Aus der Universit/~ts-~qervenklinik Hamburg-Eppendorf (Prof. Dr. hTonne) und der Nervenabteilung des Krankenhauses Hamburg-St. Georg (Prof. Dr. Pette).
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis 1. Von
H. Petter H. Demme und St. KiJrnyey. Mit 39 Textabbildungen. Inhaltsverzeichnis. Seit6 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. V e r s u e h s a n o r d n u n g und kliniszhe Beobachtungen ..... 128 Impfmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Impfmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Klinisehe Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Inkubation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Blutbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Liquor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 II. D e r h i s t o l o g i s o h e P r o z e l ~ i n s e i n e r B e d e u t u n g i i i r d i e V i r u s ausbreitung, die Pathogenese und die Symptomatologie der experimentellen Poliomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A. Der poliomyelitische Prozel~ naEh neuraler, cerebra]er und Extraneuraler Impfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I. Die E n t s t e h u n g und der Verbreitungsweg des poliomyelitisehen Prozesses nach neuraler Impfung . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Das pr/~paralytisehe Stadium . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Das monoplegische Stadium . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Das paraplegische Stadium . . . . . . . . . . . . . . . 158 4. Die vollausgebildete (tetraplegisohe) Poliomyelitis nach neuraler Impfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Anhang: Impfung in den N. taeialis . . . . . . . . . . . 167 II. Die E n t s t e h u n g und der Verbreitungsweg des poliomyelitisehen Prozesses nach intraeerebraler Impfung . . . . . . . . . . . 169 IfI. Die E n t s t e h u n g und der Verbreitungsweg des poliomyelitisehen Prozesses nach extraneuraler Impfung . . . . . . . . . . . . 185 Die U n t e r s u e h u n g e n w u r d e n m[t U n t e r s t i i t z u n g des Reichsministeriums des I n n e r e n und der N o t g e m e i n s c h a f t der deutschen Wissenschaft durehgefiihrt. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 128.
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
1. Nasale Impfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Infektion dureh den Magen-Darmtraktus . . . . . . . . . 3. Infektion auf dem Blutwege . . . . . . . . . . . . . . . B. Zusammenfassende Betraehtung der Histopathologie der experimentellen Poliomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strukturbild des histologischen Prozesses . . . . . . . I. Die mespdermal-gliogenen Vorg~nge . . . . . . . . . . . . . I. Die mesodermale Reaktion an den ~r ....... 2. Die intraparenchymalen mesodermalen Vorggnge . . . . . . 3. Die gliogene geaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die parenehymalen VorgSnge . . . . . . . . . . . . . . . . IIL Abbau und Ersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sekund~re Degenerationen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gesetzmgl~igkeiten der ProzeBausdehnung im Nervensystem (Die >>Pathoklise~< der Poliomyelitis) . . . . . . . 1. Die Vergnderungen im Riickenmark und im peripheren Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vergnderungen im Rhombencephalon sowie in den Himnervenkernen des Mittelhirns . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ver~nderungen im Meseneephalon (aussehl. Idirnnervenkerne) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Ver~nderungen im Proseneephalou (Teleneephalon und Dieneephalon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Bedeutung des anatomisehen Prozesses ffir die Kl~rung des Infektionsweges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ausdeutung des histologisehen Prozesses in Bezug auf die 8ymptomatologie der Poliomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Nachdem Landsteiner u. P o p p e r 1908 z u m e r s t e n M a l e d i e ~dbertragung der Poliomyelitis (~ P.m.) auf den Allen gelungen war, haben zahlreiche Autoren (KnSpfelmacher, Flexner u. Lewis, Levaditi, Kling, Kraus, l~oemer, Leiner u. v. W i e s n e r u. a.) d i e s e V e r s u c h e m i t p o s i t i v e m E r f o l g w i e d e r h o l t . D a b e i liel~ s i c h z e i g e n , dal~ d e r b e i m A l l e n e r z e u g t e Prozel~ i n a l l e n wesentlichen Ziigen mit der menschlichen P.m. fibereinstimmt. Es b e d e u t e t e e i n e n w e i t e r e n S c h r i t t v 0 r w ~ r t s , als ~ l e x n e r u. L e w i s 1909 z e i g e n k o n n t e n , d a b d a s d i e P . m . e r z e u g e n d e A g e n s i i l t r i e r b a r i s t u n d ale w e i t e r h i n F l e x n e r u. L e w i s , RSmer u. J o s e p h , Levaditi u. L a n d s t e i n e r , L e i n e r u. v. W i e s n e r fast gleichz e i t i g (1910) f a n d e n , d a b A l l e n , d i e e i n e P . m . i i b e r s t a n d e n h a t t e n , gegen eine erneute Infektion immun waren. Diese Feststellung entspraeh der in der mensehlichen Pathologie gewonnenen Erfah-
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rung, dag eine wiederholte Erkrankung an P.m. eine iiberaus selgene Ausnahme bildet. Diese Tatsaehen kemazeiehneten bis vor wenigen Jahren den Stand unseres auf tierexperimente]le Erfahrungen sieh griindenden Wissens. Seither hat eine vergleiehende Krankheitsforsehung, die bald mehr yon biologisehen ( L e v a d i t i , N i e o l a u , Z w i e k u. S e i f r i e d u. a.), bald mehr yon histologisehen Gesiehtspunkten (v. E e o n o m o, S p a t z , S e i f r i e d u. a.) geleitet war, unsere Kermtnisse yore Wesen der ,,akut entziindliehen Erkrankungen vornehmlieh der grauen Substanz" (P.m., epidemisehe Encephalitis, Lyssa, B o r n a s e h e Krankheit) erheblieh vertieft. Wit wissen heute, daft diese Krankheiten biologiseh, histologiseh und aueh pathogenetiseh im Krankheitssystem einander sehr nahe stehen. Itmen gliedert sieh die nur beim Tier vorkommende und nut artefiziell erzeugbare herpetisehe Encephalitis bzw. Myelitis an. Sie war es in erster Linie, die jene Viruskrankheiten neu beleuehtete, und die zu neuen experimentellen Arbeigen anregte. Die yon dem einen yon uns ( P e t t e ) in Fortsetzung der Arbeiten yon D o e r r u. L e v a d i t i und ihrer Sehule, M a r i n e s e o u. D r a g a n e s e o , G o o d p a s t u r e u. T e a g u e speziell studierte Eigenart der Virusausbreitung gab uns die Anregung, den Ausbreitungsmodus, vor allem aber den Prozel3aufbau und -ablauf aueh bei der P.m. auf breiter Grundlage zu studieren. Ein erneutes sorgf/~ltiges Studium aller Einzelheiten ersehien uns besonders aueh deswegen erforderlieh, weil in den letzten Jahren bei Anerkennung aller Fortsehritte, die uns eine vergleiehende Betraehtung der Viruskrankheiten braehte, die objektiven Unterlagen nieht selten fiber das erlaubte MaB hinaus in einer Weise mig g y p o t h e s e n belastet wurden, die die dutch biologisehe und histologisehe Tatsaehen gekennzeiehneten Grenzen mehr und mehr zu verwisehen drohte. Im folgenden soil versueht werden, auf Grund experimentell erworbener Erfahrungen eine Basis zu sehaffen, die Ms Tragfl~tehe jeder Deutung nieht nur anatomisehen, sondern aueh klinisehen Gesehehens dienen kann, wobei nieht zuletzt der Grundsatz mal3gebend war, dab eine Infektionskrankheit nur dann mit Erfolg bek~mpft werden kann, wenn sie in ihren biologisehen und histologisehen Eigenheiten, soweit dies m~glieh, gekl~rt wurde. Diese Uberzeugung ffihrte dazu, dab wir g~nz besonders dem pr~paralytisehen Stadium der P.m. unsere Aufmerksamkeit sehenkten. 9*
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H. Pette, It. Demme und St. KSrnyey:
Manche yon den Sehlugfolgerungen, zu denen wir in vorliegender Arbeit gelangten, wurden bereits in Referaten und Vortri~gen 1 mitgeteilt bzw. ausgewertet. Zweck d i e s e r Arbeit ist, zusammenfassend fiber die yon uns erhobenen und literariseh bisher nieht mitgeteilten Befunde zu berichten, um auf diese Weise Gelegenheit zu geben nachzuprfifen, ob und wieweit die bereits friiher yon uns und zum Tell aueh yon anderen Autoren vertretenen Thesen - - wir nennen nut Vh'uswanderung auf dpm Wege der Nervenfaser, Eigenheiten des anatomischen Substrates bei Viruskrankheiten im allgemeinen und bei der P.m. im besonderen, Neurotropie bestimmter Virusarten ,,ira engeren Sinne" - - bereehtigt sind. Die ]~eweisifihrung macht es erforderlieh, dab unser experimentell bearbeitetes Material mit allen Einzelheiten vorgelegt wird. Dabei begniigten wir u n s u m Wiederholungen zu vermeiden im allgemeinen damit, jede Einzelfrage, bzw. die auf sic gegebene Antwort mit e i n e m Protokoll zu belegen. Vielleicht gebeu die zum Teil sehr ausfiihrlichen Protokolle eine Grundlage ffir neue Fragestellungen auf dem an Problemen so reichen Arbeitsgebiet. Die Untersuchungen reichen bis in das Jahr 1927 zurfiek. Sic wurden an der Klinik Prof. N o n n e s begonnen, an der Magdeburger Nervenklinik fortgesetzt und auf der Nervenabteilung des Krankenhanses St. Georg beendet.
I. Versuchsanordnung und klinische Beobachtungen. Impfmaterial. Virusst~mme. Wir bedienten uns zu unseren Versuehen ffinf verschiedener Virusst~mme, jedoeh wurden nut zwei yon ihnen zu grN~eren Versuchsreihen gebraueht. Stature I. (Prof. Kling, Stockholm.) Stature II. (Prof. Levaditi, Paris.) St~mm III. (Prof. Aldershoff, Utrecht.) S t a m m IV. (Dr. F. P a u l , Wien.) ~ S t a t u r e V. (Su.) Gewonnen aus dem giickenmark eines an P.m. gestorbenen 13jahrigen Knaben. i Bette: Dtseh. Z. Nervenheilk. 110 (1929), llg (1930) und 124 (1932). Demme: Ebenda 116 (I930). Aueh an dieser Stelle sei allen 1-Ierren, die uns in so liebenswiirdiger Weise Impfm~terial zur Verfiigung stellten, noeh einmal herzlichst gedankt.
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Die weir fiberwiegende Mehrzahl unserer Versuche wurde m i t Stature I u n d I I ( K l i n g u. L e v a d i t i ) ausgefahrt. Z u s a m m e n f a s s e n d l~l]t sieh fiber die A r t v e r s c h i e d e n h e i t dieser beiden S t s sagen, dab S t a m m I der weitaus v i r u l e n t e r e war: die MortMit~t der m i t ihm g e i m p f t e n Tiere b e t r u g 100%, die Inkub~tionszeit u n d die K r a n k h e i t s d a u e r w~ren kfirzer, der K r a n k heitsverl~uf stiirmischer. W ~ h r e n d der D a u e r unserer Versuche, d . h . bei f o r t g e s e t z t e n Passagen, blieben diese Eigenschaf~en des Virus u n v e r ~ n d e r t . Demgegenfiber war die Viru]enz y o n Stature I I im L a u f e der Passagen weniger k o n s t a n t , sie h a t t e - - mit g e w i s s e n S e h w a n k u n g e n - - e i n e T e n d e n z a b z u n e h m e n . Die I n k u b a t i o n s z e i t war im allgemeinen l~nger, desgleichen die K r a n k h e i t s d a u e r , der K r a n k h e i t s v e r l a u f weniger stfirmisch; nicht Mle geimioften Tiere erkrankten. Als AusgangsmateriM diente uns bei unseren I m p f u n g e n m i t Stature I, II, I I I , I V eine E m u l s i o n der uns fibersandten l%iickenmarksstiicke y o n Allen in 50% igem Glycerin, bei Stature V eine gleiche Glycerinemulsion menschlichen Rfickenmarks. Zu den weit e r e n Passagen b e n u t z t e n wir (wenn es sich n i c h t u m spezie]le Virulenzprtifungen y o n Organen oder K6rloerflfissigkeiten h a n d e l t e ) in gleicher Weise hergestellte Rfickenmarksemulsionen unserer Versuchstiere. Impfmodus. Geimpft w u r d e : intracerebrM, i n t r a n e u r a l (Medi~nus, Ischiadieus, Facialis), auf die Sehleimh~ute (Nase, Tonsillen, Magen) u n d in die B l u t b a h n (intraven6s). ]3ei der i n t r ~ c e r e b r a l e n Impfung wurde der Seh~del mittels eines ttandtrepans durchbohrt und das Virus dutch die Dura ins Gehirn injiziert. Zur i n t r a n e u r a l e n Impfung wurde der zu impfende Nerv oper~tiv freigelegt und das Virus mit einer Lanzette eingeimloft oder unter leiehtem Druck injiziert. D~bei wurde stets nur eine geringe Menge (0,1--0,2 cem) der l%tickenmarksemulsion verwandt, um zu vermeiden, dM~ das Virus bei der Injektion direkt durch die peri- und endoneurMen Lymphbahnen bis in den Arachnoidalraum hochgetrieben wurde. DaB eine direkte Injektion in den AraehnoidMraum vom periloheren Nerven aus aueh beim Affen m6glich ist, zeigten Parallelversuche mit Tuseheinjektionen: wenn die ()ffnung der Kaniile in einem endoneurMen Lymphraum liegt, sehieBt f6rmlich die Tusche in schmMem Streifen im peripheren l~erven hoeh und erseheint sofort im Arachnoidalraum. Das Spinalganglion wird dabei in der ttaupts~che umgangen, l~ur in sehr geringem MM]e dringt die Tusehe in die Lymphr/~ume des SpinMganglions ein. Bei der i n t r a v e n 6 s e n Impfung wurde dar~uf geachtet, dab kein Virus
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R. Pette, ~I. Demme und St. KSrnyey:
abseits in die Wunde gel~ngte und damit eventuell mit peripheren Nerven in Berfihrung kam. DaB die periv~skuliren 1%rvengeflechte dutch die Kanfile berfihrt wurden, lieB sich nutfirlich nicht vermeiden. Bei der intr~nus~len Impfung wurde d~s Virus bei einigen Tieren nur oberflichlich auf die Schleimh~ut gebr~cht, bei anderen Tieren hingegen mit einem Tupfer in die N~senschleimh~ut eingerieben, so dab diese blutete. Bei der Impfung in den lg~gen wurde die Riickenm~rksglycerinemulsion mit physiologischer Kochs~lzl6sung verdiinnt und dutch eine 1V[ugensondeeingeffihrt. Klinisehe Beobachtung. I m folgenden sollen nur die mit den S t i m m e n I und I I gemachten Beobachtungen gewertet werden, da nur mit diesen zwei St~mmen Serienuntersuchungen angestellt wurden. Entspreehend der versehiedenen V i r u l e n z d i e s e r S t i m m e weichen auch die klinischen Erseheinungen der beiden Versuchsserien nicht unerheblich voneinander ab. Stature I zeigte in klinischer Hinsicht ziemlich konstante Erseheinungen, w~hrend bei Stature I I der klinische Verlauf weniger gesetzmii~ig war. Iqeben der Virulenz hut uuch die M e n g e des eingebrachten Virus einen Einfiul~ auf den Verlauf der Krankheit, insbesondere auf die Dauer der Inkubationszeit. Unsere Versuchsanordnungen braehten es mit sieh~ dab wit meist mit ziemlich grofien Virusmengen arbeiteten, doeh verffigen wit fiber zwei Beobaehtungen, wo kleinere Virusmengen injiziert wurden, was zur Folge hatte, dab die Inkubationszeit erheblich linger war: Affe 52 wurde mit Lendenmark yon Affe 37, der 3 Tage nach der Isehiadicusimpfung und zwar noch im pr/~paralytischen Stadium getOtet worden war, intraneural (Ischiadieus) geimpft. W~hrend sonst bei diesem Stature (II) die Inkubationszeit nach Ischiadicusimpfung 5--6 Tage betrug, dauerte sie hier 17 Tage. OHenbar enthielt das zur Impfung gebrauehte Stfick entsprechend dem anatomischen Befund (pritparalytisches Stadium! Siehe hierzu anatomisehen Bericht, S. 145) nur sehr geringe V i r u s m e n g e n . - Aife 44 wurde mit Lendenmark und Affe 101 mit Halsmark yon Affe 51, der an einer aufsteigenden Li~hmung nach Ischiadicusimpiung gestorben war, in den N. isehiadieus geimpft. Die Inkub~tionszeit bei Affe 44 (Impfung mit Lendenmark) betrug 6 Tage, bei Affe 101 (Impfung mit Halsmark) 14 Tage. Offenbar war das Halsmark weniger virushaltig gewesen als das Lendenmark. ]3ei diesen Versuchen mul~ freilich aueh damit gerechnet werden, d~B d~s Ausgangsmaterial, welches in den ersten
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Krankheitsstadien gewonnen wurde, nieht nut weniger Virus enthielt, sondern dab das Virus im Wirtsorganismus zunaehst aueh eine vorfibergehende Absehw~ehung seiner Virulenz erfahren haben k0nnte. Bei Affe 80, der mit einem Filtrat yon P.m.-Virus (gfiekenmark yon Affe 102) geimpft worden war, betrug die Inkubationszeit 9 Tage entgegen der sonst beobaehteten Inkubationszeit yon 7 Tagen. ])abei war der Krankheitsverlauf entgegen allen unseren sonstigen Beobaehtungen weniger stiirmiseh. ])as Tier iiberlebte das erste akute Stadium und wurde 21 Tage naeh Auftreten der ersten L/~hmungserseheinungen get0tet. Aueh hier ist es wahrseheinlieh, dab das Virus dureh die Prozedur des Filtrierens in seiner Virulenz ver~ndert, d . h . abgesehw~eht oder stark verdiinnt wurde. Inkubation. Auger yon der Virulenz des Virus ist der klinisehe Verlauf, wenn aueh in geringerem ?r yon individuellen Faktoren (Disposition) der geimpften Tiere abh~ngig. Was die t~asse der Allen betrifft, so zeigten der yon uns in der Hauptsaehe verwandte Javaaffe und der Maeaeus l%hesus keine nermenswerten Untersehiede. Dagegen war der EinfluB yon Gr6ge und Alter des jeweils geimpften Tieres auf den Krankheitsverlauf unverkennbar. Je kleiner das Tier, um so kfirzer war die Inkubationszeit und um so sttirmiseher der Krankheitsverlauf. Von zwei zu gleieher Zeit und in gleieher Weise mit der gleiehen Menge Virus (Stamm II) in den N. isehiadieus geimpften Javaaffen zeigte das sehr kleine Tier (Affe 46) sehon am 4. Tage naeh der Impfung eine Parese beider Beine, d. h. 24 Stunden friiher als das erheblieh gr0gere Tier (Affe 49). Es liegt nahe anzunehmen, dab das kleinere Tier an sieh weniger widerstandsf~hig war, d . h . fiber geringere Abwehrkri~fte der Infektion gegenfiber verfiigte als das gr(~Bere (vgl. Altersdisposition bei der mensehliehen P.m.). Wenig wahrseheinlieh ist, dab die nur um ein geringes kfirzere Wegstreeke I fir die Ausbreitung des Virus das Mehr in der Inkubationszeit bedingte. Die Bedeutung der j e w e i ! i g e n Disposition des Einzelindividuums, d. h. der Krankheitsbereitsehaft im engeren Sinne geht insbesondere aus zwei Parallelversuehen mit Impfung in den MagenDarmkanal hervor. Zwei Affen erhielten gleiehzeitig dutch Sondenffitterung stark verdtinntes Virus in den Magen-Darmtraktus. Affe 33 war dureh Beigabe einer Saponinl0sung zum F u t t e r fiber
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H. :Pette, It. Demme und St. K6rnyey:
3 Tage hin vorbehandelt worden bis blutig,schleimige Durchfille auftraten. Dieser Affe erkrankte 14 Tage nach der Applikation des Virus in den Ffagen unter den typisehen Erseheinungen einer sehr schweren P.m. (Tetraparese), wihrend der andere Affe (3~), tier kein Saponin erhalten hatte, gesund blieb. Xhnlich war das Ergebnis yon Versuchen, Allen auf nasalem Wege zu infizieren. Fiinfreal wurde drei verschiedenen Tieren Virus locker auf die ~asenschleimhaut gebracht. Keine dieser Impfungen hatte ein positives Ergebnis. Erst eine seehste Impfung, bei tier alas Virus mittels eines Tupfers in die blutig lidierten Sehleimhiute gerieben worden war, hatte Erfolg. Eine Ausdeutung dieses Versuchsergebnisses soll erst spiter (S. 188) gegeben werden. AuGer yon der Virulenz sowie der Menge des Impfstoffes und der Empfinglichkeit des geimpften Tieres war die I n k n b a t i o n s z e i t a b h i n g i g y o n d e r I m p f a r t . Wiederum lies sich bei Stature I (Virus Kling) diese Abhingigkeit yon der Impfart am deutlichsten verfolgen. Wir haben dariiber bereits 1930 (Tagung der Gesellschaft Deutseher Nerveni~rzte in Dresden) kurz berichtet, Als Inkubationszeit gilt die Zeit zwisehen der Impfung und dem Auftreten tier ersten Lihmungserseheinungen. In dieser Zeit zeigen sich freilich nieht selten sehon gewisse Prodromalsymptome. Die Temperaturkurve zeigt leiehte Schwankungen; die Tiere werden zuniehst lebhafter und zeigen eine gewisse Unruhe. Am Tage vor Auftreten tier ersten Lihmungserscheinungen l i s t diese Unruhe meist nachl die Tiere sitzen still da, werden im allgemeinen nur lebhafter, wenn sie gest0rt werden, gleichzeitig wird das Fell struppig, die Augen bekommen einen eigenartigen Glanz. Alle diese Erscheinungen sind jedoch geringgradig, oft nur eben angedeutet, immerhin aber kehrten sie mit einer RegelmiSigkeit wieder, daS sich oft sehon aus ihrem Vorhandensein oder Fehlen im priparalytisehen Stadium Schltisse auf den Erfolg tier Impfung ziehen lieSen. Niemals konnten im Prodromalstadium abnorme Haltungen tier Tiere beobachtet werden, die als Ausdruck einer st'irkeren meningitischen l~eizung Kitten gedeutet werden konnen. Auch fehlten spontane SehmerziuSerungen. Nieht selten hingegen sahen wit, noeh bevor sich Lihmungen nachweisen ibsen, eine waekel~remorartige U ~ u h e am ganzen Korper. Die Inkubationszeiten bei den verschiedenenYmpfarten (Stamm I) sind in folgender Tabelle zusammengestellt.
Studien
fiber e x p e r i m e n t e l l e Impf~rt
IntravenSs Intraneural ,,
. . N. N. N. Cerebral . . . Intranasa] . . In den Magen
l%liomyeli~is.
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Inkubationszeit
. . . . . . . . . faeialis . . . . . . medianus . . . . . ischiadicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Tage 3 ,, 4--6 ,, 5 ,, 7 ,, l0 ,, 14 ,,
Fiir Stature II (Levaditi) sind die Inkubationszeiten offensichtlich infolge Sehwankens der Virulenz weniger konstant. Folgende Tabelle gibt einen ~Jberbliek fiber diese Verhgltnisse und zwar unter Aussehaltung der oben erwghnten Tiere, bei denen mit der Wahrseheinlichkeit gerechnet werden muB, dab nur sehr geringe Virusmengen appliziert wurden und dab deswegen die Inkubationszeiten entsprechend ignger waren (14 Tage bzw. 17 T~ge naeh tier Isehiadieusimpfung). Impfart IntraneurM ,, Cerebral
Inknbationszeit
N. medianus . N. ischiadicus . . . . . . . . . .
. .
. 7 Tage . 5--9 ,, (bei e i n e m b e s o n d e r s kleinen Tier 3 Tage) 6--7 ,,
Temperatur. Die K6rpertemperatur zeigt im lorgparalytisehen Stadium der Krankheit oft zungekst einen leiehten Abfall unter die Norm. Wenn die Temperatur beim Affen aueh normalerweise schon welt stgrkeren Sehwankungen unterworfen ist als beim Mensehen, so lggt sieh der leiehte Temperaturabfall 1--2 Tage naeh der Impfung doeh so oft naehweisen, ~/o 15.Z 16. 17. /g /S dab darin eine gewisse GesetzmgBigkeit ge- og, sehenwerden muB. H a r m o n , S h a n g n e s s y 89 '/ u. G o r d o n , sowie K r a m e r , H e n d r i e u. J8 \ \ . ~ i t ' d A y e o e k s a ~ l e n vor diesem Temperaturab- az ~ / Y fall, d.h. unmittelbar naeh der Imlofung noeh einen leiehten Temperaturanstieg, den wir 3~ aber nieht beobaehten konnten. 1--3 Tage s5 vor Einsetzen der Lghmungserseheinungen abb. 1. a~fe m. I m N u n g in steigt die Temperatur in der gegel wieder d~ N.median~s. Temt~eraturkurve. fiber die Norm an, um mit Einsetzen der Lghmungen stark abzusinken. Dieser Temperatursturz beim Auftreten der klinisehen Symptome ist besonders eharakteristiseh und wird fast hie vdrmigt (St6rung der zentralen Temperaturregulierung?, zentrale Kreislaufsehwgehe?). Dieser Typus der
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tI. Pette,
H. Demme
und
St. Kbrnyey:
Temperaturkurven war wiederum am ausgepragtesten bei Stature I (Abb. 1), weniger charakteristiseh bei Stature II, wenngleieh er auch hier im wesentlichen dem oben angegebenen Typus folgte. Es kamen jedoch aueh ganz uncharakteristische Kurven vor. Blutbild. Ftir die Beurteilung der Gesamtreaktion des Organismus ist neben der Temperatur das B l u t b i l d yon Bedeutung. Wie bei der menschlichen P.m. so sind auch bei der experi. . . . . /SZ/# 17. /2 7~q mentellen Affen-P.m. die Literaturangaben fiber das Verhalten des Blutbildes keineswegs einheitlich. T a y l o r , der dem Blutbild bei der exloerimentellen P.m. besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, beobachtete regelm~Big ein Absinken der Lymphoeytenzahlen und ein leichtes Ansteigen der Leukocytenzahlen ira akuten Stadium (m~13ige Verringerung der absoluten Zahl der weiSen Elemente). Nach Eintritt der L~hmungserseheinungen gingen die Lymphocytenzahlen noch welter zurtick, ~z~zz. z 78 /s ws die Zahl der Leuko: zo - - ~ , ~ cyten stark anstieg. Aueh H a r mort S h a n g n e s s y u. G o r d o n I maehten ~hnliche Beobaeh50 tungen. r Demgegenfiber fanden wir bei ~o ~ unserem Stature I schon gleieh
zo .-- ~,~.~ Io] 0'
n~ch der Impfung
Ansteigen der Gesamtzahl der weiBen Elemente" Leukocyten Abb. 2. Abb. 8. Abb. 2. Affe 21. Leukocytenkurve (absolute und Lymphoeyten w a r e n d a b e i Werte). Erste Lghmungserscheinungea am 19. I. ann~hernd i n gleicher Weise be- Gesamt-Leukocyten, ..... BoI:ymucleKre~ ~iononucle~re. tefligt. Abb. 2 zeigt die kurvenAbb. 3. Derselbe Versueh (Xffe 21). Brozentuale m~l~ige Darstellung der LeukoVerteilung der Leukocyten. - - Bolynucle~re, l~Iononuelire, cytenwerte bei gem in den N. medianus geimpften Affen 21, dessen Temperaturkurve oben wiedergegeben ist. Wir sehen, wie anfangs die Leukocytenwerte stark ansteigen, wie mit Ansteigen der Temperatur ein leiehter l~tiekgang eintritt, der vor allem auf ....
Lymphoeyten,
....
Lymphoeyten,
--.-
....
1
ein starkes
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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Kosten der polynucle/~ren Leukocyten erfolgt, w/~hrend Lymphocyten und groBe Mononucle/~re weiter ansteigen, und wie schon am fo]genden Tage, an dem die Temperatur sub finem steil abf/~llt, die Leukocytenwerte welter hinaufschnellen. Daneben zeigt Abb. 3, daB sich die prozentuale Verteilung der weiBen Blutelemente nur relativ wenig /~ndert, wie vor allem yon einem reziproken Verhalten der Leukocyten und Lymphocytenwerte nicht die l~ede sein kann. Auch hinsichtlich des Blutbildes zeigt Stature I I ..... ~z ~ 6 z 8 wiederum welt weniger Gesetzmgl]igkeiten. Zum Teil sehen wit auch bier, besonders bei den ganz ~kut verlaufenen F~llen ein starkes Ansteigen der ~bsotuten Leukocytenwerte mit ~berwiegen der Polynucle~ren, wobei die prozentuale Verteilung der weiBen Elemente im Laufe der Kr~nkheit ziemlich konstant bleibt (Affe 48). Affe 46 (Abb. 4) zeigt im Gegensatz zu den bei Stature I gemachten Beobachtungen, dab mit Absinken der Temperatur auch die Leukocytenzahlen stark absinken, wobei dieser Leukocytensturz auf eine sehr starke Verminderung der polynucle~ren Elemente zurtickzufiihren ist, wghrend die Lymphocytenzahlen nicht nut relativ, sondern auch absolut st~rk ansteigen. Die polynucle~ren Leukocyten steigen schon am ~ c h s t e n Tage wieder stark an, w~hrend mit Eintritt der Lghmungen sowohl die po]ynu~ clegren als auch die lymphocytgren Elemente wieder stark absinken. Ein ghnliches Verhalten zeigen Affe 45 und 51 (Abb. 5 und 6). Dagegen sahen wir A b b . 4. A f f e 46. bei Affe 49, der nach 4 Tagen im prgparalytischcn Leukocytenkurve Stadium getstet wurde, gleichzeitig mit einem E(absomt~ We~t~). rste klinische Erstarken Temperaturanstieg am 4. Tage nach der ~c~,,ng~. ~ 6.]3[. Impfung dasselbe Absinken der Leukocytenwerte - - ~ - n ~ , k o bei gleichzeitiger Zun~hme der Lymphocytose. oyt~, ..... Polynucle~re, Analysiert man das weiBe Blutbild welter, so .... T.ym,hoCyte~, .... G r . kVIononuzeigt sich, dab innerhalb der polynuclearen Ele~r mente keine Verschiebung eintritt. Insbesondere lieB sich keine Zunahme der St~bkernigen im Sinne einer Linksverschiebung feststellen. Die Zahl der Stabkernigen bewegte sich
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It, Pette, H. Demme
und
St. K g r n y e y :
stets um 2--4 %. Diese Feststellung spricht unseres Erachtens dagegen, dab die absolute und relative Zunahme der Leukocyten auf einer Neubildung weiBer Elemente beruht. Wenn die augerordentlich starke Steigerung der LeukoI zQooS s c z 8. cytenwerte (auf 30--50000) durch eine vermehrte Neubildung yon Leukocyten bedingt ssoo~ w~re, mfigten wir mehr unreife Elemente finden als sie in Wirkliehkeit gefunden wurden. ,oooo~2~,q Bei der akuten P.m. liegt, wie aus den sparer darzustellenden anatomisehen Befunden hersoool~~ vorgeht, offensiehtlieh ein vermehrter Leukoeytenbedarf des Organismus vor. Infolgedessen o kommt es zweifellos aueh zu einer vermehrten abb. 5. Aff~45. Im~fu.g Neubildung yon Leukoeyten; sie entzieht sieh i. a~. N. ischi~a~us, jedoeh dem Naehweis, da sie ira Blutbild offenLeukocytenkurve. --Gesamt-Leukocyten, bar yon anderen Faktoren iiberdeekt wird. ..... Polynucle~ire~ . . . . Lyml~hoeyten, Einer dieser Faktoren ist wahrscheinlich die .... G~.~ono..clca~r St~Srung der Blutverteilung im Organismus, und z zwar im Sinne eines Abstr0mens des Blutes in g:O00 /3 /r /5. /8. /7.. I die Peripherie (wit haben das Blur stets aus dem i!~ Ohrlgppehen oder aus der Fingerbeere entnomzoooo-/'~ ' -men). Diese Annahme wiirde aueh das starke / J Schwanken der absoluten Leukoeytenwerte erzo:~ klgren. I- - ~# - ' Daneben konnten wir feststellen, daft die ::o:~ ~ 2 ( \ 1 [ Gesamtreaktion des Organismus, wie sie sieh I / im Temperaturablauf und Blutbild widerspie::o~ gelt, bei verschiedenen Virusstgmmen durehaus versehieden sein kann. So sind wohl aueh o ~ die in der Literatur niedergelegten oft einander widerspreehenden Befunde zu erklgren. Mit Abb. 6. Affe 51. Impfung in den N. ischiadicns. dem experimentell erhobenen Befunden gehen Leukocytenkurve. - - Gcsamt~Leukocyten~ die Befunde in der menschlichen Pathologie ..... Polynucle~ire, Lymphocyten~ konform, wo bald yon einer Leukoeytose (We r n . . . . Gr. Mononuclegre. stedt, ~one, La Fgtra, Eekart, Peabody, D r a p e r u. D o e h e z u. a.), bald yon einer Leukopenie ( G a y , L u k a s , E. M i i l l e r , B a m b e r g e r u.a.) beriehtet wird. Z u s a m m e n f a s s e n d l gBt s i c h a u f G r a n d u n s e r e r ~ ' e s t stellungen sagen, dab sehon sehr frith und zwar am
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Sbudien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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Tage nach der Impfung, d.h. fast nnmi~telbar nach Eindringen des Virus in den Organismus, der K0rper mit einem Leukoeytenans~ieg reagiert. Naeh wenigen Tagen, nieht selten begleitet yon st~rkeren Temperatursehwankungen, sinken die Leukocytenzahlen stark ab bis zum ausgesprochenen,,Leukocytensturz". Hierbei kann, wie bei unserem Stamm I, das prozentnale Verhgltnis zwischen den einzelnen weiBen Elementen ann~ihernd gewahrt bleiben, es kann abet auch der Leukoeytensturz allein auf eine Verminderung der Zahl der polynucle~iren Elemente zurfickgeffihrt werden, w~hrend die Zahl der Lymphocyten weiter ansteigt. Die mi~ S t a m m I g e i m p f t e n Tiere e n d e t e n meist a k u t im Stadium der L e u k o e y t o s e . Bei den mi~ Stature I I g e i m p f t e n Tieren, bei d e n e n der klinische Verlauf weniger s~iirmisch war, sahen wir meist sehon naeh 1 - - 2 T a g e n die L e u k o e y t e n z a h l e n wieder abfallen, wobei n e b e n den polynuelei~ren aueh stets die lymphocyt~iren E l e m e n t e absanken. Liquor. N e b e n den T e m p e r a t u r m e s s u n g e n u n d den B l u t n n t e r s u e h u n g e n w u r d e n fortlaufende L i q u o r k o n t r o l l e n ausgefiihrt. F a s t alle Tiere wurden, b e v o r wir sie in d e n Versuch n a h m e n , p u n k t i e r t . Anf diese Weise waren wir sieher, dab n u t liquorgesunde Tiere v e r w a n d t wurdon. Die Zellzahl der gesunden Tiere g e h t niehg fiber 12--15/3 hinaus, d. h. die obere Grenze liegt etwas h0her als beim Mensehen. H a r m o n u n d seine M i t a r b e i t e r sehen als obere Grenze der N o r m 150 Zellen in K u b i k m i l l i m e t e r an (d. h. 450/3!). W i t sind auf G r u n d unserer E r f a h r u n g e n der Meinung, daI3 d e r a r t hohe Zellzahlen auf j e d e n Fall pathologiseh sind. ~rohl k a n n n a e h h/~ufigen P u n k t i o n e n , wie wir bei K o n t r o l l v e r s u e h e n an u n g e i m p f t e n T i e r e n gesehen haben, d u r c h den P u n k t i o n s r e i z die Zellzahl ansteigen. Um das Ausmag einer solehen ,,Reizpleocytose" festzustellen, wurden Kontrollversuehe angestellt, indem ungeimpfte Tiere fortlaufend punktier~ wurden. Dabei zeigte sieh, dab die ZelL-ermehrung nach cysgernaler Entnahme yon 1 eem Liquor in tier l~egel unter I00/3 bleibt. In einzelnen F~tlen kann sie aber ~ueh einige 100/3 betragen. Niemals erreichg sie jedoeh so holae Werte wie wit sie beim P.m.-geimpften Alien sahen. Aueh pflegt die i~eizpleocytose sehon wenige Tage n~ch der Punktion abzuklingen. Tritt bei der Punktion eine leich~e Blutung auf, was sieh nieht immer ~ermeiden l~l?t, so kann die Pleoeytose ebenfalls hShere Zahlen erreichen und alsdann aueh I/~ngere Zeit bestehen bleiben. K~m es zu einer Blutung bei der Punktion, so wurde his zur
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H. Pette, It. Demme und St. KSrnyey:
nichsten Punktion stets einige Tage gewartet. Um die durch den Punktionsreiz bedingte Pleoeytose nach MOgliehkeit zu vermeiden, haben wir uns in den meisten F~llen auf die Entnahme yon nur wenigen Trol0fen Liquor beschrankt, so dab wit nur die Zellzihlung ausfiihren konnten and yon weiteren Untersuchungen des Liquors im allgemeinen Abstand nehmen muftten. Immerhin haben wir, um Vergleichswerte zu haben, an einigen normalen Affenliquores die Eiweil~relation naeh Xafka bestimmt and die Normomastixreaktion angesetzt. Dabei zeigte sieh, dad die EiweiGwerte vollkommen mit den Normalwerten des Mensehen iibereinstimmen. Die Mastixkurve zeigte beim normalen Affenliquor vereinzelt flache Zaeken im Anfangsteil der Kurve (III.--IV. gShrehen), die abet stets auf eine leichte Triibung besehrinkt blieben und niemals in den Bereich der F~llung reichten. Bei unseren virulenten S t i m m e n setzten die Liquorveranderungen (Pleoeytose) sehr friih ein. Nieht selten sahen wir schon am ersten Tage, stets aber am 2. oder 3. Tage naeh der Impfung ein8 starke Pleocytose im Liquor, dig in den folgenden Tagen wGiter anstieg. Der Anstieg war nicht immer kontinuierlieh. Oft kam es naeh einigen Tagen zu einem m~Bigen Riickgang der Zellzahlen, dig aber meist 1--2 Tage s p i t e r wieder weiter anstiegen. Auffallend war in einigen Fgllen dig ~Jbereinstimmung dieses l%iickganges der Liquorzellen mit dem VGrlauf der Leukocytose im Blur. Ihr Maximum erreichte die Pleocytose im Liquor mit dem E i n t r i t t der L/~hmungen oder am Tage nach Auftreten der ersten L~hmungserseheinungen. Am frfihesten t r o t eine Pleocytose bei dem in den N. faeialis geimpften Allen auf; bereits 24 Stunden nach der Impfung war Gin W er t yon 420/3 erreicht. Wghrend bei dem hochvirulentGn Stature I die Tiere meist im Stadium der maximalen Pleoeytose starben, sahen wir bei Stamm I I fast regelmgGig 1--2 Tage nach E i n t r i t t der Lghmungen wieder Gin leiehtes Absinken der ZellzaMen, Je stfirmischer der klinische Verlauf war, um so rascher und s t i r k e r sehnellten in der Regel aueh die Zellwerte hinauf, wghrend bei den weniger akut ver]aufenden Fgllen auch die Zellzahlen in der Regel weniger hohe Werte erreiehten. Bei Affe 52, bei dem die anfangs erreiehte Pleoeytose yon 800/3 im Laufe yon 9 Tagen allmghlieh wieder zur Norm absank, und bei dem sich erst naeh 17 Tugen Lghmungserseheinungen einstellten, erreiehte die Zahl der Zellen lgngst nicht so hohe Werte wie bei den ganz akut verlaufenden Fillen. Trotz Progredienz der klinisehen Erscheinungen sehen wir somit such hier wieder ein Absinken der ZGllzahlen im Laufe des manifesten Krankheitsstadiums.
S t u d i e n fiber e x p e r i m e n t e l l e Poliomyelitis.
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Was die Art der Zellen betrifft, so handelte es sieh in den allerersten Stadien fast ausnahmslos um polynuele~re Zellen, hierzu traten naeh 1--2 Tagen Lymphoeyten und adventitielle Elemente. Im Laufe der Krankheit versehob sieh dann das Bild immer mehr naeh der tymphoeyt~ren Seite. Eine genaue Differenzierung der einzelnen Zellelemente war bei der geringen Menge des zur Verfiigung stehenden Liquors allerdings nieht mt~glieh. Aus demselben Grunde konnten wir die Eiweigbestimmungen und die Kolloidreaktionen nur ganz vereinzelt ausfiihren. DaB Eiweigver~nderungen vorkommen, m~ge folgendes Beispiel zeigen (vgl. F l e x n e r , G a y u. L u e a s , E. M i i l l e r u. a.). Affe Nr. 37[ 45 i 39 ]
Krankheitstag 3 6 7
Ges.(1,0) Eiw.
Globulin (0.2)
Albunlin (0,8)
!
E~w.(0,25) Q~ot.
2,9 0,6 2,3 0,26 2,0 0,3 1,7 0,18 2,3 0,9 1,4 0,63 (in K l a m m e r n die n o r m a l e n D u r c h s c h n i t t s w e r t e )
ZeIlen 388S/3 1264/3
(Globulin und Albumin sind deutlieh vermehrt, wenn aueh bei weitern nieht so stark, wie man es in der mensehliehen Pathologie bei meningealen Prozessen mit so starker Pleoeytose sieht, z. ]3. bei eitrigen Meningitiden). Entspreehend der EiweiBvermehrung kommt es aueh zu Ausfglten der Mastixreaktion ( g o g a n , I ~ o s s r u c k e r u. a.). Das Maxi-
7
::"
Abb. 7. Affe 21. Impfung am 15. L in den N. medianas. Mastixkurvem (Temperaturkurve Abb. 1: Leukocytose ]m Blur Abb. 2 m 3. - - 16. I., - - - - 17. I., - - . - - 18. I, . . . . 19. I.
mum lag meist etwa in der Mitre der Kurve (Verdtinnung 1 : 8). Die Kurve entsprach einem ,,inkompletten Meningitistyp" (Abb. 7) der Ausfall war abet hie so stark, wie man es bei den hohen Zellzahlen in Analogie zur Meningitis h/~tte erwarten kSnnen. Wit haben uns jedoch nicht darauf besehrgnkt, empiriseh den Verlauf der Liquorver~nderungen entspreehend den klinisehen Erseheinungen festzulegen. Wenn es unser Ziel ist, aus dem Tierexperiment gewisse Sehltisse auf die mensehliehe Poliomeylitis ab-
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H. Pette, IC[. Demme und St. K5rnyey:
zuleiten, so mul3ten wit versuchen, der Pathogenese der yon uns beobachteten Ver~nderungen im Blur und Liquor ngherzukommen, d . h . eine funktionell-genetisehe Betraehtung im Sinne K a f k a s durehzufiihren, um damit die Bedeutung der gefundenen Ph~nomene flit die Klinik zu erfassen. I n der menschliehen Pathologie ist es nur in seltenen F/illen mOglieh, das den gefundenen Liquorvergnderungen entspreehende anatomisehe Korrelat zu studieren, und dann aueh nut im paralytischen, nieht aber im pr~paralytisehen Stadium. Hier setzt das Tierexperiment ein, das uns gestattet, jederzeit den Versuch abzubreeken und zu jedem gewiinsehten klinisehen Stadium das anatomisehe Substrat zu liefern. Angesiehts des auBerordentlieh rasehen Ablaufes der anatomisehen Vergriderungen in den yon uns studierten Stadien ksnnen wit zum Vergleieh des Liquorbildes mit dem anatomisehen Prgparat nut Fglle verwenden, wo das Tier sehr bald naeh der letzten Punktion get6tet wurde. Eine solehe Gegeniiberstellung des zuletzt erhobenen Liquorbefundes mit dem anatomisehen Befund an den Meningen zeigt, dab e; sehon sehr frtih zu einer leiehten bald mehr diffusen, bald mehr fleekfCSrmigen, vornehmlieh lymphoeytgren Infiitratiort der Meningen k o m m t (siehe Befunde bei Affe 37 und Affe 104, die 3 bzw. 2 Tage naeh der Impfung get0tet warden S. 146 und 143). Diese Infiltratbildung geht keineswegs mit dem poliomyelitisehen ProzeB ira engeren Sinne parallel. Es sei hier auf die Ausfiihrungen S. 197 u. f. verwiesen. Wenn sich aueh bei allen Tieren, die im Stadium der Pleoeytose im Liquor starben oder getStet wurden, meningeale Infiltrate fiber Hirn und Riickenmark fanden, so waren diese Infiltrate im Itiabliek auf den Grad der Pleoeytose doch meist nur gering. Bei Zellzahlen yon mehreren 1000/3 hgtte man weitaus st~rkere meningeale Ver~nderungen erwarten dtirfen. Dal~ diese Zellen aus den erkrankten Par~ien des Nervenparenehyms stammen, ist mit Sieherheir auszusehlieBen, da die Pleoeytose regelm~13ig sehon sehr fr/ih, d . h . 1--2 Tage naeh der Impfung einsetzt: bei Affe 37 erreiehte sie am 3. Tage 3888/3 Zellen. Dieses Tier, das unmittelbar naeh der Punktion get6tet wurde, zeigte (siehe aueh S. 145) erst auf einem eng begrenzten Areal des Lendenmarks eine st~rkere leukoeyt~re Infiltration. Nur vereinzelte Gef~13e der Vasoeorona des Vorderseitenstranges zeigten mansehettenfi3rmige Infiltrate, yon denen aus es zu einer Zellaussehwemmung in den Liquorraum h~tte
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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kommen k6nnen. Diese Infiltrate waren in der Hauptsache leukoeyti~rer Art. W i t mtissen es unentsehieden lassen, ob die Pleoeytose des Liquors aussehlieBliek die Folge einer erst auf ein kleines Areal besehr~nkten Meningitis oder abet der Ausdruek einer allgemeinen mesodermMen R eakt i on auf die neurale Infektion ist. Fragen wir uns nun, welehe Sehliisse wit aus den bisher mitgeteilten tierexperimentellen Beobaehtungen auf die menschliehe P.m. ziehen kOnnen, so 1/~l?t sich vorweg sagen, d a b d e r V e r l a u f der Affenpoliomyelitis weitgehend der mensehliehen P.m. e n t s p r i e h t . Insbesondere glauben wit, gezeigt zu haben, dab die Virulenz des jeweiligen Virus ftir den mehr oder weniger stfirmisehen Ablauf der P~m. yon 13edeutung ist. Damit w~re in der biologisehen Besehaffenheit des Virus ein wesentlieher F a k t o r des ,,Genius epi: demieus" der versehiedenen Epidemien zu suehen. Was die Disposition des Einzelindividuums betrifft, so l~l~t sieh im Tierexperimerit bei Impfungen, die den natiirliehen InfektionsverhMtnissen entspreehen (Verreibung des Virus auf die Nasensehleimhaut, Einbringung in den Magen-DarmkanM) zeigen, d a g e i n e I n f e k t i o n viel leiehter oder vielleieht sogar nur dann zustande k o m m t , w e n n d i e S e h l e i m h a u t d e r N a s e bzw. d e s D i g e stionstraktus geseh~digt ist und damit dem Virus der E i n t r i t t in d e n O r g a n i s m u s e r m 0 g l i e h t w i r d . Wiehtige Hinweise ergeben sieh aus den Tierversuehen fiir die Frtihdiagnose der P.m. Die Allgemeinerseheinungen, einsehlieBlieh Temperaturverlauf und Blutbefund, sind zu uneharakteristisch, als daft sie differentialdiagnostiseh zur Abgrenzung einer P.m. yon anderen Infektionen dienen k0nnten. Das Wichtigste bleibt der Liquorbefund. Zu betonen ist hierbei jedoch, dal~ w i t f f i r P.m. s p e z i f i s e h e L i q u o r v e r g n d e r u n g e n nieht kennen. Die Bedeutung der Liquoruntersuehung fiir die 1%tihdiagnose der p.m. h~ben kfirzlieh de Rudder und tlogrueker wieder besonders betont. RoBtucker, der sieh speziell mit den Liquorver~nderungen befM]g, geht unseres Eraehtensjedoeh zu weir, wenn er der Ausfloeknng im Anfangsteil der Mastixkurve eine besondere Bedeu~ung Ms Friihsymptom der P.m. beimiBt und sogar die ,,Ahnliehkeit" dieser 3/Iastixkurven mi~ der Paralysekurve betont. Wir sahen nieht nur im Tierversueh, sondern aueh im Liquor yon mensehliehen P.m.F/~llen neben solehen Kurven auch mindestens ebenso oft Xurven, die ihr Maximum im IV.--V. RShrehen, d.h. bei Yerdfinnungen 1:8 und 1:16 hatten. Deutsche Zeitsehrift f. ~'ervenheilkunde.
