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Aus der Biologisdaen Station Wilhelminenberg, Wien Zum Vorkommen einiger Spinte zwischen Tessalit und Niamey (FranzSsisch-Westa{rika) Von Lilli Koenig
A. Einleifung a) Aufgahenstellung lJber die Biologie der Spinte (Meropidae) ist noch r~lativ wenig bekannt. Da viele Arten in offenem, nut schiitter bewachsenen Gel/~ndo heil3er Zonen leben und als gewaal.dte Flieger eine~ sehr weiten Aktionsraum beaaspruchen, ist ihre Beobachtung in freier Wildbahn ziemlich anstrengend und zeitraubend. Besonders fiber das Brutverhaltea kann die Feldbeobachtung -Spinte sind ErdhShlenbriiter -- nur teilweise, Auskunft geben. In der Biologischen Station Wilhelminenberg brachten langj~hrige Verhaltensbeobachtungen an zahmen europ//ischen Bienenfressern (Merops apiaster L.), die hier auch in zwei Generationen ziichteten, viele neue Erkenntnisse (L. KOENIG 1951). Nach dem yon HEINROTH (1910) und LORENZ (1941) gewiesenen Weg der vergleichenden Untersuchung verwandter Arten und Gattungen, sowie auch der betont 5kologischen Wilhelminenberger Forsehungsrichtung entsprechend, sehien es nun wichtig, auch andere Spinte kennenzulernen. So wurde der nahverwandte, auch verbreitungsm/il3ig an den Bienenfresser unmittelbar anschliel3ende Blauwangenspint (Merops ~superciliosus chrysocercus) in freier Wildbahn am Sahara-Nordrand bei Biskra (Algerien) sowie aueh in Gefangensehaft beobaehtet (L. KOENm 1953). Weitere Bienerffresserarten finden sich erst siidlich der Sahara im/~thiopischen Faunengebiet. Auffallenderweise ist hier aber auch der Blauwangenspint anzutreffen. Sein Vorkommen sowohl am Nord- wie aueh am Siidrand der Sahara kSnnte man, im Zusammenhang mit der noch zur RSmerzeit im nordafrikanischen Raum vorkommendea /ithiopisehen Reliktfaana (Krokodil, Elefant usw.), als Hinweis auf sekun.d~re Trennung einer ursprfinglich einheitlichen Population aaffassen. Dies wfirde sieh der von Kulturhistorikern vertetenen, dureh reiche pr£historische Fundnachweise fiir Ackerbau- und Viehzuchtkulturen in heute extremen Wiistengebieten gestfitzten Theorie (W5LFEL, 1942) einer postglazialen Entstehung der Sahara gut einfiigen.
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Wie O. KOENIG (1952) zeigte, Sind Vogelarten eines Wohnraumes nur in sehr geringem Mal3 N a h r u n g s k o n k u r r e n t e n , vielmehr e r g ~i n z e n sie sich eher in ihrer ,,Skologischen Funktion" (nach KTJHNELT 1948 ,,Planstelle"). Auch yon dieser Seite her betrachtet schien es interessant, die in einem Wohngebiet nebeneinander vorkommenden Spinte kennenzulernen und die Unterschiede ihrer 5kologisehen Einpassung zu untersuchen. Da eine genaue Behandlung dieser Fragen noch l~ingere Zeit in Anspruch nehmen wird, will ich zun~chst unsere eigenen feldornithologischen Beobachtungen kurz zusammenfassen, um die bis ]etzt bekannten, zum grolBen Teil yon BANNERMAN(1933, 1951) zusammengefal3ten Damten fiber Vorkemmen und Lebensweise der westafrikanischen Spinte in einigen Punkten zu erg~nzen.
