CME Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung MKG-Chirurg 2011 · 4:113–125 DOI 10.1007/s12285-010-0207-x Online publiziert: 21. April 2011 © Springer-Verlag 2011 Redaktion
K. Dawirs, Essen U. Eckelt, Dresden
M. Quarta Ambulantes OP-Zentrum, Herborn
Ästhetische Chirurgie bei altersbedingten Gesichtsveränderungen
Zusammenfassung
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Altersbedingte Veränderungen des Gesichts stellen hohe Anforderungen an die diagnostischen sowie therapeutischen Kenntnisse und Fähigkeiten des Arztes. Das Behandlungsspektrum reicht von minimal-invasiven (aber gleichwohl nicht komplikationsfreien) augmentativen, ablativen oder paralysierenden Maßnahmen an der Haut über die periorbitale Chirurgie und die Liposuktion bis hin zu den großen Straffungsoperationen an Stirn, Wangen und Hals. Die vorliegende Arbeit gibt einen nach Gesichtsregionen gegliederten Überblick über Verfahren, die sich im Kompetenzbereich der MKG-Chirurgie bewährt haben. Auf die Voraussetzungen zur Integration der ästhetischen Gesichtschirurgie in das Behandlungsspektrum der eigenen Praxis oder Klinik wird ebenso eingegangen wie auf mögliche Komplikationen und Misserfolge der Verfahren.
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Zertifizierung Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig. Nach den Leitsätzen zur zahnärztlichen Fortbildung werden ärztliche Fortbildungspunkte auch von den Zahnärztekammern anerkannt (entsprechend Position F der Punktebewertung von Fortbildungen der BZÄK/DGZMK).
Hinweis für Leser aus Österreich Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer werden die auf CME.springer.de erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.
Ablative Verfahren · Liposuktion · Rhytidoplastik · Face-Neck-Lifting · Minimal-invasive Verfahren
Esthetic surgery for age-related facial alterations Abstract
Age-related facial alterations are a great challenge to the diagnostic and therapeutic knowledge and capabilities of physicians. The spectrum of treatment ranges from minimally invasive, but not necessarily complication-free, augmentative, ablative or paralyzing measures to the skin through periorbital surgery and liposuction to extensive tightening operations to the forehead, cheeks and neck. The present article gives a review of procedures organized by facial regions, which have been established in the competence range of oral and maxillofacial surgery. The prerequisites for integration of esthetic surgery into the treatment spectrum of practices or clinics will be discussed as well as possible complications and failures.
Keywords
Ablation techniques · Lipectomy · Rhytidoplasty · Face/neck lifting · Minimally invasive surgical procedures
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Operative Eingriffe zur Korrektur altersbedingter Veränderungen des Gesichts und Halses sind ein integraler Bestandteil des Fachgebiets Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie. Vom übrigen Behandlungsspektrum unterscheiden sie sich durch die fehlende medizinische Notwendigkeit. Daraus resultieren einige Besonderheiten, die vor einer Tätigkeit in diesem Bereich beachtet werden sollten [16]. Die Behandlung selbst stellt hohe Anforderungen an die Fähigkeiten des Arztes.
Eine Stufenaufklärung mit zwei präoperativen Beratungsterminen ist aus juristischen Gründen dringend zu empfehlen
7 Fotodokumentation
7 Versicherungsschutz
Aufgrund der komplizierten Rechtslage ist eine rechtzeitige steuerliche Beratung sehr zu empfehlen
7 Masterstudiengang
Die Einwilligung des Patienten zu einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation muss nach eingehender und schonungsloser Aufklärung schriftlich erfolgen (BGH-Urteil VI ZR 8/90). Eine Stufenaufklärung mit zwei präoperativen Beratungsterminen ist aus juristischen Gründen dringend zu empfehlen. Weiterhin ist ein Patient dokumentiert darüber zu informieren, dass nach § 52 SGB V seine gesetzliche Krankenkasse von ihm eine Beteiligung an eventuellen Folgekosten eines ästhetischen Eingriffs verlangen kann. Unterbleibt diese Aufklärung, können Kosten infolge von Komplikationen auch nach fachgerechter und fehlerfreier Behandlung ggf. auf den Operateur abgewälzt werden. Eine 7 Fotodokumentation des Ausgangsbefunds muss angefertigt und archiviert werden. Das Berufsrecht fordert zwingend eine Haftpflichtabsicherung für die ärztliche Tätigkeit, in den üblichen Verträgen sind jedoch die medizinisch nicht indizierten Leistungen in der Regel nicht abgedeckt. Vor der Durchführung entsprechender Maßnahmen (auch Faltenunterspritzungen) ist die Erweiterung des 7 Versicherungsschutzes, verbunden mit erheblich höheren Prämien, erforderlich. Die Abrechnung ästhetischer Gesichtseingriffe hat obligat nach der amtlichen Gebührenordnung GOÄ zu erfolgen (BGH-Urteil III ZR 223/05). Aufgrund mangelhafter Abbildung vieler ästhetischer Leistungen in der veralteten Gebührenordnung müssen die Instrumente der Abdingung nach § 2 GOÄ oder der Analogberechnung nach § 6 GOÄ genutzt werden. Ästhetisch-operative Leistungen unterliegen nicht der Befreiung ärztlicher Tätigkeit nach § 4 des Umsatzsteuergesetzes. Eine Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 19 des UStG (Kleinunternehmerregelung) kann nur bis zu bestimmten Jahresgrenzen in Anspruch genommen werden. Aufgrund der komplizierten Rechtslage ist eine rechtzeitige steuerliche Beratung sehr zu empfehlen. Die oft kolportierte „Infizierung“ der restlichen Praxisumsätze (insbesondere bei Berufsausübungsgemeinschaften) mit der Umsatzsteuer ist jedoch nicht gegeben. Die Fort- und Weiterbildung in der ästhetischen Gesichtschirurgie bedarf eines kritischen Blicks. Manche Verfahren werden durch Firmeninteressen übermäßig in den Fokus gerückt (z. B. Filler gegenüber Eigenfett, Laser gegenüber Dermabrasio). Einen umfassenden Überblick vermittelt der im Herbst 2010 gestartete 7 Masterstudiengang „Ästhetische Gesichtschirurgie“ der Universität Witten/Herdecke in Kooperation mit der Europäischen Fortbildungsakademie für Medizin und Zahnmedizin (EFMZ), München, der aus der von Hausamen im Jahr 2007 begonnenen zertifizierten Fortbildung zu diesem Thema hervorgegangen ist. In einem 2-jährigen Curriculum wird berufsbegleitend das gesamte Spektrum dargestellt, durch Präparierübungen, Hospitationen und Supervisionen vertieft und mit einer Masterarbeit abgeschlossen. Ein weiterer Kurs soll im Herbst 2011 folgen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit ästhetischen Fragestellungen erscheint in unserem Fach unterrepräsentiert. Habilitationen dazu, wie aktuell von Funk [4] zum Facelifting vorgelegt, sind die Ausnahme. Das Behandlungsspektrum bei altersbedingten Veränderungen des Gesichts und Halses reicht von minimal-invasiven augmentativen, ablativen oder paralysierenden Maßnahmen an der Haut über die periorbitale Chirurgie und die Liposuktion bis hin zu den großen Straffungsoperationen an Stirn, Wangen und Hals. Nachfolgend wird ein nach Gesichtsregionen gegliederter Überblick über Verfahren gegeben, die sich im Kompetenzbereich der MKG-Chirurgie bewährt haben.
