerzen bei diabetischer PNP in einer placebokontrollierten, einfach-blinden und randomisierten Studie. 20 Patienten mit Diabetes mellitus wurden randomisiert mit einer Verum-Elektrotherapie (Mikroreizstrom: f = Burst 2 Hz/T= 30 min/ I= 30–40 µA) und 17 Patienten mit einer Scheintherapie behandelt. Die Therapie erfolgte über 4 Wochen mit 3 Therapiesitzungen je 30 min pro Woche. Vor der Behandlung, am letzten Behandlungstag und 4 Wochen nach der Behandlung wurden Parameter der Schmerzen und Alltagsaktivitäten/-zufriedenheit in normierten Fragebögen erfasst (u.a. PDI, ADS, NPS). Als Therapieresponder wurden solche Patienten be wertet, deren Summenscore im PDI nach Therapie um mindestens 30% des individuellen Ausgangswertes reduziert waren. Ergebnisse: Die 2 Behandlungsgruppen unterschieden sich hinsichtlich Alters- und Geschlechtsverteilung, mittlerer Erkrankungsdauer an Dia betes mellitus, Schmerzdauer und neurologischer Symptom- und Be hinderungsscores zu Beginn der Therapie nicht statistisch signifikant (p>0,05). Erste Auswertungen zeigen 4 Wochen nach Behandlung eine Re sponderrate von 30% in der Verumgruppe verglichen mit 23,5% in der Placebogruppe. Im Mittelwert waren die PDI Scores direkt nach Behandlung in der Verumgruppe auf 77% und in der Placebogruppe auf 75% des Ausgangswertes reduziert, 4 Wochen nach Therapieende auf 90% in beiden Gruppen. Diese Unterschiede sind nicht statistisch signifikant. Diskussion: Diese Ergebnisse zeigen, dass in den bisher untersuchten Parametern der Effekt einer Mikro-TENS-Therapie nicht über den Effekt einer Placebo-Behandlung hinausgeht. Weitere vorliegende Daten werden aktuell analysiert. P06.4 Erlernen der ultraschallgezielten Blockade des Ganglion stellatum und der Interkostalnerven am Punktionssimulator J. Blunk, K. Bauer, J. Benrath Schmerzzentrum, Klinik für Anästhesiologie, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim Fragestellung: Zu den gängigen Verfahren der interventionellen Schmerztherapie gehören die Blockade der Interkostalnerven, z.B. bei Postzosterneuralgie, und die Blockade des Ggl. stellatum, z.B. bei sympathisch unterhaltenem Schmerz der oberen Extremität. Beide Blockaden können mit Hilfe des Ultraschalls durchgeführt werden, wobei sich die anatomischen Strukturen genau darstellen lassen und
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die Ausbreitung des Lokalanästhetikums kontrolliert werden kann. Das Erlernen der ultraschallgezielten Blockaden erfolgt häufig nach der Lernsequenz „see one – do one – teach one“. Mit Hilfe zweier hier vorgestellter Punktionssimulatoren können die Handhabung und die Durchführung beider Blockaden geübt werden, bevor das Erlernte am Patienten angewendet wird. Methoden: Zum Erlernen der ultraschallgezielten Blockadetechnik im Halsbereiches und am lateralen Brustkorbs wurden 2 punktierbare Phantome konzipiert. Die knöchernen Strukturen wurden durch Gips abdrücke der Wirbel C5–C7 bzw. von Schweinerippen nachgebildet. Als Gewebeersatz dient Gelatine. Haut, Trachea und Blutgefäße wurden durch Latex-Gel simuliert. Zur Erfolgskontrolle wurde ein Kontakt am Transversalfortsatz C6 angebracht, der bei Berührung mit der Nadel ein Lichtsignal auslöst. Beim Interkostalmodell wurde ein Draht an der Unterseite der jeweiligen Rippen angebracht. Eine „Pleuraverletzung“ wurde durch einen weiteren Kontakt unterhalb der Rippen simuliert (Tonsignal). Die Blockaden können mit einem 11,5 MHz Linearschallkopf simuliert werden. Die Punktion erfolgte in der sog. „out �������������������� of plane“ Technik. Die ���������������������������������������������������������������� Nadelspitze wird punktförmig gesehen, der Weg der Nadel als Verzerrung des Gewebes beobachtet. Ergebnisse: Die Blockadebedingungen im abgedunkelten Raum, das sterile Abdecken der Simulatoren und die erzeugten Sonographiebilder lassen die Blockade am Patienten simulieren. Eine Studie zur Evaluierung der Punktionssimulatoren und der Lernkurve von Studenten, sono graphisch erfahrenen Ärzten und mit sowohl sonographisch als auch punktionserfahrenen Ärzten wird derzeit begonnen. Diskussion und Schlussfolgerung: Die konzipierten Punktionssimu latoren können zur „Hands-on“ Demonstration für ärztliche Kollegen im Rahmen von Workshops und auch für Studenten zur Ausbildung in der ultraschallgezielten interventionellen Schmerztherapie eingesetzt werden. Dadurch soll vor dem Patientenkontakt mehr Sicherheit in der Handhabung der Ultraschallsonde und der Punktionsnadel erlernt werden. Weitere Punktionssimulatoren sind in Planung. P06.5 Pilotstudie zur Entwicklung eines Schmerzfragebogens zur Qualitätssicherung in der Behandlung chronischer Schmerzen in einem Krankenhaus der Maximalversorgung. M. Poels1, R. Joppich1, K. Messer2, J. Prölß3, F. Wappler1 1 Krankenhaus Köln-Merheim, Universität Witten/Herdecke, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Köln; 2 Pflegeschmerzexpertin, Krankenhaus Köln-Merheim, Köln; 3 Pflegedirektor, Krankenhaus Köln-Merheim, Köln Fragestellung: Epidemiologischen Studien zufolge treten chronische Schmerzen bei ca. 20% der Bevölkerung auf. Daten zur Häufigkeit chronischer Schmerzen bei stationären Patienten und zur allgemeinen Behandlungsqualität chronischer Schmerzen im Krankenhaus liegen nicht vor. Ziel dieser Pilotstudie war es, Patienten mit chronischen Schmerzen bei Krankenhausaufnahme zu detektieren und epidemiologische Daten zur Häufigkeit chronischer Schmerzen bei stationären Patienten zu gewinnen. In einem weiteren Schritt wird die Prozessqualität der stationären Behandlung auf chronische Schmerzen überprüft werden. Material und Methode: Der Brief Pain Inventory Short Form (BPI-SF) ist in der Tumorschmerztherapie zur Qualitätskontrolle der Schmerztherapie etabliert. Er wurde durch demografische Daten und Fragen zu Schmerz häufigkeit und -dauer ergänzt und bei Krankenhausaufnahme auf der Pilotstation (chirurgische Allgemeinstation) ausgegeben. Die ersten 100 Fragebögen wurden elektronisch erfasst und die Ergebnisse wurden deskriptiv unter Angabe von Mittelwert und Standardabweichung analysiert. Ergebnisse: 42% der Patienten hatten andere als Alltagsschmerzen. Die momentane Schmerzstärke lag auf einer 11-stufigen Skala von 0 bis 10 (NRS) bei 3,8 (SD 2,8). Maximale, durchschnittliche und minimale Schmerzstärke wurden mit NRS 6,0 (SD 2,4), NRS 4,7 (SD 2,1) und NRS 3,0 (SD 2,5) beziffert. 23% der Patienten erhielten eine analgetische
Therapie, die die Schmerzen um durchschnittlich 42% (SD 26%) linderte. Bei 19% der Patienten bestanden die Beschwerden länger als 6 Monate und 39% klagten über mehrmals tägliche oder dauerhaft vorhandene Schmerzen. Als häufigste Schmerzorte wurden Hüfte und untere Extremität (20%), Bauchbereich (13%) und untere Rückenhälfte (7%) angegeben. Die Beeinträchtigung (0 keine, 10 maximale Beeinträchtigung) durch die Schmerzen hinsichtlich allgemeiner Aktivität, Gehvermögen und normaler Arbeit und Belastung lag bei 5,1 (SD 3,0). Der Einfluss der Schmerzen auf die Stimmung, die Beziehungen zu anderen Menschen und die Lebensfreude wurde mit 4,2 (SD 2,9) beziffert. Diskussion: Wie auch in anderen epidemiologischen Studien litten 19% der Patienten an Schmerzen mit einer Dauer größer 6 Monaten. Ein Problem stellte die Identifizierung von chronischen Schmerzen dar, die unabhängig vom aktuellen chirurgischen Krankheitsbild waren. Eine Diskrimination zwischen chronischen Schmerzen, die durch die Operation behandelt wurden (z.B. Knie-TEP bei Gonarthrose) und schmerztherapeutischer Behandlungsbedürftigkeit trotz operativer Intervention (z.B. Knie-TEP bei Gonarthrose und Spannungskopfschmerz) war nicht exakt möglich. Daten zur Prozessqualität (Verlaufsfragebogen) wurden in der Pilotphase noch nicht erhoben. Schlussfolgerung: Der Anteil chronischer Schmerzen im Patienten klientel eines Krankenhauses der Maximalversorgung scheint dem in der Gesamtbevölkerung zu entsprechen. Der erweiterte BPI-SF reicht jedoch nicht aus, um als Screeninginstrument Patienten mit behandlungsbe dürftigen chronischen Schmerzen sicher zu identifizieren. Weitere Unter suchungen sind zur Entwicklung eines optimalen Konzeptes nötig, um die eingangs erwähnten schmerztherapeutischen Fragestellungen zu be antworten. P06.6 Wirkung eines somatosensorischen Diskriminationstrainings auf Phantomschmerzen bei Armamputierten C. Dietrich, W. H. R. Miltner, T. Weiss Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie, Institut für Psychologie, Jena Phantomschmerzen nach Amputation einer Gliedmaße treten bei schätzungsweise 80% der Amputierten auf und können weitreichende berufliche und soziale Einschränkung bewirken. Effektive Therapien stehen weitgehend noch aus. Ziel neuerer Therapieansätze ist eine Rückorganisation deafferentierungsbedingter kortikaler Reorganisations vorgänge der Repräsentationsareale der amputierten Körperregion (Re-Reorganisation), etwa durch das Erlernen der Diskrimination sensorischer Reize, die in der Nähe der Amputationsstelle appliziert werden (Flor, Denke, Schaefer & Grüsser, 2001). Die vorliegende Studie überprüft die bisherigen positiven Wirkungen eines solchen Vorgehens mit Hilfe eines 14-tägigen somatosensorischen Diskri minationstrainings bei 9 Armamputierten. Die Patienten hatten unter schiedliche Stimulationsmuster von 1 bis 4 elektrokutanen Reizen zu diskriminieren, die in der Nähe der Amputationsregion appliziert wurden. Phantomschmerzen wurden mit verschiedenen Schmerzskalen vor Beginn, während und nach Beendigung des Trainings sowie zwölf Wochen nach Abschluss des Trainings überprüft. Die Ergebnisse zeigen einerseits signifikant zunehmende Diskriminationsleistungen über den Verlauf des Trainings, andererseits findet sich eine Abnahme der Phantomschmerzen, wobei das Ausmaß der Schmerzreduktion im Mittel klinisch wenig bedeutsam erscheint. Obwohl sich die positiven Auswirkungen des Trainings auf den Phantomschmerz bis zur Nach untersuchung wieder zurückentwickeln, bleibt der durchschnittliche Phantomschmerz im Vergleich zur Baseline reduziert. Insgesamt zeigt sich, dass ein 14-tägiges somatosensorisches Diskri minationstraining eine Reduktion von Phantomschmerzen bewirkt. Allerdings erweist sich die Reduktion nur als mäßig und scheint sich im Zeitraum von 12 Wochen nach Beendigung des Trainings teilweise wieder zu verlieren. Inwieweit eine Ausdehnung des Trainings durch
eine Intensivierung des täglichen Trainings oder eine Ausdehnung der Trainingstage bessere Resultate erwirken könnte, bleibt zu überprüfen. P06.7 Einstellungen, Erwartungen und Erfahrungen von Patienten einer Schmerzkonferenz am Beispiel der Benjamin Franklin Schmerzkonferenz der Charité-Universitätsmedizin Berlin Chr. Eiken Anästhesie Schmerzambulanz, Charite Campus Benjamin Franklin - Berlin Fragestellung: Schmerzkonferenzen (SK) sind ein fester und anerkannter Teil der Therapie chronischer Schmerzen. Sie sollen den von BONICA geforderten, multidisziplinären Ansatz der Schmerztherapie gewähr leisten und finden inzwischen regelmäßig deutschlandweit statt. Bisher gibt es keine Veröffentlichung, die die Wirksamkeit von SK überprüft hätte. In einer Pilotstudie sollten daher Patienten, die auf der Benjamin Franklin Schmerzkonferenz vorgestellt wurden, befragt werden. Für die Befragung wurde angenommen, dass die teilnehmenden Patienten die SKals nicht belastend einschätzen und positive Erwartungen hinsichtlich der Beeinflussung ihrer Diagnostik und Therapie durch die SK haben. Material & Methoden: Die letzten 100 mit Protokollen dokumentierten Teilnehmer der Benjamin SK bekamen Fragebögen zugeschickt. Die Fragebögen enthielten offene und geschlossene Fragen. Ergebnisse: Der Rücklauf betrug 41%. Die nachfolgenden VAS-Daten sind Medianwerte. Die Patienten berichteten über eine hohe Schmerzintensität (VAS 6,3; 0 = keine/10 = unerträglich). Ihre Lebensqualität wurde mit 3,0 im Median niedrig eingeschätzt (VAS 0 = sehr niedrig/10 = sehr hoch). Die Atmosphäre auf der SK wird als gut bewertet (VAS 3,2; 0 = sehr angenehm/10 = sehr unangenehm), 73,7% würden sich erneut vorstellen lassen, 71,4 % würden die SK weiterempfehlen. Die Beeinflussung der weitergehenden Diagnostik und Therapie wird gering eingeschätzt (je VAS 5,1; 0 = sehr negativ/10= sehr positiv), bei gleichzeitig hohen Erwartungen im Vorfeld (VAS 6,1; 0 = sehr niedrig/10 = sehr hoch). Bei den sekundären Zielparametern zeigte sich, dass das ärztliche Nachgespräch zur SK seitens des Patienten als sehr informativ empfunden wurde (8,1 auf VAS; 0=sehr schlecht/10=sehr gut). Die Kompetenz der SK wurde hoch eingeschätzt (8 auf VAS), die Organisation ist gut (8,3.auf VAS) Diskussion: Die befragte Kohorte hat Merkmale hoher Schmerzchroni fizierung. Die Teilnahme an einer SK scheint keine größere subjektive Belastung der Patienten darzustellen. Die hohen Erwartungen der Teil nehmer an eine SK werden offensichtlich nicht erfüllt, da die Befragten keinen Einfluss der SK auf ihre Diagnostik und Therapie feststellen konnten. Während allgemeine Kommunikation und Organisation positiv bewertet werden, scheint ein Defizit bei der ärztlichen Edukation zu bestehen, das Nachgespräch wird hier als besonders wichtig einge schätzt. Schlussfolgerung: Zusammenfassend werden die hohen Patientener wartungen an eine Schmerzkonferenz nicht erfüllt, ihre Sinnhaftigkeit würde erst durch das intensive Nachgespräch für den Patienten erreicht werden. Bei bislang unklarer Wirkung von SK auf krankheitsspezifische Outcomeparameter ist daher die Funktion der SK möglicherweise hauptsächlich der Informations- und Fortbildungscharakter für die teilnehmenden Therapeuten. P06.8 Einfluss einer nicht-invasiven Therapiemethode (Khalifa-Therapie) auf die Funktionalität bei Patienten mit rupturiertem vorderen Kreuzband im Knie M. Ofner1, E. Wallenböck2, P. Kullnig3, A. Sandner-Kiesling1 1 Anästhesiologie, Medizinische Universität Graz, Österreich; 2Unfallchirurgie, UKH Graz, Österreich; 3 Radiologie, CT/MRT Diagnosezentrum Graz, Österreich Einleitung: Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes im Knie stellt eine der häufigsten Bandverletzungen des Menschen dar. Die Behandlung besteht
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Abstracts einerseits aus der operativen Kreuzbandplastik, bzw. aus dem Einsatz physiotherapeutischer Techniken zur muskulären Gelenksstabilisierung. Im Gegensatz dazu behauptet der Halleiner Manualtherapeut Mohamed Khalifa, dass er diese Bandrupturen allein durch Druck auf die Haut wieder heilen kann. Die hohe funktionelle und analgetische Zufriedenheit seiner Patienten steht in krassem Kontrast zur klassischen Therapie. Zur Überprüfung dieser Schilderungen wurde eine prospektive, klinisch kontrollierte, randomisierte, untersucherblinde multizentrische Studie konzipiert und gestartet. Fragestellung: Ist ein total rupturiertes Kreuzband mit rupturiertem Synovialschlauch durch eine Behandlung mit Druck auf die Haut in kürzester Zeit wiederherstellbar? Methodik: Dazu werden 40 Patienten in 2 Gruppen randomisiert. Eine Gruppe wird rein physiotherapeutisch behandelt, die andere Gruppe erhält Physiotherapie plus eine einzige Behandlung von Herrn Khalifa. Folgende Diagnostik wird durchgeführt: (1) ein erweiterter IKDC Frage bogen, (2) eine funktionelle Untersuchung zu 3 Zeitpunkten: 1. Beim Einschluss in die Studie, 2. innerhalb von 24h nach der ersten Behandlung, 3. innerhalb einer Woche nach der Kontroll-MRT, und (3) MRTDiagnostik vor und 3 Monate nach der jeweils ersten Behandlung. Präeliminäre Resultate: Bei den ersten 12 Patienten zeigt sich im Verlauf und Vergleich der beiden Gruppen ein signifikanter Unterschied sowohl in Funktion, Schmerz, und psychischer Beeinträchtigung. Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse sind überraschend und rein schulmedizinisch kaum erklärbar. Leider liegen zum Zeitpunkt der Er stellung dieses Abstracts noch keine MR-Ergebnisse vor. Sollte sich diese Therapie nach Studienende und Auswertung aller Daten als wirksam erweisen, hätte dies außerordentliche wirtschaftliche, ver sicherungsrelevante und medizinische Folgen: Alleine eine Besserung der Funktionalität und Reduktion der Schmerzen wäre schon ein enormer Lebensqualitätsgewinn für die betroffenen Patienten. Eine Wiederherstellung der rupturierten Kreuzbänder ohne Operation wäre schlichtweg eine medizinische Sensation. . Abb. 1 Abb.1 IKDC- Kniefunktions score im Vergleich der beiden Gruppen zu 3 Zeitpunkten. oben: Standardth. + Khalifa; unten: Standardth.
P06.9 iSuite „Chronischer Schmerz“ – Ein Wissensbanksystem zur Dokumentation und Qualitätssicherung K. Gastmeier1, U. Petersohn2, S. Guhlemann2 1 Ambulantes Operationszentrum, Potsdam-Babelsberg; 2 Institut für Künstliche Intelligenz, Fakultät Informatik, TU Dresden Fragestellung: Im Rahmen der Qualitätssicherung langfristiger Behand lungen ist eine computergestützte Dokumentation und Evaluierung von Anamnesen, Krankheitsverläufen, Diagnosen, Befunden und Therapien sinnvoll. Aus dieser Motivation heraus wurde in einer Kooperation des Interdisziplinären Arbeitskreises Brandenburger Schmerztherapeuten e.V. (IABS) mit der Fakultät Informatik der TU Dresden das Wissensbankund Informationssystem iSuite „Chronischer Schmerz“ entwickelt. Material und Methoden: Aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz wurden die Methoden des Fallbasierten und konzeptbasieren Schliessens sowie der Prädikatenlogik in einem Wissensbanksystem umgesetzt.
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Umfangreiches schmerzmedizinisches Wissen wurde eingebaut, um eine hochwertige Evaluierungs- und Entscheidungsunterstützung zu er möglichen. Ergebnisse: Das iSuite-System gibt dem Arzt Hilfestellungen in Form von automatisierten Dialogen, Dokumentationen, Recherchen, Be rechnungen, Auswertungen, grafischen Darstellungen und Vorschlägen in jeder Situation der Behandlung eines konkreten Patienten. Darüber hinaus sind statistische Auswertungen und fallbasiertes Schliessen über dem gesamten Patientenstamm möglich. Diskussion: Das iSuite-System enthält unter dem Shell einer einfach handhabbaren Oberfläche einzeln aufrufbare Funktionen. Diese Funk tionen greifen auf im System gespeicherte, generische Wissensbestände, sowie in einer Datenbank abgelegte spezifische Patientendaten zurück. Damit wird es möglich, Wissen und Dialoge leicht an neue Erkenntnisse oder Bedürfnisse anzupassen. Eine dieser Funktionen ist eine generische Patienteneingabekompo nente. Hier gibt der Patient autonom in einer multimedialen Oberfläche seine Anamnese ein. Ein qualitativer Fortschritt einer strukturierten Anamnese mit iSuite „Chronischer Schmerz“ besteht auch darin, dass bestimmte medizinische Termini und Begriffe, die für eine Diagnostik Relevanz besitzen, über multimediale Techniken dem Patienten genauer erklärt werden können. Die Antworten des Patienten können aufgrund des dadurch erzielten besseren Frage-Verständnisses mit einer höheren Verlässlichkeit gewertet werden. Weiterhin können generisch beliebige Auswertungen zu einem konkreten Patienten durchgeführt werden. Ebensolche Auswertungen über dem gesamten Patientenstamm einer Praxis oder sogar mehrerer Praxen ermöglichen die gezielte Suche nach Patienten mit ähnlichen Krank heitsbildern und deren Behandlung. Ausserdem werden so statistische Zusammenhänge offenbar. Schlußfolgerung: Das System führt in den meisten Fällen zu einer deutlichen Zeit- und Aufwandsersparnis und gewährleistet einen kontinuierlichen, umfassenden und jederzeit auswertbaren Doku mentationsstandard. Dabei werden der Arzt und das medizinische Personal von der täglichen Praxis notwendiger Routinedokumentation saufgaben entlastet. Da das Programmsystem, wissensbasiert aufgebaut ist, besteht jederzeit die Möglichkeit, sich auf schwerpunktmäßige Fragen – je nach Aktualität – zu konzentrieren. Damit ist dieses Programmsystem auch für nicht schmerzbezogene Fragestellungen interessant und soll mittelfristig in anderen Teilgebieten der Medizin eingesetzt werden. P06.10 Das Münchner naturheilkundliche Schmerzintensivprogramm (MNS-S) – 2-Jahres Ergebnisse P. Bäumler1, J. Wiedemann1, Chr. Irnich1, N. Kohls2, M. Offenbächer3, A. Winkelmann1, L. Lehmeyer1, G. Harreus1, P. Lang1, A. Stumvoll1, E. Weber1, N. Wilming1, K. Gaida1, G. Wallach1, E. Faupel1, A. Karoll1, B. Jopen-Wolff1, D. Irnich1 1 Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinikum der Universität München, Campus Innenstadt, München; 2 Generation Research Project, Humanwissenschaftliches Zentrum der LMU München, Bad Tölz; 3 Institut für Medizinische Psychologie, Klinikum der Universität München, Campus Innenstadt, München Hintergrund: Multimodale teilstationäre Gruppen-Behandlungs programme für Patienten mit chronischen Schmerzen werden von spezialisierten Einrichtungen angeboten und sind in ihrer Wirksam keit evaluiert. Die Mehrzahl der Programme enthält neben physio therapeutischen Maßnahmen, edukative und psychologische Anteile mit dem Ziel den Umgang mit den Schmerzen und ihren Konsequenzen zu verbessern. Dennoch reichen auch mehrwöchige Programme nicht immer aus Schmerzbewältigungsstrategien umfassend zu erlernen und die erweckte Motivation aufrechtzuerhalten.
Methode: Die klassischen westlichen Naturheilverfahren (NHV) und die Traditonelle chinesische Medizin (TCM) bieten umfassende Therapie ansätze, welche als Basis für ein 3-Stufen-Konzept zur langfristigen Betreuung chronifizierter Schmerzpatienten dienen: Stufe 1: Teilstationäres Gruppen-Intensivprogramm (8 Patienten, 20 Tage in 4 Wochen) auf naturheilkundlicher Basis mit edukativem Anteil, Verhaltenstherapie zur Schmerzdistanzierung und selbstübenden Verfahren zur Schmerzkontrolle. Angewandte Verfahren sind Akupunktur, Qigong, Rhythmik, Psychotonik nach Glaser, Atemtherapie, Meditation, Ernährungsmedizin, Stress- und Schmerzbewältigung und klassische Naturheilverfahren. Effektive Möglichkeiten zur Selbstbehandlung werden angelernt. Stufe 2: Offene Gruppen d.h. einmal wöchentliche Weiterführung mindestens eines der erlernten Verfahren unter Anleitung eines erfahrenen Therapeuten gegen eine geringfügige finanzielle Selbstbeteiligung (Selbstkostenpreis) und ohne Inanspruchnahme der Krankenkassen (Auflösung der 8-Personen Gruppenstruktur). Stufe 3: Vorträge, Seminare und geführte Selbsthilfegruppen (Langzeitbegleitung) Die Stufe 3 beinhaltet regelmäßige Gruppentreffen teilweise in Anwesen heit eines Arztes oder Therapeuten mit Diskussionen. Zusätzlich werden zweiwöchentlich offene Vorträge zu speziellen Themen der Schmerz therapie angeboten. Evaluiert werden kurz- und langfristige Wirkungen mittels Deutschem Schmerzfragebogen (DSF, ausführliche Version) ergänzt um einige weitere Parameter. Ergebnisse: Es wurden bisher 47 Gruppen mit über 300 Patienten durch geführt, davon konnten aktuell für 211 Patienten 2-Jahres Ergebnisse er hoben werden. Im Rahmen der ersten Auswertungen zeigten sich signifikante Ver änderungen (ANOVA, p<0,05) in der Schmerzintensität, dem Pain Disability Index, in der Schmerzempfindungsskala nach Geissner und der Anzahl von AU-Tagen und Arztbesuchen 2 Jahre nach Abschluss des 4-wöchigen teilstationären Gruppen-Intensivprogramms. Schlussfolgerung: Das beschriebene 3-Stufen-Konzept kann langfristig zu einer Verbesserung schmerz-relevanter Parameter bei hoch chronifi zierten Schmerzpatienten führen. Das Projekt wird von der Erich-Rothenfusser-Stiftung unterstützt. P06.11 Krankheitsbilder in einer pädiatrischen interdisziplinären Schmerzsprechstunde C. Gravou-Apostolatou1, I.-R. Wilhelm2, S. Kusnik3, R. Sittl4, N. Grießinger2 1 Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche, Universitätsklinikum Erlangen; 2 Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen; 3 Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche, Universitätsklinik Erlangen; 4 Interdisziplinäres Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen, Einleitung: Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen sind ein bedeut endes gesundheitspolitisches Problem. Nach internationalen Schätzung en sind etwa 15–25% der Kinder und Jugendlichen von anhaltenden und/oder wiederkehrenden Schmerzen betroffen. Über 200.000 Kinder in Deutschland leiden an therapierefraktären Migräneanfällen. Chronische Spannungskopfschmerzen, funktionelle Bauchschmerzen, Tumorschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen und somatoforme Schmerzstörungen stellen die behandelnden Kinderärzte oft vor einer schwierigen Aufgabe. Etwa drei Viertel der mehrfach behinderten Kinder haben chronische Schmerzen, die ihren Alltag stark beeinträchtigen. Chronische Schmerzen führen zu einer Beeinträchtigung in der Aus übung von Alltagsaktivitäten, vermehrten Schulfehlzeiten, häufigen Arztbesuchen und Medikamenteneinnahme. Zudem besteht das Risi
ko einer Chronifizierung der Beschwerden und Prädisposition für Schmerzerkrankungen im Erwachsenenalter. Methodik: Seit April 2007 bietet die Kinder- und Jugendklinik Erlangen in Zusammenarbeit mit der Anästhesiologischen Klinik und dem Schmerzzentrum eine interdisziplinäre Sprechstunde an. mit dem Schwerpunkt chronische Schmerzen bei Kinder und Jugendlichen. Das Team besteht aus einer Kinderärztin, einem Schmerztherapeuten und einer Psychologin. Die Sprechstunde findet einmal in der Woche nachmittags statt. Ergebnisse: Bisher stellten sich 65 Patienten vor, 33 Mädchen und 32 Jungen. Der Altersmedian betrug 14,2 Jahre. Die Alterspanne lag bei 6–18 Jahre. Es wurden folgende Diagnosen erhoben: 27,7% der Kinder und Jugendlichen klagten über Migräne, 49,2% über Kopfschmerzen vom Spannungstyp, 4,6% über Kopfschmerzen von Mischtyp, 3,1% über Bauchschmerzen, 9,2% hatten eine somatoforme Schmerzstörung, 1,5 % Gelenkschmerzen, 2% über Rückenschmerzen und 1,5% Beinschmerzen. Schlussfolgerung: Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Schmerzen ist komplex, individuell unterschiedlich und sollte aus mehreren Bausteinen bestehen, die über die reine medikamentöse Schmerztherapie weit hinausgehen und auch nicht-medikamentöse Verfahren berücksichtigen (multimodales Therapiekonzept). Die enge Kooperation zwischen Kinderarzt, Schmerztherapeuten, Psychologen und Physiotherapeuten ist Voraussetzung für eine optimale Therapie. Um der Komplexität der Erkrankung gerecht zu werden sollten Kinderund Jugendliche mit chronischen Schmerzen interdisziplinär behandelt werden.
