Z. Zellforsch. 108, 46--58 (1970) 9 by Springer-Verlag 1970
Zum Feinbau der Ommatidien von Pteronemobius heydeni (Fisch.) (Orthoptera, Gryllidae) EKKEHARD WACHMANN * I. Zoologisches Institut der Freien Universit~t Berlin Eingegangen am 14. April 1970 T h e F i n e S t r u c t u r e of t h e O m m a t i d i a of Pteronemobius heydeni (Fisch.) (Orthoptera, Gryllidae) Summary. The ommatidia of the gryllid Pteronemobius have been examined electron microscopically. The dioptric apparatus consists of a cuticular lens on which numeral nipples insert and of the crystalline cone with its cells bearing mitochondria even in the adult. These four cells form altogether eight proximally directed processes, four lateral and four central ones. The lateral processes - - as in other insects - - extend from between the retinula cells to the basal membrane at which they terminate. In its proximal enlarged region they get into contact with each other. Besides those microtubuli typical for the total process they contain pigment and fine granules similar to those of the cone. The four remaining processes centrally situated form the thin pointed appendix of the cone basis being enveloped by the rhabdom and ending after about 6 ~tm. Seven or eight retinula cells form a rhabdom of the closed type. Primarily there are four of these cells enclosing the cone, however, farther proximally they are joined by three more cells. Thus, the two primary pigment cells are forced away towards the periphery. The secondary pigment cells do not constitute a closed cylinder around the retinula cells. Key-Words: Compound eyes - - Insecta - - Pteronemobius heydeni - - Fine structure.
Zusammen]assun9. Die Ommatidien der Sumpfgrille Pteronemobius wurden elektronenmikroskopisch untersucht. Der dioptrische Apparat besteht aus der cuticularen Linse, auf der zahlreiche Cornea-Nippel stehen, sowie dem Kristallkegel mit seinen Zellen, die auch noch beim adulten Tier Mitochondrien besitzen. Diese vier Zellen bilden insgesamt acht nach basal gerichtete Forts~tze, vier laterale und vier zentrale. Die lateralen, die auch bei anderen Insekten vorkommen, ziehen zwischen den Retinulazellen bis zur Basalmembran, an der sie enden. In ihrem proximalen, erweiterten Bereich nehmen die Forts~tze Kontakt miteinander auf. Hier enthalten sie auller den fiir den gesamten Verlauf typischen Mikrotubuli Pigment und feine Granula, die denen des Kegels gleichen. Die vier anderen, zentral gelegenen Forts~tze bitden gemeinsam den diinnen Spitzenauslgufer der Kegelbasis. Er wird vom Rhabdom umhiillt und endet naeh etwa 6 ~m. Sieben oder acht Retinulazellen bilden ein Rhabdom vom geschlossenen Typ. Zungchst umfassen vier dieser Zellen den Kegel, doeh treten noch vor seinem basalen Ende drei weitere hinzu. Die beiden primgren Pigmentzellen werden dabei peripherwErts abgedr/~ngt. Die sekund~ren Pigmentzellen bilden keinen geschlossenen Zylinder um die Retinulazellen.
E s g i b t eine R e i h e e l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h e r A r b e i t e n fiber I n s e k t e n a u g e n , die sich a l l e i n o d e r f i b e r w i e g e n d mat d e n R e t i n u l a z e l l e n u n d d e r e n R h a b d o m e r e n beseh~ftigen (Fern~ndez-Mors 1958 ; W o l k e n u n d G u p t a , 1961 ; G o l d s m i t h , 1962 ; K a b u t a e t al., 1968; N i n o m i y a e t al., 1969; S c h n e i d e r u n d L a n g e r , 1969; P e r r e l e t u n d B a u m a n n , 1969 ; u . a . ) . * Frl. A. Hennig bin ich fiir ihre technische Mitarbeit zu grol~em Dank verpflichtet.