Stirn-Brauen-Region 7 Glabella
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Die altersbedingten Veränderungen des oberen Gesichtsdrittels manifestieren sich im Zurückweichen des Haaransatzes, in der Ausbildung von Mimikfalten an Stirn und 7 Glabella sowie im Absinken der Weichteile mit Veränderung der Brauenposition und Pseudoblepharochalasis [7, 11, 14]. Insbesondere die Faltenbildung im Bereich der Glabella durch Kontraktion des M. procerus und der Mm. corrugatores supercilii wird von Patienten schon in jungen Jahren als sehr störend empfunden (Zornesfalten), während das Tiefertreten der Augenbrauen oft nicht als solches wahrgenommen und eher im Sinne einer Gewebevermehrung der Oberlider interpretiert wird.
CME Kommt es zur 7 Ptosis des Stirn-Brauen-Komplexes, so resultiert aus der kompensatorischen elevierenden Dauerkontraktion des M. frontalis eine Querfaltenbildung der Stirn (Sorgenfalten), die einen Behandlungswunsch auslöst. Eine frühzeitige Therapieoption schon ab dem dritten Lebensjahrzehnt besteht in der reversiblen Chemodenervation mit 7 Botulinumtoxin Typ A (BTX-A). Im Bereich der Glabella kann an 5 bis 7 Injektionspunkten eine Gesamtdosis von 20–35 Units BTX gegeben werden; hierdurch gelingt eine nahezu vollständige Inaktivierung der dortigen Muskulatur [17, 18]. Alle auf dem deutschen Markt erhältlichen BTX-A-Präparate sind hierfür geeignet. Unterschiedliche Dosisangaben müssen beachtet werden, dann sind die Präparate weitgehend austauschbar. Die Wirkung hält etwa 4 Monate an, die Muskelfunktion kehrt immer vollständig zurück. Komplikationen können neben Hämatomen und Infektion auch Diffusion in die Augenmuskulatur mit Doppelbildern und bei wiederholter Anwendung Antikörperbildung mit Wirkungsverlust sein. Bestehen die Zornesfalten bereits in Ruhe, ist zusätzlich zur Chemodenervation die Unterspritzung mit einem 7 Filler indiziert [19]. Dies kann sowohl sekundär nach 4 bis 6 Wochen als auch mit zunehmender Lernkurve simultan mit BTX erfolgen. Werden die BTX-Injektionen anschließend regelmäßig alle 4 bis 6 Monate wiederholt, ist in der Regel für 1 bis 2 Jahre keine erneute Fillerinjektion notwendig. Die Stirnquerfalten sind deutlich schwieriger zu behandeln. Zwar gelingt durch haaransatznahe Injektion von 4 Punkten mit je 3–4 Units BTX eine zuverlässige Unterbrechung der Aktion des 7 M. frontalis mit Verhinderung der Querfaltenbildung, doch kann daraus eine unnatürliche Starre des oberen Gesichtsdrittels und eine Brauenptosis resultieren. In diesem Bereich müssen Dosis und Injektionspunkte bei jedem Patienten individuell „austitriert“ werden. Es sollte versucht werden, das laterale Anheben der Augenbraue nicht zu inaktivieren, andererseits darf auch kein „Spock-Effekt“ oder eine isolierte laterale Querfaltenbildung induziert werden. Die Stirnquerfalten sind einer Unterfütterung mit Fillern nur wenig zugänglich. Liegt bereits in Ruhe eine deutliche Faltenbildung vor, ist die Indikation zum Stirnlifting zu prüfen. Auch eine erhebliche Brauenptosis ohne Querfaltenbildung kann den Entschluss zum Stirnlifting oder zur isolierten Brauenhebung bedingen. Hierbei stehen verschiedene Zugänge und Präparationsebenen zur Verfügung, die mit dem Patienten differenzialtherapeutisch erörtert werden müssen. Übersichten finden sich bei Bull [2] und Podmelle et al. [15]. Das klassische Stirnlifting wird von einem Koronarschnitt dorsal des Haaransatzes mit 7 subperiostaler Lappenhebung durchgeführt, wobei erst knapp supraorbital das Periost durchtrennt wird. Nach Mobilisation des Lappens nach kranial wird der Überschuss exzidiert. Probleme können sich aus der zwangsläufigen Verschiebung des Haaransatzes nach dorsal und einer 7 Alopezie im Narbenbereich ergeben. Verschiedene Möglichkeiten zur zusätzlichen Fixation des Lappens stehen zur Verfügung: Nahtfixation über monokortikale Bohrlöcher, Mikroschrauben, resorbierbare und nichtresorbierbare Pinsysteme können das Absinken des Lappens postoperativ verhindern. Zur Vermeidung der langen Narbe sind endoskopische Stirnlifttechniken etabliert. Sie führen ohne Gewebeexzision rein durch kraniale Fixation mit den vorgenannten Techniken zum Erfolg. Nachteilig ist hierbei die erforderliche Einarbeitung in die zumeist ungewohnte Operationstechnik mit längerer Lernkurve und der hohe instrumentelle Aufwand. Insgesamt ist festzustellen, dass sich die endoskopischen Techniken beim Stirnlifting trotz der klaren Vorteile bezüglich der Narbe noch nicht auf breiter Front durchsetzen konnten. Zunehmende Verbreitung hat demgegenüber das subkutane Stirnlifting mit Schnitt direkt an der 7 Stirn-Haar-Grenze erlangt [2, 14]. Die Lappenhebung gelingt dabei rasch bis zum Supraorbitalrand, die Brauenposition kann intraoperativ gut abgeschätzt werden und bei schräger Schnittführung lässt sich eine Kaschierung der Narbe mittels Durchwachsen der ersten Haarreihen erreichen. Eine Alternative bietet die Geweberesektion entweder direkt suprapalpebral oder in einer queren Stirnfalte. Die Narbe liegt vollständig im sichtbaren Bereich, dies muss mit dem Patienten präoperativ offen diskutiert werden. Die Entfernung eines lateral betonten halbmondförmigen Streifens an Haut und Subkutis von 10–15 mm Breite kann zu langfristiger stabiler Brauenhebung führen (. Abb. 1). Dabei ist eine subtile Technik des Wundverschlusses obligat.