b) Reiseweg, Landschatt, Klima Vom 18.4. bis 15.7. 1954 nahm ich ~an einer von insgesamt vier Mitarbeitern der Biologischen Station Wilhelminenberg durehgeffihrten Expedition in den franzSsischen Sudan teil. Der Reiseweg ffihrte yon Tunis fiber Algier, Saida, Ain Sefra, Colomb-Beehar, Adrar un,d quer durch die Sahara (Wadi Saura -- Tanezrouft) nach Tessalit, Gao, Ansongo, Tillabery und Niamey (Abb. 1). Im Grenzgebiet zwischen Algerien und FranzSsisch-Westafrika bei Le Pr~eur geht die Sahara allm/ihlich in Steppenlandsehaft fiber. Da und dort stehen niedrige Akazien und dornige Str~ucher, stellenweise w~chst schfitteres Steppengras. Die in leicht hfigeligem, teils sandigem, teils fel-sigem Gel/inde liegende ease Tessa]it besitzt noch gr52ere Best~nde der welter sfidlich nicht mehr vorkommenden Dattelpalme. Mit Erreichen des Nigerbogens bei Bourem wird das bisher trockel~heil~e Klima feucht-schwfil, Savannenland ]Sst die Steppe ab. Weite Grasfl~iehen, Gruppen yon F~cherpalmen, Akazien und anderes Laubholz bestimmen das Landschaftsbild. Zahlreiche Reste toter Laubb~ume zeigen, dab der Boden al]m~ihlich versteppt, was nicht zum geringen Teil eine Folge des Hackbaues und der Viehwirtschaft der Eingeborenen ist. Zur Erzielung reicherer Weide ffir das Vieh brennen sie das dfirre Gras nieder, wedurch abet zugieieh aach der Baumnaehwuchs vernichtet wird. Die hier und dort noeh wie Inseln aus dem Gras,land ragenden, m~chtigen Laubb~iume sind aussterbende Ze~gen einstiger Hochwaldbest~nde (WSLFEL, 1942). Bei unserer Anknnft in Tessalit am 27.5. herrsehte Vorfrfihling. Die B~ume waren grSl3tenteils kahl und begannen eben erst Bl~itter zu treiben. Je weiter sfidlich wir jedoch kamen, desto vorgesehritteaer war der Pflanzenwuchs, denn wir fuhren ja der vom Siiden heraufziehenden Regenzeit 25
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entgegen. Am 6 . 6 . fanden wir 20 km siidlieh Tillabery robinien.artige BS,ume, deren gelbe Bliiten yon zahlreiehen Nektarv5geln (Nectarinia pulchella) besueht wurden. Zeitweilig gingen sehauerartig heftige Regengiisse nieder. Als wit am 14.7. die Heimreise antraten, war die Lands&aft griin und die Hirsepflanzen standen fibermannshoeh. 0m
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Abb. 1. Niger zwischen Bourem und Niamey. W~hrend die Temperatur-Tagesmaxima in der Sahara Mitte Mai bis 46 ° C im Sehatten betrugen, stieg die Temperatur im Sudan nur selten bis 40 ° C. Durehsehnittlieh hatte es 35--38 ° C. Re gensehauer braehten nur kurzw/ihrende Abkiihlungen. Die Naehttemperaturen am Niger lagen, im Gegensatz zur Sahara (-F 6 ° C), meistens mn 27--31 ° C. Alle Expeditionsteilnehmer gewShnten sieh an das Klima relativ raseh und gut. Naehttemperaturen yon 25 ° C empfanden wit sehon als ausgesproehen kiihh
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B. Die Temperaturabh~ingigkeit des Briitens Es fiel uns. auf, da.13 im Untersuehungsgebiet insbesondere die Spinte, aber auch VSgel mit Beutelnestern wie etwa NektarvSgel (Nectarinicb pulchella) und Zwergmaskenweber (Sitagra luteola) tagsiiber gar nicht o der sehr wenig brfiteton. Nur bei Schlechtwettereinbruch eder nachts wurden die Nester aufgesucht. Verschiedene Arten mit Freinestern hingegen briiteten ziemlich eifrig und regelm/iBig. W/~hrend im eurep/iisehen Klima der Bienenfresser fast bis zum Fltiggewerden der Jungen in der WohnhShle n/~chtigt, gruben wir bei Niamey nachts eino Zwergspinth5hle aus (Abb. 2, 3, 4, Nest 2), in der sich zwar 4 Junge in den Stadien nackt bis halbbefiedert, nieht abet die Eltern befanden (vgl. S. 389). Eine andere Bruth5hle (Abb. 3, Nest 4) enthielt, obgleich beide AltvSgel fast dauernd im Gel/inde herumflogen, unerwarteterweise 4 hochbebriitete Eier. Wir versuchten, ,den zerstSrten Bau wiederherzustellen, die miBtrauischen Alten jedoch lieBen das Nest im Stich und wanderten ab. Um die, Eier mitzunehmen, gruben Wir 3 Tage sp/iter die, RShre abermals aus und fanden darin zu unserem Staunen 1 geschliipftes, bereits verhungertes Junges. Die restliehen 3 Eier lebten, eines war bereits a.ngepickt. Kauften wir von Eingeborenen Eier ihrer in backofeuf5rmigen Lehmst//llen wohnenden Hfihn~er ur~d Perlhtihner, so konnten wir sieher sein, dab diese bereits anentwickelt waren. Temperaturmessungen in Wohnkesseln verschiedener Spintnester zeigten, dab darinnen bei hoher Luftfeuchtigkeit eine Durehschnittsw~irme von 38 ° C, also Brutkastenklima herrschte. So eriibrigt sich fiir alle VSgel, die nicht in offenen Nestern brfiten, infolge der _giinstigen Klimaverh/iltnisse das Briiten weitgehend, und die Ftirsorge der Eltern kann sich auf Umrollen der Eier und Ausgleich yon eventuellen Temperaturschwankungen beschr~inken. Wie bekannt, wird eine !nstinkthandlung nicht allein durch endogene Fakto,ren, sondern auch durch eine bestimmte/~ul]ere Reizsituation aktiviert (TINBERGEN1952). Die Tatsache, dab ein yon uns na~h Wien mitgebrachtes Zwergmaskenweber-P//rchen hier ganz normal und in regelm/illiger Ab15se brfitete, l//Bt vermuten, dab die im Sudan festgestellte, geringe Brutaktivitgt ver schiedener V5gel nicht angeboren, sondern temperaturabh//ngig ist. Ganz /~hnliche Ergebnisse brachten Untersuchung~n von WHITEHOUSEAP.