P08 Pharmakologische Therapie des Schmerzes II P08.1 Intrathekale Opiattherapie bei Patienten mit Restless Legs Syndrom – Ein Fallbericht M. Hornyak, K. Kieselbach Interdisziplinäres Schmerzzentrum, Universitätsklinikum, Freiburg Fragestellung: Das Restless Legs Syndrom (RLS) ist durch einen Bewegungsdrang in den Beinen charakterisiert, der meistens mit (schmerzhaften) Parästhesien verbunden ist und vor allem nachts auf tritt. Die Betroffenen mit mittelschweren oder schweren Symptomen leiden meistens unter schwersten Schlafstörungen infolge des RLS. Für die Behandlung des RLS sind L-Dopa und die Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin zugelassen. Als Therapie der zweiten Wahl werden beim RLS Opiate gegeben. Opiate sind in der Behandlung des RLS klinisch gut wirksam, für die Indikation RLS jedoch nicht zugelassen. Sie werden bei schwerkranken RLS-Patienten häufig in Kombination mit Dopaminagonisten gegeben. Opiate können abhängig von der Dosierung zu Nebenwirkungen wie Tagesschläfrigkeit, verminderter Aufmerksamkeit oder schneller Ermüdbarkeit führen. Diese Nebenwirkungen können eine ausreichend hohe Dosierung der ansonsten wirksamen Medikamente verhindern. Einzelne Fallberichte aus den skandinavischen Ländern beschreiben eine gute Wirksamkeit der intrathekalen Opiattherapie bei RLS. Einer der Schwerpunkte unseres Zentrums ist die Diagnostik und Therapie schwerkranker RLSPatienten. Material und Methode: Wir berichten über einen 56jährigen Patienten mit schwerstem RLS. Ergebnisse: Die Implantation des intrathekalen Katheters erfolgte nach ausführlicher Diagnostik einschliesslich schlafmedizinische, psychiatri sche und neurophysiologische Abklärung. Unter niedrigdosierter intra thekaler Opiatgabe kam es zu einer erheblichen Besserung der RLS Symptome. Auch die dopaminerge Medikation konnte unter der intra thekalen Opiatgabe reduziert werden. Diskussion und Schlussfolgerung: Die intrathekale Opiatgabe stellt bei schwerstkranken RLS-Patienten eine wirksame Therapiealternative dar. Die Indikation zur intrathekalen Opiattherapie sollte in Zentren Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts mit Erfahrung in der Behandlung von RLS-Patienten nach Ausschluss sekundärer RLS-Erkrankungen und nach Ausschöpfen anderer Be handlungsmethoden gestellt werden. Kontrollierte Studien zur Unter suchung zur Wirksamkeit der intrathekalen Opiatgabe bei RLS sind erforderlich. P08.2 Schmerzen im Rahmen einer Depression: Ergebnisse aus der PADRE-Beobachtungsstudie mit Duloxetin E. Schneider1, D. Quail2, T. Wagner1, S. Wilhelm1, U. Hegerl3 1 Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg; 2 Eli Lilly and Company, Windlesham, United Kingdom; 3 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der Universität Leipzig Fragestellung: Depressive Patienten berichten häufig über schmerzhafte körperliche Symptome (PPS), die einen negativen Einfluss auf den Erfolg der Behandlung haben können. In der deutschen Beobachtungsstudie PADRE wurden PPS bei depressiven Patienten, die mit Duloxetin (DLX) behandelt wurden, evaluiert. Methoden: In die multizentrische, prospektive 6-monatige Beobachtungs studie wurden erwachsene ambulante Patienten mit akuter depressiver Episode (nach ICD-10) eingeschlossen. PPS (Gesamt-, Kopf-, Schulter/ Nacken-, Rücken-, Gelenk-, Brust- und Bauchschmerz) wurden vom Patienten anhand visueller Analogskalen evaluiert (VAS; ≤30mm=keine/ leichte, >30mm=mittlere/starke Schmerzen), und vom Arzt durch Be antwortung einer offenen Frage (relevante Schmerzsymptome’ ja/nein) erfasst. Den Schweregrad der Depression beurteilte der Arzt mittels IDS-C Skala (0-84, 0=am besten, Remission ≤12) und die Patienten mittels KUSTA VAS (Stimmung, Aktivität, Spannung/Entspannung, Schlaf; 0-100; 0=am schlechtesten). Um Faktoren zu finden, die mit einer Remission nach 6 Monaten assoziiert sind, wurde die logistische Regressionsanalyse eingesetzt. Ergebnisse: 4.517 Patienten (mittl. Alter 52,2J; 71,8% Frauen) wurden eingeschlossen. Nach Einschätzung des Arztes hatten 87,8% der Patienten relevante Schmerzsymptome bei Studienbeginn (BL). Bei diesen Patienten wurden die Schmerzen hauptsächlich muskuloskeletalen (74,9%) und Kopfschmerzen (60,2%) zugeschrieben und bei 72,1% gab es keine organische Erklärung für die Schmerzen. Nach Patienteneinschätzung hatten 80,0% (N=4408) mittlere bis schwere Gesamtschmerzen zu BL. Der VAS-Gesamtschmerz für alle Patienten (Mittelw. [95%KI]) war 55,0mm [54,2;55,8]; am stärksten waren Rücken- (50,3mm [49,4;51,3]) und Gelenkschmerz (48,5mm [47,5;49,4]; viszerale Schmerzen waren weniger ausgeprägt (z.B. Bauchschmerz 24,4mm [23,6;25,2]). Zu BL nahmen 32,3% der Patienten Analgetika als Dauer- und 60,9% als Bedarfsmedikation (letzte 12 Monate) ein. Zu BL betrug der mittlere IDSC Score 39,2 [38,9;39,6]; der mittlere KUSTA-Score 25,2 [24,7;25,7]. Nach 6 Monaten DLX (N=3,320) verbesserten sich die Schmerzen korrespondierend zu den emotionalen Symptomen (mittl. Änderung [95%KI]: IDS-C -23,7 [-24,2;-23,1]; KUSTA +34,0 [33,0;35,0]). 65,4% der Patienten mit mittleren/schweren Schmerzen bei BL berichteten eine klinisch relevante Schmerzreduktion um ≥30%, und 50,1% um ≥50%. Die mittlere VAS-Schmerzreduktion für alle Patienten betrug -24,4mm [-25,4;-23,4]. Die Remissionsrate (IDS-C) bei Patienten mit früher Schmerzreduktion (≥50% nach 4 Wochen DLX) war 66,9% im Vergleich zu 36,5% bei Patienten ohne ≥50% Schmerzreduktion nach 4 Wochen (p<0,0001, Regressionsanalyse). Schlussfolgerung: Die PADRE-Daten bestätigen die hohe Prävalenz von PPS bei Depression und deren klinische Relevanz. Diese Studie zeigte, dass bei depressiven Patienten mit PPS und DLX-Behandlung eine frühe Schmerzreduktion mit einer deutlicheren Verbesserung der Depression assoziiert war. Unterstützt von Lilly Deutschland und Boehringer Ingelheim.
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P08.3 Einfluss der Katheterlage bei der intrathekalen Ziconotidtherapie W. Hofacker Anaesthesie/Schmerztherapie, Kreiskliniken Unterallgaeu/Kreisklinik Ottobeuren Ziconotid ist das synthetisch hergestellte Conotoxin SNX111. Als Peptid ist es die einzig wirkliche Analgetika-Neuentdeckung und Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Die Substanz wurde in der Kegel schnecke Conus magus entdeckt und ist seit 2006 in Deutschland zuge lassen zur Therapie starker, chronischer Schmerzen, die einer intrathekalen Behandlung bedürfen. Die optimale intrathekale Platzierung wurde im Rahmen der Zulassungstudien von Ziconotid nicht ermittelt. Dass die schmerzreduziernde Wirkung der Substanz auch von der Lage der Katheterspitze abhängt, zeigt der hier vorgestellte Fall: 44-jähriger Patient, Polytrauma, konsekutiv OP’s an der LWS, 16 × OP rechte Schulter, chronischer Schmerz (VAS 8-10), Chronifizierung nach Gerbershagen III. Der Verlauf wird anhand eines Diagramms (VAS gegen ZiconotidDosierung getrennt für Schulter und LWS) gezeigt. Es konnte gezeigt werden, dass bei Lage der Katheterspitze auf Höhe TH10 die LWSSchmerzen sehr gut therapierbar waren, nicht jedoch der Schulter schmerz. Nach Katheterneuanlage (Katheterspitze C4) deutliche Reduktion (80%) des Schulterschmerzes (Dosierung 4 µg/d.), jedoch gleichzeitig ein 20%iger Schmerzanstieg im LWS-Bereich. Die Applikation von Ziconotid erfolgte mit einer Gasdruckpumpe. Fazit: Auch chronische, therapierefraktäre Schulterschmerzen können mit Ziconotid sehr erfolgreich behandelt werden. Es kann gezeigt werden, dass die Positionierung der Katheterspitze einen entscheidenden Einfluss auf den Therapieeffekt hat. P08.4 Ibuprofen Brausetabletten weisen einen schnelleren Wirkungseintritt auf als Ibuprofen Saure Tabletten und Paracetamol Brausetabletten D. Kellstein1, S. Jayawardena2, G. Doyle1, P. Desjardins1, T. Schettler3, S. Christensen4 1 Clinical and Medical Affairs, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 2 Biostatistics, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 3 Medical Department, Whitehall-Much GmbH, Muenster; 4 Clinical Research, Jean Brown Research, Salt Lake City UT, USA Problem Description: We �������������������������������������������� compared the onset of analgesia and overall analgesic efficacy of a novel ibuprofen effervescent tablet (IBU EFF, 1×400 mg), to standard ibuprofen (Nurofen) tablets (IBU, 2×200 mg), effervescent paracetamol (Doliprane) tablets (PARA EFF, 1×1000 mg) and placebo. Material and Methods: A single-dose, randomized, double-blind, single-center, in-patient, parallel group trial using the dental pain model was performed Two hundred and sixty-two normal healthy subjects with at least moderate pain following extraction of two or more third molars were randomly assigned to treatment in a 2:2:2:1 ratio, respectively. Pain intensity and pain relief were assessed up to 8 hours post-dosing. Times to first perceptible and meaningful relief were measured using two stopwatches. The three co-primary efficacy parameters were SPRID-8 (sum of pain relief and pain intensity difference scores over 8 hours) for the comparison of IBU EFF (N=72) vs. placebo (N=36); SPRID-6 for IBU EFF vs. PARA EFF (N=79), and time to meaningful relief for IBU EFF vs. IBU (N=75). Results: IBU EFF was significantly better than placebo for SPRID-8 (p<0.001) and PARA EFF for SPRID-6 (p<0.01). IBU EFF was also signi ficantly (p<0.001) faster than IBU for time to meaningful relief (35.2 min vs. 59.8 min). IBU EFF was significantly better than placebo for SPRID-6, PARA EFF for SPRID-8, and comparable to IBU for SPRID-6 and SPRID8. Similar results were noted for sum of pain intensity difference (SPID) and total pain relief (TOTPAR) over 6 and 8 hours. For pain intensity
difference (PID) over time, IBU EFF was significantly or numerically better than PARA EFF throughout the 8-hour evaluation period. IBU EFF was significantly or numerically better than IBU from 15 min until hour 4; at later time points, IBU was numerically or significantly better than IBU EFF. Pain relief scores over time showed a generally similar pattern. Subjects in the IBU EFF group also reported a significantly faster time to meaningful relief (35.2 min) compared to PARA EFF (54.5 min) and placebo (>480 min). The results were similar for time to first perceptible relief. All three active treatment groups were significantly better than placebo for time to treatment failure, with median times of 1.8 hrs for placebo, and >8 hrs for all active treatments. There were 94 adverse events (AEs) reported by 48 subjects during the study: 13 (36.1%), 12 (16.7%), 15 (19.0%) and 8 (10.7%) with placebo, IBU EFF, PARA EFF and IBU tablet, respectively. Placebo had a higher rate of overall and gastrointestinal AEs compared to active treatments. Discussion and Conclusions: A novel IBU EFF tablet (400 mg) provides faster onset of analgesia compared to both standard IBU (2×200 mg) and PARA EFF (1000 mg), and greater overall analgesic efficacy compared to PARA EFF and placebo. P08.5 Eine Leitstudie mit demVergleich von Wärmeumschlägen und Gegenreizmittel-Creme und Plaster zur Beurteilung der Gewebentiefe der Hitze J. Petrofsky, L. Berk, G. Bains, M. Prowse, E. Lohman Department of Physical Therapy, Loma Linda University School of Allied Health, Loma Linda, CA, USA Problem and Description: Delayed onset muscle soreness (DOMS) is largely due to intermittent bouts of heavy activity and weekend exercise. Several products are commercially available alleging to help DOMS. The objectives of this pilot study were to assess- 1) the changes in skin and deep muscle temperature (temp) with three over the counter pain relief modalities, 2) the time course for changes in skin and deep tissue blood flow for the 3 modalities and 3) the relationship between changes in temperature and blood flow in skin and muscle with the 3 modalities over a 2 hour period. Material and Methods: A three-way crossover, open-label design was used with each phase lasting 2 hours on separate days. During each treatment phase, skin temp was measured by thermocouple and thermal imaging. Muscle temp was measured via an implanted thermocouple. Skin and muscle blood flow was measured using an infrared Laser/ Doppler flow meter. Interventions were commercially available products1) a commercially available heat wrap 2) a counterirritant cream containing 10% menthol and 30% methyl salicylate as the active ingredients and 3) a topical patch containing 5% menthol as the active ingredient. Interventions were applied to an area over the quadriceps muscle for 2 hours. Results: Five healthy subjects participated in the study. Deep muscle temp and blood flows were measured every 15 minutes and skin surface measures were made every 30 minutes post application of each modality. The results of the study indicated that only the heat wraps heated and increased muscle blood flow. The menthol and methyl salicylate compounds in counterirritant patches or cream did not appear to cause any changes in muscle temp or muscle blood flow. Muscle blood flow and temp did not show physiologically significant change over the 2 hour period with either counterirritant product, whereas skin blood flow was reduced by about 33% with counterirritant cream and skin temp reduced by 7%. Blood flow, 2 hours after application of heat wraps was about 50% greater than resting blood flow in muscle and average muscle temp increased by 2.67oC. Discussion and Conclusions: Counterirritant cream and patches had minimal to no effect on muscle tissue 2 cm below the surface of the skin, whereas heat wraps increased both muscle temp and blood flow, allowing for potentially greater healing.
P08.6 Initiale Behandlung von starken chronischen Arthrose oder Osteoporose bedingten Schmerzen mit OROS® Hydromorphon 4mg unter Routinebedingungen J. Horlemann1, M. Djelani2, T. Giesecke2 1 Praxis Dr. Horlemann, Kevelar-Wetten; 2 Janssen-Cilag GmbH, Neuss Fragestellung: Ziel dieser Studie war die Dokumentation der initialen Behandlungsphase von Patienten mit starken chronischen Arthrose oder Osteoporose bedingten Schmerzen mit OROS® Hydromorphon 4mg unter alltäglichen Routinebedingungen, um zusätzliche Daten über Schmerzkontrolle, Therapiezufriedenheit und Verträglichkeit mit dieser niedrigen Initialdosis zu gewinnen. Methode: In diese prospektive, offene, nicht-interventionelle Studie (OROS-ANA-4003) mit OROS® Hydromorphon 4mg wurden 212 Patienten eingeschlossen. Die Dokumentation erfolgte an Tag 0 (V1), 6 (V2), 15 (V3). Behandlung und Dosierung oblag dem behandelnden Arzt. Dokumentiert wurden u.a. Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle (Beurteilung durch Arzt/Patient), Schmerzintensität tagsüber und nachts in Ruhe und Bewegung (letzte 24h, NRS 0–10); Dokumentation von Schlafqualität (6 Fragen auf einer Skala „1=immer“ bis „6= nie“), Einfluss von Schmerzen auf tägliche Aktivitäten mittels Brief Pain Inventory (BPI) sowie unerwünschter Ereignisse (UEs). Veränderungen zwischen V1 und V3 wurden mit dem Wilcoxon-Rank-Sum Test analysiert, fehlende Werte mittels LOCF ersetzt. Ergebnisse: 210 Patienten wurden mit OROS® Hydromorphon behan delt, Daten von 202 Patienten standen für die Wirksamkeitsanalyse zur Verfügung. 73,8% weiblich, Durchschnittsalter 67,2 Jahre, die mittlere Dosis OROS® Hydromorphon betrug 4,6mg/d. Bei 72,8% bzw. 76,7% der Patienten und 77,7% bzw. 78,7% der Ärzte verbesserten sich jeweils die Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle im Vergleich zur Vortherapie signifikant (jeweils p<0,0001). Die mittlere Schmerz intensität betrug an V1 5,7 (Tag/Ruhe) und 7,4 (Tag/Bewegung) bzw. 4,8 (Nacht/Ruhe) und 6,1 (Nacht/Bewegung) und verbesserte sich signifikant auf 3,6 und 4,9 (Tag) bzw. 2,7 und 3,9 (Nacht); (alle p<0,0001). Die BPI Merkmale der Schmerzqualität (stärkste, geringste, durchschnittliche, aktuelle Schmerzen), der Einfluss von Schmerz auf allgemeine Aktivitäten, Stimmung, Gehvermögen, Arbeit, Beziehungen, Schlaf, Lebensfreude sowie der BPI-Gesamtwert verbesserten sich signifikant (V3, alle p<0,0001). Der Schlafgesamtscore (p<0,0001) und die 6 Einzelfragen (p<0,05) verbesserten sich ebenfalls signifikant. Bei 85 Patienten wurden 175 UEs dokumentiert, bei 3 Patienten schwerwiegende UEs: 1× (MI) ohne, 1× (MI) unwahrscheinlicher, 1× (Brustschmerz) möglicher Zusammenhang zur Medikation. Die häufigsten UEs waren Übelkeit (14,8%), Obstipation (11,4%), Schwindel (11,4%), und Müdigkeit (6,7%). Schlussfolgerung: Bereits in der initialen Behandlungsphase starker chronischer Arthrose- und Osteoporoseschmerzen unter Routine bedingungen führt OROS® Hydromorphon 4mg zu sehr guter Schmerz kontrolle und Therapiezufriedenheit. Damit assoziiert war eine signifikant verbesserte Schlafqualität und ein signifikant verringerter Schmerzeinfluss auf Aktivitäten des täglichen Lebens bei einer insgesamt sehr guten Verträglichkeit. P08.7 OROS® Hydromorphon in der Routinebehandlung von älteren Patienten mit starken chronischen Osteoporose- und Arthroseschmerzen J. D. Ringe1, M. Djelani2, T. Giesecke2 1 Medizinische Klinik 4, Klinikum Leverkusen; 2 Janssen-Cilag GmbH, Neuss Fragestellung: Ziel dieser gepoolten Subgruppenananalyse war die Beurteilung der Schmerzkontrolle und Therapiezufriedenheit mit OROS®-Hydromorphon während einer 3-monatigen Therapie bei älter Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts en Patienten ≥ 65 Jahre mit chronischen Arthrose- und Osteoporose schmerzen unter Routinebedingungen. Methode: In diese 2 prospektiven, offenen, nicht-interventionellen Studien wurden 219 (OROS-ANA-4001) bzw. 208 (OROS-ANA-4002) Patienten eingeschlossen. Das Studiendesign war in beiden Studien gleich. Die Dokumentation erfolgte vor Behandlungsbeginn an Tag 0 (V1), an Tag 6 (V2) und 15 (V3) sowie am Ende des ersten (V4), zweiten (V5) und dritten Monats (V6). Behandlung und Dosierung oblag dem behan delnden Arzt. Wirksamkeitsparameter waren Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle (Beurteilung durch Arzt/Patient), die Bewegungs therapie-Fähigkeit der Patienten, Schmerzintensität (NRS 0–10), Dokumentation von Schlafqualität, BPI Parametern sowie Fragen zur individuellen Lebensqualität. Die erhobenen Daten beider Studien wurden kombiniert, um die Fallzahl für Subgruppenanalysen zu erhöhen. Veränderungen zwischen V1 und V6 wurden mit dem Wilcoxon-RankSum Test analysiert, fehlende Werte mittels LOCF ersetzt. Ergebnisse: 420 Patienten wurden mit OROS® Hydromorphon behandelt, Daten von 407 Patienten standen für die Wirksamkeitsanalyse zur Verfügung. 273 Patienten (65%) waren ≥ 65 Jahre. Bei 72,0% bzw. 76,9% der älteren Patienten verbesserten sich jeweils die Therapiezufriedenheit und Schmerzkontrolle im Vergleich zur Vortherapie signifikant (jeweils p<0,0001). 76,0% der Patienten ≥ 65 Jahre gaben eine verbesserte Be wegungstherapie-Fähigkeit an (p<0,0001). Bei ihrer letzten Untersuchung gaben die Patienten im Mittel eine Schmerzreduktion um -2,9 (Ruhe) und -3,2 (Bewegung) tagsüber und -2,7 (Ruhe) und -3,2 (Bewegung) nachts an (jeweils p<0.0001). Die Dokumentation der Schmerzen in der zurückliegenden Woche mittels BPI zeigte vergleichbare Ergebnisse. Der Summenscore nahm von Visite 1 bis 6 im Mittel um -2,8 ab (p<0,0001). Der Schlafgesamtscore verbesserte sich bei den Patienten ≥ 65 Jahre ebenfalls signifikant um 18,5 Punkte (p<0,0001). Insgesamt zeigte sich für ältere Patienten eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität (p<0,0001). Für Einschränkung täglicher Aktivitäten gaben 65,0% und für Einschränkung sozialer Aktivitäten 67,1% eine Verbesserung an. Bei 185 Patienten ≥ 65 Jahre (67,8%) kam es zu Unerwünschten Ereignissen (UEs), 14 Patienten (5,1%) erlitten schwerwiegende UEs. Die häufigsten UEs waren Obstipation (24,5%), Übelkeit (20,5%), Schwindel (15,8%), und Müdigkeit (12,1%). Insgesamt entsprachen die UEs dem typischen Profil stark wirksamer Opioide. Schlussfolgerung: Bei älteren Patienten mit chronischen Arthroseund Osteoporoseschmerzen führte OROS® Hydromorphon unter Routinebedingungen in der Praxis zu sehr guter Schmerzkontrolle und Therapiezufriedenheit. Zudem verbesserte sich die BewegungstherapieFähigkeit sowie die Schlaf- und Lebensqualität.
P08.8 Ibuprofen Brausetabletten weisen einen schnelleren Wirkungseintritt auf als Ibuprofen Saure Tabletten und mehr Analgetika-Wirkung als Aspirin+Vitamin C Brausetabletten D. Kellstein1, S. Jayawardena2, G. Doyle1, P. Desjardins1, T. Schettler3, S. Daniels4 1 Clinical and Medical Affairs, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 2 Biostatistics, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 3 Medical Department, Whitehall-Much GmbH, Muenster; 4 Clinical Research, Scirex Research Centers, Austin TX, USA Problem Description: ����������������������������������������������� We compared the overall analgesic efficacy and onset of analgesia of a novel ibuprofen effervescent tablet (IBU EFF, 1×400mg), to standard ibuprofen (Nurofen) tablets (IBU, 2×200 mg), effervescent Aspirin plus Vitamin C tablets (ASA/VitC EFF, 2×400mg/ 240mg) and placebo. Material and Methods: A single-dose, randomized, double-blind, singlecenter, in-patient, parallel group study using the dental pain model was performed. Two hundred and forty-eight normal healthy subjects with at least moderate pain following extraction of two or more third molars were assigned to treatment in a 2:2:2:1 ratio, respectively. Pain intensity
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and pain relief were assessed up to 8 hours post-dosing. Times to first perceptible and meaningful relief were measured using two stopwatches. The three co-primary efficacy parameters were SPRID-8 (sum of pain relief and pain intensity difference scores over 8 hours) for IBU EFF (N=67) vs. placebo (N=37); SPRID-6 for IBU EFF vs. ASA/VitC EFF (N=72); and time to meaningful relief for IBU EFF vs. IBU (N=72). Results: IBU EFF was significantly better than placebo (p<0.001) for SPRID-8 and ASA/VitC EFF (p<0.001) for SPRID-6, and was marginally significantly better (28.2 min; p=0.076) than IBU (40.9 min) for time to meaningful relief. IBU EFF was significantly better than placebo, ASA/ VitC EFF, and IBU for SPRID and total pain relief (TOTPAR) over 2 hours. IBU EFF was superior to placebo and ASA/VitC EFF and comparable to IBU for SPRID, SPID and TOTPAR over 6 and 8 hours. For pain intensity difference (PID) over time, IBU EFF was significantly or numerically better than placebo and ASA/VitC EFF throughout the 8-hour evaluation period and significantly or numerically better than IBU from 15 min until 2 hours. At later time points, IBU was numerically or significantly better than IBU EFF. Subjects in the IBU EFF group had a significantly faster time to meaningful relief (28.2 min) compared to placebo (>480 min), but not compared to ASA/VitC EFF (33.0 min). For time to first perceptible relief, IBU EFF was significantly better than placebo and IBU but not ASA/VitC EFF. All three active treatment groups were significantly better than placebo for time to treatment failure, with times of 1.8 hrs, 6.9 hrs, 4.7 hrs, and >8 hrs for placebo, IBU EFF, ASA/VitC EFF and IBU, respectively; IBU EFF was significantly better than ASA/VitC EFF. There were 105 adverse events (AEs) reported by 59 subjects during the study: 10 (27.0%), 16 (23.9%), 21 (29.2%) and 12 (16.7%) with placebo, IBU EFF, ASA/VitC EFF and IBU, respectively; AE rates were comparable across treatments. Discussion and Conclusions: A novel IBU EFF tablet (400mg) provides superior overall pain relief compared to both placebo and ASA/VitC EFF (800mg/480mg). IBU EFF was marginally significantly faster than IBU (2×200mg) for time to meaningful relief and significantly faster than IBU for other measures of onset. IBU EFF provided longer lasting analgesia than ASA/VitC. P08.9 Restless Legs Syndrom (RLS): Linderung der nächtlichen RLS-bedingten Beinschmerzen unter Pramipexol Behandlung M. Hornyak1, M. Partinen2, J. Koester3, S. Albrecht3 1 Interdisziplinäres Schmerzzentrum, Universitätsklinikum, Freiburg; 2 Helsinki Sleep Clinic, Helsinki, Finnland; 3 Boehringer Ingelheim GmbH, Ingelheim Fragestellung: Patienten mit Restless Legs Syndroms (RLS) beschreiben die Missempfindungen in den Beinen häufig als schmerzhaft. Es gibt Hinweise auf eine Beteiligung des zentralen Schmerzsystems in der Pathophysiologie des RLS. Zudem wurde bei RLS Patienten eine statisch-mechanische Hyperalgesie beschrieben. In der vorliegenden Untersuchung wurde die Änderung der RLS-bedingten schmerzhaften Beinbeschwerden auf einer visuellen Analogskala (VAS) vor und nach Behandlung mit dem Dopaminagonisten Pramipexol untersucht. Die Daten wurden in zwei international durchgeführten Studien zur Wirksamkeit von Pramipexol bei RLS als sekundäre Studienparameter erhoben. Methoden: Beide Phase-IV Studien waren randomisiert und placebokontrolliert und wurden über 12-Wochen durchgeführt. Eingangskriterien waren: Diagnose des RLS nach Kriterien der International RLS Study Group, mittelschweres oder schweres RLS (>15 Punkte auf der International RLS Severity Scale – IRLS). Pramipexol wurde in Dosen von 0,125 bis 0,75 mg/Tag verabreicht. Die Patienten beurteilten ihre RLS-bedingten Beinschmerzen vor und nach der Behandlung auf einer 100-mm visuellen Analogskala (VAS), von 0 („kein Schmerz“) bis 100 („unerträglicher Schmerz“). Ergebnisse: Insgesamt wurden 381 Patienten mit Pramipexol und 378 Patienten mit Placebo behandelt. Vor der Behandlung waren die IRLS-
Werte in den Gruppen ähnlich mit 25,9 vs. 25,8 Punkten in der einen und 24,3 vs. 24,6 in der anderen Studie. Dabei handelt es sich um einen Schweregrad, welcher auf ein schweres RLS hinweist. Die Einschätzungen der Patienten zum Schweregrad der RLS-bedingten Beinschmerzen waren in den Gruppen ebenfalls vergleichbar mit Medianen von 59,0 vs. 55,0 und 55,0 vs. 50,0 mm. Nach der Behandlung nahmen die Beinschmerzen unter Behandlung mit Pramipexol signifikant ab. Die Veränderung des Medians lag bei -31,0 vs. -11,0 (P<,0001, Wilcoxon-Mann-Whitney rank test) in der einen, und -33,5 vs. -11,0 (P<,0001) in der anderen Studie. Die RLS-Symptomatik hat sich unter Pramipexol-Gabe ebenfalls gebessert verglichen mit Placebo, wie die adjustierten mittleren Veränderungen von -14,2 vs. -8,1 in der einen Untersuchung (P<,0001), und -13,4 vs. -9,6 in der anderen zeigen (P=,0001). Diskussion: Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung unterstützen die Hypothese, dass bei RLS in der Schmerzmodulation dopaminerge Mechanismen beteiligt sind. Schlussfolgerungen: Behandlung mit Pramipexol führte zu einer signi fikanten Besserung der RLS-bedingten Beinschmerzen und der gesamten RLS-Symptomatik. In beiden Studien gaben die Patienten Beinschmerzen häufig als sensibles Symptom des RLS an. P08.10 Klinische Erfahrungen mit Ziconotid bei chronischen therapierefraktären Schmerzsyndromen D. Rasche, V. Tronnier Neurochirurgische Klinik, UK S-H, Lübeck Fragestellung: Die intrathekale Medikamentenapplikation mittels voll implantierbaren Pumpensystemen stellt für eine selektive Patientgruppe mit chronischen Schmerzen eine Behandlungsoption dar, wenn andere konservative und nicht-invasive Verfahren versagen. Als Gold-Standard gilt die seit vielen Jahren bekannte intrathekale Applikation von Morphin. Seit 2006 ist in Europa ein neues Medikament zur intrathekalen Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen zugelassen – Ziconotid. Die klinischen Erfahrungen und das behandelte Patientenkollektiv eines Neurochirurgischen Schmerzzentrums sollen dargestellt werden. Material und Methode: Seit 2006 wurden bisher 16 Patienten (7 Frauen, 9 Männer) mit intrathekalem Ziconotid behandelt. Bei allen Patienten bestand ein chronisches Schmerzsyndrom mit neuropathischen oder nozizeptiv-neuropathischen Symptomen. Bei 15 Patienten wurde eine de-novo-Testung mit einem Lumbalkatheter durchgeführt, in einem Fall eine Umstellung von intrathekalem Morphin auf Ziconotid. Bei positivem Effekt und Schmerzreduktion um mehr als 50%, gemessen anhand der visuellen Analogskala (VAS), einem Schmerztagebuch und dem oralen Medikamentenverbrauch, wurde die Indikation zur Pumpenimplantation gestellt. Ergebnisse: Die Startdosis des Ziconotid variierte von 0.5 bis zu 1.5µg/d. Bei allen Patienten wurde eine Dosissteigerung durchgeführt, bis entweder eine Schmerzreduktion oder typische Nebenwirkungen auftraten. Bei zwölf Patienten kam es zu einem positiven Effekt mit Schmerzreduktion. Medikamentenbedingte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerze, Gleichgewichtsstörungen, Doppel bilder oder psychiatrische Auffälligkeiten wurden bei allen Patienten in unterschiedlichem Ausmaß im Rahmen der Testphase festgestellt. Die Tagesdosis Ziconotid variierte von 3 bis zu 20 µg/d. Im weiteren postoperativen Verlauf wurden in unregelmäßigen Abständen Dosis anpassungen vorgenommen und in vier Fällen aufgrund von intolerablen Nebenwirkungen des Ziconotids ein Medikamentenwechsel auf Morphin intrathekal durchgeführt. In einem Fall wurde die Medikamentenpumpe aufgrund einer Wundinfektion explantiert. Diskussion: Ziconotid ist ein alternatives Medikament zur intrathekalen Schmerztherapie. Aufgrund des biochemischen Profils und Stabilität der Wirksubstanz ist eine anspruchsvolle und sensible Testung und Dosis titration notwendig. Das Nebenwirkungsprofil ist umfangreich. Schlussfolgerung: Im Rahmen von prospektiv-randomisierten MultiCenter Studien sollten die genauen Ein- und Ausschlusskriterien für die
Patientenselektion ermittelt und evaluiert werden. Ebenso können die Ergebnisse der laufenden Anwendungsbeobachtungen berücksichtigt werden. Aufgrund der derzeitig noch begrenzten klinischen Erfahrungen in Europa sollte der Einsatz von Ziconotid nur an Zentren mit langjähriger Erfahrung bezogen auf intrathekale Medikamentenapplikation erfolgen. P08.11 Wirksamkeit von Wärmeumschlägen im Vergleich zu Rofecoxib bei Rückenschmerzen P. Butkerait1, P. Desjardins1, S. Jayawardena2, J. Stark1, T. Schettler3 1 Clinical and Medical Affairs, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 2 Biostatistics, Wyeth Consumer Healthcare, Madison NJ, USA; 3 Medical, Whitehall-Much GmbH, Muenster Problem Description: ���������������������������������������������� Previous studies have shown that heat therapy is comparable or superior to oral OTC analgesics for the relief of lower back pain (LBP)[ICD-9 code 724.2]. The objective of this study was to whether heat wrap therapy provided greater pain relief than rofecoxib for the treatment of low back pain. A post-hoc analysis was performed to assess the cumulative percentage of “responders” defined as those whose pain relief was more than half (3 or higher on the relief scale) or complete (equal to 5 on the relief scale) among the three treatment groups. Material and Methods: This was a prospective, randomized, controlled, single (investigator) blind, multicenter study. Each treatment was administered on two consecutive days and pain relief was assessed on a 0-5 categorical scale: 0 (none), 1(a little), 2 (less than half), 3 (more than half), 4 (a lot) and 5 (complete) relief at baseline, hours 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 and hour 20 (waking) on day 1 and on hours 0 (time of Day 2 dosing/ application), 2, 4, 6, 8 and hour 20 (waking) on days 2 and 3. A total of 167 patients with acute muscular low back pain were enrolled in this study. Patients were randomly selected to 1 of 7 treatment interventions. 1)A heated wrap to be worn 8 hours during the day (n=35), 2) heated back wraps to be worn during the day and night (n=38), 3) rofecoxib 25mg (RF25) (n=36), 4) rofecoxib 50 mg (RF50) (n=38), 5) placebo tablets (n=6), 6) unheated back wrap during the day (n=6) and 7) unheated back wraps during day and night (n=7). Results: The post-hoc analysis revealed that both day and day + night heat wrap treatments provided more than half relief to a significantly greater percentage of patients (80.0% and 81.6%, respectively) compared to RF25 (52.8%, p=0.016 and 0.013, respectively). In addition, a significantly higher percentage of patients treated with both day (31.4%) and day + night (34.2%) heat wraps reported complete relief compared to those in the RF25 group (13.9%, p = 0.012 and 0.049, respectively). Although a lower percentage of subjects reported more than half relief (63.2%), and complete relief (29.0%) with RF50 relative to both heat therapy groups, these differences did not reach statistical significance. Discussion and Conclusions: The results of this study show that heat wraps resulted in significantly more responders than RF25, and com parable pain relief to RF50 for muscular lower back pain. P08.12 Tapentadol IR,ein neuartiges zentralwirksames Analgetikum, versus Oxycodon bei Rücken- oder Osteoarthroseschmerzen: Einfluss der Opioidanwendung bei Therapieabbrüchen aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen G. Vorsanger¹, J. Xiang¹, A. Okamoto², D. Upmalis², C. Lange³, T. Häufel⁴, B. Moskovitz¹ ¹Ortho-McNeil Janssen Scientific Affairs, Raritan, New Jersey, USA; ²Johnson & Johnson Pharmaceutical Research and Development, Raritan, New Jersey, USA; ³Forschung und Entwicklung, Grünenthal GmbH, Aachen; ⁴Corporate Drug Safety, Grünenthal GmbH, Aachen Hintergrund und Zielsetzung: Diese Post-hoc-Analyse von Ergebnissen aus einer doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie evaluierte Therapieabbrüche aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen (Mehrfach Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts gründe für den Abbruch sind möglich) bei Patienten, die mit vergleich barem Erfolg bis zu 90 Tagen mit flexiblen Dosen von Tapentadol immediate release (IR; 50 oder 100mg/Dosis) oder Oxycodon HCl IR (10 oder 15mg/Dosis) wegen Rücken- oder Osteoarthroseschmerzen behandelt wurden. Die Patienten wurden in vordefinierter Weise einge teilt in „opioiderfahren“ (definiert als Opioideinnahme an mindestens 5 Tagen/Woche während der letzten 30 Tage vor Screening) und „opioid naiv“ (definiert als Opioideinnahme an weniger als 5 Tagen/Woche während der letzten 30 Tage vor Screening). Methode: Die Therapieabbrüche wurden mit dem Pearson Chi-QuadratTest ausgewertet. Kaplan-Meier-Kurven wurden benutzt, um die Zeit bis zum Therapieabbruch aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen (Therapieunterschiede wurden mithilfe des Log-Rank-Tests verglichen) sowie die Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses am 3.Tag und 15.Tag zu bestimmen. Diese Tage wurden gewählt, weil Übelkeit und Erbrechen in der Originalstudie häufiger in den ersten zwei Behandlungswochen auftraten. Ergebnisse: Insgesamt nahmen 434 opioidnaive Patienten (Tapentadol IR, n=346; Oxycodon IR, n=88) und 415 opioiderfahrene Patienten (Tapentadol IR, n=333; Oxycodon IR, n=82) an dieser Evaluation teil. Bei opioidnaiven Patienten kam es unter Tapentadol IR zu einer signifikant niedrigeren Inzidenz an Therapieabbrüchen aufgrund von Übelkeit und/ oder Erbrechen (7,5%; p=,0001) und Nebenwirkungen (20,2%;p =0,0028) als bei Oxycodon IR (22,7% bzw. 36,4%). Opioidnaive Patienten, die Oxycodon IR erhielten, schieden signifikant früher aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen aus als diejenigen, die Tapentadol IR erhielten (p<0,0001). Die Wahrscheinlichkeit für einen Therapieabbruch aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen betrug bei opioidnaiven Patienten unter Tapentadol IR am 3. Tag 0,0264 und am 15. Tag 0,0616 versus 0,153 bzw. 0,2405 unter Oxycodon IR. Bei opioiderfahrenen Patienten betrug die Wahrscheinlichkeit für einen Therapieabbruch aufgrund von Übelkeit und/oder Erbrechen unter Tapentadol IR am 3. Tag 0,009 und am 15. Tag 0,020 versus 0,025 bzw. 0,065 unter Oxycodon IR. Schlussfolgerung: Oxycodon IR war im Vergleich zu Tapentadol IR bei opioidnaiven Patienten mit einer signifikant höheren Inzidenz von Übelkeit und/oder Erbrechen und einem dadurch bedingt früheren Abbruchzeitpunkt verbunden.