7 Ptosis
7 Botulinumtoxin Typ A
Komplikationen können neben Hämatomen und Infektion auch Diffusion in die Augenmuskulatur mit Doppelbildern sein 7 Filler
7 M. frontalis
Die Stirnquerfalten sind einer Unterfütterung mit Fillern nur wenig zugänglich
7 Subperiostale Lappenhebung 7 Alopezie
Zur Vermeidung der langen Narbe sind endoskopische Stirnlifttechniken etabliert
7 Stirn-Haar-Grenze Eine Alternative bietet die Geweberesektion entweder direkt suprapalpebral oder in einer queren Stirnfalte
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Abb. 1 9 Zustand vor (a) und 1 Jahr nach (b) Oberlidplastik und direktem Brauenlifting durch suprapalpebrale lateral betonte Hautexzision. Man beachte die Rückbildung der Stirnquerfalten ohne jede weitere Therapie
Periorbitale Region und Mittelgesicht
In jedem Fall ist präoperativ das simultane Vorliegen einer Stirn-BrauenPtosis zu untersuchen
7 Tränenpünktchen
7 M. orbicularis oculi
7 Septum orbitale
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Altersbedingte Veränderungen im Bereich des Oberlids manifestieren sich zunächst als Überschuss an Haut, Muskel oder Fett, später kann eine Involution der genannten Gewebe erfolgen [1, 8]. In jedem Fall ist präoperativ das simultane Vorliegen einer Stirn-Brauen-Ptosis zu untersuchen, da hierdurch fälschlich der Eindruck einer Blepharochalasis entstehen kann (Pseudoblepharochalasis). Unbefriedigende Ergebnisse einer Oberlidplastik werden am häufigsten durch eine fehlende Berücksichtigung dieses Zustands in der operativen Planung bedingt. Ist die Brauenregion korrekturbedürftig, sollte dies dem Patienten klar mitgeteilt werden. Die Schnittführung muss vor der Lokalanästhesie exakt angezeichnet werden, intraoperative Korrekturen sind schwellungsbedingt nur sehr eingeschränkt möglich. In der Regel liegt die Höhe der unteren Inzision mittig 8–10 mm über dem Wimpernrand, abhängig von der bestehenden Deckfalte. Medial und lateral beträgt der Abstand zu den Lidwinkeln etwa 6 mm. Das untere 7 Tränenpünktchen sollte medial als Begrenzung dienen, lateral muss in vielen Fällen der Schnitt deutlich aus der Deckfalte heraus verlängert werden. Zur Vermeidung eines inkompetenten Lidschlusses hat es sich bewährt, insgesamt mindestens 20 mm Haut stehen zu lassen, gemessen mittig von den Wimpern zur Unterkante der Brauen. Aus dieser Regel ergibt sich dann die Höhe der oberen Inzisionslinie. (Beispiel: Bei einem Abstand von 9 mm zwischen Wimpern und unterer Inzision wird die obere Inzision 11 mm unterhalb der Brauen eingezeichnet.) Nach Entfernung des markierten Hautareals sind die Fasern des 7 M. orbicularis oculi zu sehen. Dieser sollte bedarfsadaptiert reseziert werden, da ansonsten beim Wundverschluss eine Doppelung der Muskelschicht erfolgt. Dies wird in früheren Operationslehren nicht berücksichtigt [1] und ist nach Erfahrungen des Autors bei vielen Hospitationen und Supervisionen heute noch nicht immer Teil des Operationskonzepts. Beim tangentialen schichtweisen Abtragen des Muskels gelingt es, das 7 Septum orbitale intakt darzustellen. Insbesondere bei lateralem Gewebeüberschuss und Verzicht auf eine Brauenhebung ist die Resektion der dicken seitlichen Muskelanteile maßgeblich an der Qualität des postoperativen Ergebnisses beteiligt. Sehr aufschlussreich ist ein intraoperativer Vergleich
CME zwischen der muskelresezierten Seite und der nur hautresezierten anderen Seite, der 7 Volumeneffekt ist evident. Anschließend werden die Fettkompartimente durch quere Inzision des Septum orbitale eröffnet und inspiziert. Das nasale Fett ist weißlich, das zentrale mehr gelblich, die Kompartimente können in der Regel gut unterschieden werden. Eine laterale Ausdehnung ventral der Tränendrüse ist bisweilen zu finden, dabei handelt es sich nicht um ein eigenständiges Kompartiment, sondern immer um einen Ausläufer des zentralen Fetts. Das Ausmaß der Fettresektion sollte zurückhaltend bemessen werden, um postoperativ kein „hohles Auge“ zu provozieren. Es ist auch zu bedenken, dass im höheren Alter ein Involutionsprozess der periorbitalen Weichgewebe einsetzt, der durch eine früher durchgeführte Lidplastik im Effekt massiv verstärkt werden kann [8]. Die subtile Blutstillung mittels bipolarer Koagulation ist bei allen Operationsschritten zwingend notwendig, um das bei jeder Lidplastik gefürchtete Risiko des 7 retrobulbären Hämatoms mit Visusverlust zu minimieren. Insbesondere sollte die Basis jeder geplanten Fettabtragung zuvor koaguliert werden. Sehr hilfreich zur intraoperativen Beurteilung der Symmetrie erweist sich die seitengetrennte geordnete Sammlung aller entfernten Gewebe auf einer ausgeklappten Kompresse (Hautexzidat, Muskelstreifen und Fett getrennt nach Kompartimenten). Ein Verschluss des eröffneten Septum orbitale ist nicht notwendig. Kontrovers diskutiert wird die Notwendigkeit von 7 deckfaltenbildenden Nähten. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird dies nicht notwendig sein, jedoch kann eine Indikation bei präoperativen Höhenunterschieden zwischen links und rechts oder bei Fehlen einer definierten Falte („orientalisches Lid“) gegeben sein. Die Nahttechnik (Einzelknopfnähte, fortlaufend transkutan, fortlaufend intrakutan) scheint keinen wesentlichen Einfluss auf das ästhetische Ergebnis zu haben. Ein Wundverband oder ein Abdecken des Auges ist nicht nötig; vor allem im seitlichen Anteil können sterile Strips zur Entlastung geklebt werden. Die Nahtentfernung sollte zur Vermeidung von Milienbildung um den fünften postoperativen Tag erfolgen. Ebenso wie am Oberlid ist in Bezug auf die altersbedingten Veränderungen am 7 Unterlid eine getrennte Betrachtung von Haut, Muskel und Fettgewebe notwendig. Weitere Faktoren kommen jedoch hinzu und können das Ergebnis einer operativen Unterlidkorrektur in schwer vorhersagbarer Weise beeinflussen: F abgesunkene Mittelgesichtsweichteile, F sichtbare oder dunkel erscheinende „Tränenrinne“ medial, F Laxizität des Lidhalteapparats, F Ödemneigung, F vorbestehende Tendenz zu einem Entropium oder Ektropium, F Tränenabflussstörung oder F trockenes Auge. Am Unterlid können der transkonjunktivale Zugang und der transkutane Zugang unterschieden werden. Der 7 transkonjunktivale Zugang vermeidet eine äußere Narbe und eine Durchtrennung von Muskelfasern, er kommt insbesondere bei jüngeren Patienten ohne großen Haut- oder Muskelüberschuss bei Fettprotrusion zur Anwendung. Bei Bedarf kann er aber auch mit einer zusätzlichen Hautexzision kombiniert werden. Die Befürworter dieses Zugangs verweisen auf die vollständig erhaltene Muskelfunktion zur Minimierung des Risikos für ein Ektropium; aussagekräftige Daten oder Vergleichsstudien sind hierzu jedoch nicht bekannt. Als Komplikationen sind Lidbandausriss, Infektionen und Symblepharon bekannt. Der überwiegend verwendete 7 transkutane Zugang liegt 2–3 mm unterhalb des Wimpernrands und wird seitlich in einer Lachfalte fortgesetzt. Er erreicht in der Regel das mediale Tränenpünktchen nicht. Nach dem Hautschnitt sind zwei unterschiedliche Lappenhebungen möglich: Bei der reinen Hautlappentechnik wird streng oberhalb des M. orbicularis oculi präpariert, bei der Hebung eines 7 Haut-Muskel-Lappens wird entweder direkt in Höhe der Hautinzision oder wenige Millimeter unterhalb (unter Erhalt eines prätarsalen Muskelstreifens) unter den Muskel und vor das Septum orbitale eingegangen. Nach vollständiger Lappenhebung (je nach Ausmaß des Befunds bis über die Linea semilunaris hinaus) kann dann die Korrektur im Bereich der 3 Fettkompartimente erfolgen. Hierzu muss bei der reinen Hautlappentechnik der Muskel an den entsprechenden Stellen im Faserverlauf gespreizt wer-
7 Volumeneffekt
Das Ausmaß der Fettresektion sollte zurückhaltend bemessen werden, um postoperativ kein „hohles Auge“ zu provozieren 7 Retrobulbäres Hämatom
7 Deckfaltenbildende Nähte
Die Nahttechnik scheint keinen wesentlichen Einfluss auf das ästhetische Ergebnis zu haben
7 Unterlid
7 Transkonjunktivaler Zugang 7 Fettprotrusion
7 Transkutaner Zugang
7 Haut-Muskel-Lappen
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Die Maßnahmen an den Fettkörpern sind Gegenstand kontroverser Diskussion
Das postoperative Ektropium ist eine gefürchtete Komplikation der Unterlidplastik
7 Visusverlust
7 Midfacelifting
Unter Verzicht auf offene chirurgische Maßnahmen lassen sich periorbital durch reine Injektionstechniken sehr wirkungsvolle Veränderungen erzielen
7 Ektropionierung
Insbesondere bei jüngeren Patienten kann durch möglichst knochennahe Filler- oder Eigenfettinjektion eine fast vollständige Korrektur erreicht werden
den. Die Maßnahmen an den Fettkörpern sind Gegenstand kontroverser Diskussion. In klassischer Technik werden die protrudierten Fettanteile in der Annahme einer Hypertrophie separat in allen 3 Kompartimenten reseziert [1]. Alternativ kann aber auch eine Reposition des Fettes nach dorsal durch Maßnahmen am Septum orbitale (Nahtverstärkung, Koagulation) oder eine Umverteilung des Fettes nach ventral und kaudal zum Auffüllen eines Gewebedefizits in Höhe des Margo infraorbitalis erfolgen [5, 7]. Alle genannten Techniken haben hierzu in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund ihren Indikationsbereich, die differenzialtherapeutischen Überlegungen sind hier deutlich komplexer als am Oberlid. Eine exakte bipolare Blutstillung ist obligatorisch, insbesondere an der Basis der Fettresektionen. Anschließend wird das Ausmaß der Resektion an Haut und ggf. Muskel festgelegt und der Wundverschluss durchgeführt. Das postoperative Ektropium ist eine gefürchtete Komplikation der Unterlidplastik. Verschiedene Techniken zu deren Vermeidung sind beschrieben, sie reichen von lateraler Kanthopexie/Kanthoplastik über Lappenfixation am Periost des Orbitarands, Muskelzügelplastiken bis hin zu transossären Bohrlöchern. Prinzipiell sind alle Techniken, die eine laterale Aufhängung bewirken, zu empfehlen, zumal die Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial hier ausreicht. Das Risiko eines 7 Visusverlusts durch ein retrobulbäres Hämatom, einen Verschluss der Arteria centralis retinae oder ein akutes Glaukom wird bei der Unterlidplastik allgemein höher eingeschätzt als am Oberlid. Auch wenn das Risiko sicher deutlich unter 1:10.000 liegt, ist die präoperative Aufklärung zwingend erforderlich. In Kombination mit der Unterlidplastik können abgesunkene Mittelgesichtsstrukturen, insbesondere Anteile des Augenringmuskels und das darunterliegende Fettgewebe („suborbicularis oculi fatpad“, SOOF), im Sinne eines 7 Midfaceliftings [20] in die Präparation miteinbezogen und gehoben werden (. Abb. 2). Problematisch ist die Schädigungsmöglichkeit der Fazialisendäste und die Frage der Fixation des repositionierten Gewebes. Nichtresorbierbares Nahtmaterial zur Aufhängung an der Temporalisfaszie birgt das Risiko der Infektion, im lateroorbitalen Bereich können persistierende Wulstbildungen resultieren. Andererseits können hervorragende Ergebnisse mit