Ommatidien von Pteronemobius heydeni
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Weniger zahlreich hingegen ist die Literatur, in welcher der Gesamtbau der Ommatidien yon Insekten abgehandelt wird. Hier sind vor allem die Arbeiten yon Brandenburg (1960) fiber Lepisma, Trujillo-Cen6z und Melamed (1966) fiber Lucilia und Sarcophaga, HoiTidge (1966, 1969) fiber Locusta und Dytiscus, Varela und Porter (1969) fiber Apis, sowie Butler et al. (1970) fiber Attagenus zu nennen. Perry (1968) untersuehte die Entwicklung der Ommatidien yon Drosophila. In einer ersten Mitteilung haben wir charakteristische Strukturen in den Retinutazellen der Grille Pteronemobius untersucht (Wachmann, 1969). Dabei zeigte es sieh, dab neben vielen multivesikul~ren, multilamelli~ren und anderen K6rpern, die alle aueh bei anderen untersuehten Insektenarten vorkommen, als Besonderheit groBe membranlose Grana auftreten. Diese werden yon den GolgiApparaten und dem ER gebildet. Die Grana stehen mit den multivesikulhren K6rpern, deren Zahl bei Libinia vom Lieht abhgngt (Eguchi und Waterman, 1967), in Beziehung. Kabuta et al. (1968) konnten aufgrund ihrer Untersuchungen an verschiedenen Krebsarten, sowie je einer Orthopteren- und Dipterenart die Ergebnisse Eguchis und Watermans nicht best~tigen. Doch weisen die Beobachtungen Burtons und Stockhammers (1969) wiederum auf eine Abhgngigkeit der MVK vom Licht hin. Da noeh keine genauen Kenntnisse fiber die Funktion aller dieser Einsehlul~k6rper vorliegen, erscheint es ratsam, vor weiteren Untersuchungen und Experimenten zun~chst einmal den Feinbau der Ommatidien von Pteronemobius zu klgren. Material und Methode Die Fixierung der helladaptierten Augen yon Pteronemobius heydeni und ihre weitere Behandlung erfolgte in der bereits beschriebenen Weise (Wachmann, 1969). Probehalber mit Glut~raldehyd vorfixierte Objekte brachten keine gfinstigen l~esultate. So land im weiteren nur gepufferte Osmiumsgure Verwendung, obwohl Kabuta et al. (1968) auf die Problematik dieser alleinigen Fixierung hinwiesen.
Befunde
1. Die Cornea. Die Dicke der bikonvexen Corneafazette ausgewachsener Tiere betr~gt in ihrer Mitre 6 ~zm, an ihrem Rande jedooh nut noch etwas fiber 3,5 tzm. Ihre Oberfl~che ist nicht mehr oder weniger glatt, wie z .B. bei den Feldheuschrecken, sondern dicht yon 0,3 ~m hohen Cornea-Nippeln besetzt (Abb. 1 a), die Bernhard und Miller (1962) zuerst bei Sehmetterlingen beschrieben haben. Nach Bernhard et al. (1970) sollen Nippel dieser GrSBe nur bei den anagenetisch hSchsten Ordnungen, den Triehopteren und Lepidopteren, vorkommen. Aufgrund ihres Vorhandenseins bei Pteronemobius kann diese Annahme tier Autoren nicht be~ stiitigt werden. Porenkangle kommen nur im Bereich zwisehen den einzelnen Fazetten vor. Sie erseheinen weniger gut ausgeprggt als bei einigen zum Vergleich mituntersuchten Acrididen. 2. Die Semperschen oder Kristallkegelzellen. Die yon vier Zellen gebfldeten, sehr fein und dieht granulierten Kristallkeget (Abb. 1 b) haben im mittleren Augenbereich eine L/inge yon etwa 50 ~m (einsehlieBlich der auf L/ingsschnitten nur selten getroffenen zentralen Kegelfortsgtze, die yon den Rhabdomeren umhfillt werden; s. S. 51). An seiner breitesten Stelle miBt der Kristallkegel etwa 25 ~m.