P10 Kopfschmerz II P10.1 Aerober Ausdauersport bei Migräne – Effektiv oder nicht? S. Darabaneanu1, S. Lüthje2, C. Overath2, U. Niederberger1, W. Sye3, B. Weisser3, W.-D. Gerber1 1 Institut für Medizinische Psychologie Kiel, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel; 2 Psychologisches Institut, Universität Kiel; 3 Institut für Sport und Sportwissenschaften, Universität Kiel Hintergrund: Aerober Ausdauersport soll sich bei der Migräneerkrankung positiv auf Anzahl, Dauer und Intensität der Migräneattacken aus wirken. Erst wenige Studien können diesen Effekt belegen. Auch der Wirkzusammenhang ist bisher unklar. Negativ erhöhte Amplituden der Contigenten Negativen Variation (CNV) bei der Migräneerkrankung sind gut untersucht und sollen ein reduziertes kortikales Präaktivierungsniveau wieder spiegeln. Wie sich der aerobe Ausdauersport auf die CNV (Ampli tude, Präaktivierungsniveau, Habituation, Chronifizierungsparameter) auswirkt, ist bisher nicht untersucht. ZieldieserinterdisziplinärenStudie(zwischendemInstitutfürMedizinische Psychologie und dem Institut für Sport und Sportwissenschaften Kiel) ist die Untersuchung des Einflusses und der Wirkzusammenhänge von aerobem Ausdauersport auf die Kopfschmerzparameter der Migräne einerseits und die akustisch evozierten kortikalen Potentiale bei Migräne patientinnen andererseits.
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Patienten und Methoden: 30 Migränepatienten (7 MA, 23 MO, 4 Männer, 26 Frauen zwischen 22 und 62 Jahren) wurden zufällig auf zwei Untersuchungsgruppen verteilt. Eine Gruppe führte ein aerobes, herzfrequenz-orientiertes Ausdauerlauftraining durch (10 Wochen, 3 × die Woche, 30 Minuten Laufen, unter sportmedizinischer Betreuung). Beide Gruppen führten durchgehend Migränetagebücher und Fragebögen zu Befindlichkeit und Stress aus. Evozierte kortikale Potentiale im EEG wurden bei beiden Gruppen insgesamt zu 3 Zeitpunkten gemessen: vor dem Tagebuchführen, vor dem Trainingsstart und danach. CNV Kom ponenten (Reaktionszeit, iCNV, lCNV, tCNV, Habituation und Chronifizierungsparameter der iCNV) wurden im S1-S2-CNV-Paradigma mit einem 3 Sekundenintervall über Cz (10-20 System) erhoben. Klinische Ergebnisse: Die Migränepatienten der Laufgruppe zeigten eine signifikante Abnahme der Kopfschmerzparameter (Dauer, Intensität, Anzahl der Attacken) am Ende der Trainingsphase. Befindlichkeit und Stressverarbeitung verbessern sich ebenfalls signifikant. Psychophysiologische Ergebnisse: Aerober Ausdauersport zeigt einen Effekt auf signifikant veränderte Habituationsmechanismen, ein signifikant verringerte Präaktivierungsniveau und erniedrigte Chroni fizierungsparameter zum Ende des Trainings. Schlussfolgerung: Der Effekt von aerobem Ausdauerlauftraining auf Kopfschmerzparameter einerseits und die Normalisierung der akustisch evozierten kortikalen Potentiale andererseits ist nachweisbar. Ein Zusam menhang zu Stressverarbeitungsstrategien ist ebenso nachweisbar. Die Anwendung von Ausdauerlauf bei Migräne scheint somit begründet. P10.2 Randomisierte, kontrollierte Parallelgruppenstudie zur Untersuchung der Wirksamkeit der Lymphdrainage und klassischen Massage zur Prophylaxe der Migräne mit und ohne Aura M. Hamzeh1, A. Peikert2, R. Siegert1, S. Evers3, S. Happe4 1 Institut für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Klinikum Bremen-Ost/ Universität Göttingen, Bremen; 2 Praxis für Neurologie, Bremen; 3 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster; 4 Institut für Klinische Neurophysiologie, Klinikum Bremen-Ost/Universität Göttingen, Bremen Fragestellung: Methoden der physikalischen Therapie zur Prophylaxe der Migräne sind, obwohl häufig angewendet, bislang nur unzureichend untersucht. Ziel dieser Studie ist die Untersuchung, ob eine Behandlung mit Lymphdrainage (LD) oder klassischer Rückenmassage (KM) als Prophylaxe gegen Migräne mit und ohne Aura wirksam ist. Material und Methoden: Randomisierte, kontrollierte Parallelgruppen studie von 64 Patienten (57 Frauen, mittleres Alter 45 +/- 10 Jahre) in drei Gruppen: Die erste Gruppe erhielt LD (n=21), die zweite KM (n=21) und die dritte keine Therapie (Wartegruppe, WG, n=22). Es er folgte eine 30-minütige Therapie 1 × pro Woche über 8 Wochen. Vor Beginn und nach Ende der 8-wöchigen Therapie erfolgte jeweils eine 4-wöchige Beobachtungsphase, die für die Ermittlung der Wirksamkeit verglichen wurden. Bei Aufnahme in die Studie und alle vier Wochen wurden die Patienten von einem Arzt untersucht. Als Messparameter diente der kontinuierlich geführte Kopfschmerzkalender der DMKG. Primäre Endpunkte waren die Responderrate (mind. 50%-ige Reduktion der Migräneattacken und Kopfschmerztage) und die Differenz der Migränetage, der Kopfschmerztage und in der Einnahme von Akut medikamenten zwischen den beiden Beobachtungsphasen. In einer sekundären Endpunktanalyse wurden dieselben Parameter zwischen der Baseline und dem Behandlungsende verglichen. Ergebnisse: Zum Beobachtungsende ergaben sich: 1) keine signifikanten Unterschiede der Responderraten; 2) ein signifikanter Unterschied in der Differenz der Migräneattacken (p=0,016) und der Migränetage (p=0,019) zwischen LD und WG (p=0,006 bzw. p=0,015) sowie zwischen KM und WG (p=0,042 bzw. p=0,016). Im Verlauf zeigte sich eine signifikante Abnahme der Zahl der eingenommenen Akutmedikamente in der LD-
Gruppe im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen (p=0,004). Zum Behandlungsende ergaben sich: 1) keine signifikanten Unterschiede der Responderraten; 2) ein signifikanter Unterschied der Differenz der Migräneattacken (p=0,025), nicht jedoch der Migränetage (p=0,162) zwischen LD und WG (p=0,033 bzw. ns), nicht jedoch zwischen KM und WG; 3) kein Unterschied der Differenz der Migränetage (p=0,162) und der Kopfschmerztage (p=0,290). Diskussion: In dieser Studie führten beide Physikalischen Therapiemaß nahmen KM und LD zu einer Reduktion der Migräneattacken zum Behandlungsende sowie zum Ende der Beobachtungsphase. Nur unter LD kam es zusätzlich zu einer Reduktion der eingenommenen Akut medikamente. Schlussfolgerung: LD und KM sind im Vergleich zu einer Wartegruppe wirksam zur Prophylaxe der Migräne mit und ohne Aura. Im direkten Vergleich zeigen sich in einigen Parametern signifikante Vorteile der LD gegenüber der KM. Weitere Studien mit größerer Patientenzahl müssen diese Pilotergebnisse untermauern. P10.3 Angststörungen bei Kopfschmerzpatienten D. Mehlsteibl, A. Straube, Chr. Schankin, P. Hering Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern, München Einleitung: Das Risiko an einer psychiatrischen Störung zu leiden ist bei Kopfschmerzpatienten erhöht. Dabei liegt das Erkrankungsrisiko für eine Angststörung höher als für eine depressive Störung. Nur wenige Studien behandeln gezielt die Frage, welche Art von Angsterkrankung vorliegt. In der vorliegenden Arbeit wurde die Häufigkeit generalisierter Angststörung und Panikstörung bei Kopfschmerzpatienten, die sich in der Kopfschmerzambulanz eines Universitätsklinikums erstmals vor stellten, untersucht. Methode: Die Kopfschmerzdiagnosen der Stichprobe (n= 50) verteilten sich folgendermaßen: 63,5% Migräne ohne Aura, 1,9% Migräne mit Aura, 1,9% Spannungskopfschmerz, 25% Medikamentenübergebrauchskopf schmerz und 3,8% sonstige Kopfschmerzen. Es kamen standardisierte störungsspezifische Selbstbeschreibungsinstrumente zum Einsatz. Zur Erfassung des Hinweises auf Vorliegen einer generalisierten Angststörung wurde der Penn State Worry Questionnaire (PSWQ) verwandt. Der PSWQ zielt auf die Erhebung pathologischer Besorgnis ab, welches als zentrales Symptom im Rahmen der generalisierten Angststörung gesehen wird. Um den Hinweis auf das Vorliegen einer Panikstörung zu untersuchen kamen der Body Sensations Questionnaire (BSQ) und der Agoraphobic Cognitions Questionnaire (ACQ) zum Einsatz. Der BSQ erhebt die Angst vor körperlichen Symptomen, d.h. inwieweit körperliche Symptome als bedrohlich bewertet werden. Der ACQ erfasst die Häufigkeit angstbezogener Kognitionen. Die Auswertung erfolgte auf deskriptiver Basis mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS. Ergebnisse: In 32% der Fälle ergab sich ein Hinweis auf generalisierte Angststörung. 30% der Patienten erfüllten im Hinblick auf die Angst vor körperlichen Symptomen den Hinweis auf Panikstörung. In Bezug auf angstbezogene Kognitionen ließ sich bei 4,1% der Patienten ein erhöhter Wert feststellen, was auf dieser Dimension ebenfalls als Hinweis auf Panikstörung gilt. Bei 8% der Patienten konnte man sowohl einen Hinweis auf generalisierte Angststörung als auch auf Panikstörung feststellen. Bei 4% der Patienten zeigte sich gleichzeitig sowohl ein erhöhter Wert, was die Angst vor körperlichen Symptomen betraf als auch in Bezug auf angstbezogene Kognitionen. Diskussion und Schlussfolgerung: Zieht man zum Vergleich Prävalenz raten der beiden Störungsbilder in der Allgemeinbevölkerung heran, findet man für die generalisierte Angststörung eine Lebenszeitprävalenz von ca. 4–7 % und für die Panikstörung von ca. 2,5 %. Die Studie deutet darauf hin, dass Kopfschmerzpatienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine höhere Prävalenz an Angststörungen aufweisen. Dabei scheinen insbesondere das Symptom pathologischer Besorgnis sowie die Angst vor körperlichen Symptomen von Bedeutung.
P10.4 Haben hormonelle Kontrazeptiva einen Einfluss auf Migränekopfschmerzen? Ergebnisse von experimentellen Schmerzuntersuchungen M. Teepker1, M. Peters2, B. Kundermann3, K. Schepelmann1, S. Lautenbacher2 1 Klinik für Neurologie, Philipps-Universität Marburg; 2 Physiologische Psychologie, Universität Bamberg 3 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Philipps-Universität Marburg Hintergrund: Im klinischen Alltag können sowohl die Migräne als auch das temporomandibulären Schmerzsyndrom (TMS) durch die Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva in ihrem klinischen Verlauf beeinflusst werden. Beim TMS konnte diese klinische Beobachtung mit Hilfe von täglichen Schmerzratings oder experimentellen Schmerz studien untermauert werden; für die Migräne fehlen jedoch vergleich bare Untersuchungen. Deshalb sollten in dieser Arbeit Entdeckungsund Schmerzschwellen für Wärme/Hitze, Kälte Druck sowie elektrische Stimuli an Migräne-Patienten (mit und ohne Einnahme von Kontrazeptiva) an verschiedenen Zyklustagen untersucht werden. Methoden: 13 gesunde Frauen mit einem regelmäßigen Menstruations zyklus (Kontrollgruppe) und 26 Migräne-Patientinnen (13 mit Kontra zeptiva [M-MK], 13 ohne Kontrazeptiva [M-OK]) wurden in die Studie eingeschlossen. Die Entdeckungs- und Schmerzschwellen wurden an den Zyklustagen 1, 4, 14 und 22 bestimmt. Ergebnisse: Es konnte kein Effekt durch die Einnahme von Kontrazeptiva auf die Entdeckungs- und Schmerzschwellen beobachtet werden. Die Schwellen der Migränegruppe unterschieden sich nicht von denen in der Kontrollgruppe. Die Schmerzschwellen für Kälte und elektrische Reize zeigten zyklusabhängige Veränderungen mit ansteigenden Schwellen, während die Entdeckungsschwellen sowie die Schmerzschwellen für Hitze und Druck nicht variierten. Schlussfolgerungen: Hormonelle Kontrazeptiva hatten keinen Einfluss auf die Entdeckungs- und Schmerzschellen bei den Migränepatientinnen. Es gab zyklische Veränderungen von Schmerzschwellen, die vom jeweilig en Stimulus abhängig waren. P10.5 Multimodale Kopfschmerztherapie – was setzten Patienten nach 3 Jahren im Alltag um? K. Ulrich, N. Grießinger, C. Hafner, P. Mattenklodt, R. Sittl, B. Gunreben-Stempfle Schmerzzentrum, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen Einleitung: Das Interesse am Nachweis der Effektivität multimodaler Kopfschmerztherapien ist aus wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen groß. Untersuchungen zeigen, dass multimodale Therapien bei chronischen Kopfschmerzen wirksam sind und auch nach 3 Jahren einen anhaltend positiven Einfluss auf Kopfschmerzparameter und Lebensqualität der Teilnehmer haben. Es ist jedoch nicht bekannt, welche Behandlungsbausteine von den Patienten nach der Teilnahme an einer multimodalen Therapie als hilfreich empfunden und auch langfristig angewendet werden. Fragestellung: Es wird untersucht, wie chronische Kopfschmerzpatienten selbst den Einfluss einer multimodalen Therapie auf ihre Erkrankung be urteilen. Außerdem soll überprüft werden, ob und wenn ja welche Inhalte eines solchen Programms auch langfristig umgesetzt werden. Erhoben werden diese Daten anhand eines 3-Jahres-Katamnese-Fragebogens zu weitergeführten Therapiemaßnahmen und der Selbsteinschätzung des Behandlungserfolges. Methodik: Insgesamt wurden zwischen Juni 2004 und September 2005 37 Patienten in einer multimodalen Kopfschmerztherapie behandelt. Die Therapie fand an 16 Behandlungstagen statt und basierte auf einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gesamtkonzept. Zur Baselineer hebung erhielten die Patienten Kopfschmerztagebücher, in denen sie die Kopfschmerzparameter dokumentierten. Die Erhebung der Schmerz Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts parameter nach 3 Jahren erfolgte mittels eines strukturierten Telefon interviews, die psychometrischen Daten sowie die qualitativen Aussagen wurden mittels Fragebögen erhoben. Ergebnisse: Die Auswertung ergab folgende Ergebnisse: 93% der Patienten wendeten auch 3 Jahre nach Therapieende noch Inhalte aus der Kopfschmerzgruppe an. Am häufigsten wurde dabei mit 78% die Durchführung eines Entspannungsverfahrens genannt. 22% der Patienten gaben an, nach 3 Jahren noch regelmäßig Biofeedbackverfahren einzusetzten, das TENS-Gerät wurde noch von 11% angewendet. Inhalte aus den Schulungen oder der Stressbewältigungsgruppe wurden konkret von 7% der Patienten als hilfreich angegeben, in einer psycho therapeutischen Behandlung befanden sich ebenfalls 7%. Nur 16% empfanden ein einzelnes Behandlungsverfahrenverfahren (Sport, PMR, Medikament, Ernährungsumstellung, Physiotherapie) als einen „Durch bruch“ in ihrer Kopfschmerztherapie. Immerhin 37% der Patienten nahmen in den 3 Jahren nach Gruppenabschluss keine weiteren Thera pien in Anspruch. 63% führten nach der Therapie durchschnittlich 3 weitere Behandlungsmaßnahmen (v.a. Krankengymnastik, Massagen und chiropraktische Maßnahmen (35%) und Besuche beim Hausarzt oder Neurologen (22%)) durch. 95% meinten, dass es Ihnen ohne die Teilnahme an der Kopfschmerz gruppe schlechter ginge. Der Beitrag der Kopfschmerzgruppe zum jetzigen Befinden wurde auf durchschnittlich 67% eingeschätzt. Schlussfolgerung: Unsere Untersuchung zeigt in Entsprechung zu den bereits veröffentlichten anhaltenden positiven Effekten auf Kopf schmerzparameter, Medikamentenkonsum und Lebensqualität auch 3 Jahre nach Teilnahme an einer multimodalen Therapie eine hohe Patientenzufriedenheit. Ein großer Prozentsatz der Patienten setzt einige der im Programm erlernten Inhalte auch langfristig im Alltag ein und empfindet sie als hilfreich. Fast 40% der Teilnehmer haben in den 3 Jahren nach Therapieabschluss keine weiteren Behandlungsmaßnahmen unternommen. P10.6 Teilstationäres multimodales Gruppenprogramm für Kinder und Jugendliche mit chronischen Kopfschmerzen – ein Fallbericht. I.-R. Wilhelm1, P. Mattenklodt2, R. Sittl2, N. Grießinger1, C. Gravou-Apostolatou3 1 Anästhesiologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen; 2 Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen; 3 Kinderklinik, Universitätsklinikum Erlangen Einleitung: Kopfschmerz ist eines der häufigsten Symptome in der Kinderheilkunde. 20% aller Kinder zwischen dem 6.–16. Lebensjahr leiden unter chronisch-rezidivierenden Kopfschmerzen. In der Litera tur ist eine deutliche Zunahme der Kinder und Jugendlichen, die an behandlungsbedürftigen Kopfschmerzen leiden, zu erkennen. Den noch werden speziell für Kinder wenig Behandlungsmöglichkeiten angeboten. Dabei wäre eine frühzeitige Intervention zur Vermeidung einer Chronifizierung notwendig. Anhand eines Fallbeispiels soll die erfolgreiche Behandlung eines 11-jährigen Mädchens mit chronischen Kopfschmerzen durch ein multimodales Gruppenprogramm dargestellt werden. Fallbericht: Seit der Einschulung mit 6 Jahren leidet Agnes an chronischrezidivierenden Kopfschmerzen. Seit 2008 kam es zu einer deutlichen Zunahme der Schmerzintensität und Schmerzhäufigkeit. Nach der Behandlung durch 10 verschiedene Therapeuten (u.a. Neuropädiater, HNO-Arzt, Augenarzt, Orthopäde, Osteopath, Naturheilkundler, Physiotherapeut) kam das Mädchen in unsere interdisziplinäre Kinder schmerzsprechstunde. Bei der ersten Vorstellung klagte das Mädchen über tägliche Kopfschmerzen und war in den letzten drei Monaten nicht in der Schule. Die Schmerzstärke wird auf der numerischen RatingSkala (0–10) mit durchschnittlich 5–8 angegeben. Der Schmerzcharakter wird als drückend/pochend beschrieben. Die Schmerzlokalisation ist meistens frontal beidseits. Als wesentliche schmerzauslösende Faktoren werden Schulstress und Schlafmangel angegeben. Die Familien
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anamnese bezüglich Kopfschmerzen ist positiv (Mutter leidet unter Migräne). Es wurde die Diagnose chronischer Kopfschmerz vom Span nungstyp gestellt. Trotz Basisedukation und Optimierung der medika mentösen Therapie (Ibuprofen) kam es nach der Erstvorstellung bis zum Gruppenbeginn zu keiner Besserung der Schmerzen. Agnes nahm mit 6 weiteren Kindern an unserem 10-wöchigen teilstationären multimodalen Gruppenprogramm für Kinder und Jugendliche mit chronischen Kopfschmerzen teil (4 Stunden an einem Tag/ Woche). Hier lernte sie im psychologischen Kopfschmerztraining die Pathophysiologie der Kopfschmerzen, Kopfschmerzursachen, Stressbew ältigungskonzepte, Entspannungverfahren und Selbstsicherheitsübungen kennen. Als nichtmedikamentöse Therapieverfahren wurde TENS und Akupressur angewendet. Agnes erhielt Informationen über Medikamente und Ernährung. Die Körperwahrnehmung wurde mit Feldenkraisübungen und Sport gestärkt. Nach dem Gruppentraining ist die Kopfschmerzintensität deutlich geringer (NRS 2-4). Agnes hat auch mal kopfschmerzfreie Tage. Sie geht mindestens 4 Tage/Woche in die Schule, selten wird sie bei starken Kopfschmerzen früher abgeholt. Nach eigenen Angaben weiß sie nun, was sie aktiv gegen Kopfschmerzen tun kann. Sie macht kurze oder lange Entspannungsübungen und kann mit Hilfe von Traumreisen selbst mit Kopfschmerzen einschlafen. Es hat ihr sehr geholfen zu wissen, was in ihrem Kopf bei Kopfschmerzen vor sich geht und zu sehen, dass es auch noch andere Kinder mit Kopfschmerzen gibt. Sie ist viel besser gelaunt und möchte gerne in einen Sportverein mit anderen Kindern gehen. Schlussfolgerung: Durch ein mehrwöchiges teilstationäres multimodales Gruppenprogramm für Kinder und Jugendliche mit chronischen Kopf schmerzen konnte Agnes deutlich geholfen werden. Leider ist dieses Programm sehr zeit- und kostenaufwendig und wird nur an wenigen Orten angeboten. P10.7 Der Migräne-Interventionsscore (MIS): Ein neues Verfahren zur Optimierung der Migränebehandlung mit Triptanen H. Göbel, A. Heinze Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel Fragestellung: Die aktuelle Symptomausprägung der Migräneattacke und der Zeitpunkt der Einnahme eines Triptans zur Attackenbehandlung kann maßgeblich das Behandlungsergebnis beeinflussen. Der MigräneInterventionsscore (MIS) ist ein neues Werkzeug zur Operationalisierung der Symptomausprägung von Migräneattacken. Ziel der Analyse war zu prüfen, ob in Abhängigkeit vom dem Ergebnis des Migräne-Interventions score Patienten mit niedriger Symptomausprägung in der Frühphase der Migräneattacke eine höhere Behandlungseffektivität erzielen können als Patienten, die die Attacke erst bei höherer Symptomausprägung be handeln. Methode: Mit Hilfe des Migräne-Interventionsscore (MIS) konnten Patienten den einzelnen Migränesymptomen nummerische Werte von 0 – 2 entsprechend dem Ausprägungsgrad zuordnen. Unter Praxis bedingungen behandelten die Patienten ihre Migräneattacken mit Frovatriptan 2,5 mg. Zum Einnahmezeitpunkt monitorierten sie die Symptomausprägung der Migräneattacke mit dem Migräne-Inter ventionsscore. Das Behandlungsergebnis von 1518 Patienten wurde in Abhängigkeit von der Symptomausprägung analysiert. Ergebnisse: Die Patienten wurden mittels des MIS-Wertes in zwei Gruppen eingeteilt: Niedrige MIS-Werte (Ausprägung 1–5) und hohe MIS-Werte (Ausprägung 6–10). Patienten mit niedrigen MIS-Werten erzielten ein signifikant schnellere Kopfschmerzlinderung als Patienten mit hohen MIS-Werten (42.06±32.33 vs 49.25±34.92 min; p=0.0023). Ebenso erreichten Patienten mit niedrigen MIS-Werten eine signifikant schnellere Kopfschmerzfreiheit als Patienten mit hohen MIS-Werten (79.37±65.33 vs 96.05±100.85 min; p=0.0109). Die Notwendigkeit für die Einnahme von Ausweichmedikation war bei Patienten mit niedrigen MIS-Werten signifikant niedriger als bei Patienten mit hohen MIS-
Werten (3.88% vs 13.73%; p<0.0001). 83.33% der Patienten mit niedrigen MIS-Werten und 82.70% mit hohen MIS-Werten erachteten die Skala als hilfreich. Schlussfolgerung: Die Einnahme von Frovatriptan bei niedrigem Mi gräne-Interventionsscore führt zu schnelleren Wirkeintritt und schneller er Kopfschmerzfreiheit in der Attackentherapie der Migräne. Zusammen mit der niedrigen recurrence headache Rate, der geringen Notwendigkeit für Ausweichmedikation und der geringen erforderlichen mittleren Ta blettenanzahl für die Attackenbehandlung zeigen die Daten, dass der Migräne-Interventionsscore ein effektives Vorgehen ist, um die Therapie von Migräneattacken im Alltag zu verbessern. P10.8 Mit dem bundesweiten koordinierten Kopfschmerz-Behandlungsnetz gegen den Schmerz: Organisation und Strukturen H. Göbel1, J. Brunkhorst2 1 Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel; 2 Techniker Krankenkasse, Kiel Ausgangssituation: Die Regelversorgung von Kopfschmerzpatienten erfolgt überwiegend in abgegrenzten Sektoren des Gesundheitssystems. Viele Betroffene mit chronischen Kopfschmerzen behandeln sich auf grund mangelnder Effizienz außerhalb des professionellen Systems und weichen frustriert auf Außenseitermethoden aus. Über Monate und Jahre entwickelt sich eine weitere Chronifizierung der Kopf schmerzerkrankung, schwerwiegende Organkomplikationen führen die Patienten dann wieder in die medizinische Behandlung zurück. Dabei entstehen sehr hohe direkte und indirekte Kosten. Methodik: Aufbauend auf diesem Szenario wurde in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse ein bundesweit koordiniertes Konzept einer integrierten Kopfschmerzversorgung erarbeitet. Ein nationaler Verbund von ambulant und stationär tätigen erfahrenen Schmerztherapeuten wirkt dabei Hand in Hand zusammen, um Schmerzen fach- und sektorenübergreifend zu lindern. Im Mittelpunkt steht dabei ein bundesweites flächendeckendes Behandlungsnetz für die Versorgung sämtlicher Kopfschmerzformen und die Koordination aller Sektoren. Die beteiligten Berufsgruppen behandeln nach aktuellen Leitlinien und auf wissenschaftlichen Stand. Ambulante, rehabilitative und vollstationäre Therapien sind eng aufeinander abgestimmt und im zeitlichen Ablauf miteinander verzahnt. Die Patienten sind aktiv über Selbsthilfegruppen eingebunden, entwickeln ein besseres Verständnis für ihre Krankheit und beeinflussen so den Therapieerfolg ebenfalls positiv. Ergebnis: Bundesweit arbeiten mehr als 400 regionale Schmerzthera peuten sowie stationär tätige Schmerztherapeuten vernetzt zusammen. Die Qualität der Behandlung wird durch kontinuierliche wissenschaftliche Begleitforschung ständig verbessert. Die nachhaltige Kosteneffizienz ist durch Analyse der direkten und indirekten Kosten bestätigt. Zwei Jahre nach dem Start sind mittlerweile fast alle großen Krankenkassen dem Versorgungsprojekt beigetreten. Diskussion: Das Versorgungsnetz eröffnet den kooperierenden Netz partnern, an der sektorenübergreifend koordinierten Behandlung teilzu nehmen und ihr spezialisiertes Behandlungsspektrum in Anspruch zu nehmen. Diese Inanspruchnahme kann sich auf die Vermittlung von Behandlungspfaden, konsiliarischer Beratung, sektorenübergreifender Therapieplanerstellung bis hin im Bedarfsfall zur hochintensivierten multimodalen neurologisch-verhaltensmedizinischen Schmerzbehand lung in der Schmerzklinik Kiel erstrecken. Über die Regelversorgung hin aus ist die weitere Professionalisierung der ambulanten Therapie durch Spezialisierung wichtiges Ergebnis. Schlussfolgerung: Die Entwicklung des koordinierten bundesweiten Kopfschmerzversorgungsnetzes ist seit dem Start sehr erfolgreich voran geschritten und wird intensiv genutzt. Die bisherigen Ergebnisse bieten eine gute Basis für weitere Verbesserungen der ambulanten und stationär vernetzen Therapie bei chronischem Schmerz.