Kranialverschiebungen von über 15 mm erreicht werden. Der Operateur sollte bereits über Erfahrungen in der Unterlid- und Faceliftchirurgie verfügen, wenn er die Durchführung eines Midfaceliftings in Erwägung zieht. Unter Verzicht auf offene chirurgische Maßnahmen lassen sich periorbital durch reine Injektionstechniken sehr wirkungsvolle Veränderungen erzielen. Die lateroorbitalen Mimikfalten (Lachfalten, Krähenfüße) sind Domäne der Chemodenervation mit BTX-A [17, 18]. An 3 oder 4 Punkten etwa 8–10 mm dorsal des knöchernen Orbitarands kann durch Applikation von 9–16 Units BTX je Seite eine Inaktivierung des Ringsmuskels mit erheblicher Faltenreduktion erreicht werden. Nasal kann bei Vorliegen von „bunny lines“ der M. nasalis mit insgesamt etwa 10 Units an 3 Punkten behandelt werden. Eine Injektion direkt ins Unterlid mit geringen Dosen (1–2 Units) ist möglich, birgt jedoch das Risiko der 7 Ektropionierung oder der Verstärkung einer Ödemneigung durch Ausschalten der Muskelpumpe und kann nur mit Einschränkung empfohlen werden. Die oberflächlichen periorbitalen Falten sind aufgrund der dünnen Subkutis einer Behandlung mit Fillern nur sehr wenig zugänglich. Wenn überhaupt, sollten hier nur resorbierbare Präparate mit geringer Quervernetzung injiziert werden. Anders verhält es sich mit einer eingesunkenen oder durch Dunkelfärbung auffälligen medialen Tränenrinne („tear trough“). Insbesondere bei jüngeren Patienten kann durch möglichst knochennahe Filler- oder Eigenfettinjektion eine fast vollständige Korrektur unter Vermeidung einer Unterlidplastik erreicht werden (. Abb. 3). Allerdings sind Fälle von Visusverlust z. B. im Sinne einer Embolie der A. centralis retinae nach Injektion von resorbierbaren und nichtresorbierbaren Füllmaterialien und von Eigenfett im Gesicht (nicht jedoch durch BTX) beschrieben [21] und demzufolge aufklärungsbedürftig.
Wangen, Untergesicht und Hals Im Bereich der Wangen, des Untergesichts und Halses laufen die altersbedingten Veränderungen in relativ definierten Schritten ab, die nach Dekaden eingeteilt werden können [7, 11]. Vorherrschend sind die schwerkraftbedingten Verlagerungen der Weichteile nach unten (statische Falten) sowie die Veränderungen der Haut selbst (Elastose) durch aktinische Schäden oder Rauchgewohnheiten und die Muskelfunktion (mimische Falten).
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Abb. 2 8 Zustand vor (a) und 6 Monate nach (b) Unterlidplastik und Midfacelifting mit Fixation des SOOF-Lappens am Orbitarand. Deutliche Reposition des Gewebes aus dem Bereich der „malar bags“ nach kranial
Abb. 3 8 Zustand vor (a) und 6 Monate nach (b) Auffüllen der Tränenrinne („tear trough“) mit insgesamt 2 ml vernetztem Hyaluronsäure-Gel in 2 Sitzungen simultan mit Botulinumtoxin-A-Injektion lateroorbital. Es wurde keine Lidplastik durchgeführt
Während früher die reine Hautstraffung durch Unterminierung, Verschiebung und Exzision des Überschusses periaurikulär im Fokus stand, ist seit den Arbeiten von Mitz u. Peyronie [13] beim 7 Face-Neck-Lift ein Wandel hin zur Korrektur der tieferen Weichteilschichten mittels Repositionierung erfolgt. Die dreidimensionale Darstellung des Gesichts rückte mehr in den Blickpunkt und die beobachteten Volumenveränderungen wurden zur Basis therapeutischer Ansätze wie Reposition der tieferen Gewebe [14] und 7 Volumenersatz durch Eigenfett oder Filler [19]. Die ersten Zeichen der Alterung im Bereich von Wangen, Untergesicht und Hals sind in der Regel die verstärkte Ausprägung der individuell sehr unterschiedlich angelegten Nasolabialfalten, gefolgt von den sich anschließenden Marionettenfalten unter der Mundwinkeln. Insbesondere bei Nikotinabusus und verstärkter aktinischer Schädigung kommen feine vertikale Mimikfalten der Oberlippe und der Wangen hinzu. Die Unterlippe bzw. die Kinnregion sind sehr unterschiedlich betroffen, hier scheint die anlagebedingte Muskelaktivität und -insertion eine große Rolle zu spielen. Eine differenzierte Darstellung der Behandlungsmöglichkeiten in dieser komplexen Region findet sich bei Le Louarn et al. [10]. Aus gesichtschirurgischer Sicht bieten sich perioral mehrere unterschiedliche Therapieoptionen an. Die direkte Unterfütterung der Falten mit Fillern unterschiedlicher Konsistenz zeigt gute und relativ vorhersagbare Ergebnisse (. Abb. 4). Von der Anwendung nichtresorbierbarer Materialien muss in diesem stark beweglichen Areal abgeraten werden, da es zu Dislokation, Granulombildung oder eitrigen Infekten kommen kann. Die Injektion von vernetzter Hyaluronsäure bietet bei einem niedrigen Risiko der Granulombildung eine relativ hohe Sicherheit. Komplikationen oder Überkorrekturen können durch Nachinjektion mit Hyaluronidase mit gutem Erfolg behandelt werden. Die Chemodenervation mit BTX ist auch im Untergesicht anwendbar, durch die komplexeren Muskelverhältnisse jedoch Limitationen unterworfen [17, 18]. Generell muss pro Injektionspunkt deutlich niedriger dosiert werden (1–3 Units), um keine sichtbaren Lähmungserscheinungen perioral zu provozieren. Mögliche Injektionspunkte liegen an der Oberlippe (maximal 4 Punkte mit je 1 Unit), am Kinn (2 Punkte in den M. mentalis mit je 3 Units) und im unteren Anteil des M. depres-
7 Face-Neck-Lift 7 Volumenersatz
Die Injektion von vernetzter Hya luron säure bietet bei einem niedrigen Risiko der Granulombildung eine relativ hohe Sicherheit