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E. Wachmann:
Abb. 1. a Corneanippel; b Kristallkegelzellen quer, distal von Abb. 9; c Kristallkegel l~ngs; d Plasmasaum des Kegelrandes mit Mitochondrien. C Cilium, CO Cornea, K K Kristallkegel, M Mitochondrien, P P Z Primate Pigmentzelle, S Plasmasaum, S P Z Sekund~re Pigmentzelle. a ~ I5600 • b ~ 3360 • c ~ 3520 • d ~ 10800 • Die zugeh6rigen K e r n e liegen dem Kegel distal dicht k a p p e n a r t i g auf u n d folgen ibm, zur Seite hin abw~rts gekrfimmt, bis auf 1/5 seiner Gesamtlgnge. E i n schmaler plasmatischer S a u m zieht seitlich a m Kegel nach basal (Abb. 1 c).
0 m m a t i d i e n yon Pteronemobius heydeni
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Abb. 2. Kristallkegel- und Retinulabereich l~ngs. L F Lateraler Fortsatz mit Mikrotubuli; M V Mikrovilli, P Pigment, RZ Retinulazelle. 16200 x
Iqur aloft, wo die Rhabdomeren der Retinulazellen an die Semperschen Zellen herantreten, ist kein Plasmasaum zu sehen. Hier ist - - abgesehen yon den Zellmembranen - - ein unmittelbarer K o n t a k t zwisehen den Mikrovilli und den Kristallkegel- Granula gegeben. Der Plasmasaum vertieft sich an den Seiten an mehreren Stellen muldenartig auf Kosten der Granula. I n diesen Mulden liegen sowohl bei Larven als aueh bei Imagines Mitochondrien, die in unserem Material gelegentlich schleeht erhalten sind (Abb. 1 e, d). Aueh in der Umgebung der Kerne liegen Mitoehondrien. I h r Vorkommen steht im Gegensatz zu den Befunden bei Gelastocoris (Burton und Stoekhammer, 1969). Bei Drosophila verschwinden sie im Laufe der Augendifferenzierung w/~hrend der Puppenphase (Waddington und Perry, 1960). Die Sempersehen Zellen tier mituntersuehten Gryllus bimaculatus und tier Staublaus Troctes spec. (Corrodentia) haben wohlausgebildete Mitoehondrien. Neben diesen Organellen finder m a n bei Pteronemobius noeh granul/~res E R und einzelne Vesikel. Vor dem proximalen Kegelende verbreitert sieh der besehriebene Plasmasaum an bestimmten Stellen. Diese bilden den Ausgangspunkt fiir vier Forts~tze (Abb. 2, 3), die zwischen den Retinulazellen des betreffenden Ommatidiums bis zur Basalmembran ziehen (vgl. Waddington und Perry, 1963; Goldsmith, 1962; Burton und Stoekhammer, 1969; Varela und Porter, 1969). Zur Unterseheidung yon den unten beschriebenen zentralen Forts/itzen bezeichnen wit diese als laterale. I n diesen lateralen Forts/itzen finder man bei Pteronemobius bis zu 30 Mikrotubuli. Hin und wieder liegen zwei Forts/~tze unmittelbar nebeneinander. Ob sie 4 Z. Zellforsch.,Bd. 108
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E. Wachmann:
Abb. 3. Rhabdom mit 7 Retinulazellen. Pfeile weisen auf die 4 lateralen Kegelfortsgtze; MVK Multivesikul~rer K6rper. 12000x