P10.9 Vernetzt gegen Kopfschmerz bei Schulkindern H. Göbel, A. Nielson, A. Heinze, K. Heinze-Kuhn Klinik für neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerztherapie, Schmerzklinik Kiel Fragestellung: Etwa die Hälfte der Kinder kennt Kopfschmerzen und Migräne in der Schule, im Elternhaus oder in der Freizeit. Sechs Prozent von ihnen haben einmal wöchentlich oder häufiger Kopf schmerzen. Ohne eine frühzeitige Hilfe wird bei vielen dieser Kinder der Kopfschmerz häufiger oder gar dauerhaft. Zwei Netzwerke sollen zu chronischen Schmerzen und Leiden eine Alternative schaffen: „Stopp den Kopfschmerz” und „Kopfschmerz-Schule”. Die Programme werden in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse, der Schmerzklinik Kiel, Lehrerinnen und Lehrern sowie niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten vernetzt umgesetzt. Es soll das Ziel erreicht werden, Kopfschmerzen bei Kindern zu lindern, gleichzeitig den Medikamentenkonsum zu reduzieren und Chronifizierung früh entgegen zu wirken. Methodik: Stopp den Kopfschmerz richtet sich an Kinder und Jugend liche zwischen acht und vierzehn Jahren, die bereits an Kopfschmerzen oder Migräne leiden. Ihnen soll vernetzt eine zeitgemäße Beratung und Behandlung zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass das Kind seit mehr als sechs Monaten an Spannungs kopfschmerz oder Migräne leidet. Die Kurse werden jeweils nach Bedarf gestartet. Sie finden landesweit in kooperierenden Schwerpunktpraxen in Schleswig-Holstein statt. kopfschmerz-schule.de: Zusammen mit Lehrerinnen und Lehrern wurde eine komplette Unterrichtseinheit über drei Schulstunden erarbeitet, die Lehrerinnen und Lehrern über die homepage www.kopfschmerz-schule.de zur Verfügung gestellt wird. Lehrer, Schüler und Eltern können so um fassend informiert werden, um eine größere Sensibilität für Kopfschmerz erkrankungen im Schulalter zu erreichen. Verhaltensmaßnahmen zur Vorbeugung und Kenntnisse zum Umgang mit Kopfschmerzmedika menten werden vermittelt. Die Homepage stellt kostenlos alle erforder lichen Materialien zur Verfügung. Ergebnisse: Die Anzahl der Kopfschmerztage bei den teilnehmenden Kindern wird durch die Behandlung deutlich gesenkt werden. Auch die erforderliche Medikamenteneinnahme vermindert sich. In der standardi sierten Befragung erzielen die Programme eine hohe Akzeptanz bei den Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern. Diskussion: Zeitgemäßes Wissen über Kopfschmerzerkrankungen, das Erkennen der unterschiedlichen Formen und das Weitergeben von wirksamen Verhaltensmaßnahmen können dazu führen, dass Kopfschmerzen früh erkannt und spezielle Maßnahmen, wie Elterngespräche, Einschalten von Fachstellen und Ärzten, eingeleitet werden. Schlussfolgerung: Chronifizierung und Komplikationen können durch Aufklärung und frühe Intervention vermieden werden.
P12 Psychologie und Psychometrie des Schmerzes P12.1 Fear Avoidance Beliefs- Assessment und Therapie im höheren Lebensalter S. Quint, C. Leonhardt Medizinische Psychologie, Marburg „AK Schmerz und Alter“ Hintergrund und Assessment: Als wesentliche Barriere für die Auf nahme und Beibehaltung körperlicher Aktivität bei Patienten mit Rückenschmerzen werden die Fear Avoidance Beliefs (FAB) diskutiert. Wir konnten belegen, dass dies auch für ältere Personen mit Low Back Pain (LBP) zutrifft.. Reliable und valide Messinstrumente zur Erfassung Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts des Konstruktes der FAB für Personen älter als 65 Jahren liegen kaum vor. Eine Alternative zu der Erfassung der FAB durch Fragebogen besteht in der Anwendung der Photograph Series of Daily Activities (PHODA, Kugler et al., 1999), die von der Arbeitsgruppe um Vlaeyen entwickelt wurde. Inspiriert durch diese Skala entwickelten wir eine „AMIKA“ („Ältere Menschen in Körperlicher Aktion“) genannte fotobasierte Bewertungsskala, wobei die dargestellten Alltagsaktivitäten auf die Bedürfnisse von Personen im höheren Lebensalter abgestimmt wurden. Die für die Zielgruppe relevanten Aktivitäten werden durch ältere Personen auf 50 Fotos demonstriert. Die dort jeweils dargestellte Aktivität wird auf einer Rating Skala mit den Polen 0 (nicht gesundheitschädlich) bis 10 (maximal gesundheitsschädlich) hinsichtlich der eingeschätzten Gefährlichkeit für den Rücken eingestuft. Die Analyse einer Teilgruppe von 64 Rückenschmerzpatienten de monstrierte gute Werte für die interne Konsistenz (0,974 bis 0,976) sowie für die Konstruktvalidität. Negative Korrelationen zeigten sich mit der subjektiv erlebten Funktionskapazität und affektiven Parametern. Die Retestreliabilität nach vier Wochen betrug r = 0,627(Quint et al, 2007). Therapie: Für das mittlere Erwachsenenalter haben sich zwei körperlichaktivierende Therapieprinzipien als erfolgreich erwiesen: eine nach respondentem Konditionierungs-Schema durchgeführte Behandlung („exposure“), bei der die betroffenen Patienten mit den von Ihnen am meisten gefürchteten Bewegungen konfrontiert werden, sowie eine an dem operantem „Graded-Activity“-Schema sich langsam steigernde Akti vierung. In einer bei der DFG beantragten randomisierten exploratorischen Studie soll daher untersucht werden, ob beide Therapieansätze bei Pa tienten im höheren Alter durchführbar sind und inwiefern die Exposure Behandlung dem „Graded-Activity-Ansatz“ hinsichtlich Verbesserung der Funktionsfähigkeit überlegen ist. Bei dieser Studie soll die AMIKA-Skala als Instrument zur Erfasssung von FAB und zur Interventionsplanung in der Exposure in vivo Gruppe eingesetzt werden. Es sollen bisherige Ergebnisse und zukünftige Forschungsaktivitäten im Rahmen des DGSSAK „Schmerz und Alter“ vorgestellt werden. Literatur –
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Kugler K, Wijn J, Geilen M, de Jong J, Vlaeyen JWS (1999) The photograph series of daily activities (Phoda) [CD-Rom version 1.0. Heerlen]. The Netherlands: Institute for Rehabilitation Research and School for Physiotherapy Quint, S., Luckmann, J., Wolf, U., Basler, H.D. (2007). �������������������������� AMIKA: Ältere Menschen in körperlicher Aktion- Evaluation einer fotobasierten Skala zur Erfassung von Fear Avoidance Beliefs im höheren Lebensalter. Der Schmerz, 21, 453-461.
P12.2 Validierung der deutschen Version des Spouse Response Inventory an einer Stichprobe chronischer Kopfschmerzpatienten D. Steinmetz1, U. Kaiser1, G. Goßrau1, R. Scharnagel1, F. Balk2, M. Jensen3, R. Sabatowski1 1 UniversitätsSchmerzCentrum, Dresden; 2 Abteilung für medizinische Psychologie und Soziologie, Dresden; 3 Dep. of Rehabilation Medicine; University of Washington, Seattle, USA Einleitung: Operante Schmerzmodelle nehmen an, dass das Schmerz verhalten und die körperliche Einschränkung von Patienten mit chro nischen Schmerzen durch Reaktionen der sozialen Umwelt, vor allem der Hauptbezugspersonen beeinflusst werden. Das Ziel dieser Studie war die Validierung der deutschen Version des Spouse Response Inventory (SRI, Schwartz, Jensen & Romano, 2005), ein Instrument zur Erhebung wahrgenommener Partnerreaktionen auf Schmerzverhalten und aktives Verhalten (well behavior) bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Das Verfahren wurde hinsichtlich seiner Kriteriumsvalidität, der inkrementellen Validität, sowie der konvergenten und diskriminanten Validität überprüft. Methode: Im Rahmen einer umfassenden Studie zur Evaluation des SRI-D am UniversitätsSchmerzCentrum Dresden beantworteten 67 Pa tienten mit chronischen Kopfschmerzen (Ausschlusskriterien: weitere klinisch relevante Schmerzdiagnose, somatoforme Schmerzstörung) Fragebögen zur Selbstbeurteilung der Schmerzstärke (NRS), Depres
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sivität (BDI), körperlichen Einschränkung im Alltag (PDI), Partner schaftsqualität (FBZ), wahrgenommenen Partnerreaktionen (SRI, MPI-2, FPS), wahrgenommenen sozialen Unterstützung (F-SozU) und der emotionalen Familienatmosphäre (FEIWK). Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden Korrelationsanalysen und (hierarchische) multiple Regressionsanalysen mit SPSS 16.0 berechnet. Ergebnisse: Die Ergebnisse zur prädiktiven Validität der SRI-Original studie konnten weitestgehend nicht repliziert werden. Die Skalen für sorgliche und negative Partnerreaktionen auf Schmerzverhalten, sowie negative Reaktionen auf well behavior klären 21 % Varianz des Kriteriums Depressivität auf, signifikant mehr als die schmerzunspezifischen Messinstrumente F-SozU (∆R2=.20, p≤.001) und FEIWK (∆R2=.24, p≤.001). Ein mediierender oder moderierender Einfluss der Partner schaftsqualität auf den Zusammenhang zwischen negativen Partner reaktionen auf Schmerzverhalten und Depressivität konnte entgegen früherer Studien nicht nachgewiesen werden. Die Kriterien Schmerz stärke und körperliche Einschränkung im Alltag werden durch das SRI nicht signifikant vorhergesagt. Unterstützende Partnerreaktionen auf well behavior stehen mit keinem der Kriterien in signifikantem Zu sammenhang. Die Skalen des SRI korrelieren stark (.47≤r≤.86) mit den entsprechenden Skalen anderer Messinstrumente zur Erfassung von Partnerreaktionen (MPI-2, FPS), sowie niedrig bis mittelstark (.22≤r≤.39) mit den schmerzunspezifischen Messinstrumenten zur sozialen Unterstützung und emotionalen Familienatmosphäre. Schlussfolgerungen: Die Konstruktvalidität sowie die inkrementelle Validität des SRI konnten für die Population der Kopfschmerzpatienten nachgewiesen werden. Dahingegen ließ sich keine prädiktive Validität im Bezug auf die Kriterien der Schmerzstärke sowie der körperlichen Beeinträchtigung im Alltag nachweisen. Es bestand ein Zusammenhang zwischen SRI und Depressivität. Die Ergebnisse dieser Studie sollten aufgrund der geringen Stichproben größe im Sinne einer Trendanalyse interpretiert werden, die Datener hebung wird im Rahmen der Gesamtstudie zur Evaluation des deutschen SRI an unterschiedlichen Patientenpopulationen fortgesetzt. Eine umfassende Beurteilung der Validität und Reliabilität des Verfahrens ist erst nach Abschluss der Gesamtstudie möglich. P12.3 Übersetzung und psychometrische Evaluation der deutschen Version des Spouse Response Inventory (SRI) U. Kaiser1, K. Lämmerhirt1, A. Schütze1, F. Balk2, M. Jensen3, R. Sabatowski1 1 Universitätsklinik „Carl Gustav Carus“, UniversitätsSchmerzCentrum, Dresden; 2 Universitsklinik „Carl Gustav Carus“, Medizinische Psychologie und Soziologie, Dresden; 3 University of Washington, Department of Rehabilitation Medicine, Seattle, USA Hintergrund: Der Einfluss von besorgten Angehörigen auf Schmerz verhalten hat sich entsprechend des operanten Modells oft bestätigt. Besonders wichtig erscheinen dabei die unmittelbaren Angehörigen, die das alltägliche Leben der Patienten teilen. Das Ziel dieser Studie bestand darin, ein Instrument zur Messung von Angehörigenverhalten auf Schmerz und well behavior zu übersetzen und zu evaluieren, das Spouse Response Inventory (SRI; Schwartz et al.: J Pain. 2005 Apr;6(4):243-52). Methode: Entsprechend dem Vorgehen des cross cultural translation and adaptation wurde der Fragebogen aus dem Englischen übersetzt. Diese Form (SRI-D) füllten Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (n=70; Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen, Ausschluss kriterien: weitere klinisch relevante Schmerzdiagnose, somatoforme Schmerzstörung) zusammen mit einem Fragebogen zur schmerzbedingten Beeinträchtigung (RMDQ), einem Fragebogen zur Depressivität (BDI) sowie der numerischen Analogskala (NAS) aus. Zu diesem Zeitpunkt wurde durch den Arzt weiterhin die Schmerzdauer, das Schmerzverhalten (TBS) und Kontrollvariablen (Bildungsstand, Medikamenteneinnahme, Alter und Geschlecht) des Patienten erhoben. Zu einem zweiten Zeit
punkt nach 14 Tagen wurde den Patienten der SRI-D zur Erfassung der Retestreliabilität erneut zugesandt. Zur Bestimmung der Testgüte und Überseinstimmung mit dem ursprünglichen Instrument wurden folgende Berechnungen durchgeführt: Retestreliabiltät, die interne Konsistenz, die Item-Skalen-Interkorrelation sowie die Skaleninterkorrelation der 4 SRISubskalen. Ergebnisse: Daten der ersten 41 Patienten zeigen eine hohe interne Konsis tenz (range: 0.764 - 0.933), was darauf schließen lässt, dass die Subskalen relativ eindeutig die Dimensionen des Angehörigenverhaltens messen. Die Retestreliabilität (Pearson) der Subskalen befand sich zwischen 0.68 und 0.77 und erscheint über einen Zeitraum von 2 Wochen akzeptabel. Schlußfolgerung: Erste Datenauswertungen zeigen, dass die deutsche Version des Spouse Response Inventory durchaus ein hilfreiches Instrument zur Erfassung von Angehörigenverhalten auf Schmerzverhalten und well behavior bei Patienten mit chronischen Schmerzen darstellt. P12.4 Chronische Schmerzen im Kindesalter: Eltern-Kind-Übereinstimmung hinsichtlich Schmerzintensität und Beeinträchtigung A.-L. Tietze1, T. Hechler1, M. Hamann1, R. Demmel2, S. Schröder1, B. Zernikow1 1 Vodafone Stiftungsinstitut und Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten-Herdecke, Datteln; 2 Psychologisches Institut I, Westfälische Wilhelmsuniversität Münster Fragestellung: Die elterliche Wahrnehmung und Einschätzung der kind lichen Schmerzen ist zentral für ein effektives Schmerzmanagement bei Kindern mit chronischen Schmerzerkrankungen. Bisher ist die Güte der elterlichen Einschätzungen jedoch nur selten untersucht worden. Das Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Eltern-KindÜbereinstimmung hinsichtlich der kindlichen Schmerzintensität und schmerzbezogenen Beeinträchtigung an einer klinischen Stichprobe chronisch schmerzkranker Kinder und Jugendlicher. Ein weiteres Ziel ist die Untersuchung kindlicher und elterlicher Faktoren, die mit der Übereinstimmung assoziiert sind. Material und Methode: Die Daten basieren auf einer Stichprobe von 58 Kindern (8–10J.; n=17) und Jugendlichen (11–18J.; n=41) und ihren Müttern und Vätern. Bei der ambulanten Erstvorstellung in unserer tertiären Institution füllten Kinder und deren Eltern getrennt vonein ander einen Fragebogen zur Erfassung der Schmerzintensität und der Beeinträchtigung des Kindes in den letzten sieben Tagen aus. Neben diesen Kernvariablen wurden soziodemographische Variablen, der kind liche Schmerzausdruck, elterliches Katastrophisieren und individuelle Schmerzerfahrungen der Eltern mit Hilfe validierter Fragebögen erfasst. Ergebnisse: Für Mütter und Väter zeigte sich eine hohe Übereinstimmung mit ihren Kindern bezüglich schmerzbezogener Beeinträchtigung (Zr=.76), durchschnittlicher (Zr=.59) und maximaler Schmerzintensität (Zr=.66). Unterschiede in der Genauigkeit zwischen Müttern und Vätern zeigten sich in Abhängigkeit von soziodemographischen Variablen des Kindes (Alter und Geschlecht). Mütter tendierten abhängig vom Geschlecht des Kindes bei Jungen zu einer Unterschätzung der Schmerzen, wohingegen Väter abhängig vom Alter dazu neigten, die Schmerzen von Jugendlichen zu unterschätzen. Regressionsanalysen zur Vorhersage der Übereinstimmung durch kindliche und elterliche Faktoren zeigten eine Varianzaufklärung von bis zu 23%. Die Übereinstimmung zwischen Selbst- und Elterneinschätzung hinsichtlich maximaler Schmerzintensität und schmerzbezogenen Beeinträchtigung fiel umso höher aus, je mehr Schmerzausdruck das Kind bzw. der Jugendliche zeigte. Katastrophisieren der Eltern führte zu einer geringeren Übereinstimmung. Diskussion: Sowohl die mütterliche als auch die väterliche Einschätzung korreliert hoch mit dem Selbstbericht des erkrankten Kindes. Trotz der stärkeren beruflichen Einbindung der Väter lässt sich keine Evidenz dafür finden, dass ihre Einschätzung weniger zutreffend ist. Je stärker das Kind seinem Schmerz verbal und nonverbal Ausdruck verleiht, desto höher ist die Übereinstimmung in Einklang mit dem Empathiemodell
von Goubert et al. (2005). Das elterliche Katastrophisieren als Top-down Variable nimmt einen Einfluss auf die Übereinstimmung und stellt daher eine Variable dar, die im klinischen Setting Berücksichtigung finden muss. Schlussfolgerung: Um das komplexe chronische Schmerzerleben des Kindes im klinischen Bereich angemessen beurteilen zu können und damit die Qualität der Behandlung zu erhöhen, ist nach unseren Ergeb nissen multiple Information aus dem gesamten familiären Netz sinnvoll. Dabei sollten elterliche Charakteristika (z.B. Katastrophisieren der Eltern) zur Interpretation der elterlichen Angaben berücksichtigt werden. P12.5 Elterliches Katastrophisieren über die Schmerzen ihrer Kinder: Entwicklung und Validierung einer deutschsprachigen Übersetzung der Parental Pain Catastrophizing Scale M. Hamann1, T. Hechler1, S. Vocks2, A.-L. Tietze1, S. Schröder1, B. Zernikow1 1 Vodafone Stiftungsinsitut für Kinderschmerztherapie und Palliativmedizin, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Datteln; 2 AE Klinische Psychologie und Psychotherapie, Ruhr-Universität-Bochum Fragestellung: Elterliches schmerzbezogenes Katastrophisieren als eine übertrieben negative gedankliche und verhaltensbezogene Beschäfti gung mit den Schmerzen des Kindes, hat sich in der Vergangenheit als bedeutend für das Verständnis sozialer Wirkmechanismen von chronischen Schmerzen und entstehenden Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen herausgestellt. Elterliches schmerzbezogenes Katastrophisieren bei chronisch schmerzkranken Kindern steht im Zu sammenhang mit höheren Schmerzintensitäten und Beeinträchtigung en des Kindes sowie mit depressiven und Angstsymptomen der Eltern. Trotz der Bedeutsamkeit elterlichen Katastrophisierens für die Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen bei Kindern fehlt ein validiertes deutschsprachiges Messinstrument zur Erhebung des Konstrukts. Ziel der Studie war die deutschsprachige Übersetzung der Parental Pain Catastrophizing Scale (PCS-P: Goubert et al., 2006) und die Überprüfung der psychometrischen Charakteristika. Zudem wurde der Zusammenhang zwischen elterlichem Katastrophisieren und kindlichem Katastrophisieren sowie elterlichen Schmerzerfahrungen untersucht. Material und Methode: Die Stichprobe setzte sich aus Kindern und Jugendlichen (N=171) zwischen 8 und 17;8 Jahren und deren Eltern zusammen, die sich wegen chronischer Schmerzen in unserer Schmerz ambulanz vorstellten. Es handelte sich um eine Fragebogenstudie mit Querschnittserhebung. In der Hauptstichprobe der Eltern (N=297) wurde eine Hauptkomponentenanalyse (PCA) durchgeführt. Daneben fanden korrelative Berechnungen statt. Ergebnisse: Die PCA ergab ein Zwei-Faktorenmodell mit guten internen Konsistenzen der beiden Subskalen „Dysfunktionale Gedankenkreise“ und „Hilflosigkeit“. Es fanden sich signifikante Korrelationen zwischen dem FESK und Schmerzen und Beeinträchtigung des Kindes und depressiven sowie Angstsymptomen der Eltern. Außerdem stellten sich signifikante Zusammenhänge zwischen elterlichem und kindlichen Kata strophisieren sowie den elterlichen Schmerzerfahrungen heraus. Diskussion: Die deutschsprachige Übersetzung des PCS-P-Fragebogen zum elterlichen schmerzbezogenen Katastrophisieren (FESK)- zeigte gute psychometrische Eigenschaften. Elterliches Katastrophisieren beeinflusst das Schmerzerleben und die Beeinträchtigung der betroffenen Kinder. Der Zusammenhang zwischen elterlichem Katastrophisieren und elter lichen Schmerzerfahrungen deutet darauf hin, dass möglicherweise eigene Schmerzerfahrungen das elterliche Katastrophisieren mitbedingen können. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse legen einen stärkeren Einbezug von Eltern in die Therapie chronisch kranker Kinder und Jugendlicher nahe, z.B. durch spezielle Elterntrainings zur Reduktion elterlicher kata strophisierender Gedanken. Der FESK kann zukünftig zur weiteren Er forschung des Konstrukts elterlichen Katastrophisierens und zur Über
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Abstracts prüfung der Wirksamkeit entsprechender Interventionen im Klinikalltag eingesetzt werden. P12.6 Der Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ): Ergebnisse aus einer Schmerzambulanz B. Kappis, R. Schwab, R. Laufenberg-Feldmann Klinik für Anästhesiologie / Schmerzambulanz, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz Fragestellung: Patienten mit chronischem Schmerzen leiden überdurch schnittlich häufig unter psychischen Symptomen und zeigen eine er höhte Rate psychischer Komorbiditäten. Dies ist entscheidend für den bisherigen Krankheitsverlauf, die Symptomausprägung und die Prognose der Schmerzerkrankung. Eine frühzeitige und valide Erkennung psychi scher Auffälligkeiten erlaubt eine Berücksichtigung dieser Faktoren im Behandlungsprozess. Der Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D) gilt als geeignetes Instrument für das Screening psychischer Symptome, ist kurz und wird als reliabel und valide angesehen. Material und Methode: Fast 200 Patienten einer universitären Schmerz ambulanz werden neben der klinischen Untersuchung zusätzlich mit Hilfe von Fragebogen untersucht: Der Gesundheitsfragebogen für Patienten PHQ-D, der Deutsche Schmerzfragebogen DSF und der Pain Disability Index PDI. Der PHQ-D erfasst mit Hilfe von 78 Items acht psychische Störungen, wobei zwischen einer kategorialen und dimensionalen Diagnostik differenziert werden kann. Die Kriterien orientieren sich am Klassifikationssystem DSM-IV. Der DSF erfasst schmerzbezogene Variablen wie Dauer und Stärke der Schmerzen. Der PDI ist eine Mess instrument für die subjektive schmerzbezogene Beeinträchtigung. Ergebnisse: Patienten mit chronischen Schmerzen sind krankheits bedingt erheblich beeinträchtigt. Sie haben eine deutlich höhere Symp tombelastung durch depressive und andere körperliche Symptome als eine klinische Vergleichsstichprobe. Bei fast 40% der Patienten finden sich „depressive Syndrome“, die unabhängig von Schmerzstärke, Schmerz dauer oder Alter sind. „Somatoforme Syndrome“ finden sich bei fast einem Drittel der Patienten, wobei die Dauer der Schmerzerkrankung mit der Symptombelastung korreliert. Die Ergebnisse des PDI weisen auf eine deutliche schmerzbedingte Beeinträchtigung hin. Diskussion: Der Index PHQ-15 („Somatisierung“) wird in dieser Stich probe wegen 7 Schmerzsymptomen (von 15) möglicherweise überschätzt. Alkoholbezogene Störungen und Essstörungen werden in unserer Stich probe kaum gefunden, weshalb hierfür das klinische Gespräch besser geeignet erscheint. Ebenso müssen Phobien, z.B. Agoraphobie, soziale oder spezifische Phobie, gesondert untersucht werden. Schlussfolgerung: Die Anwendung und Auswertung des PHQ-D ist einfach und erfordert wenig Zeit. Die Ergebnisse können die Sensibilität für die häufig vorkommenden komorbiden Bedingungen und die krank heitsbedingten Probleme bei Schmerzpatienten erhöhen. Der Titel des Fragebogens, die kurze Ausfüllzeit und der Untersuchungszeitpunkt (nach dem Erstgespräch) bewirken eine hohe Akzeptanz bei den hier untersuchten Schmerzpatienten. P12.7 Inhaltliche Strukturen und Skalen des MPSQ-D: Vergleich der deutschen Version des Örebro-Risikofragebogens mit internationalen Standards R. K. Meier, N. Meyer, B. M. Graf, Chr. H. Wiese Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg Hintergrund: Validierte Screeninginstrumente zur Prognose der Schmerzchronifizierung helfen, frühzeitig Patienten mit voraussichtlich ungünstigem Verlauf zu identifizieren [1]. Verschiedensprachige Versionen anerkannter und eingeführter Fragebögen ermöglichen den Vergleich von Ergebnissen von Patientenpopulationen aus verschiedenen Ländern. Wir validierten die deutsche Version des Örebro-Risikofragebogens [2, 3]: „Musculosceletal pain screening questionnaire“ (MPSQ-D). In
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der vorliegenden Arbeit beschreiben wir die Skalen des MPSQ-D und vergleichen seine inhaltlichen Strukturen mit den Empfehlungen eines aktuellen Review von Melloh und Kollegen [4]. Methodik: Wir analysierten 202 Datensätze aus der Validierungsstichprobe des MPSQ-D. Die Probanden wurden in den Praxen niedergelassener Ärzte rekrutiert. Die Patientenangaben resultieren in 4 Skalen und einem Gesamtscore: Skala Schmerz, Psyche, ATL und Arbeit. Der Gesamtscore beträgt wie im Originalfragebogen 0 bis 210 Punkte. Re präsentative Angaben der Validierungsstichprobe werden dargestellt. Die Arbeitsgruppe von Melloh und Kollegen extrahierte und empfahl in einem kürzlich erschienen Review, bei dem 13 entsprechende Pub likationen gesichtet und ausgewertet wurden, 10 Strukturen, die in ent sprechenden Erhebungsinstrumenten bearbeitet werden sollen [4]. Ergebnisse: Die Korrelationen der Items mit den zugehörigen Skalen konstrukten reichen von r=0,63 bis r=0,80 (p<0,01). Schlussfolgerungen: Die Strukturen des Review werden durch die In halte des MPSQ-D nahezu vollständig abgedeckt und operationalisiert (Tabelle 1). Den internationalen Empfehlungen [4] wird auch durch die deutsche Version des MPSQ Genüge geleistet. Den Strukturen von Melloh und Kollegen können aus theoretischer und empirischer Sicht als 11. relevante Dimension biographische Aspekte hinzugeführt werden [vgl. 5]. Mit den 4 Skalen des deutschen Risikofragebogens ist es möglich, das Belastungs- bzw. Risikoprofil von Patienten differenziert abzubilden.
Tab. 1 Strukturen von Prognoseinstrumenten zum Chronifizierungsrisiko (n. Melloh [4])
Items und Skalen des MPSQ-D
1. Soziodemographische Faktoren
Items 1-4
2. Arbeitscharakteristika und arbeitsbezogene Einstellungen
Skala Arbeit
3. Körperliche Funktionen und Aktivitäten des tägl. Lebens
Skala ATL
4. Aspekte des Schmerzes
Skala Schmerz
5. Medizinische Aspekte
kein explizierter Bezug
6. Depression
Skala Psyche
7. Negative psychische Zustände (z.B. Angst, Stress, Sorgen)
Skala Psyche
8. Copingstrategien/ Schmerzverhalten
Skala Schmerz
9. Angst- und Vermeidungseinstellungen
Skala Psyche
10. Unterstützungssysteme
kein expliziter Bezug
Literatur 1. 2 3. 4. 5.
Meier RK et al. (2008) DRV-Schriften 77: 114-116 Linton SJ et al. (1998) Clin J Pain 14: 209-215 Linton SJ et al. (2003) Clin J Pain 19: 80-86 Melloh M et al. (2009) Int Orthopaedics 33: 301-313 Egle UT et al. (1997) Nervenarzt 68: 683-695
P12.8 Über den Zusammenhang der Schmerzstärke (VAS) zum subjektiven Erleben (GSI SCL-90-R) M. Brinkers, T. Petz, A. Voigt, D. Hoffmeyer Schmerzambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Uni Magdeburg AöR, Magdeburg Einleitung und Fragestellung: Schon in einer früheren Untersuchung (2004) unserer Arbeitsgruppe war der Zusammenhang VAS und Zu friedenheit untersucht worden: – Die Patienten der Schmerzambulanz haben zu Beginn der Schmerztherapie (Zeitpunkt T1) einen VAS-Wert um 6,5. – Zufriedene haben einen niedrigeren VAS-Wert bei T2 als Unzufriedene – Die Zufriedenen haben eine VAS Differenz von mindestens 2,5.
Da die Höhe des Anteils an Zufriedenen vom GSI abzuhängen scheint (je niedriger desto mehr Zufriedene: noch unveröffentlichte Dissertation), sollte jetzt das Verhalten der VAS-Werte vor allem bei niedrigem GSI (<61) untersucht werden. Material und Methoden: Untersucht wurden n=172 nacheinander aufgenommene Patienten. Von diesen war zu Beginn der Therapie der SCL-90-R ausgefüllt worden, sowie zu Beginn und bei jetziger Kontrolle jeweils die Schmerzstärke (VAS) festgehalten worden. Während der Therapie wurde immer wieder schriftlich festgehalten, wie die Patienten unter der Therapie zufrieden waren. Ergebnisse: 1. Der VAS-Wert zum Zeitpunkt T1 (VAS T1) wird weniger vom GSI beeinflusst als der VAS-Wert zum Zeitpunkt T2 (VAS T2; Korrelation: n.s. vs. 0,259 bei Signifikanz 0.001): ein niedriger GSI bedeutet also einen niedrigen VAS T2. Bei steigendem GSI steigt auch der VAS T2: bei über alle GSI konstantem VAS T1 verringert sich damit die Differenz VAS T1 zu T2 mit steigendem GSI. 2. In unserer Schmerzambulanz haben Patientengruppen mit niedrigem GSI anteilig mehr zufriedene Patienten als Patientengruppen mit hohem GSI. Hier nun zeigt sich eine Korrelation der Zufriedenheit zum niedrigen VAS-Wert bei T2 (Korr. 0,480) sowie zur Höhe der Differenz VAS T1 zu T2 (Korr. -0,368) bei jeweils hoher Signifikanz (0.000). 3. Wie oben geschildert haben zufriedene Patienten eine VASDifferenz T1 zu T2 >2,5. Unter diesem Differenzbetrag sind sowohl absolut wie relativ weniger zufriedene Patienten als oberhalb des Betrages vorhanden. Schlussfolgerung: Es sollten nicht nur wie üblich die Patienten mit einer erhöhten psychischen Belastung untersucht werden, sondern das gesamte Patientengut. Auch die Untersuchung von Patienten mit nied riger psychischer Belastung (GSI<61) kann helfen, die Patienten mit er höhter psychischer Belastung einzuordnen.