Bd. 128.
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
Andererseits finden sich bei jenen noch nicht reeht gekl~rten Fillen yon meist gutartigen Meningitiden, die in der Literatur als Meningitis serosa, aseptica usw. beschrieben sind, nicht selten Mastixzacken im Anfangsteil der Kurve. I~o$r u c k e r sagt auch selbst, dag bei stirker ausgeprigten meningitischen Prozessen das Floekungsmaximum sieh stirker nach rechts versehieben kann. Nun wissen wir aber gerade aus unseren Tierversuchen, dab die meningealen Veranderungen schon sehr frfih ihr Maximum erreichen i.
Die wichtigste Liquorver~nderung ist zweifellos die Pleocytose, die nach unseren Erfahrungen im Anfangsstadium der P.m, hie fehlt, wenn sie auch verschieden stark ausgepr~gt sein kann (in menschlichen Fillen meist nicht so stark wie im Tierexperiment). Die Z e l l v e r m e h r u n g im L i q u o r ist das e r s t e o b j e k t i v f e s t s t e l l b a r e S y m p t o m , w e n n wir a u c h w e d e r in der Zahl n o c h in der Art der Z e l l e n eine fiir die P.m. p a t h o g n o l n o n i s c h e V e r i n d e r u n g s e h e n dtirfen. II. Der histologisehe Proze$ in seiner Bedeutung fiir die Virusausbreitung, die P a t h o g e n e s e und die Symptomatologie der experimentenen Poliomyelitis. A. Der poliomyelitisehe Prozeg nach neuraler, cerebraler und extraneuraler Impfung. I. Die E n t s t e h u n g u n d der V e r b r e i t u n g s w e g des p o l i o myelitischen Prozesses nach neuraler Impfung. 1. Das priparalytische Stadium. Um das pr~paralytische Stadium der P.m. klinisch-serologisch und histologisch in seinem ganzen Verlauf zu erfassen, haben wir eine Anzahl Allen, bei denen der Liquor fortlaufend untersucht wurde, in verschiedenen Zeitabstinden nach der Impfung get0tet. i N a c h t r ~ g b e i der K o r r e k t u r . In einem kfirzlich ersehienenen Aufsatz (Mfinch. reed. Wsehr. 1932, S. 1548) hetont P l a u t das uncharakteristisehe Gepr~ge des Liquorsyndroms bei der l~.m. I)ahei beriicksiehtigt P l a n t aber den Zeitfaktor iiberhaupt nicht. Es ist u. E. nicht ang/ingig, yon mehr oder ~veniger typisehen Liqucrbefunden bei der P.m. zu sprechen, ohne gleiehzeitig anzugeben, in welehem Stadium der Krankheit die genannten Befunde erhoben ~'urden. Nieht nur nach unseren Beobaehtungen am Tier, sondern insbesondere aueh auf Grund der wahrend der jetzigen Epidemie erhobenen Befunde an menschliehem Liquormaterial l~Bt sich sagen, dab der Liquorbefund weitgehend abh/~ngig ist sowohl yon dem Zeitpunkt der Liquorentnahme wie aueh yon der Akuitit des Xrankheitsprozesses. Insbesondere in den friihesten Stadien der K r a n k h e i t - und gerade im pdiparalytisehen Stadium ist die Differential-
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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D a s friiheste S t a d i u m k e n n z e i c h n e t A f f e 25, d e r 21 S ~ u n d e n n a c h d e r I m p f u n g get(itet w u r d e . H i e r f a n d e n wir n u r a n d e r Stcllc des I s c h i a d i c u s , in die g e i m p f t w o r d e n war, eine s t a r k e l e u k o c y t ~ r e I n f i l t r a t b i l d u n g ; d e r g a n z e fibrige N e r v , b e s o n d e r s a u c h d e r p r o x i m a l e Teil, w a r frei y o n V e r g n d e r u n g e n , e b e n s o spinale G a n g l i e n u n d l%iickenmark. Die e r s t e n V e r ~ n d e r u n g e n a m N e r v e n s y s t e m f a n d e n wir bei d e n A f f e n 104 u n d 27, y o n d e n e n Affe 104 z w e i m a l 24 S t u n d e n u n d Affe 27 d r e i m a l 24 S t u n d e n n a c h d e r i n t r a n e u r a l e n I m p f u n g get(~te~ w o r d e n war. Affe 104, welcher 48 S~unden nach der Impfung in den N. ischiadicus ge~Stet wurde, bot klinisch keinerlei Erscheinungen. Liquorbefund unmittelbar vor der Impfung: 14/3 Zellen, 24 Stunden spgter 180/3, 48 Stunden spgter 212/3. H i s t o l o g i s e h e r B e f u n d : Sehr sp~rliehe Lymphocytenansammlungen in cinem zum geimpften Ischiadicus geh(irenden Spinalganglion. Kleine Lymphocyteninfiltrate in der Rfickenmarkspia, vornehmlich um die Vena spin. post., seltener in der Gegend der vorderen Fissur, am ausgesprochensten fiber dem Lendenmark, weniger fiber Brust- und Halsmark. Riiekcnmark selbst (fast alle Sacral-, Leaden- und Brustsegmente wurden untersucht) vSllig intakt. Affe 27. 8. III. 1929. In den reehten N. medianus in der Ellbeuge geimpft mit Rfickenmark yon Affe 13. Im Liquor 18/3 Zellen. 9. III. 1929. Liquor: 248/3 Zellen. Xlinisch o. B. 11. III. 1929. Im Liquor 2240/3 Zellen. Klinisch unauffi~llig, keine sichere L~hmung. Das Tier schont die rechte Hand vielleicht etwas, aber nicht mehr als dem Grad der Operationssch~digung entspricht. Wird getStet. I t ] s t o l o g i s c h e r B e f u n d : Im 7. cervicalen Spinalganglion auf der Impfseite Vermehrung der Amphicyten und der bindegewebigen Stromazellen, Lymphocytenansammhmgen (Abb. 8), keine Leukocyten, keine nennenswerten Ganglienzellvergnderungen (bzw. nur primgre Reizung, die abet dureh die bei der Impfusg gesetzte Schgdigung der Nervenfasern bedingt sein kann). Im Spinalnerven und in den Wurzeln keine Infiltrate. Spinalganglion der umgeimpften Seite o. B. Im 5. cervicalen Spinalganglion auf der Impfseite ein umschriebener Lymphocytenherd, auf der anderen Seite keine Veranderungem Im Rfickenmark, auch in den entsprechenden Segmenten, keine Verandediagnose yon der gr6Bten Bedeu~ung - - finden sich meist viel h6here Zellwerte a]s P l a u t sie als ,,typisch" angibt; Werte yon mehreren 100/3 Zellen im Kubikmillimeter bilden nach unseren Erfahrungen die Regel, die EiweiBvermehrung kann dabei noch sehr gering sei~, so dai~ man auch bei der P.m. im prgparalytischen Stadium nicht selten eine ausgesprochene cyto-albuminische Dissoziation hat. 10"
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H. Pette, g. Demme und St. KSrnyey:
rungen, bis auf geringe Lymphocytenansammlungenin den H~uten, die his zu den Hemisph~iren hingufreichen. Aus diesem Befund geht hervor, dgft die e r s t e n V e r ~ n d e r u n g e n in j e n e n S p i n ~ l g ~ n g l i e n ~ u f t r e t e n , w e l c h e m i t d e m g e i m p f t e n N e r v e n in V e r b i n d u n g s t e h e n . S o f a n d e n wir bei Affe 27 ~usgesprochene Ver~nderungen ira 7. cervicMen Spin~lggnglion, d~s eine der Ursprungsstgtten der Medianusfgsern ist. Durch Fgsergustgusch im Plexus brgchi~lis war dem Virus die MOglichkeit gegeben, such in die n~chst oberen G~nglien einzudringen; dementsprechend zeigt ~uch d~s untersuchte 5. cervic~le
Abb. 8. Affe 27. v i i , zer~ikales Spinalg~nglion der Iml~fseite. Lymohocyt4ire Infiltrate. Einige Ganglienzellen im Zust,and der Dfim~ren IZeizungmit randst~indigemKern und mehr oder wen~g~ ausgesproehener Tigrolyse.
Spinalganglion Vers die geringer sind als die des 7. CervicMsegmentes. Der FM1 lehrt in {)bereinstimmung mit dem beim Affen 104 erhobenen Befund weiterhin, daft verstreute - - beim Affen 2q his zum Grofthirn hingufreichende - - m e n i n g e g l e I n filtrate bereits vor Ausbildung der P~renchymvergnderungen bestehen k~nnen. Um den i n t r a s p i n a l e n Ausbreitungsmodus des Prozesses verfolgen zu k~nnen, huben wit f i i n f T i e r e m i t d e r g l e i e h e n
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Menge desselben v i r u s h M t i g e n Rfickenm~rks gleichz e i t i g g e i m p f t u n d y o r e 3. T a g e a n n a c h e i n a n d e r get 6 t e t . Es sind die Allen: 37, 49, 48, 45 und 46. A f f e 37. 2. I I . 1931. Geimpft m i t L e n d e n m a r k yon Affe 47 in den rechten Isehiadieus. 4. II. 1931. I m Liquor 396/3 Zellen. 5. II. 1931. I m Liquor 3888/3 Zellen, d a v o n etweo 4/5 Leukoeyten, 1/5 L y m p h o e y t e n . Klinisch unauff~llig, ":or allem keinerlei L/~hmungserscheinungen. GetStet d u r c h E n t b h t e n .
Abb. 9. Affe 37. IV. Lendensegment. Auf der Impfseite Kernvermehrung im laterMen Teii des u Ein Tell der GanglienzelIen nicht mehr erkennbar. Auf de~ ungeimpften Seite keine Ver~nderungen. Starkes Infiltrat um die Vena spinalis 13ost. I~Iis~ologiseher Befund: Im Plexus hmbosacralis der Impfseite lediglich Axonveri~nderungen, in den C a u d a g ~ n g 1ie n keine Infiltrate. Die P i a des Lenden- u n d u n t e r e n B r u s t m a r k e s ist vorwiegend Init Leukoeyten, aber a u c h m i t L y m p h o e y t e n infiltriert, I n n e r h M b des l Z i i e k e n m a r k e s finden wir im 4. L u m b a l s e g m e n t auf der Impfseite eine starke leukocyt~ire ~3berschwemmung des Vorderhorns, eine geringere der m i t t l e r e n Zone, w~ihrend das t I i n t e r h o r n frei ist (Abb. 9 u. 10). Die gro~en motorisehen Ganglienzellen zeigen Ver~nderungen jeglieher A r t ; meistens ist ihr Plasmaleib dunkel gefarbt, die K e r n m e m b r a n u n s i c h t b a r geworden, ein grol]er Tell yon i h n e n wird yon Leukoeyten phagiert. Sichere Gliaver~inderungen finden wir im G r a u noeh nicht. I n der weil~en S u b s t a n z ist die Neuroglia a m Ubergangsgebiet
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zwischen Vorder- und Seitenstrang leicht vermehrt. Die Arteria fissurae med. ant. ist yon Leukocyten infiltriert. Einige der radii~ren Gefi~ge des Vorderseitenstr~nges sind yon einer feinen Lymphocytenmanschette umhiillt. Auf der ungeimpften Seite nur minimMe Infiltrate des Ab~ngsastes der Arteri~ Iissurue reed. ant., die sehr bMd n~ch der Teilung wieder aufh6ren. In der Umgebung noch einige leukocytgre GefgBherde, in einem Teil der groBen Vorderhornzellen beginnende Zus~mmenklumpung der Tigroidschollen; sonst jedoch keinerlei Vergnderungen. I m 1. L u m b ~ l s e g m e n t linden wir ~uf der Impfseite nut noch in der Niihe der gr~uen Commissur einige Gef~flinfiltrate, und im Vorderhorn verstrent
Abb.10. Teilaufnahmeyon einemSchnitt in unmittetbarerNachbarschaft des Schni~tesauf Abb.9. V0rderhorn der Impfseite. Leukocytenausstreuungim lateralen Teil, an Stelle vieler (langlienzellen leukocyt~reNeuronophagie-Kniitchea. Leukocyten, seltea in gr6geren Gruppen (Abb. 11), aber keine Ganglienzellver~nderungen bis auf Zusammenklumpung der Tigroidschollen. Auf der ungeimpften Seite nur geringe Leukocytenumhiillung der ~s~e der Arteria fissurae reed. ant. I n den h 6 h e r e n S e g m e n t e n fehlen histologische Ver/~nderungen vollkommen, bis ~uf' einige kleine Lymphocyteninfiltr~te in der G r o g h i r n p i a . Dieser Fall lehrt, dag die poliomyelitischen Veri~nderungen im Rfiekenmark herdweise auftreten, zun~chst in denjenigen 8egmenten, die zum geimpften Nerven geh6ren, und zwar lediglich auf der Seite der Impfung. H i e r ist ein Teit der m o t o r i s e h e n N e r v e n z e l i e n bereits phagierg,
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ohne da{3 sich jedoch klinisch Zeichen einer L~hmung hgtten nachweisen lassen. So linden wir bei diesem Tier im 4. Lumba]segment, aus dem Nervenfasern des Ischiadieus entspringen, starke Ver~nderungen auf der Impfseite, w~hrend im 1. Lumbalsegment starkere Ver~nderungen fehlen, hier zeigen lediglich einige Gang]ienzellen Verklumpungen yon Tigroidsehollen.
Abb. 11. Affe 37. L L~ndensegment. Leichte Leukocyteuinf[[~.rate um eiuige Gef~e d~r grauen Kommissur; lockerer Leukocytenherd inmitten des u (vgl. hierzu Abb. 9). Unser Versuch erweitert somit die B e o b a c h t u n g e n yon t t u r s t . Hurst k o n n t e bei einem Tier 3 Tage n~ch der Ischiadicusimpfung, n a c h d e m es bereits zu einer Schw/~che der geimpften E x t r e m i ~ t g e k o m m e n war, in den lumbosaeralen Segmenten eine mesoderma]e R e a k t i o n nachweisen, ebenso degenerative Ganglienzellvergnderungen u n d ,,Nekrosen"; diese Bezeiehnung seheint der ,,Neuronophagie" zu entsprechen. Die Impfseite war dabei starker e r k r a n k t als die andere.
Von Affe 37 wurden Teile des untersten Lumbal- bzw. oberen Sacralmarks aufAffe 52 verimpft: Das Tier erkrankte an einer klinisch und histologisch sichergestellten P.m. (s. S. 161), w~hrend die f)berimpfung yon Cervieatmark auf Affe 59 erfolglos blieb. Daraus geht
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hervor, dab nur diejenigen Segmente infekti~)s sind, in denen sich aueh histologisehe Ver~nderungen naehweisen lassen. H u r s t k o n n t e n a e h I s e h i a d i e u s i m p f u n g a m 3. T a g e bei einem Tier weder im Lumbal- n0eh im ttalsmark das Virus biologisch naehweisen; bei einem anderen Tier enthielt das Lendenmark -- ~bereinstimmend mit unserem l~esultat Virus in infektisser Menge, nicht aber das Halsmark. D a s n~tchste T i e r d e r s e l b e n S e r i e ( A f f e 49) w u r d e a m 4. T a g e
getOtet, 2.11,1931. Geimpft in den reehten Isehiadieus mit Lendenmark ~,on A~fe 47. 4. II. 1931, Liquor: 7/3 Zellen. 5. II, 1931. Liquor: 276/3 ZelIen. 6. II. 193L Liquor: 1712/3 Zellen. Keine klinischen Erseheinungen und insbesondere keine Ze~ehen yon L~hmung. GetStet dureh Entbluten. I - I i s t o l o g i s e h e r B e f u n d : Im proximalen Tell des geimpften I s e h i a d i e u s einige Meine Lymphoeytenansammlungen. In den entspreehenden S p i n a l g a n g l i e n einige leukoeyt~re Neuronophaglen yon sehwer ver~nderten Ganglienzellen. Die Kapsel der Ganglien ist yon Leukoeyten und Lymphoeyten leieht infiltriert. Stellenweise sind die Amphieyten und die interstitialen Bindegewebskerne vermehrt, Die Amphieytenwueherung seheint a uf amitotisehem Wege vor sieh zu gehen, I n den Spinalganglien der ungeimpften Seite sehen wir nur in den Piasepten der Wurzelnerven, d. h, in der direkten Ausbuehtung der weiehen I-Iaut eine leuko-lymphoeytgre Infiltratbildung,' die hier und da auf den Randteil des Ganglions i~bergreift. I n der Pi~ des Rt~ekenmarkes sowie der Oblongata nnd des Kleinhirns Infiltrate, und zwar aus Leukoeyten und Lymphoeyten bestehend. Im 4. L u m b a l s e g m e n ~ sind die Gef~ge der grauen I-I6rner und einige aueh der weiBen Strange auf beiden Seiten mit Lymphoeyten und Polyblasten infiltriert. AuI der Impfseite ist die iiberwiegende Mehrzahl der Vorderhornzellen neuronophagiert. An der Zerst6rung der Ganglienzellen sind vornehmlieh Leukoeyten beteiligt, daneben abet sind im Gegensatz zum Allen 37 unter den phagierenden Elementen aueh Gliazel!en (wahrseheirilieh Nikrogli~) naehweisbar. Die nieht neuronophagierten u zeigen ein Bild, welches im ganzen mit dem der sehweren Ver~nderung N i s s l s iibereinstimmt, Stark dezimiert sind aueh die mittelgrogen Ganglienzetlen des Vorderhorns und der mittleren Zone, In diesem Stadium l~igg sieh augerdem bereits eine diffuse und herdfSrmige Wueherung der lViikroglia feststellen. Aul tier ungeimpften Seite ist die Tigroidstruktur der meisten Vorderhornzellen gut erhalten, nur in einigen sind die Nissl-Sehollen zusammengeklumpt, Stellenweise sehen wir freie Leukoeyten im Gewebe, aber keine nennenswerte Mikrogliareaktiqn. Der Prozeg klingt vom ha lbseitigen I-Ierd oral- und eaudalw~rts schnell ab, Im 5. L u m b ~ l s e g m e n t n n d i m o b e r s t e n S a e r a l m a r k ist die Zahlder Neuronoph~gien nut noeh gering; welter unten im Saeralmark sind zwar auf beiden Seiten die Gef~Be leieht infiltriert und es liegen zahlreiehe Leukoeyten im
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Gewebe, jedoch fehlen schwerere ~ervenzellvergnderungen vOllig; insbesondere sind Neuronophagien nirgends nachweisbar. Im wesentlichen ebens0 verhalt sich das 1. L u m b a l s e g m e n t . Im 5. T h o r a k a l s e g m e n t sind nur die kleinen GefgBe um den ZentrMkanM mit Leukocyten und Lymphocyten leieht infiltriert. Eine ausgedehntere gli6se Reaktion fehlt, nur vereinzelt sehen wit kleine Gliakernhaufen. Die Tigroidsubstanz ist in den grol~en und mittelgrol~en Zellen, auch in denen der C l a r k e schen SaMe auf beiden Seiten zusammengeklumpt. Ahnliehe Vergnderungen der Tigroidstruktur kommen auch im 2. C e r v i e a 1s e g m e n t noch vor, wghrend sonstige Ver~nderungen, insbesondere Neuronophagien und gliogene Reaktionen, fehlen. I n der O b l o n g a t a erscheinen die Ganglienzellen intakt, die meningeMen Infiltrate verschwinden oralwarts yon Kleinhirn und Medulla oblongata sehr bald v611ig.
Die Verimpfung des Lendenmarks erzeugte beim Alien 51 eine schwere P.m., wghrend die Weiterimpfung des HMsmarks auf Affe 50 II erfolglos blieb. Dies bestgtigt die oben geguBerte Ansicht, dab nut die Teile des l~iickenmarks infektios sind, die aueh histologische Vergnderungen aufweisen, erggnzt sie aber weiter dahin, dab eine U b e r t r a g u n g n u r m i t s o l c h e n T e i l e n gel i n g t , in d e n e n es b e r e i t s zu N e u r o n o p h a g i e n k a m , n i c h t a b e t m i t s o l c h e n , in d e n e n die G a n g l i e n z e l l e n n u r V e r g n d e r u n g e n d e r T i g r o i d s t r u k t u r zeigen. Obereinstimmend mit unserer Beobachtung konnte I-Iurst 4 Tage nach der Isehiadicusimpfung das Virus bei zwei Tieren im Lendenmark b i o l o g i s c h naehweisen, nieht aber im Halsmark, AuffMlend ist, da$ bei seinen Tieren jedoch der gekreuzte Thalamus und die gekreuzte motorische Rinde mit Erfolg wei~ergeimpft werden konnten. Bei einem dritten Tier konnten Lenden- und tIalsmark, sowie das Beinzentrum der gekreuzten motorischen l~inde mit Erfolg weitergeimpf~ werden, nicht aber das Armzentrum.
Das dritte Tier tier Serie (Affe 48) wurde am 5. Tage get0tet. 2, II. 193i, Im Liquor 10/3 Zellen, Geimpft in den rechten Isehiadicus mit Lendenmark yon Affe 47. 4. II. 1931. Im Liquor 288/3 Zellen. 5. II. 1931. Im Liquor ~11/3 Zellen. 6. II. 1931. Im Liquor 576/3 Zellen. 7. II. 1931. i m Liquor 4048/3 Zellen. Klinisch bisher unauff~llig geblieben. Keine Lahmungserscheinungen. GetOtet dureh Entbluten. H i s t o l o g i s c h land sich in den C a u d a g a n g l i e n der rechten Seite eine mit Leukocyten untermischte Lymphocyteninfiltration der Bindegewebssepten, auSerdem Vermehrung der Amphicyten, die stellenweise auch eine neuronophagisehe Tgtigkeit ausfiben. Leichte Lymphoeyteninfiltrate finden sich in der Pi a fiber das ganze Zentralorgan weg, stellenweise sind sie mit Leukoeyten untermischt.
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I n den dem I s e h i a d i c u s z u g e h S r i g e n S e g m e n t e n ist der Prozel~ auf der Impfseite betont. Hier linden wir in den meisten Sehnitten fast keine einzige motorisehe Vorderhornzelle mehr erhalten (Abb. 12). Dies beschr&nkt sich auf eine 1 , 5 - - 2 m m hohe Seheibe der L e n d e n i n t u m e s c e n z ; caudal yon dieser, sind wieder einige Ganglienzellen der lateralen Gruppe (auf Seriensehnitten festgestellt) erhalten. Auf der nicht geimpften ]inken Seite sind selbst in den schwerst beseh&digten E b e n e n die meisten Ganglienzellen noeh nicht zerst6rt, wenngleich sie bereits mehr oder minder deutliehe Vergnderungen zeigen. An der Neuronophagie sind beiderseits vornehmlieh Leukocyten beteiligt, immerhin sieht m a n n i e h t selten auch schon Gliazellen unter den phagierenden Elementen. Die
Abb. 12. Affe48. Len~tenansehwellung. Auf der impfseite alle groSen und mittelgrogen Ganglienzellen des Vorderhorns ausgefMlen, ein~ge Neuronophagie-KnOtehenerkennbar. Auf der ungeimpften Seite auoh die groi~en motorischen Ganglienzellenerhalten, ira medialen Tell des u horns beginnende Gef$iB- und Gewebsinfiltratbildung. Meningeale Infiltrate fiber den Hinterstriingen. Leichte Infiltrate um die GefiiBe der vorderen Medianspalte. VorderhSrner m e h r als die HinterhSrner sind yon LeukocyLen iiberschwemmt, stellenweise diffus, stellenweise herdfSrmig. Die Neurogl[~ - - vornehmlich die Hor~egaelemeute - - ist im g a n z e n Grau proliferiert und bildet h~Lufig kleine Herde. Die Gefi~i~e - - vornehmlich in der grauen Substanz - - sind yon Leukocyten und L y m p h o c y t e n leieht umhiillt, ebenso die Arteria fissurae reed. ant. I n der weiBen Substanz sind die Gliaforts~tze weithin sichtb~r, einige radiiire Gef~le sind yon L y m p h o e y t e n und spitrlichen Leukocyten leicht infiltriert. I n den h 6 h e r e n L u m b a l s e g m e n t e n i~ndert sieh das Bild yon Grund auf; hier sind Neuronophagien nur g~nz selten zu linden; die motorischen E l e m e n t e
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sind aber ver~ndert und zeigen oft das Bild der schweren Ganglienzellerkrankung ira Sinne N i s s l s . Ein sicherer Seitenunterschied ist in diesen Segmenten nicht mehr na,chweisbar. In den untersten T h o r a k a l s e g r a e n t e n sind zwar Gef~i~infiltrate und freie Leukocyten noch zu sehen, ebenso Ganglienzellver~nderungen bis zum Typ der schweren Zellerkrankung, jedoch in den meisten Sehnitten keine Neuronophagien raehr, i n anderen Ansatze aber selten voll entwickelte Bilder der leukocyt~ren Neuronophagie. Noeh geringer sind sowohl die mesoderraal-gliSsen wie die Ganglienzellver~nderungen im mittleren und oberen Thorakalmark. Ebenso wie der Prozei~ oralw~rts raseh an Schwere abnirarat, linden wit auch im C o n u s keine Neuronophagien raehr. Zwar zeigen die raeisten Ganglienzellen Ver~nderungen, diese bestehen a.ber entweder nur in einer Auft(isung oder in einer Zusamraenballung der Tigroidsubstanz. Unterschiede beziiglich der Sehwere der Ver~nderungen lassen sich zwischen den beiden Seiten nieht erkennen. Im Vorderhorn ist die Glia herdf6rmig gewuehert, wobei sich die Herkunft der proliferierenden Elemente wenigstens ira Toluidinpraparat nicht feststellen lai~t, nur bei einera Tell ist der Mikrogliacharakter mit Sieherheit zu erkennen. Leukocyten, fiber das Nervengewebe zerstreut, linden sich hier kaura, auch in den Gliaherden nur in geringer Zahl. Die Gefi~e der grauen Substanz sind teilweise zart yon Lymphocyten umhiillt. Die Glia der weil~en Substanz ist hypertrophiseh, vielleiebt auch diffus gewuchert. I m u n t e r e n C e r v i e a l m a r k keine Oanglienzellver~nderung. Die Adventitialraume sind leicht leuko-lyraphocytiir infiltriert; im Vorderhorn sieht man einige grol~e leukocytiir-gliSse Kerde, ira oberen Cervicalraark hSren die Veri~nderungen vSllig auf. Im v e r l i i n g e r t e n M a r k sind einige Gef~Be in Naehbarschaft der Mittellinie stark leukgeyt~r infiltriert. In ihrer Umgebung linden sich etliche ziemlieh grol~e leukocyt~ire Gewebsherde. Die Oanglienzellen zeigen zum Tell einen Tigroidzerfatl und raitunter Vakuolisierung, besonders stark befallen ist der Nucleus lateralis. Im K l e i n h i r n finden wir ein leukoeytgr infiltriertes Gefa8 im raedialen Mark des Nucleus dentatus. In letzterem i~hnliche Ganglienzellveranderungen, wie in der Oblongata ohne Leukocytenausstreuung und ohne sichere Gliareaktion. Im M i t t e l h i r n sind die Gef~i~e des ro~en Kernes zum Tell stark Iyraphoeyt~r-leukocytar infiltriert, daneben linden sieh einige leukoeytare Gewebsherde (Abb. 13). Einige Zellen des Kernes weisen das typische Bild der priraiiren l%eizung auf. Im Oculomotoriuskern leiehte Ganglienzellveranderungen, jedoeh keine Neuronophagien. Leuko-lymphocy~itres Gef~Binfiltrat in der Zona ineerta. Die o r a l e r e n H i r n t e i l e sind frei yon Ver~nderungen. D i e b i s h e r b e s c h r i e b e n e n T i e r e (Affe 37, A f f e 49, A f f e 48) z e i gen, wie weir sich der Proze8 ira pr~paralytischen Stadium nach Ischiadicusimpfung ausdehnen kann. Das Virus bef~llt zuniichst die dem geimpften Nerven zugehorigen medulli~ren Segmente, und zwar primer auf der Impfseite. Hier kOnnen bereits vor Auftreten der ersten sicheren Li~hmungserscheinungen zahlreiche mo~orische
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Zellen zerstOrt sein. Von diesem primgren Riiekenmarksherd aus greift der Prozel~ sehr schne]l auf die ~ndere Seite und auf die benaehbarten Segmente fiber. Aber auch sehon vor Einsetzen der L~hmung kann es zu einer Prozel3bildung his in welt entfernt liegende Teile des ZentrMorga~ns hinein - - bei Affe 48 bis zum Mittelh i m - - kommen. Das VerhMten der zum Impfnerven geh0renden
Abb. 13. Affe 48. Mittelbirn, Leiehte Deriwsculare Leukocyteninfiltrate im roten Kern und lateral d~u Oeulomotoriuskern u n d S u b s t a n t i a nigra ebertso wi~ der ~brig~ tgittelhirnquersehnitt v611ig frei yon Ver~nderungen.
SpinMganglien ist verschieden; sie kSnnen veto Prozeft vollig verschont bleiben (Affe 37), h~ufiger aber kommt es zu einer lymphocyt~ren Infiltratbildung und einer Wucherung der Amphieyten, selte~er zu Leukocytenausstreuungen. NiemMs aber erreicht der Proze8 ira SpinMganglion h6here Grade, insofern Ms a.usgedehntere Ggnglienzel!ausfglle stets fehlen. Die ~berimpfung versehiedener Rttekenmarkssegmente yon Affe 37 nnd Affe 49 ergab, dab in beiden Fallen nur diejenigen
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Segmente infektiOs waren, in welchen sich auch histoIogische Ver~nderungen im Nervenparenehym, und zwar in Form yon Neuronophagien, nachweisen lieBen. Dies spricht dafiir, daB, w e n n d a s V i r u s e r s t e i n m a l die I n f e k t i o n s s e h w e l l e erreicht hat, s i e h die V e r D m d e r u n g e n , s p e z i e l l d e r G a n g l i e n z e l l z e r f a l l , i n n e r h a l b k f i r z e s t e r Z e i t a u s b i l d e n . In diesem Sinne ist auch die Tatsaehe zu werten, dab bei Affe 48, der 24 Stunden sp~ter getOtet wurde als Affe 49, der Parenchymprozel3 bereits bis zum Mittelhirn ausgebreitet gefunden wurde, w~hrend bei Affe 49 vom 5. Brustsegment oralw/~rts - - bis auf Ver~tnderungen der Tigroidstruktur - - ein Prozel3 nieht mehr naehweisbar ist. Ebenso schnell wie das Virus naeh hinreichender Vermehrung die Ver/inderungen erzeugt, erseh6pft sich aueh seine Virulenz in den erkrankten Setmenten. Da8 seine Lebensdauer keine lange ist, beweisen die Beobaehtungen H u r s t s , der es veto 5. Tage nach der Impfung an bei den Isehiadicustieren im Lendenmark nicht mehr nachweisen konnte, w~hrend sich zur selben Zeit Halsmark, gekreuzter Thalamus und gekreuzte motorische Rinde noeh als virulent erwiesen. Diese Feststellung deekt sieh mit den Erfahrungen in der mensehliehen Pathologie, we der Virusnaehweis im Rfickenmark bekanntlieh nur w~hrend der ersten Tage naeh Auftreten der L/~hmungsersebeJnungen gelingt. Die oben gesehilderten Befunde lehren welter, dal3 s i e h d e r ProzeB diskontinuierlieh a u s b r e i t e t . Wit Iinden z.B. bei Affe 48 sehon im roten Kern Gewebsherde, w~hrend im Halsmark, in der Medulla oblongata und im Nucleus dentatus erst sp~irliche lgeaktionen zu erkennen sind, wobei viele Teile, welehe - - wie wit sparer sehen werden - - auf dem H6hepunkt des Prozesses regelm~i3ig veritndert zu sein pflegen, noeh ggnzlieh verschont sind. Die im pr~paralytisehen Stadium tierexperimentell erhobenen Befunde k6nnen nur mit gr613ter Vorsieht auf die mensehliehe Pathologic Anwendung linden. Wenn wir bei den Tieren Affe 49 und Affe 48 L~hmungserseheinungen nieht mit Sieherheit naehweisen konnten, so will das nieht besagen, dab nieht vielleieht doeh einzelne Muskelgruppen bereits paretisch waren. Es liegt in der beim Tier selbstverst~ndliehen Besehr~nkung der neurologisehen Untersuehung, wenn es nieht gelingt, ]ede einzelne Muskelgruppe wie beim Mensehen auf ihre Funktionsttiehtigkeit zu priifen. Es ist anzunehmen, dag Ganglienzellausf~lle in dem Ausmaft, wie sie
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Affe 49 u n d A f f e 48 b o t e n , s i e h beina M e n s e h e n a u e h k l i n i s e h w i i r den naehweisen lassen. Insofern sind die beiden letzten Tiere (Affe 49 u n d A f f e 48) a u c h n u r m i t E i n s e h r ~ n k u n g als d e m pr~ip a r M y t i s e h e n S t a d i u m zugeh~Srig z u w e r t e n . I h n e n e n t s p r i e h t i n der mensehlichen Pathologie offenbar das Stadium der L~hmung einzelner Muskelgruppen. 2. D e s m o n o p l e g i s c h e S t a d i u m . Des erste Tier dieser Impfserie, welches klinische Erscheinungen b e t , w a r d e r a m 6. T a g g e t O t e t e A f f e 45. 2. II. 1931. GMmpft in den rechten Ischiadicus mit Lendenmark yon Affe 47. 4. II. 1931. Im Liquor 144:/3 Zellen. 5. II. 1931. Im Liquor 338/3 Zellen. 7. II. 1931. Klinisch vormittags o. B., abends wird des reehte Hinterbein siehtlieh geschont. Im ganzen nicht mehr so lebhaft wie vormittags. Im Liquor 1712/3 Zellen. 8. II. 1931. Des rechte Hinterbein h~ngt schlaff herab. Das Tier klettert, ermiidet aber aueh mit dem linken Hinterbein raseher Ms normM. F a g t mit dem linken Fug noch kr~ftig. Im Liquor 1264/3 Zellen. GetStet dutch Entbluten. Bei der h i s t o l o g i s e h e n U n t e r s u e h u n g fanden sich an der I m l 0 f s t e l l e ein Abbau der Nervenfasern sowie leukoeyt~r-lymphoeyt~re Infiltrate. OberhMb der Impfstelle sehen wit im I s c h i a di c u s Markseheiden- und Axondegeneration, ferner um einige Gefal~e lymphoeyt~re Infiltrate mit Leukoeyten vermisoht. Im nicht geiml0ften Isehiadicus keinerlei Ver~nderungen. In den zum Ischiadieus geh6renden S p i n a l g a n g l i e n sind auf beiden Seiten die Amphicyten stellenweise stark vermehrt, auch ist eine leichte ]ymphocytare Inffitratbildung zu sehen, aui der Impfseite vielleicht etwas mehr als au~ der anderen. Die P i e ist in der gesamten L~nge des Riickenmarkes mit Lymphoeyten und Leukocyten infiltriert, jedoeh nehmen die Infiltrate orMw~rts an Dichte sehr erheblieh ab. Die eerebrMen Meningen zeigen nur noeh bier und da. ganz sp~rliche Infiltratbildung. Im ganzen geht sie quantitativ dem zentralen Prozeg parallel. Im L ~ t m b a l m a r k ist eine gewisse ttMbseitenbetonung der-Vergnderungen unverkennbar; auf der Impfseite Mud fast Mle Vorderhornzel[en infolge Neuronophagie versehwunden, w~hrend auf der anderen Seite noch reichlieh Nervenzellen erhalten blieben. Aueh Restkn6tehen sind auf der Impfseite in geringerer Zahl sichtbar; sie bestehen fast ausschlieltlieh aus Gliaelementen. Die Kerne der an ihrer Bildung beteiligten Zellen sind unregelm~Big gestaltet. We in den Neuronophagien noch Plasmareste siehtbar sind, finden sich fas% immer auch Leukoeyten. Die Kerne der Ganglienzellen zeigen des Bild des k6rnigen Kernzerfalls. Ste]lenweise sehen wir Ze]lschatten, h~ufiger abet erseheint das Ze]lplasma eigen~rtig homogen, so dM~ yon einer Tigroidstruktur niehts mehr zu erkennen ist. Selten sind die Tigroidsehollen verklumpt, nur ausnahmsweise
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normal erhalten. Den weniger schwer gesch/~digten Ganglienzellen sehmiegen sich einige langliche Gliakerne an, ohne in ihren KSrper selbst einzudringen. Bei einem Tell der Gliaelemente ist der Kern seitw~rts gedrangt, halbmondfSrmig oder unregelmaBig gestaltet, das Plasma rund, vakuolisiert. Der Vergleieh mit spgteren Stadien wird ergeben, dab solehe Elemente als junge KSrnehenzellen anzusehen sind. Die Ar~eria fissurae reed. ant. ist yon Lymphocyten, ihre Abgangsaste yon Leuko- und Lymphocyten umhiillt. Auf der weniger schwer erkrankten, d. h. auf der nicht geimpften Seite, finden wir mehr Leukoeyten als auf der Impfseite. Diese Tatsache ]~Bt darauf schliel3en, dal3 sich bier die Veranderungen noeh in einem jiingeren Stadium befinden. Im S a e r a l m a r k ist der Prozel3 ebenfalls noch schwer. Das Grau ist yon Leukocyten fibersehwemmt. Die Glia - - wahrseheinlich in erster Linie die Hortegaelemente - - ist diffus und herdf6rmig gewuehert. Die Ganglienze]len weisen nut in den obersten Segmenten sehwerste Veranderungen auf, h~ufig bis zu vSlliger Neuronophagie, in den eaudalen Segmenten treten die GanglienzeUschadigungen sehr erheblich zurfick; Neuronophagien kommen bier nur noeh ganz selten vor. I n den oraleren Segmenten sind die Ver~nderungen viel weniger ausgesprochen. Im B r u s t m a r k ist ungefahr die Halite der motorischen Ganglienzellen noeh erhalten, d.h. sie sind nicht neuronophagiert, wohl aber schwer akut geschadigt. Die andere H~lite ~eist versehiedene Stadien der Neuronophagie auf, vom leukocytaren Stadium bis zum g]i6sen RestknStchen. Ein Unterschied hinsichtlich der In- und Extensitat des Prozesses ist zwischen reehts und links gegenfiber den h m b a l e n Segmenten hier nieht mehr erkennbar. Die Zellen der Clarkesehen Saule sind fast alle erhalten, wenn auch verandert; nur einige sind einer leukocytar-gliSsen Neuronophagie zum Opfer gefallen. Die Leukocytenausstreuung und die Gliaproliferation tritt im Areal der C1a r k e sehen Saulen ganz erheblieh zuriick, w~hrend das tibrige Grau yon zahlreiehen freien Leukocyten fibersehwemmt ist. Auch die mittelgroBen Ganglienzellen werden durch Leukocyten und Gliaelemente neuronophagiert. VSllig intakt ist die Zellgruppe der lateralen Saule, d.h. der Sympathicuselemente. Die Gefal3e sind zart yon Leukoeyten und Lymphoeyten infiltriert, die Glia ist diffus, aber in geringem Grade vermehrt. Die thorakalen und eervica]en Spinalganglien sind frei yon Veranderungen, bis auf eine m~13ige Amphicytenvermehrung. Im untersten C e r v i c a l m a r k sind die Ver~nderungen nur erst sehr wenig ausgepragt. Wo Gefaitinfiltrate bestehen, sind es vorwiegend Leukocyten, haufiger finder man leukocytar-gliSse Herde, aber nur verhaltnism~Sig selten freie Leukocyten. In den gro/3en motorisehen Ganglienzellen ist das Tigroid leieht zusammengeballt; sehwerere Ver~nderungen, insbesondere Neuronophaglen, fehlen ganzlich. Ein ~hnliehes Bild bietet die O b l o n g a t a , dl h. auch hier fehlen Neuronophagien vSllig. Im N u c l e u s t u b e r sehen wir aul~er einigeu kleinen ]eukocytar-gli6sen Herden einige schwer erkrankte Ganglienzellen, auch beginnende Neuronophaglen. Leukocy~r-gliSse Herde kommen auch in der Umgebung des roten Kernes vor, ebenso im N u c l e u s p a r a v e n t r i c u l a r i s . Einigc einstrahlende GefaBe der
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Tubergegend sind yon einem zarten leuko-lymlohocyt~iren Infiltrat umhiillt. Die iibrigen Gebilde dieser Ebenen sowie die noch mehr oralw~irts liegenden IIirnteile zeigen keinerlei Vergnderungen. Zusammenfassend ergibt sieh, dal~ beim isehiadicus-geimpften Affen 45, der etwa 24 Stunden nach Auftreten der ersten Lihmungserseheinungen get6tet wurde, d e r histologisehe ProzeB bereits dureh das ganze t~iiekenmark verbreitet gelunden wird. Der ProzeB ist in den lumbalen Segmenten maximal, dabei auf der Impfseite wasentlieh ausgesproehener als auf der anderen Seite. Wir sehen alle Stadien dar Ganglienzellseh~tdigung his zur vOlligen Neuronophagie bzw. bis zum Ersatz der Ganglienzellen dutch gliogene Elemente. Trotz einer weitgehanden Destruktion aueh auf der linken Seite dar lumbalen Segmenta bastand kliniseh n u t eine ,,abnorme Ermiidbarkeit" des ]inken Beines. Der Proze~ verliert sehon in den dorsalen Segmenten seine halbseitige Batonung, die Neuronophagien werdan seltener und werden im Cervieahnark und weiter a u f w i r t s / i b e r h a u p t nieht mahr beobaehtet. D i e P r o ze Be n t w l e k l u n g s p i e g e l t s i e h ferner aueh sehr ausgesproehen im leukoeytiren Anteil der infiltrativen Elemente wider; sie treten zahtenm~Gig in den zuerst befallenen Segmenten gegeniiber den oraler gelegenan Zentren zuriiek, aueh sind sie auf der geimpftan und damentspreehend iriiher erkranktan Seite des Lumbalmarks bereits in geringarer Zahl vorhanden als auf der anderen. Mit der parenehymMen Sehidigung geht die gliogene t%eaktion keineswegs parallel; diese reieht oralwarts wesentlieh welter als der Ganglienzellzerfall, untermiseht mit Leukoeyten erstreekt sie sieh bis zum Mittelhirn aufwarts. Dem klinisehen Bild der Monoplegie naeh Ischiadieusimpfung entsprieht mithin ein ausgedehnter ProzeB im Lumbosaeralmark, der oralwarts sehnell abnimmt. Die Tatsaehe, dab as sieh nieht mehr um ein rein monoplegisehes Stadium gehandelt hat, insofern das Tier mit dam linken Hiuterbein raseher ermiidete als normal, findet histologiseh darin ihre Erkl~rung, dab ~ueh auf der linken Seite des Lumbosaeralmarks sieh bereits ,dele Ganglienzellen im Stadium der Neuronophagie befinden. Ein ungef~hr gleiehes Stadium der ProzeBentwieklung wie Affe 45 zeigen die medi~nus-geimpften Tiere A f f e 21 und A f f e 31. Der Untersehled in der ProzeBverteilung und in der Symptomengestaitung wird lediglich dadureh bedingt, dab bier die Impfstelle
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weiter oralw~rts liegt. Dementsprechend sehen wir zenfraler gelegene Regionen bis zur Hirnrinde aufw~rts ausgiebiger befallen als bei Affe 45. Fall Affe 31 ist besonders instruktiv dadurch, dab das Tier zu einem Zeitpunkt getStet wurde, wo eine schlaffe L~hmung des einen, und zwar des medianus-geimpften, Armes bestand, w~hrend man yon dem anderen Arm nur den Eindruek hatte, dab er ,,nicht mehr normal kr~ftig" war. Es bestand sonst lediglich eine gewisse Uusieherheit in der ~umpfhaltung und eine abnorme Erm~dbarkeit. Histologisch linden wir in gleicher Weise wie bei Affe 45 einen sehr ausgedehnten ProzeB, der - - entspreehend der Impfstelle - - in den cervicalen Segmenten besonders hochgradig ist, auf der Impfseite wesentlich ausgesprochener Ms auf der anderen Seite. Der ProzeB wird eaudalw~rts diffus und nimmt gleichzeitig an Intensit~t ab; immerhin befinden sich bereits zahlreiche Ganglienzellen im Stadium der Neuronophagie. Die Neuronophaglen unterseheiden sich strukturell voneinander in sehr erheblichem Mal3e; der leukocyt~re Anteil w~chst mit der Entfernung yon den primer ergriffenen Zentren. Bei Affe 21 begegnen wit histologiseh, was den ProzeBaufbau betrifft, prinzipiell gleiehen Verh/~ltnissen: OrMwgrts hat der Prozel3 beide Male die motorisehe Region, d. h. die vordere Zentralwindung, erreieht. Eine an sieh spgrliehe leukoeytare Infiltration bzw. eine Ausstreuung yon leukoeyt~ren Elementen ins Nervengewebe, sowie eine glitSse I~eaktion halten sieh ziemlieh seharf an die IiI. und V. Rindensehieht. Einzelne Ganglienzellen der III. Sehieht sind mehr oder weniger sehwer akut geseh~digt. Die meningeMe, im wesentliehen lymphoeyt~re Reaktion reieht diffus mit stellenweiser Akzentuation fiber alle Teile des Zentralnerveusystems weg. I-I u r s t konnte bei drei ls ehiadieustieren bereits 4: Tage nach der Impfung in der gekreuzten motorisehen Rinde Vergnderungen nachweisen. Die Abweiehung yon dem yon uns erhobenen Befund (Affe 45) dfirfte darin begriindet sein, dag die Inkubationszeit des Virus, mit dem I-Iurst arbeitete, eine ktirzere war (bei uuserem Stature monoplegisehes Stadium am 6. Tag, bei dem t t u r s t s e h e n Stature 4 Tage naeh der Impfung). Mit den H u r s t s e h e n Beobaehtungen vollauf im Einklang steht die Tatsaehe, dab beim Affen 31 lediglieh die der Impfseite gekreuzte motorisehe l~egion erkrankt gefunden wurde und wahrscheinlieh aueh in der subthalamisehen Region der Proze13 auf der gekreuzten Seite betont ist. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde.