aus einem einzigen durch Verzweigung hervorgegangen sind oder bereits am Kegel getrennt auftreten, 1/~Bt sich einstweilen nicht entscheiden. Gew5hnlieh liegen die vier Fortsatze etwa in der Mitte zwisehen den Rhabdomeren und dem /~uSeren Rand der Retinulazellen (Abb. 3). Bei Apis befinden sie sich unmittelbar hinter den Desmosomen (Varela und Porter, 1969). Der gleiche Fall liegt bei Gerris lacustris vor (Schneider und Langer, 1969). Ganz anders ist es jedoch bei Gelastocoris (Burton und Stockhammer, 1969). Gemeinsam ist beiden Wanzenarten das Vorhandensein yon sechs Forts/~tzen. I m proximalen Tell des Grfllenauges - - vor Erreiehen der Basalmembran - verbreitern sich die Forts/~tze auff/~llig (Abb. 4a, b, 5). Zu den Mikrotubuli kommen nun noch Mitoehondrien und Pigmentgrana. Diese Grana haben die gleiehe GrSfle wie die der Retinulazellen. Besonders auff/fllig sind sehr fein granulierte Bereiche in den erweiterten Endabsehnitten (Abb. 4b, 5). Die GrSBe dieser KSrnthen entspricht denen des Kristallkegels. Da sie in anderen Zellen des Auges nicht vorkommen, spricht allein schon ihr Auftreten fiir ihre Zugeh6rigkeit zu den Semperschen Zellen. Zumindest drei der vier Forts/~tze stol3en kurz vor der Basal-
Ommatidien von Pteronemobiu8 heydeni
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Abb. 4. a proximaler Bereich randst~ndiger Ommatidien l~ngs; b 3 der 4 lateralen Forts~tze berfihren sich im Z e n t r u m ; Retinulazellen an der Peripherie. B M Basalmembran, D Desmosom,
G Granula. a = 5600 x , b = 12000 x
m e m b r a n a n e i n a n d e r u n d dr/~ngen so die R e t i n u l a z e l l e n bzw. d e r e n A x o n e ause i n a n d e r (Abb. 4). Zwisehen d e n l a t e r a l e n Forts/~tzen v e r j i i n g e n sieh die S e m p e r s e h e n Zellen s t a r k . Sie ziehen in F o r m y o n sehmalen, a n e i n a n d e r l i e g e n d e n Ausl/~ufem - - zent r a l e Forts/~tze g e n a n n t - - fiber eine S t r e e k e v o n 5 - - 6 ~ m in der M i t t e zwisehen d e n R h a b d o m e r e n d e r R e t i n u l a z e l l e n parallel zur L/ingsaehse basalw/irts (Abb. 6). Das yon Ferns163 (1958) bei d e n O r t h o p t e r e n Dissosteira u n d Schistocerca beschriebene granul/ire M a t e r i a l zwischen d e n R h a b d o m e r e n ist also n i c h t s a n d e r e s als d e r I n h a l t d e r z e n t r a l e n F o r t s i i t z e des Kegels. D i s t a l stoBen die vier K r i s t a l l k e g e l z e l l e n in einem s c h m a l e n Bereieh a n die Cornea (Abb. 1 c). Sie s i n d m i t e i n a n d e r v e r z a h n t u n d b i l d e n s e p t i e r t e Desmos o m e n aus. Die kleine Berfihrungsfl/~che m i t der Cuticula d e u t e t d a r a u f hin, d a b die b e i d e n m/iehtigen prim/iren P i g m e n t z e l l e n die H a u p t r o l l e bei d e r B i l d u n g d e r Cornea spielen. 4*
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E. W a c h m a n n :
Abb. 5. R h a b d o m mit 3 Retinulazellen (leicht schr~g geschnitten). L V Lipid-Vakuole. 12000 •
Abb. 6. Zentrum des Kristallkegels 1Engs. Z F einer der zentralen 4 Forts~tze, V Vakuole. 16200• Einsatz: Querschnitt durch den angegebenen Bereich (Pfeil); Markierungsspitzen weisen auf die 3 hier noch schmalen Retinulazellen. 4800 x
Ommatidien von Pteronemobiusheydeni