P14 Fibromyalgie P14.1 Prävalenz und Prädiktoren von Schmerzen in mehreren Körperregionen – Ergebnisse einer repräsentativen deutschen Bevölkerungsstichprobe S. Ziehl1, G. Schmutzer2, H. Glaesmer2, E. Braehler2, W. Häuser1 1 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie, Klinikum Saarbrücken; 2 Abteilung für medizinische Psychologie und Soziologie, Universität Leipzig Hintergrund: Aus Deutschland liegen keine Daten aus repräsentativen Stichproben der Gesamtbevölkerung zu Prädiktoren von Schmerzen in mehreren Körperregionen (WP) und des Fibromyalgiesyndroms (FMS) vor. Methodik: Personen ≥ 14 Jahre aus einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Gesamtbevölkerung wurden im Rahmen einer Querschnitts studie mit standardisierten Fragebögen untersucht. Schmerzorte, das Vorliegen eines WP und FMS wurden mit der Regionalen Schmerzskala RPS, körperliche Symptombelastung bzw. Depressivität mit den Modulen des Fragebogens zum Gesundheitszustand PHQ 15 bzw. PHQ 9 und der subjektive Gesundheitszustand mit der Kurzform des Fragebogens zum Gesundheitszustand SF-12 erfasst. Ergebnisse: 2524/4064 (62.1 %) der kontaktierten Personen beendeten die Studie. Die Prävalenz des CWP war 8.6%, des FMS 3.8%. Das Ge schlechtsverhältnis Frauen zu Männer war bei WP und FMS 1:1. 52.4% der Varianz der Zahl der Schmerzorte wurde durch höheres Alter, niedrigen sozialen Schichtindex, hohe körperliche Symptombelastung, geringe Depressivität und subjektiv niedrigen körperlichen Gesundheitszustand prädiziert (p<0.001). Höheres Lebensalter (OR 2.0, 95% CI 1.71; 2.36; <0.001), niedrige soziale Schicht (OR 0.64; 95% CI 0.46; 0.91; p=0.01) und mögliches somatoformes Syndrom (OR 3.0; 95% CI 1.27;7.15; p<0.001) prädizierten mit einer 94.4% Wahrscheinlichkeit einen WP. Höheres
Lebensalter (OR 1.39, 95% CI 1.19; 1.62, p <0.001), niedrige soziale Schicht (OR 0.61, 95% CI .40, 0.93; p=0.02) und mögliches somatoformes Syndrom (OR 19.42; 95% CI 10.31;36.61; p<0.001) prädizierten mit einer 97.7% Wahrscheinlichkeit ein FMS. Schlussfolgerung: WP und FMS sind Bestandteile eines Komplexes ver mehrter körperlicher Symptombelastung, höherem Alter und niedriger sozialer Schicht. P14.2 Fibromyalgiesyndrom: Ein Symptomcluster innerhalb des Kontinuums von biopsychosozialem Distress – Ergebnisse einer repräsentativen deutschen Bevölkerungsstichprobe R. Wilhelm-Schwenk1, G. Schmutzer2, H. Glaesmer2, E. Braehler2, W. Häuser1 1 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie, Klinikum Saarbrücken; 2 Medizinische Psychologie und Soziologie, Universität Leipzig Fragestellung: Die Definition von Krankheiten bzw. Syndromen (z. B. Fibromyalgiesyndrom FMS, Depression, Bluthochdruck) durch festgelegte Grenzwerte wie Intensität und Dauer der Symptome ist immer mit einer gewissen Willkürlichkeit behaftet. Die Festlegung von Grenzwerten kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: Durch Expertenkonsens oder durch statistische Verfahren. Wir überprüften erstmals mittels einer Clusteranalyse die Hypothese, dass sich innerhalb des Kontinuums von körperlichem und seelischem Distress in der allgemeinen Bevölkerung ein Cluster abgrenzen lässt, welches die Kriterien eines FMS erfüllt. Methoden: Personen ≥ 14 Jahre aus einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Gesamtbevölkerung wurden im Rahmen einer Querschnitts studie mit standardisierten Fragebögen untersucht. Die Anzahl der Schmerzorte wurde mit der Regionalen Schmerzskala RPS, körperliche Symptombelastung mit der Müdigkeitsskala des RPS und dem Modul des Gesundheitsfragebogens PHQ 15, Depressivität mit dem PHQ 9 erfasst. Eine k-means Clusteranalyse mit den Scores der RPS, des PHQ 9 und PHQ 15 wurde mit 2 – 8 vorgegebenen Clustern durchgeführt. Die Zahl der endgültigen Clusterlösung wurde durch die Stabilität und Interpretierbarkeit der Cluster festgelegt. Die Clusteranalyse wurde mit der Hälfte der Stichprobe (Zufallsauswahl) duchgeführt und an der anderen Hälfte validiert. Eine Clusterlösung wurde dann als stabil angesehen, wenn die Mittelwerte der Zentroide der 1. Stichprobe innerhalb ½ Standardabweichung der Mittelwerte der Zentroide der 2. Stichprobe waren. Die Interpretierbarkeit wurde überprüft, in dem die Cluster an Hand klinischer Variablen (Alter, Geschlecht, soziale Schicht, gLQ und soziale Unterstützung) verglichen wurden. Ergebnisse: 2524/4064 (62.1 %) der kontaktierten Personen beendeten die Studie. Eine 4-Clusterlösung führte zu den stabilsten und klinisch sinnvollsten Resultaten. Cluster 1 hatte niedrige Werte auf allen Symptomskalen („perfekte Gesundheit“; 58% der Stichprobe). Cluster 2 wies einige Schmerzorte und geringe depressive und körper liche Symptombelastung auf („regionaler Schmerz mit geringem psychophysischem Distress“; 28.6% der Stichprobe). Cluster 3 umfasste 7.5% der Stichprobe mit multiplen Schmerzorten, geringer somatischer und fehlender psychischer Symptombelastung (Schmerz in mehreren Körperregionen mit geringem physischem Distress). Die verbliebenen 5.8% bildeten das 4. Cluster mit multiplen Schmerzorten und mäßiger körperlicher und psychischer Symptombelastung. Der Mittelwert des regionalen Schmerz- und Müdigkeitsscores diese Clusters erfüllte die FMS-Kriterien der regionalen Schmerzskala. Personen in Cluster 3 und 4 waren älter als Personen in Cluster 1. Personen von Cluster 4 gehörten signifikant häufiger der Unterschicht an und gaben eine schlechtere körperliche und seelische gLQ sowie geringere soziale Unterstüzung an als die Personen in den anderen Clustern. Schlussfolgerungen: a. Das FMS ist kein distinktes Krankheitsbild, sondern eine Kontinuum- Störung. b. Mittels Clusteranalyse lässt sich innerhalb des Kontinuums von körperlichem und seelischem Distress eine Symptomkonstellation identifizieren, welche die Survey-Kriterien des FMS erfüllt. Die Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Definition eines FMS lässt sich clusteranalytisch fundieren. c. Neben multiplen Schmerzorten sind vermehrte körperliche und seelische Symptombelastung integrale Bestandteile des FMS. P14.3 Klinische Diagnose des Fibromyalgiesyndroms – ein Vergleich verschiedener Diagnosekriterien S. Hayo1, H. von Wilmowsky2, W. Biewer3, F. Petzke4, W. Häuser1 1 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie, Klinikum Saarbrücken; 2 Klinik für Rheumatologie, Knappschaftskrankenhaus Püttlingen; 3 Rheumatologische Schwerpunktpraxis, Saarbrücken; 4 Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie, Uniklinik Köln Einleitung:ObwohldieKlassifikationskriteriendesFibromyalgiesyndroms (FMS) des American College of Rheumatology (ACR) nicht für die klinische Diagnose entwickelt wurden, werden sie in Studien (Grund lagenforschung, Therapie) für die klinische Diagnose des FMS verwendet. Alternative Kriterien für die klinische Diagnose (Regionale Schmerzskala RPS und symptombasierte Diagnose) wurden für die klinische Diagnose des FMS unter Praxisbedingungen vorgeschlagen. Wir prüften zum ersten Mal die Übereinstimmung der drei genannten Diagnosekriterien in verschiedenen klinischen Settings. Methodik: Konsekutive Patienten (Januar bis Juni 2009) mit einer Diagnose eines FMS in der Anamnese bzw. Patienten mit chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen zur Abklärung einer rheumatologischen Praxis, einer rheumatologischen Krankenhausambulanz sowie in zwei Schmerzambulanzen wurden wie folgt untersucht: Dauer der chro nischen Schmerzsymptomatik: Anamnese und Fragebogen; Schmerz lokalisationen: Anamnese und RPS;Tender Point Überprüfung nach Okifuji-Protokoll; Fragebogen zur symptombasierten Diagnose eines FMS. Ergebnisse: 151 Patienten (92% weiblich, Median Alter 51 [Spannweite 15–78] Jahre) wurden erfasst. Bei 49 (32%) der Patienten wurde erstmals die Diagnose eines FMS gestellt. 88% der Patienten erfüllten die ACR-, 88% die RPS- und 87% die Symptomkriterien des FMS. Der Median der prozentualen Übereinstimmung ACR-RPS war 84 (Spannweite 68–90)%, ACR-Symptombasiert 84 (Spannweite 72–91)% und RPS-Symptombasiert 70 (Spannweite 65–84)%. Schlussfolgerung: Die klinische Diagnose eines FMS kann nach den ACR, RPS- und symptombasierten Kriterien führt zu hohen Konkordanzraten. Die Definition einer diagnostischen Kategorie für Patienten, welche die FMS-Kriterien nicht erfüllen, ist notwendig. Literatur 1. Eich W, Häuser W, Friedel E et al. Definition, Klassifikation und Diagnose ders Fibromyalgiesyndroms. Schmerz 2008;22:255-266 2. Katz RS, Wolfe F, Michaud K. Fibromyalgia diagnosis: a comparison of clinical, survey, and American College of Rheumatology criteria. Arthritis Rheum 2006;.54:169-176 3. Okifuji A, Turk DC, Sinclair JD, Starz TW, Marcus DA. A standardized manual tender point survey. I. Development and determination of a threshold point for the identification of positive tender points in fibromyalgia syndrome.J Rheumatol. 1997 Feb;24(2):377-83 4. Wolfe F. Stop using the American College of Rheumatology criteria in the clinic. J Rheumatol 2003;30:1671-1672 5. Wolfe F. Pain extent and diagnosis: Development and validation of the regional pain scale in 12 995 patients. J Rheumatol 2003; 30:369-378
P14.4 Validierung der deutschen Version der regionalen Schmerzskala RPS-D S. Schild1, S. Hayo1, J. Langhorst2, H. von Wilmowsky3, R. Alten4, W. Häuser1 1 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie, Klinikum Saarbrücken; 2 Klinik für Innere Medizin V, Universität Essen-Duisburg, Essen; 3 Klinik für Rheumatologie, Knappschaftskrankenhaus Püttlingen; 4 Klinik für Rheumatologie, Schlosspark Klinik, Berlin Einleitung: Die Regional Pain Scale (regionale Schmerzskala) wurde in den USA zur klinischen Diagnose des Fibromyalgiesyndroms (FMS) in
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der klinischen Praxis sowie für epidemiologische Studien entwickelt. Ein FMS wird diagnostiziert, wenn in den letzten 7 Tagen Schmerzen ≥ 8/19 Schmerzorten und ein Müdigkeitswert von ≥ 6/10 auf einer visuellen Analogskala angegeben werden. Eine Validierung einer Übersetzung in eine andere Sprache wurde bisher nicht durchgeführt. Methodik: Die regionale Schmerzskala wurde mittels Hin- und Rück übersetzung in die deutsche Sprache übertragen. Die psychometrischen Kennwerte wurden in Stichproben von konsekutiven Patienten mir der Diagnose FMS aus einer Krankenhausambulanz für Rheumatologie (N=54), einer Schmerzambulanz (N=31) und Patienten einer Klinik für Naturheilkunde und integrative Medizin (N=95) sowie an Patienten mit gesicherter rheumatoider Arthritis mit einem Disease Activity 28 Score von > 3,2 zweier Krankenhausambulanzen für Rheumatologie (N=53) überprüft. Als Validierungsinstrument diente der Gießener Be schwerdebogen GBB 24. Die Augenscheinvalidität wurde von 3 Rheuma tologen und Schmerztherapeuten sowie 10 Patienten beurteilt. Ergebnisse: Aus ärztlicher Sicht wurde das 7-Tagekriterium der Schmerz symptomatik, das fehlende Kriterium eines Schmerzes in mehreren Körperregionen sowie die Schmerzlokalisation „Kiefergelenke“ kriti siert. Patienten bemängelten das Fehlen der Schmerzlokalisationen Ellbogen, Knie, Hände und Füße. Die Akzeptanz bei den Patienten war hoch (Anzahl unbeantworteter Fragen <0.01%). Die Test-RetestReliabilität (≥ 8/19 Schmerzorten und ein Müdigkeitswert von ≥ 6/10 bei Wiederholungsmessung nach 4–12 Wochen) bei den Patienten der Schmerzambulanz lag bei 98%. Die konvergente Validität war hoch: Die Konkordanzrate mit den ACR-Kriterien war hoch: Rheumaambulanz 83%, Schmerzambulanz 90% und Naturheilkundeklinik 78%. Der Pearson-Korrelationskoeffizient des RPS Müdigkeitsscores mit der Skala „Erschöpfungsneigung“ des GBB 24 bei den FMS-Patienten war 0,69 (p<0.001). Die diskriminative Validität war eingeschränkt: 24 (53%) der Patienten mit rheumatoider Arthritis erfüllten die RPS-Kriterien eines FMS. Diskussion: Die RPS-D weist mit Ausnahme der diskriminativen Vali dität gute psychometrische Kennwerte auf. Die Konkordanzraten von ACR- und RPS-Kriterien bei den untersuchten Patienten war größer als die einer US-Amerikanischen Studie (2). Schlussfolgerung: Die klinische Diagnose eines primären FMS kann an Hand der RPS-Kriterien und dem klinischen Ausschluss von körperlichen Erkrankungen als Ursache von Schmerzen in mehreren Körperregionen und Müdigkeit gestellt werden. Literatur 1. Wolfe F. Pain extent and diagnosis: Development and validation of the regional pain scale in 12 995 patients. J Rheumatol 2003;30:369-378 2. Katz RS, Wolfe F, Michaud K. Fibromyalgia diagnosis: a comparison of clinical, survey, and American College of Rheumatology criteria. Arthritis Rheum 2006;.54:169-176
P14.5 Fibromyalgieforme Symptome bei Patienten mit depressiven Störungen M. Kosseva1, S. Schild1, W. Hofmann2, W. Häuser1 1 Interdisziplinäres Zentrum für Schmerztherapie, Klinikum Saarbrücken; 2 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, SHG Kliniken Sonnenberg, Saarbrücken Einleitung: In systematischen Reviews wurde eine Komorbidität des Fibromyalgiesyndroms (FMS) mit depressiven Störungen von 30–80% beschrieben (1). Jedoch sind nicht alle Patienten mit FMS depressiv (2). Aus psychiatrischer Sicht wird das FMS gelegentlich als eine Variante einer depressiven Störung (z. B. larvierte Depression) angesehen (3). Studien, wie häufig fibromyalgieforme Symptome bei Patienten mit depressiven Störungen vorliegen, wurden unseres Wissens bisher nicht durchgeführt. Methodik: Konsekutive Patienten mit depressiven Störungen (ICD 10 F 32.x,33.x und 41.2) einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie wurden mittels der deutschen Version der regionalen Schmerzskala RPS, der Allgemeinen Depressionsskala ADS und einem selbstentwickelten
Fragebogen zur Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen untersucht. Patienten mit einer bekannten Diagnose eines FMS wurden ausgeschlossen. Ein FMS wurde angenommen, wenn in der RPS in den letzten 7 Tagen Schmerzen in ≥ 8/19 Schmerzorten und ein Müdig keitswert von ≥ 6/10 auf einer visuellen Analogskala angegeben wurde. Die Rohwerte der ADS wurden nach den Tabellen des Handbuches in T-Werte transformiert. Ergebnisse: 63 konsekutive Patienten wurden erfasst. 12 Patienten lehnten die Teilnahme an der Studie ab bzw. waren auf Grund der Schwere der Depression nicht in der Lage, die Fragebögen auszufüllen. Bei einer Patientin war die Diagnose eines FMS bekannt. 50 Patienten (72% Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren (Spannweite 18–80 Jahre) konnten ausgewertet werden. Der Mittelwert des TWertes der ADS lag bei 68 (Spannweite 35–83). 14% der Patienten gaben in den letzten 7 Tagen keinen Schmerzort, 12% einen, 38% 2–7 und 36% ≥ 8 Schmerzorte an. 36% der Patienten erfüllten die RPS-Kriterien eines FMS. Depressive Patienten mit und ohne FMS unterschieden sich nicht bzgl. Alter (p=.02), im Ausmaß der Depressivität (p=0.9) sowie Geschlechtszugehörigkeit (72% Frauen und 28% Männer mit FMS). Depressive Patienten mit FMS gaben signifikant häufiger als depressive Patienten ohne FMS an, wegen Schmerzen des Bewegungsapparates in hausärztlicher bzw. orthopädischer Behandlung zu sein (p=0.01). Diskussion: Da nicht alle Patienten mit depressiven Störungen Schmerzen angaben bzw. nicht die Kriterien eines FMS erfüllten, ist es nicht gerechtfertigt, das FMS pauschal als eine Verlaufsform einer de pressiven Störung anzusehen. Folgende Erklärungen der Häufung von FMS-ähnlichen Symptomen bei depressiven Patienten sind möglich: a. Komorbidität von muskuloskelettalen Erkrankungen und depressiven Störungen. b. Subtyp einer Depression mit seelischen und fibromyalgie formen Symptomen. Schlussfolgerung: Zur weiteren Klärung der Frage, ob es eine fibromyalgie forme Form der Depression gibt, muss in Längsschnittstudien überprüft werden, ob sich fibromyalgieforme Symptome bei depressiven Patienten mit der Remission der Depression zurückbilden oder nicht. Literatur 1. Fietta P, Fietta P, Manganelli P. Fibromyalgia and psychiatric disorders. Acta ������������� Biomed. 2007 Aug;78(2):88-95 2. Okifuji A, Turk DC, Sherman JJ. Evaluation of the relationship between depression and fibromyalgia syndrome: why arent all patients depressed? J ���������������������������������� Rheumatol. 2000 Jan;27(1):212-9. 3. Raphael KG, Janal MN, Nayak S, Schwartz JE, Gallagher RM. Familial aggregation of depression in fibromyalgia: a community-based test of alternate hypotheses.Pain. 2004 Jul;110(1-2):449-60
P14.6 Wirksamkeit und Sicherheit von Tapentadol extended release (ER) bei chronischen Schmerzen aufgrund einer Osteoarthrose des Knies: Ergebnisse einer Phase-III-Studie M. Afilalo¹, M. Etropolski², B. Kuperwasser², K. Kelly², A. Okamoto², I. Van Hove³, B. Lange⁴, T. Häufel⁵, Chr. Rauschkolb² ¹Director Emergency Department, Sir Mortimer B Dais Jewish General Hospital, Montreal, Kanada; ²L.L.C., Johnson & Johnson Pharmaceutical Research & Development, New Jersey, USA; ³Division of Janssen Pharmaceutika, N.V., Johnson & Johnson Pharmaceutical Research and Development, Beerse, Belgien; ⁴Research and Development, Grünenthal GmbH, Aachen; ⁵Corporate Drug Safety, Grünenthal GmbH, Aachen Hintergrund und Zielsetzung: Opioide werden in der Regel zur Therapie mittelstarker bis starker Schmerzen eingesetzt. Klassische Opioide sind jedoch mit einer hohen Inzidenz an Nebenwirkungen (NW) verbunden, die oftmals zu einer schlechten Patientencompliance (PC)führen. Tapentadol ist ein neuartiges zentralwirksames Analgetikum mit einem zweifachen Wirkmechanismus: mü-Opioidrezeptor-Agonismus und Nor adrenalin-Wiederaufnahme-Hemmung. Diese randomisierte Doppel blindstudie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Tapentadol
extended release (ER) im Vergleich zu Placebo und Oxycodon controlled release (CR) zur Behandlung von mittelstarken bis starken chronischen Schmerzen bei einer Osteoarthrose (OA) des Knies. Methode: Die Patienten wurden randomisiert und erhielten kontrollierte, anpassbare Dosen von Tapentadol ER (100 bis 250 mg), Oxycodon HCl CR (20 bis 50 mg) oder Placebo 2× tägl. während einer 12-wöchigen Erhaltungsphase. Der Erhaltungsphase ging eine 3-wöchige Titrations phase mit Startdosen von 50mg Tapentadol ER, 10mg Oxycodon HCl CR oder Placebo 2× täglich voraus. Die primären Wirksamkeitsendpunkte bestanden in der Änderung der durchschnittlichen Schmerzintensität im Vergleich zum Ausgangswert (11-Punkte-Numerische Ratingskala) in der 12. Woche der Erhaltungsphase sowie während der 12-wöchigen Erhaltungsphase. Die letzte Beobachtung wurde fortgeschrieben zur Imputation fehlender Messwerte (Last-Observation-Carried-FowardMethode). Sicherheit, Verträglichkeit und Therapieabbrüche wurden bewertet. Ergebnisse: Die Populationen für die Sicherheits- und Wirksamkeits analyse bestanden aus 1023 Patienten, die mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhielten. Die Therapie mit Tapentadol ER führte während der gesamten Erhaltungsphase sowie in der 12.Woche der Er haltungsphase zu einer signifikanten Reduktion der mittleren Schmerz intensität verglichen mit Placebo; die least-squares-mean-difference (LSMD) betrug -0,7 (95% Konfidenzintervall [KI], -1,00 bis -0,33) bzw. -0,7 (95% KI, -1,04 bis -0,33). Hingegen war die bei Oxycodon CR beobachtete Reduktion der durchschnittlichen Schmerzintensität verglichen mit Placebo während der 12 Wochen grenzwertig signifikant mit einer LSMD von -0,3 (95% KI, -0,67 bis -0,00) und in der 12.Woche nicht signifikant mit einer LSMD von -0,3 (95% KI, -0,68 bis 0,02). Während des 15wöchigen Behandlungszeitraums wurden Therapieabbrüche aufgrund von NW bei 6,5% der Patienten in der Placebo-, 19,2% in der Tapentadol ER- bzw. 43,0% in der Oxycodon CR-Gruppe berichtet. Während der 3-wöchigen Titrationsphase brachen 24,6% der Patienten in der Placebo-, 23,3% in der Tapentadol ER- und 49,4% in der Oxycodon CR-Gruppe die Therapie aus irgendeinem Grund ab. Schlussfolgerung: Tapentadol ER war im Vergleich zu Placebo zur Therapie von mittelstarken bis starken chronischen Schmerzen bei einer OA des Knies wirksam. Oxycodon CR hingegen erzielte verglichen mit Placebo keine klinisch relevante Abnahme der durchschnittlichen Schmerzintensität. Dies lässt sich auf das schlechte Verträglichkeitsprofil und die hohe Abbruchrate im Oxycodon CR-Therapiearm zurückführen. Die Behandlung von mittelstarken bis starken chronischen OASchmerzen mit Tapentadol ER könnte die PC verbessern, da Tapentadol ER (100 bis 250 mg 2× tägl.) verglichen mit Oxycodon HCl CR (20 bis 50 mg 2× tägl.) mit einer niedrigeren Inzidenz an NW, die einen Therapieabbruch hervorrufen, einhergeht. P14.7 Wirksamkeit, Sicherheit und gastrointestinale Verträglichkeit von Tapentadol Extended Release in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo- und Aktiv-kontrollierten Phase-III-Studie bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen D. Y. Shapiro¹, R. Buynak², A. Okamoto¹, C. Lange³, M. Etropolski¹ ¹Johnson & Johnson Pharmaceutical Research and Development, New Jersey, USA; ²Northwest Indiana Center for Clinical Research, Indiana, USA; ³Forschung und Entwickung, Grünenthal GmbH, Aachen In dieser Phase-III-Studie wurden 981 Patienten mit mittelstarken bis starken chronischen Rückenschmerzen randomisiert. Diese erhielten nach einer 3-wöchigen Titrationsphase entweder kontrollierte, anpassbare Dosen eines Placebos 2× täglich, Tapentadol Extended Release (ER; 100 bis 250 mg 2× täglich) oder Oxycodon HCl Controlled Release (CR; 20 bis 50 mg 2× täglich) für 12 Wochen. 965 Patienten waren hinsichtlich Sicherheit und 958 hinsichtlich Wirksamkeit auswertbar. Verglichen mit Placebo reduzierten sowohl Tapentadol ER als auch Oxycodon CR in der 12. Woche signifikant die Schmerzintensität (p < 0,001 für beide). Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts Zur Imputation fehlender Messwerte wurde die letzte Beobachtung fortgeschrieben (Last-Observation-Carried-Foward-Methode). Die Ge samtinzidenz für therapiebedingte Nebenwirkungen (NW) betrug bei Placebo 59,6%, bei Tapentadol ER 75,5% und bei Oxycodon CR 84,8%. Gastrointestinale NW wurden in der Placebogruppe, der Tapentadol ER-Gruppe sowie der Oxycodon CR-Gruppe jeweils mit 26,3%, 43,7% bzw. 61,9% der Patienten angegeben. Dazu zählten Übelkeit (9,1%, 20,1% bzw. 34,5%), Erbrechen (1,6%, 9,1% bzw. 19,2%) und Obstipation (5,0%, 13,8% bzw. 26,8%). Gemäß der Kaplan-Meier-Kurven hinsichtlich der Zeit bis zum erstmaligen Auftreten von Übelkeit, Erbrechen und Obstipation stieg der prozentuale Anteil der Patienten, die über ein erstmaliges Auftreten klagten, unter Oxycodon CR schneller als unter Tapentadol ER. Der Anteil der Patienten, die insgesamt aufgrund von NW abbrachen, betrug bei Placebo 4,4%, bei Tapentadol ER 16,7% und bei Oxycodon CR 31,7%. Der prozentuale Anteil der Patienten, die die Therapie wegen gastrointestinaler NW abbrachen, war in der Oxycodon CR-Gruppe (18,3%) mehr als dreimal so hoch wie in der Tapentadol ERGruppe (5,3%). Die zum Therapieabbruch führenden gastrointestinalen NW bei den Patienten, die mit Placebo, Tapentadol ER bzw. Oxycodon CR behandelt wurden, waren hauptsächlich Übelkeit (0,3%, 1,6% bzw. 11,3%), Erbrechen (0%, 2,5% bzw. 7,0%) und Obstipation (0%, 1,3% bzw. 4,3). Tapentadol ER (100 bis 250 mg 2× täglich) erzielte bei chronischen Rückenschmerzen eine effektive Schmerzlinderung und eine bessere gastrointestinale Verträglichkeit als Oxycodon HCl CR (20 bis 50 mg 2× täglich), wie sich durch die Inzidenzen an Übelkeit, Erbrechen und Obstipation belegen ließ. P14.8 Deutsche Version des „Musculosceletal Pain Screening Questionnaire“ (MPSQ-D): Evaluation des Schmerz-Chronifizierungsrisikos anhand zweier Stichproben: Ergebnisse des Prognoseinstrumentes MPSQ-D R. K. Meier1, N. Meyer1, B. Tutsch2, W. Kriener3, E. Penninger4, T. Straub5, B. M. Graf1, Chr. H. Wiese1 1 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg; 2 Psychologische Psychotherapie, Praxis für Psychotherapie, Dingolfing; 3 Allgemeinarztpraxis, Praxis für Allgemeinmedizin, Dingolfing; 4 Orthopädie, Praxis für Orthopädie, Dingolfing; 5 MVZ Dingolfing, MVZ Dingolfing Hintergrund: Das Chronifizierungsrisiko von Schmerzpatienten wird sowohl durch somatische, soziale und psychische Faktoren beeinflusst [1, 2]. Die frühe Identifikation von Schmerzpatienten mit erhöhtem Chronifizierungsrisiko mittels validierter Testverfahren kann eine zeit nahe Intervention bzw. gezielte Ressourcenallokation ermöglichen [3]. Ziel der vorliegenden Untersuchung war der Vergleich der Anwendung des international als Risikofragebogen eingeführten „Musculosceletal Pain Screening Questionnaire“ in der deutschen Version (MPSQ-D [4, 5]) bei Patienten aus der haus- und fachärztlichen Versorgung (P) sowie Patienten einer universitären interdisziplinären Schmerzambulanz (S). Methodik: Der MPSQ-D enthält entsprechend des Originalerhebungs bogens 25 Items (Item 1–4: soziodemografisch, Item 5–25: intervallskalierte Angaben zu Schmerz/Coping, Erwerbstätigkeit, psychische Belastungs faktoren und Belastbarkeit bei Bewegungsaktivitäten). Aus den Items 5–25 werden 4 definierte Subskalen (Schmerz, Psyche, Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL), Arbeit) erhoben. In der Auswertung des MPSQ wird ein Gesamtscore errechnet, der entsprechend eines definiertem und validiertem Cut-off-Score bewertet wird. So kann das Chronifizierungsrisiko quantifiziert und das individuelle Risiko profil dargestellt werden. Integriert wurden alle Patienten, die die Ambulanz bzw. die Praxis wegen akuter Schmerzen aufsuchten (Unter suchungszeitraum 3 Monate). Alle Patienten erklärten schriftlich ihr Einverständnis zur Teilnahme an der Untersuchung. Ein positives Ethik votum zur Durchführung der Studie lag vor. Ergebnisse: 90 Patienten wurden in Auswertung eingeschlossen (P: 50 Patienten, S: 40 Patienten). Die Dauer der Beschwerden betrugen im Mittel bei P: 14 Wochen (SD +7,5) und bei S: 24 Wochen (SD +8,5)
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[p<0,05]. Der Gesamtscore betrug im Mittel für P: 90 (SD +33) und für S: 116 (SD +38) [p<0,05]. Auch in den Subscores [Schmerz P: 5,8 SD +1,9, S: 6,9 SD +1,7; Psychische Belastung P: 4,9 SD +2,3, S: 6,0 SD +2,9; ATL P: 2,7 SD +1,8, S: 5,6 SD +2,8] ließen sich zwischen den beiden Einrichtungen signifikante Unterschiede beobachten. Schlussfolgerungen: In Zusammenschau der Ergebnisse lassen sich durch die Nutzung des MPSQ-D als Teil der prognostischen Ein schätzung des individuellen Schmerz-Chronifizierungsrisikos in zwei schmerztherapeutischen Einrichtungen die Unterschiede der möglichen Entwicklung einer chronischen Schmerzerkrankung gut darstellen. Der MPSQ-D bildet das Chronifizierungsrisiko beider Patientengruppen bezüglich Schmerzes, psychischer Belastung und ATL somit differenziert ab. Die prognostische, inhaltliche und klinische Validierung des MPSQD ist Bestandteil einer weiteren Untersuchung. Erste statistische Analysen lassen der Originalpublikation entsprechende Resultate erwarten. Literatur 1. 2. 3. 4. 5.
Gatchel RJ et al. (2008), Pain Practice 8: 91-97 Nicholl BI et al. (2009), Pain 141: 119-126 Linton SJ et al. (1998), Clin J Pain 14: 209-215 Linton SJ et al. (2003) ���������������������������� Clin J Pain 19: 80-86 Meier RK (2008) Abstract DRV; Hamburg 2008
14.9 Erhöhung der ACTH- und Kortisol- Sekretion unter Einfluss von Naloxon im unkonditionierten Stressmodell bei Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom F. Ersöz1, P. Yilmaz2, M. Schley1, M. Diers2, M. Rance2, M. Schmelz1, H. Flor2 1 Zentrum für Medizinische Forschung, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim; 2 Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim Fragestellung: Kortisol wird in Schmerz- und Stresssituationen unter dem Einfluss von dem Adrenocorticotropen Hormon (ACTH) ge bildet und ist maßgeblich an der Aktivierung des endogenen antinozi zeptiven Systems beteiligt (Stressanalgesie). Desweiteren besitzen eine große Anzahl von Neurotransmitter und -peptide wie Endorphine, Monoamine, Cannabinoide, Gamma-Aminobuttersäure und Glutamat eine Schlüsselrolle in der Stressanalgesie. Der funktionelle Stellenwert dieser Einflussfaktoren ist noch nicht entgültig geklärt. In dieser Studie wurde überprüft, welchen Einfluss die opioid-vermittelte Stressanalgesie auf die ACTH- und Kortisol-Sekretion bei Patienten mit FibromyalgieSyndrom (FMS) besitzt. Probanden und Methoden: 8 FMS- Patientinnen (Gewicht 77,5kg±3.0) und 10 gesunde weibliche Kontrollpersonen (Gewicht 69,2kg±2.5) nahmen an dieser doppelblinden, placebokontrollierten (NaCl) und ran domisierten Studie teil. ACTH-, Kortisol- und Naloxon-Plasmaspiegel wurde zu folgenden Zeitpunkten gemessen: T0=baseline, T1=Schmerz schwellen, T2=Schmerzreiz vor Stressor, T3=kognitiver Stressor (Kopfrechnen unter Lärm), T4=Schmerzreizung nach Stressor und T5=Ruhephase. Individuelle Schmerz- und Toleranzschwellen wurden bestimmt. Es wurde intrakutan elektrisch schmerzhaft stimuliert. Die Einschätzung der Schmerzintensität wurde über eine kontinuierliche VAS erfasst. Als kognitiver Stressor wurde der Konzentrations-Leistungs-Test eingesetzt. Naloxon wurde gewichtsadaptiert kontinuierlich intravenös verabreicht (Baxter® Intermate SV 200- Perfusor). Die Ergebnisse werden als Mittelwert ± Standardabweichung angegeben. Ergebnisse: Die Baseline-Plasmaspiegel (T0) von Kortisol und ACTH waren in beiden Gruppen vergleichbar. Sowohl bei FibromyalgiePatienten und als auch bei gesunden Probanden bewirkte Naloxon eine Erhöhung der Kortisol- und ACTH-Sekretion über alle Messzeitpunkte (T1 bis T5). Unter Naloxon-Bedingungen führte bereits die Bestimmung der Schmerzschwellen (T1Nalox=29.6 ng/L±2,25), vs. T1Plac=19.1 ng/ L±2.5) und der Schmerzreiz vor dem Stressor (T2Nalox = 33,8 ng/L±2,8 vs. T2Plac = 15.8 ng/L±1.4) zu einer massiven ACTH-Sekretion bei FMS-Patienten. Der Naloxon-Plasmaspiegel betrug bei T1=255.8 pg/ml/ kg±34.4 und bei T2=486.0 pg/ml/kg±86.0.