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H. Pette, H. Demme u n d St. Kgrnyey: 3. D~s loaraplegisehe S t a d i u m . Die f r t i h e s t e n V e r s
dieses S t a d i u m s z e i g t d e r i n d e n
I i n k e n I s e h i a d i e u s g e i m p f t e Af~e 20. B e i i h m t r a t die P a r a p l e g i c t i b e r N a c h t auf.
I n d i e s e m S t a d i u m w u r d e das T i e r g e t 6 t e t .
Affe 20. 9. I. 1929. Im Liquor 5/3 Zellen. G e i m p f t m i t L e n d e n m a r k y o n Affe 18 (Stature K]ing) in den linken Ischiadicus. 12. I. 1929. Ira Liquor 464/3 Zellen. Klinisch o. B. Sehr lebhaft, niehts yon L~ihmung. 13. I. 1929. Morgens und auch abends unauffallig, keine L~hmungen. 14~.I. 1929. N[orgens H i n t e r k 6 r p e r v S l l i g g e l ~ h m t , kann weder Beine noeh Zehen bewegen, kann auch nicht mehr sitzen, I n den Armen vSllig frei, bewegt gut, greift, und zwar mit guter Kraft, kann sich mit einer Hand, reehts undlinks, an vorgehaltenem Stab hoehziehen. Im Liquor 448/3 Zellen. Unmittelbar naeh Erhebung dieses Status in ~thernarkose dutch Entbluten get6tet. H i s t o l o g i s e h e r B e f u n d : G r o g h i r n : I n den Meningen ganz selten leichte Lymphocyteninfiltrate. Hemisph~ren einschlieNich motorische Rinde o. B. Der am weitesten oral befallene Hirnteil ist das M i t t e l h i r n , in dessen vorderem Absehnitt wir im Nucleus tuber and in seiner Umgebung ganz feine, aus Leukocyten und Lymlohocyten bestehende, loerivaseul~re Manschetten sehen, beim Intaktsein des i~brigen Querschnittes. Sehwerer wird der Prozeg in der HShe hinter der Vierht~gelplatte. Im ganzen Grau der tIaube zerstreut Leukoeyteninfiltrate und tIerde yon freien Leukocyten. Die loeriaquaeduktale Gegend ist nicht bevorzugt, der Troehleariskern frei. Die Ganglienzellen sind verschont. Frei ist die weige Substanz his auf einige ]eichte perivascul~re leukocyt~re Infiltrate ira Brfiekenarm. Die tIaubenverSmderungen setzen sieh auf die B r i i e k e fort. Besonders befallen sind der untere Tell der l%aphe und die Formatio retieularis. Geringe Veranderungen in den Vestibulariskernen; Abdueens- und Facialiskern, obere Oliven fast ganzlieh verschont. In der O b 1o n g a t a einige vornehmlich aus Leukocyten bestehende Infiltrate. I n den unteren Oliven und in ihrem Hilus zah]reiche groBe Leukoeytenherde. Leukoeyteninfiltrate in der weiehen tIaut. I m K l e i n h i r n nur einige Iterde in dem den Nucleus dentatus umgebenden ~ark. R i i c k e n m a r k : Weiche Hirnhaut fiber dem I-Ialsmark nur leieht, fiber dem Lumbosacralmark stark infiltriert. Die Infiltratzellen sind stellenweise Leukound Lymphocyten, an anderen Stellen Lymphocyten und Polyblasten, unter ihnen sind aber aueh junge Plasmazellen zu linden. Am st~rksten ist das Infiltrat in der Gegend der Arteria spinulis ant., yon bier setzt as sieh entlang dem Septum ant. auf die intraspinalen Gef~l?e fort. Um diese selbst geringe, aus Lymphocyten und jungen Plasmazellen bestehende Infiltrate. Zahlreiehe grote freie Leukoeytenherde. Die Nakroglia erseheint auf Cajal-Pr~paraten gesehwollen. Ihre Fortss befinden sieh in AbbrSekelung. Die Mikroglia ist nur ganz leicht gesehwollen (Abb. 1~). Der ProzeB nimmt caudalw~rts zu. Im
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Lendenmark sind fast alle motorischen Zellen yon Leukoeyten befallen. Die wenigen erhaltenen zeigen das Bild der sehweren Zellerkrankung mit Kernschrumpfung. Die Leukoeytentiberschwemmung des Grau erreieht einen enormen Grad. Oxydasereaktion positiv. Im Brust- und Halsmark kommen Neuronophagien und schwere Zellerkrankung setten vor, in einem Tell der Vorderhornzellen ist selbs~ die Tigroidstruktur beinahe normal. Im unteren Sacralmark sind die meisten motorischen Zellen erhalten und nur ]eicht ver~ndert. S p i n a l g a n g l i e n der Lumbalsegmente. Leukoeyt~re und lymphocyt~re Infiltrate, amphicyt~re Neuronophagien. In einem Teil der Ganglienze]len ist die Tigroidsubstanz aufgelSst und der Kern geschrumpft. Im g e i m p f t e n N e r v e n vereinzelte kleine Lymphocytenherde.
Abb.14. Affe20. Hortega-Pr~parat. Wucherungund Schwellung der Mikrogliazellen. Linksunten Kernvermehrung, wahrscheinlich ausgewanderte mesodermaleElemente. Affe 20, der a m 6. Tage n a c h der Isohiadicusimpfung iiber N a c h t p a r a p a r e t i s c h w u r d e u n d gleichzeitig eine L g h m u n g der l%umpfm u s k u l a t u r zeigte, w g h r e n d die oberen Extremit~tten frei beweglich blieben, bot histologisch die K e n n z e i c h e n schwerster p a r e n c h y m a l e r S o h g d i g u n g des L e n d e n m a r k s . Eine halbseitige A k z e n t u a t i o n der P r o z e B b i ! d u n g ist nioht zu erkennen. Oralwgrts n i m m t der Prozel~ a n I n t e n s i t g t sehr sohnell a b ; i m m e r h i n aber finden sich im ttalsm a r k n o c h N e u r o n o p h a g i e n . Bis z u m Mitte]hirn aufwgrts k e h r e n die b e k a n n t e n Ver/~nderungen in den b e k a n n t e n R e g i o n e n wieder. 11"
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Von da ~b aufwgrts k o m m e n his auf sp~rliehe Infiltrate in den ~[eningen keine Entz~indungsvorg/~nge mehr vor. Eine prinzipielle Ubereinstimmung in der Prozegausbreitung mit Affe 20 fanden wir bei zwei medianus-geimpften Affen (Affe 32 und Affe 28), die -- entspreehend der Impfung -- eine Paraplegie der vorderen Extremit~ten zeigten. Die Tiere wurden nieht unmittelbar nach Anftreten der ersten L~hmungserscheinungen, sondern erst Stunden sp~ter get0tet. Affe 32 starb mehr als I2 8tunden, aber weniger als 24 Stunden sp~ter (die genaue Zeit 1/il~t sich nieht bestimmen, d~ der Affe w/~hrend der Nacht st~rb), w~hrend Affe 28 etw~ 24 Stunden n~ch Feststellung der L~hmung beider Arme get0tet wurde. Die schwersten Ver~nderungen finden wir aueh hier wieder in den zur Impfstelle gehOrigen, d. h. in den cervicMen Segmenten; d~bei ist eine HMbseitigkeit hinsichtlich der Schwere der Veranderungen zugunsten der Impfseite bei Affe "28 nnverkennb~r. Nur ~usnghmsweise sieht man in den cerviealen Segmenten noch Leukocyten, w~hrend sich die gliogenen Elemente bereits ira Stadium werdender K~Srnchenzellbildung befinden. OrMw/irts nimmt der Prozeg ganz sllm~hlich an Intensit~t ab, immerhin reicht er, entsprechend der 1/ingeren D~uer der Xrankheif nnd der oraler gelegenen Impfstelle dem ischi~dicus-geimpften Affen (Affe 20) gegeniiber, in beiden Fallen bis in die motorisehe 1%egion aufwgrts, wo sich eine elektive Schichtbeteiligung (III. und V.) feststellen lgl~t, Zwischen dieser Region und der Stelle des ProzeBausganges (Cervicalmark) sind alle Zentren in bekannter Auswah], allerdings in versehiedenem AusmaB, ergriffen. CaudMwgrts yon den Cerviealsegmenten nimmt der Prozeg ebenfalls an Intensitgt und Extensitgt ab, das leukoeytgre Element ist in den lumbalen nnd sacralen Segmenten vorherrschend, wghrend die Glia, die zwar diffus gewuchert ist, yon einer Fettk~Srnehenzellbildung noch niehts erkennen lggt. Aus allen diesen Feststellungen geht hervor, dab die A u s d e h n u n g des a n a t o m i s e h e n P r o z e s s e s in e i n e m T e i l d e r F g l I e A u f s e h l n l 3 g e b e n k a n n t i b e r die I n f e k t i o n s s t e l l e u n d t i b e r d a s A l t e r d e s P r o z e s s e s . Am stgrksten sind regelmgBig die zum geimpften Nerven geh6renden Segmente ergriffen und bier wieder - - wenigstens anfangs - - die Impfseite. Entspreehend der segmentalen Betonung sehen wir kliniseh eine Paraplegie: bei den isehiadieus-geimpften Tieren an den unteren, bei
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den medianus~geimpften an den oberen Extremit/~ten. Die Halbsei~enbetonung rut sieh kliniseh darin kund, dab der Paraplegie in der Mehrzahl der F~lle eine Monoplegie der geimpften Extremit/~t vorausgeht. Die tIalbseitenbetonung der Intensitgt des anatomischen Prozesses kann im par~plegischen Stadium verwaschen sein, kann abet aueh noch bis in ziemlieh sp/~te Stadien erkennbar bleiben. Dies konnten wir beim A f f e n 46 (ffinftes Tier unserer Impfserie), weleher am 7. Tage nach Impfung in den reehten Isehiadieus, und zwar 72 Stunden naeh bestehender L~hmung der Hinterbeine, starb, feststellen; bier war in den lumbosaeralen Segmenten die Impfseite stgrker ergriffen als die en~gegengesetzte. ~FiirdieAltersbestimmung des Pr0zesses gibt jedoeh erst die Kenntnis vom feineren histologisehen Gesehehen sichere Anhaltspunkte. Die Ausstreuung Ieukoeyt~rer Elemente stellt das erste Stadium der Prozeflentwieklung dar. Ihm folgt das gli0se Stadium, in dem sieh uns dutch den Vorgang der Fettk6rnehenzellbildung ein weiteres wiehtiges Kriterium ftir die Erfassung des Zeitfaktors dartut. Dieses N a c h e i n a n d e r : Ausstreuung yon Leukoeyten und Umwandlung gliog e n e r E l e m e n t e in l ~ e t t k b r n e h e n z e l l e n , erlaubt weitgehende Sehlugfolgerungen hinsiehtlich des ProzeBa b l a u f e s . Das zeigg sieh besonders eindrueksvoll im Falle Affe 46. Wit sehen bier unter anderen in den zum geimpften Nerven gehSrigen Segmenten auf der Seite der Impfung bereits junge Fettk0rnehenzellen, w~hrend auf der anderen Seite nur gesehwollene 5likrogliaelemente mit vakuolisierten Forts~tzen vorkommen. In den entfernter gelegenen Segmenten hingegen herrseht noeh das leukoeyt/~re Stadium vet, ein Beweis dafiir, dal3 der Prozel3 hier zeitlieh jiinger ist Ms im Bereieh der Ausgangssegmente. Uber den weiteren Prozel3ablauf gibt Fall Affe 52 AufsehluB. Er verdient aueh deswegen Beachtung, well im Gegensatz zu den meisten sonstigen t3eobaehtungen die L/~hmung 5 Tage lang auI die hinteren Extremit/~ten besehr~nkt blieb. Affe 52. 2i. II. I931. Geimpf~in den linken Ischi~dicus mit Lendenm~rk von Affe 37. 24. II. 1931. Im Liquor 240/3 Zellen. 25. II. i931. Im Liquor 800/3 Zellen. 2. III. 1931. Bisher keine Anzeiehen einer L~hmung. 10. III. 1931. L~hmung der hinteren Extremit~ten. Zellzahl im Liquor 784/3. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 128. 11b
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12. III. 193]. Allgemeinzustand verschleehtert sieh. Im Liquor 689/3 Zellem 14. III. 1931. Klinisch unver~ndert, d.h. vSllige Lahmung der hinteren Extremitgten, w~hrend die vorderen weiter intakt erscheinen. 15. III. 1931. Morgens tot ira Stall geiunden. t I i s t o l o g i s c h e r Befund (Rfickenmark): Im L u m b o s a e r a l m a r k sind auf beiden Seiten die groSen Vorderhornzellen verschwunden. In den Vorderh6rnern ist die Neuroglia - - alle drei Arten - - stark gewuohert. Zahlreiche Gitterzellen, zum Teil Neutralfette in Form feinster TrSpfchen enthaltend. Gliafaserbildung in einem Toil der Astrocytem M~fliger ist die Gliawucherung auf dem basMen Tell der ttinterh6rner. Die Gef~l?e sind - - vornehm]ich in der graaea Substanz - - yon Lymphocyten and Plasmazellen nmhiillt. Nur an wenigen Stellen lymphocyt~re PiMnfiltrate, mit Plasmazellen vermischt. Im B r u s t m a r k hhnliches ]~ild. Im I I a l s m a r k sind aaf der einen Seite die meisten Vorderhornzellen ausgefallen. Die fibrigen sind mohr odor minder stark ver~ndert. Auf der anderen Seite nur leiehtere Ganglienzellvergnderungen. Die Arteria fissurae med. ant. sowie die intraspinalen Gef~13e, vor Mlem der grauen Substanz, sind zum Teil ziemlieh stark lymphoeyt&r infiltriert. Die Glia ist im Bereiehe der starken Ganglienzellseh~digung gewuchert und ffihrt ~einste Neutralfetttr6pfchen. Es linden sich fertige Gitterzellen. Das l~[arldasergeflecht der VorderhSrner erweist sich selbst in den stark ergriffenen LumbMsegmonten im Weigert-Prs Ms erhalten; nut ist es stellenweise durch die Infiltratbildung auseinander gedr~ngt and ein Toil der Markscheiden ist geschwollem D e r B e f u n d i m L u m b a l m a r k illusgriert das F o r t s c h r e i t e n des Prozesses gegenfiber d e n i m Beginn des p a r a p l e g i s e h e n S t a d i u m s g e s t o r b e n e n Allen. Bei l e t z t e r e n ist die G l i a w u c h e r u n g in d e n I m p f s e g m e n t e n n u t noch eine m a g i g e , die Mikroglia zeigt die Ans~tze der K 6 r n e h e n z e l l b i l d u n g . Die G l i a w u e h e r u n g k o n n t e m i t d e m a u s g e d e h n t e n Ganglienzellzerfall n i e h t Schritt hMten, infolgedessen sehen wit i m V o r d e r h o r n eine G e w e b s a u f l o e k e r u n g . I m S t a d i u m , welches M f e 52 r e p r s ist hingegen die Glia e n o r m gewuchert, die K 0 r n c h e n z e l l b i l d u n g weiter f o r t g e s e h r i t t e n , die G]ia speic h e r t N e u t r a l f e t t . E s ist das B i l d e i n e s s t i i r m i s e h e n Abbauprozesses. Ansgtze der Ersatzleistung sind in der E n d o t h e l w u e h e r u n g u n d Gtiafaserbildung zu e r k e n n e n . 4. Die vollausgebildete (tetraplegische) Poliomyelitis n a e h n e u r a l e r Impfung. Bei e i n e m Teil der a m 3. T a g e n a e h A u s b r u e h der K r a n k h e i t g e t 6 t e t e n A l l e n w a r e n die d e m g e i m p f t e n N e r v e n e n t s p r e e h e n d e n E x t r e m i t g t e n vollst~tndig u n d dab a n d e r e E x t r e m i t s mehr o d e r m i n d e r vollst~ndig gel/~hmt. Histologiseh zeigt sieh in diesen
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F/~llen, d a b d e r Prozel3 d a s g a n z c Z e n t r M o r g a n , d. h. d a s R f i c k e n mark in tote und das Hirn in seinen Prs ergriffen hat. Im Riickenmark spiegelt sich der zeitliche Ab]auf des Prozesses i n m a n c h e n F M l e n i n s o f e r n w i e d e r , Ms d i e z u r g e i m p f t e n E x t r e m i t / ~ t g e h f r i g e n S e g m e n t e d i e s c h w e r s t e n u n d /~ltesten V e r / ~ n d e r u n g e n a u f w e i s e n . Da, s i l l u s t r i e r t i n a u s g e s p r o c h e n e r W e i s e d e r m e d i a n u s g e i m p f t e A f f e 40. A f f e 40. !5. XL 1930. In den reehten Medi~nus geimpft (Stature Lev~diti). 22. XI. 1930. Das Tier, das bisher unauff/~llig war, ist heute sehr unruhig, es schont den rechten Arm etw~s. 23. XL 1930. Sehlaffe L/~hmung des reehten Armes; sonst ]ebhaft. 24. XI. 1930. L~hmung des reehten Armes besteht tort; leiehte Parese der l~umpfmuskutatur und der Beine. Liquor: 604/3 Ze]len. Abends: Beine paretisch (nicht v611ig gel/~hmt), das Tier kann sich nieht mehr aufrichten. 25. XI. 1930. Das Tier ]iegt schlaff am Boden, bewegt nur den Kopf, minimal aueh noch den linken Arm. Kopf-, Gesiehts-, K~umuskeln soweit zu prtifen normal kr/~ftig. Get6tet durch Entbluten. I i i s ~ o l o g i s e h e r B e f u n d : G r o l 3 h i r n : Leichte lymphocyt~re Meningitis. In der S t i r n h i r n r i n d e reine Gliaknftchen, in den medialen Abschnitten zahlreieher Ms in den laterMen, aus ~ikro- und auch aus Makroglia bestehend. Manche Makrogliazellen sind stark ver/~ndert; ihr Kern ist geschwollen, gelappt, ihr Plasma geschwollen, dunkel gef~rbt, angenagt, vacuo]isiert, Stellenweise Ganglienzellver~nderungen, das Tigroid ist zusammengebMlt. In der sonst homogenen Masse befinden sich ungef~Lrbte Liicken. Einzelne radi/~re, manchmal aueh tie~e Gef~Se mit Lymphocyten infiltriert; unter den IIL{iltra~zellenAnfangsstadien der Plasmazellbildung. Die Vers sind auf der reehten Seite ausgesproehener Ms auf der linken. I n der m o t o r i s e h e n l ~ i n d e beider Seiten dasselbe Bild wie in der irontalen. Im frontMen Teil des Ci n g u ] u m reehterseits viele Ganglienzellen mit dunkelgef/~rbtem PlasmMeib und kaum erkennbarem Kern. Im reehtsseitigen S e p t u m p e l l u c i d u m ein Gliaknftehen. In der P a r i e t a l r i n d e , links ausgesproehener als rechts, verstreut hypertrophisehe Makro- und Mikrogliazellen mit geschwollenem, hellem Kern, deut]ichem PlasmMeib und dieken Forts~tzen, stellenweise auch Gliaknftchen. Viele Ganglienzellen stark ~-ers Ihr Zelleib ist homogen, bein~he ungef/~rbt, nut viele Ringelchen f/~rben sieh ganz dunkel. Selten Bilder der prim~ren Reizung. A m m o n s h o r n , Oceipit~llappen, S t r i c t u r e , B a l k e n und F o r n i x frei yon Ver~nderungen. I m Glo b u s p a Ilid u s beiderseits leiehte perivaseuls Lymphoeyteninfiltrate u n d zahlreiche rein gliOse Kn~Stehen, z u m Teil yon ausgedehntem Umf~ng, die
gleichen KnOtehen im lateralen T h a l a m u s k e r n , im N u c l e u s m a m i l l o i n f u n d i b u l a r i s , in der Z o n a i n e e r t a und i m K e r n des F o r e l s c h e n F e l d e s , in nur sehr geringem Mal]e im N u c l e u s p a r a v e n t r i c u l ~ r i s . D~s T u b e r e i n e r e u m selbst ist frei.
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H. Pette, It. Demme und St. K6rnyey:
I m C o r p u s L u y s nur einige beseheidene InYiltrate; vereinzelte Meine Gliaherde auf der reehten Seite. Die S u b s t a n t i a n i g r a zeigt nur ganz leielite Mikrogliawueherung und Sehwellung, selten kommen Lymphoeytenmansehetten und rein gliSse tterde vet. Die gleiehen Ver~nderungen" linden sieh in der R u b e r s t r a h l u n g , im D a r k s e h e w i t s e h s e h e n K e r n und im O e n l o m o t o r i u s k e r n . I n letzterem sehen wit gesehwollene Ganglienzellen mit glasigem PlasmMeib und gesehwollenem Kern, andere Zellen sind gesehrumpft, ihr Plasma dunkel gef&rbt. Die m e d i a l e n und l a t e r a l e n K n i e h 6 e k e r sind versehont. Im T e e t u m m e s e n e e p h a li infiltratiwgliOse Ver~nderungen, desgleiehen in sehr geringem Grade aneh im G a n g l i o n i n t e r p e d u n e u l a r e . I m periaqus duktMen Grau einige perivaseul~re Infiltrate. Der T r o e h l e a r i s k e r n zeigt keine Ver~nderungen. I m B r ii e k e n f u 13atypiseherweise einige feine Lymphoeytemnansehetten und Gliaherde. Die Pin der Briieke ist mit Lymphoeyten infiltriert. Das T e g m e n t u m d e r B r i i e k e und d e s v e r l g n g e r t e n M a r k e s zeigt diffuse Hypertrophie und Hyperplasie der gliaelemente, ihr Zelleib ist vielfaeh vaeuolisiert; stellenweise rain gliSse KnStehen. Einige Gefgge yon Lymphoeyten leieht eingeseheidet, Ansg%ze yon Plasmazellbi'Idung: I m Nervengewebe freie runde Kerne mit einigen Chromatinbr6ekeln, die yon einem kleinen, dutch Toluidin lila gefgrbten PlasmMeib mngeben werden. Ganz selten aueh ausgebildete Plasmazellen. Manehe in dieser Weise metaehromatiseh fgrbbare Zellen sind hypertrophiseh, ihr Kern ist gesehwollen und zeigt gelegentlieh eine Einsehn~irung, woraus man sehliegen d~rfte, dab sie Amitoseformen yon Plasmazellen sind. Besonders stark vergndert sind der meseneephMe und motorisehe Trigeminuskern, ferner die Vestibularis- und Coehleariskerne. I n diesen kommen auger kleinen Gliakn6tehen, die wahrseheinlieh als rein gli6se Neuronophagien zu werten sind, auch Nervenzellvergnderungen vor mit Dunkelf~rbung yon Plasma und Kern, bier und da mit geilweiser Tigrolyse. Leiehtere Vergnderungen im Abdueens- und im FaeiMiskern. Hier jedoeh keine Neuronophagien. I m IIilus olivae einige leiehte perivaseul/~re Lymphoeyteninfiltrate. I n der K l e i n h i r n m o l e e u l a r i s stellenweise Gliakn6tehen mit primitiven Plasmazellen untermiseht, sowohl im W n r m wie in den tIemisphgren. In den K l e i n h i r n k e r n e n und in der sie umgebenden Marksubstanz zarte leuko-plasmoeytgre Infiltrate; diffus verstreut, abet selten kleine GliaknStehen, bier und da mit wenigen primitiven Plasmazellen untermiseht; selten leiehte Ganglienzellvergnderungen. Im t ~ i i e k e n m a r k sind die Vergnderungen in den untersten CervieMsegmenten am weitesten fortgesehritten, sie nehmen yon hierab orM- und eaudalwgrts an Sehwere und Alter ab; der Prozeg ist auf der einen Seite stgrker Ms auf der anderen; auf der einen - - offensiehtlieh auf der Impfseite --- ist im Vorderhorn yon Ganglienzelien bzw. ihren neuronophagierten Resten (Gliaanh~ufung) nur noeh bier nnd da etwas zu sehen, das Areal der Ganglienzellen ist zum Teil dutch ein diffus gewuehertes Gliagewebe ersetzt, zum Teil sehen wir abet nut eine Rarefikation des Gewebes; wahrseheinlieh ein Zeiehen
Studien tiber experimentelle Poliomyelitis.
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dessen, da~ hier die Gliawueherung nicht mit dem Gewebszerfall Sehritt halten konnte; es ist vornehmlich Mikroglia, die grol~enteils den Charakter yon Gitterbzw. Fettk6rnchenzellen angenommen hat. Demgegeniiber sieht man auf der anderen Seite noch zahlreiehe gliSse ~%uronoph~gien, in denen sich allerdings keine Leukoeyten mehr linden; viele dieser Glia-(Mikroglia)ze]len repriisentieren sich bereits ebenfalls als Gitterzellen. Im DorsMmark ist ein sicherer Seitenunterschied zwisehen reehts und links nieht mehr zu erkennen. Die meisten groi~en Ganglienzellen des Vorderhornes sind neuronophagiert. Im Lendenmark und im Sakralmark begegnen wir sehr oft gliSsen Restknoten an Stelle der neuronophagierten Vorderhornzellen. Die meisten erhaltenen Vorderhornzellen sind sehwer geseh/idigt, sehr viele sind vaeuolisiert bzw. wabig ver~ndert, die Tigroidseh011en sind zerfMlen, selten verklumpt, viete Zellen erscheinen wie ~ngenagt. Die Olia ist diffus, hier und da mit lokaler Betonung gewuehert. Es sind iiberwiegend Mikrogliaelemente, selten sieht man Gitterzellbildung. Nur ganz vereinzelt liegen bier und d~ verstreut im Gewebe Leukoeyten. Die Hinterhornzellen zeigen in der gesamten Li~nge des l~fiekenmarkes keine nennenswerten Ver~nderungen, vor allem keine Neuronophagien. I m Well] ]eiehte Vermehrung und Schwellung der Glia. Oral- und eaudMwi~rts yon diesen Ebenen ist die Beteiligung der Mikroglia an der Gli~reaktion ausgesproehener, die Vermehrung der Gliakerne erreieht einen hSheren Grad. Eine ausgesproehene M e n i n g i t i s ist nut fiber dem Lumbosakralmark zu linden, in diesem sind aueh die intramedulli~ren Gefs am stiirksten; im ersten CervicMsegment einige frische Blutungen im Grau. Die S p i n a l g ~ n g l i e n sind in der ganzen L~tnge des Riiekenmarkes auf beiden Seiten mit Lymphoeyten und primitiven Plasmazellen hochgradig infiltriert: Solche Elemente finden wit ~uch in den Septen der W u r z e l n . Auffallend ist in diesem 1%11 d~s f~st vollkommene Fehlen der Leukocyten und das frtihzeitige Erscheinen yon Plasm~zellen. Selbst Kernzerfallsformen, die yon Leukoeyten herzurflhren pflegen, gehiiren zu den grSi~ten Seltenheiten. In dieser Beziehung bestehen keine Untersehiede im ganzen Zentralorgan yon der Rinde bis zu den Spin~lganglien. D e r b e i m A f f e n 40 e r h o b e n e h i s t o l o g i s c h e B e f u n d l e h r t , d a b d e r z e n t r a l e Prozel~ s e i n e n A u s g a n g y o n d e n d e m g e i m p f t e n N e r v e n zugeh0rigen Segmenten nimmt und yon hier aus sich fiber weitere T e i l e d e s Z e n t r a l o r g a n s c ~ u d a l - u n d oralw~irts a u s b r e i t e t . D i e H~lbseitigkeit der Prozel~entstehung kann auch im kliniseh yell ausgebildeten tetraplegisehen Stadium noch erkennbar bleiben. D i e h i s t o l o g i s c h e n B e f u n d e b e i A f f e 51 u n d A f f e 43, w e l c h e g l e i c h f M l s i m B e g i n n d e r T e t r ~ p l e g i e (Affe 51 2 T a g e , A f f e 43 3 Tage nach Auftreten der Monoplegie) starben, lassen nur noch i n s o f e r n e i n e n Schlul~ a u f d i e P r o z e l ~ e n t w i c k l u n g zu, als s i e h f e s t s t e l l e n l~l~t, dM~ d i e V e r / i n d e r u n g e n i n d e n e a u d M e n A b s e h n i t t e n
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H. Pet,re, H. Demme und St. K5rnyey:
- - beide Affen wurden in den Ischiadieus geimpft - - ~tlter sind als in den cervicalen Segmenten. Bei Affe 51 befinden sich die cervicalen Segmente - - wenigstens teilweise - - noch im Stadium der leukoeytaren Neuronophagie, w&hrend in den caudal gelegenen Abschnitten Leukoeyten nut noch sehr vereinzeR vorkommen. Der Altersunterschied des Prozesses wird bei Affe 51 ferner durch die Art der Gliavergnderung gekennzeiehnet: in den lumbalen und sakralen Segmenten befinden sieh zahlreiehe Gliaelemente bereits im Stadium der FettkOrnehenzellbildung, woven im tIalsmark etwas Sieheres noch nieht zu erkennen ist. Ein Seitenuntersehied zwisehen rechts und links ist in keinem der Falle zu erkennen. Bei den Tieren des tetraplegischen Stadiums sind bereits alle diejenigen Teile des Zentralorgans, die in ausgesproehenen Fallen, d.h. im Endstadium der ProzeBausbreitung in ziemlieher 1%egelms befallen werden, ver&ndert. Dag sich sparer die P r o z e g v e r t e i l u n g nicht mehr ~indert, lehren die bei Affe 61 erhobenen Befunde. Dieses Tier starb am 5. Tage naeh Auftreten der ersten L&hmungserscheinungen, 48 Stunden nach Auftreten der Tetraplegie. Der zeitliche Ablauf des Prozesses spiegelt sich darin wieder, dab der Abbau im Lumbalmark bereits das Stadium der Neutralfette erreieht hat. Hier ist der ProzeB <er Ms in den cerviealen Segmenten, we wir nur erst Ansatzen einer FettkOrnchenzellbildung begegnen, und schlieBlieh berechtigt die Tatsaehe einer ausgedehnten leukocyt~ren Infiltratbildung in den einzelnen Arealen des Hirnstammes zur Annahme, dab diese Absehnitte erst sparer befallen wurden. D i e A u s d e u t u n g y o n B e f u n d e n in d e r y o n u n s a n g e s t r e b t e n W e i s e e r s e h e i n t g e e i g n e t , a u e h in F a l l e n y o n m e n s e h l i e h e r P.m. e i n L i e h t a u f d e n G a n g d e r P r o z e B e n t w i c k l u n g zu w e r f e n , ein Versueh, der, soviel wir wissen, bisher in dieser Weise nie gemacht wurde 1. Aber noeh ein Weiteres lehren die hier behandelten F~lle: der ProzeB ist yon einem gewissen Zeitpunkt an fiber das ganze Zentralnervensystem verteilt, nicht diffus, sondern bestimmte Areale bevorzugend, wobei d i e V e r t e i l u n g , wie gerade die zuletzt beschriebenen drei Falle zeigen, GesetzmaBigkeiten unterliegt. 1 Anm. bei der l~orrektur. I)fese Untersuctmngen wurden inzwischen yon einem yon uns (K.) ausgefiihrt. ~ber ihr Ergebnis wurde atff der Wiesbadener Hemologen-Tagung (23. IX. 1932) berichtet.
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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A n h a n g : I m p f u n g in d e n N. f a c i a l i s . Aus den vorher mitgeteilten Beobachtungen geht eindeutig hervor, daft die Ansbreitung des Poliomyelitisvirus auf dem Nervenweg erfolgt und zwar in einer absoluten Gesetzm~Bigkeit, insofern Ms naeh neurMer Impfung primfir stets die zur Impfstelle geh/Srigen Segmente erkranken. Dal~ dies aueh fiir die cranialen Nerven zutrifft, mag folgender Fall (Affe 23) beweisen, bei dem das Virus in den linken N. faeialis geimpft wurde. Affe 23. 28. I. 1929. Geimpft in den linken Facialis mit Dorsalmark yon Affe 21. Zellgehalt im Liquor vor der Impfung: 0. 29. I. 1929. Zellgehalt im Liquor: 120/3. 30. I. 1929. Zellgehalt i m Liquor: 281/3 (leieht sanguinolent). Deutliehe Faeialisparese links. 31. I. 1929. Zellgehalt im Liquor: 880/3. Faeialisparese nimmt zu. Abends L~hmung der linken Hand. 1. II. 1929. Zellgehalt im Liquor: 5376/3. Status idem. Magert ab. Maeht einen allgemein kranken Eindruek. 2. II. 1929. Zellgehalt im Liquor: 2496/3. Sehwerkranker Gesamteindruek. Liegt am Boden. l ~ l l t kin, wenn man ihn aufsetzt. Kann den Kopf nieht mehr hoehhalten. GetStet dutch Entbluten in Narkose. H i s t o l o g i s e h e r B e f u n d : G r o B h i r n : I n der weiehen t t a u t leiehte Iniiltrate aus Lympho- und Leukoeyten bestehend. Im hinteren Tell der frontalen Rinde wenige zarte perivaseul~re Lymphoeyteninfiltrate, stellenweise mit Leukoeyten untermiseht. Im oralsten Teil der motorisehen Rinde einige leukoeyt~re Herde und zerstreute Leukoeyten ira Gewebe in der I I I . - - V . Sehieht. Nut wenige Ganglienzellen im Bereiehe der Leukoeyte nherde sind schwer ver~ndert, w~hrend das fibrige Parenehym intakt ist. Eine Gliareaktion seheint vSllig zu fehlen. Striatum intakt. I m Pallidum einige kleine tterde. Feine Leukoeytenherde in dem dent Thalamus anliegenden Rand der inneren Kapsel. Im zentralen Teil des Sehhtigels und im Nucleus paraventrieularis einige tIerde. M e s o d i e n c e p h a l e r ~ b e r g a n g : Im Oculomotoriuskern einige leichte perivaseul~re Lymphocytenin~iltrate. Freie Leukoeyten zerstreut und in Herden im Gewebe. Satellitenvermehrung, selten leukoeyt~r-gli6se Neuronophagien. I n vielen Ganglienzellen Tigroid aufgelSst, Kern gesehrumpft, basophile Inkrustationen. ~hnliehes Bild im Nucleus tuber. Leukoeyteninfiltrate und Gewebsherde sind ferner ira F o r e l s c h e n Feld und Corpus Luysii naehweisbar. I n der Substantia nigra einige perivasculare Manschetten, bier und da ~reie Leukocyten verstreut. Die Mikrog]ia zeigt stellenweise eine ]eiehte l-Iypertrophie; Kernsehrumplung in einem unbedeutenden Tei] der Ganglienzel]en. I m Corpus praegenieulatum kleine perivascnl~re Mansehetten, aus Leukound Lymphoeyten bestehend. I n der HShe der B r i i e k e nimmt der Prozel~ an Intensit/tt stark zu. Das ganze ttaubengrau ist bes~t mit verstreuten Leukocyten, daneben linden sich
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tI. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
reiehliehe Leukocytenherde; perivascul~r vorwiegend aus Lymphoey~en bestehende Infiltrate. hn Faeialiskern nnd im Deitersschen Kern, welcher das wohl am sthrksten befallene Gebiet dieser It6tie is~, und in geringerer Zahl in der Formatio retieularis leukoeytgre Neuronolohagien. Kein wesentlieher Unterschied zwischen reehts und links. Ganglienzellvergnderungen verstreut im ganzen Querschnitt. Zu bemerken ist jedoeh, dal~ der iiberwiegende Teil der Ganglienzellen keine Verinderungen aufweist. Versehont sind der Ful~teil und die kompakten Faserstr~nge his auf einige Leukoeytenherde der medialen Sehleife der einen Seite. Das G a n g l i o n Gasseri seheint ~uf beiden Seiten int~kt zu sein. ~hnliches gild wie in der Briickenhaube aueh in der O b l o n g a t a ; dis unteren Oliven sind verschont (Abb. 30, S. 224). Die Vergnderungen des K l e i n h i r n s sind nut geringgradig. An den typischen Stellen, d.h. im Nucleus dentatus und in seinem Mark einige perivaseulire Infiltrate und leukoeytare und gtiSse Gewebsherde. Im I~iickenmark Leukocytenherde, leuko-lymphoeytire Gefgginfiltrate, leukocytir-gli6se Neuronophagien, bei Erhaltensein der meisten Ganglienzellen, welche jedoeh grSBtenteils mehr oder weniger schwer verindert sind. Die Intensitgt der Ganglienzellvergnderung erreicht jedoch nur selten die in der Oblong~ta gefundene. Caudalw~rts nlmmt der Prozeg an Intensit/~t sehr erheblich ab. Es besteht kein Untersehied zwischen rechts und links. In den S p i n a l g a n g l i e n stellenweise Vermehrung der Bindegewebskerne und der Amphicyten. Die Ganglien des beiderseitigen K a l s s y m p a t h i c u s zeigen keine sieheren Ver~nderungen. H i n s i e h t l i e h des K r a n k h e i t s v e r l a u f e s ist i m l~alle Affe 23 bem e r k e n s w e r t , d a b schon a m 2. T a g e n a c h der I m p f u n g deutliehe Zeichen einer F a e i a l i s l i h m u n g a u f t r a t e n . DaG es sieh d a b e i n i e h t e t w a u m eine A u s w i r k u n g des d u r c h die I m p f u n g in d e n N e r v e n g e s e t z t e n Schadens h a n d e l t e , e r g i b t sieh daraus, d a b a m folgenden, d. h. a m 3. T a g e bereits eine L g h m u n g der ]inken H a n d f e s t g e s t e l l t w e r d e n k o n n t e . Die T a t s a c h e der Verktirzung des p r i p a r a l y t i s e h e n S t a d i u m s in diesem F a l l firtdet ihre E r k l ~ r u n g offensiehtlieh darin, daG die W e g s t r e e k e zwisehen I m p f s t e l l e u n d O f t der A u s w i r k u n g eine wesentlieh kfirzere ist als bei der I m p f u n g in d e n Ischiadicus u n d a u c h in den Medianus. I n der das K r a n k h e i t s b i l d einleitenden F a e i a l i s l i h m u n g spiegelt sich die A b h i n g i g k e i t der primiren ProzeBlokalisation veto Ort der Impfung w i e d e r ; daG a b e r nieht dieser allein die ProzeGverteilung b e s t i m m t , g e h t d a r a u s hervor, daG n i c h t der Faei~liskern, s o n d e r n der D e i t e r s sche K e r n a m s t i r k s t e n ergriffen g e f u n d e n wurde, ein B e l u n d , d e n wir in ziemlieher I~egelmiBigkeit bei jeder a n d e r e n A r t der I m p f u n g wiederk e h r e n sahen. D a wir auf die F r a g e der Elektiviti~t des Prozesses
S:tudien fiber experimentelle, Poliomyelitis.
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spgter noeh n~her eingehen werden, mag a n dieser Stelle der kurze Hinweis genfigen. I n den gleiehen IKahmen gehOrt sehlieBlieh noch die Feststellung, dab wit in den iibrigen Teilen y o n H i r n u n d R i i e k e n m a r k im wesentliehen die gleiehen AreMe bzw. Z e n t r e n ergriffen sehen, die wit bei den anders g e i m p f t e n T i e r e n als v o m Proze8 b e v o r z u g t befallen linden. W e n n sieh das l%iiekenmark n u t verh~ltnism~tgig wenig an der Prozel3bildung beteiligt, so h a t dies offensiehtlieh seinen G r u n d im Zeitfaktor, insofern das Virus his z u m Augenbliek des Todes nieht hinreiehend Zeit h a t t e , sieh in allen den Teilen auszuwirken, zu d e n e n es eine besondere Affinit/~t hat. II. D i e E n ~ s t e h u n g und der Ausbreitungsweg des poliomyelitisehen Prozesses naeh intraeerebraler Impfung. N a e h eerebraler I m p f u n g starb im l o r g p a r a l y t i s e h e n Stad i u m Affe 73. Dieses Tier sollte eisternal mit einer E m u l s i o n y o n Poliomyelitisvirus geimpft werden. Bei der I m p f u n g k a m es jedoeh zu einer Verletzung der Medulla oblongata, so dab ein Tell des Impfm~teriales u n m i t t e l b a r ins Z e n t r a l o r g a n drang. Affe 73. 19. III. 1931. 31/2 Uhr p.m. Cisternenpunktion. I m Liquor 22/3 Zellen. Cisternale Injektion yon Riiekenmarksanfsehwemmung des Allen 52. Unmittelbar naeh der Injektion zeigte das Tier das Syndrom der hMbsei~igen Mittelhirnverletzung, wie dieses von Probst und ~nderen Autoren im Tierversueh besehrieben wurde: Der Kopf war naeh links gedreht, das reehte Vorder- und das linke IIiuterbein sowie der Sehwanz toniseh gestreekt, das linke Vorder- und das reehte IIinterbein gebeugt. Beim Versueh zu laufen rollte das Tier stets naeh der ]inken Seite. Der linke CorneMreflex war erlosehen. D e n in den M u n d gesteekten Sloatel big das Tier kraftlos an. 20. III. 1931. K6rperhMtung und 3Iotilit~t nnver/~ndert. ~eratitis neuroparMytiea beiderseits. 21. III. 1931. Verf~llt zusehends, naehmittags komat6s. 71/2 Uhr abends
dureh Entbluten get6tet. Makroskopiseher Befund: Injektionsyerletzung auf der dorsMen Oblongataflgehe etwg li/2 rnm ]inks van der Mit~e]linie, etwa 2 mm oral yon tier ersten eerviealen Hinterwurzel. Intra.msdutlgre Blu~ungserweiehung bis zur HShe des Trigeminuseintrit~es. Mikroskopiseher Befund: Die Pia des Groflhirns ist stellenweise Ieich~ yon Lymph0eyten durchsetzt; unter den Infiltra~zellen linden sieh aueh sp~irliehe Leukoeyten.. Ebenso verh/ilt sieh der Plexus e h o r i o i d e u s des Seitenventrikels.