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Abb. 7a u. b. l~ichtung der Mikrovilli zweier Rhabdome von je 8 Sehzellen. a Mikrovilli yon je 2 Zellen parallel ausgerichtet; b 2 Rhabdomere nehmen Sonderstellung ein (vgl. Abb. 3 mi~ 7 Sinneszellen)
3. Die RetinulazeUen. Die Retinulazellen von Pteronemobius umfassen den Kristallkegel in seinem basalen Bereich (Abb. 2, 6). Der Kegel senkt sich somit ins Rhabdom ein. Auf serienm~Bigen Querschnitten erscheinen als erste die Rhabdomeren von vier Retinulazellen, die einander so gegenfiberliegen, dal~ ihre mittleren Mikrovilli auf die Zellgrenzen zwischen zwei benachbarten Zellen des Kristallkegels weisen. Auf welter proximal gelegenen Schnitten durch den Kegelbereich finder man drei weitere, zun~chst sehr schmale Retinulazellen, die sich zwischen die vorhandenen schieben, sodaB noch vor Verschwinden des Kegels weiter basal insgesamt sieben Sinneszellen vorhanden sind (Abb. 6, Einsatz). Die l~ngsten Mikrovilli messen distal etwa 0,6 ~m, welter proximal dagegen bis zu 1,4 ~m; ihr Durchmesser liegt um 500 •. Bis auf eine Zelle haben alle anderen ihre Mikrovilli paarweise parallel zueinander ausgerichtet (Abb. 3), wie das auch yon anderen Insekten bekannt ist. Diese Parallelit~t ist bei einander gegenfiberliegenden Rhabdomeren selten genau. Sind hingegen acht Retinulazellen ausgebildet - - die achte tritt, wenn fiberhaupt, erst im basalen Drittel der Ommatidien auf - - dann gibt es zwei MSglichkeiten der Ausrichtung der Mikrovilli, wie aus Abb. 7 hervorgeht. I m basalen Teil der Ommatidien f~llt auf, dal~ noch vor Beginn der pigmenthaltigen Erweiterungen der lateralen Kegelfortss zwei Retinulazellen sich vom Rhabdom zurfickziehen und als Axone erscheinen. Es handelt sich dabei um nebeneinanderliegende Zellen. Abb. 5 zeigt das Rhabdom vor seinem vSlligen Verschwinden oberhalb der Basalmembran. Nur noch drei Retinulazellen haben Mikrovilli, vier oder ffinf Axone sind an die Peripherie abgedr~ngt. Wenn die Zahl der Axone vollst~ndig ist, treten noch welter proximal, wie beschrieben, zumindest drei der vier Kegelforts~tze zusammen (Abb. 4b) und bilden einen zentralen Strang, um den herum die Axone liegen (s. auch Waddington, 1962, Drosophila). Da nun die sieben oder acht Axone gemeinsam als Bfindel durch die Basalmembran hindurchtreten, mug sich ihr geschlossener Ring um die im Zentrum befindlichen Kegelforts~tze an einer Stelle 6ffnen, damit sie sich von letzteren abtrennen k6nnen. Hierfiber liegen noch keine genaueren Untersuchungen vor. Die Kerne der Retinulazellen sind in gleicher Weise in Gruppen angeordnet, wie es JSrschke (1914) fiir Gryllus (Acheta) domesticus und GryUotalpa angibt. Die Kerne der vier am weitesten nach distal ziehenden Zellen liegen im Bereich
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E. Wachmann:
der zentralen, im I~habdom gelegenen Kegelforts~tze. Sie sind nur wenig gegeneinander versetzt; bis zu drei yon ihnen kann man auf einem Querschnitt finden. Die Kerne der Zellen 5--7 liegen etwa in der mittleren Region. Der Kern der achten Zelle liegt (wenn sie vorhanden ist) entsprechend ihrer geringen L&nge nahe der Basalmembran. l~ber die MSglichkeit, verschiedene Zellstrukturen (Golgi-Apparate, multivesikul~re KSrper, Pigment, Vakuolen, u.a.) bestimmten Zonen in den Retinulazellen zuordnen zu kSnnen, wurde bereits berichtet (Wachmann, 1969). Erg~nzend sei erw/ihnt, dab diese r/iumliehe Ordnung basalwKrts ziemlich stark verwischt ist. Hier sind grol~e Lipid-Vakuolen fiberaus h~ufig. Aufgrund neuerer Untersuchungen haben wir auch gekliirt, dab die yon keiner Membran umgebenen Grana, die yon den Golgi-Apparaten und zuffihrenden Kan~len des E R gebildet werden, nicht nur auf die bis dalfin untersuchten Larvenstadien beschr~nkt sind. Sie kommen auch in den Sehzellen der Imagines vor. Darfiberhinaus sind die Grana keineswegs typisch ffir Pteronemobius allein, denn sie tauchen auch bei anderen mituntersuchten Orthopteren (einige Feldheuschrecken-Arten und die Grille Gryllus bimaculatu8) auf. Bei Troctes spec. (Corrodentia), For/icula auricularia (Dermaptera), Syromastes rhombeus (Heteroptera) und Chrysopa spec. (Planipennia) fanden wir sie hingegen nicht. - - Die m6gliche Funktion der Grana wurde bereits diskutiert (Wachmann, 1969). 4. Primdre Pigmentzellen ( ~ Hauptpigmentzellen ). Die sehr wenig elektronendicht erscheinenden beiden Hauptpigmentzellen haben distal, unmittelbar unter der Cornea, keinerlei Pigmentgrana (Abb. 1 e). Erst in H6he des zweiten Ffinftels des Kristallkegels treten die ersten Grana auf, die dann yon hier ab einen erheblichen Teil der Zelle ausmachen (Abb. 8). Sie sind deutlich gr6Ber als die der Retinulazellen, der sekund~ixen Pigmentzellen und der lateralen Forts~tze der Semperschen Zellen. Unterhalb der Mitte des Kristallkegels liegen die sehr groBen Kerne dieser Pigmentzellen. Beide Kerne liegen nicht immer in gleieher HShe, sondern sind oft gegeneinander verschoben. In ihrer L/ingsrichtung dehnen sie sich parallel zur Augenoberfl~ehe aus. Gelegentlich treten in ihnen spiralig gewundene, f/~dige Einsehliisse auf. Abb. 7 zeigt den auffaltenden GrSBenuntersehied zwisehen den Kernen der prim/~ren und sekund/~ren Pigmentzellen. Einzelne Mitoehondrien und ein schwach ausgebildetes E R sind ebenso zu erw/~hnen wie gelegentlich auftretende elektronendiehte KSrper und AutophagieVakuolen, in denen Mitochondrien, lamelli~re und pigmentghnliche Strukturen liegen. Nach proximal weichen die prim~ren Pigmentzellen, die fiber die 1/~ngste Strecke den Semperschen Zellen anliegen, auseinander, um den Retinulazellen Platz zu machen (Abb. 2), die nieht nur den Kegel umfassen, sondern auch diese selbst. Distal liegen die beiden Pigmentzellen der Cornea breit an. Dabei umhfillen sie die Kegelzellen weitgehend, lassen ihnen jedoch den bereits erw~hnten sehmalen Weg zur Cornea frei (Abb. l e). L~ngsschnitte zeigen, dab die Pigmentzellen nach proximal - - wie die Kegelzellen - - Forts~tze aussenden, die diesen /ihneln und ebenfalls Mikrotubuli aufweisen. Ob die Basalmembran erreicht wird, ist nicht gekl/irt.