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Abb. 4 9 Zustand vor (a) und 6 Monate nach (b) Unterspritzung der Nasolabialfalten mit 2,5 ml eines vernetzten HyaluronsäureGels in 2 Sitzungen. Der Effekt ist nicht durch unterschiedliche Mimik oder Beleuchtung verursacht und in gleicher Weise auch durch Eigenfettinjektion möglich
Abb. 5 9 Zustand 20 min nach Infiltration von 300 ml Tumeszenzlösung vor Liposuktion von Wangen und Hals. Deutlich sichtbar ist die weißliche Verfärbung als Zeichen der Vasokonstriktion
7 P latysmastrang
Zur Vermeidung einer eitrigen Superinfektion ist die Einleitung einer medikamentösen Herpesprophylaxe 3 Tage präoperativ bei jedem Patienten anzuraten
7 F arbveränderung
7 L iposuktion
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sor anguli oris (pro Seite 1 Punkt mit 2–3 Units). Sichtbare 7 Platysmastränge können durch Reiheninjektion mit je 2 Units (pro Seite ca. 10 Units gesamt) geglättet werden. Die fortgeschrittene Faltenbildung der Oberlippe (weniger der Unterlippe und des Kinns) spricht gut auf eine Dermabrasio an. Das Verfahren ist langjährig bekannt [12] und erfordert Kenntnisse der Hautstruktur, des Hauttyps und der spezifischen Wundheilung. Der Eingriff kann mit feinen kegelförmigen Diamanten (von rotierenden Drahtbürsten raten wir ab) entweder hochtourig mit Flüssigkeitskühlung oder nach Tumeszenzanästhesie niedrigtourig ohne Kühlung – mit dem Vorteil der Vermeidung des ausgeprägten Sprühnebels bei potenzieller Infektiosität – bis zum Auftreten von Blutpunkten durchgeführt werden. Zur Vermeidung einer eitrigen Superinfektion ist die Einleitung einer medikamentösen Herpesprophylaxe 3 Tage präoperativ bei jedem Patienten anzuraten. Die Nachbehandlung kann offen erfolgen, nach Abklingen der Exsudationsphase reicht Panthenolcreme aus. Okklusivverbände sind perioral wenig praktikabel und daher verzichtbar. Wegen möglicher 7 Farbveränderungen des behandelten Areals (zumeist leichte Auf hellung) ist es notwendig, immer die ästhetischen Einheiten zu beachten: Das zu abradierende Areal sollte sich bis zu den Nasolabialfalten erstrecken. Störende Verdickungen der subkutanen Fettschicht im Bereich des Untergesichts und des Halses können durch Fettabsaugung (7 Liposuktion) gezielt ausgedünnt werden [11]. Neben der Volumenreduktion kann abhängig von Hautalter und -elastizität noch ein sekundärer leichter Straffungsef-
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Abb. 6 8 Blick unter den gehobenen zervikalen SMAS-Lappen beim Face-Neck-Lift vor der Retropositionierung und Fixierung am Mastoid Abb. 7 7 Präparation des Hautlappens supraplatysmal beim „extended“ Necklift bis zur submentalen Inzision
fekt durch die narbige subkutane Ausheilung auftreten. Dies ist im Einzelfall allerdings schwer vorhersagbar. Die Absaugung sollte nach Infiltration einer 7 Tumeszenzanästhesie nach Klein [9] durchgeführt werden, ggf. auch zusätzlich zu einer Allgemeinnarkose. Hierbei wird eine Mischung aus Lokalanästhetikum, Adrenalin und Natriumhydrogenkarbonat in physiologischer Kochsalzlösung (. Tab. 1) mindestens 20 min präoperativ infiltriert. Die Menge beträgt zwischen 250 und 500 ml. Großer Vorteil ist der extrem geringe Blutverlust durch starke und lang dauernde Vasokonstriktion sowie eine mehrstündige Schmerzfreiheit. (. Abb. 5) Nach eigenen Erfahrungen lässt sich so ein komplettes Face-Neck-Lift mit einem Blutverlust von unter 100 ml durchführen. Die Liposuktion kann mit offenen chirurgischen Maßnahmen kombiniert werden, z. B. mit Facelifting, submentaler Platysmaraffung, direkter Fettexzision oder Dermabrasio. Betrifft die Gewebevermehrung nicht nur das subkutane Fett, sind eingreifendere „Straffungsoperationen“ indiziert. Konsens herrscht darüber, dass reine Hautexzisionen keine dauerhaften guten Ergebnisse bringen. Wichtig ist die Reposition der tieferen Gewebeschichten, des 7 SMAS (superfizielles muskuloaponeurotisches System) bzw. des Fetts. Während die äußeren Zugänge und die Hautexzisionen in den letzten 100 Jahren kaum einem Wandel unterworfen waren, ist die Vielfalt der vorgeschlagenen Maßnahmen in den tieferen Schichten kaum noch zu überblicken [2, 4, 6, 7, 11, 13, 14]. Weit verbreitet ist nach Hebung des Hautlappens die präaurikuläre Plikation des SMAS in kranialer Richtung, kombiniert mit einer infra- und retroaurikulären Verschiebung nach dorsal (. Abb. 6). Bei größerem Hautüberschuss am Hals erleichtert die „extended“ Face-Neck-Lift-Präparation des Hautlappens bis zur Mittellinie die Korrektur (. Abb. 7), bei weniger ausgeprägten Fällen ist eine begrenzte Unterminierung ausreichend. Alternativ kommt eine Präparation in der „extended supraplatysmal plane“ nach Hoefflin [6] in Betracht, wobei möglichst das gesamte Fettgewebe am Hautlappen verbleibt und mit diesem in kraniodorsaler Richtung verschoben wird. Diese Technik kann insbesondere beim älteren Patienten mit dünnem, wenig stabilem SMAS gute Ergebnisse ermöglichen (. Abb. 8). Eine subperiostale Lappenhebung ist ebenfalls möglich, konnte sich jedoch nicht auf breiter Front etablieren. Die vorbereitenden Maßnahmen umfassen neben der exakten lokalen Befundaufnahme zwingend einen Gerinnungsstatus und eine Abklärung der Rauchgewohnheiten. Nikotinbedingte Störungen der Mikrozirkulation können schwerste Lappennekrosen verursachen und stellen eine relative Kontraindikation für ein Facelifting dar. Auch bei fachgerechter Ausführung birgt das Face-Neck-Lift erhebliche Komplikationsmöglichkeiten: Nachblutung, postoperative Schwellung, Schädigung des sensiblen (N. auricularis magnus) oder motorischen Nervs (N. facialis), vermehrte Tränensekretion und Wundinfektion. Andere häufig zu beobachtende Folgeschäden, wie stark sichtbare Narbenbil-