~STRO~CG(1953) am Zaan.kSnig. Je hSher die AuBentemperatur lag, desto ktirzer war die t/igliche Brutzeit. So wurde bei einer H5ch,sttemperatur yon 17 ° C 66 °/0 des Tages gebriitet, bei 30 ° C aber nur mehr 52 °/0 des Tages. Wie die lineare Regressionskurve ergibt, hgtte e r bei st/indig 35°C theoretisch iiberhaupt nicht gebriitet. Inwieweit auch bei ar~deren Arten alas Quantum des Briitens v o n d e r Aul3entemperatur gesteuert wird, mfiBte noch genau untersucht werden. 25"
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C. Beobachfete Arfen 1. Melittophagus pusiUus pusillus (Zwergspinf) A m 6 . 6 . sahen wir etwa 15 k m siidlich T i l l a b e r y 2 Zwergspinte, anscheinend ein P~irchen, das auf einem niedrigen Gebiisch sa$ u n d yon hier aus in der fiir Spinte eharakteristischen A r t nach F l u g i n s e k t e n jagte: Die Beute wird im Sitzen ersp~iht, d a n a in raschem Flug gefa,ngen, zum Sitzplatz zuriickgetragen un~d d o r t naeh griindlicher ,,Zubereitung" (Totschlagen und Reiben am Ast) verschluckt (vgl. L. Ko~.Nia, y-" 1951). Die Schwingen des NE$~ Zwergspintes leuchten im F l u g 5.$itzwm auffallend rStlich-goldbraun, d a h e r auch ,der englische Name ,,Rufous- winged Bee- E a t e r " (DRESSER, 1884 bis 1886). Gar RichlunqNiqer nicht weit e a t f e r n t in der Abb. 2. Lageskizze des Zwergspint-Nestes 2 bei Niasenkrechten W a n d eines etwa mey. Die Alten beniitzten stets dieselben Sitzwarten. metertiefen, schmalen Trockenla, f .... NEST2 L~.:=:=:.-.-::::'"") NeST 5 [~'-~"'=~='-':::::::-.._.~ bettes f.anden wir ein Loch von RT: 59c,Yn /~ RT: 8G'5 3 cm Durchmesser, das oftensichtlieh die sem P~rchen gehSrte (Nest 1). W ~ h r e n d der etwa h a l b s t i i n d i g e n Beobaeh~ . ~ . ~ {.............. ,"~ ~ s I~........ . ......... y., tungszeit suchte keiner der ~j~:~,.~ -.... ~7..,~,~.E ~ r ............ VSgel d~s Nest auf. Wahr-....-:<.j..:~ scheinlich enthielt es Eier, die ja, wio S. 387 n~her ausgeffihrt, tagsiiber keiner Bebrfitung bediirfen. ......... %-.-)
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Abb. 3. Anlage und Ausmal]e der ZwergspintNester 2--7; a = Horizontalsehnitt, b = Vertikalschnitt, EW = Einsehlupfweite (Breite }< H6hc), RT = R~hrentiefc, WK = Wohnkessel (L~nge ~ Breite ~ HShe).
A m 23. 6. entdeekten wir bei Niamey in e~nem seiehten, dureh einen F~icherpa]menb e s t a n d l a u f e n d e n G r a b e n eine we.itere Z w e r g s p i n t r S h r e . Die Alten flogen in kurzen A b stridden mit F u t t e r herzu, landeten stets auf denselben niedrigen Sitzwarten u n d flogen von d o r t ans Nest (Abb. 2).
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Abends gruben wir es aus (Abb. 3, Nest 2), um die Junge+n mitzunehmen. Die AuBentemperatur betrug 32 ° C, die Bo,dentemperatur 33,8° C und die Nesttemperatur 38 ° C. Die Alten waren, entsprechend der ausreichenden Nestw/irme, nicht bei den Jungen. Nest 3, das wir am 24.6. 20 km siidlich Tillabery bei Ango-Haussa in einem 20 m breiten, zum Niger ffihrenden Trockenbett ausgruben (Abb. 3, 4, 5), enthielt 2 fast fliigge Junge. Die 3 glteren Gesehwister waren bereits ~usgeflogen, saBen auf umliegenden Striiuehern und bettelten die herzufliegenden Alten mit feinem ,,Dirrriifiiiiiii" oder ,,Drriiiifiiiti" um Futter an. Nest 4 (Abb. 3, 4) enthielt, wie schon berichtet, am 25.6. hochbebriitete E£er. In der Uferbfschung des Trockenbettes fanden sich nocb einige weitere, abet unbewohnte Rfhren (Abb. 3, 4). Kurz zusammengefaBt, lagen die von uns gefundenen Zwergspintnester im lehmig-sandigen, harten Erdreich senkrechter oder leieht~ schr~iger Grabenbfschungen, 10--60 cm unter dem Erdniveau und 40--180 cm fiber dem Grabenboden, verliefen horizontal-oder leich~ schrgg abw~irts, geradlinig o der mit leichtem Seftw/irtskllick in Rfhrenmitte, waren einschliel3]ich Nestraum L~ N~ 50--91 cm tief, hatten eiffrmige Wohnkessel yon 18 bis 19 em L//nge, 11,2--17 cm Breif~e und 8--12 cm Hfhe. Die Einschliipfe hatt en Durchme.sser yon 3--31/2 cm and eic~qencrkld~r~nq+ ] zeigten, wie auch HOLMAN ~, ,I, G r a s , N i r s c f c . l d e r 0 ~& um~, S t r f u c h e r (BANNDRMAN, 1951 ) erw//hnt, D Lager plal~ i o 30 60 9o ~2o nsom manchmal sehr tier eingeAbb. 4. Skizze des Zwergspint-Brutgebietes ]m driiekte Laufrillen (Abb. 6). Beobachtungsraum Ango- Haussa. Die Ne,ster waren einzelstehend Ns--N7 = Nester der Zwergspinte. oder in sehr lockerem, vielleicht nur durch die g/.i~stige Landschaftsform be dingten Kolonieverband mit Nestabst~nden von 40--180 m (Abb. 3, 4).