0 m m a t i d i e n yon Pteronemobius heydeni
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Abb. 8. Kegel u n d Pigmentzellen quer. PrimEre Pigmentzellen zweier verschiedener Ommatidien stoflen aneinander. K P Kern einer prim~ren PZ, KS Kern einer sekund~ren PZ. 2720 x
Abb. 9. Distal von Abb. 8. Sekund~re PZ bilden hier geschlossenen Zylinder. I n Bildmitte Haarzelle ? Plasmasaum des Kegels. 4000 •
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E. Wachmann:
5. Sekundiire oder NebenpigmentzeUen. Um den Kristallkegel mit seinen beiden Hauptpigmentzellen verlituf~ ein distal nicht (Abb. 9), welter proximal mehrfach unterbrochener Kranz von sekund/~ren Pigmentzellen (Abb. 8). An diesen Unterbrechungen stol3en die Hauptpigmentzellen zweier benachbarter Ommatidien aneinander (Abb. 8). Zwischen den Nebenpigmentzellen liegen gelegentlich trichound tormogene Zellen, die meist einen, manchmal auch mehrere Dendriten umhfillen; letztere ziehen zu zwischen den Corneafazetten stehenden Haaren. In HShe des oberen Viertels des Kristallkegels zeigen die Dendriten in einem sehr kurzen Abschnitt Cilienstruktur (Abb. I b). Die Kerne der ttaarzellen liegen - wie es JSrschke (1914) auch fiir andere Orthopteren angibt - - fiber denen der Nebenpigmentzellen. Auch im Bereich der Retinulazellen sind die sekund/~ren Pigmentzellen sehmal und wenig auff/~llig (Abb. 3), w/ihrend sie bei manchen anderen Insektenarten (Dytiscus, Horridge, 1969; Apis, Perrelet und Baumann, 1969; Vurela und Porter, 1969) einen gesehlossenen Zylinder um die Sehzellen bilden. Neben dem Pigment fallen bei Pteronemobius zahlreiche Mikrotubuli auf, die besonders auf einen Zellbereich konzentriert erscheinen und hier dicht beieinander stehen (Abb. 3). Stellenweise ist auch Glycogen in grol]en Mengen vorhanden.
Bespreehung Die insbesondere bei nachtaktiven Insekten, darfiberhinaus aber aueh bei einigen Tagfa]tern vorkommenden Cornea-Nippel (,,full-sized" nipples der Gruppe III, Bernhard et al., 1970) sind auf der Oberfl/~che regelm/iBig angeordnet (Bernhard und Miller, 1962 ; Bernhard, 1967). Aufgrund ihrer Untersuchungen kommen die genannten Autoren zu der SchluSfolgerung, dab die Gesam~zahl der Nippel ein Maximum an Lichtdurchl/issigkeit und ein Minimum an Reflexion gew/~hrleistet. Diese Corneastrukturen wurden nun auch bei dem tag- und nachtaktiven Pteronemobius nachgewiesen, obwohl sie naeh Bernhard in dieser Insektenordnung nicht vorkommen sollen. - - Die gesteigerte visuelle Kapazit/it wird auch ffir diese Grillenart der Hauptvorteil sein, den die Nippel bieten. Dal3 die darfiber hinaus angenommene bessere Tarnung durch die verminderte Reflexion auch allgemein relevant sei, bezweifeln wir. Bei Grillen gl/~nzen z.B. die Vorderflfigel oder auch die Cuticula des schwarzen und braun-sehwarzen Kopfes und stellen somit eine fiberaus auffallende Reflexionsfl/iche dar. Mehr oder minder stark reflektierende kleine Augen dfirften hierbei keine entscheidcnde Rolle mchr spielen. Eigene Experimente liegen allerdings nicht vor. Die Tatsaehe, dab sich bei Pteronemobius der Kristallkegel proximal ins Rhabdom einschiebt, ist nicht allein ffir diese Art typisch, sondern trifft auch ffir Periplaneta, Ectobius, Dixippus, Tettigonia, Troglophilus, A cheta (JSrschke, 1914) und ffir Locusta (Horridge und Barnhard, 1965) zu. Ob die gleiche Konstruktion auch bei Vertretern anderer Ordnungen mit Appositionsaugen vorkommt, entzieht sich unserer Kenntnis. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf den engen Kontak~ der Mikrovflli mit den Granula des KrisSatlkegels hingewiesen. Der den Lichtflul3 eventuell stSrende Plasmasaum des Kegels mit seinen Mitochondrien befindet sich nur dort, wo kein Kontakt mit den Rhabdomeren gegeben ist, und am proximalen Ende des Kegels, wo alle 7 Retinulazellen diesen lfickenlos urn-