7 Tumeszenzanästhesie
Großer Vorteil ist der extrem geringe Blutverlust durch starke und lang dauernde Vasokonstriktion
7 SMAS
Die vorbereitenden Maßnahmen umfassen neben der exakten lokalen Befundaufnahme zwingend einen Gerinnungsstatus und eine Abklärung der Rauchgewohnheiten
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7 Lange Operationszeit
7 Venöse Drucksteigerung
Auf die Einlage von Drainagen sollte in der Regel nicht verzichtet werden
7 Ventrale Platysmaränder
Der Patient muss einen verbleibenden Hautüberschuss in der Medianlinie akzeptieren können
7 Zügelverband
Das Eigenfett benötigt zum Einheilen ein gut durchblutetes Lager, weshalb die intramuskuläre Platzierung favorisiert wird
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dung, Verschiebungen der Haargrenze, Verziehungen Tab. 1 Tumeszenzlösung zur Anwendung im Kopf-Hals-Bereich, z. B. für Lipodes Ohrs oder deutliche Asymmetrien, sind eher als plasuktion oder Face-Neck-Lift nerische oder technische Fehler zu werten (. Abb. 9). 1000 ml Kochsalzlösung 0,9% Nicht zu unterschätzen ist die 7 lange Operations1 ml Adrenalin 1:1000 zeit, die zu tiefen Venenthrombosen, Embolien, Aus8 ml Natriumhydrogenkarbonat 8,4% kühlung oder Lagerungsschäden führen kann. Als Al100 ml Prilocainlösung 1% ternative zur Allgemeinnarkose ist daher die örtliche Bestandteile der beim Autor gebräuchlichen Betäubung bzw. Tumeszenzanästhesie [9] mit intraveLösung nöser Analgosedierung in Betracht zu ziehen. Dies hat weiterhin den Vorteil der Vermeidung von Blutdruckspitzen oder 7 venösen Drucksteigerungen durch Husten oder Pressen in der Narkoseausleitungsphase, ein oft zu wenig beachtetes Risiko. Der Wundverschluss muss spannungsfrei erfolgen, wenige strategisch platzierte subkutane Aufhängenähte reichen in der Regel aus. Auf die Einlage von Drainagen (mit oder ohne Sog) sollte in der Regel nicht verzichtet werden, da eine Hämatombildung deletäre Folgen für die Hautlappendurchblutung haben kann. Tritt eine Nachblutung auf, muss frühzeitig reagiert und revidiert werden. Ein postoperativer Verband ist entbehrlich; wird er angelegt, ist penibel auf Druckstellen oder Abschnürungen zu kontrollieren. Die Hautnähte können im sichtbaren Bereich nach 5 bis 7 Tagen, temporal und retroaurikulär nach 10 bis 14 Tagen entfernt werden. Hier lassen sich auch Metallklammern oder resorbierbare Nähte verwenden. Im submentalen Bereich sind durch Ausbildung eines Doppelkinns, durch Platysmastränge oder Gewebevermehrung im Sinne einer „Truthahndeformität“ in vielen Fällen zusätzliche Maßnahmen indiziert. Anteriore Zugänge durch submentale Inzisionen unterschiedlicher Länge erlauben hier eine simultane Korrektur zusammen mit dem periaurikulären Schnitt, aber auch als isolierte Prozeduren haben diese anterioren Halsplastiken ihre Berechtigung [22]. Langjährig etabliert ist die Raffung der 7 ventralen Platysmaränder durch eine etwa 4 cm lange mediane Inzision knapp dorsal der Submentalfalte nach Feldman [3]. Von hier aus werden nach seitlicher supraplatysmaler Dissektion die Platysmaränder identifiziert. Überschüssiges Fett kann unter Sicht reseziert werden. Abhängig von der gefundenen Konfiguration (auseinandergewichene oder überlappende Muskeln) wird nun bei Überschuss ein seitlicher vertikaler Streifen vom Platysmarand exzidiert und dann eine mediane Nahtreihe bis in Kehlkopfhöhe gelegt. Dadurch entsteht ein submentales „Muskelkorsett“ und der Halswinkel wird betont. Der Wundverschluss erfolgt zweischichtig ohne Hautresektion. Der Eingriff ist gut mit einer Liposuktion kombinierbar und kann bei entsprechender Indikation zu sehr ansprechenden Ergebnissen führen (. Abb. 10). Der Patient muss einen verbleibenden Hautüberschuss in der Medianlinie akzeptieren können. Eine aggressivere Variante stellt die lange U-förmige Submandibuläre Inzision (12–14 cm) im Schatten des Kieferrands dar. Diese ermöglicht nach großflächiger direkt supraplatysmaler Lappenhebung und Resektion eines breiten vertikalen Muskelstreifens die offene Konturierung sowohl des supraplatysmalen als auch des subplatysmalen Fetts sowie ggf. eine Teilexzision des M. digastricus. In dieser Technik ist auch eine Hautresektion möglich. Wegen der größeren Wundfläche und der ausgedehnteren Fettentfernung empfiehlt sich eine Redon-Drainage für einige Tage (. Abb. 11). Anteriore Halsplastiken sollten postoperativ mit zunächst gepolsterten 7 Zügelverbänden nach kranial versorgt werden. Ergibt die präoperative Gesichtsanalyse echte Volumendefizite, kann eine Korrektur mit Eigenfettinjektion erwogen werden. Weniger dafür geeignet sind feine oberflächliche Faltenbildungen und die Lippen. Das Eigenfett benötigt zum Einheilen ein gut durchblutetes Lager, weshalb die intramuskuläre Platzierung favorisiert wird. Die Fettentnahme kann beispielsweise am Bauch, gluteal oder an der Knieinnenseite erfolgen. Die verschiedenen Möglichkeiten der Aufbereitung bzw. Reinigung und Konzentration reichen von reiner Sedimentation über Waschen und Sieben bis hin zur Zentrifugation. Die Injektion sollte in multiplen, möglichst kleinen Portionen erfolgen; verschiedene Injektionssysteme sind kommerziell erhältlich. Wie viel des transplantierten Fetts überlebt und wie der Volumeneffekt ist, variiert erheblich zwischen 25 und 70%. Gegebenenfalls muss in mehreren Sitzungen behandelt werden.