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Am 11.7. brachte ein Negerbub aus einem unbekannten Nest einen schon gut befiederten Nestling. Da und dort gab es bereits fliigge Junge, am matter gefiirbten Federkleid und am Fehlen des dunklen Kehlfleckes ]eicht zu erkennen. Sie saBen auf niedrigen Sitzwarten, bettelten die Alten an und jagten gelegentlich auch selbst. Der Zwergspint liebt niedrige, oft kaum l m fiber dem Boden befindliche Sitzpl~itze auf diinnen Zweigen oder senkrechten Haimen und jagt meistens
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auch tier. An erw/ihlten Sitzwarten h/ilt er, besonders wenn er durch sein Nest an einen bestimmten Oft gebunden ist, treu fest und verl~Bt sie meist nur zu kurzer '~Jagd, se]ten zu 1Bnfferem Ausflug. W i e auch BAN~qERMAN (1933) feststellt, ist er nicht so gesellig wie andere Spinte, sondern lebt eher pBrchenweise. Damit mag auch der im Vergleich zu schwarmbildenden Spinten relativ leise, sehr feine und nur fiber kurze Strecken h f r b a r e Stimmfiihlungsruf zusammenh~ngen. All diese Erscheinungen, sowie die relativ dezente Gefiederf~rbung, das Fehlen der Schwanzspie6e und die geringe KSrpergrSBe lassen den Zwergspint im Gel/~n.de weit weniger auffallen, als andere Meropiden. Lediglich der allen mir " O " / Anqo-Haus~a bekannten Arten e,igene, dutch $¢hl ' £-~ *'~ • Boukou h/iufiges kurze,s Segeln auf"0;'~'~ " ~ " /,,"' ~ 7 .... f/illig charakterisierte Flug und die besondere Art des Landens (vgl. Kleiner Grfinspint S. 392) lassen ihn auch auf grSl3ere Enffernung leicht als Spirit e rkennen. DerStimm@ ° fiihlungsruf kl~ngt silberhell ,,Siritt, siritt", der W a r n r u f schrill ,,Zick, zick". ~llGraL Hirs¢frzldcr ~]P'~ B~iurn¢,Str~luch~r Die Untersuchung yon GewSllen 1) ergab: Stark zerkleinerte Reste yon Heuschrecken und kleiAbb. 5. Skizze des Beobachtungsraumes nen Hymenopteren. Im Bodenum Ango-Haussa. B1 = Blauwangenspintgrund einesWohnkessels fand sich Kolonie, B2 = 2 Blauwangenspint-EinzelauBerdem der Halsschild eines conester, Schl, Sch2= Scharlachspint-Koloprophagen Lamellicorniers (Gymnien, W = Ruheplatz der WeiBkehlspinte nopleurus fulgidus), der. aber Z = Brutgebiet tier Zwergspinte, G = mfglicherweise nicht Beute, sonSchlafbaum der kleinen Griinspinte. dern Mitbewohner war.
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Drei der selbstaufgezogenen Zwergspinte iiberdauerten den Transport gut und wurden zu Verhaltensbeobachtungell in der Biologischen Station Wilhelminenberg gemeinsam mit Bienenfressern, Blauwangen- und Scharlachspinten gehalten (Abb. 7). 2. Aerops albicollis
(Weifikehlspint)
Am 3 0 . 5 . mittags beobachteten wir bei Bourem am Niger in stark sandigem, welligem, nur schiitter mit einzelnen Biischen bestandenen Gel/~nde einige WeiBkehlspinte. Sie saBen auf Bfischen und Telegraphendri~hten, yon
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denen aus sie nach Insekten jagten. Am 4.6. Saherr wir etwa 60 km n5rdlich Tillabery einige AltvSge], am 7.6. bei Ango-Haussa 2 P/irehen. Am 16.6. hielt sich eir~ P~rchen auf einem Baum nahe der 1. ScharlachspintKolonie auf (Abb. 5). Auch an den folgenden Tagen war es h/iufig dort zu sehen, jagte und trug seine Beute zum Sitzast zuriick. Trotz langer Suehe fand ich kein Nest. Da wir im genannten Gebiet weder balzerlde noch futtertragende Alte, noch flfigge Junge sahen, nehme ich an, dab die VSgel BruthShlen mit Eiern hatten und, so wie die anderen Spinte dieses Wohngebietes, infolge der hohen Nesttemperatur nicht briiteten.