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H. Pette, H. Demme und St. K5rnyey :
In der m o t o r i s e l ~ e n R i n d e sowie im benaehbarten Teil des Parietallappens der einen Seite einige kleine Leukoeytenherde mit Gliakernen untermiseht. In der Mittellinie des T h a l a m u s einige Mikrogliaherde, ein ~hnlieher Herd im mediMen Teil der S u b s t a n t i a i n n o m i n a t a . In tier Z o n a i n e e r t ~ sowie in der M i t t e l h i r n h a u b e zerstreute perivaseulare Leukoeyteninfiltrate und kleine leukoeyt~r-gli6se Herde. Diese dehnen sieh auf der einen Seite aueh auf die Substantia nigra aus, In dieser sehen wir innerhMb des Bereiehes der infiltrativen Ver/~nderungen aueh Bilder der sehweren Ganglienzellerkrankung N i s s l s . Zahlreiehe leukoeyt/~r-mikrogliSse Herde in der O b l o n g a t a h a u b e beiderseits. Ganglienzellver~nderungen nur in der Naehbarsehaft des Blutungsherdes. Starke diffuse und herdfSrmige Mikrogliawueherung im mittleren Markteil des K 1e i n hi r n s zwis ehen den grauen Kernen und innerhMb der mediMen Kerne, whhrend der Nucleus dentatus beinahe intakt ist. In den Gliaherden aueh einige Leukoeyten. Die meisten Ganglienzellen sind leieht, manehe sehwer erkrankt. Kleinhirnrinde frei. Im obersten C e r v i e M m a r k sind fast alle motorisehen Nervenzellen einer vorwiegend leukoeyts Neuronophagie anheimgefallen, die iibrigen sind sehwer akut gesch~digt. Die graue Substanz ist yon Leukocyten i~bersehwemmt, besonders die Vorder-, in geringerem MM3e die HinterhSrner. Die Glib zeigt eine leiehte Hyperplasie und Hypertrophic. Perivaseul~re Infiltrate sind kaum angedeutet, die Meningen sind intakt. Die Ver~nderungen klingen eaudMw/~rts ab. Jedoeh linden wit aueh im L u m b a l m a r k noeh ausgedehnte herdf6rmige Leukoeytenausstreuung. Eine vornehmliehe LokMisation der Leukoeytenausstreuung auf dem lateralen Gebiete des Vorderhornes, wie sie bei den neural geimloften Tieren im pr~iI0aralytisehen Stadium zu beobaehten ist, l~l]t sieh nieht feststellen. Die Ganglienzellen sind nur noeh zum Teil normal, die meisten zeigen eine ]~nderung der Tigroidstruktur, hs im Sinne einer Tigrolyse, seltener einer Verklumpung der Tigroidsehollen. Nur an einigen erkennt man die ersten Anf~nge einer Neuronophagie. Im Bereich ]eukocyt~rer Herde sind die Gliakerne vermehrt. B e i A f f e 73 f i n d e t s i c h also 52 S t u n d e n n a c h d e r n i c h t b e a b siehtigten Impfung in die Medulla oblongata ein ausgesprochener u n d b e r e i t s a u s g e d e h n t e r p o l i o m y e l i t i s c h e r P r o z e 8 , wie a u s d e m Vorhandensein yon leukocyt~ren Neuronophagien, yon Gef~ginfiltraten und yon Gewebsherden hervorgeht. Die Ver~inderungen sind auf das gesamte Zentralorgan yon der motorisehen Rinde bis zum L u m b a l m a r k a b w ~ r t s v e r s t r e u t , sie k l i n g e n m i t d e r E n t f e r n u n g y o n der Impfstelle an Intensit~t ab. Zu ausgedehnteren Ganglienzella u s f h l l e n k a m es f r e i l i e h b i s h e r n i r g e n d s . Uber anatomisehe Befunde im pr~parMytisehen Stadium naeh irttracerebraler Impiung haben l~airbrother u. H u r s t b e r i e h t e t . Sie f a n d e n n a e h I m p f u n g i n d i e G r o B h i r n h e m i s p h ~ r e i n n e r h a l b d e r
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ersten 48 Stunden auger der lokalen Seh~digung nur meningeale Infiltrate fiber Groft- und Kleinhirn und Hirnstamm; naeh 3 Tagen zeigten sieh intraeerebrale Infiltrate bis zum Niveau der Brfieke, w~hrend die ersten intramedull~ren Ver~nderungen erst am 5. Tag ersehienen. DaB bei Affe 73 solehe bereits naeh 52 Stunden naehweisbar waren, diirfte seine ErkI~rung vornehmlieh darin linden, daft das Virus nieht in die Hemisph~ren, sondern in die Medulla oblongata injiziert wurde, d. h. yore Rfiekenmark weniger entfernt. Die L ~ h m u n g tritt bei den c e r e b r a l g e i m p f t e n T i e r e n in zweierlei Form auf: Bei der einen Gruppe entsteht pl/)tzlieh ein sehweres Symptomenbild. Die Tiere maehen einen sehwerkranken Gesamteindruek. Sie sitzen zusammengekauert in einer Eeke des K~figs, vorn~bergeneigt, nieht selten das Gleiehgewieht verlierend und zur Seite fallen& Dabei ein Zittern bzw. ein Waekeln bald des ganzen KSrpers, bald nut des Kopfes. Nur wenig ergriffen war in unseren F~llen stets die Gesiehts-, Augen-, Sehluek-, Kaumuskulatur. Diese Form der experimentellen Affenpoliomyelitis hat befelts 1%6 m e r besehrieben, der sieh darfiber in seiner 1911 ersehienehen Monographie folgendermaften ~uBert: ,,Naeh intraeerebraler Infektion kann der Tod der Affen an P.m. gelegentlieh so akut erfolgen, dal~ man fiberhaupt nieht yon Beobaehtung eigentlieher L~hmungen reden kann." Er bezeiehnete diesen Verlaufsmodus als , , P o l i o m y e l i t i s a e u t i s s i m a " und wies darauf hin, daft ,,in den allersehwersten F~llen, wo so ziemlieh gleiehzeitig und plotzlieh alle vier Extremit~ten gel~hmt werden, . .. sehwer, oft unm6glieh" ist, ,,zu entseheiden, ob nur eine allgemeine Sehw~ehe der Glieder vorliegt infolge sehwerer allgemeiner Krankheit oder eine eehte dureh eine spinMe Affektion erzeugte Li~hmung." Zu dieser e r s t e n G r u p p e geh~ren die Affen 18, 24 und 60. Alle drei Tiere wurden am 1. Tag der L~hmungserseheinungen get0tet. Sie alle zeigten nut eine Mlgemeine Sehw~ehe, und zwar in der Art wie vorher gesehildert wurde. Bei den Alien 18 und 2r ergab die histologisehe Untersuehung, daft bereits das ges~mte ZentrMorgan stark befallen ist, yon der motorisehen Rinde bis zur Cauda abw~rts. Affe 18. 31. XII. 1928. Ins reehte Stirnhirn geimpft mit Stamm Kling. Zellgehalt im Liquor 4/3.
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3. I. 1929. Implung reaktionslos vcrtragen, l~ur ist der Affe mit dem linken Arm weniger geschiekt sis mit dem rechten. 7. I. 1929. Das Tier, das bis dahin sehr ]ebhaft gewesen war und gut gefressen hatte, ist heute friih suffsllend spathisch, es zeigt ein Wsckeln des Kopfes, sitzt in einer Ecke des Kafigs; ksnn noch lsufen nnd auch klettern. 8. I. 1929. Zellgehalt im Liquor 760/3, dsrunter viele Leukoeyten. Wackeln des Kopfes st/irker geworden. Tier sitzt stark vorniiber geneigt, f~illt bald nach rechts, bald nach links, schreit viel, kann aber noch laufen, wenn man es auSerhalb des Kafigs auf den Boden setzt. I n keiner Extremit~t mit Sieherheit eine Paralyse nachweisbar. Das Tier greift mit beiden ttanden. Abends in Gang und Haltung sehr unsieher, kann nut noeh kurze Zeit allein sitzen; f~llt zur Seite. Gegen 5 Uhr getbtet (entblutet in Xthernarkose). H i s t o l o g i s c h e r B e f u n d : An der I m p f s t e l l e Erweichung. In der w e i c h e n t t a u t des Grol~hirns stellenweise Lympho- sad Leukocyteninfiltrate, besonders in den Furchentiefen. Unterhalb solcher Stellen sind die Glialorts~tze gut siehtbar. I n der R i n d e selbst stellenweise kleine ttgufehen geschwollene r Gliazellen. An ihrer Bildung ist Vorwiegend die Mikroglia beteiligt, aber zweikernige Makrogliazellen deuten darauf bin, da[~ auch diese Gliaart proliferiert. Die frei im Gewebe liegenden Leukocyten sind zum Tell verstreut, zum Teil bilden sie aber ziemlich gro~e kompakte Herde. Die Gef~l]infiltrate bestehen aus Leukocyten und Polyblasten, seltener auch aus Lymphocyten. I n ihrer Umgebung ist die Mikroglia gesehwollen, lebhafte St~bchenzellbildung. Die Nervenzellen in der Umgebung der Infiltrate haben grbStenteils ihre normale Struktur bewahrt. Derartige Ver~nderungen kommen in der motorisehen Rinde der Impfseite vor, besonders befallen aber ist die motorische Region der nichtgeimpften Seite. Die Herde liegen vorwiegend in der I I L - - V . Schicht, abet such die VI. ist nicht ganz versehont. Niemals begegnet man ihnen in der I. und II. Schicht, hier sind h6ehstens einige GefaSe der Granulsris leicht infiltriert. Zahlreiche gro~e und l%iesenpyramidenzellen sind ver~tndert, ihr Tigroid ~st zusammengeklumpt, die Kerngrenze verschwunden. Aueh sehen wir einzelne Zellen im Stadium der Verfliissigung. Hier und ds sind die Satelliten vermehrt und in den Plasmaleib eingedrungen, selten kommen leukoeyt~ir-glibse Neuronophaglen vor. I n den iibrigen Rindenteilen sind Veranderungen weft seltener, anch im Ammonshorn sehen wir nur stellenweise Mikrogliaproliferation. Die oralsten Teile des Stirnhirns und dss Occipitalhirn sind v6llig frei yon Veranderungen. Im P u t a m e n und im P a l l i d u m einige kleine Gliaherde, offensichtlich iiberwiegend arts Mikroglia bestehend, ebenso im S e p t u m p e l l u e i d u m . Der N. e a u d a t U s und der B a l k e n sind vollkommen frei yon Ver~inderungen. Im S e h h i i g e ! nur in den ventralen Partien einige Gliaherde nnd Gef~itinfiltrate, au~erdem frei im Parenchym zerstreute Leukoeyten. Das G a n g l i o n h a b e n n l a e ist frei; lateral yon ihm vereinzelte leukoeyt~r-gliSse tIerde. Im N u c l e u s p a r a v e n t r i c u l a r i s einige leichte Infiltrate und kleine, wenig diehte Mikrogliaherde. Ganglicnzellen fast ausnahmslos intakt. I n f u n d i b u l u m und C o r p u s m a m i l l a r e sind frei yon Veranderungen. Im Zwischenhirn schcinen Z o n a i n c e r t a nnd N u c l e u s c a m p i F o r e l i eine
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Prgdilektionsstelle der Ver/~nderungen zu sein. Hier sehen wir reiehliehlieh perivaseulgre lympho- und leukocyt~re Infiltrate, ferner gemischte mikrogli6sleukocyt/~re tterde. Leukocyt/ire Neuronophagien kommen ebenfalls vor, w/~hrend die iibrigen Nervenzellen normal erscheinen. Im C o r p u s L u y s i i einige kleine Gliaherde. Ganz versehont sind medialer und lateraler K n i e h S e k e r . t~eiehhaltige Infiltrate und freie Leukoeyten am Rand des C o r p u s p r a e genieulatum. I n der S u b s t a n t i a n i g r a angedeutete diffuse ~Iikrogliasehwellung, leiehte leukoeyt/tre Gef/~Binfiltrate, nur sp/~rliehe freie Leukoeyten, vereinzelte mit wenigen Leukoeyten untermischte Gliaherde. Neuronophagien fehlen vollkommen. Im p e r i a q u g d u k t a l e n G r a u sp/~rliche I-Ierde, vornehmlieh in den ventrikelferneren Teilen. Einige Gliaherde ]iegen im Bereich des hinteren L/~ngsbfindels und der Bindearmkreuzung. Zahlreiehe Kerde im v o r d e r e n Vierh~ige], diffuse Mikrogliahyperplasie; starke lymphoeyts Infiltrate, mit Leukocyten untermischte Gliaherde, mehrweniger sehwere Ganglienzellvergnderungen, - - zwar selten - - leukoeytgre Neuronophagien im D a r k s c h e w i t s c h s c h e n und im Oeulomotoriuskern, einige auch im Nucleus ruber. Im Oculomotoriuskern ist wohl keine Ganglienzelle v611ig intakt. Im Ganglion mesencephah lat. schwere infiltrativ-gliSse Herde mit Nervenzellenver/~nderungen, die in Ver~nderungen des Kernes und ttomogenisation des Plasmas bestehen. Zwisehen der Substantia nigra und den Brfickenkernen, ferner im obersten Tell yon le~zteren kommen Mikrogliaherde mit wenigen Leukocyten vermiseht vor. Das G a n g l i o n i n t e r p e d u n c u l a r e ist frei, ebenso der ]~'uBteil der Briicke. I n der O b lo n g a t a sind die unterhalb des Ventrikelbodens liegenden Kerne am meisten betroffen, aueh hier wieder das Vestibulariskerngebiet. Die Vergnderungen bestehen in einer diffusen Mikrogliahypertrophie bzw. Hyperplasie, ferner in lymphoeyt~ren Gef/~Bilffiltraten und in nur ganz selten mit Leukocyten untermisehten Gliaherden. Dieselben Ver~nderungen kommen aber auch in der Formatio retieularis, i m ttilus olivae, im ventralen Cochleariskern vor. Viele Ganglienzellen sind m~Big vergndert. Versehont sind die l~ngeren Bahnen wie Pyramiden, Schleife, Trigeminuswurzel, Corpus restiforme usw. Im K l e i n h i r n ist die das Ventrikeldaeh bildende weiBe Substanz stark affiziert, sowohl in Form yon leuko-lymphoeyt~ren Infiltraten wie yon Gliaherden und Ausstreuung yon Leukocyten ins Gewebe. Weniger ausgesproehen ist der Proze$ im Nucleus dentatus, in dem viele Ganglienzellen gesehwollen und homogenisiert sind, eventuell mit randst~ndigem Kern. Neuronophagien extrem selten. Lateral und dorsal yon diesem Kern nur sp/~rliehe Herde. I n der 1Vfoleeularis der Kleinhirnrinde vereinzelte GJi~- und leukocyt~re tterde bzw. Infiltrate, im Wurm mehr als in den Hemisph&ren. Im l g t i c k e n m a r k ist der Proze13 sehr ausgesprochen. Die vorwiegende Beteiligung der grauen Substanz ist sehr ausgesproehen. Wir sehen in ihr eine hochgradige diffuse Gliareaktion sowie kleinere oder gr6Bere Mikrogliaherde. Die Infiltrate bestehen vorwiegend aus Leukoeyten, Lymphocyten und jungen Plasmazellen. Auch sieht man freie Leukocyten und mitunter freie PlasmaDeutsche Zeitschrif$ f. Nervenheilkunde. Bd. 128. 12 a
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zellen. Die zahlreichen Neuronophagien werden vorwiegend dureh gli6se Elemente, abet teilweise auch durch Leukocyten besorgt. Auffallend stark ist die Beteiligung des Makroglia vornehmlich an den Umklammerungen und Neuronophagien. In den t~brigen Teilen des grauen Substanz ist die Gliareaktion ebenso stark wie im Vorderhorn, nur fehlen die Neuronophagien. I n des weigen Substanz Infiltrate und kleine Cliasterne. Im tIalsmark sind yon den gsogen Vordeshornzellen eln betrachtlieher Tell einer Neuronophagie anheimgefallen. We der Zellk6rper noch sichtbar ist, ist das Plasma homogenisiert und der Kern ver~ndert, ebenso in den einer Neuronophagie nicht unterliegenden Zellen. Es besteht eine ausgesprochene I t a l b s e i t e n b e t o n u n g , indem auf der linken Seite viel mehr groge Vorderhornzellen neuronophagiert sind als auf der reehten. Die Zahl der noch nicht nesronophagierten grogen Ganglienzellen betragt in fiinf hintereinanderfotgenden Schnitten einer Serie rechts 104, links 61. M~Bige lymphocyt~re Einseheidung des Arteria fissurae reed. ant. h n Dorsalmark beherrsehen freie Leukocyten und leukocyt~re Neuronophagien den Prozeg, dabei sind viele Vorderhornzellen verhaltnism~Big wenig geschadigt. Im Hortegapr~parat erscheint die likroglia gewuehert, ihre Ports~tze sind etwas geschwollen. Ziemlieh verschont ist die Clarkesche S~ule. Im Lumbalmark ist does Vorderhorn yon freien Leukocyten iiberschwemmg, vereinzelt oder in tIaufen. Dies ist auch im Oxydasepr~parat erkennbar. Unter den das Nervengewebe iiberschwemmenden Blutelementen sind im Hortegapr~parat nut wenig m~gig geschwollene Mikrogliazellen erkennbar. Aueh in den Gefgl3infikraten ttberwiegen die Leukocyten; Plasmazellen sehen wir nicht,. Die Arteria fissurae med. ant. ist stark yon Leuko- und Lymphocyten infiltriert. Die Vorderhosnzellen sind schwer vergndert, die Tigroidschollen sind verschwunden. Manchmal zeigt das Plasma eine wabige Struktur odes such mehrere groge Vacuolen. Des Zellkern ist nicht deutlich abgegrenzt, im Nissl-Bild entwedes ganz hell oder homogen dunkelbl~n gef~rbt. Manehmal sehen wir eine l%eihe kleiner blasiger KOrperchen im Kern, welche eine st~rkere Affinit~t zum Eosin aufweisen. Am ZellkOrper manehmal lila gefarbte, punktfOrmige Inkrustationen. Die Bilder erinnern oft an die N is s lsche s chwere Zellerkrankung. Im Toluidin-Eosinpr~parat ist des Zelleib stark rosa tingiert, ohne basophile Schollen. Die eosinophilen Plasmareste lassen sich anch in den neuronophagierten Xn6tehen gut erkennen. Stellenweise sind die erkrankten Zellen vornehmlich yon Leukoeyten, abet auch yon Gliaelementen umwallt, eventueli werden sie auch phagiert. Eine ttalbseitenbetonung ist aueh im Lendenmark zu erkennen. I n den S p i n a l g a n g l i e n - - sowohl in den cerviealen wie in den lumbalen - Infiltrate vorwiegend aus Lymphocyten oder teilweise aueh aus Leukoeyten bestehend. Einige Ganglienzellen sind vacuolisiert. Manchmal ist der Kern gesehrumpft. Amphicyt~ire Neuronophagien nicht selten. In den s y m p a t h i s e h e n G a n g l i e n sind keine Infiltrate sichtbar. Die Ganglienzellen sind nieht veri~ndert. A u f f a l l e n d i s t i n d i e s e m F a l l e e i n e I I a l b s e i t e n b e t o n u n g des P r o zesses i m I%iickenmark, b e s o n d e r s d e u t l i e h i n d e n H a l s s e g m e n t e n . Die l i n k s s e i t i g e n V o r d e r h o r n z e l l e n s i n d w e s e n t l i c h s t a r k e r d e z i m i e r t als die r e c h t s s e i t i g e n , e s i s t a l s o d a s d e s c e r e b r a l e n Imlof-
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stelle gekreuzte Vorderhorn, d~s in hSherem Grade ges e h ~ d i g t e . B e m e r k e n s w e r t ist ferner, d a b i m H a l s m a r k die L e u k o e y t e n i i b e r s c h w e m m u n g gegen~iber der Gliare~ktion zurficktritt, w ~ h r e n d ira L e n d e n m a r k u n d in der R i n d e (aueh in den Grol~hirnm e n i n g e n ) das l e u k o e y t ~ r e S t a d i u m v o r h e r r s c h t . Die ~us d e m Stud i u m des l~rozel~ablaufes n~eh n e u r a l e r I m p f u n g g e w o n n e n e n E r k e n n t n i s s e lassen dar~uf schlie~en, dal~ d i e V e r ~ n d e r u n g e n im Halsmark ~lter sind als die der Lendensegmente und selbst der der Impfstelle am n~chsten gelegenen Rinde. Hier~us g e h t hervor, da[t das Virus i m L a u f e seiner A u s b r e i t u n g a m frfihesten im H M s m a r k einen gfinstigen B o d e n zur A u s w i r k u n g land. E i n e n im wesentlichen h i e r m i t i i b e r e i n s t i m m e n d e n B e f u n d k o n n t e n wir bei Affe 24 erheben, n u r ist hier vielleicht der Prozel~ weniger schwer. D~s Tier wurde 5 T~ge n a c h der i n t r a c e r e b r a l e n I m p f u n g g e t a t e t , einige S t u n d e n n a c h A u f t r e t e n der e r s t e n L~hm u n g s e r s c h e i n u n g e n . E r w ~ h n t sei, d~l~ ~uch hier die CervieMsegm e n t e s t a r k e r ergriffen sind als die l u m b ~ l e n ; eine H ~ l b s c i t e n b e t o n u n g 1M~t sieh d~bei ~llerdings n i c h t m i t Sicherheit feststellen. Affe 60 b e ~ n s p r u c h t w e g e n der E i g e n a r t des Befundes u n d dessen B e d e u t u n g fiir die menschliche P~thologie eine eingehende Besprechung. Affe 60. 21. XI. 1930. Geimpft mit t~fiekenmarksbrei (Stamm Aldershoff) in die rechte ttemisphs 22. und 23. XI. 1930. Lebh~ft; l~uft und springt im K~tfig herum. 24. XI. 1930. In der Frfihe Durchfall; reichlich~s Sekret in den NasenlSchern. Klettert nur noch mit Mfihe. 25. XL 1930. HSchstgradige allgemeine Schw~che. A1]e vier Ex~remitaten vSllig erschlafft. Abends 7 Uhr getStet durch Entbluten. t t i s t o l o g i s c h e r Befund: Meningen des GroBhirns stellenweise infiltriert. In der rechten Hemisphere un~crhalb der I m p f s t e 11e ausgedehnte Blutung mi~ nach~olgender Erweichung. Die Rinde ist int~kt bis auf ganz vereinzelte GliaknStchen in der Ammonshornregion und vereinzelte lymphocyt~r-gli6se Kn5tchen in der sensorischen Rinde mit freien Leukocyten und Ganglienzellver~nderungen in der Umgebung. Das S t r i a t u m ist frei. Im P~llidum sind die Gef~tl]e hier und da leicht lymphocyt~r infiltriert; anf der linken Seite vereinzelte gliSse KnStchen, mehr minder schwere Ganglien~ zellver~nderungen, rein gliSse Neuronophagien. In der S u b s t a n t i ~ i n n o m i n a t a leichte Infiltrate und kleine Gli~knStehen. Die gleichen Ver~tnderungen im Nucleus p a r a v e n t r i c n l a r i s der Impfseite. 12"
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g. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
Im T h a l a m u s leichte Lymphocytenanh~ufung in den Adventitialscheiden. Ahnliche Ver~nderungen in der.Zona i n c e r t a und im C o r p u s L u y s , auf der rechten Seite mit diffuser Gliavermehrung. K n i e h S e k e r und I n f u n d i b u l u m frei. Das M i t t e l h i r n weist schwere Ver~nderungen auf. Im Oculomotorius- and im D a r k s e h e w i t s e h s e h e n Kern sind die Adventitien leicht lymphocyt~r inffltriert, die Glia proliferiert; kleine Gliakn6tehen mit Leukocyten untermiseht. Die Gang]ienzellver~nderungen erreichen zum Teil sehwerere Grade. Im Ganglion laterale mesencephali leukocyt~r-gli6se Neuronophagien. I n der S u b s t a n t i a n i g r a lymphocyt~tre Gef~13infiltrate, gli6se Kn6tchen, ~reie Leukocyten bzw. Kernzerfal]sformen, die wahrscheinlich yon Leukocyten herzuleiten sind und Ganglienzellver~nderungen. Diese ebenso wie die Ganglien~ zellver~nderungen des Mittelhirns bestehen in Sehwellung des Plasmas mit homogen schmutziger F~rbung ihrer Substanz eventuel] Aufl6sung der Kernmembran bis zur Zellsehattenbildung mit einigen Chromatinbr6ekeln, die frei im Plasma liegen. I n der Substantia nigra auch einige ~NTeuronophagienim ersten Stadium. Auf der rechten Seite befindet sich unterhalb der Substantia nigra ein Gliaherd, der vie]leicht der absteigenden Degeneration corticofUgaler Fasern entsprieht. I m T e c t u m und in der I-Iaube sind beinahe s~mtliche Gef~l~e leicht mit Lymphocyten, mitunter auch mit Leukoeyten untermischt, infi!triert. Leukoeyten iiberfluten in m~l]iger Zahl auch das Nervengewebe. Im Nucleus lemnisci lat. Gliakn6tchen. I n der B r t i e k e and in der O b l o n g a t a relativ geringftigige Gef~fiinfiltrate aus Lymphocyten und Makrophagen bestehend. Siehere Leukocy~en nirgends siehtbar, nur Zerfallsprodukte ihrer Xerne. Zahlreiche Gliakn6tchen verstreut im gesamten Tegmentum; Zerfallsformen yon Gliakernen. Fast alle Ganglienzellen mehr oder weniger ver~ndert. Bevorzugt ist das Vestibulariskerngebiet, we zahlreiehe, anscheinenxl rein gli6se Neuronophagien sichtbar sind. Verh~ltnism~Big verschont sind die Abducens-, Facialis-, Vagus- und Hypoglossuskerne, ferner die untere Olive. Am caudalen Tell sind am meisten die Formatio reticularis lat., die Nuclei lat. und der Kern des absteigenden Trigeminus befallen. Weniger ergriffen sind die Gollschen und die Monakowsehen Kerne, ferner der eaudalste Teil des Trigeminuskernes. Starke Ver~nderungen im Vorderhornrest. I n den K l e i n h i r n k e r n e n sowie in ihrem Mark dieselben Ver~nderungen, nur sind bier sichere Leukoeyten in den Gef~l~infiltraten, in den Gliakn6tchen sowie auch frei zu sehen. Sehwere Verfliissigungsbilder der Nervenzellen. Verh~ltnism~ltig geringgradig sind die Ver~nderungen im R ii c k e n m a r k. Im ersten Cervicalsegment feine perivascul~re ~ansehetten, freie Leukocyten und Gliakn6tehen. Diese Vergnderungen verschwinden bald und erst im Sakralmark kehren leukocyt~r-gliSse Kn6tchen und lenkoeytgr-lymphocyt~re Infiltrate der Arteria fissurae reed. wieder. Wghrend somit die infiltrativen Vergnderungen beinahe auf den obersten und untersten Tell besehr~nkt sind, sehen wir Ganglienzellvergnderungen im gesamten Rfickenmark. Sie erreichen abet keinen h6heren Grad und kommen nicht in gr6Berer Zahl vor. Veto untersten ttals- bis zum
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Lendenmark erseheinen zwar auch Bilder der schweren Zellerkranl~ung, jedoch ist meistens die Struktur der Nervenzellen noch deut]ich. Die Gasser- und die S p i n a l g a n g l i e n zeigen keine sicheren Ver/~nderungen. N e b e n n i e r e n o. B. B e i A f f e 60 s i n d d i e V e r i ~ n d e r u n g e n im Hirnstamm besonders ausgesproehen, w~hrend die Rinde selbst sowie das i~tickenmark keine h(Shergradigen Ver~nderungen aufweisen. Dieser Fall kann somit als ein experimentelles Gegenstfiek zu der vonWiekman als Polioencephalitis inferior bezeichneten Form der P.m. angesproehen werden. Bei den T i e r e n der z w e i t e n G r u p p e b e g i n n t die K r a n k h e i t m i t einer L ~ h m u n g entweder eines oder beider Hinterbeine, die in e i n e m Tell der F~lle auf diese b e s e h r g n k t bleibt. F l e x n e r u. L e w i s stellten bereits 1910 lest, d a g bei 40 y o n 81 Versuehstieren zuerst eine L ~ h m u n g der H i n t e r b e i n e a u f t r a t . L e i n e r u. v. W ie s n e r w a r e n die ersten, die d a r a u f a u f m e r k s a m m a e h t e n , d a b die L/~hmung oft zuerst die der I m p f s t e l l e g e k r e u z t e H i n t e r e x t r e m i t ~ t bef~llt. Ahnliehes b e o b a c h t e t e a u c h 1%(Smer. Die n e u e s t e Zusammenstellung geben Fairbrother u. H u r s t , sie f a n d e n n a e h i n t r a c e r e b r a l e r I m p f u n g bei 80 Affen, d a b die L g h m u n g in 42,5% gleiehzeitig in beiden H i n t e r b e i n e n , in 23,75% im g e k r e u z t e n u n d n u r in 3,75% i m u n g e k r e u z t e n H i n t e r b e i n a u f t r a t . Bei e i n e m der y o n uns i n t r a c e r e b r a l g e i m p f t e n Tiere zeigte sieh die Li~hmung gleichzeitig in beiden h i n t e r e n Extremit/~ten, wobei a b e r die der I m p f s t e l l e g e k r e u z t e E x t r e m i t ~ t m e h r befallen w a r als die andere. 24 S t u n d e n s p a r e r zeigte d a n n a u c h die der I m p f s e i t e g e k r e u z t e vordere Extremit~t L~hmungserscheinungen. Affe 75. 26. III. 1931. Im]?fung mit ~iickenm~rksbrei yon Affe 52 in die rechte Grol3hirnhemisph/~re. 2. IV. 1931. Bis heute unauff~]lig. 3. IV. 1931. tteute frtih Hinterbeine schlaff paI'etisch, rechts weniger als links. 4. IV. 1931. Unver/~ndert. Klettert mit den Vorderbeinen, sehm~t aber die linke Vorderextremit/~t, allgemeines ~uskelzittern, Kopfwaekeln. 2 Uhr p.m. getOtet dureh Entbluten. l-Iistologiseher t~efund: In der Pia des GroBhirns stellenweise kleine Lymphocyteninfiltrate, aueh fiber dem Oecipitalhirn. An der I m p f s t e l l e Erweiehungsherd mit durehaus unspezifiseher mesodermal-gli6ser t~eaktion in der n~ehsten Umgebung. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 12S. 12b
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tI. Pette, It. Demme und St. Kgrnyey:
Im hinteren Teil der F r o n t a l r i n d e - - auf der Impfseite etwas mehr Ms auf der anderen - - Gefige lymphocyt~r infiltriert, mit umgebender Gliawueherung. Ahnliche Ver/tnderungen in der Iinken m o t o r i s c h e n l~inde (die rechte wurde nieht untersueht, da sic zwecks Verimpfung in Glycerin aufgehoben wurde). Ganz selten kleine Gliaherde in der Parietal- und Oceipitglrinde. Im P u t a m e n der Impfseite einige GefMte mit zarten Lymphoeyteninfiltraten umscheidet, stellenweise in ihrer Umgebung herdf6rmige Gliawueherung. Im T h a l a m u s verstreute perivascul~re Lymphoeyteninfiltrate, vielleieht auf der reehten Seite in gr6gerer Zahl als auf der linken. In der Sub s t a n t i a n i g r a einige Gefige yon Lymphoeyten eingescheidet. An einer Stelle Vermehrung der Glia; keine Ganglienzellver~nderungen. Aueh manehe radiire Gef~ige des }IirnsehenkelfuBes sind lymphocytir infiltriert. Im Teetum, wie im Tegmentum des 3 / [ i t t e l h i r n s , in der BrOoke und in der 0 b 1o n g a t a einige perivaseulire Lymphoeyteninfiltrate. Die diffuse Gilaproliferation ist mil?igen Grades. Keine Ganglienzellsehidigung. Pig'des K l e i n h i r n s lymphoeytir infiltriert. Rinde intakt. In den Kernen einige lymphocytire Gef~13infiltrate und Gliaherde, mehr in den medialen als im Dentatus. Im R i i e k e n m a r k keine sehwere Meningitis bzw. nur eine leiehte lymphocyt/~re Infiltration in der Gegend des Septum reed. ant. Das Halsmark bietet in verschiedenen I-I6hen ein weehselndes Bild. In den obersten Segmenten sieht man nur im Piaseptnm der vorderen Fissur sowie um die Artt. sulcocommissurales eine lymphocytire Infiltratbildung. Keine Parenehymverinderungen; die Ganglienzellen - - such die groBen motorisehen - haben ihre normale Struktur durehweg bewahrt. Etwa in tt6he des 3. I-Ialssegmentes treten dann auf der linken Seite im Vorderhorn einige Gewebsherde anf, die zum Tell sieher aus hypertrophisehen Mikrogliaelementen bestehen. Von den Ganglienzellen zeigen nut einzelne das Bild der sehweren Zellerl~rankung N is s l s . Aus diesen wenig ausgedehnten Verinderungen .entwiekelt sich eaudalwirts ein starker Prozeg mit Glia- und Kapillarendothelienproliferation, ziemlieh sehweren Verinderungen der grogen Vorderhornzellen, sogar rail gli6sen Neuronophagien dersetben. Die an der Bildung der neuronoph~gischen Kn6tchen beteiligten Elemente haben einen unregelm~Bigen, meist ziemlich dunkel gefirbten Kern und einen deutliehen mehr oder minder abgerundeten Plasmaleib: junge K6rnehenzellen. An der Gliawueherung sind alle drei Gliaarten beteiligt. Der Prozel~ ist entweder auf die linke Seite besehrinkt, oder - - in anderen Sehnitten - - mlndestens ~uf dieser ausgesprochener, woven wit uns dnreh eine serienweise Untersuchung des ttalsmarkes fiberzeugen konnten. Sieher ist die zahlenm~Bige Reduktion der groBen Vorderhornzellen der lateralen und mittleren Zellgruppen des Vorderhorns auf der linken Seite erheblieher; auf sieben hintereinanderfolgenden Sehnitten tier Serie in H6he des 3.--4. Kalssegmentes konnten wir in diesen Gruppen auf der reehten Seite 112, auf der linken nur 86 erhMtene Zellen zihlen. Die medialen Zellgruppen sind fast v611ig versehont. Abb. 15 illustriert sch6n die ttalbseitenbetonung. Die periv~sculiren Infiltrate sind m~gigen Grades und bestehen ~us Lymphoeyten und Plasmazellen. Leukoeyten finder man weder in den Adventiti~lr~umen noeh frei im Gewebe.
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Den t t 6 h e p u n k t erreicht der ProzeB in H6be der 4. und 5. Halssegmente, um yon diesen caudalw~rts an Intensit~t wieder allm~hlich abzunehmen, t i l e r wird auch der Sei~enunterschied verwasehen. I m B r u s t m a r k liegen die Verh~tttnisse/~hnlieh, nur ist die HMbseitenbetonung etwas weniger ausgesprochen. I m L e n d e n m a r k bestehen auf beiden Seiten Zellausf~tlle und eine ziemlich diffuse Gliaproliferation ahnlichen Charakters wie im Cervicalmark; auch bier wieder ist der ProzeB auf der linken Seite sti~rker b e t o n t als auf der rechten,
Die histologische Untersuchung ergab also in Ubereinstimmung mit dem klinischen Bilde eine hMbseitige Betonung des Prozesses,
Abb. 15. Affe75. ILechts: laterale grol3e Ganglienzellen des Vorderhorns ausgefMIen; Kernvermehrung. Links: Vorderhorn im wesentlichen intakt.
und zwar sind die Vorderhornzellgruppen der der Impfstelle gegeniiberliegenden Seite in gr0gerem AusmaB ergriffen Ms auf der Impfseite. Dieser Befund lgBt sieh auch im LumbMmark, wo der Prozel3 weiter fortgeschritten ist, noeh erheben, besonders Mar t r i t t e r abet im Halsmark zutage, wo auf der der Impfstelle gegeniiberliegenden Seite die Ganglienzellen in bevorzugtem MaBe ausgefallen sind (siehe Abb. 15). In dieser Hinsieht haben wir also die gleiehen Verhgltnisse wie bei Affe 18, der zur ersten Gruppe der intraeerebrM geimpften Tiere geh0rt. Die t i b e r w i e g e n d e B e t e i l i g u n g d e r g e k r e u z t e n S e i t e
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H. t)ette, It. Demme und St. KSrnyey:
n a c h i n t r a c e r e b r ~ l e r I m p f u n g fordert eine Erkl~rung, zumM ihr h~ufiges Vorkommen (siehe obige Angaben yon F a i r b r o t h e r u. H u r s t ) einen ZufM1 aussehlie~t. Nach R 0 m e r ,mtissen wir wohI zu ihrer Deutung die Vorstellung zu Hilfe nehmen, dM~ der Erreger dem ganzen ~Veuron entiang sich ausbreitet, jedenfalls in dieser Richtung besonders rasch seine Verbreitung finder". Wenn l ~ o m e r hieraus aber auf eine ,Ausbreitung in den das Neuron begleitenden Lymphwegen" sehlie~t~ so k0nnen wir ihm in dieser uns unbegriindet erscheinenden Hypothese nicht folgen. F a i r b r o t h e r u. H u r s t haben bereits erkannt~ dM~ e i n e A u s b r e i t u n g . w e l c h e die S e i t e bzw. die M i t t e l l i n i e f i b e r s e h r e i t e t ~ n u r auf dem Wege der Nervenbahnen e r f o l g e n k a n n . Diese T a t s a e h e i s t e i n e r d e r w i c h t i g s t e n B e w e i s e fiir d i e A u f f~ssung yon der Propagation des Virus e n t l ~ n g der N e r v e n f a s e r , u n d z w a r n i c h t ~uf d e m W e g e d e r L y m p h b a h n , wie yon den meisten Autoren heute noeh ~ngenommen wird, sondern auf dem Wege der Nervenfaser s e l b s t , Auf Grund dieser Feststellungen erseheint es uns demnach im h0ehsten MaBe wahrseheinlieh, d~B d a s V i r u s a u f d e m W e g e d e r P y ramidenbahn y o n d e r I m p f s t e l l e zu d e n V o r d e r h o r n zellen der gekreuzten Seite geleitet wird. Auf diese Weiss entsteht z u n ~ c h s t im l ~ i i e k e n m a r k e i n e h a l b s e i t i g e V o r d e r h o r n l ~ s i o n , gleich derjenigen, die wir im pr~parMytischen Stadium nach neurMer Impfung kennengelernt haben. In gleicher Weise wie man nun bei neural geimpften Tieren nicht selten tagelang und sog~r dauernd eine HMbseitenbetonung der L~hmung und entsprechend histologisch eine mehr oder weniger ~usgesprochene hMbseitige Akzentu~tion des Prozesses beob~chten kann, ist auch nach cerebrMer Impfung k]inisch sowie histologisch ein HMbseitencharakter des Prozesses unverkennbar, und dus nieht selten aueh noch in sp~teren Stadien. Gewisse Rudimente d~von konnten wir noch in einem Fall (Affe 65) beob~chten, bei dem Mle vier Extremit~ten v011ig gel~hmt waren~ und das Tier nach Auftreten der erst~n L~hmungserscheinungen noch 13 Tage am Leben blieb. Affe 65. 22. I. 1931. Geimpft in den hinteren Tell des rechten FrontMl~ppens mit Riiekenm~rksemulsion (Stature Aldershoff). 28. I. 1931. ZellgehMt im Liquor: 300/3.
Studien fiber experimentelle :Poliomyelitis.
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30. I. 1931. Nachdem bisher unauff~llig gewesen, heute frfih beide Hinterbeine paretisoh. Kann nicht ]aufen. Auoh die Vorderbeine erseheinen nieht mehr intakt. Greift nach vorgehaltenen GegenstSnden mit verringerter Kraft. Rumpf- und Kopfmuskulatur noch gut innerviert, desgleiehen Gesiehts- und Augenmuskulatur. Atmung ungest6rt. 31. I. 1931. Vorderbeine werden sehw/~cher; sonst unver~ndert. 1. II. 1931. tKopfmuskulatur welter intakt. Gute Nahrungsaufnahme. 2. II. 1931. Bewegt von heute ab die vorderen Extremit&ten tiberhaupt nieht mehr, bewegt nut noeh die Finger. 3. und 4. II. 1931. Greift nur minimal mit den Fingern der linken Hand. Kopfmnskulatur welter intakt. Kaut und sehluekt gut. Bewegt den Sehwanz wie alle Tage vorher, trotzdem alle Extremit&ten und aueh der t~umpf gel~ihmt sind. Inkontinentia urinae et alvJ. 5.--8. II. 1931. Befund im wesentliehen unver~ndert. Auf Stiehreize sehmerzverzerrter GesichtsausdrUek. Sehwanzbewegungen bleiben erhalten. Kopfmuskulatur weiter intakt. Frigt gut. 9. und 10. II. 1931. Unverandert, nur magert das Tier in den letzten Tagen stark ab. 11. II. 1931. Neurologiseher Status wie bisher. Gegen Abend wird die Atmung oberfl&ehlieh und besehleunigt. 12. II. 1931. Norgens tot aufgelunden. H i s t o l o g i s e h : Im G e h i r n die bekannten Ver/~nderungen in typiseher Lokalisation. Die mesodermale Reaktion ist in diesem Stadium rein lymphoeyt~rer Natur. I m I-Ials- und Lendenanteil des R t i e k e n m a r k e s sind fast alle grogen und mittelgrogen Vorderhornzellen ausgefallen, gli6se Kn6tehen sehen wir kaum noeh. An ihrer Stelle starke diffuse Gliawueherung, aus pyknotisehen Kernen und aus Gitterzellen bestehend. Die Makroglia ist nur in geringem Mate vermehrt. Zu einer st~rkeren Gliafaserbildung ist es noeh nieht gekommen. Verh/~ltnism&13ig versehont ist der mediale Rand der Vorderh6rner. Die Zellen der ~brigen grauen Substanz sind erhalten. Hier fehlt aueh eine nennenswerte Gliareaktion. Etwas weniger akzentuiert ist der ProzeB im Brustmark, in welehem noeh ein Tell der groBen motorisehen Zellen sowie die Zellen der Clarkesehen und der sympathisehen KernsS~ule erhalten sind; gleiehes gilt ffir das Sakralmark, in dem die der Impfstelle entgegengesetzte Seite st~rkere Ausf/tlle zeigt als die Impfseite. ])aNn ist ein Rudiment der H a l b s e i t e n b e t o n u n g des P r o z e s s e s im oben erSrterten Sinne zu erkennen. Wit linden auf der reehten Seite in fast jedem einzelnen Sehnitt einige grote Zellen der dorsolateralen Zellgrupl0e erhalten; allerdings sind sie ver~ndert, meist im Sinne der prim~ren Reizung, seltener im Sinne der s chweren Zellerkrankung N i s s 1s. Weft gr61~er ist der Ausfall auf der linken Seite. I-Iier macht die Zahl der erhalten gebliebenen Zellen kaum ein Drittel jener der reehten Seite aus (10:33 in zwSlf Sehnitten einer Serie). Zu einer Paraplegie der Hinterbeine naeh intracerebraler Impf u n g k a m es e b e n f M l s b e i m A f f e n 80, d e r m i t 1 c c m e i n e s 6 0 f a e h v e r d f i n n t e n l % f i e k e n m a r k f i l t r a t e s y o n Affe 102 g e i m p f t w o r d e n
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
war. H i e r t r a t e n die ersten klinisehen E r s c h e i n u n g e n a m 9. T a g e n a c h der I m p f u n g auf u n d zwar in F o r m einer P a r a p a r e s e beider Beine u n d einer P a r e s e der S t a m m u s k u l a t u r . Dieser L g h m u n g s t y p bleibt 17 T a g e lang g e w a h r t . A l s d a n n t r i t t eine Sehwgche der vord e r e n E x t r e m i t g t e n auf, die im Verlauf v a n 4 T a g e n in eine fast v/3llige P a r M y s e tibergeht. ]7)as Tier wird n a e h Mlgemeiner E n t k r g f t u n g in der Agonie, 21 T a g e n a c h A u f t r e t e n der ersten Liihm u n g s e r s e h e i n u n g e n d u r e h E n t b l u t e n get0tet. Die E i g e n a r t d e s k l i n i s e h e n V e r l a u f e s in diesem Fall liegt darin, dab sieh 17 T a g e n a c h A u f t r e t e n der P a r a p l e g i e des U n t e r kOrpers der Z u s t a n d a k u t v e r s e h l e e h t e r t e u n d d a b sieh y o n j e t z t ab eine sehnel] f o r t s c h r e i t e n d e L / t h m u n g der o b e r e n E x t r e m i t g t e n entwiekelte, bis schlieBlieh n u r noah die Kopf-, Gesiehts- S e h ] u c k m u s k u l a t u r a u s r e i e h e n d i n n e r v i e r t wurde. F a s t i n t a k t blieb a u g e r d e m die S c h w a n z m u s k u l a t u r . Die T a t s a e h e der a k u t e n V e r s e h l e e h t e r u n g liiBt kliniseh gesehen a priori an ein Auff]aekern des Prozesses, an e i n , , R ez i d i v " denken. G e g e n d i e I ~ i e h t i g k e i t d i e s e r A n n a h m e sprieht jedoehder amRiiekenmarkerhobene anatomisehe Befund. Affe 80. R i i c k e n m a r k : Keine Meningitis. C~-Horteg~pr~parat. Kapillarenwueherung im Vorderhorn. Viele Mikrogliaelemente zeigen versehiedene Stadien der K6rnehenzellbildung. Viele groBe Vorderhornzellen werden yon Mikrogliazellen umklammert. Die Makroglia erweist sieh im Caj al-Pr/iparat als gewuehert, die Fortsiitze sind vielfaeh korkzieherartig gewunden. Ein betrgehtlieher Teil der Forts/ttze fiirbt sieh sehwarz, sie seheinen vom Plasma abgetrennt zu sein; auf HolzerPrgparaten erweisen sie sieh als Oliafasern. C6-Sudanprgparat: Wenig Fett in Glia- und AdventitiMzellen naehweisbar. Im Markseheiden- und Marehi-Prgloarat kein Faserausfall, aueh in dem Gefleeht der Vorderh6rner nieht. Ira Bielsehowsky-Prgparat keine Vergnderungen der Nervenfasern und der intraganglioeellul~tren Fibrillen. Q-Ni s s 1- Prgparat: Gefgge mggig stark mit Lymphoeyten infiltriert. Keine Pl~smazellen. Glia diffus und stellenweise herdfSrmig gewuehert. Die Kerne sind zum Tell pyknotiseh. Kein sicherer Ganglienze]lausfall, jedenfMls keine tlestkn6tehen. Ein Tell der Vorderhornzellen zeigt leichtere Vergnderungen: mgBige Sehwellung mit Tigrolyse oder homogene Dunkelfgrbung des Plasmas. L~-Hortega- und Cajal-Prgparat: Enornm Kapillarwueherung. ~hnliehe Vergnderungen der Mikro- und Makroglia wie im C.I~I., nur ist ihre Proliferation betrgeht!ieh stgrker. La-Nissl-Prgparat: Auf beiden Seiten Mle groBen Vorderhornzellen ausgefMlen (Abb. 16). KSrnehenzellen in der Nervensubstanz in sehr groBer Anzahl dieht nebeneinander liegend. In den AdventitiMrgnmen der VorderhorngefgBe
S t u d i e n fiber e x p e r i m e n t e l l e Poliomyelitis.