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Abb. 8 8 Abgesunkene Gesichts- und Halsweichteile bei 70-jähriger Patientin (a, b). Zustand nach ambulant durchgeführtem ausgedehntem Face-Neck-Lift in Tumeszenzanästhesie und Sedierung. Präparation in der „extended supraplatysmal plane“ nach Hoefflin, zusätzliche ventrale Platysmastraffung durch submentalen Zugang (c, d)
Abb. 9 8 Zustand 2 Jahre nach Facelifting alio loco mit stigmatisierender Narbenbildung durch falsche Planung, Schnittführung und Nahttechnik sowie mit auffälliger Verschiebung des Haaransatzes (a, b)
Abb. 10 8 Zustand vor (a) und 6 Monate nach (b) Liposuktion von Wangen und Hals simultan mit anteriorer Platysmakorsettplastik durch submentalen Zugang bei gleichem Körpergesamtgewicht Abb. 11 9 Intraoperativer Situs des submandibulären Halslifts. Unter Sicht ist eine Resektion des supra- und subplatysmalen Fetts und eine Konturierung der Muskulatur durch Exzision oder Korsettplastik möglich, gefolgt von einer Entfernung des Hautüberschusses
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Zusammenfassend kann für den Bereich der Wangen und des Halses festgestellt werden, dass die klassische Therapie mittels Face-Neck-Lift in den letzten Jahren um multiple weitere Optionen bereichert worden ist, die allein oder in Kombination eine befundadaptierte Behandlung mit ansprechenden Ergebnissen ermöglichen.
Korrespondenzadresse Dr. Dr. M. Quarta Ambulantes OP-Zentrum Austraße 40, Haus 14, 35745 Herborn
[email protected] Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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CME-Fragebogen kostenfreie Teilnahme für Abonnenten Welches ist der häufigste Fehler bei der Oberlidplastik? Verzicht auf Exstirpation des dritten (lateralen) Fettkompartiments. Verlängerung der Schnittführung nach lateral aus der Lidfalte heraus. Nichtbeachtung einer simultanen Stirn-Brauen-Ptosis. Resektion von Teilen des Musculus orbicularis oculi. Verzicht auf lidfaltenbildende versenkte Nähte. Die Tumeszenzanästhesie beim Face-Neck-Lift und der Liposuktion hat den Vorteil... des geringeren intraoperativen Blutverlusts. des verminderten Risikos eines Nervenschadens. des verminderten Risikos einer postoperativen Parotisfistel. des besseren Langzeitergebnisses. des geringeren Risikos einer Hautlappennekrose. Dem postoperativen Ektropium bei der Unterlidplastik kann am ehesten durch folgende Operationstechnik entgegengewirkt werden? Verzicht auf eine Muskelresektion. Verzicht auf eine Fettresektion. Laterale Aufhängetechniken. Operation in Intubationsnarkose. Mediale Aufhängetechniken.
Bitte beachten Sie: F Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de F Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. F Es ist immer nur eine Antwort möglich.
Zu den typischen Komplikationen des Face-Neck-Lifts zählt nicht? Lidschlussstörung. Vermehrter Tränenfluss. Sensibilitätsstörung der Ohrmuschel. Gustatorisches Schwitzen. Alopezie.
Als Komplikation der Injektion der lateroorbitalen Falten mit Botulinumtoxin wurde nicht beschrieben? Antikörperbildung. Doppelbilder. Dauerhafte Muskelatrophie. Monokelhämatom. Infektion.
Eine Konturierung der submentalen Region ist möglich durch... reine Liposuktion. anteriore Platysmaraffung. dorsale SMAS-Techniken. „extended“ Face-Neck-LiftPräparation. alle genannten Techniken.
Visusverlust ist nicht aufklärungsbedürftig vor... einer Oberlidplastik. einer Unterlidplastik. einer Injektion der Glabella mit Hyaluronsäure. einer Injektion der Glabella mit Botulinumtoxin. jedem der genannten Eingriffe.
Bei welchem der genannten injizierbaren Fillern ist die Entwicklung von sichtbaren Granulomen ausgeschlossen? Hyaluronsäure. Polyacrylamid. Polymilchsäure. Hydroxylapatit. Bei keinem der genannten.
Eine periorale Dermabrasio erfordert... eine medikamentöse Herpesprophylaxe. eine Tumeszenzanästhesie. eine Antibiotikaprophylaxe. ein vorangehendes chemisches Peeling. postoperative Okklusivverbände.
Vor einem Face-Neck-Lift ist verzichtbar? Laborchemischer Gerinnungstest. Anamnese auf Nikotinabusus. Ergebnissimulation mit Bildbearbeitungsprogrammen am PC. Fotodokumentation. Schriftliche Einwilligung nach Stufenaufklärung.
Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate auf CME.springer. de verfügbar. Den genauen Einsendeschluss erfahren Sie unter CME. springer.de
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