Diskussion: Unter unkonditionierten Stressbedingungen kommt es unter Einfluss des Opioidrezeptor-Antagonisten Naloxon zu einer Erhöhung der Sekretion von ACTH und Kortisol bei FMS-Patienten als auch bei gesunden Kontrollpersonen. Bei FMS-Patienten führen jedoch schon schmerzhafte Stimulationen vor dem Stressor zu einer signifikanten Erhöhung der ACTH-Sekretion. Schlussfolgerung: Die opioidvermittelte Stressanalgesie ist mit erheb lichen Veränderungen der ACTH-Sekretion verbunden. Das Stress hormon ACTH ist zur Beschreibung einer Beeinträchtigung der opioid-vermittelten Stressanalgesie bei FMS-Patienten dem Kortisol vor zuziehen. P14.10 Aktivitäten und Teilhabe: Bedeutung in der Schmerzdiagnostik und für die Schmerzchronifizierung R. K. Meier1, N. Meyer1, W. Kriener2, E. Penninger3, T. Straub4, B. M. Graf1, Chr. H. Wiese1 1 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg; 2 Allgemeinmedizin, Praxis für Allgemeinmedizin, Dingolfing; 3 Orthopädie, Facharztpraxis für Orthopädie, Dingolfing; 4 MVZ Dingolfing, MVZ Dingolfing Hintergrund: Autonome Lebensführung (ungestörte oder beeinträchtigte Funktionen und Aktivitäten im Alltag) hat ebenso wie Emotionen und Kognitionen Einfluss auf krankheits- bzw. störungsbezogenes Verhalten und familiäre, berufliche sowie gesellschaftliche Teilhabe [1]. Entsprechend eines kürzlich erschienenen Review sollten Screeninginstrumente zur Beurteilung des Chronifizierungsrisikos Fragen nach körperlichen Funktionen und Aktivitäten des täglichen Lebens, psychosozialen Faktoren einschließlich Ängsten und Vermeidungseinstellungen, Schmerzund Bewältigungsverhalten sowie arbeitsbezogenen Belastungen beinhalten [2]. Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die Skala „ATL“ der deutschen Übersetzung des Örebro-Fragebogens (dt. Version �������� des „Musculoskeletal pain screening questionnaire“ [3, 4]: MPSQ-D). Methodik: Wir analysierten 102 Datensätze aus der Validierungsstichprobe des MPSQ-D. Das Screeninginstrument umfasst 25 Fragen (4 soziodemo graphische und 21 biopsychosoziale Parameter). Die Probanden wurden in den Praxen niedergelassener Ärzte rekrutiert. Die Patientenangaben resultieren in 4 Skalen und einem Gesamtscore: Skala Schmerz, Psyche, ATL und Arbeit. Der Gesamtscore gibt das Chronifizierungsrisiko (operationalisiert als AU-Dauer) während der, der Erhebung folgenden, 12 Monate an. Die Skala „ATL“ umfasst folgende Items: Gehfähigkeit (1 Stunde), Fähigkeit zur Erledigung der täglichen Haushaltsaufgaben sowie der wöchentlichen Haushaltseinkäufe und Fähigkeit, beschwerdefrei zu schlafen. Ergebnisse: Die Angaben auf der 10-teiligen Likertskala für die 4 Items der Skala ATL betrugen zwischen 6 und 7; d. h. die mittlere Zu stimmung, dass eine Aktivität erledigt werden kann, betrug 6,8 ± 2,1 Punkte. Die Korrelationen aller 21 Iteminhalte mit den zugehörigen 4 Skalenkonstrukten reichen von 0,63 bis 0,80 (p jeweils < 0,01) – den höchsten Korrelationseffizienten erreicht hierbei die Skala ATL. Auch die Korrelation der Skala ATL mit dem Gesamtscore ist hoch (r = 0.79, p < 0,01). Repräsentative Angaben der Validierungsstichprobe werden dargestellt. Der Zusammenhang der Skala ATL mit der zukünftigen AUDauer (Zeitraum: 12 Monate nach Befragung) ist ebenso wie derjenige der Skala Schmerz mittelhoch. Schlussfolgerungen: Die Bedeutung der Fähigkeiten auf der motor isch-funktionellen und schmerz- bzw. bewältigungsbezogenen Ver haltensebene für ein allfälliges Chronifizierungsrisiko ist evident. Der Risikofragebogen MPSQ-D erhebt 25 Items, von denen 21 zu vier Skalen zusammengefasst und schließlich als Gesamtscore bewertet werden. Der theoretische, empirische und statistische Zusammenhang zwischen Aktivitäten (hier ATL) und sozioökonomischer Teilhabe ist gegeben. Der Screeningfragebogen MPSQ-D bildet das individuelle Belastungs- bzw. Risikoprofil ab und unterstützt qua Gesamtscore die kurz- bis mittel fristige Prognosestellung der Schmerzchronifizierung.
Literatur 1. 2. 3. 4.
Meier, R.K. et al. (1997) DRV-Schriften 11: 133, 215 Melloh, M. et al. (2009) Int Orthopaedics 33: 301-313 Linton, S.J. et al. (1998) Clin J Pain 14: 209-215 Linton, S.J. et al. (2003) ����������������������������� Clin J Pain 19: 80-86
P14.11 Der Zusammenhang zwischen HPA-Achsenaktivität, psychosozialem Stress und Schmerzwahrnehmung bei Fibromyalgiepatienten und Gesunden J. Dattge1, S. Becker1, D. Baus2, D. Kleinböhl1, R. Hölzl1 1 Labor für Klinische Psychophysiologie, Otto-Selz-Institut für Angewandte Psychologie - Mannheimer Zentrum für Arbeit und Gesundheit, Mannheim; 2 Labor für Klinische Psychophysiologie, Otto-Selz-Institut für Angewandte Psychologie - Mannheimer Zentrum für Arbeit und Gesundheit, Zentrum für Schmerztherapie, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Universitätsklinikum Mannheim Zielsetzung: Schmerz- und Stressverarbeitung interagieren auf vielfältige Weise und tragen damit vermutlich zur Schmerzchronifizierung bei. Insbesondere beim Fibromyalgiesyndrom (FMS) sind Veränderungen auf mehreren Ebenen der Stress- und Schmerzverarbeitung bekannt. Ziel der Untersuchung war die Klärung von Zusammenhängen zwischen subjektivem Stresserleben, biologischen Stresskennwerten und Schmerzwahrnehmung. Methoden: FMS Patienten mit (17) und ohne (17) ‚Irritable Bowel Syn drome‘ (IBS) und Gesunde (36) nahmen an einer Untersuchung zur Stress- und Schmerzverarbeitung teil. In einem Experiment wurden Schmerzschwelle, Hitzeschmerzsensibilisierung und klinische Schmer zen (Patienten) erhoben. Speichelcortisol diente als Indikator für die HPA-Achsenaktivität an drei Tagen im Alltag (basal) und während des Experiments (reaktiv). Zusätzlich wurden Stressreaktivität und chronischer Stress (Fragebogen) erhoben. Ergebnisse: Bei FMS Patienten bestand ein basaler Hypocortisolismus, der am stärksten bei FMS Patienten mit IBS ausgeprägt war. Beide Patientengruppen zeigten höheren chronischen Stress und höhere subjektive Stressreaktivität als Gesunde. Bei FMS Patienten ohne IBS hing eine erhöhte Stressreaktivität mit höheren basalen Cortisolwerten zusammen. FMS Patienten mit IBS hatten bei höherer Stressreaktivität und höherem chronischen Stress dagegen geringere reaktive Cortisolwerte. Bei Gesunden ging eine höhere Stressreaktivität mit verringerten basalen und höheren reaktiven Cortisolwerten einher. Desweiteren zeigte sich, dass FMS Patienten ohne IBS eine niedrigere Schmerzschwelle als Gesunde hatten, die Schmerzsensibilisierung sich aber nicht zwischen den Gruppen unterschied. Schmerzschwelle und klinische Schmerzen hingen nicht mit den basalen und reaktiven Cortisolwerten zusammen. Patienten ohne IBS zeigten einen Zusammenhang zwischen erhöhten reaktiven Cortisolreaktionen und Schmerzsensibilisierung. Schlussfolgerungen: Während FMS Patienten zu basalem Hypocortisolis mus neigten und erhöhte subjektive Stressbelastung zeigten, gab es nur wenige Zusammenhänge zwischen den biologischen Stresskennwerten und dem subjektiven Stresserleben. Ebenso findet sich nur in einer Patientengruppe ein Zusammenhang zwischen der Stress- und Schmerz verarbeitung. Diese Ergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass sich subjektives Stresserleben nicht direkt in biologischen Kennwerten (und umgekehrt) widerspiegeln muss. Zum anderen zeigt sich, dass die spezifische Ausprägung eines Schmerzsyndroms mit der Stress- und Schmerzverarbeitung einhergehen kann, wie hier vermutlich durch den zusätzlichen viszeralen Einfluss bei den Patienten mit IBS. Interessant ist, dass nur die Schmerzsensibilisierung im Zusammenhang mit der HPA-Achsenaktivität steht. Dies bestätigt Befunde, wonach verstärkte Sensibilisierung ein klinischer Marker für chronische muskuloskelettale Schmerzen ist.
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Abstracts P14.12 Ängstlichkeit und Depressivität korrelieren nicht mit der Schmerzempfindlichkeit und der zentralen Schmerzverarbeitung bei Patientinnen mit Fibromyalgiesyndrom F. Petzke1, H. E. Marcus1, M. Ingvar2, K. Jensen2, P. Fransson2, Y. Mainguy3, E. Kosek2, E. Choy4, S. C. Williams5, S. Carville4, R. H. Gracely6 1 Unilinik Köln, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Köln; 2 Stockholm Brain Institute, Osher center for integrative medicine, Karolinska Institutet, Stockholm, Sweeden; 3 Pierre Fabre, Labège Innopole Cedex, France; 4 Rheumatology, King‘s College Hospital, London, United Kingdom; 5 Psychiatry, King‘s College, London, United Kingdom; 6 Chronic Pain and Fatigue Research Center, University of Michigan, Ann Arbor, USA Fragestellung: Depressivität und Ängstlichkeit sind häufige Störungen des Affekts bei Patienten mit Fibromyalgie Syndrom (FMS), aber der Einfluss dieser psychologischen Symptome auf die Schmerzverarbeitung ist nicht geklärt. Wir untersuchten den Einfluß von Depressivität, Ängstlichkeit und Katastrophisieren auf: a) klinische Aspekte wie Schmerzintensität und Einschätzung des Gesundheitszustands, b) Druckschmerzempfind lichkeit und ihre zentrale Verarbeitung. Material, Methoden: Weibliche Patienten mit FMS nach den ACRKritereine (n=92) und mit einem mittlerem Alter von 44,2 Jahren (SD=8,2 Jahre) nahmen an der Studie teil. Die Patienten bewerteten die Schmerzintensität (VAS), das Ausmaß der FMS-Symptome (FIQ), den Gesundheitszustand (SF-36), die Depressivität (BDI), die Ängstlichkeit (STAI) und das Katastrophisieren (CSQ) in standardisierten psycho metrischen Instrumenten. Experimentelle Schmerzen wurden am Daumen mittels eines Computer-kontrollierten Druckstimulators appli ziert. FMRI wurde während der Appliaktion individuell kalibrierter Druckreize einer Intensität von 50 mm auf einer 100 mm VAS einfachen Berührungsreizen durchgeführt. Die Reize waren randomisiert verteilt um eine Antizipierung der Rezart und er Zeitintervalle zu verhindern. Ergebnisse: Eine Korrelationsanalyse aller psychometrischen Instru mente zeigte, dass die Scores für Depressivität, Ängstlichkeit und Katas trophisieren untereinander korrelierten (p>0.001), aber weder mit Angaben der Schmerzintensität noch der individuellen Druckschmerz empfindlichkeit. Die Scores des subjektiven Gesundheitszustands kor relierten negativ mit den Werten für Depressivität und Ängstlichkeit. Die Ergebnisse der fMRI Anlayse mit den psychometrischen Anagben als Kovariaten, zeigte keine Modulation der Schmerzwahrnehmung während experimenteller Reizung durch das Ausmaß der Depressivität, Ängstlichkeit, oder Katastrophisierens. Schlussfolgerung: Diese Daten weisen auf zwei unterschiedliche und ge trennte zentrale Mechanismen negative Affekte und evoziertem Schmerz bei Patientinnen mit FMS hin.
P16 Neuropathischer Schmerz II P16.1 Schnelle und dauerhafte Reduktion therapieresistenter Schmerzen am Bein bei Polyneuropathie-Patienten durch Dekompression symptomatischer Nerveneinengungen M. Raghunath Plastische Chirurgie, Caritas Krankenhaus Lebach Nervenkompressionssyndrome an der unteren Extremität gelten als Rarität und werden daher als Ursache für brennende Schmerzen am Fuß kaum in Betracht gezogen. Nach einem 1992 von Prof. A. Lee Dellon erstveröffentlichten Konzept kann bei vorliegen von Beschwerden, wie brennenden insbesondere nächtlichen Schmerzen in der Fusssohle, am Fussrücken und der Unter schenkelaussenseite, nach symptomatischen Nervenkompressionen
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gesucht werden. Hinweisend ist eine Seitenbetonung oder ein zeitver setzter Beginn. In einer klinischen Untersuchung werden die Nerven an den anatomischen Engstellen am Unterschenkel und am Fuß auf Druck empfindlichkeit und Hoffmann-Tinel-Zeichen geprüft. Mithilfe eines Sensibilitätstestgerätes (PSSD) wird die Berührungsempfindlichkeit dar gestellt und Asymmetrien dokumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass bei derart ausgewählten Patienten eine operative Dekompression in 80% zu einer erheblichen bis kompletten Schmerzreduktion führt. Unter diesen Patienten mit symptomatischen Nervenkompressionen finden sich viele Patienten mit der Diagnose diabetische Polyneuropathie (PNP) oder PNP „unklarer Genese“. Bei ihnen bestehen oft jahrelang Beschwerden. Ziel dieser Arbeit ist es, bei PNP-Patienten Ausmaß, Geschwindigkeit und Dauerhaftigkeit der Schmerzreduktion durch die operative Dekompres sion zu bestimmen. Im Zeitraum von 12/06 bis 06/09 wurden 101 Operationen an 85 Patienten nach dem o.g. Konzept durchgeführt. Davon hatten bis 12/08 33 Patienten (39 Beine) diabetische Polyneuropathie. 33 Patienten (35 Beine) hatten keinen Diabetes. Es wurden N. peroneus communis und N. tibialis jeweils mit Endästen entlastet. Die Patienten schätzten prä- und postoperativ die Schmerzintensität nach der VAS und prozentual ein. Das Schmerzniveau, der Verlauf sowie die Reduktion der Schmerzmedikation wurde dokumentiert. Die Nachbeobachtungszeit lag bei 6 Monaten bis 2,5 Jahren. Praeoperativ wurde die Schmerzintensität im Durchschnitt mit 8,3 auf der VAS angegeben, postoperativ 2,4. Bei den Diabetikern bzw. NichtDiabetikern gaben 56% bzw. 62% eine Minderung der Schmerzen um mehr als 75% an, 25% bzw.22% um mehr als 50 (-74)%. 25% bzw. 25% waren seit dem Eingriff schmerzfrei. Nach der Operation wurde in 85% bzw 80% der Fälle eine schlagartige Schmerzentlastung angegeben. Bei 2 Fällen kam es nach anfänglich deutlicher Besserung erneut zu Schmerzen. Bei 87% kam es zu einer Medikamentenreduktion, bei 91% konnte eine Besserung der Sensibilität gezeigt werden. Schlussfolgerung: Nach entsprechender Auswahl der Patienten kann durch mikrochirurgische Nervendekompression ein Großteil der Be schwerden schnell und dauerhaft gemindert werden. Diese Schmerz reduktion ist trotz langjährigen Verlaufes zu erzielen. Durch früheres Stellen der Diagnose und möglicherweise eine weiter verbesserte Auswahl der Patienten auch nach Chronifizierungskriterien sollte die Erfolgsquote noch weiter verbessert werden können. P16.2 NMDA-Antagonist und Morphin reduzieren Schmerz und Depressivität in Patienten mit Komplexem Regionalem Schmerzsyndrom (CRPS) A.-Chr. Schmid1, A. Schwarz1, S. Gustin1, N. Sinis2, W. Larbig1, N. Birbaumer1 1 MEG-Zentrum, Medizinische Psychologie, Tübingen; 2 BG Unfallklinik - Klinik für Hand-, Plastische-, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie, Tübingen Hintergrund und Ziele: CRPS tritt bei etwa 5% der Patienten nach Trauma der Extremitäten auf und geht einher mit chronischem neuro pathischen Schmerz, sowie sensorischen, motorischen und autonom en Beeinträchtigungen. Depressivität tritt oft als Komorbidität mit chronischen Schmerzen auf. In unserer Studie haben wir den anal getischen Effekt eines N-methyl-D-Aspartat Rezeptor Antagonisten kombiniert mit Morphin sowie Morphin alleine untersucht. Ebenso haben wir die Auswirkung der Medikation auf die Depressivität der Patienten getestet. Methode: 20 CRPS-Patienten (mittlere Schmerzdauer 13,21±9,13 Monate) erhielten Morphin entweder in Kombination mit Memantine (n=10), einem NMDA-Rezeptor-Antagonisten, oder zusammen mit einem Plazebo-Präparat über einen Zeitraum von 49 Tagen. Die Therapie erfolgte in einem doppelblind-randomisierten Studiendesign. Die Messung der Depressivität wurde mit der Allgemeinen Depressionsskala (ADS) (Hautzinger & Bailer 1993), eines Selbstbeurteilungsinstrument
zur Beurteilung depressiver Symptome, durchgeführt. Dabei werden das aktuelle Vorhandensein und die Dauer der Beeinträchtigung durch depressive Aspekte, Körperbeschwerden, motorische Hemmungen, motivationale Defizite und negative Denkmuster über einen zeitlichen Bezugsrahmen von einer Woche erfasst. Hypothesen: Wir erwarten, dass 1) die Kombination Memantine+ Morphin (Verum-Gruppe später VG) nach der Behandlung eine größere Schmerzreduktion hat, als die Plazebo-Gruppe (später PG), 2) die Depressivität bei der Verum-Gruppe nach der Schmerzbehandlung stärker sinkt als bei der Plazebo-Gruppe. Ergebnisse: Vor der Behandlung unterscheiden sich die Patienten der unterschiedlichen Behandlungsgruppen weder im Ruhe-, noch im Bewegungsschmerz signifikant voneinander. Die Patienten in der PG zeigen keine signifikante Reduktion der Ruheschmerzintensität im prepost-Vergleich. In der VG, nahm dagegen die Schmerzintensität des Ruheschmerzes nach der Behandlung im Vergleich zur Prä-Messung signifikant (z= -2,3;p<0,05*) ab. In der PG kann kein signifikanter Rückgang des Bewegungsschmerzes beobachtet werden. Die Schmerzintensität des Bewegungsschmerzes nahm in der VG, nach der Behandlung signifikant (z=-2,7;p<0,01*) ab. Die ADS-K zeigt in der Prä-Messung keinen signi fikanten Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen. Nach der Therapie ergibt sich bei einseitiger Testung ein signifikanter Unterschied zwischen PG und VG (z=-2,23;p<0,05*). Die Depressivität nimmt nach der Medikation in der VG signifikant (z=-2,16;p<0,05*) ab. In der PG kann dagegen kein signifikanter Rückgang beobachtet werden. Diskussion: 1. Eine Kombination aus Morphin und Memantine führte zu einer signifikanten Reduktion von Ruhe- und Bewegungsschmerz in der betroffenen Extremität bei CRPS-Patienten. 2. Die Kombinationstherapie hat einen signifikanten positiven Effekt auf die Depressivität der Patienten.
statistisch signifikanten Besserung, unter der Behandlung mit Pregabalin jedoch nicht. Patienten mit DPN zeigten unter beiden Therapien eine vergleichbare Besserung. In der Patientengruppe, die 5% Lidocain-Hydrogelpflaster erhielten, litten signifikant weniger Patienten an medikamentenbedingten Neben wirkungen: 5,8% (9/155) versus 41,2% (63/153; p<0,0001). Insgesamt litten 36 Patienten mit Pregabalin im Vergleich zu 4 Patienten mit 5% LidocainHydrogelpflaster an medikamentenbedingten Nebenwirkungen, die zu einem Absetzen der Therapie führten. Schlussfolgerungen: Das 5% Lidocain-Hydrogelpflaster zeigt bei Patien ten mit PHN eine höhere Wirksamkeit als Pregabalin. In Bezug auf DPN war die Wirksamkeit bei beiden Therapien vergleichbar. Das 5% Lidocain-Hydrogelpflaster weist bei Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN verglichen mit Pregabalin ein günstigeres Wirksam keits- und Sicherheitsprofil auf, das seinen Stellenwert als ein Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung von lokalisierten neuropathischen Schmerzen unterstützt.
Literatur
Ziel der Untersuchung: Beurteilung der Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit der Kombinationstherapie von topischem 5% LidocainHydrogelpflaster und systemischem Pregabalin zur Behandlung neuro pathischer Schmerzen bei Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN. Methoden: In einer paneuropäischen Studie erhielten 108 Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN, die nach einer 4-wöchigen Monotherapie mit Pregabalin oder mit 5% Lidocain-Hydrogelpflaster eine unzureichende analgetische Wirksamkeit erfahren hatten, eine Kombination von beiden Medikamenten. Die analgetische Wirksamkeit wurde während eines 8wöchigen Behandlungszeitraums mithilfe des NRS-3-Scores, des NPSI, des McGill-Fragebogens sowie des Allodynia-Severity-Ratings beurteilt. Ergebnisse: Patienten mit einer Kombinationstherapie bestehend aus 5% Lidocain-Hydrogelpflaster und Pregabalin erzielten zusätzlich zu der während der 4-wöchigen Monotherapie eingetreten Besserung, eine klinisch relevante Reduktion der NRS-3 Werte. Die Besserungsrate zwischen der Patientengruppe, die mit einer Pregabalin Monotherapie begann und später das 5% Lidocain-Hydrogelpflaster hinzufügte (1,7+/-1,8; n=43; Per-Protocol) und der Gruppe, die umgekehrt behandelt wurde (2,5+/-1,6; n=57; Per-Protocol), war vergleichbar. Diese Tendenzen wur den durch die Ergebnisse des NPSI, des SF-McGill-Fragebogens sowie des Allodynia-Severity-Ratings bestätigt. Die Kombinationstherapie mit 5% Lidocain-Hydrogelpflaster und Pregabalin hatte keine klinisch relevanten Auswirkungen auf Laborpara meter oder Vitalzeichen. Die Gesamtinzidenz von Therapieabbrüchen aufgrund von medikamentenbedingten Nebenwirkung war niedrig. Während der Kombinationstherapie kam es zu keiner ernsthaften medika mentenbedingten Nebenwirkung. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es sich beim 5% Lidocain-Hydrogelpflaster um einen wirksamen Kombinations partner handelt. Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN, die während der Monotherapie mit Pregabalin oder 5% Lidocain-Hydro gelpflaster eine ungenügende Wirksamkeit erfuhren, können von einer Kombinationstherapie profitieren.
Hautzinger, M. & Bailer, M. (1993). Allgemeine Depressions Skala (ADS). Weinheim: Beltz Test GmbH. ����������������� Supported by BMBF
P16.3 5% Lidocain-Hydrogelpflaster vs. Pregabalin bei Patienten mit Post-Herpetischer Neuralgie (PHN) und Schmerzhafter Diabetischer Polyneuropathie (DPN): Wirksamkeits- und Verträglichkeitsergebniss e aus einer Randomisierten, Kontrollierten Studie S. Rehm1, M. M. Rosa2, M. Serpell3, R. Baron1 1 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel; 2 Servicio de Neurologia-Centro de Estudios Egas Moniz, Hospital de Santa Maria, Lissabon, Portugal; 3 Pain Clinic, Gartnavel General Hospital, Glasgow, United Kingdom Ziel der Untersuchung: Vergleich der Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit von topischem 5% Lidocain-Hydrogelpflaster mit der syste mischen Gabe von Pregabalin zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen bei Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN. Methoden: In einer paneuropäischen Studie umfasste das Per-ProtocolSet 88 Patienten mit PHN und 193 Patienten mit schmerzhafter DPN, die randomisiert entweder 5% Lidocain-Hydrogelpflaster oder orales Pregabalin (titriert nach Wirkung: 300 oder 600mg/Tag) erhielten. Der primäre Wirksamkeits-Endpunkt bestand in einer Reduktion von ≥ 2 Punkten im Vergleich zum Ausgangswert in der NRS-3 oder ein Gesamtscore von ≤ 4 nach 4-wöchiger Behandlung. Ergebnisse: Hinsichtlich PHN wurden für das 5% Lidocain-Hydro gelpflaster (61,2%; 28/45) höhere Responderraten als für Pregabalin (46,5%; 20/43) beobachtet. Bezüglich DPN waren die Responderrate für beide Therapiegruppen vergleichbar (5% Lidocain-Hydrogelpflaster: 66,7%; 66/99; Pregabalin: 69,1%; 65/94). Wie erwartet trat vor dem Behandlungsbeginn eine schmerzhafte Allo dynie häufiger bei PHN als bei DPN auf. Unter der Behandlung mit 5% Lidocain-Hydrogelpflaster kam es bei Patienten mit PHN zu einer
P16.4 Kombinationstherapie der Postherpetischen Neuralgie (PHN) und der Schmerzhaften Diabetischen Polyneuropathie (DPN) mit 5% Lidocain-Hydrogelpflaster und Pregabalin M. Stengel1, V. Mayoral2, P. D. Rogers3, G. Leijon4, R. Baron1 1 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel; 2 Clinica de Dolor, Hospital Universitar de Bellvitge, L‘Hospitalet de Llobregat, Barcelona; 3 St Mary‘s Hospital, Portmouth Hospital, Portmouth, United Kingdom; 4 Institut der Klinischen und Experimentellen Medizin, Neurologie, Universitätsklinik Limköping, Linköping, Schweden
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Abstracts P16.5 5% Lidocain-Hydrogelpflaster: Einsparung von Pregabalin bei der Kombinationstherapie der Postherpetischen Neuralgie (PHN) und der Schmerzhaften Diabetischen Polyneuropathie (DPN) J. Koroschetz1, M. Serpell2, G. Leijon3, R. Baron1 1 Sektion Neurologische Schmerzforschung und -therapie, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel; 2 Pain Clinic, University of Glasgow, Gartnavel General Hospital, Glasgow, United Kingdom; 3 Department of Clinical and Experimental Medicine, Division of Neurology, University Hospital Linköping, Linköping, Schweden Ziel der Untersuchung: Beurteilung der Wirksamkeit von 5% LidocainHydrogelpflasters hinsichtlich einer Dosiseinsparung von Pregabalin in der Kombinationstherapie neuropathischer Schmerzen. Methoden: In einer paneuropäischen Studie erhielten 48 Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN, die während einer 4-wöchigen Monotherapie mit Pregabalin keine ausreichende Schmerzlinderung (NRS>4) erfuhren, zusätzlich 5% Lidocain-Hydrogelpflaster. Patienten, die unter dieser Kombinationstherapie nach 8 Wochen eine ausreichende Analgesie (NRS≤4) erzielten, konnten ihre tägliche Pregabalindosis um 150mg/Woche reduzieren, solange eine ausreichende Schmerzlinderung (NRS≤4) aufrechterhalten wurde. Die Phase der Dosisreduktion dauerte 4 Wochen. Ergebnisse: 31 Patienten nahmen an der Dosisreduktionsphase teil. 23 Patienten nahmen täglich 600mg und acht 300mg Pregabalin ein, wobei alle zusätzlich 5% Lidocain-Hydrogelpflaster verwendeten (Mittel wert 2,46 Pflaster/Tag). Alle 10 Patienten mit PHN beendeten die Behandlung mit Pregabalin ganz, da unter der Monotherapie mit 5% Lidocain-Hydrogelpflaster eine ausreichende Analgesie auftrat. 20 der 21 Patienten mit schmerzhafter DPN reduzierten ihre Pregabalindosis um mindestens 150mg/Tag und 5 DPN-Patienten waren in der Lage, die systemische Behandlung komplett abzusetzen. Während der 4-wöchigen Dosisreduktionsphase wurde über eine medikamentenbedingte Neben wirkung (Überempfindlichkeit auf Lidocain-Pflaster an der Applikations stelle) berichtet. Schlussfolgerungen: Diese Studie zeigt, dass Patienten mit PHN oder schmerzhafter DPN, die mit Pregabalin nicht erfolgreich behandelt wurden (NRS>4), von der zusätzlichen Anwendung von 5% LidocainHydrogelpflaster profitieren können. Infolgedessen können sie ihre tägliche Pregabalindosis absetzen bzw. deutlich reduzieren. Zusammen fassend untermauern diese Ergebnisse den Stellenwert von 5% LidocainHydrogelpflaster als ein Mittel erster Wahl bei PHN und schmerzhafter DPN. P16.6 Schmerzen bei Multipler Sklerose – Phänomenologie und Systematik J. Kohler, S. Bölch Schmerzzentrum Emmendingen, Zentrum für Neurologie & Neurogeriatrie, Emmendingen Fragestellung: Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch verlaufende ätiologisch ungeklärte Autoimmunerkrankung des Zentralnervensystems mit primär multifokaler Neuroinflammation und sekundärer Neuro degeneration. Schmerzen im Zusammenhang mit MS wurden in der Vergangenheit entweder nur am Rande oder ausschliesslich im Zu sammenhang mit unmittelbar krankheitsbedingten neuropathischen Schmerzen diskutiert. Phänomenologie und Systematik der Schmerzen bei MS sind jedoch wesentlich komplexer. Ihre genaue Kenntnis ist die Basis für eine sach gerechte symptomatische Behandlung. Material & Methode: Zwischen Januar und Juni 2009 haben wir in unserem Zentrum 280 unselektierte Patienten mit MS klinisch neuro logisch und algesiologisch evaluiert. Die Expanded Disability Status Scale (EDSS) als Maß der Behinderung durch MS lag dabei zwischen 0 (normaler neurologischer Befund, keine
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Behinderung) und 8 (rollstuhlpflichtig). Die weitverbreitete EDSS ist zwar ein anerkanntes Maß für die Behinderung, bildet jedoch Schmerzen keineswegs adäquat ab. Ergebnisse: Aus unseren Daten konnten wir 3 Subtypen von Schmerzen bei MS (PMS) klassifizieren: Beim PMS Type 1 handelt es sich um typische zentral neuropathische Schmerzen. Ein direkter Zusammenhang mit der Schwere der Er krankung und dem Ausmass der Behinderung besteht hier nicht. Teil weise sind diese Schmerzen schon in frühen Krankheitsstadien ein die Lebensqualität limitierendes Symptom der MS. Beim PMS Typ 2 treten nozizeptive oder gemischt nozizeptiv-neuro pathische Schmerzen auf, die sich im Zusammenhang mit bestehenden neurologischen Störungen im Rahmen der progredienten Grunder krankung entwickeln. Als Beispiele sind schmerzhafte Phänomene der phasischen Spastik oder muskuläre und artikuläre Überlastungssyndrome bei MS-bedingten motorischen Ausfällen zu nennen. Beim PMS Typ 3 handelt es sich um komorbide Schmerzphänomene. Hier besteht kein Zusammenhang zum Verlauf oder zur Schwere der MS selbst. Als Beispiele sind dabei in unserem Patientenkollektiv das gemeinsame Auftreten eines restless legs Syndroms (RLS) mit einer MS zu nennen. Diskussion: Bei Patienten mit MS ist die Entwicklung von Schmerzen sehr häufig, aber auch sehr heterogen. Beim PMS Typ 1 und 2 bestehen direkte kausale und funktionelle Zusammenhänge zur Grunderkrankung selbst. Auf die Bedeutung komorbider Schmerzphänomene weist der PMS Typ 3 hin. Neben einem vermehrten Vorkommen von RLS bei MS, ist ein gehäuftes Vorkommen von MS und Migräne in der Literatur beschrieben. Schlussfolgerung: Schmerzen bei MS sind häufig und treten unabhängig vom individuellen Krankheitsverlauf auf. Schmerzen bei MS werden, trotz der vermehrten Fokussierung der letzten Jahre, immer noch zu selten beachtet. Eine effektive und differenzierte Behandlung, die Mög lichkeiten hierzu sind unzweifelhaft vorhanden, ist nur in Kenntnis der teilweise komplexen Phänomenologie möglich. P16.7 Ist die Sonographie wirklich notwendig? Erfolgsquoten der konventionellen Stellatumblockade – Eine retrospektive Analyse F. Martens, E. Böttger, F. Schultze, R. Röhrig, M. Weigand, K. Diehlmann Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH - Standort Gießen Fragestellung: Die Stellatumblockade ist ein etabliertes Verfahren mit großem Indikationsspektrum [1], welches meist in konventioneller Ver fahrensweise auf ventralem oder lateralem Zugangsweg durchgeführt wird [2]. Die Erfolgskontrolle erfolgt meist anhand klinischer Parameter (Horner-Syndrom, Hyperämie, Temperaturdifferenz) [1-4]. Dazu werden oft hohe Volumina eines Lokalanästhetikums (LA) (10–20ml) verwendet [1,3,5-8], was häufig zu einer unverhersehbaren Ausbreitung führt [3]. Um eine Dosisreduktion zu erreichen werden daher zunehmend bildgebende Verfahren, wie Sonographie [4], Durchleuchtung [2,9] und CT [3,10] eingesetzt. Das Ziel dieser Arbeit war die Erfolgsrate einer Stellatumblockade in konventioneller Technik mit dem Injektionsvolumen von 5 ml mit den verfügbaren Literaturangaben zu vergleichen. Methodik: An einer stationären Schmerztherapie (13 Betten) wird die Stellatumblockade in der konventionellen Technik auf dem lateralen Zugangsweg standardisiert mit 5 ml Prilocain 1% durchgeführt. Durch führung und Erfolg werden normiert in einem Patientendatenmanage mentsystem dokumentiert [11–12]. Diese Protokolle wurden für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 01.04.2009 deskriptiv ausgewertet. Ergebnisse: Insgesamt wurden bei 64 Patienten 258 Blockaden durch geführt. Die Parameter sind in der nachfolgenden Tabelle abgebildet.