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Abb. 16. Affe 80. Lendenmark. ]tochgradiger Ganglienzellausfall und Kernvermehrung in beiden VorderhCirnern.
Abb. 17. Affe 80. Nervus ischi~dicus. Ein Toil tier Markscheiden geschwollcn, ein andere~ Tell in ovale und kugelige, zura Tell kaum mehr f~rbbare Schollen zerfallen. We ige~ts Markscheiden-~i~rbung am Gefrierschnitt. zahlreiche K S r n c h e n - u n d Plasmazellen. R a d i ~ r e Gef~Be der weiBen S u b s t a n z m i t P l a s m a z e l l e n infiltriert. L ~ - S u d a n p r ~ p a r a t : I r a V o r d e r h o r n sowie a n der Basis des H i n t e r h o r n e s F e t t in in B i l d u n g begriffenen u n d f e r t i g e n K 6 m c h e n z e l l e n . Viele A d v e n t i t i a l r & u m e
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H. Pette, tI. Demme und St. KSrnyey:
stark mit KSrnehenze]len gefti]lt. Das Markf~serger~st der VorderhSrner erweist sich bei der Weigertschen F~rbung (am Gefrierschnitt) ~ls erhalten. Da das Tier viermal 24 Stunden naeh Auftreten der neuen L~hmungserscheinungen getStet wurde, whre im Falle eines wirkliehen Rezidivs im H~lsnmrk ein entspreehend frischer Prozeg zu erwarten gewesen. Dies traf aber keineswegs zu: anstatt der erwarteten GanglienzellausfMie bzw. Restkn0tchen sehen wir nur Ganglienzellvergnderungen, hier und da mit Mikrogli~umkl~mmerung. Versuehen wir dennoeh eine Erk!irung ffir das Auftreten der sehweren Lghmungserscheinungen ohne einen adgquaten histologisehen Befund zu geben, so ist sie wohl nur in der Mlgemeinen funktionellen Schidigung der Ganglienzellen zu erblieken. Mit zunehmendem Verfall des Allgemeinzustandes erseh0pften sieh die Ganglienzellen aueh der Halssegmente, um sehlieNieh in ihrer Funktion v611ig zu erlahmen. D i e s e F e s t s t e l l u n g : L g h m u n g o h n e f r i s e h e n ProzeB als ~d~quates anatomisehes Substrat mahnt zur Vorsieht in der Bewertung jener Fille yon P.m., b e i d e n e n es a n g e b l i e h zu e i n e m I ~ e z i d i v k a m . Ein Beispiel ffir jenen E r k r a n k u n g s t y p , w e die L ~ h m u n g s i e h i s o l i e r t a u f die H i n t e r b e i n e b e s e h r & n k t , ist ferner Affe 50 (get0tet 35 Tage naeh Auftreten der ersten Lihmungserscheinungen), fiber welchen P e t t e u. H i n r i e h s bereits 1927 beriehtet haben. Ein Mlgemeiner Charakterzug der zweiten Gruppe der cerebral geimpften Tiere ist, dab der ProzeB zuerst bzw. am intensivsten in deI~ Lendensegmenten auftritt, wihrend bei der ersten Gruppe das I-I~lsmark bzw. die Oblongata stirker bevorzugt befallen war. Zwei Msglichkeiten der Erklirung f fir diese ArC der ProzeBausbreitung erseheinen uns hier gegeben: erstens wire daran zu denken, dab die Affinit~t der einzelnen Segmente des ZentrMorgans zum Virus individuell versehieden ist; zweitens besffinde die Moglichkeit, dab das Virus in die Gegend der den lumbalen Segmenten ~ibergeordneten Zentren der motorisehen Region, d. h. in die oberen Teile der Zentraiwindung bzw. in den zugehSrigen Abschnitt der Markstrahlung injiziert wurde. Im tIinblick auf die These yon der Viruswanderung wih'de sich hier~us alsdann eine direkte Beziehung zwischen Impfstelle einerseits und Auswirkung des Virus auf die lumbMen Segmente andererseits ableiten lassen.
Studien fiber experimentellePoliomyelitis.
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Eine Prfifung unseres MateriMes naeh den eben dargelegten Gesichtspunkten ergibt nun folgendes: Beim Affen 18, bei dem die HMssegmente am st~rksten ergriffen waren, ]iegt die cerebrMe Impfstelle ziemlich welt laterM; die Erweiehungsh~hle erreicht die laterMe Ubergangsstelle der motorischen und sensorischen AreMe. Es ist somit kaum daran zu zweifeln, dM~ auch die Armanteile der Pyramidenbahn mit dem Virus in Berfihrung kamen. ~iir Affe 24, bei dem die HMssegmente ebenfMls bevorzugt beteiligt waren, l~l~t sich ein gleicher Nachweis nicht ffihren: die Impfh0hle liegt mediM, im Mark des Cingulum und im BMken. Affe 60 ist ffir diese Betrachtung nicht verwertbar, da das am st~rksten befMlene Segment die Oblongata war. Bei Affe 65 reicht die Impfverletzung ziemlich welt laterMw~rts; trotzdem waren die Lendensegmente in erster Linie ergriffen. Der bei diesem Tier erhobene Befund ist aber aus dem Grunde schwer zu verwerten, well die Verletzung bis tier in die Capsula int. reicht. Die gleichen Verh~ltnisse sind bei einem anderen Tier (Affe 39) auch gegeben. Bei den Affen 75 und 80, wo die Bevorzugung der Lendensegmente ausgesprochen war, liegt die Impfste]le wieder ziemlich stark medial. Diese Ubersicht ergibt, dM~ die Befunde nicht f~ir Mle Tiere eindeutig sind; immerhin aber lassen sic sieh mit der Annahme vereinbaren, dM~ das Auftreten der L~hmungen bzw. die Prozeitverteilung im Rfickenmark yon der cerebrMen Impfstelle abh ~ n g i g ist. Die Tatsache, dM3 bei der zweiten Gruppe die L~hmung nieht selten auf die Hinterbeine beschr~nkt blieb, deutet darauf kin, dM~ das InfektionsmateriM yon verh~ltnism~Big geringer Virulenz war. In diesem Sinne spricht auch, dM~ das einzige Tier (Affe 80), welches wit mit Filtrat erfolgreich impfen konnten, diesen Verlaufstyp zeigte. III. Die E n t s t e h u n g u n d d e r A u s b r e i t u n g s w e g des poliomyelitischen Prozesses nach extraneuraler Impfung. 1. NasMe Impfung. Bereits L a n d s t e i n e r u. L e v a d i t i haben darauf hingewiesen, dM~ yon der unverletzten ~asenschleimhaut aus eine Infektion mit Po]iomyelitisvirus unmSglieh ist. Wir wissen ferner, dM] die nasale Impfung auch dann in nur verh~ltnism~t6ig wenigen F~llen zur
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H. Porte, It. Demme und St. KSrnyey:
Ausbildung einer P.m. ftihrt, wenn das Virus in oder unter die Schleimhaut injiziert odor auf die vorher l~dierte Schleimhaut verrieben wird. Fairbrother u. H u r s t , d i e w o h l als l e t z t e t i b e r d e r a r t i g e V e r s u c h e b e r i c h t e t e n , k o n n t e n d u r c h n~sMe I m p f u n g d r e i m a l u n t e r zw61f F/~llen e i n e p . m . e r z e u g e n . E i n e e r f o l g r e i c h e I m p f u n g g e l a n g u n s n u r b e i m A l l e n 26. A f f e 26. 5. II. 1929. Riickenmark yon Affe 23 ~uf die Schleimhaut der rechten und linken Nase verrieben (der Tupfer, mit dem die Verreibung vorgenommen wurde, wurde blutig). ZellgehMt im Liquor 0. 7. I L 1929. Zellgehalt im Liquor 182/3 (]eicht h&morrhagiseh). 9. II. 1929. Zellgehalt im Liquor 84/3. 14. II. 1929. Tier bisher in keiner Weise auff~llig gewesen. 15. II. 1929. Zellgehalt im Liquor 4800/3. Der Affe ]iegt heute friih am Boden des K~figs, er kann sich nur noeh mtihsam aufrichten. Die linke Gesiehtshalfte ist paretisch, der Mundwinkel h~ngt, ebenso h~ngt der linke Arm sehlaff am K~rper, der rechte ist deutlieh paretisch; weniger paretiseh sind die ]~eine, immerhin ist Alleinsitzen und Stehen nicht mehr m6giieh. Naehmittags 4 Uhr in Narkose entbhtet. t I i s t o l o g i s c h e r B e f u n d : In der m o t o r i s c h e n R i n d e selten ganz zarte Infiltrate aus Leukoeyten, Lymphocyten und Polyblasten bestehend in allen Schiehten sowie an der Rinden-Markgrenze. Stellenweise leukoeyt~re Neuronophagien in der Sehicht der B e e t z s c h e n Zellen, in ihrer Umgebung einige freie Leukoeyten und leicht hypertrophische Mikrogliazel]en. A m m o n s h o r n , B a l k e n , S t r i a t u m , f r o n t a l e und o e c i p i t a l e l~indefrei. Im G l o b u s p a l l i d u s einige perivaseul~re Nanschetten. Die Infiltratzellen Mad Lymlohocyten und Polyblasten. Leukoeytgr-mikrogliSse Kn6tehen. Vereinzelte Neuronophagien. Der Kern einiger Ganglienzellen ist gesehrumpft. I m N u c l e u s p a r a v e n t r i e u ! a r i s einige Mikrogliaherde. Im T h a l a m u s konnte nut ein einziges Infi]trat im oberon Tell gefunden werden. Im D a r k s e h e w i t s e h s e h e n und im O e u l o m o t o r i u s k e r n loerivaseul~re Lymphoeyteninfi]trate. Wabig-vaeuol~re Ganglienzellver~nderungen, hier und da leukoeyt~re Neuronophagien. In den V i e r h i i g e l k e r n e n und in der H a u b e des Mittelhirns ausgedehnte Mikrogliaschwellung. Kleine GliaknStchen und Gef~l]infiltrate yon leukolymlohoeyt~rem Charakter. Die Pia ist mit Leuko- und Lymphoeyten infiltriert. Im P e n s und i m v e r t C n g e r t e n M a r k zarte perivaseulr moist mit Plasmazellen vermisehte Lymphoeyteninfiltrate verstreut im Grau. Die langen Bahnen sowie die unteren Oliven sind frei. Einige kleine Gliaherde, besonders im D e i t e r s sehen, im FaeiMis- und im lateralen Vaguskern, In vielen Ze]len des ~'aeiMiskernes ist die Tigroidsubstanz staubig zerfallen odor zu dunklen Klumpen zusammengebaUt. Selten ]eukocyt~r-gliSse Neuronophagien, vereinzelt aueh freie Leukoeyten im Gewebe. I m Abdueenskern leichtere Ganglienzellver~nderungen.
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In der Forraatio reticularis leukocyt/ir-gliSse Herde. An der caudalen Grenze sind vornehmlich die ]~urdachsehen und M o n a k o w s e h e n Kerne ergriffen, in Form yon gro•en Gliaherden, w~hrend der Gollsehe Kern intakt bleibt, Die Pia ist leieht infiltriert. Die Infiltrate sind entlang den ins Mark eintretenden GefaSen zu verfolgen. Ira N u c l e u s d e n t a t u s sowie in seiner Umgebung kommen feine perivascul~re Leuko-Lyraphoeyteninfiltrate und leukoeytar-gli6se Herde vor. Die Nervenzellen der Kleinhirnkerne sind zum Tell wabig veriindert, teilweise auch vacuolisiert. In der M o l e e u l a r i s selten leichte Infiltrate und leukoeyt~rgli6se tIerde. Im H a l s m a r k ]eichte ]ymphoeyt~tre Meningitis, die sich nach abw~rts in abnehmendem Mal3e fortsetzt; ira Bereich der sakralen Segmente starke Anhaufung leuko- und lymphoeyt~rer Elemente, und zwar nur noeh an der vorderen Seite ; aueh sonst ist die Meningitis am ausgesprochensten ira ]~ereich der Medianfissur. Die G e f ~ e des Grau, weniger die radfiiren Markgef~13e sind leieht mit Lymphocyten und Plasmazellen infiltriert. Ira Italsraark ~reie Leukocyten und leukoeyt~ir-gliSse Neuronophagien, die weir iiberwiegende Mehrzah] der groBen Vorderhornzellen ist schon zerfallen. Die erhaltenen sind wabig verandert, das Tigroid staubig zerfallen. Die Mikroglia ist ira Vorderhorn und in den mittleren Teilen stark gewuchert und hypertrophiseh. Der Proze~ niramt yon oben nach unten allm~hlieh in der Intensit~t und aueh Extensit~t ab, in den weniger intensiv ergriffenen Segraenten herrscht das leukoeyt~re Stadium vor, w~hrend die Gliareaktion viel beseheidener ist. Auch sind im B r u s t - und L e n d e n m a r k me hr Vorderhornzellen erhalten als ira Halsraark. Die C1 a r k e s ehen S~ulen lind versehont. Im S a k r a l m a r k finden wir nur noeh wenig Neuronophagien und nur noeh bescheidene Gewebsinfiltrate. Die Ganglienzellen sind grSl3tenteils akut gesch~digt (AuflSsung der Tigroidsehollen, Waben- und Vaeuolenbildung, Bl~hung). In einer nicht geringen Zahl yon Ganglienzellen des Lendenraarkes sind die Tigroidschollen gut erhalten. In den S p i n a l g a n g l i e n Verraehrung der Bindegewebskerne und der Amphicyten. Leukoeyten und Lymphocyten verstreut ira Gewebe. Leukocyt~re sowie araphieyt~re Neuronophagien. Manehe Ganglienzellen gesehwollen, ihr K6rper blab gef~rbt. A f f e 26 e r k r a n k t 10 T a g e n a c h V e r r e ~ b u n g y o n v i r u s h a l t i g e m R~ickenmark auf die N~senschleimh~ut unter dem Bride einer typischen P.m. : schl~ffe L~hmung der linken Gesichts- und Armmuskulatur, Parese des rechten Armes sowie der Stature- und Beinmuskulatur. H i s t o l o g i s c h f i n d e t s i c h e i n s e h r s c h w e r e r , fiir d a s A n f a n g s s t a d i u m d e r P . m . c h a r a k t e r i s t i s c h e r Prozel~, n a c h d e r P r o zel3struktur zu urteilen am frfihesten entstanden im Halsmark bzw. in d e r M e d u l l a o b l o n g a t a . N a c h u n t e n u n d o b e n n i m m t d e r P r o z e ~ an Intensit~t und ExtensitSt ab. Immerhin abet sind im Hirn bereits alle die Regionen ergriffen, die wir bei welter vorgeschritte-
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It. Pette, H. Demme und St. KSrnyey-
nen t~gllen befallen sehen. Aueh hier wieder ist, was besonder:~ hervorgehoben sei, die motorisehe Rinde elektiv, und zwar in der bek~nnten Sehiehtauswahl an der ProzeBbildung beteiligt. Die ProzeBausbreitung stimmt somit mit jener fiberein, welehe wir naeh neurMer und eerebrMer Impfung kennengelernt haben. In Einzelheiten (Betonung im HMsmark) erinnert der Fall an die erste Gruppe der cerebral geimpften Tiere (Affe 18, 24), ferner aueh an den Befund naeh Impfung in den N. faeiMis. Dies l~Bt darauf sehliel3en, dab aueh bier ftir die Ausbreitung des Prozesses die Entfernung yon der Impfstelle mal3gebend war. Auffallend ist die verhi~ltnism~Big lange Inkubation (10 Tage). Die ErM~rung hierffir liegt offensiehtlieh in der Art der Impfung. Da wir mit dem gleiehen Stamm impften, mit dem zahlreiehe Tiere vorher und naehher geimpft wurden, und zwar mit einem weir kfirzeren pr~paralytisehen Stadium, liegt as nahe, die Ursaehe der Verz6gerung d~rin zu erblieken, d a b b e i d e r I m p f u n g in die S e h l e i m h a u t d e r N a s e im G e g e n s a t z z u m i n t r a n e u r a l e n und intraeerebralen Impfmodus nut sehr wenige Nervenf a s e r n m i t d e m V i r u s in K o n t a k t g e r i e t e n . ~'fir d i e A u s w i r k u n g d e s V i r u s bis z u r E r k r a n k u n g s m ~ S g l i e h k e i t w a r d e s w e g e n e i n e g r 6 B e r e Z e i t s p a n n e e r f o r d e r l i e h als in allen anderen F~llen. 2. Infektion dureh den Magen-Darmtraktus. Der Versuch, eine Infektion mit Poliomyelitisvirus auf dem Wege des Magen-Darmtraktus zu erzeugen, ist yon zahlreiehen Autoren immer wieder angestellt worden - - allerdings mit wechselndem Erfolg. W~hrend F l e x n e r u. A m o s s , L a n d s t e i n e r u. L e v a d i t i , K r a u s e u. M e i n i c k e fiber negative t~esultate berichten, gelang es L e i n e r u. v. W i e s n e r , vom Magen bzw. vom Darm aus eine P.m. zu erzeugen. In jiingster Zeit konnten K l i n g , L e v a d i t i u. L 6 p i n e sogar durch virushaltiges Wasser die Krankheir erzeugen. Von zwei Tieren, denen wir Poliomyelitisvirus mittels Sonde in den Magen-Darmkunal braehten, erkr~nkte nut Affe 33, der mit Saponin vorbeh~ndelt war (siehe S. 132). Affe 33. 2. VI. 1929. !Xach 3t&giger Vorbehandlung mit S~ponin (dem Tier wurde ~/~glich eine Saponinl6sung mit der Sonde gegeben) heute Injektion einer polio-
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myelitis-virushaltigen Riickenmarksemulsion in den Magen. Skit gestern leichte Durchfiille. 4. VI. 1929. Keine Durchf~lle mehr. Tier unauff~llig. 16. VI. ]929. Naehdem das Tier bisher nieht welter auffi~llig gewesen war, liegt es heute frfih an allen vier Extremitaten schlaff gel~hmt im Stall. Durch Entbluten get6tet. H i s t o l o g i s c h e r B e f u n d : Sehwere M e n i n g i t i s am gesamten Zentralorgan, aueh fiber dam Oecipitallappen ausgesproehen. Die InfiltratzelIen sind vornehmlich Lymphocyten, in geringerer Zahl Plasmazellen. I n der m o t o r i s e h e n l~inde leiehte Leukoeyteninfiltrate, leukocyt~re und Mikrogliaherde, ziemlich starke diffuse Mikrogliawueherung. Zahlreich sind die Infiltrate um die radihren Gef~Be. Die Ver~nderungen in der Tiefe hSren mit der Grenze der motorischen l~inde auf und sind im wesentlichen an die I I I . - - V . Sehicht gebunden. Mehr weniger starke Ver~nderungen yon Bee tz schen Zellen. Im P a l l i d u m lympho-plasmoeyt~re Gef~Binfiltrate, eines auch am medialen Rand des einen Putamen. Am basMen Teil des S e p t u m p e l l u c i d u m einige st~rkere Lymphoeyteninfiltrate, desgleichen aueh im Ammonshorn beider Seiten. Die O e e i p i t a l r i n d e ist vollkommen frei. I m N u c l e u s p a r a v e n t r i c u l a r i s GefiiBinfiltrate. I n f u n d i b u l u m versehont. Die sonstigen Teile der s u b t h a l a m i s c h e n R e g i o n zeigen das gew6hnliche Bild, d.h. starke infiltrativ-gli6se Ver~nderungen in der Zona ineerta, in den F o r e l s c h e n Feldern. DiG Gef~ginfiltrate bestehen aus Lympho- und Plasmocyten. Die Substantia nigra zeigt nnr geringe Veri~nderungen. Im S e h h f i g e l sind die zentralen Teile befallen. I n der HShe des hinteren V i e r h f i g e l s ist die Haube stark befallen. Sie zeigt perivaseuliire Lymphocyten- und Gliaherde. Im v e r l & n g e r t e n M a r k das typische Bild. Die GefaBinfiltrate fiberwiegen gegeniiber den Gliaver~nderungen. I n der K l e i n h i r n m o l e c u l a r i s einige Herde. N u c l e u s d e n t a t u s nur sehr leicht an der Proze]bildung beteiligt. g ii c k e n m a r k: Im Hals- und Brustmark ist das leukocyt~re Stadium bereits fibersehritten. Die Gef~Binfiltrate sind lymphocyt~ren Charakters. Itochgradige Gliavermehrung mit gli6sen Neuronophagien und Rosettenbildung; motorisehe Ganglienzellen gr6gtenteils erhalten, jedoch schwer erkrankt. Clarkesehe SM1len verh~Itnismii~ig verschont. Auch im Lendenmark bestehen die Infil~rate aus Lymphocyten, die Mikrogliareaktion ist bier sehr ausgesproehen; an den Neuronophagien sind zum Tell auch noch Leukoeyten beteiligt. In den Spinalganglien starke Amphicytenvermehrung mit Neuronophagien. Die s y m p a t h i s c h e n G a n g l i e n sind frei yon Ver&nderungen. N i e r e , L u n g e , M u s k e I , N e b e n n i e r e n , H o d e n , Milz o. B. I n der M a g e n s c h l e i m h a u t zahlreiche Lymphocyteninfiltrate; nieht dagegen in der Submucosa. Fragliche Infiltrate in der Leber. Deutsche Zeitschrift f. Nervcnheilkundc. Bd. 128.
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
Die Verfiitterung einer poliomyelitisvirushaltigen l~iickenmarksemulsion fiihrte somit bei Affe 33 zu einer klinisch und histologisch sichergestellten P.m. Auffallend im Krankheitsverlauf ist auch hier wieder die l a n g e I n k u b a t i o n (14 Tage). Die Ursache hiediir ist entweder darin zu suchen, daft d~s Virus d u r c h d e n M a g e n s a f t in s e i n e r V i r u l e n z v o r i i b e r g e h e n d abg e s c h w i c h t wurde oder aber e b e n s o wie bei d e m n a s a l gei m p f t e n A f f e 2 6 d ~ r i n , d~i~ n u t w e n i g e N e r v e n f a s e r n m{t d e m V i r u s in B e r i i h r u n g k a m e n . Anatomisch unterscheidet sich der Prozeft w e d e r in s e i n e r S t r u k t u r , n o c h in s e i n e r A u s d e h n u n g yon dem, was wit bei den anders geimpften Tieren s~hen. 3. Iniektion auf dem Blutwege. Seit Beginn der experimentellen Xr~ dcr Poliomyelitisforschung ist bekannt, dab durch Injektion yon Virus in die Blutbahn eine P.m. erzeugt werden kann. L ~ n d s t e i n e r u. L e v a d i t i h~ben gezeigt, daft selbst eine Viruspsssage durch die Leber (n~ch Injektion in die Mesenterialvenen) die Infektion nicht zu verhindern vermag. Alle Autoren sind sich jedoch darin einig, daft eine hgm~togene Infektion nur schwer gelingt. A f f e 35. 23. VII. 1929. Intraven6s in das linke Bein geimpft mit einer Riickenmarksaufsehwemmung yon Affe 33. 25. VII. 1929. Der Affe, der bisher absolut unauff~llig war, ist heute sehr ruhig. Er sitzt in einer Eeke des Kafigs und zittert zeitweise am ganzen X6rper. Unsicherer, leicht schwankender Gang. 26. VII. 1929. Die l%iickenmuskulatur ist geschwicht. Der Affe kann sich nicht lange aufreeht halten, er sinkt hiiufig in die Knie. Die grobe Kraft der unteren Extremititen ist stark herabgesetzt. Keine rechte Frel~lust. 27. VII. 1929. Zunehmende Schw~che in den unteren Extremititen, links mehr als rechts. Tier sitzt zusammengekauert im Stall. Das Zittern wird immer stirker; es wird bei jeder Reizung besonders lebhaft. 1Naehmittags get0tet dutch Entbluten. H i s t o l o g i s e h e r B e f u n d : Die w e i c h e H a u t des G r o B h i r n s zeigt - auch fiber dem Oeeipitalfappen - - leichte Infiltrate bestehend aus Lymphoeyten und Polyblasten bei Fehlen yon Leukocyten. Die R i n d e selbst, ferner C l a u s t r u m und S t r i a t u m sind iiberall frei bis auf kleine Gliaherde ira Ammonshorn. In der weiBen Substanz stellenweise kleinere oder grO6ere Infiltrate. (Einige parasiti~re Cysten im rechten Temporal- sowie im linken Parietal- und Oceipitalhirn, jedoeh ohne nennenswerte Reaktion seitens der Umgebung.) h n T h a l a m u s Infiltrate und Gliaherde, in den zentra]en und ventrolateralen Teilen, ferner in der I-Iabenulagegend.
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Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
I n f i l t r a t e u n d Gliaherde in der Z o n a i n e e r t a , im N u c l e u s e ~ m p i F o r e l i , Nucleus paraventrieul~ris und mamillo-infundibularis im Corpus Luysii u n d C o r p u s m a m i l l a r e . I m k o m p a k t e n TeiI der S u b s t a n t i a n i g r a einige feine L y m p h o c y t e n infiltrate u n d Gliaherdehen. )~hnliehe Ver~nderungen im oralen kleinzelligen Tell des r o t e n K e r n e s . Der P e d u n e u l u s ist frei bis a n t einige kleine Infiltrate, die v o m Corpus Luysii sieh auf dieses Gebilde a u s d e h n e n (Abb. I8). I m v o r d e r e n V i e r h f i g e l , im D a r k s e h e w i t s e h s e h e n u n d im O e u l o motoriuskern leichte I n f i l t r a t e u n d Gliaherde.
Abb. ]8. Mfe 35. Meso-diencephaler ~bergang. Im linken Thalamus some in der Zona incerta hei(/erseits Gef~l~infiltrate und Kornvermehrang im Nervengewebe. Der tibrige Querschnif,?~-aach Corpus Luys und Substantia nigra -- frei von Ver~nderungen. Die w e i c h e t I a u t d e s v e r l g n g e r t e n M a r k e s ist stellenweise s t a r k intiltriert, ebenso die e i n s t r a h l e n d e n Gefttl3e. Perivaseulgre I n f i l t r a t e u n d Gliaherde in der F o r m a t i o reticularis, Olivengegend und absteigenden Trigeminuswurzel. Stellenweise respektieren d i e i n f i l t r i e r e n d e n Elemente die ektodermale Grenze nieht, sondern dringen massivin dasNervengewebe ein. I n d e r e n o r m e n K e r n v e r m e h r u n g des Nervengewebes ist es meist unm6glicb a u s e i n a n d e r z u h a l t e n , was Gliaelemente n n d was ~usgewanderte mesodermale E l e m e n t e sind. Das reiehliehe V o r k o m m e n yon frei im Nervengewebe liegenden j u n g e n Plasma- u n d 5Iaulbeerzellen beweist, dab a n der Bildung der z u m Tell herdf6rmigen ,,Gewebsi n f i l t r a t e " mesoderm~le E l e m e n t e wesentHeh beteiligt sind. ])as P l a s m a der Mikrogliaelemente ist gesehwollen, oft vaeuolisiert, wie m a n es im Anfangs13"
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H. Bette, H. Demme u n d St. K S r n y e y :
s t a d i u m der KSrnehenzellbildung sieht. Die zahlreichen e r k r s n k t e n Ganglienzellen erinnern a n das Bild der Verflfissigung u n d der schweren Zellerkrankung N i s s l s . Gli6se Neuronophagien. f r e i sind v e n t r a l e r C o c h l e s r i s k e r n und Corpus restiforme. I n den P y r a m i d e n einige Gliasternchen. Das K l e i n h i r n ist bis suf spgrliche Glisherde in der U m g e b u n g des Nucleus d e n t a t u s v o l l k o m m e n frei. I m R i i c k e n m a r k fehten ebenso wie in allen fibrigen Anteilen des Zentralorgans die Leukoeyten. Das fiber die Beschsffenheit der I n f i l t r a t e ffir die Obl o n g s t s Gessgte gilt aueh ffir das g f i c k e n m a r k . Die Endothelzellen tier I n t i m s sind geschwollen. Die I n f i l t r a t i o n der GefiBe bzw. die W u c h e r u n g der GefaB~
Abb. 19. Affe 35. l~iickenmarksquerschnitt. Zahlreiche perivasculi~reInfiltrate sowohl ]n der graaen als such in der weiBen Substanz. Gewebsinfiltr~te vornehmlich um Gefif~e angeordnet. Ganglienzellen erhalten. w~ndelemente erreicht oIt einen so h o h e n Grad, daf~ das L u m e n n i c h t m e h r e r k e n n b a r ist. J e d o c h sehen wit nirgends T h r o m b o s e n oder F r e m d k 6 r p e r im Gefgf~lumen. S t a r k a k z e n t u i e r t sind die GefiBinfiitrate in der weil~en S u b s t s n z , die ganz unregelmgfiig, d . h . in allen Stranggebieten veto Prozel~ ergriffen wurde (Abb. 19 u. 20). Die I n f i l t r a t e l e m e n t e - - s u c h die Plasmazellen - - dringen s n vielen Stellen ins P s r e n c h y m vor. U n t e r den ~usgewanderten Infiltratzellen sehen wir viele nekrotisehe Kerne. Die K s p i l l s r e n d o t h e ] i e n wuohern d u t c h das Nervengewebe. An m s n e h e n Stellen ist es p e r i v a s e u l i r zu Nekrose gekommen. Die Glia ist haup~sichlieh u m die Gefi~e - - in bald dicht, bald locker gefiigten H e r d e n - proliferiert. Viele der gewucherten Mikrogliaelemente befinden sich offensichtlich in Anfangsstadien der K6rnchenzellbildung sowohl im G r s u als s u c h in den weiSen S t r i n g e n . Es b e s t e h t im Vergleich zu dem sonst iiblichen
Studien
fiber experimentelle
Poliomyelitis.
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Abb. 20. Affe 85. l~iiekenmarksl~ngsschnitt. Zahlreiche Gefiil3infiltrate und Gewebsherde sowohl in der grauen Substanz als auch in den weii]en Str/tngen. Ganglienzellen erhalten.
Abb. 21. Affe 35. Massive lympho-plasmocyt/ire Infiltrate in einem sympathischen Ganglion.
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H. Pette, I-I.Demme und St. KSrnyey:
Bild der P.m. eine s t a r k e D i s k r e p a n z zwisehen den V o r g i n g e n im P a r e n e h y m speziell an den G a n g l i e n z e l l e n und den Vorg/ingen im Sttitzgewebe. Der gliogene und mehr noeh der mesodermale Prozeg beherrseht die Szene..SIanehe Ganglienzellen zeigen das Bild der sehweren Zellerkrankung, w~hrend die moisten trotz des starken mesodermal-gli6sen Prozesses in ihrer Umgebung auffallend gut erhalten sind. Am wenigsten betroffen ist das untere Sakralmark. Die g t i e k e n m a r k s m e n i n g e n sind stellenweise sehr erheblieh lymphoeyrir infiltriert, vor allem in Naehbarsehaft der grSBeren Gef~Be. In den C a u d a w u r z e l n perivaseulire und intrafaseieul~re Infiltrate. In den Spinalg~nglien Lymphoeyteninfiltrate, enorm viol Plasmazellen und Satellitenvermehrung bei Intaktsein der Ganglienzellen. Ein ihnliehes Bild wie die Spinalganglien zeigen die s y m p a t h i s e h e n Ganglion, wo stellenweise die Infiltrate sogar sehr dieht sind (Abb. 21). I-Ierz, Leber, Milz, Niere, N e b e n n i e r e o. B., vor allem keine Thrombenbildung, aueh keine herdf6rmigen Infiltrate. Demgegentiber sind in der Lunge manehe GefiBe thrombosiert; in der thrombotisehen l~%sse sind hier und da Fremdk6rper erkennbar. B e i m A l i e n 35, der i n t r a v e n 6 s g e i m p f t wurde, t r e t e n kliniseh bereits n a e h ~8 S t u n d e n die ersten Zeiehen einer S e h i d i g u n g des Z e n t r a l o r g a n s auf, u n d zwar in F o r m y o n Z i t t e r n des g a n z e n K 0 r pets. A m 3. T a g e zeigt sieh e i n e erhebliehe Sehw~ehe der S t a m m m u s k u l a t u r , die s t i n d i g fortsehreitet. D e r Affe wird 4 x 24 S t u n d e n n a e h der I m p f u n g get0tet. Histologiseh finder sich ein sehwerer ProzeB. D i e P r o z e g s t r u k t u r unterseheidet sieh in prinzipiellen Punkten yon dem sonst bekannten Bild der P.m., e i n m a l insofern als Leukoeyten sowie Neuronophagien v011ig f e h l e n , s o d a n n , a l s der mesodermal-gli0se ProzeB die Szene b e h e r r s c h t , wogegen die P a r e n c h y m s c K ~ d i g u n g erheblieh zuriiektritt. W a s die L o k a l i s a t i o n d e s P r o z e s s e s betrifft, so sind i n erster Linie diejenigen Teile des Zentralorgans erkrankt, die sich such bei den anders geimpften Tieren als besonders anf~llig erwiesen haben. Allerdings sind einige Areale verschont, wie z. B. die m o t o r i s c h e Rinde, w i h r e n d andere, sonst regelmgBig i n t a k t bleibende Zentren, z. B. das Corpus m a m i l l a r e , w e n n auch n u r in F o r m y o n wenigen Gofgl~infiltraten, a m Prozefi beteiligt sind. Ungew6hnlieh s t a r k i s t d i e w e i g e Substanz des t~iiekenmarks e r g r i f f e n , u n d zwar n i e h t n u t in F o r m y o n perivaseul~ren I n f i l t r a t e n , sondern s u c h m i t gleiehzeitiger u n d z u m TeiI sehr erheblicher Gliabeteiligung. V o n der O b l o n g a t a hinauf orMw~irts ist die Prozefiverteilung zwischen G r a u
Studien iiber experimentelle Poliomyelitis.
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und WeiB, worauf besonders hingewiesen sei, kaum anders als wir sie sonst fanden. Es ist nieht daran zu zweifeln, dal~ die Eigenart der Prozel3struktur dutch den ungew0hnliehen Impfmodus bedingt wird. Dutch die Injektion in die Blutbahn war dem Virus die M0gliehkeit gegeben, sieh innerhalb ktirzester Zeit fiber das ganze Zentralorgan auszubreiten. Dal3 sein Eintritt tats/tehlieh dureh die GefgGwandung erfolgte und nieht auf dem Weg des Liquorstroms, daffir sprieht einmal die ausgedehnte Gef~tgreaktion, sodann die oft deutliehe topographisehe Abh~ngigkeit der Gliareaktion yon den GefgBen. Die Einwanderung yon Virus ins Nervengewebe war offensiehtlieh dadureh erm0glieht, dab die Injektion mit einer Aufsehwemmung, d. h. mit einer korpuskulgre Elemente enthaltenden Flfissigkeit erfolgte, wodureh die Wandungen kleinster Gef~Be geseh~digt wurden. Ob der Ubertritt des Virus aus dem Blur ins Nervengewebe aueh dann m0glieh ist, wenn die Gef~Bwandungen nieht geseh~tdigt werden, verm0gen wir nieht zu entseheiden. Der Naehweis, dab dies moglieh ist, k6nnte nut dutch eine erfolgreiehe Injektion eines yon korpuskul~ren Elementen freien Filtrates in den Blutkreislauf erbracht werden. Der naeh dieser Riehtung yon uns ausgefiihrte Versueh verlief negativ, und zwar aueh bei einem Allen (Affe 81), der ein groGes Quantum eines virulenten Filtrates intraven6s erhalten hatte. [Das zur Kontrolle intraeerebral geimpfte Tier (Affe 80) erkrankte am 10. Tage unter den Erscheinungen einer sehlaffen Paraplegie der ltinterbeine (siehe S. 180--184)]. Dal3 es sieh bei Affe 35 trotz vieler ungew0hnlieher Ztige des histologisehen Strukturbildes und teilweise aueh der ProzeBausdehnung in der Tat um eine spezifisehe Infektion des Nervensystems gehandelt hat, beweist in erster Linie das Intaktbleiben der grol3en parenehymat6sen Organe (I-Ierz, Leber, Niere, Nebenniere). H~itte es sieh um einen lediglich durch Fremdk0rperembolien hervorgerufenen Prozel3 gehandelt, so mtiGte man erwarten, dab diese Organe ebenso wie das Nervensystem gefaGabhgngige Ver~nderungen zeigen. Solche sind jedoeh nut in der Lunge zu linden (siehe oben), was verst~ndlich ist, wenn man bedenkt, daG das Filter der Lungenkapillaren die korpuskularen Anteile der Rfiekenmarksemulsion aus dem ven0sen Kreislauf erhielt. Offenbar war nut ftir die kleinsten der suspendierten Elemente eine Passage dutch das Kapillarsystem der Lunge mSglieh: Embolien und
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H. Petge, H. Demme und St. KSrnyey:
Thrombosen sind in den sonstigen 0rganen - - such im Zentralnervensystem - - nicht naehweisbar. Das auf diese Weise in den arteriellen Kreislauf gelangte Virus e r z e u g t e n u r im N e r v e n s y s t . e m V e r ~ n d e r u n g e n - - in d e m O r g a n , zu d e m es e i n e s p e z i e l l e AYfinititt h a t . Auch bier ist trotz maneherlei Abweichungen e i n e G e s e t z m i i g i g k e i t d e r P r o z e g v e r t e i l u n g e r k e n n b a r , und zwar vor a11em in den oral der Medulla oblongata gelegenen Gebieten.
B. Zusammenfassende Betraehtung der Histopathologie der experimentelIen Poliomyelitis. a) Strukturbild des histologisehen Prozesses. Wenn wir im folgenden eine zusammenfassende Darstellung der Histologie der P.m. geben, so sollen uns hierbei weniger morphologisehe Probleme leiten als vielmehr der Versueh der P r o z e B erfassung, insbesondere seiner Pathogenese. Wir beabsiehtigen deshalb aueh keineswegs, uns mit allen Autoren, die tiber histologisehe Befunde bei der P.m. beriehteten, auseinanderzusetzen. Wir besehr&nken uns vielmehr darauf, hier und da Hinweise zu geben, soweit sieh die yon uns erhobenen Befunde mit denen anderer Autoren deeken, bzw. ihre Befunde im Simae unserer Auffassung vom Wesen des histologisehen Gesehehens ~uszudeuten. D i e P a r e n e h y m l ~ s i o n b e s t i m m t d a s k l i n i s e h e B i l d in e r s t e r L i n i e . Bei keiner akut entziindliehen Erkrankung des ZentrMnervensystems besteht dieser Satz in so iiberzeugender Weise zu Reeht wit bei der P.m. Welter einengend lggt sieh sagen, dal3 die Ganglienzelliision, yon der einfachen Sehgdigung im Sinne der akuten Ganglienzellerkrankung N i s s l s bis zur v011igen Neuronophagie das eigentliehe Mresen der Krankheit ausmaeht. Alle anderen Vorggnge, m0gen sie das Mesoderm oder die Neuroglia betreffen, sind reaktive Begleiterscheimmgen, die nut beiWertung der Gunglienzellschi~digung riehtig erfa6t werden kOnnen; sie sind Ms solche in keiner Weise fiir die P.m. aussehliel31ieh eh~rakteristiseh. I. D i e m e s o d e r m a l - g l i o g e n e n Vorg~nge. 1. Die m e s o d e r m a l e R e ~ k t i o n manifestiert sieh an d e n M e n i n g e n einerseits und am Gef~g~pparat gndererseits. Bei den neural geimpften Tieren kommt es bereits vor Auftreten p~renehymaler Ver~nderungen zu einer meningealen Auswirkung (siehe Be-
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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funde Affe i0r und 27). Wir sehen Infiltrate in unmittelbarer Nachbarsehaft der Gef~Be der vorderen und hinteren Furche. Nieht selten ist die Medianfissur allein infiltriert, w~hrend die Meningen der Zirkumferenz entweder ganz frei oder nur yon spgrliehen igundzellen durchsetzt gefunden werden. Die Infiltrate breiten sieh mit auBerordentlicher Schnelligkeit fiber das Zentralnervensystem aus. Niemals sind sie gleichm~igig diffus, vielmehr herdf6rmig mit allm~hliehem Abklingen gegen die Umgebung. Am stgrksten sind sie stets fiber den Segmenten, in denen der parenchymale Prozel3 am schwersten bzw. am frisehesten ist. Daher fanden wir bei der experimentellen P.m. im allgemeinen eine unverkennbare Tendenz zur Prozel3betonung in den Meningen der unteren Rfickenmarkssegmente, was Wiekman, Forssner u. Sj6vall, Harbitz u. Scheel friiher bereits ftir die menschliche P.m. hatten feststellen k6nnen. Die meningealen Infiltrate k6nnen auf die Gef~I3e der weiBen Substanz des Rfickenmarks fibergreifen. Uber dem Hirnstamm erreicht die Meningitis nur ausnahmsweise quantitativ Grade, die gestatten kOnnten, sie mit anderen Formen selbst~ndig auftretender akuter Meningitis zu vergleiehen. Unsere Befunde decken sich darin vollauf mit den yon Hurst erhobenen. Wir k6nnen aber auch Seifried nur sehr bedingt zustimmen, wenn er meint, daI~ bei den neurotropen Viruskrankheiten die Meningitis fehle oder doch nur unwesentlieh sei. Zum mindesten gilt dies nicht ffir die P.m. l%iehtig ist zweifellos, dab die Meningitis als solehe ffir den Ausgang der Krankheit ohne Bedeutung ist. Wir vermiBten sie jedoeh in keinem unserer Fglle jemals v611ig, sie spiegelt sieh ebenso wie bei der mensehliehen P.m. in der zu Lebzeiten wenigstens im Frfihstadium nie fehlenden Pleoeytose des Liquors wieder. DaB eine v6llige Ubereinstimmung zwisehen der hoehgradigen Pleoeytose im pr~tparalytisehen Stadium und dem zu dieser Zeit gefundenen histologisehen Vorgang jedoeh nieht besteht, wurde bereits S. 140 er6rtert. D i e m e n i n g e a l e I n f i l t r a t i o n ist y o n d e n V o r g ~ n g e n am Parenehym h S e h s t e n s b e d i n g t a b h ~ n g i g . Der strikteste Beweis hierffir ist darin gegeben, dag wir meningeal-entzfindliehe Erseheinungen sehon zu einer Zeit sehen, wo die Parenehymseh~idigung entweder noeh ganz fehlt oder doeh lokal besehrankt ist. Besonders eindeutig sind naeh dieser Riehtung die Vorg~nge am Itirn, wo wir in allen, d. h. aueh in noeh keineswegs welt vor-
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K. Pette, If. Demme uncl St. KSrnyey:
geschrittenen FMlen Infiltraten an Stellen begegnen, die weir und breit yon einer parenehymalen L~sion niehts erkennen lassen. Dabei sehen wir meningeale Infiltrate gelegentiich auch fiber solchen Rindenterritorien, in denen ein parenchymaler ProzeB in den weitaus meisten F~llen dauernd vermigt wird, beispielsweise fiber dem Oceipitalhirn (Affe 33 u. 102). Die I n f i l t r a t z e l l e n s i n d im p r ~ p a r a l y t i s c h e n Stadium fiberwiegend Leukoeyten, zur Zeit des Auftretens der L~hmungen teils Leukocyten, teils und tiberw i e g e n d L y m p h o e y t e n . Letzteres war bereits v. W i e s n e r bekannt. Die Lenkoeyten versehwinden somit sehr sehnell und wetden sehon zu einer Zeit kaum oder nieht mehr angetroffen, wo innerhalb des Zentralorgans das leukoeytare Stadium noeh vorherrseht (z. ]3. Affe 44). Wie in der Quantitat, so bestehen aueh in der Qualit~t des Prozesses Untersehiede zwisehen spinalen und eerebralen Meningen, insofern als in letzteren nut ausnahmsweise Leukoeyten vorkommen. Plasmazellen fanden wir in den meningealen Infiltraten nur ausnahmsweise, im Frfihstadium allein beim Allen 35, der intravenOs geimpft worden war. Die Infiltrate bleiben in ihrem ursprfing[iehen AusmaB nieht lange bestehen, bei der vollentwiekelten Krankheit sind sie im allgemeinen nur noeh in welt geringerer Ausdehnung und in geringerein AusmaB anzutreffen als im Krankheitsbeginn bzw. am Ende des pr~paralytisehen Stadiums. Bei den im Reparationsstadium getOteten Tieren (Affe 50 und 80) fanden wir einige Lymphoeytengruppen vor allem aueh in der Pia des Gehirns. DaB die Infiltrate im akuten Stadium Folge einer unmittelbaren Auswirkung der Infektion sind und nieht etwa eines unspezifisehen Reizes, sei es des meehanisehen Eingriffes bei der Impfung oder gar der zisternalen Punktion, geht daraus hervor, dab die Infiltrate bei allen Tieren in gleieher Weise gefunden wurden, bedingt abh~ngig vom Oft, nicht aber yon der Tatsaehe der Impfung, ebenso nieht yon der I-Igufigkeit der Punktion. So erreiehte die Meningitis beim isehiadicusgeimpften und iiberhaupt nieht punktierten Allen 61 dieselbe Intensit~t wie bei den fibrigen Tieren. Im t~eparationsstadium k0nnte man daran denken, dab die noeh bestehenden geringen Lymphoeyteninfiltrate Zeiehen einer symptomatisehen Nntzfindung sind, hervorgerufen dureh die Allgemeinseh~digung des Zentralorgans bzw. dureh den Abbau- und
Studien tiber experimentelle Poliomyelitis.