Abb. 6. Typische ZwergspintrShre mit tief eingedriickten Laufrillen. Der Stimmfiihlungsruf ist ,,Diripp, diripp",/ihnlich dem des Blauwangenspintes, entsl~rechend der geringeren KSrpergrSBo des WeiBkehlspintes jedoch heller und feiner. Die auffallende, schwarzweiBe Kopfzeichnung und die fiberaus langen SchwanzspieBe charakterisieren ihn im Gel/inde auf den ersten Bliek sehr deutlich. 3. Merops superciliosus chrysocercus (Blauwangenspin0
Am 3. 6. hielten sich 60 km sfidlich Ansongo einige einzeln jagende V5gel auf, am 16.6. fanden wit etwa 700 m siidSstlich der 1. Scharlachspirtt-Kolonie eine sehr lockere Blauwangenspint-Kolonie mit insgesamt 9 Nestern, die 15--100 m auseinanderlagen (Abb. 5). Sie waren schr/ig im ebenen Boden angeiegt. Die AltvSgel saBen auf niedrigen Bfischen und B~iumen, jagten fiber der Kolonie oder fiogen zur Futtersuche ans gegeniiber-
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liegende Flu~ufer. W~hrend eines der P~rchen noeh eifrig balzte und sich auf einem Baum paarte, flog ein anderes bereit~s mit Futter zum Nest. Unraittelbar am Rand der 1. Scharlachspint-Kolonie befanden sich 2 Einzelnoster (Abb. 5). Die Alten waren h~ufig auf bestimraten, nahegetegenen, niedrigen Str~uchern anzutreffen. Geriet ein Blauwangenspint in den Scharlachspint-Schwarm, so wurde or raeistens attackiert unc[ vertrieben. Sein Stimmffihlungsruf klingt hell ,,Diripp, diripp", der Warnruf schrill ,,Dick, dick" (L. KOENI~, 1953). 4. Merops orientalis viridissimus (Kleiner Griinspint) Am 27.5. sahen wir in den Palrag~rten yon Tessalit raehrere Exeraplare, die von niedrigen Sitzwarten aus auf Fluginsekten jagten. Dutch die charakteristische, auch anderen Spinten eigene Art des Landens sind sie auch auf weite Entfernung leicht anzusprechen: Kurz vor dera Ful3fassen auf dera Sitzast werden die welt gebreiteter~ Schwingen hochgestellt und ira Moment des Landens ruckartig zugeklappt. Am 28.5. beobachteten wir ira selben Gebiet einen Schwarra yon etwa 10 Sttick, darunter auch einige Jun~Sgel, auf einera kahlen Baurawipfe]. Diese sind matter grfin als die Alten, die schwarze Kehlbinde fehlt oder ist nut schwach angedeutet; keine verl/~ngerten Mittelschwanzfedern. Am 3.6. hielten sich etwa 8 Sttick Alte und Junge 60 kin stidlich Ansongo, am 7.6. etwa 10 Alte und Junge bei Tillabery auf. Am 25.6. beobachtete ich etwa 20--30 Alt- und JungvSgel, die sich anf einera belaubten Banra unter eifrigen ,,Zfirr, z~rr:'-Rufen zur Nachtruhe nJederliel3en (Abb. 5). Manche der AltvSgel hatten keine Schwa nzspieBe, waren also bereits in Grof3gefiederraauser. Wie auch andere Spinte, schlafen sie zur gegenseitigen W~rraung ,in Reihe" (L. KosNm, 1951, 1953). Manche Elternp~rchen saBen abseits nebeneinander. Karaen sich Frerade zu nahe, droh~en sie gegeneinander. Iraraer wieder flogen die VSgel rufend kurz auf, ura neuerlich zu landen und s e i t ~ r t s t r i p p e l n d zusararaenzurficken. Lange dauerte es, bis jeder seinen Platz gefunden hatte und stillsaB. Bis zu unserer Abreise am 12.7. hielten sich ira Gebiet ura Ango-Haussa Kleine Grtinspinte auf. Vielleicht batten einzeh~e P/~rchen noch Junge ira Nest. Leider fanden wir trotz 1anger Suche keine bewohnte, HSh!e. Der Stiramffihlungsrnf ist ein feines, belles, heuschreckenartiges ,,Ziirr, ziirr", der Warnruf ,,Dick, dick". 5. Merops nubicus (Scharlachspint)
Am 3.6. hSrten wir, etwa 60 kra siidlich Ansongo und 2--3 l~ra 5stlich des linken Nigernfers, zura erstenraal Scharlachspinte rufen. Ira Gegensatz zu den durchwegs hell und raelodisch klingenden Stiramftihlungsrufen tier
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anderen hier besehriebenen Spinte und aaeh dem klangvollen ,,Riipp, riipp" des europiiisehen Bienenfressers ist der Ruf des Seharlaehspintes ein eher dunkles, heiser-rauhes ,,Kreek, kreek", das ieh zuni/ehst den dort zahlreiehen, wildlebenden Perlhfihnern zusehrieb, ehe ieh die sehSnen roten