Tab. 1 Ja
Nein
Gesamt
n
%
n
%
n
HornerSyndrom
177
69
78
31
255
Hyperämie
197
77
59
23
256
Temperaturanstieg
198
78
55
22
253
Schlußfolgerung: Die von uns erzielten Erfolgsraten sind mit den in der Literatur beschriebenen vergleichbar: Eine Hyperämie fand sind in 60-70% der Fälle. Lediglich die Quote der beobachteten HornerSyndrome lag mit ca. 70% etwas unterhalb der beschriebenen 80% [8,1314]. Wir konnten zeigen, dass trotz Verwendung der konventionellen Blockadetechnik und geringer Mengen von LA die Erfolgsrate klinisch kontrollierter Blockaden denen der aktuellen Literatur entspricht. Bei der Kontrolle durch objektive Verfahren (Laser-Doppler-Flowmetrie, Schwitztest) [8,14-16] fand sich bei bis zu 70% trotz stattgehabter und klinisch erfolgreicher Stellatumblockade, ein vollständig funktionierendes sympathisches Nervensystem. Aufgrund dessen sollte in einer kontrollierten, randomisierten Studie untersucht werden, ob durch Anwendung bildgebender Verfahren die Rate objektiv kontrollierter erfolgreicher Blockaden bei gleichbleibend niedrigen LA-volumina, erhöht werden kann. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Fresenius, Repetitorium Schmerztherapie 2004; Narouze S., Pain Physician 2007; Erickson S., Radiology 1993; Kapral S., Reg Anesth 1995; Gupta MM., BJM 2005; Hardy PAJ., Pain 1989; Wulf H., Anesth Analg 1991; Malmqvist EL., Reg Anesth 1992; Abdi, Pain Physician 2004; Hogan QH., Anesthesiology 1992; Röhrig R., Dt. Ärzteblatt 2001; Heinrichs D., DAC 2005; Hogan QH., Clin J Pain 1994; Schürmann M., Clin J Pain 2001; Ackerman WE., South Med J 2006; Stevens RA., Reg Anesth Pain Med 1998
P16.8 Einfluss von perioperativ verabreichten S-Ketamin auf die Entstehung und Progression neuropathischer Schmerzen Ein Zwischenbericht über eine aktiv-placebo kontrollierte, randomisierte doppelblinde Fallkontrollstudie M. Wejbora, H. Bornemann-Cimenti, T. Riedel, A. Sandner-Kiesling Universitätsklinik für Anaesthesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz, Österreich Fragestellung: Seit der Einführung des Isomers S-Ketamin als adjuvantes Analgetikum bei Schmerzen, welche nicht auf die sonst übliche Schmerz therapie ansprechen, hat diese Substanz in den letzten 10 Jahren eine Wiedergeburt erlebt. Der analgetische Effekt von Ketamin wird noch nicht vollständig verstanden. Für den klinische Anwendungsbereich, insbesondere für die optimale Dosierung, liegen jedoch wenige evidenzbasierte Daten vor. Ziel dieser Studie ist die Beantwortung der Frage, ob eine perioperative Gabe von S-Ketamin zu einer Reduktion der peripheren bzw. zentralen Sensibilisierung rund um die Operationsnarbe führt bzw. falls ja, ob dies dosisabhängig ist. Zusätzlich wird die Inzidenz von typischen Nebenwirkungen erfasst. Material und Methode: Die Studie umfasst neunzig PatientInnen geplant für große abdominalchirurgische Eingriffe in einer standardisierten
Allgemeinnarkose. Ein positives Votum der Ethikkomission Graz wurde im März 2009 erteilt. Die PatientInnen werden in drei verschiedene Gruppen randomisiert: kein Ketamin (Gruppe 0 [Null]), 0,25mg/kg (S)-Ketamin als Bolus und 0,125mg/kg/h (S)-Ketamin als kontinuierliche Perfusion (Gruppe H [High]) und 0,015mg/kgKG/h (S)-Ketamin als kontinuierliche Perfusion (Gruppe L [Low]). Anhand des PCA- und CRF-Protokolls werden VAS-Scores in Ruhe und Bewegung, PGIC (patient global impression of change), anamnestisches Schmerzprofil (pain detect test ©), Sedierungsgrad, Intensiv Care Delirium Screening Checklist (ICDSC), Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck, Harnverhalten, Opioidverbrauch und die typischen periopera tiven Nebenwirkungen erfasst: Während der ersten 4 Stunden stündlich, der nächsten 8 Stunden zweistündlich, danach vierstündlich (insgesamt über 48 Stunden). Bei einer geschätzten Dropoutrate von 20% werden für eine Power Beta = 90% bei einer Signifikanz Alpha = 5% somit 28 Patienten pro Gruppe benötigt. Somit ergibt sich die Fallzahl von n=84. P <0,05 wird als signifikant angenommen. Präliminäre Ergebnisse: Die vorläufigen Ergebnisse aus den jeweiligen Gruppen deuten auf eine signifikante postoperative Reduktion der Ausbreitung von mechanischen und thermischen Allodyniezonen unter S-Ketamin Therapie hin. Für eine Beurteilung der Effekte von Ketamin auf die Inzidenz der perioperativen Nebenwirkungen liegen noch zu wenige Daten vor. endgültige Ergebnisse diesbezüglich werden bis Mitte Oktober 2009 beretigestellt. Diskussion und Schlussfolgerung: Aus den bisher publizierten Studien ist bekannt, dass die perioperative Gabe von S-Ketamin einen eindeutigen Effekt auf das postoperative Schmerzprofil und den Opioidverbrauch hat. Unseren Beobachtungen zufolge scheint eine intermittierende NMDABlockierung zu genügen, um das peripher und zentral sensibilisierte nozizeptive System in den Zustand vor der Aktivierung zurückzusetzen, was eine Erniedrigung der Schmerzreizschwelle und Erhöhung der Schmerzintensitätswahrnehmung nach sich zieht. Eine derart niedrige Dosierung könnte das Indikationsspektrum für (S)-Ketamin bei einer gleichzeitig niedrigeren Inzidenz an Nebenwirkungen potentiell erweitern. Für eine realistische Einschätzung der Effekte von S-Ketamin ist jedoch das Abwarten des Studienendes und die Auswertung aller erhobenen Daten nötig.
P18 Akutschmerz II P18.1 Vergleich der Bioverfügbarkeit von Ibuprofen und Ibuprofen-Lysinat bei gesunden männlichen Probanden J. Sahlmann1, G. Kom1, B. Vens-Cappell1, A. Thiessen1, J. Haselmann2, U. Schwantes2 1 Scope Life Sciences GmbH, Hamburg; 2 Dr. R. Pfleger GmbH, Bamberg Im Rahmen einer offenen 3-fach Cross-over-Studie wurde die Bio verfügbarkeit von Ibuprofen bei 3 unterschiedlichen oralen For mulierungen mit jeweils 400 mg Wirkstoff untersucht. 18 gesunde männliche Probanden (Alter: 18-45 Jahre, Body Mass Index 19–27 kg/m²) erhielten nach ihrer freien Einwilligung an den 3 Unter suchungstagen unter Nüchternbedingungen jeweils Einzeldosen einer neu entwickelten Filmtablette mit 684 mg Ibuprofen-Lysinat (ent sprechend 400 mg Ibuprofen), einer Referenzformulierung mit dem Lysinsalz oder einer Standard-Filmtablette mit 400 mg Ibuprofen. Die Ibuprofen-Konzentrationen des Blutplasmas wurden unmittelbar vor der Einnahme und während der nächsten 12 Stunden zu 15 verschiedenen Zeitpunkten nach der Einnahme mittels LC-MS/MS bestimmt. Primäre Variablen waren AUC0-tz und Cmax; sekundäre Parameter Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts waren AUC0-∞, tmax, MRT, T1/2 und unerwünschte Ereignisse. Die Verläufe der gemittelten Plasma-Konzentrationen nach Einnahme der beiden Ibuprofen-Lysinat Formulierungen (Test und Referenz) deuten bereits optisch auf ein nahezu identisches Verhalten hin (Abb. 1). Sowohl für die AUC0-tz als auch für Cmax lagen die Quotienten der 90%Konfidenzintervalle innerhalb des für die Akzeptanz der Bioäquivalenz im Prüfplan festgelegten engeren Vertrauensbereichs von 80%–125% (AUC0-tz: 101.80% [98,54%-105,17%]; Cmax: 96,62% [90,30%-103,37%]). Demgegenüber macht der Vergleich der Kurvenverläufe der beiden Ibuprofen-Lysinat-Formulierungen mit der des Ibuprofen-Produktes deutlich, dass die Cmax-Werte nach Ibuprofen-Lysinat deutlich höher aus fallen. Ebenso liegt der Zeitpunkt maximaler Plasmaspiegel (Tmax) nach Ibuprofen deutlich später als nach Ibuprofen-Lysinat. Die 3 Formulierungen können trotzdem als bioäquivalent angesehen werden.
Abb. 1: Mittlere Plasmakonzentrationen von Ibuprofen nach Gabe von Neuralgin extra (a), einem Vergleichpräparat mit Ibuprofen-Lysinat (b) und IbuprofenFilmtabletten (c).
6 der 19 behandelten Probanden berichteten über unerwünschte Ereignisse (UEs) nach der Einnahme. 3 Probanden berichteten über Kopfschmerzen, 1 Proband gab nacheinander Erkältungssymptome, Halsschmerzen, kreislaufbedingte Ohnmacht, Sodbrennen, und orale Verletzungen an. Die Intensität der UEs wurde als mild bis moderat bewertet. Bei 6 UEs wurde ein Zusammenhang mit der Medikation vermutet. Schwerwiegende UEs traten nicht auf. Geht man, wie bei allen leichten Analgetika, von einer Korrelation zwischen Anfluten des Wirkstoffes und Eintritt der Wirkung aus, so kann die Einnahme von Ibuprofen-Lysinat verglichen mit einfachen Ibu profen-Formulierungen durchaus vorteilhaft sein (Tmax von Ibuprofenlysinat nach ca. 45 Minuten, nach Ibuprofen nach ca. 69 Minuten). Einen deutlich schnelleren Wirkeintritt nach Ibuprofen-Lysinat verglichen mit Ibuprofen bestätigen die Untersuchungen von Seibel et al. (Arzneimittel Forsch/Drug Res 54(8): 444-451, 2004).
Tab. 1 Zusammenfassung der pharmakokinetischen Variablen AUC0-tz, Cmax und Tmax
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Variablen
Statistik
Ibu-Lysinat Test (a)
Ibu-Lysinat Referenz (b)
Ibu-Lysinat Referenz (b)
AUC0-tz (μg/(ml x h))
N mean SD
18 114,85 26,98
18 112,76 26,83
18 115,44 25,22
Cmax (μg/ml)
N mean SD
18 40,328 7,139
18 41,684 7,109
18 35,917 6,947
Tmax (h)
N mean SD
18 0,71 0,17
18 0,75 0,19
18 1,15 0,45
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P18.2 Postoperative Übelkeit und Erbrechen – Eine realitätsbezogene Analyse Y. Rabe1, S. Mescha1, W. Meißner1 1 Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena, Jena Fragestellung: Darstellung spezieller Tracer-Operationen für PONV in der klinischen Realität mittels QUIPS, sowie interklinische Analyse. Methode: Anhand des QUIPS-Registers (stichprobenartige Erhebung von Prozess- und Ergebnisparameter am 1.postoperativen Tag) wurde die PONV-Inzidenz unterschiedlicher Operationen analysiert. Für die laparoskopische Cholezystektomie wurde ein interklinischer Vergleich bezüglich der Häufigkeit von PONV erstellt. Ergebnisse: Im QUIPS-Register befanden sich zum Analysezeitpunkt 66061 Datensätze aus 90 Kliniken im Zeitraum 08/2004–06/2008. Bei 47 945 Fällen (72,6 %) lagen Daten am 1. postoperativen Tag mit Angaben zum Auftreten von Übelkeit und Erbrechen vor. Hieraus wurden anhand der OPS-Codierung alle Operationen ausgewählt, für die mindestens 200 Fälle im QUIPS-Register bestanden und die in mind. 5 verschiedenen Kliniken (multizentrisch) sowie geschlechtsunabhängig durchgeführt wurden. Für diese Operationen wurde die Auftretenshäufigkeit für postoperative Übelkeit und Erbrechen ermittelt. Am häufigsten fanden sich postoperative Übelkeit und Erbrechen bei der subtotalen SD-Resektion (5-062.5, n=262,Übelkeit: 40%; Erbrechen 34%) der Thyreoidektomie (5-063.0, n=233, Ü: 33 %; E: 27 %), der laparoskopischen Appendektomie(5-470.1, n=805, Ü: 30%, E: 18 %), der zementierten HüftTEP (5-820.01, n=212, Ü: 30%, E: 22%) und bei der laparoskopischen Cholezystektomie (5-511.11, n=2836, Ü:30, E: 18%). Innerhalb der laparoskopischen Cholezystektomien (n=2836) klagten Frauen sig. häufiger über Übelkeit/Erbrechen als Männer (36%/23% versus 15%/7%). Die Inzidenz für Übelkeit nach diesem Eingriff unterschied sich hoch gradig interklinisch und reichte von 19 bis 46% (einbezogen waren 21 Kliniken mit je mind. 50 Datensätzen). Diskussion: Anhand unsere Daten lässt sich die Vermutung aufstellen, dass bestimmte Operationen das Auftreten von PONV triggern. Des Weiteren scheinen innerhalb der einzelnen Kliniken starke Unterschiede zu bestehen, was eine weitere Analyse möglicher kliniksbezogener Ein flussfaktoren erfordert. Schlussfolgerung: QUIPS eignet sich perspektivisch zur Beobachtung von PONV, zur interklinischen Defizitanalyse und Interventionssteuerung und Identifizierung möglicher Risikofaktoren. P18.3 E-Diary Compliance in Acute Pain Studies B. Marino, J. Platko, T. McLoughlin, S. A. Raymond PHT Corporation, Charlestown, MA, USA Objectives: In acute pain studies, subjects are asked to report on symptoms at specific intervals after dosing. e.g. record the time of dosing with study medication, then complete assessments at 15, 30, 45, 60, and 120 minutes post dose. One or more assessments are often primary endpoints. When timed assessments are collected on paper the actual time the assessments were completed is unknown, and enforcing completion of the assessment at a specific time is impossible. Electronic patient reported outcome technologies (ePRO) allow control over the window in which a subject can complete the electronic diary (e-diary), and a time stamp associated with diary completion. E-diaries assure the investigator of more reliable information: the 120 minute assessment was completed at or near 120 minutes. But is there a down side? With a restricted window of time for completing an e-diary in the acute pain model, how compliant will subjects be? Methods: Diary completion was examined in 12 randomized clinical trials using the acute pain model. Indication were surgical pain, migraine, or break through pain. Subjects completed pain diaries at timed intervals after dosing. In 4 trials, subjects completed at least some of the assessments
in the clinic or post surgical area allowing comparison of compliance in supervised settings to compliance with e-diaries at home. The frequency of the assessments varied across the trials, allowing some description of factors which may influence compliance. Finally, design features, like a reminder alarm, were correlated with time of diary compliance to understand the usefulness of these features. Results: e-Diary compliance in supervised setting can be as high as 100%, but supervision does not always yield that result. Compliance in unsupervised settings is typically 80%, although frequent assessments correspond with decreased compliance. In one study that required extensive frequent assessments, e-diary compliance is much lower. Indication does not correlate with e-diary compliance in unsupervised settings. Conclucions: Factors that correspond with e-diary compliance are super vision, frequency and overall demand on subjects. P18.4 Väter – eine Stütze bei der Geburt? G. Pollheimer, H. M. Schuckall, Chr. Merten, M. Kurz, A. Wenger Salzburger Universitätsklinikum, Landeskrankenhaus Salzburg, Österreich Einführung: Im Gegensatz zu früher ist es heute üblich, inzwischen wird sogar erwartet, dass der Vater bei der Geburt anwesend ist1. Viele werdende Väter sind sich ihrer partnerschaftlichen Funktion während der Geburt gar nicht sicher bzw. bewusst2. Ist der Partner eine Unterstützung im Kreißsaal? Nimmt der Partner durch seine Anwesenheit während der Geburt Ein fluss auf die Schmerzempfindung der Gebärenden? Methoden: In interdisziplinärer Zusammenarbeit wurden bisher 236 schwangere Patientinnen zum Thema Schmerz – Schwangerschaft – Geburt befragt. Die Antworten wurden mittels eines standardisierten Fragebogens ausgewertet. Dieser ist untergliedert in vier Teile, die von den Patientinnen zu vier Zeitpunkten ausgefüllt wurden: 36. SSW, peripartal, 2 Tage und 3 Monate postpartal. Ergebnisse: Von den 236 befragten Frauen leben 91,1% (215) mit einem Partner zusammen. Peripartal konnten 215 Fragebögen ausgewertet werden. In 196 Fällen haben die Schwangeren in Anwesenheit ihres Partners entbunden. Die Partner haben mit verschiedenen Methoden, aktiv oder passiv, versucht die werdende Mutter zu unterstützen: – aktive Zuwendung zur Entbindenden 59,5% – aktives Zugehen auf medizinisches Personal 03,7% – rein passives Verhalten 24,9% Der Rücklauf der postpartalen Fragebögen bis zu diesem Zeitpunkt beträgt 83 Stück. Hierin gaben lediglich 6 Mütter (7,2%) an, dass der Partner im Kreißsaal keinen Einfluss auf die Angstreduktion hatte. 92,8% der Mütter antwortet en dass der Partner zur Angstbewältigung hilfreich war. Diskussion: Die Berührungen eines vertrauten Menschen wirken ent spannend und können durch eine unterstützende angenehme Atmo sphäre wiederum Ängste und Verspanntheit lindern. Gebärende empfind en sanftes Streicheln, Berühren oder leichtes Schütteln einer Gesäßhälfte in Seitenlage durch den Partner oder die Hebamme, als sehr angenehm. Das Dick-Read-Modell3 geht davon aus, dass die Angst vor den Wehen zur Anspannung der Mutter führt und dies wiederum Schmerzen ver ursacht. Bei über 50% der Befragten zeigte der Partner im Kreissaal eine aktive Mitarbeit. Doch dass die Partner noch Ängste und Scheu haben, sieht man daran, dass lediglich 3,7% das medizinische Personal ansprachen und um Hilfe oder Intervention baten. 25% zeigten sogar ein rein passives Verhalten, möglicherweise aufgrund von Ängsten4 und somit Über forderung. Der Trend geht in die richtige Richtung. Die werdenden Väter müssen auf den Tag der Entbindung, sowie auf die neu entstehende Rolle5,6 genau so vorbereitet werden wie die werdenden Mütter. Nur 7,2% der befragten Mütter gaben an, dass ihr Partner keine Hilfe bzw. Stütze zur Angstbewältigung war.
Die meisten Schwangeren/Mütter fühlten sich in Anwesenheit ihrer Partner somit wohl, vielleicht auch sicherer. P18.5 Schmerztherapie in Deutschland nach Sectio caesarea aus der Sicht der beteiligten Anästhesisten – eine Umfrage H. E. Marcus, A. Fabian, P. Teschendorf, B. W. Böttiger, O. Dagtekin, F. Spöhr, F. Petzke Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Uniklinik Köln Fragestellung: Die Schmerztherapie nach einer Kaiserschnittentbindung konfrontiert alle Beteiligten mit besonderen organisatorischen und konzeptionellen Anforderungen, die angepasste Lösungen erfordern. Gegenstand der Untersuchung war zu erfassen, wie in der Geburtshilfe tätige Anästhesisten in Deutschland an der Schmerztherapie nach Sectio beteiligt sind. Material, Methoden: Ein Fragebogen zum anästhesiologischen Manage ment der Sectio caesarea wurde an 709 Chefärzte von Anästhesieab teilungen mit geburtshilflichem Aufgabenspektrum versendet. Neben der Anzahl an Geburten wurde u.a. gefragt, wer für die Schmerztherapie in Deutschlands Kreißsälen zuständig ist, welche Medikamente ver wendet werden und ob ein liegender PDK auch zur postoperativen Schmerztherapie verwendet wird. Ergebnisse: 360 Fragebögen wurden zurückgesendet (50,8%). Davon konnten 346 analysiert werden. Die Anzahl an Geburten für das Jahr 2007, die so ermittelt wurden, betrug etwa 329.000 (=48% aller Lebendgeburten des Jahres 2007). 70,2% der Kliniken gaben an, dass Anästhesiepersonal in die postoperative Schmerztherapie involviert ist, 28,6% verneinten dies. An Nichtopiaten wird Paracetamol zu 77,5%, Metamizol zu 36,4%, Ibuprofen zu 26,6% und Diclofenac zu 23,7% verwendet. An Opiaten wird zu 85,6% Piritramid, zu 7,8% Tramadol, zu 3,2% Morphin und zu 2,9% Pethidin verwendet. Ein Krankenhaus gab an, keine Opiate zu verwenden. 76,9% der Befragten gaben an keine Dosisbegrenzung für Opiate zu haben, 15,9% bejahten dies. Wenn zur Sectio caesarea ein PDK als Anästhesieverfahren genutzt wurde, verwenden diesen 47,4% der Kliniken nicht zur postoperativen Schmerztherapie. Bei 48,6% der Befragten wird er genutzt. In 27,7% der Kliniken wird der PDK sofort nach der Kaiserschnittentbindung entfernt, in 21,1% in den ersten 6 Stunden, und in 38,4% zwischen 8–24h. Nur 5,8% der befragten Kliniken belassen den PDK für >24h. In 57,5% der Kliniken gibt es einen Akutschmerzdienst (ASD), in 41,0% der Fälle ist dies nicht der Fall. Das Vorhandensein eines ASD ist nicht mit einer längeren Liegedauer des PDK vergesellschaftet (p=n.s.). Schlussfolgerung: In Deutschland ist die Mehrzahl der Anästhesie abteilungen in die postoperative Schmerztherapie nach Sectio caesarea involviert. Hauptsächlich verwendete Medikamente sind Paracetamol und Piritramid, während Morphin sehr selten Verwendung findet. Nur in wenigen Kliniken gibt es festgelegte Dosisbegrenzungen für Opiate. Werden PDKs zur postoperativen Schmerztherapie verwendet, finden diese nur in 5,8% der Fälle länger als einen Tag Anwendung. Ob die Qualität der postoperativen Schmerztherapie nach Sectio von einer längeren Liegedauer des PDK profitiert ist eine wichtige Frage für weitere Untersuchungen. P18.6 Perioperative Anwendung von Regionalanästhesieverfahren: Anwendungshäufigkeit und Outcome in deutschen Kliniken S. Mescha, A. Göttermann, J. Rothaug, W. Meißner Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Uniklinikum Jena Einleitung: Die Durchführung von rückenmarksnahen und rücken marksfernen Regionalanästhesieverfahren wird in den neuen S3Leitlinien zur Behandlung akuter und posttraumatischer Schmerzen (www.awmf-leitlinien.de) für viele operative Eingriffe mit hoher Evidenz empfohlen. Jedoch nicht immer wirken sich Leitlinien-Empfehlungen im Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Abstracts klinischen Alltag positiv aus. Ziel dieser Analyse auf der Basis des QUIPSRegisters war es, das Ausmaß der Umsetzung dieser Empfehlungen sowie deren Auswirkungen auf die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern zu untersuchen. Methode: Auf der Grundlage des QUIPS-Registers (stichprobenartige kontinuierliche Erhebung von Prozess- und Ergebnisparametern am 1. Postoperativen Tag) wurde die Häufigkeit der Anwendung Regionala nästhesiologischer Verfahren (RA) zur perioperativen Schmerztherapie auf operativen Allgemeinstationen analysiert. Für ausgewählte spezi fische Prozeduren mit häufiger Anwendung von RA wurden die ge messenen Outcomeparameter Schmerzintensität, schmerzbedingte Beeinträchtigung, Nebenwirkungen und die Patientenzufriedenheit untersucht. Ergebnisse: Das QUIPS-Register umfasste zum Analysezeitpunkt 39.454 Datensätze aus 52 Kliniken im Zeitraum 09/2004 bis 09/2008. Die perioperative Anwendung von Regionalanästhesieverfahren wurde insgesamt 3765mal codiert (Gruppe RA), dies entspricht einem Anteil von 9,6% aller Datensätze (fehlende Angaben: n= 5379). Dabei entfallen 3,6% auf die rückenmarksnahen und 6% auf die rückenmarksfernen Regionalanästhesien, bei 76,8% wurde keine RA angewendet (Gruppe Nicht-RA). Für die weitere Auswertung und für den Vergleich der Outcomepara meter mit und ohne RA wurden so genannte Tracer-Operationen (häufige multizentrische Operationen) detektiert, die eine Empfehlung für eine RA laut S3-Leitlinie aufweisen. Beispielhaft wurden die spezifischen Operationen, wie die Hemikolektomie =OP1 (OPS 5-455.21/41/75) und die Knie-TEP =OP2 (OPS 5-822.10/11/12) untersucht. Der RA-Anteil pro Klinik variiert von 0% bis 80% bei der Hemikolektomie und von 0% bis 91% bei der Knie-TEP. Bei beiden Operationen war die Gruppe RA der Gruppe Nicht-RA in vielen Outcomeparametern signifikant überlegen: Max. Schmerzintensität (NRS) RA/ Nicht-RA: OP1 3,7/5,8 OP2 4,6/6,2; Anteil der mobilitätsbeeinträchtigten Patienten: OP1 37/72% OP2 51/75%; Wunsch nach mehr Schmerzmitteln: OP1 8/17% OP2 21/28%; Zufriedenheit (15teilige NRS):OP1 13,0/11,8 OP2 12,8/11,2). Es besteht eine hohe Korrelation zwischen der Patientenzufriedenheit mit und ohne RA und dem Outcomeparameter Schmerz bei Belastung. Diskussion: Die mit dem QUIPS- Register erhobenen Daten zeigen eine große Varianz in der Anwendungshäufigkeit von Regionalanästhesieverfahren zur postoperativen Schmerztherapie in deutschen Kliniken. Die Untersuchung der Outcomedaten bei ausgewählten Tracer-Operationen zeigt, dass das in den Leitlinien empfohlene Vorgehen auch im klinischen Alltag zu einer Verbesserung der Ergebnisqualität führt. Weitere Unter suchungen der Strukturdaten der betreffenden Kliniken sollten vor allem darauf zielen, die Gründe der noch unzureichenden Versorgung mit peri operativen Regionalanästhesieverfahren zu analysieren. P18.7 Postpunktionskopfschmerz in der geburtshilflichen Anästhesie – Eine Umfrage zum Management in Deutschland H. E. Marcus, A. Fabian, P. Teschendorf, B. W. Böttiger, O. Dagtekin, F. Spöhr, F. Petzke Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Uniklinik Köln Fragestellung: Der Postpunktionskopfschmerz nach akzidenteller Dura perforation ist eine typische Nebenwirkung der Periduralanästhesie mit einer Inzidenz von 2,6% (1). Gegenstand der Untersuchung war zu erfassen, wie in Deutschland nach akzidenteller Duraperforation vorge gangen und wie der Postpunktionskopfschmerz behandelt wird. Material, Methoden: Ein Fragebogen zum anästhesiologischen Ma nagement der Sectio caesarea wurde an 709 Chefärzte von Anästhesie abteilungen mit geburtshilflichem Aufgabenspektrum versendet. Neben der Anzahl an Geburten wurde gefragt, welche Maßnahmen bei akziden teller Duraperforation und bei manifestem Postpunktionskopfschmerz ergriffen werden. Ergebnisse: 360 Fragebögen wurden zurückgesendet (50,8%). Davon konnten 346 analysiert werden. Die Anzahl an Geburten für das Jahr 2007,
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die so ermittelt wurden, betrug etwa 329.000 (=48% aller Lebendgeburten des Jahres 2007). Bei akzidenteller Duraperforation erfolgt bei 69,9% der befragten Kliniken eine Punktion auf anderer Höhe, bei 50,0% ist das weitere Vorgehen dem behandelnden Anästhesisten überlassen, bei 2,6% wird der Katheter nach spinal vorgeschoben. Bei 1,4% erfolgt in jedem Fall ein Blutpatch nach 24h. Bei Auftreten von Postpunktionskopfschmerzen werden in 94,5% der befragten Kliniken zunächst konservative Maßnahmen durchgeführt, in 7,2% erfolgt in jedem Falle die Anlage eines Blutpatches. An konservativen Maßnahmen werden zu 95,1% Medikamente, zu 89,6% Infusionen und Flüssigkeit und zu 85,0% Bettruhe verordnet. Als medikamentöse Therapie werden in 98,0% der Kliniken Nicht-Opioide (NSAIDS; Coxibe, Metamizol und Paracetamol), in 39,6% Coffein, in 23,4% Opiate, in 22% Theophyllin, in 4,3% Sumatriptan und in 4% Ergotamine verabreicht. Bei Durchführung eines epiduralen Blutpatch werden zwischen 2 und 40ml Blut verabreicht, im Mittel 13,6 ml bei einer SD von 5ml. In 47,4% der Abteilungen wird nach einem Blutpatch eine Bettruhe von 2–6h verordnet, in 14,7% sind dies 8–24h, und in 0,3% der Abteilungen über 24h. In 20,8% wird keine Bettruhe verordnet. In 28% der Kliniken gibt es eine SOP/schriftliche Leitlinie bezüglich des Managements akzidenteller Durapunktionen. Schlussfolgerung: Dies ist die erste Umfrage an deutschen anästhesio logischen Kliniken zur akzidentellen Duraperforation und zum post spinalen Kopfschmerz. Außer in Bezug auf die häufig verwandten kon servativen Maßnahmen gibt es ein sehr heterogenes Vorgehen. Dies wird auch deutlich in dem im Vergleich zu Großbritannien (2) deutlich selteneren Anteil von Kliniken mit SOPs zu dieser Thematik (85% vs 28%). Literatur 1 Reynolds F et al. Dural ������������������������������������������������������ puncture and headache. Br Med J 1993; 306: 874–6 2 Baraz R et al. The management of accidental dural puncture during labour epidural analgesia: a survey of UK practice. Anaesthesia ��������������������������� 2005; 60:673-9.