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Abr~umungsprozel3. Gegen eine solche Annahme sprieht jedoeh, dag die Infiltrate keineswegs die am st/~rksten geseh~digten Segmente bevorzugen. Gleiehwertig mit den meningealen Infiltraten sind die infiltrariven Vorg/~nge in den W u r z e l n (Abb. 22), in der Kapsel bzw. in den Septen der S p i n a l g a n g l i e n und schlieBlich aueh, wo solche vorkommen, in den Bindegewebssepten der p e r i p h e r e n N e r v e n . Diese Infiltrate bestehen bereits im pr/~paralytisehen Stadium aus Lymphoeyten, L e u k o e y t e n s i n d in d e n S p i n a l g a n g l i e n n u t
Abb. ~2. Affe 61.
Caudawurzeln.
Leichte lymphocytiire Gef~Binfiltrate.
s e l t e n u n d w e n n , d a n n a u e h n u r in s p / ~ r l i e h e r Z a h l zu l i n d e n . Am ausgesproehensten ist die Infiltratbildung regelm~gig in den spinalen Ganglien (Abb. 23), sie findet sich dann aueh, wenn im geimpften Nerven aul3erhalb der Impfstelle, die infolge des traumatischen Reizes regelm~Big infiltriert ist, keine infiltrierenden Elemente naehweisbar sind. Der U n t e r s c h i e d in d e r Q u a n t i t~t der Prozegauswirkung auf Ganglien und Nervenist so eklatant, dab wir auf diese Tatsache mit Nachdruck hingewiesen haben m(Schten. Auf das Vorkommen lymphocyt~trer Infiltrate in Vorder- und Hinterwurzeln weist aueh H u r s t bin. Er land sie einige Male auch im Ischiadicus selbst. Leider geht aus seinen Aus-
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H. Pette, H. D e m m e u n d St. K S r n y e y :
ftihrungen nicht eindeutig hervor, ob es sich dabei lediglich um isehiadieusgeimpfte Tiere geh~ndelt hat. ttinsichtlich der B e t e i l i g u n g p e r i p h e r e r N e r v e n an der mesodermalen geaktion lieB sieh in unseren F~llen eine Gesetzm~gigkeit insofern naehweisen, als abgesehen yon der eben bereits erw~hnten, durch die Impfung gesetzten lokalen Reaktion Infiltrate in perivaseulgren Rgumen und in neurglen Lymphseheiden, wenn iiberh~upt, d~nn nur in spS~teren St~dien der Prozel~entwicklung gefunden wurden.
Abb. 23. Affe 61. Lumbales Spinalganglion. Massive lymphocyt/tre Infiltratbildung im Bindegewebsstroma. Ein Teii der Ganglienzellen im Sinne der prim~iren l~eizung ver~tndert. Keine G~ngiienzell~usf/~lle.
2. Die i n t r u p ~ r e n c h y m ~ l e n m e s o d e r m g l e n V o r g ~ n g e n e h m e n i h r e n A b l ~ u f u n ~ b h ~ n g i g y o n der m e n i n g e ~ l e n t~e~ktion. Sie z e i g e n sich in i h r e n e r s t e n A n f g n g e n n o c h vor A u f t r e t e n d e r G ~ n g l i e n z e l l v e r ~ n d e r u n g e n . Diese innerhalb der grauen Substanz sieh abspielenden Vorg~nge gaben wiederholt Anlag zu lebhafter Diskussion hinsiehtlieh ihrer Bedeutung ftir die P~thogenese des eigentliehen 10arenehymMen Prozesses. Immer wieder neue Tats~chen wurden beigebraeht, die zeigen sollten, dal3 Leukocyten innerhalb und aufterhalb der GefgB-
Studien fiber experimentelle. Poliomyelitis.
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wand gul3erst selten vorkommen ( W i c k m a n , P r o s e h k i n u. a.), vielleieht sogar vNlig fehlen k0nnen (H a s sin). Die tierexperimentellen Befunde geben hier gewissermal3en den Schltissel ftir die Ausdeutung der einander seheinbar so oft widerspreehenden Befunde in der mensehliehen Pathologie. Wiehtig ist bier zungehst einmal darauf hinzuweisen, dab die weitaus meisten Fglle von menschlieher P.m. in einer Phase anatomisehen Gesehehens zur Autopsie kommen, in dem das erste, d. h. leukocytgre Stadium bereits beendet ist. Erst T o b l e r und naeh ibm H g u p t l i haben gezeigt, dag leukoeytgre Elemente im Frtihstadium der P.m. weir hgufiger vorkommen als bisher allgemein angenommen wurde, H g u p t l i bediente sieh bei seinen Untersuehungen der Oxydasereaktion, die aueh yon uns in mehreren Fgllen ausgefiihrt wurde. Fiir das Studium des zeitliehen Zusammenhanges zwisehen infiltrativen und parenehymalen Vergnderungen eignet sieh besonders das Rtiekenmark als Hauptsitz des Prozesses. Wit sehen hier, dal3 Leukoeyten vor jeder anderen mesodermalen geaktion im Grau dutch die Wandung erweiterter Gefgl3e durehtreten und diffus die graue Substanz durchsetzen. Ihr Ausbreitungsgebiet hglt sieh weitgehend an das Areal der motorischen Ganglienzellen. Zu gleieher Zeit sind die groBen Vorderhornzellen durchweg vergndert, zum Teil sogar bereits neuronophagiert, Wir verweisen bier auf If all Affe 37, der gerade dieses Stadium in besonders sehOner Weise reprgsentiert. J, hnlieh liegen die Verhgltnisse im prgparalytisehen Stadium naeh eerebraler Impfung (Affe 73). Bei dem ischiadieusgeimpften Tier Affe 37 sehen wit abet auch schon an einzelnen Stellen, allerdings in erst beseheidenem AusmaB, leuko-lymphoeytgre Gefggeinseheidungen um die Abgangsgste der Art. fissurae reed. sowie um Gefgl3e des Vorderhorns. Wghrend der ngehsten 24 Stunden (Affe 49) gndert sieh das Bild nieht unwesentlieh: die GefgBinfiltrate waehsen; es sind tiberwiegend lymphoeytgre und adventitielle Elemente, wghrend Leukoeyten jetzt an Zahl zurticktreten. Daftir abet wgehst die Zahl der Leukocyten im Gewebe, d.h. aul~erhalb der Gefgl3wandung; sie linden sieh an einzelnen Stellen besonders in unmittelbarer Naehbarschaft yon Ganglienzellen in groper Dichte. Auf diese Weise entstehen nieht selten abszel3ghnliehe Bilder: l e u k o c y t g r e Gew e b s h e r d e . Eine gewisse Gesetzmggigkeit ist, wie sehon ange-
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I{. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
deutet, insofern zu erkennen, als sich das Feld der leukocyt~ren Ausbreitung im Rfickenmark meist auf das Areal der Vorderh0rner und der grauen Commissur zu beschr~nken pflegt, im H i m auf gewisse Pr~dilektionsstellen der grauen Substanz, fiber die im einzelnen sparer noch zu sprechen sein wird. Die Lebensdauer der in die Gef~gw~nde und ins Nervengewebe eingewanderten Leukocyten w~hrt nur kurze Zeit. So sind beispielsweise bei Affe 40, der am 3. L~hmungstag im Beginn des tetraplegischen Stadiums getotet wurde, die Leukocyten bereits ~us dem Gewebe des gesamten Zentralorgans verschwunden, die ins Parenehym ausgewanderten Leukoeyten sind zerfallen. Bemerkenswert ist das f r i i h z e i t i g e A u f t r e t e n y o n P l a s m a z e l l e n in den Gef~13infiltraten. Wit sahen sie bei einigen Fallen neuraler Impfung bereits yore 3. Tage an naeh Einsetzen der ersten Lghmungserseheinungen, teilweise in groBer Anzahl (Affe 40, 43, 51 am 3., bei Affe 61 am 5. Tage). Nach intraeerebraler Impfung fanden wir sie sogar sehon am 1. L~hmungstag (8. Tag naeh der Impfung) im Halsmark (Affe 18). Wie weir auBer den Leukoeyten s o n s t i g e I n i i l t r a f e l e m e n t e ins N e r v e n g e w e b e a u s w a n d e r n , ist sehwer zu entseheiden. Die G e w e b s i n f i l t r a t e wurden in der frtiheren Literatur durehweg als aus Lymphoeyten und Polyblasten bestehend angesproehen. Erst' die Verfiefung unserer Kenntnisse tiber die Neuroglia, speziell die Entdeekung der Mikroglia hat es m6glieh gemaeht, zu erkennen, dab sie tiberwiegend aus Gliaelementen bestehen. Dal) an ihrer ]3ildung abet noeh mesodermale Elemente beteiligt sind, beweist das - - allerdings nieht hgufige - - Vorkommen freier Plasmazellen im Gewebe. Dag sieh die Plasmazellen auGerordentlieh schnell entwiekeln k6nnen, zeigen die F~lle, bei denen Leukoeyten und Plasmazellen nebeneinander gefunden werden (Affe i8, 43, 51, 61), bzw. wo die GefaGinfiltrate vorwiegend aus Plasmazellen bestehen, w~hrend im Parenchym zerstreut sieh noch zahIreiehe Leukoeyten linden.. Andererseits k6nnen Plasmazellen aueh fehlen und zwar aueh in Stadien, in denen sie sonst vorzukommen pflegen, z. B. bei Affe 74 am 7. Tage naeh Einsetzen der Lahmungen. Auffallend ist das irfihzeitige Vorkommen yon Plasmazellen beim intraven0s geimpften Tier (Affe 35), das bereits 4 Tage naeh der Impfung get0tet wurde. Im Ablauf der mesodermalen Vorg~nge sind zwisehen H i m und
Studien tiber experimentelle Poliomyelitis.
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Rtiekenmark keine prinzipiellen Unterschiede gegeben. DaB der Anstol3 zur leukocyt~ren Wa.nderung yore Parenehym und speziell yon den Ganglienzellen aus erfolgt, zeigen besonders sehOn die Vorg~nge im motorisehen Rindenareal. Wit sehen hier im Bereich der 3. und 5. Sehicht Leukoeyten bald vereinzelt, bald herdweise im Nervengewebe, nur selten greifen sic auf andere Sehiehten fiber. Diese Elektivitgt gilt nieht in gleieher Weise ftir die Gef/~Sinfiltrafe, welehe aueh die radi~ren Gef/~Be der obersten Sehiehten umkleiden und offensiehtlieh eine direkte Fortsetzung meningealer Infiltrate sind. F a i r b r o t h e r u. H u r s t spreehen yon "deep perivaseular infiltration" und "deep cellular foei" ( = Gewebsherde) gegentiber der "snperfieiM perivaseular infiltration". G e g e n t i b e r d e n I n f i l traten d e r t i e f e r e n S c h i e h t e n t r e t e n die o b e r f l ~ e h lichen Gef~Beinscheidungen unabh~ngig yon einer Pare n e h y m l ~ s i o n a n t , so aueh in I~indenterritorien, welehe niemMs Sitz yon Ganglienzellerkrankungen oder Gewebsherden sind, z. B. tiber dem OecipitMlappen. Wie F a i r b r o t h e r u. H u r s t konnten aueh wir feststellen, daft gleiehe Vorg/~nge, d. h. eine F o r t s e t z u n g meningealer Infiltrate auf parenehymale G e f ~ g e auch an anderen Stellen des Gehirns, d. h. abseits cortiealer Regionen, vorkommen ; speziell gilt dies fiir die basalen Hirnteile und hin und wieder speziell ftir die Tubergegend und die peduneul/~re Region. Aueh die Infiltrate um die radi/~ren Get, Be der Oblongata haben direkte topographisehe Beziehungen zur Meningitis. Im l~iiekenmark dehnt sich die piMe Infiltration auf die Art. fissurae med. ant. aus und setzt sieh lateroventrM vom Zentralkanal auf ihre Abgangs~ste fort. Zu Blutungen, die stets n u t kapill~rer Natur sind, kommt es selten; wit fanden sic nur einige MMe und dann such nur in den Anschwellungen des Itals- oder Lendenmarks. Auf die Seltenheit soleher Befunde haben bereits W i e k m a n n , P. S e h r / ) d e r u. W O h r m a n n hingewiesen. L u b a r s e h fand bei einem am 6. Tage gestorbenen Kind eisenhMtiges Pigment im Gewebe, ein ]~eweis daftir, dab Tage vorher eine Blutung erfolgt war. Mit dem Fortsehreiten des Abbauprozesses nehmen die lymphocyt?s I n f i l t r a t e an I n t e n s i t g t zu. Bereits beim Erscheinen yon NeutrMfetten in den Kornchenzellen sehen wir in einem bedeutenden Tell der intraadventitiellen Infiltratetemente feinste ]~'etttrOpfehen (Affe 52). Zu der Zeit, wo der Ab-
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R. Pette, It. Demme und St. KSrnyey-
bauprozel~ seinen H0hepunkt erreicht, sind meist aul~er den Gef~l~en der Vorderh~Srner auch jene der Vorderseitenstr~nge von Lymphocyten umscheidet. Die I n f i l t r a t e b l e i b e n n o c h bis w e l t in das l ~ e l o ~ r a t i o n s s t a d i u m h i n e i n b e s t e h e n ; beim Allen 50, der erst 35 Tage nach Auftreten der ersten L~hmungserscheinungen get0tet wurde, konnten wir sie noch in betr~chtlicher Anzah[ nachweisen. Der Parenchymzerfall 10st eine r e p a r a t i v e T g t i g k e i t skitens des Mesoderms aus. Unter den gewucherten Gliaelementen sehen wir schon fr~ihzeitig p r o l i f e r i e r e n d e G e f g f t e n d o t h e l i e n (Affe 52), bei Fortschreiten des Abbau- und l~eparationsprozesses eine a u s g e s p r o c h e n e K a p i l l a r e n w u c h e r u n g . Eine solehe l~l~t sich mitunter auch in der motorischen Rinde naehweisen, wo Ausfglle und nennenswerter Abbau nicht bestehen. 3. Die g l i o g e n e R e a k t i o n . Zu Gliaver~nderungen innerhalb des ROekenmarks kommt es erst nach Ausbildung des leukocytaren Stadiums. Das lehren die bei Affe 37 und bei Affe 49 erhobenen Befunde. Bei Affe 37, der vor Auftreten der ersten L~hmungserscheinungen get0tet wurde, land sich im Vorderhorn des 4. Lumbalsegmentes bereits eine herdf0rmige und diffuse leukocytgre Zellanh~ufung, w~hrend yon einer gliogenen Re~ktion noch nichts zu erkennen war. Diese zeigte sieh erst bei Affe 49, dem Tier der Impfserie, das 24 Stunden spgter, ebenfalls noch bevor L~hmungserscheinungen best~nden, getOtet wurde. Hier fanden wir im Bereich neuronophagierter Ganglienzellen und auch entfernt davon Gliaelemente diffus und herdf0rmig gewuchert. Aus dieser Feststellung geht eindeutig hervor, einmal, dal~ die l e u k o c y t ~ r e ( m e s o d e r m a l e ) R e a k t i o n vor d e r g l i o g e n e n e i n s e t z t , sodann, daft b e i d e u n ~ b h ~ n g i g v o n e i n a n d e r ~ b l a u f e n . G l e i c h e s g i l t fiir d e n Prozeft in der H i r n r i n d e . Wirsehen beim facialisgeimpften Allen 23, der 2Tage nach Auftreten der ersten L~hmungsers9heinungen getotet wurde, nut Ausstreuung und I-Ierdbildung v0n Leukocyten in der dritten und fiinften Schicht der motorisehen l~egion, w~hrend sieh Gli~ver~nderungen noch nicht nuehweisen lieI~en. An d e r g l i o g e n e n l%eaktion b e t e i l i g e n sigh in e r s t e r L i n i e M i k r o g l i ~ e l e m e n t e , doch ist nicht dar~n zu zweifeln, d~B auch die beiden anderen Gli~rten ~n der Reaktion um diese Zeit
S t u d i e n fiber e x p e r i m e n t e l l e P o l i o m y e l i t i s .
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bereits beteiligt sind. Dal~ die Mikrogliaelemente zur Zeit der Leukoeyteninfiltrate noch nieht gewuehert bzw. geschwollen sind, zeigen aueh H o r t e g a - Pr~parate (z. B. Affe 18, Lendenmark; beim gleiehen Tier im HMsmark nur noch wenige Leukoeyten, starke Mikrogliawueherung, vorwiegend gliSse Neuronophagien). Mitosen sieht man nur ausnahmsweise. U n r e g e l m ~ i g e hantel- oder bisquitf~rmige Kerne sprechen dafiir, da~ die V e r m e h r u n g v o r w i e g e n d auf amitotischem W e g e e r f o l g t . Etwa yore 3. Tage nach Ausbruch der Krankheit an zeigt ein Teil der Gliakerne regressive Ver~nderungen, sie werden pyknotiseh, W~hrend ihr PlasmMeib nicht se]ten Vakuolenenth~lt. E i n T e i l d i e s e r E l e m e n t e f ~ l l t s e h r w a h r s c h e i n l i c h d e r N e k r o s e a n h e i m . Bei Tieren, die zwischen dem 8.--14. Tage nach Ausbruch der Krankheit gestorben waren bzw. getstet worden sind, sahen wir im Bereieh der Gliawucherung zahlreiche Chromatink()rnchen frei in der Grundsubstanz liegen; sie sind offensiehtlich l~este zerfMlener Gliakerne. D i e Glia ist b a l d m e h r d i f f u s , b a l d m e h r h e r d f ~ r m i g gew u c h e r t . Mit P. S c h r o e d e r , der sechs F~lle mensch]icher P.m. im Frfihstadium untersuchte, kSnnen wir sagen, dal~ in den ausgesprochenen F~llen yon P.m. die gesamte Glia der grauen Substanz ,,in Unruhe" ist. Ein Teil der gewucherten Gliaelemente s t e h t im D i e n s t d e s A b b a u e s . H u r s t sah bereits am 2. L~hmungstag Mikrogliazellen, die, wie seine Zeiehnungen erkennen lassen, das Anfangsstadium der Gitterzellbildung darstellen, Am 3. Tage sah er in P e n fie 1d - Pr~paratdn enorm geschwollene Mikrogliaze]len mit unz~hligen Vakuolen, zum Tell aueh schon runde Gitterzellen. Ahnliche Befunde konnten auch wir im N i s s l - P r ~ p a r a t erheben. Beim medianusgeimpften Allen 28 (2. Tag nach Einsetzen der ersten L~hmungserscheinungen getStet) zeigte die Mikroglia im ttalsmark bereits Ans~tze zur KOrnehenzellbildung. Bei anderen Tieren (Affe 40 und Affe 51) liel]en sich yore 3. Tage an ausgesprochene Gitterzellen (Nissl-Bild)nachweisen, freilich nicht in allen Segmenten. Diese Feststellung ist yon prinzipieller Wiehtigkeit, insofern sie uns e i n e H a n d h a b e g i b t , d e n Prozel~ in s e i n e r E n t s t e h u n g u n d in s e i n e m A b l a u f zu e r f a s s e n . Je ~lter der Prozel3, um so ~usgesprochener sind die Gitterzellen. Etwa vom 5. Tage an sehen wir im N i s s l - B i l d d~s typisehe Bild der Fettk0rnchenzellen mit ihrem mehr oder minder abgerundeten PlasmMeib und den Deutsche ZMtschrilt L NervenheHkunde, Bd. 12S.
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H. Pette, H. Demme und St. K5rnyey:
seitw~rts gedri~ngten, runden oder abgeplatteten, dunkelgef~rbten Kernen (Abb. 24), Im Sudanpr~parat erseheint das bekannte Bild mit den leuchtend rot gefgrbten KOrnchen im P]asmMeib (Affe 61). Wie lebhaft der Abbau sp~tter sein kann, zeigt Affe 80, bei dem sieh 21 Tage naeh Einsetzen der Li~hmung zahlreiche Gitterzellen innerhaIb der adventitiellen Gefi~Bscheiden naehweisen lieBen. Es sei hier aueh noch erwi~hnt, dab W i e k m a n in seiner groBen Studie (1905) bereits auf das Vorkommen yon K6rnehenzellen ,,~uf der g0he der kleinzelligen Infiltration" hinwies. Die G l i ~ w u e h e ~ u n g k ~ n n m i t d e m P a r e n e h y m z e r f ~ I I
Abb. 24. Affe 61. I, Lendensegme~t. Gitterzellen im u
Cal)illarendothelien geschwollea.
n i e h t i m m e r S c h r i t t h a l t e n . Dies zeigen zahlreiehe FMle, bei denen wit im VorderhornareM eine Kernverarmung sehen. In solehen Fs ist die Glia o f f e n s i c h t l i c h m i t g e s c h ~ d i g t u n d i n s u f f i z i e n t ; ein Gedanke, den bereits E. S e h w ~ l b e (1902) anl~Blieh der Untersuehung eines Falles von P.m. im I~eparationsstadium (31/2 Monate naeh dem Krankheitsausbrueh) ventilierte. Aus unseren Darlegungen geht hervor, dab zur Z e i t der vollen Prozegausbildung mesodermale und gliogene R e a k t i o n e i n a n d e r w e i t g e h e n d iibersehneiden. Je ~lter das S t a d i u m ist, in d e m der e i n z e l n e F a l l zur h i s t o l o g i s e h e n U n t e r s u e h u n g k o m m t , u m so m e h r t r i t t die m e s o d e r m a l e R e a k t i o n z u g u n s t e n der g l i o g e n e n z u r t i e k .
Studien iiber experimentelle Poliomyelitis.
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II. D i e p a r e n c h y m a l e n V o r g ~ n g e . Das Bild der Ganglienzellsehadigung ist ungemein vielseitig. Die Diskussion fiber dieses Thema nimmt einen breiten t~aum in der Literatur ein. Lange Zeit waren die Meinungen tiber die Art des Ganglienzellunterganges geteilt, vor allem dartiber, welcher Antell dabei der Neuronophagie zukomme. W i c k m a n , der anfangs geneigt war, aueh einen einfachen Zellsehwund und zwar durch allmi~hliches Absterben des Protoplasmas anzunehmen, erkannte sp~ter, die Angaben yon F o r s s n e r und Sj/Svall best~tigend, die Bedeutung der echten Neuronophagie ftir den Ganglienzellschwund an. Dag eine v611ige Xlgrung der Frage des Zellunterganges bisher nieht erfolgte, hat seinen Grund in der Tatsaehe, dal~ hinreiehende Befunde aus dem p r g p a r a l y t i s c h e n Stadium bis jetzt nicht vorliegen. N u r d i e s e s S t a d i u m a b e r k a n n u n s A u f k l ~ r u n g fiber d a s S e h i c k s a l d e r G a n g l i e n z e l l e n v e r s c h a f f e n . Zwar haben bereits L e v a d i t i u. L a n d s t e i n e r , sowie v. W i e s n e r in ihren experimentellen Arbeiten frtihe Stadien der Neuronophagie beschrieben, doch vermissen wir bei ihnen eine auf diese Frage zugeschnittene Systematik der Untersuchungen, gerade darauf aber kommt es an. Das e r s t e Z e i e h e n d e r G a n g l i e n z e l l s c h a d i g u n g i s t die A n d e r u n g d e r Z e l l s t r u k t u r . Die Tigroidschollen erscheinen stellenweise verklumpt, stellenweise gel~Sst, der Zelleib ist bald mehr bald weniger gebl~ht, er rundet sieh, nicht selten aber aueh bewahrt er seine ursprtingliche Form. Zur Zeit, wo die Leukocytenausstreuung beginnt, sehen wir fast alle grogen Vorderhornzellen der befallenen Segmente in diesem Sinne ver~ndert. Ob bereits vor Auftreten der mesodermalen Ver~nderungen Ganglienzellen histologisch nachweisbar erkranken kiSnnen, vermogen wit nieht zu entscheiden. Immerhin sei darauf hingewiesen, dab wir in frtihen Stadien aueh in Segmenten, in denen Leukoeyten noeh nieht naehweisbar waren, bisweilen Ganglienzellver/~nderungen sahen. Da wir aber die M0gliehkeit eines Kunstproduktes infolge der histoteehnisehen Vorbehandlung nieht mit Sieherheit aussehlieBen k0nnen, sind wir auBerst~nde, die t~rage eindeutig zu beantworten. Auf die gesehilderten leiehten Ganglienzellver~nderungen folgen bald sehwerere (Abb. 25a--i). Itier t i b e r w i e g t d a s B i l d d e r s e h w e r e n G a n g l i e n z e l l e r k r a n k u n g i m S i n n e N i g l s : Der l~and der Zellen erseheint oft wie angenagt, oft aueh ist er nur sehwaeh gezeiehnet, 14"
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It. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
gerade eben noch erkennbar. Die Tigroidschollen schwinden sehlieBlieh ganz. In diesem Stadium f/irbt sieh das Protoplasma ungleiehm/~Big, es seheint mit unz~hligen dunkel gef~rbten Piinktehen durehsetzt; der Ganglienzellkern ist gesehrmnpft, homogenisiert. Neben dieser Form der Ganglienzellerkrankung kommen aueh andere Formen vor, wie Zellschattenbildung, aueh leiehtere Ver~nderungen, speziell das 2Bild der prim/~ren I~eizung, dieses vor allem in der motorisehen t~inde. N i e m a l s b e h e r r s e h t im E i n z e l f a l l eine b e s t i m m t e A r t d e r S e h ~ d i g u n g aussehliel~l i c h die Szene, wir sehen vielmehr stets in buntem Dutch- und Nebeneinander alia Formen der Zellerkrankung. Die eben besehriebenen Vorg~nge bilden das erste Stadium der Ganglienzellseh~idigung. Sie sind im ProzeBgesehehen die Vorbedingung Iiir den weiteren Zellabbau, vor allem fiir die Neuronophagie. Darin bewahrheitet sieh der Satz, dab eine gesunde Ganglienzelle niemals neuronophagiert werden kann, alles sprieht vielmehrdafor, d a g e i n e s e h w e r e r e S e h ~ d i g u n g d e r Zelle die V o r a u s s e t z u n g fiir die M/Sgliehkeit des E i n d r i n g e n s y o n L e u k o e y t e n in d e n G a n g l i e n z e l l e i b ist. Leiehtere Erkrankungsformen der Ganglienzellen sehen wit aueh noeh in Stadien, in welehen neuronophagierte Elemente bereits nieht mehr erkennbar sind. Ob ein Teil dieser Zellen alsdann dureh Gliaelemente phagiert wird oder sonst zerf/~llt, verm6gen wit nieht zu entseheiden. Soviel abet steht lest, dab ausgedehntere Zellausf/~lle auf diese Weise sieher nieht zustande kommen. Tatsaehe ist sehliel31ieh noeh, dab Umklammerungsformen gerade zur Zeit des Abklingens des leukoeyt~iren Stadiums auftreten. Die sehwerst geseh~idigten Ganglienzellen fallen einer Neuronophagie anheim. Niemals sehen wir eine einzelne oder aneh mehrere Zellen aus einer Gruppe normaler Ganglienzellelemente yon der Neuronophagie ergriffen; vielmehr lassen nieht neuronophagierte Zellen der Naehbarsehaft stets die eharakteristisehen Zeiehen einer allgemeinen mehr oder weniger sehweren Ganglienzellerkrankung erkennen. Dieser Satz gilt in erster Linie ffir das Rtiekenmark, aber auch ftir die iibrigen Tefle des Zentralorgans, wo der Ganglienzelltod weniger ausgedehnt vorkommt (motorisehe l~inde USW,). Nit dieser Feststellun'g deeken sieh die Ansehauungen yon F o r s s n e r u. S j 6 v a l l , H a r b i t z u. S e h e e l , H ~ u p t l i u . a. tiber die Art des Zellunterganges. Wir sehen beim gleiehen Fall
Studien
fiber experimentelle
~'oliomyelitis.
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Abb. 25a--d. Affe 48. a Lendenmark. In der 3Iitte grol3e Vorderhornzelle der ventromedialen Gruppe. Tigroid au~gelSst. Fissuration. Helle, ungleichm/~Bige F/~rbung des I'lasmaleibes. In der Umgebung mehrere polymorpbkernige Leukoey~en. Links untea groBe Vorderhornzelle mit sehmutzigk6rnig tingiertem :Plasma, baso!0hilera, geschrumpitem Kern, a m diesen ein belier Hof. Am liaken R a n d des Plasraaleibes polymorpher Kern in einer Einkerbuag. b Affe 60. Obers~es H~lsmark. GroBe Zelle aus tier zentralen Zellgruppe des ~v'orderhorns. Tigrolyse. Gek6rnelte Plasmastrnktur. ]teller Ring a m den Kern. KerakSrperchen erhalten. In der Umgebung kleine G~nglienz~lien m i t Satelliteavermehrung. c Affe 28. Lendenmark. Zwei gro/~e motorisehe Zellen der dorsoIateralen Ze]lgruppe. Reehts dunkelgefi~rbtes wabiges Gerttst, links gesehwollener, blasiger Zellkern m i t zwei basophilen K6rperchen, n u r an der Peripherie des Zelleibes grSbere basophile K6rnchen, sonst baso!0hile Punkte. d Af:fe 32. Lendenmark. Gesehwollene Ganglieazelle der dorsolateralen Gruppe. Piasma sehmutzig gek~irneit, KernkSrperehen erkennbar, Chromatln in einige basoohile KSrnchea zerfallen. R a n d des l~iasmaleibes angenagt, m i t einigea b~s~philen Inkrustationen.
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alle Stadien der leukocyt/~ren 5Teuronoph~gie meist in der gleichen Schnittebene nebeneinander. In den schwerst ergriffenen Zelien
Abb. 25 e--h, Affe 32. Lendenmark, Dorsolaterale Grappe. e Grofie motorisehe Ganglienzelle in schwerer u mit zahlreichen basophilen perizeliulfiren Inkrustationen~ aueh fiber dem einen Zellfortsatz. in der TJmgebang in Zerfall begriffene Leukocytenkerne. f Affe 32, Schatten einer groflen Zellr der dorsolateralen Gruppe. In einer Yakuole ein Leukocytenkern und ein Kern mit k~irnigem Chroma~inzerfa]l. g Affe 18. Grol~e u in schwerer Ver/~nde~nng mlt Yakuolen nnd basophilen Inkrustationen. h Affe 18. u mit homogenisiertem, helltingiertem Zelleib; Kern in basophile K6rnchen zerfallen. Umklammerung.
Studien
fiber experimentette
Poliomyelitis.
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liegt Leukocyt an Leukocyt, zwisehen ihnen sieht man nut noch Reste des Protoplasmaleibes, die, was in T01uidin-Eosinpr~paraten infolge der st~rken Rosaf/~rbung des Plasmas besonders sch6n erkennbar ist, ihrer basolohilen Tigroidsubstanz beraubt sind. Das leukocyt/~re S~adium der Neuronophagie ist yon sehr kurzer Dauer. v. W i e s n e r land ,,loolynukle~ire Zellen" besonders in der 12.--24. Stunde nach Auftreten der L~hmungen, ~hnlich F o r s s n e r u. S j 6 v a l l am mensehliehen M~teri~l. Im gleichen Zeit~bsehnitt sah v. W i e s n e r bereits z~hlreiehe Kernfragmente. Diese 1%ststellung deekt sieh weitgehend mit unseren Befunden. Schon w~thrend der leukocyt/~ren Phase der Iqeuronophagie beginnen g l i 6 s e Elem e n t e ihr Werk. Sobald die aus der Blutbahn ausgewanderten Leukocyten innerhalb des Ganglienzelleibes zerfallen, erseheinen gewucherte Glibzellen auf dem Plane, und zwar sind es, soweit sich morpho- Abb.25i. GroBeVorderhornzelle der dorsolatelogiseh feststellen 1/~Bt, Mikro- ~le~~rnppe. SChw~Zdl~k~k~ng. ~m Zellk6rper schmiegen sich zahlreiche Gliakerne an. gliaelemente. Dieses e b e n ~ a l l s (Alle Aufnahmen zur Abb. 25 wurden mit Leitz Homogen-Immersion Oc. Leitz 2 gemacht. Balgn u t sehr kurze Zeit w~hrende auszug 57 cm. Verkleinerung beim Druck 7/10,) Stadium der l e u k o c y t ~ r gliOsen Neuronophagie geht sehr bald in d a s r e i n gliOse S t a d i u m f i b e r (Abb. 26). Ob sich alle leukocyt~ren Neuronophagiekn6tchen durch Einwanderung yon Gliaelementen schlieBlich in gli0se RestknOtchen umwandeln, erscheint uns fraglieh. Am Ende des pr~paralytischen Stadiums bzw. in friihen L~hmungsstadien, mit Halbseitenbetonung des Prozesses, sehen wir im allgemeinen auf der schwerer gesehEdigten Seite, wo der Ganglienzelluntergang ausgedehnter ist, NeuronophagieknOtchen in geringerer Zahl als auf der anderen Seite. Dies l~Bt sich kaum anders erkli~ren, als durch die Annahme, dab
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hier die Leukocytenkn0tchen restlos zerfallen sind und resorbiert wurden. Aueh entsteht in etwas sp&teren Stadien im Vorderhorn eher eine Gewebsauflockerung als eine Gewebsverdichtung mit Kernvermehrung. In den weniger schweren F~llen zerfallt immer nur ein Tell der Ganglienzellen.
Abb, 26. Affe 8l. Halsmark. Vorderhorn. GliSses RestknStchen an Stelle einer Ganglieazelle. Obj. Leitz 6, 0c. Leitz 2. Ba]gauszug 57 cm.
III. A b b a u u n d E r s a t z . Im Kapitel fiber die Gliaver~nderungen haben wit den Vorgang der K0rnehenze]lbildung besprochen. Wit haben gesehen, dal~ dem sttirmischen Parenchymzerfall ein stfirmischer Abbauund Abr~umungsproze$ folgt. Es liegt kein Anhalt vor anzunehmen, dal~ an diesem Prozel~ die ins Nervengewebe ausgewanderten mesodermalen Elemente beteiligt sind. Die polymorphkernigen Leukocyten selbst sind zum Tode verurteilt. Ob andere mesodermale Elemente in nennenswertem Mal~e fiberhaupt ins Parenchym ausstromen, ist durchaus zweifelhaft. Demgegenfiber lgl~t sich die Entstehung der Kornchenzellen aus Gliaelementen in absolut eindeutiger Weise verfolgen. Ffir ihre Entstehung gelten dieselben Regeln, wie ftir jeden anderen Abbauprozel~: in erster Linie sind es Mikrogliaelemente, die sich in K0rnchenzellen umwandeln, die
8tudien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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Rolle der Oligodendroglia ist viel weniger klar, w~hrend die Makroglia h0chstwahrscheinlich unbeteiligt bleibt. Aufiallend ist der schnelle zeitliche Ablauf der KOrnchenzellbildung (siehe S. 205). Der Inha]t der K0rnchenze]len l~tl~t sich im ersten Stadium durch die Markscheiden- und Fettf~trbemethoden nicht darste]len. Auffallend s c h n e l l - bereits am 5. L~hmungstage - - e r r e i c h t schon ein Tell der Ze]len das Stadium der Neutralfette (siehe S. 162 u. 166). Der neutralfettige Abbau wird yon jetzt an immer ausgedehnter, 21Tage nach Auftreten dcr L~hmung (Affe 80) sind im Sudanpr~parat in
Abb. 27. Affe 61. I. Lendensegment. Neutralfettspeicherung in verstreuten K6rnchenzellen. Sudan-PrgParat
den Vorderh6rnern enorme Mengen yon Fettkornchenzellen zu sehen, die adventitialen l%gume sind mit ihnen vo]lgepfropft. Im wesentlichen sind es die gangliozellulgren Elemente, die dem Gewebstod zum Opfer gefallen sind; ihnen folgen im weiteren Ablau{ des Prozesses leukocytgre und zum Tell zweilellos auch gliogene Elemente, wi~hrend die Nervenfasern des Vorderhorns yore akuten ProzeB verschont bleiben. Das kommt besonders schSn im Markscheiden - und Nervenfaser- (B i e 1s c h o w s k y -) Prgparat zum Ausdruck; diese stehen in starkem Kontrast zu den Zellprgparaten. Wir
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sehen hier sehr eindrueksvoll, wie weitgehend das Markseheidengeriist der Vorderh0rner im sehon welt vorgesehrittenen Stadium des fettigen Abbanes erhalten geblieben ist. Daft jedoeh in sp~teren Stadien die Nervenfortsgtze der nekrotisierten Ganglienzellen zerfallen, ist naeh allem, was wir vom trophisehen EinfluB der Ganglienzelle auf die Nervenfaser wissen, ohne weiteres anzunehmen. Den sieheren Beweis fiir diese Ann~hme liefert die sparer auftretende sekund~re Degeneration vorderer Wurzeln nnd peripherer Nervenfasern. Es handelt sieh hier somit nieht um eine p r i m i r e Erkmnkung der Aehsenzylinder, sondern um ein Absterben infolge Unterg~nges ihrer Ursprungszel[en. Dagegen bleibt die den Vorderh6rnern zustr0mende bzw. diese nur passierende Faserung erhalten. Wenn wir dennoeh in sehweren F~llen nieht selten im Vorderhorn mehr oder weniger sehwere Markseheiden- und Aehsenzylinderver~nderungen finden, so diirfte dies in der Ern~hrungsst0rung des entziindeten bzw. mit Abbauprodukten beladenen Gewebes zur Geniige seine Erklgrung finden. I n d e r v e r s e h i e d e n e n B e t e i l i gnng yon Ganglienzellen und Nervenfasern am prim~ren Krankheitsgesehehen kommt die E l e k t i v i t i t d e s P r o z e s s e s in s i n n f ~ t l l i g s t e r W e i s e z u m A u s d r u c k . IV. S e k u n d ~ r e
Degenerationen.