Ommatidien voa Pteronemobius heydeni
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geben, haben sieh die Plasmasi~ume l~ngst in Form der zur Basalmembran ziehenden 4 lateralen Forts~tze abgetrennt. Was nun diese Fortss anbetrifft, so wurde einer yon ihnen irrtfimlich als Axon (einer der zwisehen den Ommatidien befindlichen ttaarsinneszellen ?)bezeichnet (Wachmann, 1969). Varela und Porter (1969) geben an, dab die Fortsi~tze zusammen mit dem Rhabdom in der N~he der Basalmembran .enden. ttorridge (1966, 1969) konnte sie bis zur Basalmembran verfolgen. Waddington und Perry (1963) fanden, dab diese ,,interretinular fibres" yon Drosophila im basalen Bereich Pigment enthalten, sich hier erweitern und in der Zentralachse zusammenstoBen. Die 8 Retinulazellen liegen dann, wie bei Pteronemobius, zylinderf6rmig um die Fortsi~tze herum angeordnet. Weiter proximal sind dann letztere verschwunden und die Axone der Sinneszellen tauchen als gesehlossenes Bfindel auf. Dem Verbleib der Forts~tze wurde nicht nachgegangen. Ffir Pteronemobiws konnte nun gekl~rt werden, dal3 sie proximal an der Basalmembran enden. Nach Horridge (1966) und Varela und Porter (1969) liegt die Bedeutung der Fortsiitze wahrscheinlich im Zusammenhalten des Kegels mit den zugeh6rigen Retinulazellen. Bei Gelastoeoris sind die ,,cone cell processes" komplizierter geformt, auch ist ihre Lage und Zahl anders. Demzufolge wird yon Burton und Stockhammer (1969) die M6glichkeit einer Erregungsleitung yon einer Retinulazelle auf die andere erwogen. Fiir Pteronemobius nehmen wit auch die angedeutet Haltefunktion an, mSchten aber vor allem auf die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung hinweisen. So zeigt der K o n t a k t der Kristallkegel-Zellen mit der Basalmembran, dab die Komplexaugen der genannten F~lle im Laufe der Differenzierung nieht zweischichtig werden, sondern einschichtig bleiben. Freilich sind hierbei die Haupt- und Nebenpigmentzellen, deren genaue Ausdehnung basalw~rts bei Pteronemobiu8 noch nicht bekannt ist, noch nicht genfigend beriicksichtigt. Die Anh~ufung yon Pigment in den basalen Erweiterungen der Forts~tze beweist, dab die Differenzierung w~hrend der Entwicklung fiir die Zellen des dioptrischen Systems keineswegs den Verlust der F~higkeit zur Folge hat, Pigment zu synthetisieren. Die Aufgabe dieser Grana gleieht wohl der jener Pigmente in den anderen Zellen, die dort eine Schirmfunktion haben.
Literatur Bernhard, C. G.: Strukturelle und funktionelle Adaptation in einem visuellen System. Endeavour XXVI, 98, 79--84 (1967). - - Gemne, G., S~llstrSm, J. : Comparative ultrastrueture of corneal surface topography in insects with aspects on phylogenesis and function. Z. vergl. Physiol. 67, 1--25 (1970). - - Miller, W. H.: A corneal nipple pattern in insect compound eyes. Acta physiol, scand. 65, 385--386 (1962). Brandenburg, J. : Die Feinstruktur des Seitenauges yon Lepisma 8accharina L. Zool. Beitr., N.F. 5, 291--300 (1960). Burton, P. R,, Stockhammer, K. A.: Electron microscopic studies of the compound eye of the toadbug, Gelastocoris oculatus. J. Morph. 127, 233--258 (1969). Butler, L., Roppel, R., Zeigler, J.: Post emergence maturation of the eye of the adult black carpet beetle, Attagenus meffatoma (Fab.): An electron microscope study. J. Morph. 130, 103--128 (1970). Eguchi, E., Waterman, T. H. : Changes in retinal fine structure induced in the crab Libinia by light and dark adaptation. Z. Zellforseh. 79, 209--229 (1967).
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E. W a c h m a n n : Ommatidien yon Pteronemobius heydeni
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