Abb. 9. Im Abstand yon 15-60cm liegen die wie MauslScher schri/g ins Erdreich fiihrenden Scharlachspint-RShren. Im Sand die zahllosen FuBabdrficke der BrutvSgel. VSgel erblickte. Sie durchjagten zu Mehreren den Luftraum oder ruhten auf niedrigen, noch kahlen Biiumen und Str~uchern. Zun~ichst benahmen sie sich scheu, gewShnten sich aber bald an uns, ja eine:r lieB sich sogar wiederholt ans kaum 2 m Entfernung fotografieren (Abb. 8). Gestiitzt auf .BANNERMAN'S (1933, 1951) und CHAPIN'S (1939) Beschrei//'"i: bunge,n der Brutpliitze, suchten wir im weiten Umkreis BSschungen und Erd(. wii,nde ab, jedoch ergebni~slos. Am 7 . 6 . "-,... .4./ .,~ S¢h2 .-'"' / ) ScM :'-----% trafen wir bei Ango-Haussa aberm~_s viele Scharlachspinte, konnten aber (..._, :(() auch in den Uferb~nken des Niger !.f' keine Nester finden. So befragten wir o ~ I o ~ ; 2@ 26ra einige Neger, die u~n.s sofort bereitAbb. 10. Mage und Umrisse der willig im Boot ans rechte Ufer fuhren, beiden Scharlachspint-Kolonien. um uns dort im vSllig flachen Grasland 2 groBe Scharlachspint-Kolonien zu ebener Erde zu zeigen. (Abb. 5). Wie Mausl5cher fiihrten die RShren der ,,Kittildin", wie die Scharlachspinte yon den Sermanegern genannt werden, schr/~g in die Tiefe (Abb. 9). ~:::i;?~~..~.....,';~
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Kolonie 1, die grS•ere der beiden, war etwa 45 m laag und 30 m breit (Abb. 10). Dureh Einritzen yon Linien ir~s Erdreieh teilte ich die Fl~che in etwa meterbreite Streifen und konnte nun mit Hilfe dieses Rasters die Nester ann~hernd genau durchz~hlen. Es waren mindestens 3000 bewohnte (an den frisehen Laufrillen ke~ntlich) und eine grol]e Anzahl alter, unbewohnter Nester. Die Nestabst~nde betrugen ] 5--60 era, die LaufrShren iiberscbnitten und durchstieBen sieh vielfach. Mehrmals land ich vor den HShlen herumliegend~ Eier. Vermutlich waren sie yon noch nestbauenden Nachbarn aus fertigen Wohnkesseln, die sie bei ihrer Grabarbeit durehstiei]en, mit dem Erdreich herausgeschaf~t worden. Manchmal konnte man Balzfliige einzelner VSgel beobachten. Futter im Schnabel haltend, flog der Sp!nt kurz vom Boden auf, strich wenige Meter weit knapp fiber der Erde gradlinig dahin, landete hoch aufgerichtet in
Abb. l 1. Die Scharlachspinte sitzen, in der Hitze schnabelhechelnd, gegen den Wind vor ihren HShlen. steifer Haltung und mit betontem, ruckartigem Zuklappen der Fliigel, verharrte 1--2 Sekunden, flog wieder auf und ]a~dete in der gleichen Art wie vorher. Dies wiederholte sich oft viele Male hintereinander quer durch die Kolonie. Manchmal folgte einem solchen Vogel ein zweiter, in der gleiehen Weise balzender Partner in kurzem Absta~nd. Viele der Piirchen waren noch eifrig mit HShlengraben beschi~fti~. Wie der Bienenfresser (L. KoE~m, i 951), lockert der Scharlachspint das Erdreich mit kr~iftigeu Schnabels~SBen. In kurzen Abstiinden wird es dann durch rasche, alternierende Beinscharrbewegungen, wiihrend die Handgelenke auf den Boden gestiitzt sind, nach binten geschleudert. Da die RShren ziemlich schr~g nach abwiirts ffihren, sieht es nahezh aus, als wiirde der grabende Voge~ kopfstehen (Abb. 12). Einige wenige P~rchen braehten am 10.6. schon Futter ans Nest. Vor den meisten HShlen aber saBen, in der Hitze sehnabelheehelnd, beide oder aueh
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nur ein Gatte ,,auf Wache", wiihrend der andere jagte. Vermutlich ~waren es jene mit Eiern in den Wohnkesseln. Nur gelegentlich trippelte einer in die HShle, von regelm~f]igem Brfiten aber war' nichts zu bemerken. Messungen in den Wohnkesse~n ergaben, wie in den ZwergspintrShren, Temperaturen um 38 ° C, die ein Briiten unnStig machten. (Vgl. S. 387). Alle VSgel sal3en stets gegen den Wind ausgerichtet (Abb. 11), bei ruhiger Luft hingegen in beliebiger Richtung (Abb. 12). Die ,dienstfreien" Gatten lie~en sich oft in kleineren Trupps zur Rast auf B~4umen nieder (Abb. 13). Der Brutschwarm neigte zu rascher Schreckflucht. Kam man der Kolonie auf etwa 10 m nahe, stoben alle VSgel; schlagartig verstum-
Abb. 12. Bei Windstille ist die Sitzrichtung verschieden. Rechts vorne gr~bt ein Scharlachspint, nahezu ,,kopfstehend", im HShleneingang. mend, mit lautem Fliigelbrausen hoch und zogen eine Schleife. Nach wenigen Sekunden aber ert5nten wieder ,Kreck-kreck"-Rufe, und ein Teil setzte zur Landung an, worauf auch die iibrigen folgten. Blieb ich laage in der Kolonie, gew5hnten sie sich an reich, und nut mehr die N~chstsitzenden im Umkreis yon etwa 4 m flogea auf. Legte ich reich flach zur Erde, fielen sie bis auf 2 m Entfernung ein. So suchte ich mein Fotografier-Versteck nur als Sonnenschutz aaf. Die Fluchtbereitschaft der Spinte staute sich nach den Gesetzen endogener Reizproduktion (LORENZ, 1937 a, b, 1950) r~sch aaf und brach, gefSrdert dutch die ansteckende Wirkung der Fluchtstimmung (Stimmungsfibertragung) in fast regelmiI3igen Interva!len als Kollektivflucht durch. O. KOENm (1939) beschreibt dieselbe Erscheinung yon Lachm5ven. Auch wenn ich v511ig ruhig im Versteck sal3 und welt und breit nichts Verdiichtiges zu sehen war, flog der Schwarm in Leerlauf-Flucht alle 2--5 Minutell auf. Meistens ging