Die Atrophie der vorderen Wurzeln bei abgelaufener mensehlieher P.m. war bereits den Antoren der 70er Jahre bekannt. Die Untersuehung yon Fallen aus dem I~eparationsstadium fiihrte zu der Erkenntnis, dag es sieh um eine sekundgre Degeneration der vorderen Wurzeln handelt, t~i s s 1e r besehrieb aueh eine sekund/ire Degeneration der motorischen Nerven. Bei der experimentellen Affenpoliomyelitis sah B. W a r b u r g in den vorderen Wurzeln - - sowohl in ihrem intramednlliren als aneh in ihrem extramedull~ren Anteil - - oft fettige Degeneration. Die Autorin erwihnt in ihrer Arbeit diese Tatsuche nut knrz, aueh geht sie auf den zeitliehen Ablauf der Markseheidendegeneration nieht weiter ein. Unser Material reieht nieht aus, eine ersch6pfende Darstellung des Ablanfes und der feineren Itistologie der sekundiren Degeneration zn geben. Immerhin konnten wit feststellen, daft die Degeneration sowohl in den vorderen Wnrzeln als auch in den motorisehen Nerven sehon ziemlieh frith auftritt. Am 5. Tage naeh Einsetzen
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der L/ihmung ist der (durch Impfung nicht gesch~digte) Nerv der gel/ihmten Extremit~t noch frei yon grOberen Veriinderungen: die ~)/[arkscheiden sind bei der W e i g e r t s c h e n F/~rbung gut f~rbbar, ihre Konturen sind normal, sudanaffine Abbauprodukte nicht zu sehen (eine M a r c hi - Untersuchung haben wir nicht ausgeffihrt), ein ganz geringer Tell der Achsenzylinder zeigt aber bereits lokale Auftreibungen (Affe 61, siehe S. 166). Am 21. Tage nach Auftreten der Paraplegie der unteren Extremit/~ten (Affe 80) sehen wir in den vorderen Wurzeln der Lumbosakralsegmente sowie in den Fasern des Ischiadicus eine ausgedehnte Markscheidendegeneration mit neutralfettigem Abbau und Achsenzylinderzerfall (Abb. 17, S. 183) ; in den vorderen Wurzeln der Halssegmente, deren VorderhOrner weniger gesch/idigt wurden, nur einen partiellen neutralfettigen Abbau und zwar nur auf der Seite, wo mehr Ganglienzellen ausgefallen waren (siehe S. 182--184). In einem anderen Fall (Affe 50) fanden wir am 36. Tage nach Auftreten der ersten L~hmungserscheinungen einen fettigen Abbau im Nerven der gel/~hmten Extremit~t. Das histologische Bild entspricht in jeder Hinsicht dem der sekunditren Degeneration. Es gleicht vollig den Bildern, die wit im distalen Tell der geimpften Nerven gesehen haben und zwar schon zu einer Zeit, wo yon einer Degeneration infolge Ganglienzellschitdigung noch nicht die t~ede sein konnte. b) Die Gesetzm~6igkeiten der Proze~ausdehnung im Nervensystem (die ,,Pathoklise" der P.m.). Die systematische Durcharbeitung des histologischen Substrates der akut entzfindlichen Erkrankungen vornehmlich der grauen Substanz (epidemische Encephalitis, P . m , Lyssa, B o r n a s c h e Krankheit), wie wir sie vor allem S p a t z und seinen Mitarbeitern (Schiik r i, S e i f r i e d) verdankem haben uns die Erkenntnis gebracht, dab jede der genannten Krankheiten ihre Pr~dilektionss t e l l e n i m Z e n t r a l o r g a n , sei es im Hirn, sei es im Riickenmark hat. Dabei haben die genannten Autoren auf die g e m e i n s a m e n Zfige in der Proze~ausbreitung ein besonderes Gewicht gelegt, wi~hrend die t r e n n e n d e n Momente unseres Erachtens nicht geniigend gewiirdigt wurden. Die Tatsache der jeder Krankheit eigenen Lokalisation der Prozel]ausdehnung gibt diesen Krankheiten im Verein mit der Eigenart der entztindlichen I%eaktion eine Sonderstellung im Rahmen entzfindlich-infekti0ser Erkrankungen
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des Zentralnervensystems tiberhaupt. An unserem experimentell gewonnenen Material haben wit den Verteilungstyp des poliomyelitischen, speziell des parenehymatSsen Prozesses in systematiseher Weise studiert. RTaehdem man bisher im wesentliehen nut den infiltrativen Vorggngen iiir die Erfassung der ProzeBausbreitung seine Aufmerksamkeit gesehenkt hatte (W i e km. a n, I-I a r b it z u. S e h e e 1 u. a.), hat jt~ngst K i n o den Verteilungsmodus parenchymaler Vorg~nge bei der mensehlichen P . m . - allerdings nur ftir gewisse Teile des Zentralnervensystems - - studiert, Unsere Beiunde haben ergeben, dab ftir die ProzeBausbreitung' in spgteren Stadien, d . h . f~ir d e n e i g e n t l i e h e n V e r t e i l u n g s t y p die E i n t r i t t s p f o r t e des V i r u s in d e n O r g a n i s m u s b e l ~ n g l o s ist. Wir fanden bei unseren Tieren, wenn sie n~eh der Impfung lunge genug gelebt hatten, eine weitgehende {3bereinstimmung hinsichtlich der ProzeSverteilung ganz ungeachtet des ]mpfmodus, d. h. unabh~ngig davon, ob das Virus cerebral, neural, nasal oder gastrointestinal in den Organismus gebracht worden war. Die beobachteten Unterschiede in der Schwere des Prozesses unter gleichzeitiger Beriicksichtigung der Prozeftverteilung auf die einzelnen Regionen erkl~tren sich ohne Sehwierigkeit aus rein gufteren Momenten, wie wir vorher bereits ausgeiiihrt hubert. So findet beispielsweise das {3berwiegen parenchymaler Scligdigung im Halsmark nach Medianusimpfung oder im Lumbalmark nach Ischi~dicusimpfung seine Erklgrung in der Tatsache, daft der Prozel~ primer yon den den geimpften Nerven zugeh0rigen motorischen Ganglienzellen seinen Ausgang nimmt und entsprechend in diesen Segmenten betont bleibt. W i e w e l t s i e h d e r P r o z e 8 in d e n einzelnen Prgdilektionsgebieten a u s b r e i t e t , h g n g t in e r s t e r L i n i e y o n d e m Z e i t r a u m ab, in w e l e h e m d e m V i r u s Gelegenheit gegeben ist, sieh im Organismus aus zuwirken. Werden die Tiere vor der Zeit get0tet, d . h . b e r e t es dem Virus msglich war, sich im ganzen Zentralnervensystem auszubreiten bzw. auszuwirken, so bleibt der Prozeit auf bestimmte Abschnitte des Zentralnervensystems beschrgnkt. Der Proze8 erreieht die cerebralen Zentren um so frfiher, je n~her dem Hirn die Eintrittsstelle des Virus ins Zentralorgan gelegen ist. Umgekehrt k6nnen distal gelegene l~tiekenmarksabschnitte versehont bleiben, wenn das Virus cerebral geimpft wird und wenn es beim Passieren der Medulla oblongata lebenswiehtigste Zentren bereits so welt seh~tdigt, dab die
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Tiere sterben, noch ehe thorakale oder gar lumbale Segmente erreieht wurden. Ein solcher Fall ist Afie 60, bei dem sich histotogisch ein der Polioencephalitis inferior entsprechendes Bild fan& Welt h/~ufiger aber beobaehtet man, dab nach cerebraler Impfung zuerst die lumbMen Segmente ergriffen werden. DaB die L~thmungen bevorzugt im Bereieh der unteren Extremitgten auftreten, wissen wir aber auch ~us der menschlichen Pathologie (Wickman u.a.). Im Tierexperiment sahen schon Flexner u. Lewis und nach ihnen aueh andere Autoren bei cerebral geimpften Affen die L/~hmungen zuerst in den hinteren Extremitgten auftreten. Dieses l~gt auf eine besondere Affinit~t des Virus zu den motorisehen Elementen gerade der Lumbalsegmente schliegen; dab hier aber aueh andere Momente in Frage kommen k•nnen, haben wir bereits friiher erSrtert (siehe S. 184-- 185). Werm nun W i c k m a n, K l i n g u . a . aus der Tatsache, dM~ bei der mensehliehen P.m. in der tiberwiegenden Mehrzahl der F/~lle die Unterextremit~ten befallen werden, auf einen Infektionsweg vom Magen-Darmkanal aus schlieBen, indem sic sich der These der Virusausbreitung auf dem Lymphweg bedienen, so scheint uns diese Annahme gleich F a i r b r o t h e r u. H u r s t dutch die naeh intraeerebraler Impfung erhobenen und eben erw~hnten Befunde zum mindesten in erheblichem Mage ersehtittert. Wir k0nnen unsere Betraehtungen somit dahin znsammenfassen, dal~ ftir d i e P r o z e B a u s d e h n u n g b e i d e r P.m. u n d wahrscheinlieh aueh bei den tibrigen akut entzfindlichen Erkrankungen vornehmlich der grauen Substanz zwei Momente entscheidend sind:erstens dieAffinit/~t d e s V i r u s zu b e s t i m m t e n Teilen des Zentralorgans, und zweitens der Zeitfaktor. Im folgenden sollen naeheinander die Pr~dilektionsstellen der ProzeBbildung ftir die einzelnen Absehnitte des Zentralorgans behandelt werden. 1. D i e V e r ~ n d e r u n g e n
im l ~ i i c k e n m a r k u n d im p e r i p h e r e n Nervensystem. Das Prgdilektionsgebiet ist die graue Substanz. Zwar begegnen wir nieht selten auch in den weiBen Strgngen einer Einseheidung der radi/~ren GefgBe, jedoeh lassen sieh diese nur werten wie die oberfl/~chIichen Infiltrate der radi~ren HirnrindengefgBe (siehe
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S. 203). In der weiBen Substanz sind die Infiltratzellen meist Lymphocyten; daneben kommen im F r t i h s t a d i u m ebenfalls Leukocyten vet; eine Leukoeytenausstreuung in die Faserstrange finder jedoeh nicht statt, ebenso kommt es aueh nieht zu einer Destruktion yon Nervenfasern. Gliaherde sahen wir im l%iickenmarksweiB selten. Es bedarf mithin S l o i e l m e y e r s Behauptung, der Prozel3 greife ,,vielfaeh breit in die verschiedenartig zusammengesetzten weigen Strange hinein", einer weitgehenden Einsehrgnkung. D a s V e r s e h o n t b l e i b e n der Parenchymelemente d e r w e i g e n S n b s t a n z b e w e i s t , d a b d i e in i h r v o r k o m menden iniiltrativen Ver~nderungen nieht zumWesen des P r o z e s s e s g e h 0 r e n , sic s i n d a l s o n i e h t g e g e n die Auffassung d e s P r o z e s s e s als e i n e r , , E r k r a n k u n g der g r a u e n S u b s t a n z " zu w e r t e n . Innerhalb der grauen Substanz werden die einzelnen Areale nicht gleichmgBig betroffen. Die infiltrativ-gli0sen Ver~nderungen verteilen sich zwar sowohl auf die Vorder- als auch auf die Hinterh6rner, immerhin abet sind sic in letzteren durchschnittlich geringer. Noeh deutlieher ist die B e v o r z u g u n g d e r V o r d e r h 0 r n e r , wenn wir als 3/[agstab die Leukocytenausstreuung betraehten. SchlieBlieh und nicht zuletzt sind die schweren Ggnglienzellvergnderungen, vor allem aber die Neuronophagien fast ganz auf die Vorderh0rner beschr~nkt. Dies trifft aueh fiir jene Sehnitte zu, wo die gli0se Reaktion in den HinterhSrnern besonders akzentuiert ist. Die v e r s e h i e d e n e n Z e l l a r t e n bzw. Z e l l g r u p p e n d e r Vorderhorner zeigen eine verschiedene Anfglligkeit. Am schwersten betroffen sind immer die groBen motorisehen Ganglienzellen der lateralen Zellgruppen, wihrend die mittelgroBen Elemente der mittleren Zellgruppen nicht in gleichem AusmaB zu erkranken pflegen. Und sehlieBlich bleiben die medialen Zellgruppen oft weitgehend versehont. Diese Elektivitit k6nnen wit dutch den ganzen ProzeBablauf verfolgen. Der Prozeg beginnt nach neuraler Impfung im Bereiche der lateralen Zellgruppen, wie sieh dies besonders schOn im Falle Affe 37 naehweisen Nat. Es sind z w a r - worauf beziiglieh der mensehlichen P.m. bereits W i e k m a n nachdriicklich hinwies - - die Abgangsiste der Art. fissurae reed. bzw. die entspreehenden Venen yon Anfang an stark infiltriert, auch linden wir in ihrer Umgebung freie Leukoeyten verstreut, jedoeh kommt es im Bereich
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der lateralen Zellgruppen zuerst zu einer stitrkeren Anh~ufung yon Leukocyten~ ferner zu einem Untergang yon Nervenzellen. In gleichef Weise eharakteristiseh ist das Bild des Sp~tstadiums; hier konzentriert sich der Abbauprozel~ ebenfalls auf die lateralen und mittleren Vorderhorngebiete, was ftir die menschliche P.m. bereits C h a r e o t bekannt war. Diese Verteilung des Prozesses im Abbaustadium ist unabh~ngig vom Impfmodus. Verh~ltnism~i~ig selten sind die C l a r k e s c h e n S ~ u l e n ergriffen. Manehmal sehen wir Bilder, wo sowohl Vorder- wie Hinterhomer yon Infiltrations- und gewucherten Gliaelementen stark durchsetzt sind, yon ihnen heben sieh alsdann die fast normalen C l a r k e s c h e n S~ulen scharI ab. In anderen FMlen aber wieder finden wir auch in ihnen infiltrativ-gliose Ver~nderungen, selbst einen Zelluntergang, worauf ffir die menschliche P.m. bereits C h a r e o t ~ D a u b e r u. W i e k m a n hingewiesen haben. DaB die C l a r k e s c h e n Elemente bei der Affenpoliomyelitis erkranken konnen, hat j~ingst auch H u r s t besehrieben; daf3 sie in manehen l~llen sogar en masse zugrunde gehen, darau~ l~l~t die mitunter vorkommende Degeneration der F l e e h s i g s e h e n Kleinhirnseitenstrangbahn sehliel~en (B. W a r b u r g ) . V e r s c h o n t b l e i b e n s t e t s die l a t e r a l e n s y m p a t h i s c h e n Z e l l g r u p p e n ; oft sind sie sogar die einzig erha]tenen Ze]lelemente in der vom Hinterhorn ventral gelegenen Partie des Riickenmarkgraus. Ebenso wie die einzelnen Quersehnittsareale verschieden betroffen sind, zeigt sich aueh in den verschiedenen H0hen des Rtickenmarks eine versehiedene Affinit~t der Gang]ienzellen zum Poliomyelitisvirus. E s g i b t s o m i t aui~er d e r Q u e r s e h n i t t s elektivit~tt aueh eine H0henelektivit~t. Oben wurde be~ reits d~rauf hingewiesen, dal3 am h~tufigsten und sehwersten die lumbosakralen Segmente erkranken; sie kSnnen nach cerebraler Impfung sogar die einzigen Segmente sein, in welchen gr0ftere Mengen yon Ganglienzellen neuronophagiert werden. Naeh ihnen kommen~ was die Schwere des Prozesses betriffL die Segmente der Halsanschwellung. Weniger ausgesprochen sind im allgemeinen die parenchymalen Ver~nderungen in den oberen Hals- und in den Brustsegmenten. Und schlief31ieh bleiben im Conus selbst die gro~en motorischen Elemente grof~tenteils verschont, was klinisch darin zum Ausdruck kommt, dal~ im sehwersten tetraplegischen
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Stadium die Bewegliehkeit des Schwanzes meist erhMten bleibt. Dabei k6nnen die infiltrativ-gli6sen Ver~nderungen aueh im Conus sehr ausgesproehen sein. Ver~nderungen in den S p i n a l g a n g l i e n bei mensehlieher P.m. haben F o r s s n e r u. Sj 5vail als Erste besehrieben, in Form einer ,,interstitiellen l~undzellenanh~ufung ohne tiefere Ver~nderungen", insbesondere ohne sicheren Ausfall yon Ganglienzellen. Bei der experimentellen P.m. zeigen die Spinalg~nglien - - wie wir in Ubereinstimmung mit I l u r s t feststellen konnten - - mehr oder weniger starke Lymphoeyteninfiltrate und Amphieytenwucherung in den meisten F~llen, unabh~ngig davon, ob die Impfung intraeerebral oder intraneural erfolgte. Welt seltener findet man eine Leukoeytenausstreuung; leukoeyti~re Neuronophagien liel3en sich nur in 4 yon 18 F/~llen beobachten und hier auch nur in ~uBerst geringer Zahl. Die geringere Affinita,t des Virus zum Spinalganglion geht ebenfalls daraus hervor, dag nach neuraler Impfung bereits schwere Neuronophagien im Vorderhorn naehweisbar sein k~snnen, noch bevor das vom Virus passierte Ganglion nennenswerte Vergnderungen ~ufweist. Dag das Virus naeh cerebraler Impfung die SpinMganglien kaum sp~ter erreieht als das giickenmark, beweisen die Befunde beim frtihge~Steten Allen 18 (siehe S. 174). Das Verhalten des G a n g l i o n G a s s e r i geht konform mit dem der Spinalganglien. In den W u r z e l n d e r H i m - u n d R t i e k e n m a r k s n e r v e n werden meist zarte Lymphoeyteninfiltrate, seltener freie Leukoeyten gefunden (s. auch S. 199). Die s y m p a t h i s e h e n G a n g l i e n bleiben im Mlgemeinen frei, nut bei Affe 21 sahen wir vaouolisierte Ganglienzellen und bei Affe 35 (intraven~s geimpft!) auffMlend diehte lympho-pl~smocyt~re Infiltrate. 2. Die V e r ~ n d e r u n g e n im I ~ h o m b e n c e p h a l o n sowie in d e n H i r n n e r v e n k e r n e n des M i t t e l h i r n s . Im verl~ngerten Mark sind die infiltrativ-gli~Ssen Veri~nderungen auf ein viel grsgeres Gebiet ausgedehnt als die sehweren Ganglienzellerkrankungen und die Neuronophagien. Da gleiehes aueh ftir die Haube der Brtieke und des Mittelhirns gilt, ksnnen wir diese Absehnitte gemeinsam betraehten. Die mesodermal-gliSsen Ver~nderungen nehmen fast den ge-
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samten Querschnitt ein; es bleiben regelm/il~ig nur die Areale der ]~ngeren Bahnen versehont (Pyramiden, Lemniseus reed., absteigende V.-Wurzel). Nnr selten werden die unterhalb des Ventrikelbodens liegenden Gebiete bevorzugt. Das Nacheir~ander der leukoeyt~ren und des lymphoeyt~r-gli6sen Stadiums l~Bt sieh bier ebenso verfolgen wie im Riiekenmark, aber nur verh~ltnismggig selten kommt es zu einer stgrkeren Leukocytenauswanderung ins Nervengewebe; gelegentlich vorkommende Leukoeytenherde sind im allgemeinen nieht groB. Ebenso wie t I u r s t konnten auch wir feststellen, dub sieh die Vergnderungen nicht an das Gebiet der ttirnnervenkerne halten, wghrend die Formatio reticularis lat. verhgltnismgl~ig oft befallen wird. Ihre grol]en Ganglienzellen werden nicht selten yon Leukoeyten neuronophagiert. Die unteren Oliven bzw. ihr Hilus zeigen hgufig einige Gliaherdchen, jedoch keine Neuronophagien, sie k~fnnen aber auch versehont sein, selbst wenn der iibrige Oblongataquerschnitt ziemlieh ausgedehnte Vergnderungen zeigt. Ein Uberblick ergibt, dab die m o t o r i s c h e n H i r n n e r v e n k e r n e k e i n e s w e g s b e v o r z u g t e r k r a n k e n . So fanden wit leukocytgre Neuronophagien im t { y p o g l o s s u s k e r n nur in zwei ~gllen (Affe 2~ und 31) und zwar im Beginn des Krankheitsprozesses, hingegen niemals nennenswerte Ganglienzellausf~tlle in sp~tteren Stadien. Der F a e i a l i s k e r n weist fast immer Ver~nderungen auf, meistens - - wenngleieh nieht in grol3er Zahl - - aueh leukoeyt/~re Neuronophagien. Am sehwersten befallen fanden wit ihn beim faeialisgeimpften Tier (Affe 23). Der A b d u e e n s k e r n enth~lt nur bei Affe 40 einige perivaseul~re Lymphoeyteninfiltrate. Der m o t o r i s e h e T r i g e m i n u s k e r n zeigt regelm~i3ig lymphoeyt~tre Gef~13infiltrate und eine diffuse Gliawueherung (Abb. 28), extrem selten dagegen der K e r n d e r m e s e n e e p h a l e n T r i g e m i n u s w u r z e l . Im motorisehen V.-Kern linden sieh im akuten Stadium meist aueh Leukoeyten frei im Gewebe, w~hrend wir leukoeytgre Neuronophagien nur einmal (Affe 28) sahen. Der T r o e h l e a r i s k e r n zeigte nur bei Affe 41 einige Gef~B-Gliaherde. Weitaus am stgrksten beteiligt sieh der O e u l o m o t o r i u s k e r n (in neun yon elf F~llen). Die Veri~nderungen bestehen in einem ~'all (Affe 32) in einer akuten Sehwellung der Ganglienzellen, in der Mehrzahl der F/ille hingegen nur in einer mesodermM-gli6sen Reaktion ohne Ganglienzellver~nderungen. In drei akuten Ff~llen sahen wir aueh Deutsche Zeitsehrift f. Nervenheilkunde.
Bd. 128.
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leukocyLare Neuronophagien, an diesen beteihgte sieh in Mien drei F~llen aber nut ein kleiner Teil der Ganglienzellen (Abb. 29). Die s e n s i b l e n S e h a l t - u n d E n d k e r n e s o w i e d i e s e n sorisehen Hirnnervenkerne zeigen ebenfalls ein weehselndes Verhalten, sie werden aber im Mlgemeinen nieht mehr ergriffen als die motorisehen Zentren. Von den Seh~ltkernen zeigen der B u r -
Abb. 28. Affe 82. Diffuses Gewebsinfittrut ira Bereiche des motorischen Trigemi~uskerns.
d a e h s c h e und der M o n a k o w s c h e oft ausgedehnte mesoderm~lglit~se Veranderungen, eventuell aueh leukoeytare Neuronophagien, wahrend der Gollsehe Kern fast immer frei bleibt. Ein Pr~dilektionsgebiet unter den Hirnnervenkernen stellen die V e s ~ i b u l a r i s k e r n e dar (Abb, 30), wir fanden sie in allen unseren Fallen ergriffen. Von zehn F~llen sahen wit in drei melu. oder weniger starke Gef;tBinfiltrate, sowie diffuse und herdformige Glia-
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S t u d i e n fiber e x p e r i m e n t e l I e Poliomyelitis.
wucherungen, in fiinf auch Leukocytenausstreuung, in zwei augerdem noeh leukoeyt~re, in einem rein gli6se Neuronophagien. Am sehwersten ist meist der D e i t e r s s c h e K e r n erkrankt. Dagegen zeigen die C o e h l e a r i s k e r n e nur selten infiltrative und niemals sonstige Ver~nderungen. Im Gegensatz zur Haube wird das F u B g e b i e t in seinen par-
Abb. 29. Affe 18. Oculomotoriuskern. Zahlreiche perivascul~re Infiltrate, Gewebsinfiltrate~ vereinzelte Neuronophagien.
enchymalen Bestandteilen regelm/~Big yore Prozel3 verschont. Es enth~lt nur in wenigen F/~llen sp~rliche perivascul~re Lymphocyteninfiltrate oder Gliaherde. Zur Ausstreuung yon Leukoeyten kam es nur in zwei Fs (Age 28 und 61), uber such hier nut in geringem Grade. Neuronophagien sahen wir in den FuBkernen nieiTI~]S. 15"
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H. Pette, H. D e m m e u n d St. K S r n y e y :
Im Gegensatz zum Riickenmark kommen somig ausgedehntere Zell~usfs ebenso wie KOrnchenzellabbau im Hirnstamm niemals vet. Zwar sahen wit in der Oblongata des Allen 60 schwere Ganglienzellvergnderungen, so dab dieser Fall als e x p e r i m e n t e l l e s G e g e n s t i i c k zur m e n s c h l i c h e n P o l i o e n e e p h a l i t i s inf. (Wickman) aufgefal~t werden kann, jedoch treten auch hier die Neuronophagien zuriiek. Die K l e i n h i r r t r i n d e ist in der Mehrzahl der F~lle in Form
Abb. 30. Affe 23, ~Perivascul~reInfiltrate und Gliaherde in der Oblongata. Ausgesprochene Bevorzugung des Yestibularis-Kerngebietes.
yon wenigen eventuell mit Leukoeyten untermischten Gliaherden in der 1V[otekularschieht am Prozell beteilig~ (Abb. 31). Oft sind die z e n t r a l e n K e r n e und noch h~ufiger die zwis c h e n i h n e n l i e g e n d e M a r k s u b s t a n z , se]tener hingegen der N u c l e u s d e n t a t u s m i t H i l u s u n d M a n t e l ergriffen (Abb. 32). Die Ver~nderungen bestehen in Gef&ginfiltraten, rein-gliOsen und leukocyt~r-gli~Ssen Herden. GrSBere Gliaherde kommen hier besonders oft vor. Die zentralen Kerne enthalten selten, der Dentatus niemals leukocyti~re Neuronophagienl selbst in den Fi~llen sti~rkster Leukoeytenausschwemmung. Dagegen geht~ren mehr oder minder
Studien fiber experimentelle Poliomyelitis.
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Abb. 3I. Affe 18. Gliaherde in der Kleinhirnmolekularis.
Abb. 32. Affe 28. I n den Kleinhirnkernen und im sie umgebenden :Mark Geffiginfiltrate und grol3e Gliaherde, desgleichen im ~estibula.ris-Kerngebiet. Wenige !oerivaseul~ire Infiltrate in der Brtickenhaube. Ful]teil frei.
schwere G~nglienzellvergnderungen, ~llerdings ohne Neuronophagie, zu den hgufigeren Vorkommnissen.
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H. Pette, H. Demme und St KSrnyey: 3. D i e V e r ~ n d e r u n g e n im ~ e s e n c e p h m l o n (ausschlie$1ich Hirnnervenkerne).
Dins p e r i m q u g d u k t m l e H O h l e n g r m u zeigt in seinen ventri.kelnmhen Teilen niemmls Veranderungen, in den ventrikelfernen nur extrem selten (Affe 18 und 40) (Abb. 33). Dagegen enth~lt der vordere Vierhiigel stets einige GefaBinfiltrmte (zehn F~lle wurden
Abb. 33. Affe 18. l~eriaquitdukbale Gegend. Die v e u t r i k e l n a h e n Teile sind verschont. Gef~131nfiltrate u n d Gliaherde~ u i m D a r k s c h e w i t s c h schen- u n d i m Trochleariskern.
hiermuf untersucht, in frost der H~lfte dieser ZF/~lle (4) w~ren much freie Leukocyten zu linden). In der Aqumeductusumgebung h~lten sich die Infiltrate nicht streng an die Grenzen der grmuen Kerne, sie kommen - - wenn much selten - - aueh im Bereich des hinteren L~ngsbfindels, der Ruberstrmhlung, ~erner in der Bindemrmkreuzung vor. Mit den Ver~nderungen des Oculomotoriuskernes hmlten meist die des D m r k s c h e w i t s c h s c h e n K e r n e s Schritt. Dies geht mus
Studien iiber experimentellePoliomyelitis.
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folgender Zusammenstellung hervor: von neun F~llen ist der Kern einmal unver~ndert, zweimal enth/~lt er einige leukoeyt~re Neuronophagien, dreimal Leukoeytenausstreuungen, bier und da mit sehweren Ganglienzellver~nderungen, jedoeh keine Neuronophagien. Der N u c l e u s l e m n i s e i lat. gelangte dreimal in unsere Sehnittebenen. Dabei sahen wir in einem Fall Gefgginfiltrate und Gliaherde, in den beiden anderen F/~llen aul3erdem aueh freie Leukocyten. 4. Die V e r / ~ n d e r u n g e n im P r o s e n e e p h a l o n (Teleneephalon und Dieneephalon). Dal3 bei der mensehliehen P.m. Vergnderungen in der GroBh i r n r i n d e vorkommen, wurde yon W i e k m a n zuerst festgestellt. W i e k m a n Iand ,,kleine Rundzelleninfiltrate" besonders zahlreieh ,,im Parietallappen, sodann aueh im mittleren Absehnitt der Zentralwindungen". Es war alsdann tin wesentlieher Fortsehritt, als H u r s t 1929 darauf hinwies, dab bei der Affenpoliomyelitis n u r die motorisehe Rinde befallen werde. Ungefghr gleiehzeitig mit H u r s t land P e t t e bei seinen vergleiehenden anatomisehen Untersnehungen, dab bei den akut entziindliehen Erkrankungen vornehmlieh der grauen Substanz die Beteiligung der Ganglienzellen am ProzeB sehr verschieden ist. Er illustrierte diese Tatsaehe in seinem Wtirzburger Referat (1929) ffir die P.m. dureh ein Photogramm, welches die Herdbildung in bestimmter Sehieht der Rinde des Parietalhirns ansehaulieh maeht. An Hand der bis September 1930 verarbeiteten F/~lle konnte P e t t e weiter zeigen, dab diese Art der ProzeBverteilung eine Gesetzm~13igkeit im anatomisehen Gesehehen der experimentellen Pm. darstellt. Uber das Vorkommen yon Herden in der ,,Gegend der Zentralwindung" beim Menschen beriehteten bereits 1909 L a n d s t e i n e r u. P o p p e r , in der ,,eirconvolution frontale ant~rieure" 1 9 2 9 A n d r g - T h o m a s u. L h e r m i t t e . In einer 1931 (Festschrift fiir Doerr) ersehienenen Arbeit weist S pie 1m e y e r darauf hin, dab in einigen F/~llen menschlieher P.m., welehe in der Mtinehener Forsehungsanstalt untersueht wurden, gleiehfalls die motorisehe Rinde elektiv betroffen war. Er fand allerdings eine ,,ausgesprochen herdf6rmige Erkrankung bald in einer oberen, bald in einer tieferen Schieht". Demgegenfiber fanden wir bei der experimentellen P.m., dab die h i s t o l o g i s e h e n V e r / ~ n d e r u n g e n sich im a l l g e m e i n e n auf dig III. u n d
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H. Pette, It. Demme und St. K6rnyey:
V. S c h i c h t d e r m o t o r i s e h e n R i n d e b e s c h r ~ n k e n (Abb. 34). Die spezielle Anf~lligkeit dieser Sehiehten kommt darin zum Ausdruek einmal, dab wir die Ver~nderungen bier in den seltensten F/tllen vermissen, sodann, dub wir elektive Ver~nderungen aueh in jenen F~llen sahen, in welchen die iibrigen Rindenareale vOllig versehont blieben. Im Sinne einer e l e k t i v e n A u s w a h l sprieht
Abb. 34:. AIfe 33. ~Iotorische i~inde. Schicht I - - I [ frei yon u In Schichten I I I - - u zahlreiche perivascul~ire Infiltrate und Gliaherde. Neuronophagie einiger B e e t z s c h e r ZeUen.
nicht zuletzt auch, dab die Vergnderungen an der Grenze der motorisehen Rinde - - sowohl gegen den Gyrus cinguli als aueh gegen die sensorisehe l~inde - - l?lOtzlich aufh0ren (Abb. 35). Das zeigen besonders eindrueksvoll die Fglle Affe 24, 26, 28 und 43. Die I I I . - - V . Schieht der motorisehen ginde sind die einzigen, in welehen wir eine Leukoeytenausstreuung ins Nervengewebe bzw. leukoeyt~re Neuronophagien sahen, letztere ungef~hr in der H~lfte aller F~lle. N e u r o n o l 0 h ~ g i e n z e i g e n im a l l g e m e i n e n n u t
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d i e B e e t z s e h e n Z e l l e n (Abb. 36). DaB das Virus zu diesen Zellen eine besondere Affinit~t hat~, beweist die Tatsache, dab sie - allerdings selten - - auch in der sensorischen l~inde yore ProzeB ergriffen werden, wodureh dig Gesetzm~l~igkeit der ~realen Auswahl durchbrochen wird, die Sehichtenauswahl dafiir aber um so sch~Sner zum Ausdruck kommt (Age 31 und 51). Die a r e a l e und ebenso auch die S c h i c h t e n a u s w a h l ist un~ b h ~ n g i g v o m I m p f m o d u s , sie komm~ sowohl bei den neural
Abb. 35. Affe 24. Perivoscul~ife I n f i l t r a t e und Gliaherde in der m o t o r i s c h e n l~inde. Die Yeriinder u n g e n h S r e a a n der Grenze gegen den Gyrus e~nguli u n d die sensible R i n d e auf.
als auch bei den extraneural geimpften Tieren zum Ausdruek. In diesem Sinne sprieht vor allem uueh die Tatsaehe, daf~ die Ver/~nderungen bei den ~ntracerebral geimpfte~ Tieren auf der ungeimpften Seite gelegentlieh ausgesproehener sind als auf der Seite der Impfung (Affe 18). Eine lokale Auswirkung des Virus in Naehbarschaft des Impfgebietes kann somit als ausgesehlossen gelten. Interessant und beweisend ffir die Elektivit~t und ifir die die ProzeBausbreitung bestimmenden Momente ist eine lJbersieht fiber jene F~lle, in welehen die I~inde versehon~ blieb. Es sind dies
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
Affe 27, 37, 49, 48, 45 und 20. Bei Affe 27, der 3 Tage nach der Impfung get0tet wurde, liegen sieh nur in den zum geimpften Nerven geh/Srigen Spinalganglien Verinderungen feststellen, wihrend das gesamte fibrige Zentra]organ frei gefunden wurde. Die ngehsterwghnten vier Tiere wurden in den Ischiadicus geimpft und im prgparalytischen bzw. Affe 45 im monoplegischen Stadium get0tet. Auf
Abb. 86. Aife 28.
Grenze zwischen m o t o r i s c h e r u n d sensibler Rinde. I n f i l t r a t u m ein r a d i a t e s Geffil3. N e u r o n o p h a g i e einer B e e t z s c h e n Riesenzelle.
Grund unserer bisherigen Ausfiihrungen liegt es nahe anzunehmen, dag in diesen Fillen dem Virus keine geniigende Zeit zur Verfiigung stand, sieh in der Rinde auszuwirken. Fiir eine solehe Annahme sprieht aueh die Tatsaehe, dab die gleichfalls im monoplegischen Stadium get6teten medianusgeimpften Tiere, bei welehen also die Entfernung zwisehen Impfstelle und Cortex eine geringere war aIs bei den isehiadieusgeimpften, bereits Vergnderungen der motori-
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sehen ginde zeigen. Affe 20 ist sehlieBlich ein Isehiadieustier aus dem paraplegisehen Stadium, der Zeitfaktor beztiglieh der Prozegausdehnung hat also auch ftir ihn seine Gfiltigkeit. Bei dem anderen Isehiadieustier des paraplegisehen Stadiums (Affe 44) sind bereits Rindenver~nderungen vorhanden, ebenso aueh - - wie zu erwarten w a r - bei den im gleiehen Stadium getOteten Medianustieren. Hieraus geht hervor, dab die motorisehe ginde nur bei jenen neural geimpften Tieren frei yon Ver~nderungen bleibt, bei welehen das Virus nieht hinreiehend Zeit hatte, sieh im H i m prozeBhaft auszuwirken. Hierin erf~hrt die yon P e t t e frtiher vertretene Ansieht, dag die Vorderhirnrinde auger bei den cerebral geimpften Tieren nur selten Ver~nderungen zeige, eine Korrektur. Eine Ausnahme bildet nur das intravenos geimpfte Tier Affe 35, welches bereits am 4. Tage naeh der Impfung get6tet wurde, insofern als hier die Rinde bis auf einige Gliaherde im Ammonshorn intakt gefunden wurde. Die / i b r i g e n l ~ , i n d e n t e r r i t o r i e n sind weitaus weniger am Prozeg beteiligt. Leukoeyt~tre Neuronophagien sowie freie Leukoeyten fanden wit, wie bereits vorher erw/~hnt, nur in zwei F~llen in der sensiblen Rinde, bier besehr~nkt auf die Sehicht der B e e t z s e h e n Zellen, in einem weiteren Fall (Affe 61) in den vorderen Teilen der Parietalrinde und sehlieBlieh bei Affe 24 in den TemporMlappen. In allen vier F~llen waren jedoeh die Ver~nderungen ~ugerst sp~rlieh. We eortieale Infiltrate und Gliaherde auBerhalb der motorisehen Rinde vorkommen, sind sic meist auf die dent motorisehen Areal benaehbarten Grenzteile des :Frontal- und Parietallappens besehr~nkt. Im A m m o n s h o r n fanden wit bei vier unserer F~tlle sp~trliehe Gef~ginfiltrate bzw. Gliaherde. Der S t i r n p o l und das O e e i p i t a l h i r n blieben regelmMtig frei. Die in der Kasuistik besehriebenen entztindliehen vaseul~ren Reaktionen im Bereieh der obersten I~indensehiehten sind pathogenetiseh anders zu deuten als die Vorg~nge im Areal der motorisehen l~inde; es handelt sieh hier um yon der Meningitis weitergeleitete Infiltrate l~ngs der radi~tren Gef~13e ("superficial perivaseul/ir infiltration" im Sinne yon F a i r b r o t h e r u. H u r s t , s. S. 203). Im S e p t u m p e l l u e i d u m sahen wit bei vier Affen sp/irlieh verteilt kleinere Gliaherde. Die ersten Angaben fiber die Beteiligung der S t a m m g a n g l i e n am poliomyelitischen Prozeg beim Mensehen stammen yon R e d -
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1i c h. Wit fanden bei unserem Affenmaterial das S t r i a t u m regelm~ftig versehont ; i m P u t a m e n fanden wit in zwei FMlen (Affe 18 und 61) einige kleine Gliaherde, w~hrend das C a u d a t u m niemals Ver~nderungen aufwies. Ganz ~nders verhMt sich das P a l l i d u m , das irt der Mehrzahl unserer F~lle (12) an der Prozegbildung teilnimmt (Abb. 37) und zwar in Form von Gliaherden, welehe mitunter eine erhebliehe Ausdehnung erreiehen. Diese Herde sind nieht selten mit Leukoeyten untermiseht (Abb. 51). Dabei sind die Gef~Be lymphoeyt~r,
Abb. 37. Affe 28.
Gef/~ginfiltrate u n d Gliaherde i m Pallidum.
P u t a m e n frei.
seltener leukocyt~r infiltriert. Dieser mesodermM-gliOsen Reaktion gegeniiber bleibt der gangliozellul~re Anteil des Pallidum fast regelm~Big intakt. Nur in zwei Fallen sahen wir Neuronophagien, bei Affe 60 gliose und bei Affe 26 leukoeyt~re, wobei andere Ganglienzellen nnr leiehte Ver~nderungen zeigten. Das Patlidum ist in der l%egel beiderseits gleiehmagig betroffen, nut bei Affe 74 seheint der ProzeB auf die eine Seite besehr~tnkt zu sein. Ob es F~lle gibt, in welchen das Pallidum in seiner ganzen Ausdehnung versehont bleibt, vermOgen wir nicht mit Sieherheit zu entseheiden, da hierzu das ganze Gebilde im Serienschnitt h~tte untersueht werden miissen.
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In der S u b s t a n t i a i n n o m i n a t a sind die Gef~l~e nicht ganz selten lymphocyt~r infiltriert (Affe 28, 60, 65, 73, 74). Bei Affe 28 sahen wit auch einige Gliaherde. In der i n n e r e n K a p s e l beob~chteten wir nur bei einem Fall und zwar bei einem lschiadicustier (Affe 61) Gliaherde, w/~hrend das H e m i s p h ~ r e n m a r k , der B a l k e n und der F o r n i x stets intakt gefunden wurden. Der T h a l a m u s o p t i c u s beteiligt sich in der Mehrzahl unserer FMle (14) an der Prozel3bildung, allerdings lediglich in Form yon perivascul~ren Infiltraten, w~hrend gliose Herde (Affe 61) cder gar Neuronophagien (Affe 43) nur in je einem Fall zur Beobachtung kamen und Leukocytenausstreuungen bzw. leukocyt~tre Neuronophagien v01lig fehlten. Die Beteiligung der einzelnen Sehhtigelabschnitte ist wechselnd, im allgemeinen sind die zentralen und ventralen Teile am meisten betroffen. Ob eine v011ige Verschonung des Thalamus vorkommL dartiber steht uns ein Urteil nicht zu, da sich dies nur au~ Grund yon Schnittserienuntersuehungen h~tte feststellen l~ssen. D~s G a n g l i o n h a b e n u l a e enthMt nur im FMle Affe 35 Gef~13infiltrate, in den tibrigen F~llen, soweit w i r e s untersuchten, sahen wir niemals Ver~nderungen. Von den v e g e t a t i v e n K e r n e n im zentralen Grau um den 3. Ventrikel fanden wit den N u c l e u s p a r a v e n t r i c u l a r i s regelmM~ig ergriffen (Abb. 38), mit Ausnahme jener nervengeimpften Tiere nattirlich, bei denen sich der Prozel~ noch nicht bis in die zentralen Abschnitte hinein ausgewirkt hatte. In einem Tell der F~lle sehen wir nur lymphocyt~re Gef~13infiltrate, in einem anderen nut Gliaherde, in wieder anderen beide zusammen. Zu einer Ausstreuung yon Leukocyten kam es nur bei Affe 31. Seltener scheint der lXTucleus m a m i l l o i n f u n d i b u l a r i s befallen zu sein, nur bei Affe 40 sahen wir lymphocyt~re Gef~tl3inffltrate und bei Affe 51 aul3er diesen such Gliaherde. DaB C o r p u s m a m i l l a r e und die Infundibularregion waren lediglich bei Affe 35 am Prozel3 beteiligt, hier in Form yon ganz wenigen lymphocyt~Lren Gefiil3infiltraten. Der N u c l e u s s u p r a o p t i c u s beteiligt sich, soweit sich dies an unserem Material feststellen liel~, niemals an der ProzelJbildung. Im Kerngebiet der R e g i o s u b t h a l a m i e a sind die Z o n a i n c e r t a und der K e r n d e s F o r e l s c h e n F e l d e s der Haupt-
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H. Pette, H. Demme und St. KSrnyey:
sitz der Ver~nderungen. Die Zona ineerta fanden wir nur bei Affe 65 verschont, wahrend sie bei den iibrigen daraufhin untersuchten acht F~llen stets vaskul~r-gli0se Veranderungen, bei Affe 51 und 73 freie Leukoeyten und bei Affe 18 und 31 auch leukocytare Neurouophagien aufwies. Der N u c l e u s c a m p i F o r e l i zeigt in zwei yon ffinf daraufhin untersuchten F~llen eine mesodermal-gli0se l~eaktion (Affe 40 und 51), in zwei weiteren F~]len auch freie Leukocyten (Affe 23 und 31) und schlieBlieh im ffinften F~ll aueh leukoeytare Neuronoph~gien (Affe 18).
Abb. 38. Affe I8. ~ypotha[amische Gegend. Perivascul~re Infiltrate und Gliaherde im Nucleus paraventrieularis, im Kern des F o r e l s c h e n Feldes und in der Zona incerta. Corpus LUSTSund Substantia nigra intakt.
Das C o r p u s L u y s ist welt seltener befallen (in fiinf yon neun Fallen), auch dann racist nur in Form yon vereinzelten perivaseularen Infiltraten und Gliaherden. Freie Leukoeyten sahen wir nur bei Affe 23, Neuronophagien niemals. Die Veranderungen der S u b s t a n t i a n i g r a erreichen an Intensit~t fast niemals die Grade der Zona incerta und des Nucleus campi Foreli (Abb. 38 u. 39). Augerdem ist sie in keinem unserer Falle starker befallen als die Naehbargebiete. Von 16 daraufhin untersuchten Fi~llen war sie viermal ganz intakt, darunter auch bei Affe 3I, bei welchem die zwei genannten Pradilektionsstellen dieser
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Schnittebenen (Zona incerta und Nucleus campi Foreli) schwer ver~ndert waren. Eine geringgradige infiltr~tiv-gliose l%eaktion zeigte sic in vier weiteren Fallen. Freie Leukocyten fanden wir bei sechs Tieren, bei denen aber die Ganglienzellen (mit Ausnahme yon Affe 73) keine nennenswerten Veranderungen aufwiesen. Einige leukocyt~re Neuronophagien sahen wir nur bei Affe 60.
Abb. 39. Alfe 18. Gef~i~infiltrate im Gebiet des F o r e l s c h e n Feldes, in der Zona incerta und im ventralen Thalamus~bschnitt. I a der linken Substanti~ nigra einige leicht infiltrierte GefS,$e, in der rechten keine u Verschonung tier weii]en Substanz uad des Schweifkerns.