P18.8 Schmerztherapie im Rahmen ambulanter Operationen – eine Umfrage bei niedergelassenen Anaesthesisten in Deutschland E. A. Lux1, W. Meißner2, A. Wiebalck3 1 Klinik für Schmerz- und Palliativmedizin, Klinikum St.-Marien-Hospital, Lünen; 2 Klinik für Anaesthesiologie und Intensivtherapie, Klinikum der FriedrichSchiller-Universität, Jena; 3 Universitätsklinik für Anaesthesiologie, Intensiv-, Palliativ und Schmerzmedizin, BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum Einleitung: Nach ambulanten Operationen stellt eine suffiziente Schmerz therapie eine besondere Herausforderung dar. Seit 2008 existiert die S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen“ , deren Inhalte bisher sowohl in Kliniken als auch im Bereich des ambulanten Operierens nur teilweise umgesetzt sind. Methodik: 2008 erhielten 2156 ambulant tätige Anaesthesisten per Post einen Fragebogen, wobei nur die Ärzte um Rückantwort per fax gebeten wurden, die im Rahmen des ambulanten Operierens für die postoperative Schmerztherapie verantwortlich sind. Der Fragebogen erfasste neben Operation und Anaesthesiemethoden die in der unmittelbaren post operativen Phase und der häuslichen Behandlung angewandten Anal getika. Methoden und Ergebnisse der Qualitätssicherung werden er fragt. Ergebnisse: In 108 Fragebögen wurde über 865982 Operationen berichtet, welche zu 80% in Narkose stattfanden. Wundrandinfiltrationen erfolgen in 9% der Fälle. Häuslich werden zu 91% NSAID, 55% Novaminsulfon, 31% Paracetamol, 5% Coxibe und 6% starke Opiate angewandt. Regel mäßige Schmerzmessung erfolgt in 35% der Praxen, mit validierten Mess instrumenten in 50% der 32 zentifizierten Einrichtungen. Diskussion: Im Vergleich zu einer Befragung ambulanter Chirurgen aus 2005 werden Methoden der Lokalanaesthesie und starke Opioide häufiger
eingesetzt. Die Umsetzung der S3-Leitlinie bleibt trotz tendenzieller Fort schritte unzureichend. P18.9 Modulation der sekundären Hyperalgesie nach repetitiven Hitzereizen durch Paracetamol Alexander Sawatzki, Arne May, Tim Jürgens ¹nstitut für Systemische Neurowissenschaften,Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg Einleitung: Durch langanhaltende Applikation von thermischen Reizen („burn pain“) oder topischer Anwendung von Capsaicin kann sowohl eine primäre als auch eine sekundäre mechanische Hyperalgesie auf Nadelstichreize ausgelöst werden kann. Es gibt zudem Hinweise, dass eine sekundäre Hyperalgesie durch Paracetamol reduziert werden kann. Fragestellung: Kann durch repetitive Hitzeschmerzreize eine sekundäre Hyperalgesie (SH) auf Nadelstichreize (PP) ausgelöst werden? Kann diese durch Gabe von Paracetamol reduziert werden? Methoden: Bei 18 gesunden Probanden ohne chronische Schmerzer krankung wurde u.a. die Schmerzhaftigkeit auf nadelstichartige Reize (PP) sowie die Fläche des auf nadelstichartige Reize vermehrt schmerzhaften Areals (Fläche der primären und sekundären Hyperalgesie) bestimmt. Dann wurde ein repetitives Hitzeschmerzparadigma (HPP) mit jeweils 10 Blöcken von je 6 Hitzereizen (6 sec Dauer mit 48°C) verabreicht und die Schmerzhaftigkeit auf einer Skala von 0 (kein Schmerz) bis 100 (schlimmster vorstellbarer Schmerz) bewertet. Im Anschluß daran wurden die o.g. Tests am Ort der Verabreichung (zentral) des repetitiven Hitzeschmerzreizes sowie in der Umgebung (peripher) wiederholt. Acht der 18 Probanden erhielten an einem anderen Versuchstag 800 mg Paracetamol intravenös verabreicht. Nach 30 min wurde das repetitive HPP angewendet. Vor Gabe von Paracetamol und nach dem HPP erfolgte erneut die im ersten Studienteil etablierte Testung. Ergebnisse: Die Verabreichung repetitiver Hitzeschmerzreize führte zu einer statistisch signifikanten Zunahme der Schmerzhaftigkeit auf Nadelstichreize sowohl in zentraler als auch in peripherer Lokalisation. Im zweiten Teil bildete sich nach Gabe von Paracetamol ein signifikant kleineres Areal der SH auf Nadelstich-Reize aus. Auch die mittlere Schmerzhaftigkeit der Nadelstichreize nahm nach Paracetamolgabe im Vergleich zum ersten Teilexperiment ab. Die Schmerzhaftigkeit des kon ditionierenden Reizes (HPP) blieb hingegen unverändert. Fazit: Repetitive Hitzeschmerzreize induzieren eine deutliche primäre und sekundäre Hyperalgesie auf PP. Durch Gabe von Paracetamol wird das Ausmaß der sekundären mechanischen Hyperalgesie reduziert, währ end die Schmerzhaftigkeit des konditionierenden Reizes nicht beeinflußt wird. Hinweise auf eine thermale SH konnten nicht gefunden werden.
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Autorenverzeichnis A Afilalo, M. P14.6 Ahlborn, M. P09.7 Ahrendts, M. P13.11, P13.12 Ahrens, J. P03.4 Ahrens, C. P05.13 Albrecht, S. P08.9 Alten, R. P14.4 Alt-Epping, B. SY50 Andriske, M. P09.1 Arning, K. PS12, P15.7 Arning, P. P13.6 Augustin, M. P03.7, P03.9 Azad, S. PS27, P15.4
B Bachmann, C. P04.5, P04.6 Bachmeier, S. P13.11, P13.12 Backonja, M. P13.2 Bains, G. P08.5 Balk, F. P12.2, P12.3 Baron, R. SY19, SY113, P13.6, P15.2, P15.4, P16.3, P16.4, P16.5, P15.7, P15.8 Bartsch, T. P04.9 Basler, H.D. SY197, P11.2 Bauer, K. P06.4 Baum, E. SY197 Baumgarth, B. P06.1 Baumgärtner, U. SY47, SY158, P04.14, P15.9 Bäumler, P. P06.10, P13.11, P13.12 Baus, D. P14.11 Bayerer, B. P09.3 Becker, S. P14.11 Becker, A. SY197 Bennemann, P. P07.1 Benrath, J. P01.3, P01.9, P06.4, P15.5 Berk, L. P08.5 Bernd, R. P07.11 Berthele, A. SY12, PS10, P15.8 Bierner, J. P19.1 Biewer, W. P14.3 Binder, A. SY76, P13.6, P15.2, P15.7, P15.8 Bingel, U. SY121, PS27 Birbaumer, N. P16.2 Birklein, F. SY56, P02.2, P04.4, P04.8, P15.4, P15.5
Biteeva, I. P07.12 Blankenburg, M. SY159 Blättermann, G. P02.8 Bleichhardt, G. SY47 Blunk, J. P01.3, P01.9, P06.4 Boekens, H. SY159 Bohus, M. SY45 Bölch, S. P16.6 Bomba,I.C. SY46 Bornemann-Cimenti, H. P16.8, P17.5 Böttger, E. P16.7 Böttiger, B. W. P18.5, P18.7 Boujong, D. P13.4 Braehler, E. P14.1, P14.2 Brand, H. P05.6 Breimhorst, M. SY47, P04.4, P04.8 Bremerich, A. P09.7 Breuning, M. P11.4 Brinkers, M. P05.10, P11.8, P12.8 Brune, K. SY173, P03.10 Brunkhorst, J. P10.8 Bruns, M. P17.7 Bucher, M. P17.4 Buchholz, H.G. SY158 Bunten, S. P09.7 Burbach, B. P02.2 Bürck, L. SY161 Bürkle, H. P11.7 Büsselberg, D. SY157 Butkerait, P. P08.11 Buynak, R. P14.7
C Carr, R. W. P03.1 Carville, S. P14.12 Cascorbi, I. P15.8 Casser, H.-R. SY176, PS21, PS23 Chan, A. P09.1 Chappell, A.S. P13.2 Chenot, J.-F. SY197 Choy, E. P14.12 Christensen, S. P08.4 Clemens, K.E. P01.1, P01.11, P07.2 Croner, R. P07.11 Crozier, T. P04.5 Crozier, T. P04.6 Czeschik, C. SY157
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Dagtekin, O. P18.5, P18.7 Daniels, S. P08.8 Darabaneanu, S. PS2, P10.1 Dattge,J. P14.11 de Col, R. SY137, P04.3, P04.12 de la Roche, J. P03.4 de Zwaan, M. P11.5 Demmel, R. P12.4 Dempewolf, S. P09.7 Denecke, H. P05.1 Derra, C. PS11 Dertwinkel, R. P05.6 Desjardins, P. P08.4, P08.8, P08.11 Detke, M.J. P13.2 Deuschl, G. P13.6 Dey, C. P09.1 Diehlmann, K. P16.7 Diel, I.J. P01.5 Diener, H.-C. P09.3 Diers, M. P14.9 Diesch, E. SY46 Dietrich, C. P06.6 Diezemann, A. PS5 Djelani, M. P07.7, P07.9, P08.6, P08.7 Doil, A. P09.2 Donner-Banzhoff, N. SY197 Dörfler, A. P04.12, P04.13 Doyle, G. P08.4, P08.8 Dräger, D. P19.2 Drews, R. P13.7 Dries, J. SY38, SY115, PS3, PS21 Dumat, W. P05.2 Dusch, M. P1.9, P15.5
Fabian, A. P18.5, P18.7 Fahland, R.A. SY149 Faller, H. P13.8 Faltraco, F. P15.8 Faupel, E. P06.10 Fechir, M. P04.4, P04.8 Fischer, T. P19.2 Fischer, M. P13.11, P13.12 Fischer, T. SY141 Flatau, B. P05.3 Fleckenstein, J. P15.6 Flor, H. SY46, P4.14, P14.9, P15.8 Foadi, N. P03.4 Förderreuther, S. SY144, PS16, P09.8 Forsch, E. P03.8 Förtsch, T. P07.11 Fragemann, K. P19.1 Fransson, P. P14.12 Frede, U. SY198 Frese, A. SY53 Frettlöh, J. P15.1 Freynhagen, R. SY19 Fuchs, O. P04.13
E Eberhardt, B PS11 Eberhardt, C. P01.7 Eberitsch, J. P19.6 Eck, J. P04.1 Egenolf, C. P02.2 Ehlebracht-König, I. P11.3 Eiken, C. P06.7 Emrich, O. ST8 Enck, P. SY132 Ersöz, F. P14.9 Esmaili, S. P17.6 Etropolski, M. P14.6, P14.7 Ettlin, D. P09.10 Ettrich, U. P05.4, P05.5, P05.7 Evers, D. P03.9 Evers, S. SY120, P10.2 Evi, F. P13.11, P13.12 Ewers, A. SY105
G Gaida, K. P06.10, P13.11, P13.12 Garcia, M. P04.13 Gastmeier, K. P01.2, P01.4, P06.9 Gaul, C. SY169 Geber, C. P02.2, P04.4, P04.8, P15.4, P15.5 Geiß, C. P19.3 Gerber, W-D. P10.1 Gerbershagen, H.J. P17.2 Gerbershagen, K. P07.8 Gerhardt, P. P05.4, P05.5, P05.7 Gierthmühlen, J. P13.6, P15.4, P15.8 Giesecke, T. P07.7, P07.9, P08.6, P08.7 Giulini, M. P11.6 Glaesmer, H. P14.1, P14.2 Göbel, H. P05.9, P05.11, P05.12, P10.7, P10.8, P10.9 Gockel, U. SY16, SY19 Goßrau, G. P05.4, P05.5, P05.7, P06.3, P12.2 Göttermann, A. P18.6, P19.4, P19.7 Gracely, R.H. P14.12 Graf, B.M. P02.1, P12.7, P14.8, P14.10, P17.4, P19.1 Graf, M. PS23 Graf-Baumann, T. SY75 Grafe, P. P03.1 Der Schmerz Supplement 1 · 2009
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Autorenverzeichnis Gravou-Apostolatou, C. P06.11, P10.6 Greffrath, W. SY158 Grießinger, N. P05.3, P06.11, P10.5, P10.6, P13.4, P15.3, P19.3 Gröne, E. P15.6 Große, K. P05.4, P05.5, P05.7 Grünewald, D. SY103, P19.5 Guhlemann, S. P06.9 Gündel, H. P04.11 Gunreben-Stempfle, B. P10.5 Gustin, S. P16.2
H Haag, G. SY124 Haase, F. P02.4 Haenisch, S. P15.8 Haeseler, G. P03.4 Hafenbrack, K. SY184 Haffner, C. P11.5 Hafner, C. P10.5, P15.3 Hagenacker, T. SY157 Hägglöf, B. P15.5 Hahnenkamp, S. P03.6 Haller, H. P05.8 Hamann, M. P12.4, P12.5 Hamzeh, M. P10.2 Hanekop, G. G. P02.1 Happe, S. P10.2, P09.7 Häring, M. P13.11, P13.12 Harreus, G. P06.10, P13.11, P13.12 Hartog, C. P19.4, P19.7 Hartstang, U. PS28 Haselmann, J. P18.1 Häufel, T. P08.12, P14.6 Hausenblas, N. SY47 Häuser, W. P14.1, P14.2, P14.3, P14.4, P14.5 Hayo, S. P14.3, P14.4 Hechler, T. SY159, P05.1, P12.4, P12.5 Heckes, B. P07.5 Hedding-Eckerich, M. P13.1 Hegerl, U. P08.2 Heindl-Erdmann, C. P03.10 Heinze, U. P13.7 Heinze, A. P05.9, P05.11, P05.12, P10.7, P10.9 Heinze-Kuhn, K. P05.9, P05.11, P05.12, P10.9 Hemmer, K. P09.1 Henkel, K. P05.9, P05.11, P05.12 Hering, P. P10.3 Herzog, J. P13.6 Heß, E. P11.1 Hess, A. P03.10
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Der Schmerz Supplement 1 · 2009
Hildebrandt, J. SY197, PS1, P13.9 Hillecke, T. P06.1 Hiller, W. SY47 Hinz, A. P11.1 Hinz, B. SY171 Hofacker, W. P08.3 Höffken, O. P15.1 Hoffmann, U. P15.6 Hoffmeyer, D. P05.10, P11.8, P12.8 Hofmann, W. P14.5 Hofmann, W. P19.2 Hoheisel, U. P03.2, P03.3 Höller, M. P17.7 Hölzl, R. P14.11 Homagk, L. P17.1 Horlemann, J. P02.9, P08.6 Horn, I. P02.8 Hornyak, M. P08.1, P08.9 Hotz, A. P17.7 Huge, V. P15.4 Hühne, K. P07.11 Hünten-Kirsch, B. PS20 Hüppe, M. SY79, SY185 Husstedt, I.W. SY123
I Iannetti, G. P15.9 Ihle, K. P13.10 Ingenhorst, A. P05.3 Ingvar, M. P14.12 Irnich, D. PS18, P06.10, P13.11, P13.12, P15.6 Irnich, C. P06.10, P13.11, P13.12 Itting, G. P01.10 Ittner, K.-P. P02.1, P17.4
J Jahn, P. P02.8 Jayawardena, S. P08.4, P08.8, P08.11 Jensen, M. P12.2, P12.3 Jensen, K. P14.12 Joerges, S. P05.2 Jopen-Wolff, B. P06.10, P13.11, P13.12 Jopke, H. P01.4 Joppich, R. P06.5, P07.8, P07.10 Jung, A. SY133 Jürgens, T. SY52, SY118, P18.9, PS14
K Kaiser, U. SY127, P05.4, P05.5, P05.7, P12.2, P12.3 Kaisers, U.X. P11.7 Kamping, S. SY46, P04.14
Kappis, B. P02.5, P12.6 Karoll, A. P06.10, P13.11, P13.12 Kaube, H. PS27, P09.11 Kayser, M. P02.10 Kayser, H. P02.10 Kazmaier, S. P02.1 Keller, S. SY197 Kellstein, D. P08.4, P08.8 Kelly, K. P14.6 Kermani, K. P13.3 Kieselbach, K. P08.1 Kieserg, J. P17.7 Kieseritzky, K. P05.6 Kindler, D. P07.1 Kitzmantel, M. P02.8 Klaschik, E. P01.1, P01.11, P07.2 Klauenberg, S. PS15 Klein, C. P13.4 Klein, T. SY117, SY161, P15.4 Kleinböhl, D. P14.11 Klossika, I. SY45 Klosterhalfen, S. SY132 Knecht, S. P04.2 Kobilay, M. P17.3 Kochen, M.M. SY197 Koester, J. P08.9 Kohler, J. P16.6 Köhler, M. P04.9 Kohlmann, T. SY19, SY148, SY149 Kohls, N. P06.10, SY8 Kölzsch, M. P19.2 Kom, G. P18.1 Konrad, B. P05.4, P05.5, P06.3, P05.7 Konrad, C. P15.5 Kopf, A. SY72, PS7, PS20 Kopke, K. SY141, P19.2 Korb, J. SY73, PS17 Körber, J P02.2 Kornhuber, J. P04.13 Koroschetz, J. SY76, P16.5 Kosek, Eva P14.12 Kosseva, M. P14.5 Kraus, I. P17.6 Kreutz, R. P19.2 Kriener, W. P14.8, P14.10 Kritzmann, S. P04.8 Kröner-Herwig, B. SY88 Kropp, P. PS2, P15.7 Krüger, R. P01.8 Krumova, E. SY159, SY195 Kruse, S. P07.12 Kullnig, P. P06.8 Kundermann, B. P10.4 Kuperwasser, B. P14.6 Kurth, A. P01.5, P01.7
Kurz, M. P18.4 Kuschke, M. P06.3 Kusnik, S. P06.11 Küster, M. SY172
L Laekeman, M.-A. SY143, SY196 Lämmerhirt, K. P12.3 Landenberger, M. P02.8 Lang, P. SY139, P06.10, P13.11, P13.12, P15.6 Lange, B. P14.6 Lange, C. P08.12, P14.7 Langer, T. P13.11, P13.12 Langhorst, J. SY179, P14.4 Lanz, M. P09.7 Larbig, W. P16.2 Lärm, G. P13.1 Lauchart, M. P15.4 Laufenberg-Feldmann, R. P02.5, P12.6 Lautenbacher, S. SY87, P10.4 Lee, E.-H. P17.3 Lehmeyer, L. P06.10, P13.11, P13.12 Leijon, G. P16.4, P16.5 Leis, S. P07.11 Lemke, J. P11.7 Lenz, M. P15.1 Leonhardt, C. SY143, SY197, P12.1 Leuwer, M. P03.4 Liebig, S. P11.1 Limmroth, V. P09.3 Limper, U. P07.10 Lindena, G. SY148, SY149, SY175, SY181 Lindner, V. PS6, PS8 Lipperheide, K. P07.7 Lissek, S. P15.1 Littschwager, G. P19.3 Ljutow, A. P05.2 Loeffler, E.K. P17.4 Lohman, E. P08.5 Löseke, E. P19.5, P19.8 Lübbert, H. P09.1 Lucius-Hoene, G. P11.4 Lüder, S. PS25 Lukas, A P11.2 Lukas, A. P06.2 Lüking, M. P09.11 Lüthje, S. P10.1 Lux, E.A. P18.8
M Maag, R. PS12, P15.7 Maerkert, D. P15.3
Magerl, W. SY78, SY158, SY159, SY161, P15.4, P15.9 Maier, C. SY16, SY113, SY146, SY159, SY160, P07.1, P11.7, P15.1, P15.4, P15.8 Maihöfner, C. SY57, SY85, P04.3, P04.12, P04.13, P07.11, P11.5, P15.3, P15.8 Mainguy, Y. P14.12 Marcus, H.E. P14.12, P18.5, P18.7 Marino, B. P18.3 Märkert, D. P19.3, P19.5 Marnitz, U. SY174, ST6 Martens, F. P16.7 Martin, A. P05.1 Marx, P. PS7 Marziniak, M. SY136, SY168, PS19, P04.2 Mattenklodt, P. SY188, P05.3, P10.5, P10.6, P13.4 Matter, S. P05.2 May, A. SY135, P09.5, P13.10, P18.9 May, D. P15.8 Mayoral, V. P16.4 McLoughlin, T. P18.3 McMahon, S. P03.4 Mehlsteibl, D. P10.3 Meier, R.K.8 P02.1, P12.7, P14.8, P14.10 Meier, K.M. SY158 Meißner, W. SY108, P01.8, P05.8, P17.2, P18.2, P18.6, P18.8, P19.4, P19.7 Meng, K. P13.8 Menke, A. P05.1 Mense, S. SY1, P03.2, P03.3 Merten, C. P18.4 Mescha, S. P18.2, P18.6 Messer, K. P06.5 Meyer, N. P19.1 Meyer, B. P05.2 Meyer, N. P12.7, P14.8, P14.10, P17.4 Michalski, D. P11.1 Michel, C. ST6 Miltner, W.H.R. P04.1, P04.10, P06.6 Mochizuki, H. P04.14 Moskovitz, B. P08.12 Mühlau, M. P04.7 Müller, D. P09.8 Müller, A. P01.7 Müller, T. PS21.2, PS28 Müller, G. SY175 Müller-Busch, M. P05.1 Münster, T. P07.11 Murray, I. P13.2
Mußhoff, F. P17.3
N Nadstawek, J. P02.4 Nagel, B. SY187 Naleschinski, D. SY22, P15.2, P15.7 Nauck, F. SY50, SY155 Neeb, L. SY13 Nestler, N. SY106 Neubauer, E. P11.6 Nickel, F. P04.3, P04.13 Niederberger, U. P10.1 Nieland, P. P01.1 Nielson, A. P05.11, P05.12, P10.9 Niemeier, A. P13.10 Niemier, K. SY116, PS3, PS24 Nilges, P. PS9 Nitzsche, D. P15.4 Nobis, H.-G. SY183, PS22 Nolte, T. SY18
O Obreja, O. P03.8 Offenbächer, M. P06.10 Ofner, M. P06.8 Okamoto, A. P08.12, P14.6, P14.7 Orso, S. P17.4, P19.1 Osterbrink, J. SY104 Overath, C. P10.1
P Paredes-Diaz, A. P13.5 Paris, F. P09.1 Parthey, H.G. P05.6 Parthum, A. P19.3 Partinen, M. P08.9 Paul, P. P19.5 Pavlakovic, G. P04.5, P04.6, P13.9 Pavlakovic, H. P04.5, P04.6 Pawlak, M. P03.5 Pawlik, M.T. P17.4, P19.1 Peikert, A. P10.2 Peltz, E. P04.12 Pennekamp, W. PS1 Penninger, E. P14.8, P14.10 Perez, R. P06.2 Perrar, K.M. SY48 Peters, M. PO10.4 Petersen, M. P03.8 Petersohn, U. P06.9 Petrofsky, J. P08.5 Petruschka, W. PS7 Petz, T. P05.10, P11.8, P12.8 Petzke, F. SY3, P07.3, P14.3, P14.12, P18.5, P18.7
Pfau, D. SY78 Pfingsten, M. SY39, SY148, SY149, SY181, SY197, PS1, P04.5, P04.6, P13.9 Pilz, M. P01.7 Platko, J. P18.3 Poels, M. P06.5, P07.8, P07.10 Pogatzki-Zahn, E. SY81, SY166, P03.7, P03.9 Pollheimer, G. P18.4 Pönicke, J. P11.3 Popov, A.F. P02.1 Popp, A. P09.1 Pothmann, R. P09.2 Potthast, R. P13.9 Prölß, J. P06.5 Prowse, M. P08.5
Q Quail, D. P08.2 Quednau, I. P07.2 Quint, S. P12.1
R Rabe, Y. P18.2 Raghunath, M. P16.1 Rance, M. P14.9 Rasche, D. P08.10, P09.4 Rauers, N. P17.3 Rauschkolb, C. P14.6 Raymond, S.A. P18.3 Reck, T. P05.2 Reeh, P. P03.10 Rehberg, B. SY86 Rehm, S. PS10, P16.3 Reichl, S. P03.7, P03.9 Reichmann, H. P06.3 Reinecke, H. SY70 Reinersmann, A. SY160, P15.1 Reinholz, J. P04.2 Reis, A. P07.11 Renz, P. P02.8 Rice, F. P15.5 Richter, H. P07.1 Richter, M. P04.1, P05.8 Richter, H. SY113 Riedel, T. P16.8, P17.5 Riederer, F. P09.10 Ringe, J.D. P07.9, P08.7 Ringkamp, M. P03.8 Ritter, C. P04.9 Ritter, A. P04.10 Ritzdorf, I. P07.5 Röder, A. P05.2 Rodriguez-Raecke, R. P13.10
Roessler, M. P02.1 Rogers, P.D. P16.4 Röhrig, R. P16.7 Rolf, K. P02.6 Rosa, M.M. P16.3 Roth, A. P05.9 Rothaug, J. P17.2, P18.6, P19.4, P19.7 Roth-Daniek, A. P02.3 Rückert, U. P13.1 Ruether, W. P13.10 Rüger, L. P15.6 Rukwied, R. P03.8, P15.5 Ruscheweyh, R. P04.2 Rüschmann, H.-H. P05.9 Ruttorf, M. P04.14
S Sabatowski, R. SY125, P05.4, P05.5, P05.7, P06.3, P07.3, P12.2, P12.3 Sacher, G. SY197 Sadeghi, M. P15.6 Sahlmann, J. P18.1 Sandner-Kiesling, A. P06.8, P17.5, P16.8 Sandor, P. P09.6, P09.10 Sandrock, S. P04.4 Sawatzki, A. P18.9 Schad, L.R. P04.14 Schäfers, M. SY157 Schankin, C. SY122, SY134, SY170, PS13, P10.3 Scharf, J. P01.3 Scharnagel, R. P05.4, P05.5, P05.7, P12.2 Scheimann, I. PS25 Schenk, M. PS26, P02.4, P02.7 Schepelmann, K. PO10.4 Scherbaum, N. P11.7 Scherens, A. SY77, SY159, PS15, P15.8 Schettler, T. P08.4, P08.8, P08.11, P13.5 Schild, S. P14.4, P14.5 Schilgen, M. PS19 Schiller, M. P05.4, P05.5, P05.7 Schiltenwolf, M. SY147, P05.13, P07.6, P11.6 Schirrmacher, R. SY158 Schirrmacher, E. SY158 Schlegel, N. P19.5 Schleinzer, W. P05.2, P09.6 Schlereth, T. P04.8 Schley, M. P14.9, P15.5 Schmahl, C. SY45
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Autorenverzeichnis Schmelz, M. P03.8, P14.9, P15.5 Schmid, A.-C. P16.2 Schmidt, R.F. P03.5 Schmidt, C. P17.4 Schmidt, S. P09.11 Schmidt, C.O. SY148, SY149 Schmitt, W. P17.7 Schmitz, B. P09.1 Schmutzer, G. P14.1, P14.2 Schneider, E. P13.2 Schneider, J. SY6 Schneider, E. P08.2 Scholz, S. P13.4 Schön, C. P15.3 Schreckenberger, M. SY158 Schroeder, S. P05.1, P12.4, P12.5 Schuckall, H.M. P18.4 Schuler, M. SY142 Schultz, C. P09.11 Schultze, F. P16.7 Schumann, D. PS28 Schürer, R. SY182 Schüttler, J. P11.7 Schütze, A. P05.4, P05.5, P05.7, P12.3 Schwab, R. P12.6 Schwantes, U. P18.1 Schwarz, J.R. P03.1 Schwarz, A. P16.2 Seddigh, S. PS21, PS23, PS28 Seeger, D. SY114, PS1 Seekatz, B. P13.8 Segelcke, D. P09.1 Seidel, W. PS24 Seifert, F. P04.12, P04.13 Seraphin, J. P01.5 Serpell, M. P16.3, P16.5 Shapiro D. Y. P14.7 Shmygalev, S. P07.3 Siebner, H.R. P04.9 Siegert, R. P10.2 Sillar, K. P03.4 Simshäuser, K. P09.11 Singler, B. P13.4 Sinis, N. P16.2 Sittig, H.-B. P01.5, P01.6, P02.10 Sittl, R. PS20, P03.1, P05.3, P06.11, P10.5, P10.6, P11.5, P13.4, P15.3, P19.3 Sjögen, N. P15.5 Skljarevski, V. P13.2 Sommer, C. P03.6, P15.6 Sorg, C. P04.11 Sorgatz, H. SY4, SY71 Soukup, J. P11.7 Sperling, W. P04.13
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Spöhr, F. P18.5, P18.7 Sprenger, T. P04.7, P04.11 Stamer, U. SY9, SY80, P17.3 Stankewitz, A. SY135, P9.5 Stark, J. P08.11 Steffens, A. P19.8 Steinmetz, D. P12.2 Stengel, M. P15.4, P16.4 Stiel, S. SY49 Stoeter, P. SY158 Storch, P. P05.8 Straub, T. P14.8, P14.10 Straube, A. SY122, SY170, PS13, P10.3 Strick, K. SY17 Strube, J. PS1, P13.9 Strumpf, M.† P02.1, P04.5, P04.6, P13.9 Stüber, F. P17.3 Stude, P. P15.1 Stumpenhorst, F. P04.2 Stumpf, U. P01.7 Stumvoll, A. P06.10, P13.11, P13.12 Stuttmann, R. P17.1 Sung-Haarmeyer, G. SY160 Sye, W. P10.1
T Taguchi, T. P03.2 Teepker, M. PO10.4 Tegenthoff, M. P15.1 Tesarz, J. P03.3 Teschendorf, P. P18.5, P18.7 Then Bergh, F. P11.1 Thieme, K. SY126 Thiessen, A. P18.1 Thoke-Colberg, A. P02.8 Thomm, M. SY102, P19.5 Tiemann, A. P17.1 Tietze, A.-L. P12.4, P12.5 Tillmanns, J. SY158 Tölle, T.R. SY19, P04.7, P04.11, P15.4, P15.8 Tracey, I. P15.9 Trautmann, N. SY47 Treede, R.-D. SY47, SY78, SY158, SY161, P02.2, P04.14, P15.4, P15.8, P15.9 Tronnier, V. SY119, P09.4, P08.10 Tutsch, B. P14.8
U Üceyler, N. SY194, P03.6, P15.6 Ulrich, K. P05.3, P10.5 Upmalis, D. P08.12
V Valet, M. P04.7, P04.11, P15.4 Valet, G. P04.11 Van Hove, I. P14.6 Vens-Cappell, B. P18.1 Vill, B. P11.5 Vocks, S. P12.5 Vogel, H. P13.8 Vogel, D. P04.7 Vogel, C. P09.6 Vogt, T. P02.2 Voigt, A. P05.10, P11.8, P12.8 von Wilmowsky, H. P14.3, P14.4 Vormelker, J. P02.1 Vorsanger, G. P08.12
Williams, S.C.R. P14.12 Wilming, N. P06.10, P13.11, P13.12 Winkelmann, A. P06.10, P13.11, P13.12 Winter, S. P07.11 Winterpacht, A. P07.11 Wirz, S. SY44, PS26, P02.4, P02.7, P02.10, P17.7 Wisser, U. P17.7 Wissmann, A. SY157 Wolff, B. P19.6 Wöller, A. P04.7 Wronkowitz, N. P09.1
X Xiang, J. P08.12
W Wagner, T. P08.2 Wagner, T. P02.3 Wagner, A. P01.9 Wähner, M. P06.3 Wallach, G. P06.10, P13.11, P13.12 Wallenböck, E. P06.8 Wang, H. P05.13, P07.6 Wappler, F. P06.5, P07.8, P07.10 Warnholz, H. P01.4 Wartenberg, H.-C. PS26.3, P02.4, P17.7 Wasner, G. SY23, P13.6, P15.2 Weber, M. P02.5 Weber, E. P06.10, P13.11 Weckbecker, K. P07.3 Wehrfritz, A. P07.11 Weigand, M. P16.7 Weinsheimer, N. P07.6 Weiss, T. P04.1, P04.10, P05.8, P06.6 Weisser, B. P10.1 Wejbora, M. P16.8, P17.5 Wendt, A. SY5 Wenger, A. P18.4 Werner, C. P02.5 Weskamp, N. P19.8 Wiebalck, A. PS4, P18.8 Wiech, K. SY7 Wiedemann, B. P06.3 Wiedemann, J. P06.10, P13.11, P13.12 Wiese, C.H.R. P02.1, P12.7, P14.8, P14.10, P17.4, P19.1 Wild, K. P05.2 Wilhelm, S. P08.2, P13.2 Wilhelm, I.-R. P06.11, P10.6 Wilhelm-Schwenk, R. P14.2 Wille, C. P05.3, P11.5
Y Yilmaz, P. P14.9
Z Zacharowski, K. P02.6 Zahn, P.K. P03.7, P03.9 Zausig, Y.A. P02.1 Zeilhofer, H.U. SY84 Zenz, M. P07.1 Zernikow, B. SY159, P05.1, P12.4, P12.5 Zhang, S. P13.2 Zhang, L. P17.3 Zhu, X. P09.1 Ziehl, S. P14.1 Zimmer, C. P04.7 Zimmer, A. P01.8, P19.4, P19.7 Zimmermann, M. P02.6 Zimmermann, K. P03.10 Zirke, S. SY196 Züchner, K. P04.5, P04.6