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die Fluchtstimmung vow einer kleinen Gruppe aus, erfaBte dann den Hauptschwarm und rib schliel]lich die wiederum kleine Gruppe letzter Nachziigler mit. Kolonie 2, rund 1 km sfidlich der ersten (Abb. 5, 10) enthielt, entsprechend ihrer kleineren Bodenfl~iche, nur etwa 2000 bewohnte Nester. Sie befand sich im gleichen Entwicklungsstadium wie Kolonie 1 und bot auch d as gleiche Bild.
Abb. 13. Beliebter Rastbaum der ,,dienstfreien" Scharlachspinte, etwa 400 m 5stlich yon Kolonie ]. Kr~app vor Sonnenuntergang kehrten s~mtliche VSgel zu ihrer Kolonie zurfick, kreisten noch eine Weile laut rufend oder ruhten auf niedrigen Sitzwarten. Sobald die Sonne hinter dem Horizont versank (etwa 18.30 Uhr), war auch der letzte Vogel in seiner HShle zur Nachtruhe verschwunden. Am 11.7. flogen nahezu alle VSgel mit Futter ans Nest, nur wenige saBen an den HShlen. Die Kolonie wirkte fast wie ausgestorben. Blieb ich eine Weile stehen, kamen von allen Seiten futtertragen,de VSgel daher, landeten neben ihre~ HShlen und sicherten zu mir herfiber, getrauten s~ch aber nicht hinein. So sammelten sich in kurzer Frist fast alle der fund 6000 VSgel
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Abb. 14. Manche Scharlachspinte ,,reiten" auf weidenden Schafen und stoBen nach aufgescheuchten Insekten. a) knapp vor der Landung b) Schnabelhechelnd auf dem Schafsr/icken ruhend. ( S chmalfilm-Ausschnitt )
Abb. 15.
Gierig verzehrten die Scharlachspinte yon mir in der Kolonie ausgestreute Perlhuhn-Eischalen.
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an und bedeckten als flatternde rote Fl~che dea Boden. Am gleichen Tag erkannte ich im Sehwarm der Alton den ersten fifiggen Jungvogel am matt grauroten Gefieder, dem hellen Stimmffihlungsruf, sowie am Fehlen der SehwanzspieBe. Ffinf WohnrShren gruberi wir aus. Sie waren gradlinig schr~g abw~rts angelegt und 1,30--1,90 m l~ng, die Wohnkessel lagen 5 0 - 6 0 cm unter dem Erdniveau. Vierzehn weitere, mittels Sonde ausgeme,ssene WohnrShren hatten L~ngen von 1,10--1,95 m. Zehn yon mir abgemessene RShren-EingSnge zeigten folgende Proportionen: (Horizontaldurehmesser X Vertikaldurehmesser in ram): 75 7( 50, 60 }(50, 65 } ( 5 0 , 6 0 } ( 6 0 , 60 }( 50, 57 P ( 5 5 , 70 } ( 7 0 , 65 X 55, 55 }( 55, 65 }( 75. Sie sind also, wie aueh bei anderen S p i n t - A r t e n , moistens breiter als hoch oder kreisrund, selten h5ber als breit. Vier der ausgegrabenen Nester enthielten nur je 1 lebendes, schon stark befiedertes, sowie 1 mehr o der minder verweste~s totes Junges einer frfiheren Entwieklungsstufe. Im ffinften hoekte neben einem gutentwieke]ten halbbefiederten Jungvogel noch e in fast nackter, sehr magerer und schwacher, der am folgenden Tag starb. Vielleicht ist zum Toil Futterknappheit in diesere Gebiet schuld daran, dab nur das st~rkste (erstgeschliipfte?) Junge hoehkommt. (S~uLE [BANN~R~A~, 1951] fand bei Yelwa 2--4 Junge in den Nestern). Vier AltvSgel, die wir im Netz fingen, waren auffnllend mager und le4cht. Veto Steinadler allerdings i~st beka.nnt, dab trotz ausreichendem Futter von 2 Jungen meist nut 1 heranw~chst (HEINROTH,1924), u~d bei Reihern wird fas.t immer das Letztgeschlfipfte yon den groBen Geschwistern totgetreten. (Ko~.~ic, 1953). Hoffentlieh gelingt es, noeh mehr Beobachtnngen fiber die Jungen~nzahl beim Scharlaehspint zu erfahren. H~ufig sah mail einzelne Scharlaehspinte auf weidenden Schafen oder Rindern, aber auch auf herumspazierenden Abdimst5rehen (Sphenorl~ynchus abdimii) re, ten und yon bier aus nach aufgescheuchten Insekten stol3en (Abb. 14). Wanderte ieh am Nigerufer entlaag, kazn es vor, dab ieh yon einem Einze!vogel fiber ~'eite Strecke~ bin begleitet wurde. Im Sehritttempo schwebte er kaum 2 m fiber mir und ring aufschwirrende Heuschrecken vor meine~ Ffil]en weg. Manchmal flog er auch ein Stfiekchen voraus, lieB sich kurz nieder und wartete, bis ich her ankara. Dann segelte er wieder fiber mir, uric[ sein Schatten zeiehnete sieh knapp neben de~a meinen auf der Erde ab. HUTSO~ (BA~ERMA~, 1933) berichtet Ahnliches.