Der N u c l e u s r u b e r pflegt starker verandert z u sein. Er bleibt nur dort verschont, wo nach neuraler Impfung der 1)rozel~ das Mittelhirn noch nicht erreicht hat. Bei Affe 48 und 45, welehe im pr~paralytischen bzw. im monoplegischen Stadium get(~tet wurden, fanden wir orMwarts v o n d e r Oblongat~ ausschlieftlich im ]guber Ver~nderungen und zwar leukoeyti~r-gli0se tterde, vereinzelt auch einige leukocyt~re Neuronoph~gien. Gleiehes f~nden wir in
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drei weiteren Fgllen, in vier Fitllen sahen wir freie Leukoeyten; nur Gefgginfiltrate und Gliaproliferation in drei Fgllen. Im gleiehen Mage wie der rote Kern scheint im allgemeinen auch das G a n g l i o n l a t e r a l e m e s e n c e p h a l i beteiligt zu sein. Das G a n g l i o n i n t e r p e d u n e u l a r e , yon dem uns in vier Fiillen Sehnitte zur Verfiigung standen, zeigt nur bei Affe 40 spgrliche GefgBinfiltrate. Der m e d i a l e u n d des l a t e r a l e K n i e h o e k e r sind in allen Fgllen versehont geblieben, wghrend das Corpus p r a e g e n i c u l a turn bisweilen lymphocytgre Gefgf~infiltrate, bei Affe 18 sogas auch freie Leukoeyten enthMt. ])as S t u d i u m d e r P r o z e S v e r t e i l u n g e r g i b t s o m i t , daS die m e s o d e r m a l - g l i 0 s e n E r s e h e i n u n g e n u n d die P a r e n c h y m l g s i o n sieh l o k a l i s a t o r i s c h k e i n e s w e g s d e c k e n . Das HauptlokMisationsgebict der Parenchymvergnderungen sind die Vorderh/Srner des Riickenmarks, ihnen folgen die Medulla oblongata und die Briickenhaube, ohne dab in ihnen eine besondere Anf/illigkeit tier motorischen Kerngebiete Iestzustellen wgre. Geringe, aber regelmggig vorkommende Parenchymvergnderungen sehen wir im roten Kern, in der Zona ineerta und im Kern des Forelschen Feldes, sehlieBlich in der III.--V. Schicht der tootorischen I~egion, nicht so konstant aueh im Pallidum. E r h e b l i e h a u s g e d e h n t e r ist d e m g e g e n i i b e r d e r m e s o d e r m a l - g l i 0 s e Prozel3. Es geniigt wohl, bier nochmMs darauf hinzuweisen, dag er im Rfickenmark oft im gesamten Grau sehr ausgesprochen ist, wghrend sieh die Neuronophagien auf die Vorderhorner bzw. die mittleren Teile beschrgnken. Besonders sinnf/tllig ist der Unterschied in der Oblongata und noch mehr welter orMwgrts; hier sind Infiltrate und Gliaproliferation auf weir grogere Gebiete verteilt als die Ganglienzellsehgdigung. Die ausgesproehene D i s s o z i a t i o n z w i s c h e n p a r e n c h y m a l e m ProzeB auf d e r e i n e n S e i t e u n d m e s o d e r m M - g l i o g e n e n V o r g ~ n g e n auf der ~ n d e r e n Seite ist eine Eigentiimlichkeit nicht des P.m. Mlein, sondern des gesamten Formenkreises des sogenannten akut-entziindlichen Erkranknngen vornehmlich des grauen Substanz (P.m., epidemische Encephalitis, Lyssa, Bornasche Krankheit). Das hat K o r n y e y an Hand mehrerer yon ihm untersuchter F~lle yon epidemischer Encephalitis im chronischen Stadium dargetan, indem er das Bild
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der Spgterkrankung mit den aknten Stadien verglieh; darauf haben weiterhin P e t t e u. K 0 r n y e y bei bestimmten Formen der L a n d r y s c h e n Paralyse nachdrficklieh hingewiesen. Wir haben es hier mit GesetzmgBigkeiten zu tun, die der gesamten Gruppe der cben genannten Krankheiten eigen sind, wie es P e t t e ausffihrhrlich in seinem ~Berner Re~erat dargdegt hat. Wie hoch die Bedeutung der entzfindlichen, d.h. der mesodermalen und gliogenen I~eaktion bei allen jenen Krankheiten einzusehgtzen ist, lehrt wohl am besten die Studie yon S e i f r i e d u. S p a t z , in der die Ausbreitung der entziindlichen Reaktion zur Grundlage einer vergleichenden Betrachtung gemacht wurde. Eine Abgrenzung der einzelnen Krankheiten voneinander gelingt immerhin, wenn neben der entziindlichen ~eaktion gleichzeitig den Vorggngen am Parenchym Rechnung getragen wird. J e d e e i n z e l n e K r a n k h e i t h a t n a c h d i e s e r R i e h t u n g die ihr u n d n u r i h r e i g e n e n P r g d i l c k t i o n s s t e l l e n . Hierfiir gibt die Klinik ein getreues Spiegelbild. T r o t z e i n e r s e h r w e i t g e h e n d e n fi,h n l i c h kei~ in d e r A r t d e r e n t z i i n d l i e h e n R e a k t i o n bei d e n akut entztindliehen Erkrankungen vornehmlieh der g r a u e n S u b s t a n z w i r d es d o e h s t e t s m 0 g l i e h sein, u n d z w a r a u s s e h l i e B l i e h a u f G r u n d des a n a t o m i s e h - h i s t o l o g i s e h e n B i l d e s , die e i n z e l n e n K r a n k h e i t e n zu k l a s s i fizieren, allerdings nut dann, wenn dem Gesamtges c h e h e n R e e h n u n g g e t r a g e n w i r d , d.h. d e n V o r g g n g e n am Sttitzgewebsapparat einerseits und am Parenehym andererseits. Ein volles Verst~ndnis wird freilieh nur dem m0glieh sein, der den Prozel3aufbau in seinen einzelnen Phasen, yon der leukoeytgren Reaktion bis hin zum letzten Stadium, d. h. dem Narbenstadium kennt. Ein besonderes Gewieht legten Spatz und seine Mitarbeiter auf die ~hnlichkeit im Befallensein des Mittel- und Zwisehenhirns bei den einzelnen Krankheiten. Demgegeniiber miissen wir betonen, dab auch naeh dieser Riehtung jede Krankheit ihre Selbstgndigkeit bewahrt. So ist es unzweifelhait, dab in der Substantia nigra bei der experimentellen P.m. die mesodermal-gliogenen Vorggnge niereals jenen Grad erreichen wie bei der Encephalitis epidemica. Noeh ausgesprochener erseheint der Untersehied zwisehen beiden Krankheiten, wenn wir das Verhalten der Ganglienzellen zum Mal~stab des Prozesses maehen. Wghrend bei der Encephalitis epideD e u t s c h e Zeitschrift f. Nervenheilktmde. 13d. 128. 16
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mica die Nervenzellen der Substantia nigra sehon im Friihstgdium schwer erkranken, oft sogar dezimiert werden, sehen wir bei der experimentellen P.m. hier niemals Ganglienzellausf~lle, ja nur selten und in g~nz geringem Mage Ganglienzellerkrankungen tiberhaupt. Ein weiterer Untersehied liegt darin, d~g bei der Encephalitis epidemiea der H a u p t s i t z der Ver~nderungen, die Substantia nigra ist, dagegen bei der experimentellen P.m. andere Teile des mesodieneephMen Uberganges schwer, ja sogar schwerer erkranken und dal~ die schwersten Ver~nderungen regelmi~gig nieht die Substantia nigra, sondern die Zona ineerta aufweist. Die Ergebnisse e i n e r systematischen Untersuehung hinsiehtlieh der Prozegverteilung zwingen uns mithin zu dem Sehlug, dab die A u f f a s s u n g , w o n a e h b e i a l l e n d i e s e n K r a n k h e i t e n d i e d e r ~ u B e r e n u n d i n n e r e n H i r n o b e r f l ~ e h e a n - bzw. naheliegenden T e i l e sti~rker b e f a l l e n w e r d e n als d i e i i b r i g e n , n i e h t zu I ~ e e h t b e s t e h e n k a n n . F i i r d a s B e fallensein der einzelnen Teile sind nieht lokale Faktoren, sondern besondere Affiniti~ten zwisehen den einzelnen Virusarten einerseits und den versehiedenen Zentren andererseits maBgebend. Diese Einstellung auf das Problem der Prozegverteilung bei den akut entztindlichen Erkrankungen vornehmlieh der grauen Substanz l~gt Bedenken aufkommen, ob die yon S p a t z vertretene Auffassung y o n der Pathogenese dieser Erkrankungen : der Ausbreitung des Virus auf dem Liquorweg zu g e c h t besteht. Ohne den Einflug des Liquorstromes auf das Zustandekommen des Prozesses vOllig ablehnen zu wollen, sind wir doeh der Meinung, daf~ ihm nur eine sekund~re Bedeutung znkommt. C. Die Bedeutung des anatomischen Prozesses fiir die Kl~rung des Infektionsweges. Die Histopathologie hat zur Kl~rung der in diesem Kapitel zu behandelnden Fragen,.seitdem S c h a f f e r 1890 als Erster die Beziehungen zwischen ProzeBausdehnung und Eintrittsstelle des Virus bei der Lyssa ~uf Grund anatomischer Befunde erkannt hatte, wesentlich beigetragen. Bekanntlich sehloB S c h ~ f 2e r aus der Tatsache, dab bei der Lyssa, wenn auch nicht immer, so doch in der Mehrzahl der FMle die zur BiBstelle gehOrenden Rfickenmarkssegmente am sti~rksten befallen sind, auf die Wanderung des Virus
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entlang dem Nervenweg. Mit dem Ergebnis der yon S e h a f f e r durchgeffihrten Untersuchungen stimmten experimentelle Befunde yon Di V e s t e a u. Z a g a r i tiberein. Lange Zeit ruhte Msdann das Problem der Viruswanderung, bis die um das Jahr 1910 in vielen L~ndern epidemiseh auftretende P.m. AnlaB zu neuen ausgedehnten Studien, speziell fiber das Problem der Pathogenese dieser Krankheir gab. L e i n e r und v. W i e s n e r , F l e x n e r u. L e w i s , L e v a d i t i u. L a n d s t e i n e r fanden bei ihren experimentellen Studien am Affen, dM3 naeh intraneurMer Impfung die L~hmung regelm~tBig im Bereieh der geimpften Extremit~t einsetzte. Es war also die Abh~ngigkeit des Beginns der L~hmungen yon der Infektionsstelle deutlieh zu erkennen. Die SehluBfolgerung, dab die Propagation des Virus auf dem Nervenweg erfolge, war somit naheliegend; als direkten Weg der Wanderung nahm man die neurMe Lymphbahn an, worauf tibrigens W i e k m a n bereits im Jahre 1905 und zwar auf Grund eines Vergleiehes der P.m. mit der Lyssa gesehlossen hatte. Dieser These haben sieh die meisten Autoren, die sphter zur Frage der Pathogenese Stellung nahmen, angesehlossen (R0m e r , K r a u s , L u b a r s e h , W 0 h r m a n n u.a.). Aueh S e i f r i e d u. S p a t z haben sieh in ihren Arbeiten zu dieser Auffassung bekannt. In den letzten Jahren wurde das Problem der Viruswanderung auf dem Nervenweg abermMs Gegenstand ausgiebigster Forsehungen, naehdem bekannt geworden war, dab uns im Virus des Herpes simplex ein Agens gegeben ist, das biologiseh den Virusarten der ,,akut entzfindliehen Erkrankungen vornehmlieh der grauen Substanz" auBerordentlieh nahe steht. Systematisehe Untersuehungen yon G o o d p a s t u r e u. T e a g u e , M a r i n e s e o u. D r a g a n e s c o , t~ose u. W a l t h a r d , P e t t e , N i e o l a u und l~{itarbeiter haben bewiesen, dab die Ausbreitung des herpetisehen Prozesses im Tierorganismus (EneephMitis, Myelitis) ebenfMls auf dem Nervenweg erfolgt. Naehdem bisher strittig geblieben war, ob das Herpesvirus auf dem Wege der Lymphbahn wandert und zwar in gleieher Weise wie man es bisher ftir die Lyssa, die P.m. und die B o r n a s e h e Krankheit angenommen hatte, oder aber auf dem Wege des Aehsenzylinders ( G o o d p a s t u r e ) , hat jtingst P e t t e in einer speziell dieser Frage geltenden Studie den Beweis zu erbringen versueht, dab die Wanderung auf dem Wege der Nervenfaser (Aehsenzylinder) erfolgt, wenigstens fiir die Wanderung aus der Peripherie zmn Zen16"
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tralorgan, da~ aber im Zentralnervensystem, d. h. im Hirn und im l%iickenmark, neben der Nervenfaser aueh der Liquor-Lymphweg ftir die Propagation seine Bedeutung hat. Wenn aueh im histologischen Aufbau der herpetischen Encephalitis bzw. Myelitis - - als Versuehstier dient das Kaninehen - - gewisse prinzipielle Unterschiede gegeniiber cler P.m. bestehen, so sind wir doeh zweifellos zu Analogieschltissen hinsichtlieh der Virusausbreitung berechtigt. Unsere unter gleichem Gesiehtswinkel und zum Tell mit gleichem Ziel auf dem Gebiet der P.m. durehgefiihrten Studien haben uns zu der Erkenntnis geffihrt, dab die Verbreitung des P.m.-Virus auf gleiehem Wege erfolgt. Es eriibrigt sieh, bier noehmals die einzelnen Tatsaehen aufzuftihren, welehe dieser These zugrunde liegen. Nur darauf sei noch einmM hingewiesen, dab sieh naeh intraneuraler Impfung die ersten histologisch greifbaren Ver~nderungen in den zugeh0rigen Spinalganglien zeigen und dal3 die n~ehste Etappe in der Prozegentwieklung die Ver~nderungen der dem geimpften Nerven zugehOrigen motorisehen Ganglienzellen darstellen. I m Sinne einer Propagation des Virus auI dem Nervenwege sprieht auch, dab sieh der medullgre ProzeB um so irtiher entwiekelt, je n~her dem ZentrMorgan die Impfstelle gelegen ist. Das beweist sin Vergleieh des Entwicklungsganges beim faeialisgeimpften Affen (Affe 23) mit, dem der lschiadieustiere: dort die ersten Lihmungserseheinungen bereits 2, hier frt~hestens 4 Tage naeh der Impfung. I m gleiehen Sinne sprieht ferner der Vergleieh des Befundes beim in die Oblongata geimpften Allen 73 (siehe S. 169 u: ft.) mit den iibrigen cerebral geimpften Tieren. Der Fall bewelst zweierlei: erstens dag die Prozel3entwieMung vom Augenbliek an, wo d~s Virus mit dem zentralen Nervenparenehym in Beriihrung kommt, bis zum Auftreten der Neuronophagien - - far den Stamm bereehnet, mit dem wir arbeiteten - - nieht mehr als 52 Stunden braueht, zweitens dab die Ausbreitung des Virus dureh das gesamte I~iiekenmark noeh ktirzere Zeit e r f o r d e r t . Niitzen wit diese Erfahrung fiir die Ausdeutung aller anderen vorher besproehenen Befunde aus, so kommen wir zu dem Ergebnis, d a g d a s A u f t r e t e n der ersten Neuronophagien bestimmt wird erstens d u t c h die Z e i t s p a n n e , die d a s V i r u s b r a u c h t , u m a n die m o t o r i s e h e n G a n g l i e n z e l l e n zu k o m m e n u n d z w e i t e n s d u t c h die Z e i t s p a n n e d e r A u s w i r k u n g des V i r u s
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a u f die G a n g l i e n z e l l e . Uber die Gr~51~e des einzelnen Zeitraumes etwas auszusagen, haben wir keinerlei Grundlage. Ein weiteres sehr wesentliehes Moment ftir die Erfassung der Virusausbreitung ist in der zeitliehen Abhgngigkeit der cerebralen Vergnderungen yon der Impfstelle zu suehen. Die oberhalb der Medul]a oblangata zu beobachtenden Vorggnge sind gewissermal~en die Endglieder der K e t t e in der Prozel3entwieklung bei den neuralgeimpften Tieren. Wghrend beim Allen 49, der 4 Tage nach der Impfung get6tet wurde, der parenehymale Proze6 erst die oberen Cerviealsegmente erreieht hat, sehen wir beim Affen 48, der 24 Stunden spgter get0tet wurde, die parenchymalen Vergnderungen bis zum Mittelhirn und beim Affen 44 - - einen weiteren Tag spgter im paraplegischen Stadium g e t 6 t e t - bis zur motorisehen Rinde reichen. Lehrreich ist ein Vergleieh der Prozel3ausdehnung bei i s e h i a d i c u s - u n d medianus-geimpften Tieren im monoplegisehen Stadium: die Hirnrinde ist nur bei den Medianustieren erkrankt, d. h. nur bei den Tieren, bei denen die Strecke Impfstelle-Hirnrinde ktirzer war (siehe S. 157). Wit erkennen hier die Analogie zur Prozel3entwieklung bei der herpetischen Myeloeneephalitis, bei der P e t t e dutch Serienuntersuehungen ebenfalls die versehiedenen Stadien bzw. Etappen des Prozesses erfassen konnte. Die angefiihrten Tatsaehen lassen somit wohl keinen Zweifel, d a g s i e h d a s V i r u s entlang den Nervenbahnen ausbreitet. Es erhebt sieh nunmehr die Frage, ob die Propagation des Virus - - wie friiher angenommen wurde - - in den Lymphbahnen der Nerven oder entlang der Nervenfaser, d.h. im Parenchym selbst, erfolgt. Fiir die Annahme einer Virusausbreitung auf dem Wege der Nervenfaser sprieht, dab primer stets bestimmte und zwar zum geimpften Nerven geh6rige Ganglienzellen erkranken. Mit der Annahme eines direkten Ubergreifens des Virus aus den subaraetmoidalen Masehen auf das Parenehym ist die Tatsaehe dieser elektiven Auswahl unvereinbar. Daraus geht hervor, dab nur die Annahme einer W e i t e r l e i t n n g d e s V i r u s a u f d e m W e g e der N e r v e n f a s e r den y o n uns e r h o b e n e n B e f u n d e n gereeht werden kann. Ein weiterer sehr wiehtiger Beweis ftir die Annahme der Ausbreitung des Virus auf dem Wege der Nervenfaser ist die B e v o r z u g u n g des g e k r e u z t e n Vorderhorns an d e r P r o z e B b i l d u n g n a e h i n t r a e e r e b r a l e r I m p f u n g (siehe S. 177 u. ff.).
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DJese Tatsache li~t auf eine Virusausbreitung auf dem Wege der Pyramidenbahn schliei~en. In gleichem Sinne sprechan die Beobachtungen yon F a i r b r o t h e r u. H u r s t , denen in einem gewissen Stadium naeh neuraler Impfung der biologische Nachweis des Virus im gekreuzten Thalamus und in dar gekrauzten motorischen Rinde gelang, nicht hingegen in Zentren der Impfseite, und sehlie$1ieh auch beweisen es die seltenen Fille, wo nach neuraler Impfung anatomische Verinderungen im Mittel- und Grol~hirn nur auf der gekreuzten Saite angetroffen wurden (siehe S. 157). Eine weitere Frage ist, ob und wieweit neben der Nervenfaser der L i q u o r - L y m p h s t r o m fiir die V i r u s a u s b r e i t u n g y o n B e d e u t u n g ist. Mit Auftreten der ersten Neuronophagien im V0rderhorn der einen Seite nach neuraler Impfung greift der Proze$ sehr schnall auf die andere Seite fiber, gleichzeitig aber auch auf aaudaL und oralw~rts galegene Segmente. Die Tatsache dar gleichm~f~igen diffusen Ausbreitung zuni~chst in Nachbarschaft der primir ergriffenen Zentren und anschlieSend auf entiernter gelegene Teile macht as wahrscheinlich, da$ das Virus mit den Gewebssiften (Lymphe, Liquor) weitergatragen wird. Es kommen hier offensichtlich die gleichan Grundgesetze zur Auswirkung, wie sie fiir die Ausbreitung yon Fremdsubstanzen im Gewebe auch sonst ihre Gtiltigkeit haben, eine Auswirkung, die, was das Motiv der Ausbreitung betrifft, unabhingig yon jeder Affinitit, rain mechanisch bedingt ist. Dieser Weg der Ausbreitung wi~re somit der gleiche wie bei bakteriellen Infektionen. Es bedarf keinar weiteren Erkl~trung, da$ siGh b e i d a Wege - - Weg d e r N e r v e n laser einerseits und Lymph-Liquorweg andererseits -im a l l g e m e i n e n w e i t g e h e n d i i b e r s c h n e i d e n . E i n e q u a n t i t a t i v e A b g r e n z u n g b e i d e r v o n e i n a n d e r ist in spi~teren S t a d i e n des P r o z e i t a b l a u f e s n i g h t m0glich. D. Ausdeutung des histolo~ischen Prozesses in Bezng auf die Symptomatologie der Poliomyelitis. Eina vergleichende Betrachtung zwischen klinischem und anatomischem Geschehen ist besonders wichtig deswegen, wail wir bei dar P.m. welt ausgesprochener noch als bei den anderen akut entziindlichen Erkrankungen vornehmlich der grauen Substanz anatomisch scharf unterscheiden k0nnen zwischen den Vorg~ngen am mesodermal-gli(~sen Apparat und den Vorgangen am Parenchym.
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W~hrend diese mit den gewOhnlichen klinisehen Untersuchungsmethoden leicht zu erkennen sind - - eben in Form mehr oder weniger ~usgesproehener L~hmungen --, ist die objektive klinische Erfassung jener Vorg/inge wesentlich schwieriger, ja nicht selten unmOglieh. Wir wissen ausder mensehliehen Pathologie, d~l] dem Auftreten der L~hmungen f~st regelm~Big m e n i n g e M e R e i z e r s c h e i n u n g e n vorausgehen. Die subjektiv oft auBerordentlich heftigen St6rungen finden klinisch-serologiseh ihren objektiven Ausdruek in der Pleocytose des Liquors, die, wie B e s s a u u. H g s s l e r , A y e o e k u. L u t h e r , L i e h t e n s t e i n u. a. zeigen konnten, im pr~paralytisehen Stadium niemals fehlt. Gleiehes sehen wir bei der experimentellen P.m. Aueh hier geht die Pleoeytose regelmgBig um Tage dem Auftreten der ersten L~hmungserseheinungen voraus. Sie erreicht ebenso wie in der menschliehen Pathologie mit dem Beginn der L/~hmungen im allgemeinen ihren HOhepunkt, um alsdann innerhMb ktirzester Zeit auf geringe Werte zuriiekzugehen. Die Pleoeytose des Friihstadiums, die Werte bis zu mehreren Tausend erreiehen kann, finder jedoeh, worauf bereits friiher hingewiesen wurde, nur sehr bedingt im histologisehen Substrat ein entsprechendes Korrelat. Entspreehend dem akuten Ablauf des parenehymalen Prozesses im Frtihstadium der P.m. setzen die L~hmungserseheinungen regelm/~13ig mehr oder weniger akut ein. Was an L~hmungen tiberhaupt sieh ausbildet, entsteht innerhalb yon h6ehstens 2--3 Tagen naeh Beginn der Auswanderung yon Leukoeyten ins Gewebe. Wir haben vorher bereits darauf hingewiesen (S. 184), dab I~ezidive im eigentliehen Sinne des Wortes, d. h. ein Wiederaufflaekern des anatomischen Prozesses, soweit sieh dies aus unseren Befunden sehliegen l~gt, bei der P.m. nieht vorkommen. Wenn gelegentlieh Sehwankungen hinsiehtlich der St~rke der Paresen im Verlauf des Reparationsstadiums beobaehtet werden, so ist dies nieht mehr Folge einer unmittelbaren Auswirkung des P.m. virus sondern anderer Faktoren, die zu einer Funktionsbeeintr~ehtigung leicht bzw. vortibergehend geseh~digter Ganglienzellen ffihren. Zu denken ist hier vor allem an eine Senkung der allgemeinen Leistungsf~higkeit des Organismus dutch die Sehwere der Infektion. Wit konnten dies besonders eindrueksvoll am Krankheitsverlauf des Falles Affe 80 zeigen. Nur nebenbei sei erw~hnt, dal~ aueh biologische
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Gesetzm~Bigkeiten im Ablauf der P.m. (, ,Autosterilisation") das Vorkommen yon Rezidiven in hohem MaBe unwahrseheinlieh maehen. Die im meningealen Stadium zu beobaehtenden Vorg~nge legen die Frage nahe: g i b t es e i n d u r e h d a s V i r u s d e r P.m. e r z e u g t e s K r a n k h e i t s b i l d , d a s s i e h l e d i g l i e h in F o r m e i n e r M e n i n g i t i s a u s ~ ' i r k t , d . h . das kommt und geht, ohne L~hmungen zu erzeugen bzw. zu hinterlassen? Unsere experimentellen Untersuehungen haben keinen Befund ergeben, der eine solehe Annahme, wie sie neuerdings vor allem yon E e k s t e i n verfoehten und zur Erkli~rung der in letzter Zeit gehi~tift aufgetretenen F~lle yon sogenalmter sporadiseher aseptiseher Meningitis benutzt wurde, stfitzen kOnnte. Immerhin kOnnen bei der P.m. die meningealen Erseheinungen gelegentlieh so lebhaft sein - - und solehe F~lle sehen wit zu Zeiten einer Epidemie regelmSA3ig - - , dag eine leiehte Sehw~ehe bestimmter Muskelgruppen im akuten Stadium nnd aueh sparer tibersehen wird. DaB dies aber for alle F~lle yon sogenannter sporadiseher ,,ser0ser" Meningitis der Fall sein sollte, ist in h0chstem MaBe unwahrseheinlieh. Was die Quantit/~t des Parenehymprozesses b e t r i f f t , steht nur soviel fest, dab zur Zeit des Auftretens der ersten L~hmungserseheinungen bereits ein Tell der den befMlenen Muskelgruppen zugehOrigen Ganglienzellen dureh Neuronophagie zerst0rt ist. Wie groB dieser Anteil ist, verm0gen wir auf Grund des k l i n i s e h e n Bildes jedoeh niemMs zu entseheiden. Der Krankheitsverlauf bei Affe 50, um nur einen Fall herauszugreifen, beweist, dab das Auftreten m~ssiver L~hmungen kejnen RtieksehluB auf das Ausmag des parenehymalen Prozesses erlaubt. Wit sehen hier eine weitgehende gtiekbildung der anfangs massiven L/~hmung bis auf einen Rest, dem, wie wir sp~ter histologiseh zeigen konnten, ein nur partieller Ausfall yon Ganglienzellen entsloraeh. Es liegt nahe anzunehmen, dab die Akuits des histologisehen Prozesses es ist, welehe Funktionsst0rungen weitesten Ausmages zur Fo]ge hat, es besteht mithin - - wenigstens scheinbar - - ein Klaffen zwisehen Prozel? und Funktion, die nur in einer auf die Funktion gerichteten Betrachtungsweise ihre Erklarung findet. Dabei werden wir freilich nieht auBer aeht lassen diirfen, dab infolge der schweren Infiltratbildung und mehr noeh infolge des Zellzerfalles Substanzen entstehen, welche die Funktion des noeh erhaltenen Parenehyms beeintr~ehtigen k~Snnen. Hinzu kommt weiter eine
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durch die ver•nderte Zirkulation bedingte ErnghrungsstOrung, ferner eventuelles Odem, Liquorstauung und anderes mehr, Vorg~nge, auf die yon alten Autoren bereits zur Geniige hingewiesen worden is~. Mit Abklingen des Prozesses sehwinden sehliel31ieh alle diese Noxen, so dab die nieht dem Untergang geweihten Ganglienzellen wieder funktionsttiehtig werden kOnnen. Wieviele Oanglienzellen neuronophagiert sein miissen, um kliniseh manifeste L~hmungen zu erzeugen, wissen wir nicht. Lehrreieh naeh dieser l~iehtung ist ein Vergleieh-der Fglle Affe 37, 49, 48 und 45. Diese Tiere wurden gleiehzeitig geimpft, aber in versehiedenen Zeitriumen naeh der Impfung get6tet. Wit konnten feststellen, dal3 bei Affe 37, 49 und 48, die sgmtlieh im pr/~paralytisehen Stadium zur histologisehen Untersuehung kamen, ein nieht unbetrgehtlieher Teil yon Ganglienzellen, besonders in den lumbalen Segmenten auf der Impfseite neuronophagiert, ein groger Teil der iibrigen Ganglienzellen, besonders im Fall Affe 48, geseNgdigt war. Trotzdem waren siehere Zeiehen der Lihmung bei keinem dieser Tiere nachweisbar. Auf der anderen Seite bot Affe 45 das Bild einer totalen sehlaffen L~hmung in d e r d e m geimpften Isehiadieus zugehOrigen Extremitgt. ttistologiseh war bier der gr0Bte Tell aller Vorderhornzellen in den zugehOrigen lumbosakralen Segmenten infolge Neuronophagie versehwunden. Weiter konnten wir feststellen, dab die meisten iibrigen nieht neuronophagierten Ganglienzellen, und zwar nieht nur in den zum geimpften Nerven gehorigen Segmenten, sondern weir dartiber hinaus sehwer akut geseh~digt waren. Diese Feststellung bereehtigt zu dem SchluB, dab offensiehtlieh erst ein gewisser Anteil yon Ganglienzellen dureh Neuronol0hagie zerst0rt sein mug, ehe kliniseh greifbare StOrungen (Paresen) auftreten. N i e h t alle G a n g l i e n z e l l e n des s e g m e n t a l e n Q u e r s e h n i t t e s w e r d e n i m m e r in g l e i e h e r Weise yore Prozeft erg r i f f e n . In seheinbar buntem Dureheinander wird oft nut ein Teil der Zellen neuronophagiert, ein anderer aku~ gesehidigt, nieht selten s6hen wir im gleiehen Sehnitt nebeneinander alle Grade der Seh~digung. Die Verh~ltnisse liegen hier also wesentlieh anders als bei einer akut eitrigen Entziindung, wo im allgemeinen ohne Riieksicht auf die Art des Parenehyms, d. h. seine funktionelle Wertigkeit, alle Teile in gleieher Weise gesch/~digt bzw. Verniehtet werden. Die Tatsaehe, dab lokale 3/iomente nieht ausreiehen, diese Eigenart
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des Prozesses zu erkl~ren, gibt uns ein l~echt anzunehmen, dal3 die verschiedene innere Besehaffenheit der einzelnen Zellen es i s t , die G r a d u n d A u s m a g d e r S c h ~ d i g u n g w e i t g e h e n d m it b e s t i m m t. Die Wechselwirkung zwisehen Virus auf der einen Seite und Ganglienzellen auf der anderen Seite, d. h. die Affinit~t des Virus zur Zelle (,,Pathoklise") bestimmt mithin letzten Endes das histologische Substrat und damit das klinische Bild. Sie kehrt in vergnderter Form bei jeder einzelnen Viruskrankheit wieder, insofern bestimmte Ganglienzellgruppen immer wieder entweder ausschlieglieh oder aber doeh bevorzugt vom Prozeg ergriffen werden. DaB bei der P.m. speziell der S y s t e m f a k t o r eine besondere Rolle spielt, insofern bevorzugt stets die motorisehe Vorderhornzelle erkrankt, ist hinreichend bekannt und ergibt sich auch ohne weiteres aus der Lokalisation des Prozesses. Innerhalb des motorisehen Systems kommt es wieder zu einer Auswahl bestimmter Areale yon Ganglienzellen. Bevorzugt ergriffen werden, was ebenfalls seit langem bekannt ist, die motorisehen Zellen der P~fiekenmarksansehwellungen, d . h . des Hals- und des Lendenmarkes, CaudMwgrts nimmt der ProzeB im allgemeinen ab, so dab wit, wenn beispielsweise im Lendenmark die meisten Ganglienzellen ausgefMlen sind, im Sakralmark fast stets zahlreiehe Zellelemente, wenn aueh nieht vNlig intakt, so doeh nut verh~ltnism~gig leieht gesehkdigt finden. Entspreehend sehen wir kliniseh mit einer gewissen Regelm~gigkeit die Funktion bestimmter Muskelgruppen erhalten; wit erinnern hier vet Mlem an die fast regelm~Big ungestOrte Bewegliehkeit des Sehwanzes, die wir selbst dann erhalten sahen, wenn alle vier Extremitiiten gel~thmt waren. Eine speziell bei sehweren Fallen, und zwar sehon bei Einsetzen der ersten Li~hmungserseheinungen, gelegentlieh zu beobaehtende a l l g e m e i n e U n s i e h e r h e i t , die nieht selten, wie wit im Tierexperiment sahen, mit einer w a e k e l t r e m o r a r t i g e n U n r u h e des ganzen K6rpers einhergeht, erkl~trt sieh hSehstwahrseheinlieh aus einem M i t b e f a l l e n s e i n y o n Z e n t r e n d e r G l e i e h g e w i e h t s o r g a n e , bier sind in erster Linie zu nennen die zentralen Kerne des Kleinhirns, die Vestibulariskerne, ferner - - wenn aueh weniger - - die Elemente der C l a r k e s e h e n Ss DaB oralw~rts der eervieMen Segmente die Parenehymsehiidigung immer geringer wird, 1/~Bt darauf sehliegen, daB die Affinitkt des Virus zu diesen Zentren nut noeh eine sehr bedingte ist. Bei
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selbst schwerster entziindlieher Reaktion im Bereich der Medulla oblongata und des Pons sehen wir, wenn iiberhaupt, immer nur vereinzelte Ganglienzellen der Hirnnervenkerne neuronophagiert. Wenn im Fall Affe 23 entgegen allen unseren sonstigen Beobachtungen eine gr66ere Anzahl yon Ganglienzellen des N. VII anf der linken 8eite zerstSrt war, so hat das seinen Grund darin, dal~ in diesem Falle der N. facialis Ort der Impfung gewesen war. Die Feststellung einer weitgehenden parenehymalen Versehonung in zentraler gelegenen Abschnitten ist ffir klinische Probleme insofern bedeutsam, als sie lehrt, da6 wir im T i e r e x p e r i m e n t k e i n e G r u n d l a g e h a b e n , die b e w e i s e n k O n n t e . dab auf d e m B o d e n e i n e r I n f e k t i o n m i t P.m. v i r u s K r a n k heitsbilder entstehen, deren nosologische Selbst~ndigk e i t b i s h e r als g e s i c h e r t g a l t , d.h. als n i c h t p o l i o m y e l i t i s c h e n U r s p r u n g s a n g e s e h e n w u r d e . Aus/~hnlichen Griinden ist es unwahrscheinlich, da6 das P.m. virus eine echte N e u r i t i s bzw. P o l y n e u r i t i s erzeugen kann. (Die Grtinde hierffir ergeben sich aus den Darlegungen auf S. 199--200, 214--215, 220.) Entgegen M a r i n e s c o und dessen Mitarbeitern sowie S e i f r i e d und S p a t z miissen wir ferner darauf hinweisen, dal3 die e x p e r i m e n t e l l e r h o b e n ~ n Befunde keine Sttitze geben k 0 n n e n fiir die A n n a h m e , daI3 die P.m. m e s e n e e p h a l e K r a n k h e i t s b i l d e r , s p e z i e l l das Bild des P a r k i n s o n i s m u s zu e r z e u g e n i m s t a n d e ist. Wir vermissen bei der P.m. einen ausgedehnteren Zerfall yon Ganglienzellen innerhalb der Substantia nigra v611ig, selbst dann, wenn die mesodermal-gliogene Reaktion sehr intensiv ist (siehe S. 234--235). Das histologische Bild ist ein prinzipiell anderes als bei der epidemischen Encephalitis. DaB die e l e k t i v e B e t e i l i g u n g d e r m o t o r i s c h e n 1%in~ f e l d e r am P a r e n c h y m p r o z e f ] k l i n i s c h o h n e A u s w i r k u n g bleibt, hat unseres Erachtens seinen Grund darin, dab der Untergang yon Ganglienzellen quantitativ zu gering ist, um klinisch nachweisbare Symptome zu erzeugen. Damit entf~llt auch die Voraussetzung der yon S t r i i m p e l l und P. M a r i e inaugurierten These, dab das P.m.-virus ein Krankheitsbild nach Art der kindlichen Encephalitis erzeugen k0nne. Weiter aber auch verlieren alle jene Hypothesen ihren Boden, die im P.m.-virus das auslOsende Agens anderer Formen myelitischer und speziell encephalifischer Erkrankungen sehen.
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Maggebend ffir alle vergleichenden Untersuehungen bleibt die Forderung, dab die m e s o d e r m a l - g l i o g e n e t { e a k t i o n s c h a r f zu t r e n n e n i s t y o n d e n V o r g & n g e n a m P a r e n c h y m . Diese und nnr diese bestimmen das Wesen der P.m.
Zusammenfassung. In vorliegender Arbeit wird fiber Ergebnisse tierexperimenteller Poliomyelitisstudien berichtet, die insbesondere zur Aufga~be hatten, die Pathogenese des poliomyelitisehen Prozesses zu erfassen. Geimpft wurde mit versehiedenen Virussti~mmen intracerebral, intraneural, nasal, gastrointestinal und intraven0s. Die I n k u b a t i o n s z e i t erwies sieh abh~ngig yon der Art der Impfung, insofern Sehleimhautimpfungen eine li~ngere Inkubation h~tten als neurale und cerebrale Impfungen. Nasale und gastrointestinale Impfungen hatten nur dann Erfolg, wenn die Schleimhaut vorher meehanisch oder ehemisch geschi~digt worden war. Die T e m p e r a t u r k u r v e zeigte gewisse Gesetzm~gigkeiten in ihrem Verlauf. Fortlaufende B l u t u n t e r s u e h u n g e n ergaben ein starkes Schwanken der Leukoeytenwerte, was in der H a u p t s a c h e auf St0rungen in der Blutverteilung bezogen wird. Die L i q u o r k o n t r o l l e zeigt sehon im pr~paralytisehen Stadium eine erhebliehe Pleocytose, dabei eine nur verhMtnism~Big geringe Vermehrung des EiweiBgeh~ltes mit entsprechenden Ausf~llen der M~stixreaktion. Die Pleocytose geht nicht p~r~llel mit der Schwere der histologisch n~chweisbaren Meningitis. Nach i n t r a n e u r ~ l e r I m p f u n g treten die ersten histologischen Ver~nderungen in den dem geimpften Nerven zugehorigen Spinalgang}ien ~uf. Sie bestehen in Lymphoeyte~finfiltraten und Amphieytenvermehrung. Die geringgradigen Ganglienzellveranderungen sind wahrseheinlich in erster Linie Folge der bei der Impfung gesetzten Sehadigung der Nervenfasern, weit weniger der Infektion. Das naehste Stadium des Krankheitsprozesses ist gekennzeiehnet dureh Leukocytenausstreuung ins Nervenparenehym und dutch leukoeytare Neuronophagien im gleiehseitigen Vorderhorn der zum geimpften Nerven geh0rigen Segmente. Von hier aus greift der ProzeB auf die ~ndere Seite sowie auf die benaehbarren Segmente tiber. Die weitere Ausbreitung erfolgt diskontinuierlich.
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Bereits im pr~paralytischen Stadium sind in den prim~tr befallenen l~iiekenmarkssegmenten Ganglienzellver~t, nderungen naehweisbar (Neuronophagien). Der Prozel3 kann in diesem Stadium sehon weir oral gelegene Areale erreiehen. Eine Ubertragung der P.m. gelingt bereits mit im pr~paralytisehen Stadium gewonnenen Material, jedoeh nut mit denjenigen Segmenten, in denen es zu Neuronophagien gekommen ist. Die histologisehen Ver~nderungen bilden sieh naeh Erreiehen der Infektionssehwelle innerhalb kfirzester Zeit aus. Die ersten L~hmungserseheinungen treten in der geimpften Extremit~t auf; yon dieser geht die L~hmung auf die gekreuzte Extremit&t fiber, um sehlieglieh aueh das andere Extremit~tenpaar zu ergreifen. Dementspreehend k0nnen wJr im klinisehen Verlauf naeh neuraler impfung ein monoplegisehes, ein paraplegisehes und ein tetraplegisehes Stadium unterseheiden. Die Prozel]entwicklung yon einem prim~ren Rfiekenmarksherd bus bleibt aueh in sp~teren Stadien erkennbar, und zwar daran, dal3 die ~ltesten und sehwersten Ver~nderungen in den zum gei m p f t e n Nerven geh0renden Segmenten zu linden sind. Hier kann eine Halbseitenbetonung des Prozesses his in das tetraplegisehe Stadium hinein naehweisbar bleiben. Die Gesetzm&gigkeiten der ProzeBausbreitung nach neuraler impfung lassen sieh nur dureh die Annahme der Viruswanderung auf dem Nervenwege erkl~ren. Naeh i n t r a e e r e b r a l e r I m p f u n g linden sieh bereits im prgpara.lytisehen Stadium Ver~nderungen - - aueh leukoeyt~re Neuronophagien - - bis zum Lendenmark abw/~rts. Bei diesem Impfmodus lassen sieh zwei Verlaufsarten der P.m. unterscheiden. 1. Die Poliomyelitis aeutissima ( R 0 m e r ) , die zum Tode ftihrt, bevor es im Rtiekenmark zu ausgedehnteren Ver~nderungen gekommen ist und 2. eine spinale ~'orm, welehe mit einer L~hmung der Itinterbeine - - eventuell des gekreuzten ttinterbeines - - beginnt und auf diese besehr&nkt bleiben karm. Die Oblongataform der P.m. (Polioeneephalitis inf. W i e k m a n ) l~l~t sieh ~ueh im Tierexperiment beobaehten. Nieht selten k o m m t es n~eh intraeerebraler Impfung zu einer I-Ialbseitenbetonung des Prozesses, insofern das Rtickenmarksvorderhorn auf der zur Impfstelle gekreuzten Seite sehwerer erkrankt als auf der Seite der Impfung. Die kliniseh und histologiseh
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feststellbare Bevorzugung des gekreuzten Vorderhorns setzt einen Verbreitungsweg des Virus voraus, der die Mittellinie iiberschreitet. Als solcher kommt nur die Nervenbahn in Frage. Die Struktur und die Verteilung des histologischen Prozesses ira voll ausgebildeten Stadium der P.m. sind unabhgngig yore Impfmodus. Eine Ausnahme bildet nur die h ~ m a t o g e n e I n f e k t i o n insofern, als 1. die mesodermale Reaktion ausgesprochener ist, 2. die weil~e Substanz des giiekenmarkes sieh sti~rker am mesodermaLgli0sen Prozeg beteiligt und 3. gewisse Zentren, die sonst versehont bleiben, erkranken k0nnen. Bei dieser Art der Infektion seheint eine Seh~digung der Gef~gwandung die Vorbedingung ftir die Mogliehkeit des Viruseintrittes ins Nervensystem zu sein. Die m e n i n g e a l e I ~ e a k t i o n geht im pr~paralytischen Stadium dem Auftreten der Ver~nderungen innerha]b der Nervensubstanz voraus. Sit ist yon parenehymalen Vorg~ngen im wesentlichen unabh~ngig. Die infiltrierenden Elemente der l~iickenmarkspia sind in diesem Stadium tiberwiegend polymorphkernige Leukoeyten, zur Zeit des Auftretens der L~hmung abet bereits fiberwiegend Lymphoeyten. Meningeale Infiltrate lymphoeyt~rer Natur bestehen bis welt ins Reparationsstadium hinein; ihr Vorkommen ist topographiseh unabhs yore AbbauprozeB. Die i n t r a p u r e n c h y m a l e m e s o d e r m a l e R e a k t i o n beginnt mit einer Leukoeytenausstreuung im Vorderhorn. Ihr folgt eine leukoeytgre Einseheidung der Gef~Be. Das leukoeyt&re Stadium des Prozesses ws nut kurze Zeit, zu Beginn des tetraplegischen Stadiums sind die Leukoeyten in der gegel bereits aus dem Zentralorgan verschwunden. Plasmazellen treten frfihzeitig auf. Ein Tell der intraparenehymalen Gef~Binfiltrate ist Fortsetzung der meningealen Infiltration; ein anderer, und zwar grSBerer Teil steht in direkter Beziehung zu dem ParenehymprozeB. Zu G l i a v e r & n d e r u n g e n kommt es erst naeh Ausbildung des leukocyt&ren Stadiums. An der gli0sen Reaktion beteiligen sieh im FrShst~dium in erster Linie Mikrogli~elemente. Ein Tell der gewucherten Gliaelemente f~llt wahrseheinlieh der Nekrose anheim~ ein anderer Teil - - tiberwiegend Mikrogli~zellen - - steht im Dienste des Abbaues. Die Gliawueherung kann mit dem P~renehymzerfall nieht immer Sehritt halten, was auf eine Mitsehi~digung des glissen Apparates zuriiekgefiihrt werden mull
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Das Nacheinander des leukocyt~ren und gli6sen Stadiums sowie die Kt~rnchenzellbildung erm0glichen die A 1t e r s b e s t i m m u n g d e s P r o z e s s e s . Dg sich die einzelnen Stadien in den verschiedenen H0hen des Zentralorgans abh~ngig yon der Entfernung vom prim/~ren Erkrankungsort entwickeln, erlaubt das feinhistologische Bild Rtickschliisse auf den Ausgangspunkt des Prozesses. Die Parenehyml/~sion im Vorderhorn bleibt im wesentlichen auf die Ganglienzellen beschr/inkt, die sie umgebenden Nervenfasern werden nicht yore Virus ergriffen; nur die aug den nekrotischen Vorderhornzellen entspringenden Nervenfasern fallen einer sekund/~ren Degeneration anheim. Die Parenehymelemente der weif3en Substanz bleiben verschont. Der poliomyelitische Prozeft hat in den verschiedenen H0hen des Zentralorgans seine P r / ~ d i l e k t i o n s s t e l l e n . Im Rtiekenmark besteht eine Q u e r s c h n i t t s - u n d e i n e l ~ h e n e l e k t i v i t / ~ t : Im Querschnitt wird das Vorderhorn ergriffen, und zwar in erster Linie die grol3en motorischen Ganglienzellen, yon den verschiedenen H0hen bevorzugt das Lendenmark. Im Hirnstamm besteht keine Elektivit/~t fiir die Hirnnervenkerne. Auch besteht kein Unterschied im Verhalten sensibler und motoriseher Kerngebiete. Im mesodiencephalen ~3bergang sind Zona incerta und 1Nucleus eampi Foreli Hauptsitz des Prozesses, nieht dagegen die Substantia nigra. In der Hirnrinde 1/~$t sich eine areale und eine Schiehtauswahl feststellen, die Pyramidensehichten der motorisehen Region erkranken bevorzugt. Zwisehen parenehymalem Prozel~ u n d m e s o d e r m a l g l i o s e r R e a k t i o n besteht insofern eine D i s s o z i a t i o n , als letztere sieh auf grOl3ere Teile des Zentralnervensystems ausdehnt als die Parenchymerkrankung. Die strenge Lokalisation auf gewisse Parenchymabschnitte erm0glieht eine Unterseheidung yon den anderen akut entztindlichen Erkrankungen vornehmlich der grauen Substanz (epidemische Encephalitis, Lyssa, B o r n a s c h e Krankheit). Fiir die P r o z e l 3 a u s b r e i t u n g bei der P.m. sind zwei Momente weitgehend entscheidend: a) die Affinit~t des Virus zu bestimmten Teilen des Zentralnervensystems und b) der Zeitfaktor insofern als sieh das Virus nur dann in den Prgdilektionsstellen auswirkt, wenn ibm geniigend Zeit gegeben ist, sie zu erreichen. Die Lokalisation der anatomischen Ver/~nderungen, insbesondere im Hirn-
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stature ergibt keinen Anhalt ftir die Annahme, dag dem Liquor fiir die Eigenart der Prozelgausbreitung ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Das Tierexperiment bietet keinen Anhaltslounkt fiir die Auffassung, dab das P.m.-virus sieh in Form einer i s o l i e r t e n Meningitis, einer Neuritis oder einer,, eerebralen Kinderli~hmung" auswirken kann. Ferner gibt das Tierexperiment auch keine Stfitze fiir die Aufiassung, daft die P.m. das Bild eines Parkinsonismus zu erzeugen imstande ist. SchlieBlich sehen wir in unseren tierexperimentellen Beobaehtungen keine Grundlage fiir die Annahme des Vorkommens echter l%ezidive, d.h. eines Wiederaufflackerns des ~natomischen Prozesses.
Literatur. Bezfiglich des L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s s e s verweisen wir auf die zusammenfassenden Darstellungen yon: M f i l l e r , Ed. in: v. B e r g m a n n u. S t a e h e l i n , Handbuch der inneren Medizin 1, 1. Julius Springer, L a n d s t e i n e r in: Kolle-Kraus-Uhlenhu~h, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen 8, i. Jena, Berlin, Wien: Fischer und U r b a n & Schwarzenberg 1930, sowie S e i f r i e d u. S p a t z : Z, Neur. 124 (1930). AuBerdem wurden beriicksiehtigt: A n d r 6 - T h o m a s u. L h e r m i t t e : Rev. Neur. 36, 1242 (1929). -- D e m m e : Dtsch. Z. Nervenheilk. 116, 156 (1930). -E e k s t e i n : Klin. Wsehr. 1931, 22. -- Z. Kinderheilk. 50, 564 (1931). -- E e k stein, IIottinger u. Sehleul~ing, Z. klin. ivied. 118, 98 (!931). -- Fairb r o f h e r u. H u r s t : J. of Path. 33, 17 (1930). -- Hgssler: ~schr. Kinderheilk. 42, 202 (1928). -- H a r m o n , Shaugnessy u. G o r d o n : J. prevent. IVied. 1931, 5 . - - l-Iurst: J. of Path. 32, 457 (1929) u. 33, 1133 (1930). -- liramer,
H e n d r i e u. A y e o c k : J. of exper. Med. 51, 933 (1930). - - P e t t e : Dtsch. Z. Nervenheilk. 110, 221 (1929); 116, 163 (1930); 124, 43 ( 1 9 3 2 ) . - l%ol~rueker: Mfinch. reed. Wschr. 1932, 905. - - de l % u d d e r : Ebenda 1932, 901. - - S e i f r i e d in: L u b a r s e h - O s t e r t a g , Erg. 1931. - - S p i e l m e y e r : Z. I-Iyg. 113, 170 (1931). - - T a y l o r : J. of exper. Med. 29, 97 (1919). - - W a r b u r g : Arch. of :Neur. 25, 1191 (1931). Naehtrag bei der Korrektur. Soeben ersehien ein vom ,,Internationa]en Comit6 zur Erforschung der Kinderl~hmung" herausgegebenes Sammelwerk ,,Poliomyelitis". Baltimore, The Williams u. Wilkins Comp. 1932. Aueh auf das reichhaltige Literaturverzeichnis dieses Werkes sei verwiesen.