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Immer waren es abet relativ wenige VSgel, die sich auf diese Art grSl3ere Lebewesen zunutze machten, w~hrend die meisten wie andere Spinte von Sitzwarten aus die Umgebung beobadlteten oder schwalbenartig den Luftraum durchjagten. Die fiberaus gr'ol~e Lernf~higkeit der Spinte nach dem Flfiggewerden besonders in .der ,,plastischen Phase" ihrer Jugeadentwicklung (1/~ORENZ, 1950, TINBERGE~, t952)l~/~t es mSglich erscheinen, dal3 einige unt.er ihnen zufiillig diese gfinstige Jagdmetho.de erternen und an ihr festhalten. Wie O. KoE~ic (noch unverSffentlicht) darstellt, finden wir bei sehr vielen Arte~n einzelne Individuen, die gerade im Nahrungssektor fiber ihr starr angeborenes, gut gesichertes Verhaltensinventar ein wenig ,,hinausexperimentieren" und dadurch neue Nahrungsquellen erschlie/3en, die manchmal dutch ,,Stimmungsiibertragung" (LorENZ, 1945) und ,,Nachahmung der Obje~:twahl" auch ~uderen Artgenossen zugute kommen kSnnen. Dal3 yon allen im Beobachtungsgebiet vorkommenden Spinten gerade der Scharlachspint diese Jagdart betreibt, zeigt, dab er in diesen Bereichen weniger spezialisiert, also ,,aufgeschlossener" ist als jene. Auch in Gefangenschaft f/ilk seine, Vielseitigkeit besonders auf. In der N~ihe unseres Lagerplatzes beobachteten wir am 7. 6. einige Scharlachspinte, die sich zu ebener Erde. in einer seichten Mulde um die leeren, weichen Eischalen einer geschlfipften Python rauften. Von nun an brachte ich t~glich zerkleinerte Perlhuhn-Eischalen in die Kolonie mit, die sie gierig verzehrten (Kalkmangel w~hrend der Legeze.it? Abb. 15). Bei einem Steppenbrand sahen wir hunderte Scharlachspinte zwischen Rauch und Flammen kreisen und na.ch aufgescheuchten Insekten stoBen. Wie CHAHN (1939) berichtet, werden sie darum stellenweise ,Oiseaux de feu" (Feuer-VSgel) genannt. Manchmal jagten sie auch in k]eineren Gruppen, niedrig fiber dem Boden rfittelnd, nach ausschw~rmen,den Flugtermiten, die besonders gegen Abend oft zu Tausenden aus ErdlSchern hervorkamen. W~hrend die fibrigen mir bekannten Spinte ihre Beute so gut wie immer zum Sitzpla.tz zurficktragen und dort erst r~ach ,,Zubereitung" ver'schlucken, fressen Scharlachspinte sehr hS,ufig gleieh im Fluge. Der Stimmffihlungsruf, ein heiser-rauhes, im Vergleich zu den Rufen anderer Spinte eher dunkles ,,Kreck,kreck", ist im Gel/inde sehr weit zu hSren. Der Warnruf ist ein rasches, bis zu mehreren Sekunden anhalte,ndes ,,Dfickdiickdfickdfick" und kHngt heller, reiner und leiser als der Stimmffihlungsruf. So weieht der Scharlachspint nicht nur im Nahrungssektor,
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sondern auch in seinen Laut~uBerungen y o n den anderen hier beschriebenen Spinten deutlich ~b. Die GewSlluntersuchung1) erbrachte: Viele Reste yon Rosenk~fern (Cetoniiden), Reste yon Stutzk~fern (Histeriden), Teile yon Mistk~!fem (c0prophage Lamellicornier), ein Halsschild yon Gymnopleurus fulgidus, Fliigeldecken eines Prachtkiifers und das Knie eines groBen Heuschre&enbeines. D r e i jung aufgezogene Scharlachspinte leben derzeit gesund auf dem Wilhelminenberg und ffigen sich wie Bienenfresser, B l a u w a n g e n - u n d Zwergspinte gut in die Gefangenschaft.
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